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Research Collection
Doctoral Thesis
Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humusdispersoidchemische Beobachtungen an Graphitoxyd
Author(s): Hamdi, Hassan
Publication Date: 1943
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096686
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
Diss. E T H. jaV\ ~5>
Zur Kenntnis der
kolloidchemischen Eigenschaftendes Humus
Dispersoidchemische Beobachtungen an Graphitoxyd
Von der
Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich
zur Erlangung der
Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte
Promotionsarbeit
F\3t. Vorgelegt von
Hassan Hamdi
aus Kairo (Ägypten)
Referent: Herr Prof. Dr. H. Pallmann
Korreferent: Herr Privatdozent Dr. H. Gessner
M/0383
DRESDEN und LEIPZIG 1943
Theodor Steinkopff, Verlagsbuchhandlung
InhaltState
A Einleitung und Problemstellung 555B Kurze Zusammenfassung dispersoidchemischer Literatur über
das Graphitoxyd 559C Experimenteller Teil 563
1 Die Herstellung des Graphitoxyds 5632 Kennzeichnung des erhaltenen Graphitoxyds 564
a) Chemische Zusammensetzung 564b) Die Basenbindung des Graphitoxyds 564
3 Die Dispergierung und das Sedimentvolumen der Graphitoxydsuspensionenin Abhängigkeit von deren Neutrahsationsgrad 574
a) Der äußere Dispersitatsgrad der Graphitoxydsuspensionen 574
b) Die spezifische Viskosität feindisperser Graphitoxydsole 577
c) Das Sedimentvolumen verschieden stark neutralisierter Graphitoxydsuspensionen 578
4 Die Adsorption von Aminosäuren, Peptiden, Gelatine und Pyridin an
Graphitoxyd 580a) Adsorption von Aminosäuren, Peptiden, Gelatine und Pyridin an Graphit¬
oxyd bei verschiedenem pH des Systems 581b) Die Adsorption von NHd+, Alanin und Asparaginsaure an Graphitoxyd
bei steigender Angebotskonzentration 588
c) Diskussion der Adsorptionsresultate 5905 Abbau der am Graphitoxyd adsorbierten Aminosäuren durch den Pilz
Oospora lactis (Fres ) Sacc 593a) Problemstellung 593b) Methodisches 594c) Versuchsergebnisse 596d) Diskussion der Resultate 599
6 Verwertbarkeit der an Graphit extramizellar adsorbierten Aminosäurendurch den Pilz Oospora lactis 601a) Problemstellung 601b) \ ersuchsergebnisse 602c) Deutung der Resultate 604
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 555
Seite
7. Die Wasserbindung an Graphit, Graphitoxyd und Aminosäure-Graphitoxyd-
Komplexen 605
a) Problemstellung 605
b) Methodik 606
c) Ergebnisse 606
8. Röntgenologische Strukturuntersuchungen an Metallgraphitaten und Amino¬
säure-Graphitoxyd-Komplexen 614
a) Messungen an Metallgraphitaten 616
b) Diskussion der Ergebnisse 619
c) Messungen an Aminosäure-Graphitoxyd-Komplexen 623
d) Diskussion der Ergebnisse 625
D. Zusammenfassung 627
A. Einleitung und Problemstellung.Der Bodenkundler besitzt ein großes Interesse an den organischen
Bodenkomponenten, die er in ihrer Gesamtheit als Gesamthumus
(organische Substanz nach Kubiena) und bei deren weitgehender
Humifizierung als eigentliche Humusstoffe bezeichnet. Diese Humus¬
stoffe sind für die Bodeneigenschaften und für die Bodenbildung1) 2)
von wesentlicher Bedeutung. Sie erhöhen die reaktionsfähigen Ober¬
flächen des Bodengerüstes, damit deren Adsorptionsvermögen3) und
Wasserbindung. Die extremen Eigenschaften schwerster Tonb'öden und
leichter Sandböden werden durch die Humusstoffe gemildert und vom
pflanzenbaulichen Standpunkt aus verbessert. Die Tonböden werden
leichter, besser durchlüftet und bearbeitbarer; leichte Sandböden erfahren
eine Steigerung des Adsorptionsvermögens, sie zeigen bessere Wasser¬
haltung, und die Körner werden teilweise locker verkuppelt und wider¬
stehen so eher der Verblasung und der Wassererosion. Für zahlreiche
Bodenmikroorganismen und Kleintiere bieten die organischen Humus¬
stoffe eine Nahrungsquelle und zusagenden Lebensraum (Feuchtigkeit
usw.). Die Humusstoffe vermögen je nach ihrer Dispersität und Be¬
legung der Umtauschgarnituren mit anorganischen Bodenkomponentenzu reagieren. Es entstehen dabei die organomineralischen Boden¬
komponenten, denen das Tschernosem (z. B. Schwarzerde der Ukraine)
seine günstigen Eigenschaften verdankt. Saure und hochdisperse Humus¬
stoffe wirken auf kolloiddisperse Sesquioxyde schützend; durch diese
Schutzwirkung wird die Podsolierung2) eigentlich ermöglicht (z. B. Pod-
sole des borealen, atlantischen und subalpinen Klimagebietes).
*) A. W. Schmuziger, Diss. (ETH. 1935): Über Verteilung und Chemismus der
Humusstoffe im Profil einiger Schweizer Bodentypen.
2) H. Pallmann, A. Hasler u. A. W. Schmuziger, Bodenkunde u. Pflanzen¬
ernähr. 9/10, 94 (1938).
3) H. Pallmann, A. Hasler u. H. Hamdi, Ann. Fac. agronom. Bucarest 1, 199
(1940).
556
Die Untersuchung der Humusstoffe bietet außerordentliche Schwie¬
rigkeiten, die auf den komplizierten Chemismus und den wechselvollen
Feinbau der Humuskomponenten einerseits und deren Gemenge(= Humus) anderseits zurückgeführt werden müssen. Humus muß vor¬
läufig als ein unübersehbares Gemenge verschiedenster organischer Ver¬
bindungen betrachtet werden, in dem Zellulose, Hemizellulose, Pektine,
Gerbstoffe, Fette, Lignine, Ligninderivate, N-Verbindungen, Humus¬
säuren und Humine usw. physikalisch gemengt oder durch gegenseitigeBindung teilweise verkuppelt vorliegen.
Eingedenk der großen Bedeutung des Feinbaues für das Reaktions¬
verhalten disperser Systeme sollte auch der Struktur der Humusstoffe
große Beachtung geschenkt werden. Feinbaulichen Untersuchungen an
Humusstoffen stehen aber wieder größte Schwierigkeiten entgegen.Man soll mit H. Pallmann1) bei der Diskussion humusstruktureller
Fragen stets unterscheiden:
a) den Feinbau der einzelnen isoliert gedachten Humusbausteine,
b) den Feinbau des eigentlichen Humusmikrons, d. h. die räumliche
Anordnung der strukturell mannigfachen, weiter oben erwähnten
Bau-steine im Humusteilchen.
Es ist daher angezeigt, an chemisch und feinbaulich einfacheren
organischen Modellsubstanzen die für das Verständnis der Humus¬
eigenschaften wichtigen Reaktionen abzuklären. Dazu eignen sich vor
allem das Lignin und auch das Graphitoxyd (= Graphitsäure).Weitgehend humifizierte und von labileren Begleitern (Zellulose,
Hemizellulose, Pektin, Fetten, Aminosäuren) biologisch mehr oder wenigerbefreite Humusmikronen sind nach allgemeiner Auffassung reich an Lignin-derivaten, die wiederum komplizierte Sorptionen mit N-Verbindungenund anorganischen Bodenkomponenten eingehen können. Das Studium
des Lignins und seiner Derivate wird daher am AgrikulturchemischenInstitut eingehend untersucht, wobei besonders die beim Humus in¬
teressierenden Eigenschaften und Reaktionen studiert werden (Wasser¬
bindung, Dispergierung, Schutzwirkung, Basenbindung, Reaktions¬
möglichkeit mit kolloiddispersen anorganischen Phasen). Von E.Jun¬ker2) wurden die ersten Ergebnisse 1941 publiziert. Das Lignin besitzt
nach den Freudenberg sehen Untersuchungen einen zyklischen Grund¬
chemismus, es wird aus Abkömmlingen des Phenylpropans aufgebaut.Sein Feinbau ist bei dem von uns verwendeten Lösungslignin (Dioxan-lignin) idealamorph und innenzugänglich. Das in dieser vorliegenden
!) H. Pallmann, Kolloid-Z. 101, 72 (1942).2) E. Junker, Kolloid-Z. 95, 213—250 (1941).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 557
Arbeit naher untersuchte Graphitoxyd besitzt ebenfalls einen zyklischen
Grundchemismus, im Gegensatz zum amorphen Lignin liegt aber eine
typisch kristalline Schichtebenenstruktur vor.
Interessant ist der dispersoidchemische Vergleich des Lignins, des
Graphitoxyds und der Humussäure, die nach den 1935 von J. Sed-
letzky und B. Brunowsky1) publizierten Röntgendiagrammen eben¬
falls eine Andeutung einer kristallinen Schichtebenenstruktur aufweist.
Auch von H. Saeki2) werden 1939 Interferenzdiagramme von Humus¬
säure japanischer Provenienz publiziert, die auf eine Verwandtschaft mit
dem Graphitgitter hindeuten. L. Meyer (Halle) bestätigt diese Befunde.
Humussaure besitzt nach diesen Autoren ebenfalls ein zyklisches Grund¬
prinzip — wie Lignin und Graphitsäure — und zudem eine Andeutung
beginnender kristalliner Ordnung.In Übereinstimmung mit J. Sedletzky wurde im Zürcher Institut
nach der Methode Gedroiz aus russischem Tschernosem Humussäure
hergestellt und röntgenographisch3) untersucht. Es finden sich in den
Diagrammen schwache Interferenzringe, deren Werte in Tabelle 1 zu¬
sammengestellt sind und mit den Sedletzkyschen und Saekischen
Zahlen verglichen werden.
Die Interferenz 21° X' findet sich in analoger Weise beim Graphit.
Tabelle 1.
Interferenzwinkel an Humussaure.
Hamdi u. Bran denberger Sedletzky u. Mitarbeiter H. Saeki
Interferenz¬
winkel a *)Intensität
Interferenz-
winkcl a
IntensitätInterferenz¬
winkel a
7° 59' schwach 70 X'**)
—• — 12° 59' stark —
19° 0' schwach —— —
21° 0' schwach 21° 46' stark 21° 50'
24° 45' schwach — —• —
*) Mit Cu-K-Strahlung.
**) Minutenan gäbe bei Saek: unklar.
1) J. Sedletzky u. B. Brunowsky, Kolloid-Z. 73, 90 (1935).
2) H. Saeki, „Memoirs of the fac. of science and agric", Taihoku Imp. Univ. 25,
spez. 186 (1939).
3) Samtliche rontgenographischen Aufnahmen wurden im Rontgenlaboratoriumdes Mineralogisch-Petrographischen Instituts (Prof. Dr. P. Niggli) durch Herrn Prof.
Dr. E. Brandenberger gemacht. Fur diese Mithilfe und die unentwegte Beratung bei
der Auswertung der Diagramme sind wir Herrn Prof. Brandenberger zu großem Dank
verpflichtet.
36
558
Bei diesen Untersuchungen ist peinlich auf sorgfältige Abtrennungder elektrodialysierten Humussäure von ihren anorganischen kolloid¬
dispersen Begleitern (Tone, Sesquioxyde) zu achten. Ohne sorgfältigeAbtrennung treten zahlreiche Interferenzen auf, die nicht humuseigensind. Bei sehr feindispersen Begleitern lassen sich die verbreiterten
Beugungsringe schlecht identifizieren und nicht gut von den humus¬
eigenen unterscheiden.
Bei weitgehender Ultrafiltration und nachfolgender Hochvakuum¬
trocknung der Humussäure treten in unsern Diagrammen wenige und
intensitätsschwache und relativ breite Interferenzringe auf, die eine nur
wenig exakte Auswertung ermöglichen. Die Interferenz 21° X' findet sich
bei sämtlichen drei Beobachtern,während jenevon7°X' nur beiSedletzkyund Saeki, jene von 19° 0' und 24° 45' nur in unseren Diagrammenauftraten. Weitere Untersuchungen hierüber sind dringlich geboten.
J. Sedletzky1) und Mitarbeiter betonen den genetischen Zu¬
sammenhang zwischen Lignin, Humussäure und Graphit. Dieser Zu¬
sammenhang wurde bereits früher nach den Untersuchungen von
Fischer, Schrader, Großkopf und andern allgemein angenommen.
Lignin, Humussäure und Graphit besitzen einen zyklischen Grund¬
chemismus, der feinbauliche Zusammenhang muß noch weiterhin ab¬
geklärt werden.
Die Einbeziehung des Graphitoxyds in die Reihe der Humussäure¬
modellsubstanzen bietet sich direkt an. Die Humussäure stellt sich dabei
betrachtungsmäßig zwischen Lignin und das Graphitoxyd, wie dies aus
nachstehender Tabelle hervorgeht.
Tabelle 2.
Dispersoidchemischer Vergleich von Lignin, Humussäure
und Graphitoxyd (nach H. Pallmann 2).
H-Lignin Humussäure Graphitoxyd= Graphitsäure
Grund¬
chemismus... zyklisch
heteropolymerzyklisch
heteropolymerzyklisch
homöopolymer
amorph, kryptokristallin, kristallin,
Ultramikronen-innenzugänglich innenzugänglich innenzugänglich
korpuskular korpuskular lamellar
!) J. Sedletzky u. B. Brunowsky, Kolloid-Z. 73, 90, 91 (1935).2) H. Pallmann, Kolloid-Z. 101, 72 (1942).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 55 9
Nachstehend wird über einige Eigenschaften des Graphitoxyds
berichtet, die dem Schrifttum entnommen und fur unsere spezielle
Problemstellung von Bedeutung sind Im experimentellen Teil werden
dispersoidchemische Untersuchungen an Graphitoxyd beschrieben, die
vom Standpunkt des Humusforschers aus interessant erscheinen
B. Kurze Zusammenfassung dispersoidchemischer Literatur
über das Graphitoxyd.
Graphitoxyd ist kein Naturprodukt Es entsteht durch starke Oxy¬dation des Graphits in einem Oxydationsgemisch von konzentrierter
Schwefelsaure, Salpetersaure und Kahumchlorat Auch mit andern
starken Oxydationsmitteln, wie Chromsaure, Kaliumpermanganat oder
gasformigem Chlordioxyd, laßt sich das Graphitgitter m Graphitoxydüberfuhren Die Sauerstoffatome und sauerstoffhaltigen Radikale sind
nach Untersuchungen von U Hofmann1) und Mitarbeitern in sta¬
tistisch regelloser Art an den C-Atomen der Schichtebenen hauptvalenz-
maßig gebunden Die metallische Bindung zwischen den C-Schichtebenen
wird durch die weltgehende Oxydation des Graphits aufgehoben Der
Zusammenhalt in Richtung (002) wird stark geschwächtDie Graphitoxydteilchen besitzen verschiedene Farbe2) je nach dem
Oxydations-, Trocknungs- und Dispersitatszustand; sie schwanken von
Hellgelb über Grunlichbraun nach Dunkelgraubraun und Schwarz
Das Graphitoxyd zeigt senkrecht zur (002) im Polarisationsmikroskopstark negative Doppelbrechung3). Der mittlere Brechungsindex des
Graphitoxyds betragt annähernd 1,584). Nach Messungen von U Hof¬
mann betragt das spez Gewicht des Graphitoxyds 1,76—1,94 Der
spez Widerstand5) des Graphitoxyds erweist sich als abhangig vom
Oxydationszustand des Präparats. Bei einem C : O-Quotienten von 3,0
belauft sich der spez. Widerstand gepreßter Pastillen auf mehr al«
107 Ohm/cm, bei einem C. O-Verhältnis von 3,5 sinkt er auf 4000
Ohm/cm, um schließlich beim Graphit 0,023 Ohm/cm zu betragenDie Rontgendiagramme des Graphitoxyds6) erweisen, daß die Inter¬
ferenzen fur (110) und (310) des ursprünglichen Graphits bei der Oxy¬dation unverändert erhalten bleiben Der Schichtgittertypus ist sowohl
*) U Hofmann, Ergebn exakt Naturwiss 18, 229—256 (1939) Monographische
Zusammenfassung mit ausgewähltem Schrifttum
2) H Thiele, Kolloid Z 80, 18f (1937)
3) H Thiele, Kolloid-Z 56, 129 (1929)
4) U Hofmann, Z anorg allg Chem 234, 313 (1937)5) U Hofmann, Ergebn exakt Naturwiss 18, 239, 243 (1939).
6) U Hofmann, Ergebn exakt Naturwiss 18, 235f (1939)
36*
560
Tabelle 3.
Analysen von Graphitoxydpraparaten verschiedener
Kristallitgröße nach U. Hofmann*).
(Getrocknet bei 100° C.)
%c
!
% H20
1
% o Körnung% Asche
in Graphit¬oxyd
C:0
Atom-
verhaltnis
58,858,9
1
11,8
11,427,44
28,20
fein 1,56
1,502,88
2,80
59,0
58,611,5
11,827,70
27,80
fein 1,80
1,809,85
2,80
64,1
63,9 11,322,85
23,30grob 1,35
1,503,70
3,65
59,0
58,918,418,0
22,1
22,7grob 0,45
0,403,56
3,45
55,4
53,711,5
14,832,1
30,3grob 1,0
1,22,31
2,36
53,9
53,411,0
11,533,75
33,65
fein 1,35
1,45
2,14
2,12
53,854,0
11,5
12,01
33,132,3
grob 1,6
1,72,17
2,23
55,455,3
9,7
11,033,4
32,3
fein 1,5
1,42,22
2,28
*) U. Hofmann, Ber. dtsch. ehem. Ges. 72, I, 75(3 (1939).
Bei größtmöglicher Oxydation des GO entfallen auf 20—22 C-Atome 10 Sauer¬stoffatome. Zwischen Graphit und GO mit C : O == 2 sind alle Übergange feststellbar.
beim Graphit wie auch beim GO derselbe Der Interferenzring (002) ist
beim Graphitoxyd viel enger als beim Graphit. Bei vergleichbaremTrocknungsgrad ergibt diese Interferenz beim Graphit einen (002)-Abstand von 3,34 Â gegen 6,2—6,8 Â beim Graphitoxyd. Beim letzterenbilden sich also in Richtung (002) interlamellare Zwischenebenen-leerräume aus, die das Gitter zu permutoiden Reaktionen befähigen.Diese (002)-Distanz ist beim Graphitoxyd nicht konstant, sie hängt vomSolvatationsgrad der Schichtebenen ab. Die innerkristalline Quellungin Wasser ist für Graphitoxyd typisch. Sie wurde von U. Hofmann und
seinen Mitarbeitern eingehend untersucht. Das Schichtgitter quillt z. B.
beim Hydratisieren zunehmend auf; bei vollständiger Wasserung betragtder (002)-Abstand über 11 Â; er geht bei zunehmendem Wasserentzug
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 561
auf 6,8—6,2 Â zurück. Graphitoxyd besitzt daher nach H. Pallmann1)
eine kristalline, innenzugängliche und elastische Umtauschstruktur.
Dieses Quellungsvermögen des Graphitoxyds steigt mit steigendem
O : C-Quotienten, also mit steigendem Oxydationsgrad. Die inner¬
kristalline Quellung verschwindet, wenn auf 10 Kohlenstoffatome weniger
als 2 SauerstofFatome der Schichtebene angebaut sind2). Die Quellung
ist in Wasser sehr hoch. Die hohe Dielektrizitätskonstante des Wassers
bietet hierfür die Erklärung. Ammoniak und niedere Amine befördern
die Quellung. Zugaben von Säuren oder Salzen vermindern die Quel¬
lung, die Schichtebenen nähern sich einander. In polaren Lösungen und
anderen Flüssigkeiten mit relativ hohen Dielektrizitätskonstanten (wie
Eisessig, Azeton, Alkohol usw.) tritt ebenfalls innerkristalline Quellung
auf, sie ist aber stets kleiner als mit Wasser. Entquellung tritt hingegen
in Flüssigkeiten mit kleineren Dielektrizitätskonstanten ein (wie Chloro¬
form, Äther, Schwefelkohlenstoff usw.).
Das Röntgendiagramm gequollener Produkte zeigt die mehr oder
weniger konstante Lage der (110)- und (310)-Interferenzen.
In Wasser suspendiert, verhält sich Graphitoxyd wie eine Kolloid-
saure (H.Thiele3)). Sie besitzt ein ausgeprägtes Kationenumtausch-
vermögen. Nach Hofmann4) werden von 1 g Graphitoxyd bis 6 mÄqAlkaliionen gebunden. Die Erdalkaliionen werden in noch größeren
Beträgen festgelegt. Diese hohen Bindungszahlen werden aber erst bei
hinreichender Hydroxydvorlage, d. h. in stark alkalischem Gebiet von
Tabelle 4.
Baseneintausch mit NaOH und LiOH an Graphitoxyd.
(Versuche von U. Hofmann und R. Holst 1939.)
(Systemvolumen = 100 cm3 mit 0,5 g GO.)
Eintausch mit LiOH- —
Eintausch
Angebot
mit NaOH
Angebot Eintausch Eintausch
in Normalitaten in mÄq je g GO in Normalitaten in mÄq je g GO
0,10 3,03 0,14 3,90
1,07 4,78 1,01 5,66
2,13 5,26 2,05 4,70
3,10 5,50 3,06 5,10
4,24 5,56 4,10 5,74
!) H. Pallmann, Bodenkundl. Forsch. 6, 21—48 (1938).
2) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 237, 243 (1939).
3) H.Thiele, Kolloid-Z. 80, 1—20 (1937) (daselbst weiteres Schrifttum).
4) U. Hofmann u. R. Holst, Ber. dtsch. ehem. Ges. 72, 754—771 (1939).
562
den zum Teil schwach sauren Radikalen festgelegt. (Man vergleicheunsere Messungen S. 568f.) Bei sehr schwach alkalischen Reaktionen, wie
bei der Verwendung von Na- oder Ca-Azetat (pH 8,2), bleiben die Um-
tauschwerte selbstredend bedeutend kleiner. Nur die stärker sauren Ober¬
flächengruppen vermögen in diesem Reaktionsbereich ihren Wasserstoff
gegen Metallion umzusetzen. H ofmann findet dementsprechend bei
Verwendung von Azetaten eine Bindung von nur 1 mÄq je g GO.
Tabelle 5.
Baseneintausch mit Ba(OH)2-Lösungen(U. Hofmann und R. Holst).
(System: 100 cm3 mit 0,5 g GO.)
Angebot | H-Austausch Ba-Eintauschin Normalitäten . in mÄq je g GO I in mÄq je g GO
0,016 I 3,12 3,160,033 I 5,46 5,510,200 I 7,20 7,160,333
'7,44 7,73
Die vorstehenden Versuche zeigen die bedeutend stärkere Fest¬
legung der Erdalkalihydroxyde an GO-Grenzflächen, wie wir sie bereits
bei Humus (H. Zadmard1) feststellen und bei erneuten Neutralisations¬
versuchen an Graphitoxyd bestätigen konnten. H. Thiele meldet etwas
höhere Basenfestlegungen, als U. Hofmann und wir feststellen konnten.
Diese höheren Basenbindungen sind wohl auf die sehr hohen Angebots¬konzentrationen (bis 4-n) zurückzuführen.
Bei langsamer Temperatursteigerung wird Graphitoxyd langsamund stetig in Graphit zurückverwandelt2). Der Sauerstoff entweicht in
CO und C02 gebunden aus dem Gitter. Mit steigendem Verlust an
Sauerstoff geht die (002)-Distanz langsam auf den für Graphit kenn¬
zeichnenden Betrag zurück, sofern die Umwandlung des Graphitoxydszu Graphit schonend vorgenommen wird. Bei der explosiven Umwand¬
lung resultiert ein tiefschwarzes, extrem voluminöses Kohlenstoff¬
präparat, das nach eigenen Untersuchungen mit E. Brandenbergerkeine Kristallinterferenzen anzeigt und als weitgehend amorph be¬
zeichnet werden muß. Diese explosive Zersetzung des Graphitoxydserfolgt im Schmelzpunktblock bei etwa 220° C. Die Metallgraphitateerweisen sich teils als labiler, teils als stabiler bei der Erwärmung. Das
Ba-Graphitat zersetzte sich explosionsartig bereits bei 160° C, das Ca-
!) H. Zadmard, Kolloid-Beih. 49, 345 (1939).2) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 243 (1939).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 563
Graphitât erst bei 340° C; Na-Graphitat verpuffte bei 130° C, während
Li-Graphitat erst bei 340° C die nämliche Reaktion zeigte.
Auffallend ist das starke Oxydationsvermögen des Graphitoxyds.
Es oxydiert leicht Stannochlorid, Ferrochlorid, Hydrazin1). Durch
kathodische Reduktion wird Graphitoxyd zu Graphit reduziert. Platin¬
metalle, Pd, Os beschleunigen die Reduktion. Die Reduktion des Graphit¬
oxyds mittels HJ diente in unseren eigenen Versuchen zur quantitativen
Bestimmung der Reaktion (vgl. S. 566).
C. Experimenteller Teil.
1. Die Herstellung des Graphitoxyds.
Das Graphitoxyd wurde durch die Oxydation des Graphits her¬
gestellt. Als Ausgangsmaterial diente fein gepulverter Graphit für Gal¬
vanoplastik „Kahlbaum". Nach der von U. Hofmann2) benutzten
Methode wurden Portionen von je 50 g Graphit in 875 cm3 konz. H2S04
und 450 cm3 konz. 63% HN03 aufgeschlämmt. Dazu wurden im Laufe
von 7 Tagen insgesamt 550 g KC10a unter Kühlung zugegeben. Um
gefährliche Explosionen von Chlordioxyd zu vermeiden, wurden die
entstehenden Dämpfe dauernd durch Einleiten von C02 vertrieben.
Nach beendeter Oxydation wurde die Oxydationsmischung langsam zu
10 Liter Wasser zugemischt. Durch mehrmaliges Dekantieren wurden
die Hauptmengen überschüssiger angströmdisperser Salze und Säuren
entfernt, bis die Farbe der Graphitoxydkristalle von Grün nach Braun
umschlug. Das Produkt quillt im Wasser stark auf und sedimentiert bei
weitgehender Elektrolytentfernung langsam und unvollständig.
Das derart vorgereinigte Produkt wurde hierauf gegen dest. Wasser
dialysiert und dann im Schnelldialysator nach Brintzinger bei 120 Volt
Gleichstrom der Elektrodialyse unterworfen.
Der Endpunkt der Elektrodialyse wurde bei einem Stromdurchgang
von 17 Milliampere angenommen, da dieser selbst bei längerer Dialysier-
dauer sich nicht mehr herabsetzen ließ. Das Ende der Elektrodialyse war
nach 5 Tagen erreicht.
Die Suspension wurde hierauf einige Tage im ED-Apparat unter
Stromdurchfluß stehengelassen. Der größte Teil des Graphitoxyds sedi¬
mentiert sehr rasch. Die überstehende Flüssigkeit enthält noch geringe
Mengen sehr feiner Teilchen.
!) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 239 (1939).
2) U. Hofmann u. E. König, „Untersuchung über Graphitoxyd", Z. anorg. allg.
Chem. 234, Heft 4, S. 311 (1937).
564
Das grobkörnige Sediment wurde bei 50° C während 6 Tagen ge¬trocknet, darauf in einer Achatschale vorsichtig in kleinen Portionenzerrieben und durch ein Sieb mit 0,2 mm Maschenweite gegeben. Nurdas das Sieb passierende Graphitoxyd wurde für die späteren Versucheverwendet. Es wurden annähernd 700 g elektrodialysiertes Graphitoxydhergestellt.
Dieses Präparat kann durch weitere Trocknung im Hochvakuumüber Phosphorpentoxyd noch 6,60% H2C) abgeben.
2. Kennzeichnung des erhaltenen Graphitoxyds.a) Chemische Zusammensetzung.
Die Elementaranalyse des Graphitoxyds nach U. Hofmann1)stimmt mit den Analysen unserer Präparate gut überein. H ofmann fandein C: O-Atomverhältnis von 2,12—3,70.
Das C: O-Atomverhältnis in unserem Präparat betrug 2,11, wobei
angenommen wurde, daß die H+-Atome in dem vakuumgetrocknetenPräparat in OH- bzw. COOH-Radikalen vorhanden sind.
Tabelle 6.
Chemische Zusammensetzung des im Hochvakuum über P2Osgetrockneten Präparats.
% C,% H I % O 9= ° 0/oAsche
atomar
I'll
60,01'
2,09 ' 37,90 , 2,11 , 0,99i
Bei der Aschenbestimmung wurden je 0,300 g hochvakuum¬
getrocknetes, elektrodialysiertes Graphitoxyd mit konz. H2S04 be¬feuchtet und abgeraucht. Hierauf wurde die Probe stärker erhitzt und
dann geglüht bis zur Gewichtskonstanz. Das Graphitoxyd enthielt in
der Asche keine Spuren von Alkali und Erdalkalimetallen, sondern nur
Kieselsäure.
b) Die Basenbindung des Graphitoxyds.
Graphitoxyd verhält sich bei Gegenwart von Alkali- und Erdalkali-
hydroxyden wie eine Säure. Darauf wiesen besonders U. Hofmann2)und H. Thiele3) hin. Im Kontakt mit Metallhydroxyden werden an den
Außen- und Innenoberflächen der lamellardispersen Graphitoxyd-
x) U. Hofmann, Z. anorg. allg. Chem. 234, Heft 4 (1937); Ergebn. exakt. Natur-wiss. 18, 239 (1940).
2) U. Hofmann u. R. Holst, Ber. dtsch. chem. Ges. 72, 754—771 (1939).3) H. Thiele, Kolloid-Z. 80, 1—20 (1937).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 565
teilchen WasserstofFionen neutralisiert; aus der Kolloidsäure bildet sich
das Metallgraphitat.Der Sauerstoff ist nach U. Hofmann1) und Mitarbeitern in sta¬
tistisch regelloser Art beidseitig an den C-Schichtebenen hauptvalenz-
mäßig gebunden. Für einen regelmäßigen Einbau des Sauerstoffs fehlen
heute noch die röntgenologischen Beweise. Auf 21 C-Atome entfallen
10 Sauerstoffatome. Der Sauerstoff kommt voraussichtlich in mehreren
Bindungsformen am trockenen oder hydratisierten Graphitoxydteilchen
vor:
1. Karboxylradikale finden sich in geringen Mengen an den Schicht¬
ebenenrändern oder an den Bruchstellen der C-Ebenen.
2. Zyklisch gebundene, schwach saure Hydroxyle kommen sowohl
in den Ebenenrandpartien als auch an den Innenflächen der
kristallisierten Mikronen vor. Deren Neutralisation findet erst im
alkalischen Reaktionsbereich statt. Die von U. Hofmann und
R. Holst2) durchgeführte Methylierung ergab im günstigsten
Falle 1 OH auf 8—9 C-Atome, an deren vierte Valenz sie ge¬
bunden sein dürften. Mit zunehmender Trocknung des Graphit¬
oxyds wird deren Gehalt etwas verkleinert.
3. Äthylenartige Bindung des Sauerstoffs an je zwei benachbarten
C-Atomen vermuten U. Hofmann, A. Frenzel und E. Csalän3).
Der langsame Verbrauch von MeOH bei alkalischer Reaktion des
Systems deutet unseres Erachtens auf eine langsam erfolgende
Hydratation dieser Radikale unter Bildung zweier schwach saurer
und daher basenbindender Hydroxyle.
>CVC<Hydratation
^
>C_C<
° Dehydratation OH OH
A. Balfour, H. E. Riley und R. Morris Robinson4) schlugen
eine dem Triphenylmethylperoxyd entsprechende Bindung des Sauer¬
stoffs vor, ,,weil die C-Atome der Schichtebenen eine ähnliche Um¬
gebung wie das zentrale C-Atom in Triarylmethylen besitzen". Die
starke Oxydationsbereitschaft des Graphitoxyds könnte durch solche
vorkommenden Peroxydbrücken an ein und derselben C-Ebene ge¬
deutet werden. Unsere Untersuchungen ergaben bei der Oxydation
*) U. Hofmann u. R. Holst, loc. cit., spez. S. 1.
2) U. Hofmann u. R. Holst, loc. cit., spez. S. 762f.
s) U. Hofmann, A. Frenzel u. E. Csalän, zit. in U. Hofmann, Ergebn. exakt.
Naturwiss. 18, 241 (1939).
4) A. Balfour, H. E. Rilev u. R.Morris-Robinson, J. ehem. Soc. [London]
1936, 456.
566
von HJ mittels Graphitoxyds 8,8 mÄq Na2S2Os-Verbrauch je g Graphit¬
oxyd. Die Alkali- und Erdalkaligraphitate zeigen aber einen starken Abfall
des OxydationsVermögens. Li-Graphitat oxydiert 1,6 mÄq HJ, Ca-Gra-
phitat 2,9 mÄq und Ba-Graphitat 4,0 mÄq je g Graphitoxyd berechnet.
Eine sichere Entscheidung über die vorkommenden Bindungsartendes Sauerstoffs und deren Mengenanteil läßt sich bis heute noch nicht
treffen; zum gleichen Schluß gelangt auch U. Hofmann1).
a) Die kontinuierliche Elektrotitration des in Wasser vor¬
gequollenen Graphitoxyds mittels NaOH — mit 2—5 Minuten Zeit¬
abstand zwischen den Einzelablesungen am Ionometer — zeigt bei
kleinen NaOH-Zugaben (unter 0,5 mÄq NaOH je g GO) einen auf¬
fallend raschen Anstieg der Titrations kurve ins alkalische Gebiet. Die
abgelesenen EMK-Werte sind nach diesen Wartezeiten nicht konstant,selbst nach mehreren Stunden verändern sie sich in Richtung nach
tieferen pH-Werten. Die Neutralisation des Wasserstoffs beanspruchtlängere Zeiten. Diese verschleppte Gleichgewichtseinstellung dürfte
wohl nur zum geringsten Teil auf eine verzögerte Diffusion der Hydr¬oxyde ins Innere der Graphitoxydteilchen zurückgeführt werden.
Unseres Erachtens läßt sich die Verzögerung besser durch Annahme
zeitbeanspruchender Hydratationen deuten, durch die erst Radikale mit
saurem Wasserstoff entstehen. Die vorhandenen Karboxyl- und zyklischenOH-Radikale dürften rasch mit den OH-Ionen des zugegebenen Metall¬
hydroxyds reagieren. Am Graphitoxydteilchen sind aber — wie auch
U. H ofmann und Mitarbeiter annehmen — äthylenoxydartige Sauer¬
stoffatome vorhanden. Die Hydratation dieser Radikale beanspruchtunseres Erachtens Zeit, durch stark alkalische Reaktion wird die Hydra¬tation beschleunigt.
Wie eben erwähnt, läßt sich die Neutralisation durch direkte konti¬
nuierliche Elektrotitration des Graphitoxyds nicht ermitteln. Das
Graphitoxyd stellt sich damit in dieselbe Reihe wie die früher am Agri¬kulturchemischen Institut untersuchten sauren Humuskomplexe (H. Zad-
mard2) und die H-Lignine (E. Junker3). Die Neutralisation wurde
daher durch diskontinuierliche Elektrotitration ausgeführt.ß) Methodik: Es wurde je 1,00 g elektrodialysierten Graphitoxyds
(mit 6,60% HÖH*) in 100 er Meßkolben mit 70 cm3 kohlensäurefreiem
Wasser suspendiert und mit steigenden NaOH-Konzentrationen versetzt.
*) Im Hochvakuum werden bei 50° C über P205 noch 6,60% HÖH abgegeben.!) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 241 (1939).2) H. Zadmard, Kolloid-Beih. 49, 315—364 (1939).3) E. Junker, Kolloid-Z. 95, 213—250 (1941).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 567
Das Gesamtvolumen des Sols betrug stets 100 cm3. Die Kolben wurden
gut mit Glasstopfen verschlossen, mit Paraffin gedichtet und öfters
kräftig durchgeschüttelt.Nach 16 Tagen Wartezeit wurde das pH der Suspension mit der
Antimonelektrode und der gesättigten Kalomelelektrode gemessen. Das
Gleichgewicht zwischen NaOH und Graphitoxyd hatte sich nach dieser
Wartezeit eingestellt.Tabelle 7.
Diskontinuierliche potentiometrische Titration des
Graphitoxydsols mittels NaOH. Wartezeit = 16 Tage.
mÄq NaOH/1 g mÄqNaOH/1 g
Graphitoxyd Ph Graphitoxyd Ph
0,00 3,75 3,00 10,50
0,25 5,00 3,25 10,75
0,50 6,25 3,50 11,00
0,75 7,00 4,00 11,25
1,00 7,50 4,50 11,50
1,25 8,00 5,00 11,70
1,50 8,55 5,50 12,24
1,75 8,75 6,00 12,52
2,00 9,20 6,25 12,65
2,25 9,48 7,00 12,72
2,50 9,65 7,50 12,79
In Fig. 1 ist das Ergeb¬nis dieser Elektrotitration
graphisch dargestellt. Die ET-
Kurve zeigt nur relativ
schwache Andeutungen von
Wendepunkten. Ein erster
Wendepunkt ist sehr schwach
angedeutet und experimentellnicht gesichert bei pH 7,5 bei
einem Verbrauch von 1 mÄqNaOH je g Graphitoxyd. Ob
diese schwache Andeutung des
WP auf die erfolgte Neutrali¬
sation von COOH-Gruppenund relativ saurem „pheno¬lischem OH" zurückzuführen
ist, kann nicht sicher entschie-
568
den werden. U. Hofmann1) erhielt bei der direkten Methylierung des GO
mittels Methylalkohol-Salzsäure-Gemisches ungefähr 0,3 mÄq COOH
je g GO. Hofmann vermutet, daß dieses COOH nur an den Schicht¬
ebenenrändern vorhanden sei, daß also im zugänglichen Gitterinnern
COOH fehlen. Dieser Forscher betont selbst, daß mittels seiner Methy-Jierungsmethode wahrscheinlich nicht alle COOH-Gruppen erfaßt werden
können. Auch auf diesem Wege läßt sich die Realität des wiederholt in
Andeutung gefundenen WP und seine Begründung mit der Neutrali¬
sation von COOH nicht entscheiden.
Ein zweiter, etwas deutlicherer Wendepunkt findet sich bei pH 10
und 2,75 mÄq NaOH-Verbrauch. Aus der Lage dieses Wendepunktesdürfte wohl auf die Gegenwart schwach saurer OH-Gruppen geschlossenwerden. Ein dritter, ebenfalls nur schwacher WP liegt bei pH 12 und
einem NaOH-Verbrauch von 5,25 mÄq NaOH. U. Hofmann ermittelte
durch Methylierung mit Diazomethan 500 mÄq Gesamt-OH, ein Wert,der mit der Lage unseres dritten Wendepunktes sich zu decken scheint.
y) Basenbindung des Graphitoxyds nach 16tägiger Ver¬
weilzeit in Hydroxydlösungen steigender Konzentration.
Im Hinblick auf die bodenkundliche Problemstellung wurde die Basen¬
bindung durch Rücktitration alkalischer und erdalkalischer Graphit¬suspensionen bis pH 8,2 bzw. 5,2 (Kolthoff-Mischindikator) bestimmt.
Zu je 1,00 g Graphitoxyd werden im gut verschließbaren Meßkolben stei¬
gende Konzentrationen Alkali- und Erdalkalihydroxyde zugegeben. Die
derart vorbereiteten Meßkolben wurden hierauf gut verschlossen und
paraffiniert. Bei öfterem Umschütteln wurden sie während 16 Tagen bei
Zimmertemperatur aufbewahrt. Nach dieser Zeit erfolgte die Rück¬
Tabelle.8.
Adsorption von Alkalihydroxyden an 1,00 g Graphitoxyd.Elektrometrische Rücktitration alkalischer Graphitoxyd¬
suspensionen mit HCl bis pH 8,2.
Vorgelegte Adsorbierte Milliaquivalente HydroxydmÄq Hydroxyde
LiOH NaOH KOH NH4OH
10,00 4,50 5,05 5,60 5,4020,00 4,95 5,60 6,10 5,9030,00 4,90 5,90 6,40 6,3040,00 4,90 5,90 6,65 6,5050,00 4,90 5,90 6,80 6,70
J) U. Hofmann, Ber. dtsch. ehem. Ges. 72, 764 (1939).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 569
titration mit HCl elektrometrisch bzw. mit Indikatoren. Die sorbierten
Hydroxyde wurden aus der Differenz zwischen Angebotskonzentration
und der im Gleichgewicht bei den verschiedenen pH -Werten vorgefunde¬
nen berechnet. Die Resultate beziehen sich stets auf 1 g Graphitoxyd¬
trockensubstanz, sie werden in Milliäquivalenten ausgedrückt.
Im Unterschied zu den voranstehenden Versuchen unter a und ß
liegen bei der Rücktitration ausnahmslos alkalische Metallgraphitat-
suspensionen vor, da die kleinsten Angebotskonzentrationen höher
waren als die maximal adsorbierbaren Hydroxydäquivalente. Allfällige
hydratationsbedingte Umlagerungen der Äthylenoxyd- und C = O-Radi-
kale erfolgen bei diesen starken alkalischen Reaktionen stärker, so daß
die Sorptionswerte höher liegen müssen als bei der diskontinuierlichen
Elektrotitration.
Ba(0H)2
Sr(0H)2
30 ao
ûleichgewicritskonzentrationder Hydroxyde in Maeq
Fig. 2.
10 20 30 40 50
ûteichgewichlskonzentralionder Hydroxyde in Maeq
Fig. 3.
Tabelle 9.
Adsorption von Erdalkalihydroxyden an 1,00 g Graphitoxyd.Elektrometrische Rücktitration erdalkalischer
Graphitoxydsuspensionen mit HCl bis pH 8,2.
Vorgelegte Adsorbierte Milliaquivalente Hydroxyd
mÀq HydroxydeCa(OH), Sr(OH)2 Ba(OH)2
10,00
1
8,50 7,85 8,50
20,00 8,65 7,30 9,10
30,00 8,70 7,75 9,20
40,00 — 7,80 9,20
50,00 — 7,70 9,15
Die Adsorption der Alkalihydroxyde steigt mit zunehmender Hydr¬
oxydvorlage, und die entsprechenden Adsorptionen erweisen sich ab-
570
hängig von der Natur des vorgelegten Hydroxyds. Bei vergleichbarenHydroxydangebotskonzentrationen steigt die Adsorption in der Reihe:
LiOH < NaOH < NH4OH < KOH.
Bei vergleichbaren Angebotskonzentrationen an Hydroxyden steigt die
Basenfestlegung in der Reihe:
Sr(OH)2 < Ca(OH)2 < Ba(OH)2.
Tabelle 10.
Adsorption von Alkalihydroxyden an 1,00 g Graphitoxyd.Rücktitration mit Kolthoff-Mischindikator bis pH 5,2.
Vorgelegte Adsorbierte Milliäquivalente HydroxydmÄq Hydroxyde LiOH NaOH KOH NH4OH
10,00 3,80 4,40 4,80 3,8020,00 4,30 4,85 5,20 5,0030,00 4,40 5,01 5,50 5,3540,00 4,50 5,00 5,80 5,5050,00 4,50 5,00 5,98 5,70
Bei gleichen Hydroxydangeboten steigt die Sorption der Hydroxyde in
der Reihe:
LiOH < NaOH < NH4OH < KOH.
Tabelle 11.
Adsorption von Erdalkalihydroxyden an 1,00 g Graphitoxyd.Rücktitration mit Kolthoff-Mischindikator bis pH 5,2.
Vorgelegte Adsorbierte Milliäquivalente HydroxydmÄq Hydroxyde
Ca(OH)2 Sr(OH)2 Ba(OH)2
10,00 7,80 7,20 7,6020,00 7,95 7,05 8,1530,00 8,00 7,10 8,3040,00 — 7,00 8,3050,00 — 6,95 8,27
Die Sorptionsfähigkeit der Erdalkalihydroxyde ist wesentlich größer als
die der Alkalihydroxyde, .sie steigt bei vergleichbaren Bedingungen in
der Reihe:
Sr(OH)2 < Ca(OH)2 < Ba(OH)2.
Hamdi, Zut Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 571
Aus den Tabellen 8—11 geht hervor, daß das Neutralisations¬
vermögen der Alkalihydroxyde bei der Adsorption an Graphitoxyd
kleiner ist als dasjenige der Erdalkalihydroxyde. Durch Alkalihydroxyde
tritt bei niedriger Konzentration eine starke Dispergierung des Graphit-
oxdys ein. Es entstehen feindisperse und stabile Suspensionen. Mit stei¬
gender Konzentration der Lauge wird das System wieder koaguliert.
Die Sorption der Erdalkalihydroxyde ist bedeutend größer als die der
Alkali- und Ammonhydroxyde. Selbst bei kleinen Konzentrationen tritt
keine Dispergierung der Graphitoxyde ein.
Das Ammonium zeigt, wie erwartet, ein dem Kalium ähnliches Ver¬
halten. Nur bei geringer Ammoniumhydroxydkonzentration ist der Um¬
tausch bedeutend geringer als beim Kalium.
Die beobachteten Basensorptionen sind von der nämlichen Größen¬
ordnung wie die von U. Hofmann beobachteten: Bei einer Angebots¬
konzentration von maximal 4,24-Normalität LiOH bzw. 4,10-n NaOH
findet dieser Autor 5,66 bzw. 5,74 mÄq sorbierte LiOH bzw. NaOH;
auch er findet eine höhere Sorption des Ba(OH2)2, bei 0,333-nBa(OH)2-
Angebotskonzentrationbeläuft sich die Sorption desselben auf7,44 mÄq/g.
ô) Vergleich der Basenbindung von Lignin, H-Humus
und Graphitoxyd. Interessant ist der Vergleich der für die Humus¬
forschung wichtigen Systeme Hochmoorhumus, Dioxanlignin, oxydier¬
tes Dioxanlignin und Graphitoxyd.
Tabelle 12.
Vergleich der Alkalisorptionen an Humus-,
Lignin- und Graphitoxydgrenzflächen.
Titrationspunkt = 8,2 pH (Rücktitration).
(Angebotskonzentration = 40 mÄq Hydroxyd/g TS.)
LiOH NaOH NH4OH KOH
in mÄq/g
Humus-H (Zadmard)Lignin-H (Junker)...Oxyd. Lignin-H
(Junker)
2,19
4,90
5,66
2,00
1,48
3,84
5,90
5,74
6,50
2,75
Graphitoxyd (Hamdi)Graphitoxyd(Hofmann*)
6,65
') Angebotskonzentration siehe oben.
572
Tabelle 13.
Vergleich der Sorptionen von NaOH und Ba(OH)2an Humus-, Lignin- und Graphitoxydgrenzflächen.
Titrationsendpunkt = pH 8,2.
(Angebotskonzentration = 40 mÄq je g TS.)
NaOH Ba(OH)2
Lignin-H (Junker)Humus-H (Zadmard )Graphitoxyd (Hamdi)Graphitoxyd (Hofmann*)
*) Angebotskonzentration siehe oben.
1,48
2,00
5,90
5,74
3,36
9,207,44
mÄq/g
Die Sorption der Hydroxyde steigt mit zunehmendem Gehalt der
Umtauschkörper an reaktionsfähigem saurem Wasserstoff bzw. mit stei¬
gender Oberflächenentwicklung.Das an saurem H relativ arme,
idealamorphe Dioxanlignin weist
die minimale Sorption an NaOH
auf, diese steigt beim elektro-
dialysierten Hochmoorhumus
deutlich an, bleibt aber wegen
der geringen oxydativen Aufberei¬
tung desselben auf dem niederen
Wert von 2 mÄq/g. Bereits das
durch Sauerstoff oxydierte Lignin
( = oxydiertes Lignin)*) weist
einen größeren Gehalt an sau¬
rem Wasserstoff auf (3,84 mÄqNaOH/g), während das innen¬
disperse, lamellare Graphitoxyd auf 5,90 mÄq NaOH je g sorbiert.
Der Gehalt an saurem, zugänglichem und daher neutralisierbarem
Wasserstoff steigt in der Reihe:
Lignin < H-Humus < oxydiertes Lignin < Graphitoxyd.Bei all den eben verglichenen organischen Umtauschkörpern sind Bau¬
steine vorhanden, für die der Sechserring des Kohlenstoffs kennzeichnend
ist. Man vergleiche hierzu beispielsweise die Ligninformel Freuden¬
bergs2), die aus Abkömmlingen des Phenylpropans besteht; beim Humus
!) Vgl. E. Junker, Kolloid-Z. 95, Heft 2, S. 241 (1941).2) Vgl. E. Junket, Kolloid-Z. 95, 216 (1941).
MAeqNaOHadsorbiert
Je Gramm TS&u
Oroph/Asoure W
so
3.0
j{ oxyd.-H-Lgnm/ (Junker)
2.0ßfoxyd-H-ügnln
^H-Humus (Zadmard)
70H~Lignine
035 0.37 039 0.17 013 015 0.17
atomaren O'C-Qyohenr
Fig. 4.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 573
sind Lignin und Ligninabkömmlinge als wesentlichste Mizellenbausteine
vorhanden; die Graphitoxydstruktur ist durch die Sechseckschichtebenen
des Kohlenstoffs direkt charakterisiert.
Zwischen Lignin, Humus und dem Graphitoxyd besteht demnach
eine gewisse Ähnlichkeit, die in dieser Sechserringnatur begründet ist.
Lignin, Humus und Graphitoxyd unterscheiden sich zum Teil sehr stark
in ihren Oxydationsgraden, wie aus Tabelle 14 hervorgeht.
Die Elementaranalyse der verschiedenen Umtauschkörper wurde nur
an hochvakuumgetrockneten (bei 50° C über P205) Präparaten bestimmt.
Es wurde daher angenommen, daß der vorgefundene Wasserstoff nicht
als Wasser zu berechnen, sondern daß er Bestandteil organischer Radi¬
kale sei. Das Graphitoxyd ist bedeutend höher oxydiert als der in unserem
Institut von Zadmard untersuchte Hochmoorhumus. Das aus aus¬
gesuchtem Fichtenholz mittels Dioxan isolierte Lignin zeigt nach
Junkers Untersuchungen einen noch etwas kleineren O : C-Quotienten.
Zwischen diesem O : C-Quotienten der hier zur Diskussion stehen¬
den organischen Umtauschkörper und der Basenbindung besteht ein ein¬
deutiger Zusammenhang. Mit steigender Oxydation nehmen die iono-
genen, wasserstoffhaltigen Gruppen an der Umtauschoberfläche zu.
Tabelle 14.
Zusammenhang zwischen Basenbindung und atomarem
0:C-Wert einiger im Hochvakuum bei 50° C über P2Os
getrockneter organischer Umtauschkörper
(Lignin, H-Humus und Graphitoxyd).
Umtauschkorper %c %o %H0:C
atomar
NaOH-
Bindung bei
Ph 7 1 Ph 10
Verhältnis
von stark
sauren zu
schwach
in mÄq NaOH*) Gruppen
Lignin (Junker)H-Humus (Zadmard).Graphitoxyd
62,60
60,49
60,01
31,9531,19
37,73
5,45
6,42**)2,26
0,38
0,39
0,47
0,10
0,31
0,75
1,10
1,48
2,75
1:10
1:3,9
1:2,7
*) Resultate der diskontinuierlichen elektrometrischen Aufwârtstitration.
**) Der H-Humus enthält noch 1,90% N.
Die Feststellung der Basenbindung wurde durch diskontinuierliche
Elektrotitration elektrodialysierter UK mittels NaOH vorgenommen. Die
Messungen erfolgten stets nach einer Wartezeit von einigen Tagen.
Die NaOH-Bindung steigt mit zunehmendem Oxydationsgrad der
verglichenen Umtauschkörper. Bei pH7 sind erst wenige Anteile der an den
sauren Umtauschkörpern vorhandenen Wasserstoffionen neutralisiert, es
37
574
sind dies die stärker dissoziierbaren Oberflächengruppen. Bei pH 10 wer¬
den auch die phenolischen Hydroxyle erfaßt, die Neutralisationsbeträgewerden durch den Einbezug dieser schwächer sauren Gruppen erhöht.
Mit steigendem Oxydationsgrad der vergleichbaren Umtausch¬
körper steigt nicht nur die absolute Basenbindung, sondern durch höhere
Oxydationsgrade sind auch die stärker sauren Gruppen relativ und ab¬
solut vermehrt worden. Die Verhältniszahlen der jeweils vorhandenen
stark sauren zu schwach sauren Gruppen steigen mit zunehmendem
Oxydationsgrad sehr stark an (vgl. letzte Kolonne Tabelle 14).Bei der diskontinuierlichen Elektrotitration der festen Umtausch¬
körper wird bei pH 10 nur ein Bruchteil des überhaupt vorhandenen und
dissoziierbaren Wasserstoffs neutralisiert. Bei höheren Angebotskonzen¬trationen an starken Hydroxyden werden größere Anteile an sehr schwach
dissoziierten Gruppen ihren Wasserstoff gegen Metall ersetzen. In Ta¬
belle 15 sind solche Messungen zusammengestellt und mit den atomaren
O : C-Quotienten in Beziehung gesetzt worden.
Der Zusammenhang zwischen diesen Basenbindungsbeträgen und
dem O : C-Wert ist überraschend groß.
Tabelle 15.
Zusammenhang zwischen Basenbindung und dem atomaren
O : C-Quotienten einiger innendisperser Umtauschkörper.(Angebotskonzentration an NaOH = 40 mÄq je g UK.
Elektrometrische Rücktitration bis pH 8,2.)
Umtauschkörper O : C atomarNaOH-Adsorptionbei Rücktitration
Lignin (Junker)H-Humus (Zadmard) .
Oxyd. Lignin (Junker)Graphitoxyd (Hamdi) .
0,38
0,39
0,43
0,47
1,48 mÄq2,00
„
3,84 „
5,90 „
3. Die Dispergierung und das SedimentYolumen der Graphit¬oxydsuspensionen in Abhängigkeit von deren Neutralisationsgrad.
a) Der äußere Dispersitätsgrad der Graphitoxydsuspensionen.1 g des lufttrockenen, elektrodialytisch gereinigten und in 500 cm3
dest. Wasser suspendierten Graphitoxyds bildet ein relativ grobdispersesund rasch sedimentierendes System. Der geringe Gehalt des Graphit¬oxyds an stark dissoziierenden Oberflächenorten bedingt den starken Zu¬
sammenhalt der Vielfachteilchen untereinander wie auch der Schicht¬
ebenen der Einzelteilchen. Steigende Zusätze von NaOH neutralisieren
zunächst die sauersten Gruppen der Graphitoxydoberflächen; bis zu
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 575
pH -Werten von 8 sind es größtenteils die an den Außenrändern oder die
im Teilcheninnern an den Bruchstellen der kristallinen Schichtebenen vor¬
handenen Karboxylgruppen. Durch die starke Dissoziation der durch Na
neutralisierten Oberflächenorte steigen die elektrostatischen Abstoßungs¬
kräfte, die Hydratation der Teilchen ist erhöht; die partiell neutralisierte
Graphitsuspension wird zunehmend dispergiert. Durch eine weitere Er¬
höhung der NaOH-Zusätze werden auch die schwächer sauren Ober¬
flächengruppen, darunter wohl vorwiegend die phenolischen Hydroxyle,
und untergeordnet auch hydratisierte äthylenoxydartige Radikale neu¬
tralisiert. Die Dispergierung steigt an bis zu einem Neutralisationsbetrag
von etwa 2,5 mÄq NaOH je g GO, die dem obigen System ein pH von 10
verleihen. Durch eine weitere Steigerung des NaOH-Zusatzes vermindert
sich der äußere Dispersitätsgrad der Suspension auffallend stark, obschon
dadurch noch weitere NaOH-Äquivalente durch die schwächer sauren
Gruppen gebunden werden.
Die Dispergierung der GO-Suspensionen wurde nach der sog.
Pipettanalyse (Esenwein-Modifikation1) bestimmt. Die Meßtemperatur
betrug in allen Fällen 20° C. Die Viskosität des Dispersionsmittels HÖH
wurde mit 0,01 und das spez. Gewicht des Graphitoxyds mit 1,31 in
Rechnung gesetzt. Die Veränderlichkeit des spez. Gewichts des Di¬
spersionsmittels durch NaOH wurde nicht berücksichtigt, ebenso wurde
die Veränderung durch innere Quellung der GO-Teilchen bei der Be¬
rechnung vernachlässigt.Die für eine Sedimentationsstrecke von 20 cm benötigte Zeit wurde
für die in Tabelle 16 verzeichneten Äquivalentdurchmesser der GO-
Teilchen aus dem Stokesschen Gesetz berechnet:
2-r2(d'-d")-g
9-TJ
Die in obiger Gleichung vorkommenden Größen bedeuten:
v = Sedimentationsgeschwindigkeit (cm • sec-1) der Teilchen,
r = Äquivalentradius der verschiedenförmigen Teilchen (cm),
d' = spez. Gewicht der Graphitoxydteilchen (= 1,31, konstant gesetzt),
d" = spez. Gewicht des Wassers (= 1,00 gesetzt),
g = Schwerkraft = 981 dyn,
rj = Viskosität des Dispersionsmittels (20° C = 0,01).
In nachstehender Tabelle sind die prozentischen Anteile der ver¬
schiedenen, in Parallelversuchen bestimmten Teilchenfraktionen zu¬
sammengestellt.
x) Vgl. Wiegner u. Pallmann, Anleitung zum quantitativen agrikultur¬
chemischen Praktikum, S. 147—149 (Berlin 1938).
37*
576
Die Abweichungen der Parallelmessungen betragen 1—2% des
Mittelwertes.
Tabelle 16.
Die verschiedenen Korngroßenfraktionen des elektrodialy-sierten, sauren und des partiell mit NaOH neutralisierten
Graphitoxyds.
l,OOOglufttrockenesGraphitoxyd in 5 00cm3 Dispersions mittel.
Pipettanalyse bei 20° C. pH-Werte mit Sb-Elektrode.
>0,05 0,05—0,01,0,01—0,002 <0,002Fraktionen
pH -Wert mm 0
%mm 0
/o
mm 0
%mm 0
%
Reines Wasser 3,8 12 39 46 3+ 0,50 mÄq NaOH
.. 6,3 9 16 22 53+ 1,00
„ „ .. 6,6 6 14 23 57+ 1,30
„ „ .. 8,2 3 9 28 60+ 1,50
„ „ .. 8,7 1 6 33 60+ 1,80
„ „ .. 8,9 1 8 30 61+ 2,20
„ „ .. 9,5 1 3 28 68
+ 2,50„ „ .. 10,2 ±0 5 24
35
71
+ 3,00„ „ .. 10,4 ±0 2 63
+ 3,40„ „ . 10,8 ±o 6 39 55
+ 3,70 „ „ .. 10,8 ±0 7 39 54+ 4,50
„ „ . 11,1 ±0 ±0 47 53+ 5,00
„ „ . 11 ± 0 9 41 50+ 6,01
„ „ . 11 ±0 15 51 34+ 7,01
„ „ . 11 ±0 13 54 33+ 8,00
„ „ . 11 ±0 10 59 31+ 10,01
„ „ . 11 ±0 11 61 28
TWMA9 Na0H/1gG0/-500ocrn
1 2 3 <J S è~7~8 9
Fig. 5
In Fig. 5 sind die Gehalte der Suspen¬sionen an Fraktionen feiner als 0,002 mm
Durchmesser gegen den pH-Wert der Sus¬
pension abgetragen. Das Dispergierungs-optimum ist bei pH 10 vorhanden, beim
Überschreiten dieses Wertes nach oben
oder unten sinkt der Dispersitatsgrad sehr
stark.
Bei einem Suspensionsvolumen von
500 cm3 und einem Gehalt an GO von
1 g werden bei der Neutralisation mittels
NaOH bei pH 10 ziemlich genau 2,5 mÄqWasserstoff durch Na ersetzt. Bei der Über-
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 577
schreitung dieses Wertes geht demnach in den vorstehenden Versuchen
die Dispergierung der GO-Teilchen wieder zurück.
b) Die spezifische Viskosität feindisperser Graphitoxydsole.Die obigen Kennpunkte treten auch bei der Bestimmung der auf die
Suspensionskonzentration C bezogenen spez. Viskosität deutlich hervor.
In den Suspensionen, deren Fraktionen größer als 0,002 mm Durch¬
messer durch Sedimentation entfernt wurden, steigt die Viskosität mit
steigender NaOH-Konzentration ebenfalls bis zu einer Zugabe von
2,5mÄqNaOH/gGO. Die Werte der spez.Viskosität, auf gleiche Mengen
suspendierter Phase bezogen, zeigen folgende Beziehung zum pH der
Suspension bzw. zur adsorbierten NaOH-Menge.
Tabelle 17.
Zusammenhang zwischen den rjs : C-Werten feindisperser
Graphitoxydsuspensionen in Abhängigkeit von pH und
NaOH-Adsorption (Höppler-Viskosimeter).
Angebots¬konzentration
Adsorbierte
mAq NaOH
Gramme GO
in 100 cm3 pH-Wert V:CNaOH in mAq
)e g GOje g GO «0,002 mm 0)
des Sols 20° C bei 20°
0,00 0,00 0,7 • 10-2 3,8 7,00
0,50 0,50 10,6 lu"2 6,3 2,87
1,00 1,00 11,4 lu"2 6,6 2,71
1,30 1,30 12,0 lu"2 8,2 2,62
1,50 1,50 12,0 10-2 8,7 2,681,80 1,80 12,2 lu"2 8,9 3,12
2,20 2,20 13,6 lu"2 9,5 10,502,50 2,48 14,2 lu"2 10,2 11,88
3,00 2,70 12,6 lu"2 10,4 4,883,40 — 11,0 lu-2 10,8 1,903,70 — 10,8 lu"2 10,9 1,82
4,50 3,05 10,6 10-2 11,1 1,78
5,00 3,20 10,0 lu"2 über 11,. 1,856,01 3,28 6,8 10-2
„ 11,. 1,31
7,01 6,5 lu-2„ H,- 1,23
8,00 4,33 6,1 io-2„ H,- 1,18
10,01 5,05 5,6 IQ"2„ H,- 1,04
Der steile Anstieg der Viskositätswerte bei pH -Werten zwischen 9
und 10 und der ebenso steile Abfall bei alkalischeren Werten deutet auf
eine außerordentlich starke Hydratation und innere Quellung der optimaldissoziierenden und daher große elektroviskose Effekte aufweisenden
Graphitoxydsuspensionen. Die Solvatationseffekte wie auch die elektro-
578
viskosen Erscheinungen fallen bei pH über 10 sehr rasch auf tiefe Werte
ab. Man vergleiche hierzu Fig. 6.
^spez- c"i »Viskosität des Sols
72-l
70-
8-
6-
a-
2-
0 , , , ,
1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0
Maeq. adsorbierter Na OH je g M
Fig. 6.
Für die Bestimmung der Dispergierungswirkung steigender NaOH-
Zusätze eignen sich nur Sole, die nicht mehr als 2 g Graphitoxyd im Liter
enthalten. Bereits bei Anwendung von 4 g GO erhält man weichgelie¬rende Systeme. Bei 10 g GO im Liter entstehen bei Laugenzusätzen von
2—3 mÄq/g GO erstarrende Gele mit ausgesprochen thixotropem Ver¬
halten.
c) Das Sedimentvolumen verschieden stark neutrali¬
sierter Graphitoxydsuspensionen.Sowohl das Sedimentvolumen, als auch die Adsorption von NaOH
am Graphitoxyd erweist sich stark von der Methodik abhängig. Die
Neutralisationswirkung der NaOH ist verschieden, je nach der Art der
NaOH-Zugabe zum System. Die größten Neutralisationsbeträge erhält
man bei genügender Vorquellung des Graphitoxyds vor der Lauge¬
zugabe. Wird die NaOH-Lösung direkt zum trockenen GO zugesetzt, so
erfordert die permutoide Durchreaktion sehr lange Zeiten. Durch NaOH
werden die randlichen Teilchenpartien stark verquollen und hemmen
damit die rasche Diffusion des NaOH in die Zwischenräume der Schicht¬
ebenen. Wird vor der NaOH-Zugabe hingegen das GO mittels Wassers
hydratisiert, so erfolgt die spätere Neutralisation der im Teilcheninnern
vorhandenen sauren Gruppen bedeutend rascher. Auch das Quellungs¬ausmaß der durchreagierenden Teilchen wird damit deutlich erhöht. Die
innere Aufweitung spielt für den Neutralisationsablauf eine wesentliche
^.»Viskosität des Dispersions -
mittels
c -Gramme Û0 in 100can Sol.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 579
Rolle. Werden die GO-Teilchen vor der Laugezugabe in 2-n NaCl auf¬
geschwemmt, so vermag die nachher zugefügte Lauge nur noch einen
Bruchteil des sonst erfaßbaren Wasserstoffs zu neutralisieren. Durch
NaCl-Zusätze wird die Aktivität der NaOH deutlich vermindert, wie
dies auch aus dem in der letzten Kolonne der Tabelle 18 verzeichneten
Versuch hervorgeht.
Tabelle 18.
Die Basenbindung und das Sedimentvolumen des Graphit¬
oxyds in verschiedenen alkalischen Dispersionsmitteln.
An-
gebots-konzen-
tration
anMeOH
a) lg
GO+n/1-NaOH,dann H20bis 100 cm3
b) lgGO + H20,dann NaOH
bis 100 cm3
c) 1 g GO
+ H20 + NaOHbis 95 cm3.
Nach 10 Tagenfestes NaCl
bis Lsg. 2-n
d) lgGO + 2-n NaCl,dann NaOH
bis 100 cm3
in mÄq/gGO Ads.
NaOH
Sedim.-
Vol.
cm3
Ads.
NaOH
Sedim.-
Vol.
cm3
Ads.
NaOH
Sedim.-
Vol.
cm3
Ads.
NaOH
Sedim.-
Vol.
cm3
0,00
1,00
2,00
2,50
3,00
4,00
6,00
8,00
10,00
20,00
40,0050,00
0,00
1,00
2,00
2,48
2,70
2,93
3,28
4,33
5,05
5,60
5,90
5,90
7,3
106
96
91
67
30
0,00
1,00
2,00
2,48
3,29
4,294,64
5,76
7,3
103
106
100
97
96
34
0,00
1,00
2,00
2,50
2,88
3,21
3,193,19
63
>72
72
67
49
58
56
0,00
1,00
1,46
1,57
1,66
1,77
2,01
1,96
1,96
4,9
4,9
4,9
4,9
4,9
4,9
4,94,9
4,9
Zur Bestimmung des Sedimentvolumens wurden Glasröhren von
8,8 mm innerer Weite gewählt. Die 80 cm hohen Glasröhren wurden
unten sorgfältig verstopft, damit eine ebene Begrenzung entstehe. Die
lotrecht auf einem Tragbrett montierten Röhren hingen in einem er¬
schütterungsfreien und beinahe temperaturkonstanten Raum bei 18° C.
Für die Bestimmung des SedimentationsVolumens, das aus den je¬
weiligen Sedimenthöhen berechnet wurde, kamen jeweils aus den ver¬
schiedenen Versuchen 0,25 g Graphitoxyd in die Sedimentierröhren.
Nach 10—16tägiger Wartezeit — bei beobachtetem Stillstand der Ab¬
senkungen — wurden die Höhen der schwarzen, gut vom klaren, über¬
stehenden Dispersionsmittel unterscheidbaren Sedimente gemessen.
580
ccm pro g GO
110
In Fig. 7 sind die Resultate dieser Messungen in Abhängigkeit von
den jeweils adsorbierten NaOH-Mengen graphisch wiedergegeben. Die
Sedimentvolumina variieren stark mit den aufgenommenen NaOH-
Äquivalenten, d. h., sie sind abhängig vom Neutralisationsgrad des GO
wie auch von dessen Vorbehandlung. Die maximalen Sedimentvolumina
finden sich stets bei einer NaOH-Bindung von 2,5 mÄq NaOH je g
Graphitoxyd. Dieses Resultat steht mit
den direkten Dispersitätsmessungen(vgl. Abschnitt 3a) in guter Überein¬
stimmung. Mit steigender NaOH-Bin¬
dung erhöht sich das Sedimentvolumen
in den Versuchen a bis c bis zu 2,5 mÄqNaOH/g, um dann mehr oder wenigerrasch abzufallen. Wird das GO vor dem
NaOH-Zusatz in 2-n NaCl suspendiert(Versuch d), so unterbleibt die Quellungdes Bodenkörpers. Das Sedimentvolu¬
men ist sehr klein, kleiner als in reinem
Wasser, und unabhängig vom NaOH-
Zusatz. Die Maxima der Dispergierung bzw. des Sedimentvolumensfallen beide mit einem Neutralisationsbetrag von 2,5 mÄq NaOH je g GOzusammen. Dabei ist ein Maximum des Sedimentvolumens bei höchster
Aufladung recht ungewöhnlich. Bei starren und nicht quellbaren Um¬
tauschkörpern, wie bei Kaolin und Quarz, steigt das Sedimentvolumenmit steigender Teilchenentladung und fällt mit höher werdender Auf¬
ladung der Mikronen1). Das Maximum der Sedimentvolumina bei hoher
Aufladung führen wir bei Graphitoxyd auf die maximale Quellung des
elastischen, elektrostatisch aufgeweiteten Schichtgitters zurück. Diese
Deutung wird durch die Messung der spez. Viskositäten feindisperserGraphitoxydsole gestützt: das Maximum der spez. Viskositäten fällt mit
dem Maximum der Dispergierung und dem Maximum des Sediment¬
volumens zusammen.
1.0 2.0 3.0 V.0 SO 6.0MAcq. NaOH adsorbiert-prog GO
Fig. 7.
4. Die Adsorption von Aminosäuren, Peptiden, Gelatine und Pyridinan Graphitoxyd.
Die Komplexbindung von Proteinen und Ligninderivaten spieltnach heutiger Auffassung für die Humusbildung eine wesentliche Rolle.Die entstehenden Humuskerne (nach Waksman) besitzen eine bedeu-
*) Vgl. A. v. Buzägh, Kolloidik (Dresden u. Leipzig 1936), 171; G. G. Kandi-larow, Kolloid-Z. 90, 320—340 (1940).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 581
tende Stabilität und zeigen ein hohes Adsorptionsvermögen für Elektro-
lyte und Wasser. Die Bindung von Aminosäuren, Dipeptiden, Gelatine
und Pyridin an Graphitoxyd bot daher auch bodenkundliches Interesse.
An den sauren Gruppen des Graphitoxyds werden wohl in bestimmten
pH-Gebieten die Aminoradikale oder die andern basischen Gruppen zum
Teil salzartig festgelegt. Daneben kann wohl noch eine apolare Adsorp¬tion der verschiedenen N-haltigen Molekel an den GO-Oberflächen
stattfinden.
a) Adsorption von Aminosäuren, Peptiden, Gelatine und
Pyridin an Graphitoxyd bei verschiedenem pH des Systems.
1 g Graphitoxyd wird in 50 cm3 Wasser zerteilt. Hierauf wird eine
mittels NaOH bzw. HCl auf verschiedene pH -Werte abgepufferte Lösung
verschiedener N-Verbindungen zugemischt. In 100 cm3 der Suspension
werden etwa 10 mÄq Aminosäure1) vorgelegt. Das pH des Systems vari¬
iert zwischen pH 3 und 10. Die Reaktion des isoelektrischen Punktes der
betreffenden Aminosäuren wurde ebenfalls in die Versuchsreihe auf¬
genommen. Die derart gefüllten 100-cm3-Maßkolben wurden luftdicht
verschlossen und während 2 Tagen in der Schüttelmaschine kräftig ge¬
mischt. Die adsorbierten Äquivalente der vorgelegten N-Verbindungen
wurden im klaren überstehenden Dispersionsmittel bzw. in einem ali¬
quoten Teil des Ultrafiltrats mittels Formoltitration oder gewöhnlicherazidimetrischer Titration bestimmt.
Das Sedimentvolumen der Adsorbate wurde nach oben dargestellterMethode ermittelt.
Die in nachstehenden Tabellen mit * bezeichneten pH-Werte ent¬
sprechen der isoelektrischen Reaktion der untersuchten Aminosäuren.
Es wurde die Adsorption folgender N-Verbindungen am Graphit¬
oxyd gemessen (Formeln für pH-Gebiete unter dem IEP):
Name IEPMol¬
volumen
1.1 +
H • NH3 er
er
Ammoniumchlorid
Glykokoll 6,08
34,92
2.r i+CH,-NH, I
1COOH
64,64
1) Die reinen Präparate wurden von der Firma SA. F. Hoffmann-La Roche & Co.
in Basel bezogen.
582
Name IEPMol¬
volumen
+
CH3-CH-NH3
COOH
CI'
+
CHL.
CH,
CH-CH-NH,
COOH
CI'
5.
CH,
CHa COOH
+
CI'
6. I CH2-NHCO-CH2-NH3I ICOOH
+
CI'
+.CI'
-CH2-CH-NH3I
"
COOH
+
CI'
COOH
I
CH-NH3I
CH2ICOOH
] +
CI'
10.
COOH
I
CH-NH3I
CH2I
CH2
COOH
+
CI'
Alanin (dl)
Valin (dl)
Leuzin (1)
Glyzyl-Glyzin
Diglyzyl-Glyzin
Phenylalanin
Asparaginsäure (1)
6,04
6,00
6,02
+
11. H Cl'
Glutaminsäure (d)
Pyridin
5,40
2,80
64,07
84,05
101,40
75,16
120,38
119,20
80,11
3,20 95,58
80,51
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 583
Der Einfluß des pH~Wertes des Dispersions¬
mittels auf die Adsorption von iVH4+.
In diesem Versuch wurde die NH4-Adsorption an Graphitoxyd bei
gleicher Angebotskonzentration, aber verändertem pH-Wert des Systems
festgestellt. Das pH der NH4-Ionenlösung wurde durch Zugabe von
NH4OH bzw. HCl systematisch variiert.
Tabelle 19.
Einfluß des pH auf NH4-Adsorption an GO.
Angebotskonzentration = 10,27 mÄq NH4-Ionen/g GO.
Ph vor
Adsorption
mÄq NH4+adsorbiert
1 je g GO
Ph im
Gleichgewicht
(Suspension)
2,90 0,192 2,9
5,00 1,18 3,6
7,00 0,976 5,9
8,00 0,976 6,6
Der Einfluß des p^-Wertes auf die Adsorption
monobasischer Aminosäuren an Graphitoxyd.
Tabelle 20.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mÄq GlykokoU
je g GO. * Isoelektrischer Punkt = 6,08 pH.
Ph vor
Adsorption
mÄq
GlykokoUadsorbiert
je g GO
Ph im
Gleichgewicht
(Suspension)
Sediment¬
volumen
cm3/g GO
3,00 0,193 3,2 5,5
3,4 0,193 3,4 5,4
6,08* 0,995 5,8 5,5
7,00 0,995 6,0
9,00 0,793 8,9 •95
584
Tabelle 21.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mAq (dl)Alanin je g GO. * Isoelektrische Reaktion = 6,04 pH.
Ph vor
Adsorption
mÄq Alanin
adsorbiertPh im
GleichgewichtSediment¬
volumenje g GO (Suspension) cm3/g GO
3,00 1,42 3,0 5,53,20 1,78 3,2 5,56,02* 5,09 4,6 5,59,10 2,14 8,8 95
.10,00 0,214 9,4
'
7011,30 0,00 9,9 54
Tabelle 22.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mÄq (dl) Valin
je g GO. * Isoelektrische Reaktion = 6,00 pH.
Ph vor
Adsorption
mAq Valin
adsorbiert
je g GO
Ph im
Gleichgewicht(Suspension)
3,00 4,60 3,26,00* 5,63 4,87,00 5,76 5,49,00 4,50 8,8
Tabelle 23.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mÄq (1) Leuzin
je g GO. * Isoelektrische Reaktion = 6,02 pH.
Ph vormÄq Leuzin
adsorbiertPh im
GleichgewichtSediment¬
volumenAdsorptionje g GO (Suspension) i cm3/g GO
2,80 5,17 2,8 5,57,00 5,27 5,3 5,96,02* 5,30 5,3 | 5,99,00 5,10 8,8 | 94
10,00 5,00 9,3 71
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidçhemischen Eigenschaften des Humus 585
fiAeq adsonbierf-je g GO
Vaùn
2 f 6 8 10 12
pH /m Gl&chgewichh
Fig. 8.
Tabelle 24.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mÄq (dl) Phenyl-Alanin. * Isoelektrische Reaktion = 5,40 pH.
Ph vor
Adsorption
mÄq Phenyl- I Ph im | Sediment-
Alanin adsorb. Gleichgewicht volumen
je g GO I (Suspension) i cm3/g GO
2,80 0,00 2,8 5,43,00 1,40 3,00 5,55,40* 5,14 5,0 5,59,00 2,67 8,9 94
0,00 0,00 9,4 78
Der Einfluß des pn- Wertes auf die Adsorptionzweibasischer Aminosäuren an Graphitoxyd.
Tabelle 25.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mÄq (1) Asparagin-säure. * Isoelektrische Reaktion = 2,80 pH.
Ph vor
Adsorption
mÄqAsparagin-säure adsorbiert
je g GO
Ph im
Gleichgewicht(Suspension)
2,00 4,91 2,02,80* 5,60 2,6
4,10 6,89 3,9
5,00 7,41 4,8
9,05 7,15 8,5
586
Tabelle 26.
Konstante Angebotskonzentration = 10,00 mAq (d) Glutamin¬
säure. * Isoelektrische Reaktion = 3,20 pH.
Ph vor
Adsorption
mÄq Glutamin¬
säure adsorbiert
je g GO
Ph im
Gleichgewicht(Suspension)
2,80 3,54 2,83,20* 2,80 3,0
4,00 3,60 4,0
5,00 4,83 5,0
9,00 4,66 8,0
Der Einfluß des pH-Wertes auf die Adsorption
von Di- und Tripeptiden an Graphitoxyd.
Tabelle 27.
Konstante Angebotskonzentration = 9,60 mÄq Glyzyl-
Glyzin je g GO in 100 cm3.
Ph vor
Adsorption
mÄq Giyzyl- ' Ph im
Glyzin adsorbiert Gleichgewichtje g GO (Suspension)
3,00 — 3,0
5,30 1,73 5,0
7,00 3,43 7,08,00 4,11 7,7
9,00 4,61 8,51,00 2,74 10,7
Tabelle 28.
Konstante Angebotskonzentration = 10,40 mÄq Diglyzyl-
Glyzin je g GO in 100 cm3.
Ph vor
Adsorption
mAq Di-Glyzyl- Ph im
Glyzin adsorbiert Gleichgewichtje g GO (Suspension)
3,00 2,68 3,2
5,20 5,00 4,8
7,00 5,56 6,7
9,00 7,14 7,8
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 587
Maeq.
7-5
7-0
6-0
5-0
4.0
3>0
2-0
1'0
0
adsorbiert
je g CO
feparaginsäure
Digljfcjlglycin
Qlycylglycin
ululaminsäure
—i—6
0-6
8 10 12
pH im Gleichgewicht
Fig. 9.
2,0 4.0 6fl 8,0
pH Im üleichgewicht
Fig. 10.
>. ûtyKoKol!
70,0
Der Einfluß des pH-Wertes auf die Adsorption
von Gelatine an Graphitoxyd.
Reinste und im Ultramikroskop optisch leere Gelatine des schweize¬
rischen Seruminstituts in Bern wurde für diese Versuche verwendet. Um
Gelierungen zu vermeiden, mußte in verdünnteren Systemen, d. h. mit
kleineren Vorlagen an Graphitoxyd gearbeitet werden. Durch Formol¬
titration wurden die Angebotskonzentrationen wie auch die Adsorptions¬
beträge ermittelt. Die Standardlösung der Gelatine enthielt je Liter
9,00 mÄq Gelatine (Formoltitration).
Tabelle 29.
Konstante Angebotskonzentration = 9,0 mÄq Gelatine
je 0,25g GO; je g GO betrug die Angebotskonzentrationdaher 36,0 mÄq. Systemvolumen = 1000 cm3.
Ph vor
Adsorption
mÀq Gelatine
adsorbiert
je g GO
Ph im
Gleichgewicht(Suspension)
3,00 3,21 3,0
4,80 6,42 , 4,8
7,00 5,35 6,7
8,40 4,30 8,0
0,00 4,30 9,8
588
Der Einfluß des pH-Werles auf die Adsorptionvon Pyridin an Graphitoxyd.
Die quantitative Bestimmung des Pyridins erfolgte durch Titrationmittels Kongorot (Umschlag 3,0—5,2 pH) und HCl. Die zur PufFerungverwendete HCl wurde in Rechnung gesetzt.
Tabelle 30.
Konstante Angebotskonzentration = 9,40 mÄq Pyridinje 1 g GO. Systemvolumen = 100 cm3.
Ph vo
Adsorpt
mÄq Pyridin Ph im
adsorbierton •
,-,.-.
je g GO
Gleichgewicht(Suspension)
2,2 0,635 ! 2,34,8 1,69 4,86,2 2,80 6,09,5 2,80 8,3
10,3 2,80 10,1
Maeq. adsorbiert '
>g Q0
6,0-
5,0-Alanin &
4-.0-V Phenylalanin c
3.0-/ /*/ // /
-A—*2,0- J / Pyridin
1,0-
9 s
/ •/ y
0
Z 4 6 8 10 12
pH im Gleichgewicht
Kg- 11.
b) Die Adsorption von NH4+, Alanin und Asparaginsäure an
Graphitoxyd bei steigender Angebotskonzentration.Diese Adsorptionsversuche wurden mit je 1,00 g Graphitoxyd in
100-cm3-Meßkolben durchgeführt. Die Abhängigkeit der Adsorptionvon der Angebotskonzentration wurde zum Teil in verschiedenen pH-Gebieten untersucht.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 589
Tabelle 31.
Adsorption von NH4-Ionen an Graphitoxyd.
(pH der NH4C1-Lösung = 4,90.)
Angebots¬ mÄq NH4 + Ph im
konzentration adsorbiert GleichgewichtmÀq NH4C1 je g GO (Suspension)
5,14 0,61 3,9
6,42 0,69 3,9
7,70 0,82 3,8
8,99 1,00 3,6
10,27 1,18 3,6
25,68 1,79 3,538,52 1,92 3,4
Tabelle 32.
Adsorption von Alanin (dl) an Graphitoxyd.
p Angebots- mÄq Alanin
. , . konzentration adsorbiertAdsorption in mÄq je g GO
Pu im
Gleichgewicht(Suspension)
3,0
3,0
3,0
1,60
4,80
9,60
0,685
1,36
1,36
3,2
3,2
3,2
6,0
6,0
6,0
1,60
4,80
9,60
0,856
3,08
5,14
5,4
5,0
4,5
9,1
9,1
4,80
9,60
2,06
2,22
8,7
8,6
Tabelle 33.
Adsorption von Asparaginsäure (1) an Graphitoxyd.
Ph vorAngebots¬ mÄq Asparagin¬ Ph im
konzentration säure adsorbiert GleichgewichtAdsorption in mÄq je g GO (Suspension)
2,8 5,10 3,44 2,8
2,8 7,65 5,20 2,8
2,8 10,20 5,62 2,8
7,0 5,10 4,38 6,3
7,0 7,65 5,41 5,8
7,0 10,20 7,47 5,2
38
590
Maeq. adsorbier
3.0 î
pH um 5.8
Asparaginsäure
%^ .S pH um 5,0
— pH um 8,7
pH um 3,2
pH 3,4-3,9
6 6 10
Maeq. /Angebotskonzentralion inlOOccm
je Gramm ûraphitoxyd.
Fig. 12.
c) Diskussion der Adsorptionsresultate.Die Aminosäuren werden vom elektrodialysierten Graphitoxyd teil¬
weise gut adsorbiert. Die Adsorptionsbeträge erweisen sich stark vom pH
des Systems abhängig. Bei den meisten Aminosäuren liegt das Maximum
der Adsorption bei pH 6. Einzig das Glyzylglyzin wird bei höheren pH-
Werten, gegen 8,5 pH, am stärksten adsorbiert.
Tabelle 34.
Die maximale Adsorption der Aminosäuren und Peptidefindet sich bei nachstehendem pH des Systems
(Gleichgewicht s-pH).
Adsorbiertes MolekelIsoelektrischer
Punkt
Maximale
Adsorptionin mÄq/g GO
pH-Wertdes Systems
im Gleichgewicht
GlykokollAlanin (dl)Valin (dl)Leuzin (1)Phenylalanin (dl) .
Asparaginsäure (1)Glutaminsäure (d)Glyzylglyzin
6,08
6,04
6,00
6,02
5,40
2,80
3,20
1,0
5,2
5,7
5,2
5,2
7,6
5,0
4,6
6
6
6
6
6
6
6
8,5
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 591
Von den untersuchten N-haltigen Verbindungen zeigten nur das
Glyzylglyzin und das Pyridin ihre maximale Adsorbierbarkeit in leicht
alkalischen Lösungen. Bei den einbasischen aliphatischen Aminosäuren
fällt das pH der maximalen Adsorbierbarkeit mit dem isoelektrischen
Punkt zusammen. Bei den zweibasischen Aminosäuren liegt der iso¬
elektrische Punkt bedeutend tiefer als das pH der Maximaladsorption.Bekanntlich sind die Aminosäuren in wässerigen Lösungsmitteln
unterhalb des isoelektrischen pH -Wertes als komplexe Kationen vor¬
handen. Es wäre nun zu erwarten, daß diese organischen Kationen leicht
mit den sauren Gruppen der Graphitoxydoberflächen salzartige Ver¬
bindungen eingehen und dadurch stärker sorbiert würden. Offenbar tritt
aber das organische Aminosäurekation bei diesen sauren Reaktionen in
Konkurrenz mit den oberflächenaktiveren Wasserstoffionen und kann
daher nur schwach an der negativen Graphitoxydgrenzfläche adsorbiert
werden. Dazu kommt noch die dichtere Packung des Graphitoxydgitters,das bei stark saurer Reaktion zufolge fehlender oder schwacher Dissozia¬
tion der sauren Oberflächengruppen nur wenig aufgeweitet sein dürfte.
Ein Hinweis auf diese festere Packung geht aus den sehr kleinen Sediment¬
volumina des sauren Graphitoxyds hervor; die Dispergierungsversuche,die früher beschrieben wurden, deuten ebenfalls darauf hin. Im Gebiet
um pH6 tritt nun das Wasserstoffion nicht mehr wesentlich als Ober¬
flächenkonkurrent zum N-haltigen Molekel auf. Wohl ist der Kationen¬
charakter der Aminosäure bei pH 6 größtenteils verschwunden, die Affi¬
nität zur organischen Oberfläche behält sie trotzdem. Die Mehrzahl der
untersuchten Aminosäuren und Peptide zeigt in diesem Gebiet die
stärkste Festlegung an der Graphitoxydoberfläche.Im alkalischen Reaktionsbereich, bezogen auf die isoelektrische Re¬
aktion, nimmt fast durchwegs — mit Ausnahme des Diglyzylglyzins und
des Pyridins — die Adsorbierbarkeit ab. Der Abfall ist besonders aus¬
geprägt beim Alanin, beim Valin, bei der Asparagin- und Glutaminsäure
wie auch beim Phenylalanin. Die Abnahme der Adsorption in den Ge¬
bieten oberhalb pH 6 ist weniger ausgeprägt beim an sich schwach ad¬
sorbierbaren Glykokoll, dem relativ stark festgelegten Leuzin und beim
Pyridin, das von pH 6 bis pH 10 der Gleichgewichtslösung keine Er¬
niedrigung der Sorption aufweist.
Bei den in bezug auf die isoelektrischen Punkte alkalischen Re¬
aktionen werden die Aminosäuren ständig ausgesprocheneren Anionen-
charakter annehmen. Diese Anionenkomplexe zeigen eine geringe Af¬
finität zu den ebenfalls negativen Graphitoxydoberflächen. Die Adsorp¬
tion dürfte in diesen alkalischen Gebieten wahrscheinlich nach Art der
38*
592
apolaren Adsorption vor sich gehen; die Graphitoxydteilchen sind maxi¬
mal aufgeweitet.
In den nachstehenden Übersichten sind für drei pH-Gebiete, die auch
bodenkundlich von Interesse sind, die Molekel nach steigender Adsor-
bierbarkeit angeordnet.
Tabelle 35.
Adsorbierbarkeit der einbasischen Aminosäuren
in den Reaktionsgebieten von pH 3, pH 6 und pH 9.
Von links nach rechts steigt die Adsorbierbarkeit;Von links nach rechts steigt das Molekulargewicht;Von links nach rechts fällt die Hydrophilie.
pH 3 : NH4 = Glykokoll < Alanin < Valin < Leuzin
A A A A
pH 6 : NH4 = Glykokoll < Alanin < Valin < Leuzin
V V V V_
Ph 9: NH4 = Glykokoll < Alanin < Valin < Leuzin
Das Ammoniumion wird außerordentlich schwach adsorbiert durch
das Graphitoxyd. Erst durch Vorlage von NH4OH vermag das Ammo¬
niumion wirksam an die Oberflächen einzutauschen. Bei pH -Werten unter
10 vermag das Ammoniumion kaum den Wasserstoff vom Graphitoxydzu verdrängen und sich an dessen Stelle zu setzen. Das Glykokoll erweist
sich ebenfalls als sehr schwach adsorbierbar und übertrifft das Ammo¬
niumion nicht. Bereits das Alanin wird stark an der organischen Grenz¬
fläche festgelegt. Es reagiert in seiner Adsorption ziemlich stark auf das
pH der Gleichgewichtslösung. Die Adsorptionskurve (gleiche Angebots¬konzentration, variable pH-Werte) steigt bei abnehmender saurer Re¬
aktion steil an, durchläuft zwischen pH 5 und 7 das Adsorptionsoptimum,um nachher wieder mit zunehmender Alkalinität des Dispersionsmittelsauf tiefe Werte abzufallen.
Diese Empfindlichkeit auf die Wasserstoffionenreaktion des Di¬
spersionsmittels ist beim Valin etwas weniger ausgeprägt, sie ist auf¬
fallend schwach beim Leuzin.
Die zweibasischen Aminosäuren werden relativ stark vom GO ad¬
sorbiert. Die stärkere Asparaginsäure (Ks = 10~3'65) wird bedeutend
stärker adsorbiert als die etwas schwächere Glutaminsäure (K' = 10~4'25).Trotz der tiefen Lage ihrer isoelektrischen pH -Werte liegen die Adsorp-tionsmaxima im Gebiete zwischen pH 5 und 7. Die einbasische Amino¬
säure Valin nimmt hinsichtlich ihres Adsorptionsverhaltens eine Mittel¬
stellung zwischen den beiden erwähnten zweibasischen Säuren ein. Von
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 593
allen untersuchten Aminosäuren und andern N-haltigen Verbindungenwird die Asparaginsäure am stärksten von Graphitoxyd adsorbiert.
Die kleinmolekularen Peptide zeigen im Vergleich zum Glykokolleine wesentlich verstärkte Adsorbierbarkeit.
Tabelle 36.
Adsorbierbarkeit der kleinmolekularen Peptide (im Ver¬
gleich mit Glykokoll) in den Reaktionsgebieten von pH 3,
pH 6 und pH 9.
Von links nach rechts steigt die Adsorbierbarkeit;
Von links nach rechts steigt das Molekulargewicht.
pH 3: Glykokoll > Glyzylglyzin < DiglyzylglyzinAAA
Ph 6; Glykokoll < Glyzylglyzin < DiglyzylglyzinV A
pH 9: Glykokoll < Glyzylglyzin —
Auffallend ist die Veränderung der Adsorbierbarkeit des Glyzylglyzinsim Gebiet zwischen pH 7 und pH 9. Erst oberhalb pH 9 wird auch dieses
Peptid in seiner Festlegung an GO geschwächt. Der Abfall oberhalb
pn 9 erfolgt sehr rasch.
5. Abbau der am Graphitoxyd adsorbierten Aminosäuren
durch den Pilz Oospora lactis (Fres.) Sacc.
a) Problemstellung.
Durch die Untersuchung von U. Hofmann und Mitarbeitern1) ist
bekannt, daß Graphitoxyd in wässerigen Dispersionsmittein ein per-
mutoides Schichtgitter besitzt. Die intramizellaren Zwischenräume be¬
tragen bis 11,3 Â. Die hohen Beträge adsorbierbarer metallischer oder
organischer Kationen bzw. Molekel setzen diesen innenzugänglichenFeinbau, diese große Entwicklung von Innenoberflächen, direkt voraus,
wie dies aus nachstehender Überschlagrechnung hervorgeht:
Je g Graphitoxyd werden beispielsweise 5 mÄq Alanin adsorbiert.
Diese Adsorption findet bei pH 6 statt, bei der das Graphitoxyd als grob¬
disperser Bodenkörper aus dem wässerigen Dispersionsmittel heraus-
sedimentiert. Den 5 mÄq Alanin entsprechen 5 • 10~3 • 6,1023 = 30,102°
Alaninmolekel, die sich im Volumen von 1 g Graphitoxyd V = 1,00 :
1,40 = 0,71 cm3 verteilen müssen. Einem adsorbierten Alaninmolekel
kommt im statistischen Mittel bei regelmäßiger Verteilung ein Raum von
0,71: 3,1021 = 2,36 • 10~22 cm3
*) Vgl. U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 229 (1939).
594
zu. Unter rechnerischer Annahme einer würfelförmigen Gestalt des Ala-
ninmolekels liegen die Schwerpunkte dieser adsorbierten Molekel bei
statistisch gleichmäßiger Verteilung nur 6,2 Â voneinander entfernt. Der
für die Adsorption von 5 und mehr mÄq Aminosäuren notwendige Platz
kann beim äußerlich grobdispersen Graphitoxyd nicht an den Außen¬
oberflächen allein gefunden werden, die Oberflächen zwischen den ein¬
zelnen Schichtebenen der Kleinkristalle müssen frei zugänglich sein.
Die intramizellare Festlegung stickstoffhaltiger Verbindungen in
Humus- oder Tonkomplexen ist, wie bereits oben erwähnt, bodenkund¬
lich von Bedeutung. Es erhebt sich dabei unter anderem die Frage : Wie
verhalten sich die im Teilcheninnern festgelegten N-Verbindungen bei
Gegenwart mikrobieller Enzyme, deren Wirksamkeit auf die jeweiligen(aber in Lösung befindlichen) N-Verbindungen bekannt ist?
Die Fragestellung für die zu diskutierenden Versuche lautete: Wie
werden die am Graphitoxyd adsorbierten Aminosäuren durch die Fer¬
mente des Pilzes Oospora lactis angegriffen? Lassen sich Verzögerungenim Abbau bemerken, die eventuell auf die intramizellare Adsorption der
Aminosäuren zurückgeführt werden können, oder zeigen diese im Innern
der Kristallgitter gebundenen Aminosäuren die gleiche Abbaubereitschaft
wie die an den Außenoberflächen gebundenen bzw. im Dispersionsmittelgelösten Aminosäuren?
Als enzymliefernder Pilz wurde Oospora lactis gewählt, dessen Rein¬
kultur wir Herrn Dozent Dr. Zollikofer vom Milchtechnischen Institut
der ETH. in Zürich verdanken. Als StickstofFquelle des Nährmediums
hatte die Aminosäure Leuzin zu dienen. Nach Untersuchungen von
F. Ehrlich u. Jacobson1) werden Aminosäuren von Oidium leicht
desaminiert und zu Oxysäuren umgewandelt:
O, TT-^TT
Pilzenzyme „_rH_r^OR-CH-Cfu + HÖH ^^___+ R-CH-C(~
+ NH
I xOH Oospora lactis IXOH
NH, OH
b) Methodisches.
a) Die Nährlösung hatte folgende Zusammensetzung:
35 g Glukose je Liter
2,5 g MgS04 je Liter
5,0 g KH2P04 je Liter
Die Zuckerkonzentration wurde vor dem Versuch genau bestimmt. Die
Wasserstoffionenkonzentration der sterilisierten Nährlösung betrugH = 10-4'40.
!) F. Ehrlich u. Jacobson, Ber. dtsch. ehem. Ges. 44, 888 (1911).
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 595
ß) Als Maß für das Pilzwachstum bzw. den Angriff der Pilzenzymeauf die adsorbierte Aminosäure diente der Rückgang des Traubenzucker¬
gehalts, den der mit Amino- bzw. Amidstickstoff ernährte Pilz ebenfalls
als Energiequelle verwendet. Die Traubenzuckerbestimmung in den
klaren Filtraten wurde nach der Methode von Lehmann-Marquenne-
Schoorl1) durchgeführt.
Methodik der Zuckerbestimmung nach Lehmann-
Marquenne-Schoorl.In einem 300-cm3-Erlenmeyerkolben werden 20 cm3 Fehlingsche
Lösung mit einer genau abgemessenen Zuckerlösung gemischt und mit
Wasser auf 50 cm3 gebracht. Die Flüssigkeit wird innerhalb 3 Minuten
zum Sieden erhitzt und während 2 Minuten im Sieden gehalten. Hierauf
wird der Kolben unter dem Wasserhahn schnell auf 25° C abgekühlt,
dann 3 g Kaliumjodid (in 10 cm3 H20 gelöst) und hernach 10 cm3 25-
prozentiges H2S04 zugegeben. Die Flüssigkeit muß sofort mit n/10-
Na2S2Os unter Zusatz einiger Tropfen Stärkelösung bis zur Entfärbung
titriert werden.
Unter völlig gleichen Bedingungen wird ein Leerversuch (ohne
Zucker) ausgeführt. Aus der Differenz beider Titrationen ist die Zucker¬
konzentration aus der Tabelle nach Schoorl2) zu entnehmen.
Die Fehlingsche Lösung enthielt:
I. 34,639 g CuS04 • 5 H20 in 500 cm3 Lösung,
II. 173 g Seignettesalz und 51,60 g NaOH in 500 cm3 Lösung.
y) Die Versuche wurden wie folgt angesetzt:
1. Abfüllen von 100 cm3 N-freier Nährlösung in Azotobacterkultur-
kolben,
2. Sterilisieren durch dreimaliges Erhitzen auf 98° C,
3. Zusatz von Graphitsäure bzw. Graphitsäure-Aminosäure-Komplex,4. Impfen mit 2 cm3 Sporenaufschwemmung.
Die Impfung nahm Herr Dozent Dr. Zollikofer vor. Je cm3
Sporenaufschwemmung zählte er 2—6 Millionen Sporen. Für die sach¬
kundige Mithilfe sei ihm auch an dieser Stelle gedankt. Versuchstempe¬
ratur: 20° C. Alle Versuche werden im Doppel angelegt. Nach ver¬
schiedenen Zeiten werden mit steriler Pipette den beimpften Kolben
Proben entzogen und diese nach Lehmann, Marquenne und Schoorl
quantitativ auf Traubenzucker untersucht.
1) Handbuch der Pflanzenanalyse (hrsg. v. G. Klein) 2, I, Abschn. 11: Einfache
Kohlehydrate, v. Pringsheim u. Leibowitz, S. 786/87 (Berlin 1932).
2) Handbuch der Pflanzenanalyse, loc. cit. S. 787.
596
c) Versuchsergebnisse.a) Ist Graphitoxyd für Oospora giftig? Vor dem eigent¬
lichen Hauptversuch mußte die Frage entschieden werden: Ist Graphit¬oxyd für den Pilz unschädlich? Entwickelt er sich unter vergleichbarenErnährungsbedingungen mit und ohne Graphitoxyd gleich gut?
Harnstoff wird von Graphitoxyd nicht oder nur in Spuren adsorbiert
und durch Oospora lactis gut als N-Quelle verwertet. In der einen Ver¬
suchsreihe erhält der Pilz neben den Bestandteilen der oben angeführtenNährlösung steigende Mengen Harnstoff. Das System enthält dabei kein
Graphitoxyd.In der zweiten Versuchsreihe erhält das System bei sonst gleich¬
bleibenden Bedingungen je 1 g Graphitoxyd je 100 cm3 Lösung.
Tabelle 37.
Wirkt Graphitoxyd giftig auf Oospora lactis?
a) Stickstoffquelle: Harnstoff. Ohne Graphitoxyd.b) Stickstoffquelle: Harnstoff. Mit Graphitoxyd.
(Mittelwertangaben. Zuckerverbrauch im Relativmaßstab
3,438 g Glukose =- 100.)
Versuchsnummern :
Versuchsdauer
168/69 173/74
1 Milliaquivalent Harnstoff
ohne GO i mit GO
170/71 175/76
5 Milliaquivalente Harnstoff
ohne GO mit GO
ITag..2 Tage .
3 Tage .
4 Tage .
5 Tage .
7 Tage .
12 Tage.
1.7 %78,6 %83.1 %95.2 %95,9 %96,5 %96,5 %
1,3%77,2 %83.1 %95.2 %95,9%96,5%96,5%
7,5%86,6%94,7 %97,0%98,2 %98,4%98,4%
7,5%86,6 %88,9%97,0%96.5 %96.6 %98,4 %
Harnstoff wird sehr leicht durch Oospora lactis verwertet, der
Zuckerverbrauch steigt zwischen dem ersten und zweiten Tage nach der
Impfung bei beiden Vergleichssystemen — ohne und mit Graphitoxyd —sehr rasch an. Mit erhöhter Harnstoffvorlage wird das Entwicklungs¬tempo bzw. der Zuckerverbrauch anfänglich gesteigert.
Graphitoxyd scheint nach dem vorliegenden Versuch (Tabelle 37)keine toxischen Eigenschaften für den gewählten Pilz zu zeigen.
ß) Wird das (l)-Leuzin als N-Quelle durch Oospora lac¬
tis verwertet? In einer Reihe von Versuchen werden zur graphitoxyd-freien Nährlösung steigende Mengen von (l)-Leuzin zugegeben. Die
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemiscben Eigenschaften des Humus 597
Entwicklungsgeschwindigkeit des Pilzes wird wiederum aus dem Zucker¬
verbrauch indirekt ermittelt.
Tabelle 38.
Wird das in der graphitoxydfreien Nährlösung gelösteLeuzin von Oospora lactis verwertet?
Versuchsnummern : 253/54 255/56 257/58 259/60
Milhäquivalente gelöstes Leuzin
Versuchsdauer
1.25 2,50 3,75 5,00
ITag 41,7 % ! 43,5% 45,5% 45,5%2 Tage 81,5% 82,5% 82,5% 82,5%3 Tage 82,5%
1
88,6% 91,2 % 92,6 %4 Tage 85,0% 96,4% 97,0% 97,1 %5 Tage 85,9% 95,9% 97,0% 97,0%6 Tage 86,4% ' 96,6% 97,2 % 97,4%
12 Tage 86,5% 97,3% 98,4 % 98,4%
Das geloste Leuzin wird im graphitoxydfreien System durch Oospora
lactis sehr gut verwertet. Der Zuckerverbrauch steigt wiederum am
zweiten Tage sehr rasch an. Die Schätzung des Myzelwachstums ergibt
ungefähre Übereinstimmung mit dem quantitativ ermittelten Zucker¬
verbrauch.
Tabelle 39.
Vergleich der Verwertbarkeit des
a) an Graphitoxyd adsorbierten Leuzins,
b) graphitoxydfreien, gelösten Leuzins.
Versuchsnummern. .... 259/60 207/08
Versuchsdauer5 mAq Leuzin
ohne GO
5 mAq Leuzin-
GO-Komplex
ITag 45,5% 31,9 %2 Tage 82,5 % 67,0%3 Tage 92,6 % 74,6%4 Tage 97,1 % 80,6%5 Tage 97,0 % 81,0%7 Tage 97,3% 82,0%9 Tage 97,3% 82,0%
12 Tage 98,4% —
Gleichzeitig und unter gleichen Licht- und Temperaturverhältnissenwie beim voranstehenden Versuch wurde der Einfluß des an GO adsor¬
bierten Leuzins auf das Wachstum von Oospora lactis untersucht.
598
°/o
Wird das an den negativen Grenzflachen zum Teil salzartig gebun¬dene Leuzin ebenso leicht verwertet wie das frei gelöste? Bieten die
relativ engen Schichtebenenleerräume für die Zu- und WegdifFusion der
Pilzenzyme größere Widerstände?
In den ersten Zeiten des
Pilzwachstums steht der Zucker¬
verzehr im System mit GO-
Leuzin deutlich hinter dem
System mit gelöstem, graphit-
oxydfreiem Leuzin zurück. Die
Hemmung in der Verwertungdes intramizellar adsorbierten
Stickstoffs ist besonders am
zweitenund dritten Tag deutlich.
Mit längeren Kontaktzeiten ver¬
mögen auch die an GO adsor¬
bierten Leuzinmolekel als N-
Quelle von Oospora erschlossen
zu werden.
IUU- Zucker
verbrauch
30- Leuiin frei gelöst
00-Leuzin im Graphitoxyd
70- 1/60-
50-
nn
2 4 6 8
Wachstum in Tagen
Fig. 13.
10 12
Tabelle 40.
Wachstumsintensität von Oospora lactis mit Leuzin-GO-
Komplex als Stickstoffquelle. Steigende Konzentrationen
Leuzin—GO. Konstanthaltung des GO-Gehaltes des Systemsdurch ergänzende Zugaben von reinem, N-freiem Graphit¬
oxyd.
(1 g Leuzin-GO-Komplex = 5,0 mÄq Leuzin.)
Versuchsnummern 197/98 199/200 205/06 207/08
Leuzin/GO in g
GO-ErgänzungmÄqads.Leuzin
0,250,751,25
0,500,502,50
0,75
0,253,75
1,000,005,00
Versuchsdauer
ITag2 Tage3 Tage
7 Tage
12 Tage
%
12,3
52,363,5
68,575,4
77,0
77,0
77,0
%
16,9
60,6
68,5
71,4
77,8
77,8
77,8
77,8
%
28,9
66,6
71,4
77,4
78,4
80,980,9
80,9
/o
31,9
67,0
74,6
80,6
81,0
82,0
82,0
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 599
In einem folgenden Versuch wird die Verzögerung der N-Ver¬
wertung wie auch die Einstellung des Myzelwachstums durch an GO
adsorbiertes Leuzin gezeigt.
d) Diskussion der Resultate.
a) Der Pilz Oospora lactis erwies sich in unseren Versuchen als
guter Verwerter des Harnstoffs und der Aminosäure (l)-Leuzin:
CH3 „O>CH-CH2 CH-CC
CH32
| \OH
NH2
ß) Der dem Pilz neben der N-Quelle im Nährmedium dargebotene
Traubenzucker wird im Verlaufe des Pilzwachstums verzehrt. Die Ab¬
nahme der Glukosekonzentration mit der Zeit wurde von uns als Maß
für die Wachstumsintensität bzw. den Verzehr der N-Verbindungen ver¬
wendet. Ein kleiner Zuckerverbrauch ging mit kleiner Myzeliumbildung
parallel; die Annahme ist daher berechtigt, daß die N-Verwertung mit
dem Zuckerverbrauch gleichsinnig verläuft.
y) Oospora lactis wurde in konzentrierter Sporenmilch (etwa
4—12 Millionen Sporen) den sterilisierten graphitoxydhaltigen oder
graphitoxydfreien Nährlösungen zugeimpft. Das Graphitoxyd erwies sich
für den Pilz als ungiftig. Oospora nutzt z. B. den an Graphitoxyd nicht
adsorbierbaren Harnstoff bei Gegenwart von GO ebenso gut aus, als
wenn Harnstoff ohne GO verabreicht wird. Die Giftigkeit des GO für
Oospora lactis ist zu verneinen.
Ô) Die an Graphitoxyd adsorbierten Aminosäuren müssen zum Teil
im Innern der Schichtebenenpakete festgelegt sein. Die Außenober¬
flächen genügen für die hohen Adsorptionsbeträge der platzheischenden
Aminosäuren nicht. Die in den Leerräumen der Schichtebenen adsor¬
bierte Aminosäure (hier speziell das Leuzin) wird vom Pilz deutlich lang¬
samer als das frei gelöste Molekül verwertet. Das der graphitoxydfreien
Nährlösung zugemischte Leuzin ist besonders in den ersten Entwick¬
lungsetappen rascher verwertbar, der Glukoseverbrauch ist hier be¬
sonders groß.
e) Die Hauptursache der schlechteren Anfangsverwertung der an
GO innenmizellar adsorbierten Leuzinmolekel dürfte in der sterischen
Hinderung der Enzymdiffusion liegen. Die Diffusion zu den Innenober¬
flächen des GO ist verlangsamt. Es ist noch nicht abgeklärt, ob die
eventuell salzartige Verankerung der Aminogruppen an den sauren Ober-
flächenorten des Graphitoxyds den Stickstoff gegen mikrobiellen Angriff
etwas resistenter macht.
600
Diese Verwertungshemmung adsorbierter N-Molekel ist, wie oben
bemerkt, hauptsächlich in den ersten Tagen des Pilzwachstums bemerk¬
bar. In den späteren Etappen wird auch der adsorbierte Stickstoff schein¬
bar mitverwertet. Dieses Aufholen ist im wesentlichen zwei Ursachen
zuzuschreiben:
1. Die diffundierenden Enzyme des Pilzes gelangen schließlich auch
in den Zwischenschichtebenen des GO-Teilchens zur angreifbarenN-Quelle. Der Zutritt ist wohl verlangsamt, aber nicht verunmög-licht. Bei genügender Versuchsdauer können diese Enzyme ihre
gebremste Abbautätigkeit dennoch ausüben.
2. Bei dem Abbau der Aminosäure durch die Fermentsysteme des
Oosporapilzes entstehen nach F. Ehrlich und Jacobson1) Oxy-säuren und Ammoniak. Die Aminosäure wird demnach von der
GO-Oberfläche durch die Sprengung der N-Brücke herausgelöst.Es entsteht Ammoniak, das durch den Pilz verwertbar ist und mit
der Zeit aus der wässerigen Phase verschwindet. Neben Ammoniakentsteht aber nach den Ehrlie h sehen Befunden aus Leuzin die ent¬
sprechende Oxysäure. Die Oxysäure ist stärker dissoziiert als die
entsprechende Aminosäure und vermag in den Zwischenschicht¬räumen die Wasserstoffionenkonzentration wirksam zu erhöhen.
Tabelle 41.
Erste Dissoziationskonstanten K' entsprechender Amino-
und Oxysäuren.
Aminosäuren K' Oxysäuren K'
Alanin 2,1 • 10-1»
Asparaginsäure. . 2,2 10~4
Milchsäure... 1,4 • 10~4
Apfelsäure . . .> 4 • IQ-4
Diese Deutung stünde mit den Ergebnissen spezieller Desorptions-versuche der Aminosäure-Graphitoxyd-Komlexe im Einklang. Je 1 g
Graphitoxyd-Aminosäure-Komplex wird im Perkolationsrohr mit 2 greinstem Quarzmehl gemischt und hierauf mit n/1000 HCl perkoliert.Nach langsamem Durchströmen von 500 cm3 Perkolationssäure (500 cm3
erfordern 10 Stunden Zeit) werden vom Graphitoxydgerüst beträchtliche
Aminosäuremengen desorbiert. Die relative Desorption ist am größtenbeim schwach adsorbierbaren, d. h. schlecht eintauschbaren Glykokollund bedeutend schwächer beim stärkst eintauschenden Leuzin. Die Er-
1) loc. cit., diese Arbeit S. 594.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus ßfJl
neuerung der Perkolationssäure (zweite Portion von 250 cm3 n/1000 HCl)
vermag den Rest adsorbierter Aminosäure nur noch in sehr geringenAnteilen von der Graphitoxydoberfläche zu lösen.
Tabelle 42.
Desorption der an Graphitoxyd sorbierten NH4-Ionensorbierter Aminosäuren mit HCl n/1000 mit pH etwa
Desorbierter
Komplex
Desorptiondes ursprunglich sorbierten
Komplexes
Absoluter
Restgehalt des
festsitzenden
Komplexes
. „ Absolutmaßin Prozenten . , „„
in mAq/g GOin mÄq/g GO
NH4+GlykokoU ....
Leuzin
91 0,9191 0,9172 3,60
0,09
0,09
1,40
Durch die hohe Wasserstoffionenkonzentration werden also die ad¬
sorbierten Aminosäuren bis zu einem bestimmten Betrage relativ fester
gebundener Molekel von der Graphitoxydoberfläche abgelöst. Durch die
Einwirkung der mikrobiell gebildeten, stärker dissoziierten Oxysäurenkönnte eine teilweise und stetig verlaufende Desorption stattfinden.
Durch diesen Effekt vermögen die gelösten Aminosäuren langsam zu
den ins Schichtebenengitter eindringenden Abbauenzymen hin zu diffun¬
dieren und von diesen beschleunigt erfaßt zu werden.
Es darf nach diesen Versuchen geschlossen werden, daß
auch die im Innern der Schichiebenengitter adsorbierten
Aminosäuren durch die Pilzenzyme erfaßt werden können.
6. Verwertbarkeit der an Graphit extramizellar adsorbierten Amino¬
säuren durch den Pilz Oospora lactis.
a) Problemstellung.
An Graphitoxyd werden teils größere Beträge von Aminosäuren an
den Innen- und Außenoberflächen der Teilchen adsorbiert. Durch
die Einlagerung an die Schichtgitterebenen der kristallinen Leerräume
entziehen sich die dort sorbierten Aminosäuren dem raschen Angriffdurch Enzyme. Am Anfang des mikrobiellen Angriffs ist die N-Ver-
wertung, gemessen am Traubenzuckerverzehr, deutlich langsamer als bei
den Vergleichskolben mit frei gelösten Aminosäuren. Erst allmählich
werden die intramizellar sorbierten N-Quellen durch den Pilz bzw. dessen
bzw.
3
602
Enzyme erfaßt und umgewandelt. Die anfängliche Verzögerung der
mikrobiellen N-Verwertung wird auf die vorwiegend intramizellare
Bindung der N-Verbindungen zurückgeführt, die Pilzenzyme vermögennur gebremst zu den Innenoberflächen vorzudringen.
Diese Arbeitshypothese von hohem Wahrscheinlichkeitsgrad wurde
durch nachstehende Versuche erhärtet:
An Graphitteilchen (Ausgangsmaterial des verwendeten Graphit¬
oxyds) werden Aminosäuren adsorbiert. Nur an lockeren Fehlstellen des
Graphitgitters sind innenzugängliche Leerräume des dichtergebauten
Graphits vorhanden; die Aminosäuren werden zum größeren Teil an den
Außenoberflächen der Graphitteilchen sorbiert. Die Sorptionsbeträge
liegen beträchtlich unter jenen, die beim gut innenzugänglichen Graphit¬
oxyd beobachtet werden konnten.
Tabelle 43.
Leuzinadsorption an Graphit und an Graphitoxyd bei pH 6.
Angebotskonzentration = 10,00 mÄq Leuzin je g Graphitbzw. Graphitoxyd.
1 g Graphit adsorbiert 1,79 mÄq Leuzin,
1 g Graphitoxyd adsorbiert 5,00 mÄq Leuzin.
Dieser relativ hohe Adsorptionsbetrag an Graphit dürfte auf eine starke
apolare Bindung des Leuzinmolekels hindeuten.
b) Versuchsergebnisse.
Zu der oben beschriebenen Nährlösung wurden steigende Mengen
Graphit-Leuzin-Komplex zugegeben. Damit stets die gleiche Graphit¬
menge in den Versuchskolben vorliege, wurde bei kleineren Leuzin-
äquivalenten aminosäurefreier Graphit zugefügt, so daß in allen Ver¬
suchskolben 2,79 g Graphitsubstanz vorlag. Geimpft wurde, wie weiter
oben beschrieben, mit einer konzentrierten Sporensuspension, die bei
allen Versuchen gleich war.
Auch beim an Graphit sorbierten Leuzin macht sich in dem Zucker¬
verbrauch eine leichte Hemmung am ersten Versuchstag bemerkbar.
Diese Hemmung ist aber nach einigen Tagen überwunden, die beiden
Systeme unterscheiden sich am Schlüsse des Versuchs kaum mehr. So¬
wohl das frei gelöste Leuzin als auch das sorbierte Leuzin werden in
gleichem Ausmaß vom Pilz ergriffen und verwertet; dies zeigt auch der
Verlauf der Kurve in Fig. 14, bei der die beiden entsprechenden Kurven
beinahe innerhalb der Versuchsfehler miteinander zusammenfallen. Da-
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 603
durch unterscheiden sich Graphitleuzin und Graphitoxydleuzin grund¬
legend. Beim letzteren — vorwiegend intramizellare Bindung des Leu-
'°/oZucker-
verbrauch
Wachstum in Tagen
Fig. 14.
zins — wird ein bestimmter Teil kaum abgebaut. Es bleibt das Myzel¬wachstum zurück und stoppt nach einigen Versuchstagen. Beim Graphit¬leuzin zeigt sich bis zum Versuchsende ein ungestörtes Wachstum des
Pilzrasens, das sich nicht deutlich von jenem in graphitfreier Leuzinnähr-
lösung unterscheidet.
Tabelle 44.
Vergleich der Verwertbarkeit des an Graphit sorbierten
Leuzins und des Leuzins in graphitfreier Nährlösung.
(In 100 cm3 Nährlösung = 3,273 g Glukose. Wachstumsinten¬
sität von Oospora lactis gemessen am Zuckerverbrauch.)
Versuchsnummern 199/200 [ 256/57Milliäquivalent Leuzin
Versuchsdauer5,00
ohne Graphit5,00
G-Leuzinkomplex
1 Tag2 Tage3 Tage4 Tage5 Tage7 Tage
11 Tage
40,5
65,8
90,0
96,1
96,9
98,1
98,1
26,358,7
80,2
91,3
96,4
96,4
98,1
604
Tabelle 45.
Vergleich der Verwertbarkeit des an Graphit sorbierten
Leuzins und des Leuzins in graphitfreier Nährlösung.
252/53 197/98 254/55
graphitfrei Graphitleuzin graphitfrei Graphitleuzin
Milliäquivalent Leuzin... 1,25 1,25 2,50 2,50
Versuchsdaucr
1 Tag2 Tage3 Tage4 Tage
7 Tage11 Tage
9,5*)26,1
66,2
77,0
89,9
89,9
91,7
2,1
5,6
58,1
76,0
87,9
88,2
91,3
25,4
36,1
78,6
90,7
92,093,2
96,5
6,4
24,5
68,6
89,1
90,1
91,5
98,0
*) Prozentischer Zuckerverbrauch als Maß für Pilzwachstum bzw. N-Verwertung.
c) Deutung der Resultate.
Bei den untersuchten Graphitoxyd-Leuzin-Komplexen zeigt sich eine
deutliche Hemmung der Entwicklung von Oospora lactis, wenn man zum
Vergleich die graphitoxydfreien Leuzinnährlösungen heranzieht. Die
Pilzmyzelrasen wachsen nach einigen Versuchstagen bei den Graphit-oxydleuzinsorbaten deutlich schwächer als in den GO-freien Systemengleichen Aminosäuregehalts. Der endliche Zuckerverbrauch erreicht nach
11—12tägiger Versuchsdauer nie den Betrag, wie er im GO-freien
System beobachtet wird. Man vergleiche hierzu die Fig. 13 und 14. Der
Entscheid muß künftigen Versuchen überlassen werden, ob ein bestimm¬
ter Restbetrag der Aminosäure im GO-Komplex für die Pilze unangreifbarist oder ob ein anderer Effekt dafür verantwortlich gemacht werden muß.
Sowohl das graphitfreie System mit gelöstem Leuzin als auch das
Graphitleuzinsorbat zeigen ein prinzipiell gleichsinniges Verhalten auf.
©er Zuckerverbrauch ist bei beiden von gleicher Größenordnung und
erreicht nach 11 Tagen die genau gleiche Höhe. Das Leuzin wirkt also
bei beiden als Nährstoffquelle gleicher Qualität. Der bei niedrigeren N-
Angeboten stets zu beobachtende geringere Zuckerverbrauch deutet
eventuell darauf hin, daß die N-Quelle in den jeweiligen Versuchen nicht
genügt, damit der Pilz in der gewählten Versuchszeit den ganzen Zucker
verzehre.
Die vorliegenden Versuche lassen den Schluß zu, daß die'Bindungdes Leuzins sowohl qualitativ als auch quantitativ bei Graphit und
Graphitoxyd verschieden ist. Die sehr kleine Innenzugänglichkeit des
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 605
Graphits erklärt die geringeren Sorptionsbeträge des Leuzins, die voll¬
ständige Übereinstimmung des Zuckerverbrauchs von graphitfreien und
graphitleuzinhaltigen Systemen deuten auf die ideale Ablösbarkeit des
Leuzins hin. Diese Ablösbarkeit ist bei den innendispersen und adsorp¬
tionsstärkeren Graphitoxyden deutlich geschwächt.
7. Die Wasserbindung an Graphit, Graphitoxyd und Aminosäure-
Graphiloxyd - Komplexen.
a) Problemstellung.
Beim Graphit werden die Kohlenstoffebenen des Schichtgitters durch
metallische Bindung zusammengehalten. Der Schichtebenenabstand be¬
trägt 3,35 Â1). Eigene Messungen an Graphit für Galvanoplastik ergaben
3,34 Â. Die Gitter müssen sich dank ihrem definierten Kristallbau durch
eine weitgehende Gleichförmigkeit der Kapillaren bzw. der Leerräume
auszeichnen. Nach G. Wiegner2) würde das System als homokapillar
orientiert bezeichnet. Das Fehlen typisch hydrophiler Oberflächenorte im
natürlichen, also nicht oxydierten Graphit bedingt eine nur kleine Hydro-
philie des ganzen Graphitteilchens. Die Wasserbindung ist gering.
Beim Graphitoxyd sind die metallischen, den Schichtebenenzusam¬
menhalt in der C-Achse des Kristalls bewirkenden Valenzbindungen
weitgehend verschwunden. Das Graphitgitter wurde oxydiert, und die
Bindung von C zu O schwächt den Schichtebenenzusammenhalt in Rich¬
tung der C-Achse. Die Hydrophilie dieser sauerstoffreichen Schichtebenen
ist stark, die innerkristalline Quellung kennzeichnet das Graphitoxyd.Nach U. Hofmann3) u. R. Katz4) ist diese innerkristalline Quellung
des Graphitoxyds im Röntgenbild deutlich durch die mit dem Wasser¬
gehalt variierende innerste starke Interferenz [002] zu erkennen; aus der
Lage dieser [002]-Interferenzringe berechnet sich der eigentliche Schicht¬
ebenenabstand. Diese Interferenz ändert ihre Lage mit dem Wassergehaltdes Gitters, der ganze Kristall quillt. Der Schichtebenenabstand [002]
steigt vom Trockenzustand 6 A bis auf mehr als 11 A bei maximaler
Wässerung und Quellung.Beim Einbau von Aminosäuren ins Schichtebenengitter des Graphit¬
oxyds werden typisch hydrophile Molekel einer ebenso hydrophilenOberfläche (der Graphitoxydgrenzfläche) aufgelagert. Die Wasserbindung
!) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 229 (1939).
2) G. Wiegner, Trans. 3. int. Congr. Soil Sei. 3, 5—28 (1936).
3) U. Hofmann u. A. Frenzel, Kolloid-Z. 69, 351 (1934); U. Hofmann u.
K. Endeil, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 41, 469 (1935); U. Hofmann, Ber.
dtsch. ehem. Ges. 63, 1248 (1930); Kolloid-Z. 69, 352 (1934).
4) R. Katz, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 53, 652 (1934).
39
606
dieser Aminosäure-GO-Komplexe muß hoch sein. Durch die Bindungder NH2-Gruppen am sauren Wasserstoff der Grenzfläche werden wohl
die Hydratationskräfte dieser nunmehr gekuppelten Gruppen vermindert,da ein Teil der ihnen innewohnenden Restvalenzenergien sich auf den
gegenseitigen Zusammenschluß verbraucht.
Wie wirken sich die verschiedenen Gegebenheiten der drei Um¬
tauschkörper auf die Wasserbindung aus ? Die eingehende Untersuchungder Wasserbindung der drei verschiedenen Umtauschkörper: Graphit,Graphitoxyd und Graphitoxyd-Aminosäure-Komplexe wurde nach der
Methode van Bemmelens1) bei 18° C unternommen.
b) Methodik.
Die lufttrockenen Probekörper wurden in Mengen von je 1 g in
tarierte Wägegläschen eingewogen und in großen Exsikkatoren über
Schwefelsäure-Wasser-Mischungen von bestimmtem Wasserdampfdruckaufgestellt. Die Proben wurden anfänglich jeden Tag, später nur noch
alle paar Tage kontrolliert bis zur Gewichtskonstanz, die je nach Um¬
tauschkörper in 19—28 Tagen erreicht war. Alle Versuche wurden in
annähernd temperaturkonstantem Raum bei 18° C ± 0,5° C vorgenom¬
men. Sobald das Wassergleichgewicht erreicht war, wurden die Proben
in den nächstfolgenden Exsikkator versetzt und dort wiederum das neue
Gleichgewicht für eine neue Wasserdampfspannung abgewartet und fest¬
gestellt. Die Gleichgewichte wurden von Seiten der Bewässerung wie
auch von der Entwässerung ermittelt. Die Wassergehalte beziehen sich
in den folgenden Tabellen stets auf 1 g Trockensubstanz (HochvakuumP205, 50» C).
c) Ergebnisse.
Sämtliche Wassergehaltsbestimmungen sind in der nachstehenden
Tabelle zusammengestellt. Diese zusammenfassende Tabelle enthält nur
die nach 19—28 Tagen beobachteten Gleichgewichtswerte. Von der
Wiedergabe der detaillierten Messungen wurde aus Ersparnisgründenverzichtet.
Die verschiedenen untersuchten Umtauschkörper unterscheiden sich
sehr stark in der Wasserbindung.
Graphit zeigt das kleinste Wasserbindungsvermögen, da dem
Kohlenstoffgitter die hydrophilen sauerstoffhaltigen Radikale des Gra¬
phitoxyds fehlen. Die starke, auch zwischen den Kohlenstoffebenen vor-
!) van Bemmelen, Z. anorg. allg. Chem. 13, 233—356 (1897); 59, 225—247
(1908); 62, 1—23 (1909); P. Szigeti, Kolloid-Beih. 38,99—176 (1933); daselbst wei¬
tere Literaturangaben.
Tabelle
46.
Wa
ssergehaltd
es
Graphits,d
es
Graphitoxydsu
nd
der
Graphitoxyd-Aminosäure-Komplexe
im
Gleichgewichtm
it
verschiedenenWa
s
serdampfdrucken.Gleichgewichterr
eichtdurch
„Entwässerung"u
nd
„Wässerung".Me
thode
van
Bemmelen.
18°C.
(Werte
ing
Wasser
je100g
Trockensubstanz.)
3 N c
Wasserdampfdrucke
inmm
Hg.
18°
C
Präparate
erreichtdurch
0,14
mm
Hg
1,98
mm
Hg
3,27
mm
Hg
7,50
mm
Hg
9,59
mm
Hg
10,89
mm
Hg
12,82
mm
Hg
15,48
mm
Hg
Graphit
Bewässerung.
..
Entwässerung.
.
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,04
0,19
0,20
0,30
0,30
0,37
0,39
0,49
0,51
0,64
0,64
GraphitoxydBewässerung.
..
Entwässerung..
3,03
3,02
3,80
3,90
3,88
4,26
12,36
14,40
17,10
19,10
20,00
21,80
25,20
26,80
35,60
35,60
GO-Glykokoll
1,0mÄq
Nje
gGO
Bewässerung.
..
Entwässerung.
.
1,13
1,13
1,36
2,20
2,20
3,00
10,80
11,80
14,60
16,29
17,72
19,05
22,38
24,42
30,60
30,60
GO-Leuzin
5,3mÄq
Nje
gGO
Bewässerung.
..
Entwässerung.
.
0,65
0,65
0,85
1,00
1,24
2,06
8,20
9,10
12,00
12,82
13,85
14,30
17,19
18,00
23,81
23,81
O W X
608
handene metallische C—C-Bindung verunmöglicht zusammen mit ge¬
ringster Hydrophilie des Gitters die innerkristalline, aufweitende Quel¬
lung. Nicht nur im Vergleich mit den andern in dieser Arbeit unter¬
suchten Umtauschkörpern, auch absolut ist die Wasseraufnahme des Gra¬
phits außerordentlich klein.
Wässerungs- und Entwässerungskurven fallen innerhalb der Ver¬
suchsfehler zusammen. Die Isotherme ist bei den Maßverhältnissen in
1 2 3 4 5 6 7 S 9 10 11 K 13 14 15 16
Pw -Wasserdampfdruck in mmHg
Fig. 15.
Fig. 15 beinahe linear, bei Vergrößerung des Ordinatenmaßstabes ersieht
man deutlich die S-förmige Gestalt.
Graphitoxyd ist unter den untersuchten Probekörpern am hydro¬
philsten. In wasserdampfgesättigter Atmosphäre (18° C) nimmt es 56 mal
mehr Wasser als der hydrophobe Graphit auf. Die starke Oxydation des
Gitters führte zu einem hohen Gehalt an hyrophilen Radikalen und da¬
durch zu einem großen Wasserbindungsvermögen. Graphitoxyd bindet
unter vergleichbaren Bedingungen mehr Wasser als die Aminosäure-
GO-Komplexe. GO-Glykokoll verhalt sich dank des kleinen Glyko-
kollgehalts (1,19 mÄq/g TS) noch weitgehend ähnlich wie Graphitoxyd.Die Adsorptionsdepression ist aber deutlich. GO-Leuzin bindet liingegenbedeutend weniger Wasser als das aminosäurefreie GO. Der hohe Ad-
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 609
sorptionsbetrag an Leuzin (5,30 mÄq/g TS) bewirkt eine starke Ver¬
minderung der Wasserbindung.Die verschiedenen Dampfdruckisothermen von Graphitoxyd und
dessen aminosäurehaltigen Derivaten haben ähnliche Formen.
Der Anfangsteil der Dampfdruckisotherme (vgl. Fig. 15)besitzt die Form der typischen Adsorptionskurve. Bei den hier vor¬
liegenden kleinen Wasserdampfdrucken wird wohl ein bestimmter Teil
des Wasserdampfes direkt zur Hydratation von äthylenoxydartigemSauerstoff verbraucht. Der erste Steilanstieg bei kleinsten Wasserdampf¬drucken entfällt wahrscheinlich auf diese chemische Bindung des Wassers.
Dieser anfängliche Steilanstieg läßt sich experimentell nicht detailliert
verfolgen, er nimmt aber wohl seinen Anfang im Nullpunkt des Ko¬
ordinatensystems. Nach der chemischen Einlagerung des Wassers lagertsich bei höheren Wasserdampfdrucken — bis gegen 3,3 mm Hg Wasser¬
dampfdruck — das Wasser adsorptionsmäßig an die Graphitoxydgrenz¬flächen. Bis zu diesem Teilstück sind kaum innenkristalline Quellungenzu beobachten. Die innerkristalline Quellung setzt erst bei höheren
Wasserangeboten ein — ab 5 mm Hg Wasserdampfdrucken. Im ersten
Teil der Dampfdruckisotherme kann das System als nichtquellbares Gel,
im Sinne Zsigmondys und Freundlichs, betrachtet werden. Erst bei
höheren Wasserdampfdrucken wird das Gel als „quellbar" zu betrachten
sein. Die relative Starrheit des bei kleinen Wasserdampfdrucken nicht
quellbaren Gels geht aus den Auswertungen der Röntgeninterferenzentrockner und zunehmend befeuchteter Graphitoxyde hervor. Unsere im
Hochvakuum bei 50° C über P2Os getrockneten Graphitoxyde weisen
einen Abstand der Schwerpunktslagen der Schichtebenen [002] von 6,8 A
auf (siehe weiter unten). U. Hofmann mißt in seiner Publikation1) die
[002]-Distanz von 6,2 A, bei einem ungefähren Wassergehalt von 10%der Graphitoxydtrockensubstanz. Dieser Wassergehalt wird nach unseren
Messungen aber erst bei etwa 6 mm Hg-Wasserdampfdruck erreicht.
Trotz der allerdings geringfügigen Differenz in den [002]-Abstands-
größen geht doch daraus hervor, daß die innerjmstalline Quellung bei
solch kleinen Wasserdampfdrucken kein wesentliches Ausmaß erreicht
und daß man im Gebiete unter 5 mm Hg Wasserdampfdruck das Gel in
erster Näherung als „nichtquellbar" betrachten kann.
J. S. Anderson2) berechnete 1914 im Zsigmondyschen Institut
aus der Dampfdruckisotherme von Kieselsäuregelen die Radien der darin
vorkommenden Kapillaren. Das Kieselsäuregel ist nach G. Wiegner als
!) Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 236 (1939).2) J. S.Anderson, Z. physik. Chem. 88, 191—228 (1914).
610
desorientiert heterokapillares System zu betrachten, bei dem die Kapillar¬
größen nicht von bestimmter vorauszusehender Größe sind und unter
sich in ihren Durchmessern stark schwanken. Die Durchmesser der darin
gefundenen größten wassereinlagernden Hohlräume fand dieser Autor
zu ungefähr 52 À, während die Durchmesser der kleinsten Hohlräume im
Mittel 26 A betrugen.
Bei Graphit und Graphitoxyden sind die Dimensionen der zwischen-
lamellaren Leerräume durch die Vermessung der Röntgeninterferenzen
(vgl. auch weiter unten) in der Größenordnung bekannt. Es dürfte daher
reizvoll sein, an Hand der von J. S. Anderson verwendeten Gleichung
deren Gültigkeit für unsere untersuchten Systeme zu überprüfen. Bis zu
ungefähr 10% Wassergehalt —• einem Gleichgewichtsdruck von etwa
5—8 mm Hg HOH-Dampf entsprechend — ist die [002]-Distanz von der
Größenordnung 6,2 bis 6,8 Â. Die lichte Weite dürfte bei Abzug der
Sauerstoffradien um (0— Durchmesser == 2,64 Â) den Wert 4 Â schwan¬
ken. Diese lichte Weite zwischen den Schichtebenen wird bei genügender
Wassereinlagerung stets größer, im vollständig benetzten Graphitoxyd
beträgt sie (11,3 — 2,6 =) 8,7 À und ermöglicht damit die permutoidenReaktionen des Graphitoxyds.
Nachstehende Gleichung gibt den Zusammenhang zwischen dem
Leerraumradius r und dem kritischen Dampfdruck Pw:
2 T • sor =
p-
Ps- e • 2,303 -log-1
In dieser Gleichung bedeuten
r = Krümmungsradius des Wassermeniskus im Leerraum in cm,
T = Oberflächenspannung des Wassers bei 18° C = 73,0 dyn/cm1),
s0 = Dampfdichte des Wassers an der ebenen Oberfläche bei 18° C
= 1,536 10-5 2),
Ps= Wasserdampfdruck an der ebenen Wasseroberfläche bei 18° C
(15,477 mm Hg) in absoluten Einheiten,
2,303 = Umrechnung des natürlichen in dekadischen Logarithmus3),
Pw = Wasserdampfdruck an der Oberfläche des Wassermeniskus im
Leerraum der Schichtebenen,
q = spez. Gewicht des Wassers bei 18° C = 0,9986 4).
!) Zit. nach H. Freundlich, Kapillarchemie 1, 30, 31 (Leipzig 1930).
2) Handbook of ehem. and physics, 18. Aufl. (Cleveland U.S.A. 1933), S. 1201.
3) Ebenda S. 1153.
4) Ebenda S. 1042.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 611
Obige Gleichung verliert offenbar für diese kleinen Dimensionen der
[002]-Distanzen ihre Gültigkeit. Die Mächtigkeit der Adsorptionsschicht
(HÖH oder Aminosäuren) stellt bereits einen großen Bruchteil der Leer¬
raumhöhe dar. Wohl die gesamte adsorbierte Flüssigkeitsmenge steht im
Schichtebenenleerraum unter höherem Druck und besitzt damit eine
andere Dichte und eine andere Oberflächenspannung als das Wasser in
Masse. Bereits v. Terzaghi1) und Harkins2) wiesen auf diese Schwie¬
rigkeiten hin, die sich bei zu engen Kapillaren oder Adsorptionsräumen
einstellen müssen.
Die obige Gleichung kann daher sicher keinen Anspruch darauf
erheben, Adsorptionsräume von den Dimensionen der interlamellaren
kristallinen Zwischenräume berechnen zu können.
Bei angenommener, aber unwahrscheinlicher Gültigkeit der Ander-
sonschen Gleichung müßte der kritische Dampfdruck für bestimmte
Leerraumhöhen folgende Größen aufweisen:
Leerraumhöhe 4 A: Wasserdampfdruck 0,07 mm Hg
Leerraumhöhe 6 Â : Wasserdampfdruck 0,414 mm Hg
Leerraumhöhe 10 Â: Wasserdampfdruck 1,77 mm Hg
Die beiden ersten Dampfdrucke Pw für Leerraumhöhen von 6 und
4 Â weisen erwartungsgemäß in den Kurven keine Kennpunkte auf; die
der Berechnung zugrunde liegende Formel ist für dieses Gebiet offenbar
ungültig.Für eine Leerraumhöhe von 10 Â, wie sie der Größenordnung nach
im vollgewässerten Graphitoxyd existiert, muß ein Gleichgewichtsdampf¬
druck von 1,77 mm Hg in Rechnung gesetzt werden. Bei diesem Dampf¬
druck liegt im Kurvenbild der Wendepunkt des ersten die Form der Ad¬
sorptionsisotherme aufweisenden Kurventeils. Der Wassergehalt des
Graphitoxyds beträgt für 1,77 mm Wasserdampfdruck der umgebenden
Atmosphäre etwa 4%. Nach den Messungen von U. Hofmann und
eigenen Beobachtungen mißt aber hier die [002]-Distanz höchstens 6,8 A.
Der dazugehörende Leerraum ist noch um den Anteil der ihn begrenzen¬
den O-Radien kleiner.
Unseres Erachtens kommen für die Wasserdampfadsorption des
Graphitoxyds und seiner Derivate vornehmlich die großen Oberflächen
im Innern der Schichtebenenpakete in Frage. Das Graphitoxyd ist typisch
kristallin, die [002]-Interferenzen werden durch das Röntgenbild gut aus¬
gewiesen. Adsorptionsräume anderer Art als diese interlamellaren kri-
0 v. Terzaghi, Colloid Sympos. Monogr. 4, 58 (1926).
2) Harkins, J. Amer. ehem. Soc. 43, 1787 (1921).
612
stallinen Zwischenschichtbezirke sind sicher vorhanden. Bruchstellen in
den Gittern, Außenoberflächen der Teilchen, Poren und Kapillarenzwischen den aus Kleinkristallen bestehenden Vielfachteilchen werden
als Adsorptionsräume anderer Kapillardimensionen wirken. Deren An¬
teil an der Gesamtadsorption dürfte aber unseres Erachtens relativ klein
sein.
Bei den Dampfdruckisothermen des Graphitoxyds und seinen amino-
säurehaltigen Derivaten ist, wie bereits erwähnt, die Kurvenform sehr
ähnlich. Der erste Kurventeil — bei kleinen HOH-Dampfdrucken —
besitzt die Form einer Adsorptionsisotherme.
Tabelle 47.
Beschreibung der Adsorptionskurven im anfänglichen Ver¬
lauf der Wasserdampfisothermen.
PräparatDer flache Teil
'Der „Wendepunkt" dieses Flach-
der Adsorptionskurve | teils liegt bei folgenden Wasser¬
erstreckt sich von ! gehalten der GO-Präparate
GraphitoxydGO-Glykokoll ....
GO-Leuzin
0,15—3,25 mm Hg 1 4 g HOH/100 g TS*)0,15—2,75 mm Hg i 2 g HOH/100 g TS*)0,15—2,25 mm Hg | 0,8 g HOH/100 g TS*)
*) auf Entwässerungskurve.
In diesen Anfangsstücken ist die Hysteresis relativ klein. Die Wässe-
rungs- und Entwässerungskurven klaffen nicht bedeutend auseinander.
Der Steilanstieg des Wassergehalts mit zunehmender Wasserdampf¬tension der die Präparate umgebenden Atmosphäre beginnt bei
Graphitoxyd bei 3,25 mm Hg WasserdampfdruckGO-Glykokoll bei 2,75 mm Hg WasserdampfdruckGO-Leuzin bei 2,25 mm Hg Wasserdampfdruck
Offenbar setzt bei diesen Wasserdampfdrucken rasch Kapillarkonden¬sation ein, und bei genügender Wassereinlagerung im Gitter erfolgt die
Ausweitung der Kristalle durch innerkristalline Quellung. Die Steil¬
stücke der Dampfdruckisothermen verlaufen beinahe linear — mit einem
letzten überlinearen Aufstieg — bis zum Sättigungsdruck des Wassers
ebener Oberfläche mit 15,477 mm Hg Druck bei 18° C. Diese Steilstücke
zeigen eine ausgesprochene Hysterese, die Wässerungskurve fällt nicht
mehr mit der Entwässerungskurve zusammen. Die Hysterese ist tendenz¬
mäßig beim Graphitoxyd am stärksten, sie nimmt ab über das GO-
Glykokoll und erscheint bei diesen drei Präparaten beim GO-Leuzin am
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 613
geringsten. Der relativ gitterstarre Graphit zeigt über den ganzen Ver¬
lauf der Dampfdruckisotherme keine nennenswerte Hysterese.
Die verschiedenen untersuchten Präparate lassen sich hinsichtlich
ihrer Wasserbindung relativ gut unterscheiden.
Tabelle 48.
Wassergehalte des Graphits, des Graphitoxyds, des GO-
Glykokolls und des GO-Leuzins bei verschiedenen Wasser¬
dampfdrucken (Entwasserungskurve).
Wasserdampfdruck bei 18° C
GraphitGraphitoxydleuzin.GO-Glykokoll ...
Graphitoxyd
15,48 mmHg 10 mm Hg 2 mm Hg
Sättigung
0,6% 0,4% 0,2%23,8% 13,2% 1,0%30,6% 17,2% 2,2%35,6% 20,0% 4,0%
Die Wassergehaltsbestimmung bei gesättigter Dampfatmosphäre
(18° C entsprechen 15,477 mm Hg Wasserdampfdruck) wurde auch auf
weitere Aminosäure-Graphitoxyd-Komplexe ausgedehnt. Die Resultate
finden sich in nachstehender Tabelle.
Tabelle 49.
Wassergehalte der verschiedenen GO-Pràparatebei 15,477 mm Hg Wasserdampfdruck (18° C).
Hydrophobie¬faktor *)
= C : (O + N)Atomquotient
Hydrophobie¬faktor
mal %Aminosäure
Präparat
HOH-Gehalt
der Tr.Sb.
Prozente
Aminosäure
im GO-
Präparat
Graphitoxyd. .
GO-GlykokollGO-Alanin
...
GO-Valin
GO-Leuzin..
35,6
30,6
27,9
24,5
23,8
0,0
8,2
31,1
39,8
41,0
0,66
1,00
1,66
2,00
0,0
5,4
31,1
66,1
82,0
*) Als Maß für die Hydrophobie der Aminosäure wurde der Quotient Anzahl
C-Atome dividiert durch Anzahl der N + O-Atome berechnet.
Je größer der prozentische Gehalt des Graphitoxyds an Aminosäure
und je höher deren Hydrophobie ist, desto niedriger wird die Wasser-
614
aufnähme der jeweiligen GO-Präparate. Als Maß für die Hydrophobiewurde in erster Annäherung der atomare Quotient aus Anzahl der C-
Atome in der Aminosäure, dividiert durch die Zahl der O + N-Atome,
gewählt. Die C-Zahl wächst mit der
3G\G h'h dlGO) Länge der aliphatischen Reste. Die
O- und N-Atome gehören den ty¬
pisch hydrophilen COOH- und
NH2-Radikalen an.
8. Röntgenologische Struktur¬
untersuchungen an Metallgraphi-^GO-Volin taten und Aminosäure-
Graphitoxyd-Komplexen.Die Struktur des Graphitoxyds
wurde wohl am eingehendsten von
10 20 30 WSO GO70 80 90 U. Hofmann1) und seinen Mit-
Hydrophobiefbkhrmal%Aminasäure- arbeitern A. Frenzel, E. Csalân,im Praparar
E. Honig und R. H ölst untersucht.
g' '
Nach obigen Autoren unterscheidet
sich das Röntgenbild des GO von jenem des Graphits vornehmlich durch
das Auftreten eines innersten starken Interferenzringes (002). Dieser dem
Primärfleck unmittelbar benachbarte Interferenzring weist auf eine starke
Vergrößerung der Schichtebenenabstände hin: durch die Oxydation des
Graphitgitters sind die starken metallischen Bindungen zwischen den
C-Schichtebenen geschwächt worden.
Außer diesen (002)-Interferenzen machen sich im Röntgenbild die
Interferenzen der C-Atome im Graphitgitter (200), (020), (220) und (420)
bemerkbar, die Schichtebenen des Graphits sind bei der Oxydation zum
Graphitoxyd erhalten geblieben. U. Hofmann findet lediglich die Aus¬
dehnung des Sechsecknetzes etwas größer als beim Graphit.
Die Schichtebenenabstände (002) werden durch Wässerung auf¬
geweitet: der Kristall quillt auf. Graphitoxyd unter Wasser weist eine
(002) - Distanz von über IIA auf. Es entstehen damit innerkristalline
Leerräume, deren Begrenzungen als Innenoberflächen an Adsorptions¬reaktionen teilnehmen. An diesen Innenoberflächen ermöglichen die dort
vorhandenen ionogenen Oberflächenorte den Basenumtausch. Die dort
vorhandenen sauren Wasserstoffe werden nach Maßgabe. ihrer Dis¬
soziation in den verschiedenen pH-Gebieten durch Metallionen ersetzt,
*) U. Hofmann, Ergebn. exakt. Naturwiss. 18, 235f. (1939); weiteres Schrifttum
S. 255/56.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 615
d. h. neutralisiert. Die Aminosäuren, Peptide usw. werden an den sauren
Oberflächenorten salzartig gebunden oder je nach ihrem Ladungszustandeventuell auch apolar an den nicht oxydierten C-Inseln adsorbiert.
Dieses permutoide Durchreagieren des Graphitoxyds ist im Hin¬
blick auf die Theorie der Humuseigenschaften von Bedeutung. Es erhebt
sich die Frage: Werden durch den Einbau von Alkaliionen bzw. durch
die Einlagerung von Aminosäuren usw. ins Graphitoxydschichtgitter die
Höhenabstände dieser intrakristallinen Diffusionswege verändert?
Die zur Beantwortung dieser Frage vorgenommenen Röntgenunter¬
suchungen wurden vorerst an möglichst trockenen GO-Derivaten vor¬
genommen.
Aus den Neutralisationsmessungen und den Untersuchungen über
die Adsorption von Aminosäuren an GO waren die notwendigen An¬
gebotskonzentrationen an Alkali- und Erdalkalihydroxyden bzw. Amino¬
säuren bekannt, um einen bestimmten Betrag an Ionen bzw. Aminosäuren
ins Innere des Gitters (wie auch an die Außenoberflächen) einzubauen.
Die mit den bestimmten Angebotskonzentrationen (10 mÄq Alkali- bzw.
Erdalkaliionen, bzw. Aminosäure, bzw. Peptide je g GO) erzeugten GO-
Derivate wurden an der Vakuumpumpe unter möglichster Vermeidungdes Kohlensäurezutritts trockengesaugt und hernach zur Verdrängungder noch am GO-Präparat haftenden Lösung mittels 76prozentigenÄthylalkohols ausgewaschen. Die Verwendung von Wasser ist unzulässig,da besonders die Alkali-Graphitoxyd-Verbindungen, aber auch die Erd-
alkali-GO-Präparate sehr stark hydrolysieren. Die derart gewaschenen
GO-Präparate wurden hierauf im Hochvakuum bei 60—70° C über P2Os
getrocknet, in Glasröhrchen abgefüllt, verschlossen und weiterhin im
P205-Exsikkator bis zur Röntgenaufnahme belassen.
Die Röntgenaufnahmen wurden im Mineralogisch-PetrographischenInstitut der ETH. (Prof. Dr. P. Niggli) durch Herrn Prof. Dr.
E. Brandenberger angefertigt. Für die kollegiale Mitarbeit und die
stete Beratung bei der Auswertung der Interferenzbilder danken wir
Herrn Prof. Brandenberger bestens. Unser Dank gilt auch dem Vor¬
stand des Mineralogischen Instituts, Herrn Prof Dr. P. Niggli, für die
Herrn Prof. Brandenberger ermöglichte Mitarbeit.
Die Aufnahmen wurden alle mit Cu-K-Strahlung vorgenommen.
Wellenlänge X = 1,5398 • 10~8 cm. Kameradurchmesser 114,4 mm. Film¬
größe : 24 X 30 cm. Die Interferenzbilder wurden mit dem Maßstab aus¬
gemessen. Die Ergebnisse der Ausmessungen finden sich in nachstehen¬
den Tabellen 50—67 und Fig. 17 und 18. Die Netzebenenabstände d
wurden berechnet nach der Gleichung:
616
2 sin u
wobei 1 die Wellenlänge der Cu-K-Strahlung = 1,5398 • 10^8 cm und a
die jeweiligen Interferenzwinkel bedeuten.
Die Intensitäten der Interferenzringe wurden geschätzt:
s. s. st. = stärkst, s. st. = sehi stark, st. = stark,
seh. = schwach, s. seh. = sehr schwach.
a) Messungen an Metallgraphitaten.
Tabelle 50.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Graphitsfür Galvanoplastik „Kahlbaum".
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände Â
Intensitäten
geschätzt
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände Â
Intensitäten
geschätzt
13° 20' 3,34 S. S. st. 38° 30' 1,?3 St.
15° 45' 2,84 s. sch. 41° 54' 1,15 st.
18° 00' 2,49 s. sch. 43° 30' 1,12 s. sch.19° 57' 2,25 s. sch. 44° 30' 1,10 s. sch.21° 00' 2,14 s. sch. 46° 45' 1,06 s. sch.
22° 24' 2,02 s. st. 50 o 48' 0,99 st.
25° 45' 1,77 s. sch. 53° 15' 0,96 sch.27° 24' 1,67 s. st. 57° 00' 0,92 sch.29° 57' 1,54 st. 66° 45' 0,84 s. sch.34° 00' 1,38 sch. 68° 24' 0,83 s. st.
37° 00' 1,28 sch.
Tabelle 51
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Graphitoxyds
(hochvakuumgetrocknet).
, ,! Netz-
Interrerenz- ,
...
'ebenen-
wmkel a , , ... , s
abstände A
Intensitäten
geschätzt
Interferenz¬
winkel o:
Netz- j ,
„.
..„, Intensitäten
ebenen-,
.^ ^
, .. j ji
geschätztabstände A
°
[002] 6° 30' 1 6,8019° 00' 1 2,3621° 00' 2,14
S. S. St.
St.
S. S. St.
26° 15'
34° 00'
38° 30'
1,73 | s. sch.
1,38 . sch.
1,23 1 st.
H amdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 617
Tabelle 52.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstande des Li-Graphitats
(3,8 mAq Li je g GO).
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstande A ëe c a
IntensitätenNetz-
wmkel K abSnde A Seschatzt
Interferenz- Intensitäten
[002] 3° 00'
8° 37'
10° 37'
11° 30'
14° 15'
15° 15'
13,55
5,14
4,18
3,87
3,13
2,95
S. S. St.
s. s. sch.
st.
s. s. sch.
s. s. sch.
s. s. sch.
15° 45'
16° 00'
18° 45'
19° 00'
21° 30'
2,84
2,79
2,392,36
2,10
sch.
s. s. sch.
s. s. sch.
s. s. sch.
sch.
Tabelle 53.
InterferenzwinkelundNetzebenenabstandedesNa-Graphitats(4,4 mAq Na je g GO).
Interferenz¬Netz¬
ebenen¬
abstande A
Intensitäten Interferenz¬Netz- 1ebenen-
abstande A
Intensitäten
winkel u geschätzt winkel a geschätzt
[002] 3° 15' 12,62 s. s. st. 19° 45' 2,28 sch.
13° 30' 3,30 St. 21° 30' 2,10 sch.
15° 15' 2,95 S. S. St. 24° 00' 1,90 s. s. sch.
17° 15' 2,60 S. St. 38° 30' 1,23 s. sch.
18° 45' 2,39 sch.
Tabelle 54.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstande des K-Grap hi tats
(4,8 mÄq K je g GO).
Interfeienz-
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstande A
Intensitäten
geschätzt
Inrerferenz-
winkel r:
Netz¬
ebenen¬
abstande A
Intensitäten
geschätzt
[002] 3° 30' 11,37 S. S. St. 20° 30' 2,20 sch.
11° 00' 4,04 St. 21° 30' 2,10 s. sch.
11° 45' 3,78 S. S. St. 22° 15' 2,07 sch.
13° 30' 3,02 sch. 24° 45' 1,84 sch.
14° 15' 3,13 sch. 25° 15' 1,81 sch.
15° 00' 2,98 St. 26° 00' 1,76 st.
15° 37' 2,86 S. S. St. 30° 30' 1,51 s. s. sch.
17° 00' 2,68 St. 37° 30' 1,28 s. s. sch.
18° 45' 2,39 sch. 39° 00' 1,22 s. s. sch.
19° 45' 2,28 st.
618
Tabelle 55.
Interferenzwinkel und NetzebenenabständedesCa-Grap hi tats
(7,8 mÄq Ca je g GO).
Interferenz¬Netz-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten Intetferenz-Netz-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten
winkel a geschätzt winkel a geschätzt
[002] 4° 45' 9,30 S. S. St. 21° 30' 2,10 S. S. St.
14° 15' 3,13 sch. 23° 30' 1,93 St.
14° 45' 3,10 S. S. St. 24° 00' 1,89 St.
17° 45' 2,52 sch. 34° 00' 1,38 s. s. sch.
19° 45' 2,30 sch. 38° 30' 1,23 s. s. sch.
Tabelle 56.
InterferenzwinkelundNetzebenenabständedesSr-Graphitats
(7,2 mÄq Sr je g GO).
Interferenz¬
winkel a
Netz-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten
geschätzt
Interferenz¬
winkel a
Netz-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten
geschätzt
[002] 4° 00' 11,01 s. s. st. 21° 45' 2,08 St.
11° 15' 3,94 sch. 23° 30' 1,93 sch.
12° 45' 3,48 s. s. st. 24° 45' 1,84 sch.
14° 45' 3,02 s. sch. 28° 30' 1,61 s. s. sch.
16° 00' 2,79 s. sch. 32° 30' 1,43 s. s. sch.
18° 00' 2,48 s. St. 36° 15' 1,31 s. s. sch.
21° 00' 2,14 St. 38° 30' 1,23 s. s. sch.
Tabelle 57.
Interferenzwinkel undNetzebenenabständedesBa-Graphi tats
(7,6 mÄq Ba je g GO).
Interferenz¬Netz-
ebenen-
abstände A
Intensitäten Interferenz¬Netz-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten
winkel a geschätzt winkel a geschätzt
[002] 3° 45' 11,75 S. S. st. 19° 45' 2,30 s. s. sch.
11° 00' 4,03 St. 21° 00' 2,14 St.
12° 15' 3,63 St. 22° 30' 2,01 sch.
14° 45' 3,10 s. s. sch. 23° 30' 1,93 sch.
15° 30' 2,88 s. s. sch. 34° 00' 1,38 s. s. sch.
17° 45' 2,52 st. 38° 30' 1,23 s. s. sch.
18° 45' 2,39 s. s. sch.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 619
i- n' w 30° 40° so- «r p.Jnterferenz-Winkel o<
[002] [110] [WO]
Graphih
,J. I
u.
b) Diskussion der Ergebnisse.
In Fig. 17 sind die Röntgenbilder des Graphits, des Graphitoxydsund der verschiedenen durch Neutralisation des sauren Graphitoxyds
erhaltenen Metallgraphitate zusammengestellt.
Übereinstimmend mit den Mes¬
sungen von U. Hofmann und seiner
Mitarbeiter bestehen zwischen den
Graphit- und Graphitoxyddiagram¬men große Unterschiede, die sich be¬
sonders in der [002]-Interferenz und
in der Anzahl der sichtbaren Inter¬
ferenzringe bekanntgeben.
Der Netzebenenabstand des
Graphits [002] betragt sowohl bei
U. H ofmann als auch bei unse¬
ren Messungen 3,34 Â. Das Graphit¬
oxyd weist eine geringe Abweichung
von den Hofmannschen Messun¬
gen auf, wir messen die [002]-
Distanz zu 6,80 Â, H ofmann findet
den kleineren Wert von 6,2 À.
Durch die Neutralisation des
sauren Wasserstoffs mittels Alkali¬
hydroxyden werden die [002]-Distan-zen der hochvakuumgetrockneten
Graphitate beträchtlich erweitert.
Die größte [002]-Distanz findet sich
beim Li-Graphitat, die geringstebeim K-Graphitat. Die diesbezüglichen Zahlenwerte sind in Tabelle 58
zusammengestellt.
Die Einlagerung der Alkaliionen wirkt sich in der Ausweitung der
[002]-Leeräume aus. Die Bindung des Alkaliions an der Graphitoxyd¬oberfläche ist relativ locker. Der geringe Eintausch der Alkaliionen wie
auch die leichte Hydrolyse der Alkaligraphitate im Wasser und die starke
Dispergierungswirkung der eingebauten einwertigen Metallionen deuten
darauf hin. Diese wahrscheinlich lose gebundenen und dissoziations¬
bereiten Alkaliionen sitzen in den Zwischenschichtebenen je an der Ober-
und Unterseite der Graphitoxydoberflächen in wahrscheinlich statistisch
regelloser Weise. Diese sich gegenüberstehenden Alkaliionenschichten
Graphiloxyd - M
Li-Graphilaf
Na-Graphic
K- Graphic
Ga- Graphic
Sr-Graphiraf
Ba- Graphitaf
Fig. 17.
620
Tabelle 58.
Netzebenenabstände [002] des Graphitoxyds und der
durch Neutralisation erhaltenen Alkaligraphitate.
Hochvakuumtrocknung.
PräparatmÄq Alkaliionen Netzebenenabstand
adsorbiert [002] in
je g Graphitoxyd Angströmeinheiten
Li-GraphitatNa-Graphitat
0,0 6,803,8
'
13,554,1 ! 12,624,8 , 11,37
bedingen eine elektrostatische Abstoßung der Schichtebenen und damit
selbst in hochgetrockneten Präparaten eine Ausweitung der [002]-Distanzen. In wässerigen Dispersionsmitteln äußert sich diese gegen¬
seitige Abstoßung in einer sehr starken Dispergierung und Aufteilungdes Graphitoxydteilchens. Diese im Wasser beobachtete starke Pepti-sation der Alkaligraphitate ist bereits im Trockenpräparat vorbereitet.
Der Abfall der [002]-Distanzen vom Li-Graphitat zum K-Graphitatist experimentell sehr deutlich, aber vorläufig nicht genau deutbar. Die
Röntgenbilder der Alkaligraphitate zeigen die Graphitoxydinterferenzennur noch undeutlich. Einzig die [002]-Interferenz besteht mit großerIntensität. Die [110]- und [310]Tnterferenzen, die beim Graphitoxyd sehr
stark bis stark sind, weisen bei den Alkalieintauschpräparaten eine stark
geschwächte Intensität auf. Es ist möglich, daß durch den Einbau der
peptisationsstarken Alkaliionen die Schichtebenen wohl noch großenteilsparallel orientiert sind, aber gegeneinander leicht verdreht werden.
Besonders beim K-Graphitat treten eine Reihe für Graphitoxydneuer Interferenzringe auf, deren Bedeutung hier nicht diskutiert wer¬
den soll.
Auch bei den Erdalkaligraphitaten ist gegenüber dem Graphitoxydeine nicht unbeträchtliche [002]-Erweitemng zu beobachten. Die durch
die Erdalkaliionen bewirkte Erhöhung der [002]-Netzebenenabstände ist
fast durchwegs kleiner als bei den Alkaligraphitaten. Zum Unterschied
von den Alkaligraphitaten ist die [110]-Interferenz weniger stark ge¬
schwächt, die Ringe [310] zeigen aber auch einen gegenüber Graphitoxydbeträchtlichen Intensitätsabfall.
Die bei den Erdalkaligraphitaten beobachtete [002]-Ausweitung ist
wohl ebenfalls auf die elektrostatische Abstoßung der eingelagerten regel-
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 621
losen Schichten zweiwertiger Ionen zurückzuführen. Die bedeutend
stärkere Bindung der zweiwertigen Ionen an der Graphitoxydober¬fläche dürfte diese gegenseitigen Abstoßungs- und Ausweitungskräfteschwächen.
Tabelle 59.
Netzebenenabstände [002] des Graphitoxyds und der
durch Neutralisation erhaltenen Erdalkaligraphitate.H ochVakuumtrocknung.
PräparatmÄq Erdalkaliionen ' Netzebenenabstand
adsorbiert ! [002] in
je g Graphitoxyd Angströmeinheiten
Sr-Graphitat
0,0 6,807,8 ; 9,307,2 11,017,6 11,75
Besonders beim Ba-Graphitat sind, wie dies bereits U. H ofmann
und R. Holst1) nachwiesen, deutlich Interferenzringe des Barium¬
karbonats nachweisbar. Die Interferenzen [002], [110] und [310] des
Graphitoxyds und andere sind aber noch deutlich vorhanden. Dieser
erste Hinweis hierauf durch U.Hofmann und R. Holst veranlaßt uns,
bei der Herstellung der Erdalkalikarbonate besonders stark auf Kohlen¬
säurefreiheit zu achten. Die Präparate wurden bei peinlichstem Kohlen¬
säureausschluß in Stickstoffatmosphäre hergestellt und hernach im Hoch¬
vakuum getrocknet. Einzig bei der Röntgenaufnahme konnte Kohlen¬
säure der Atmosphäre zu den adsorbierten Erdalkaliionen gelangen. Das
Auftreten von BaCOg-Interferenzen ist daher mit größter Wahrschein¬
lichkeit auf eine interkristalline Reaktion der negativen Oberflächenorte
mit den Erdalkalihydroxyden zurückzuführen. Die hochoxydierte und
reaktionsbereite Graphitoxydgrenzfläche vermag wohl an bestimmten
Stellen mit Ba beispielsweise Karbonatgruppierungen einzugehen, ohne
daß eine vollständige Abscherung der C03-Radikale stattfinden muß.
Durch den Abbau der Ba-Graphitate mit HCl suchte man etwas klarer
zu sehen. Das Ba-Graphitat wurde mittels HCl vollständig Ba-frei ge¬
macht und das resultierende Präparat mit ausgekochtem Wasser bis zur
Chlorfreiheit ausgewaschen. Sämtliche Interferenzen des ursprünglichen
Graphitoxyds traten beim hochvakuumgetrockneten Auslaugepräparatwieder auf, wie nachstehende Tabelle ausweist.
x) U. Hofmann u. R. Holst, Ber. dtsch. ehem. Ges. 72, 761 (1939).
40
622
Tabelle 60.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des ursprüng¬
lichen Graphitoxyds und des durch Austausch mit HCl aus
Ba-Graphitat erhaltenen Graphitoxyds.
Interferenz¬ Netzebenen- Intcrferenz- Netzebenen-
winkel a abstànde À winkel a abstànde À
[002] 6° 30''
6,80 [0021 6° 25' 6,8819° 00' 2,36 19° 00' 2,3621° 00' 2,14 21° 00' 2,14
26° 15' 1,73 — —
34° 00' 1,38 34° 00' 1,3838° 30' 1,23 38° 30' 1,23
Auch dieser Versuch gibt noch keine eindeutige Antwort auf die
Fragestellung. Es ist möglich, daß nur bestimmte Anteile des adsorbierten
Bariums mit bestimmten Radikalen der GO-Oberfläche unter Bildung
von BaC03 reagieren. Dieser Bruchteil vermöchte dann im Röntgenbild
die BaCOa-Interferenzen zu erzeugen. Durch Auslaugung des Ba mittels
HCl könnte das BaCOg zersetzt werden, v. obei Ba-Ionen in Lösung gehen
und C02 entweichen müßte (eine Kohlensäureentwicklung konnte aber
nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden). Das resultierende Graphit¬
oxyd wäre dann um einen bestimmten Bruchteil des abgescherten C02
sauerstoffärmer geworden und müßte ein nachträglich geringeres Ba-
Bindevermögen aufweisen. Spezielle Versuche hierzu wurden vor¬
genommen. Aus elektrodialysiertem Graphitoxyd wurde Ba-Graphitat
hergestellt. Die Milliäquivalente adsorbierten Ba wurden ermittelt.
Dieses Ba-Graphitat wurde in der Folge mit HCl abgebaut und elektro-
dialysiert. Dem Trockenprodukt wurde wieder Ba(OH)2 zugesetzt, und
wiederum wird die Ba-Bindung quantitativ festgestellt. Diese Prozedur
wird noch zweimal vorgenommen. Die Resultate finden sich in Tabelle 61.
Tabelle 61.
Ermittlung der Ba-Adsorption an Graphitoxyd bei wieder¬
holtem Austausch und Wiedereintausch des Ba.
Adsorbierte mÄq Ba
je 1 g Graphitoxyd-Ts
1. Neutralisation, hierauf ausgelaugt 7,51 mÄq2. Neutralisation, hierauf ausgelaugt 5,42 mÄq3. Neutralisation, hierauf ausgelaugt 4,94 mÄq4. Neutralisation, hierauf ausgelaugt 4,91 mÄq
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 623
Dieser Versuch zeigt, daß bei wiederholter Neutralisation und darauf¬
folgendem Abbau das Basenbindungsvermögen des Graphitoxyds für
Ba-Ionen absinkt. Es wäre möglich, daß bestimmte reaktionsfähige
Gruppen der GO-Oberfläche als COs-Radikal an Ba gebunden werden
und beim Auslaugen mit HCl aus dem Gitter verschwinden. Eine Rönt¬
genaufnahme des wiederholt abgebauten und wiederhergestellten Ba-
Graphitats wird zeigen, ob die BaC03-Interferenzen verschwinden. Dies¬
bezügliche Versuche sind im Gange.Die Möglichkeit der Bildung von Erdalkalikarbonaten im Graphit¬
oxydgitter ist nicht von der Hand zu weisen. Genauere Versuche hierzu
sind vorgesehen.Die bei den drei untersuchten Erdalkaligraphitaten gleichen Trock¬
nungsgrades verschieden groß gefundenen Netzebenenabstände ent¬
ziehen sich noch einer näheren Begründung. Die Netzebenenabstände 002
steigen in der Reihenfolge:
Ca-GO < Sr-GO < Ba-GO
Die Beträge adsorbierter Erdalkaliionen je g Graphitoxyd sind von
gleicher Größenordnung, man vergleiche Tabelle 59.
c) Messungen an Aminosäure-Graphitoxyd-Komplexen.
Tabelle 62.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Glykokoll-
Graphitoxyd-Komplexes.
(1,2 mÄq Glykokoll je g Graphitoxyd.)
Interferenz- ,Intensitäten
winkel a , .. ,i geschätzt
abstände A
Interferenz¬
winkel a
Schicht-
ebenen-
abstände Â
Intensitäten
geschätzt
i
[002] 6° 15' J 7,08 s. s. st.
10° 15' 4,30 st.
18° 45''
2,39 st.
21° 00'
34° 00'
38° 30'
2,14
1,38
1,23
S. S. St.
s. s. sch.
St.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Alanin-
Graphitoxyd-Komplexes. (5,0 mÄq Alanin je g Graphitoxyd.)
Interferenz- , | Intensitäten
winkel a , _ , i geschätztabstände A ! °
Interferenz- ,
• , , .ebenen-
winket a , i„, j
abstände Ai
Intensitäten
geschätzt
[002] 5° 45'
10° 15'
18° 45'
7,68 s. s. st.
4,30 ! st.
2,39 i s. sch.
21° 00' 2,1434° 00' 1,3738° 00' 1,23
S. S. St.
s. sch.
St.
40*
624
Tabelle 64.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Valin-
Graphitoxyd-Komplexes. (5,6 mÄq Valin je g Graphitoxyd.)
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände A
Intensitäten
geschätzt
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände A
Intensitäten
geschätzt
[002] 5° 08'
9° 30'
18° 45'
8,61
4,66
2,39
S. S. St.
St.
s. sch.
21° 00'
34° 00'
38° 00'
2,14
1,38
1,23
S. St.
sch.
St.
Tabelle 65.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Leuzin-
Graphitoxyd-Komplexes. (5,3 mÄq Leuzin je g Graphitoxyd.)
Interferenz¬
winkel a
Netz-. Intensitätenebenen- , i_ •......
abstände A J geschat2t
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände A
Intensitäten
geschätzt
[002] 5° 45'
18° 45'
21° 00'
7,68 s. s. st.
2,39 s. sch.
2,14 s. s. st.
34° 00'
38° 30'
1,38
1,23
S. S. sch.
st.
Tabelle 66.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Glyzyl-
Glyzin-Graphitoxyd-Komplexes.
(4,6 mÄq Gl.-Gl. je g Graphitoxyd.)
Interferenz¬
winkel a
Netz- 1T „
._
, Intensitäten
ebenen- , ..^ ^
abstände A |geSchatZt
Interferenz-,
. , ,
'ebenen-
[ abstände AIntensitäten
geschätzt
[002] 5° 45'
10° 15'
18° 45'
7,68 s. s. st.
4,30 st.
2,39 sch.
21° 00' '
2,1434° 00' 1,38380 30' 1 i523
S. s. St.
s. sch.
st.
Tabelle 67.
Interferenzwinkel und Netzebenenabstände des Diglyzyl-
Glyzin-Graphitoxyd-Komplexes.(5,6 mÄq Digl.-Gl. je g Graphitoxyd.)
Interferenz¬
winkel a
Netz¬
ebenen¬
abstände A
Intensitäten
geschätzt
Interferenz¬
winkel a
Netz- | T u
, Intensitäten
ebenen- I...
u ,.• j k geschätzt
abstände A°
[002] 5° 15'
10° 30'
18° 45'
8,42
4,22
2,39
s. s. st.
st.
s. sch.
21° 00'
34° 00'
38° 30'
2,14
1,38
1,23
S. S. St.
s. sch.
st.
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 625
0* W° 20° 30° 40* 50*
[002] [140] [310]
tf0. 7ti, Jnlerferenz- Winkel oc
Graphiïoxyd - H
d) Diskussion der Ergebnisse.
In Fig. 18 sind die Vermessungen der Röntgenbilder übersichtlich
zusammengestellt.Im großen Gegensatz zu den Metallgraphitaten werden die Inter¬
ferenzbilder des Graphitoyxds durch den Einbau der Aminosäuren und
Peptide nicht wesentlich verändert.
Die Interferenzen [002], [110] und
[310] bleiben in ihren Intensitäten
gleich wie beim aminosäurefreien
Graphitoxyd. Die Netzebenenab-
stände [002] erfahren hingegen eine
leichte Aufweitung, die aber stets
kleiner bleibt als bei den Metall¬
graphitaten.Die eingelagerten N -Verbin¬
dungen bewirken nur eine leichte
Vergrößerung der [002] - Distanz.
Die starken abstoßenden elektrosta¬
tischen Zwischenschichtkräfte bei
den Metallverbindungen des Gra¬
phitoxyds fehlen den Aminosäure-
GO-Komplexen. Daher bleiben die
[002]-Abstände von der gleichen
Größenordnung wie beim Graphit¬
oxydgitter.Die Aufweitung der [002]-Di-
stanzen ist wohl relativ schwach, sie
steigt aber einsinnig mit zunehmenden Adsorptionsbeträgen an.
Je höher der Adsorptionsbetrag (in mÄq) ansteigt, desto größererscheinen die jeweiligen [002]-Abstände. Die Kettenlänge der adsor¬
bierten Aminosäuren scheint dabei nur eine untergeordnete Rolle zu
spielen.Beim Quelltonmineral Montmorillonit, das strukturell einen ähn¬
lichen Bauplan wie Graphitoxyd besitzt — siehe hierzu die schönen
Untersuchungen von U. Hofmann1) und Mitarbeitern—, fand J.E. Gie-
seking2) bei Adsorptionsversuchen mit N-Verbindungen ganz ähnliche
Ergebnisse. Das große Brucinkation wird an der negativen Zwischen¬
lamellenschicht des Montmorillonits angelagert und erzeugt einen klei-
!) U. Hofmann, K. Endeil u. D. Wilm, Z. angew. Chem. 47, 539 (1934).
2) J. E. Gieséking, Soil Sei. 47, 1 (1939).
Glykokoll - G0
Alanin - G0
Leuzin - G0
Valin - G0
Glycyl-Glycin-G0
Diglycil-Glycin-G0
Fig. 18.
626
neren Netzebenenabstand (16,8 Â) als das kleinere ß - Naphthylamin
(18,2 A). So erzeugt analog bei unseren Versuchen das kleinere Valin
bei höheren Adsorptionsbeträgen den höheren [002]-Abstand (8,61 Â)als das größere, aber etwas weniger gut adsorbierte Leuzin (7,68 A).
Tabelle 68.
Die [002]-Netzebenenabs tände des Graphitoxyds vergrößern
sich mit steigenden Milliäquivalenten adsorbierter Amino¬
säuren und Peptiden.
PräparatexT Tr i_- j
NetzebenenabständeN-Verbindungen A
je g GOL J
Graphitoxyd1) Glykokoll-GO
0,0'< 6,80
1,2 7.08
2) Alanin-GO
4,6
5,1
5,3
5,55,6
7,68
7,68
3) Leuzin-GO 7,68
b) Diglyzyl-Glyzin-GO4) Valin-GO
8,42
8,61
Wie oben beschrieben, sind die Aminosäuren und Peptide bei pH 6
des Dispersionsmittels in das maximal hydratisierte und aufgeweitete
Graphitoxydgitter eingelagert2. QlycylglycinV Leuzin
1. Qlykokoll3. Alanin
5. Diglycylglycin 6. Valin
rv002- 9
Distanz m A
70.0
9-0
8-0
7.0
6,0
Milliaequivaiente Rminosäure u.Peptideadsorbiert je Gramm 6raprTitoxyd
Fig. 19.
worden. Bei der nachträglichen
Trocknung der Komplexe im
Hochvakuum über P205 und
60—70° C wurden die Gitter
dehydratisiert und damitenger.Der Einbau der N-Verbin¬
dungen bewirkte aber auch
bei den getrockneten Systemeneine deutliche Aufweitung.
Künftige Untersuchungen
sollen zeigen, wie sich die ad¬
sorbierten N-Verbindungen
bei voller Hydratation der
Gitter — also bei Suspendie¬
rung der Komplexe in der
wässerigen Gleichgewichts¬
lösung —• auf diese [002]-Aus-
weitung verhalten. Die oben
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemiscben Eigenschaften des Humus 627
besprochenen Versuche über den biologischen Abbau der im Gitter
adsorbierten N-Verbindungen (Leuzin) machen eine starke Aufweitungder Zwischenschichträume wahrscheinlich. Die Pilzenzyme vermögen
in relativ kurzer Zeit die im Gitterinnern festgelegten Aminosäure¬
molekel zu erfassen.
Die Struktur des Graphitoxyds wurde also durch den Einbau der
Aminosäuren nicht stark verändert. Die Änderung beschränkt sich auf
eine Steigerung der [002]-Distanz. Diese Aufweitung ist reversibel, durch
die Desorption der Aminosäure und nachträgliche Trocknung der ver¬
bliebenen Produkte erhält man die ursprünglichen Interferenzringe und
-winkel des Graphitoxyds. Diese vollständige Wiederherstellung des
Graphitoxydgitters ist sowohl beim biologisch abgebauten als auch beim
mit HCl aminosäurefrei gemachten Umtauschkörper zu beobachten, wie
folgende Tabelle ausweist:
Tabelle 69.
Ursprungltches Leuzin-GO abgebaut Leuzin-GO abgebaut
Graphitc« ydgitter
Netz-
ebenen-
abstand Â
durch Oospora lactis
Interferenz- ',
. , , ebenen-winkel a ,
. , tabstand A
durch HCl
Interferenz¬
winkel a
Interfetenz-
winkel a
Netz-
ebenen-
abstand Â
6« 30' 6,80 6° 30' 6,80 6« 30' 6,80•— 13° 45' 3,23 9« 00' 4,92
19° 00' 2,36 19« 00' 2,36 19° 00' 2,36
21« 00' 2,14 21° 00' 2,14 21° 00' 2,14
26° 15' 1,73 26° 15' 1,73 —• —
34° 00' 1,38 34° 00' 1,38 34° 00' 1,38
38« 30' 1,23 38° 30' 1,23 38° 30' 1,23
D. Zusammenfassung
1. Zwischen Lignin, Humussäure und Graphit besteht nach J. Sed¬
letz ky ein genetischer Zusammenhang. Auf den Zusammenhang
zwischen Lignin, Humussäure, Kohle und Graphit machten bereits
früher Fischer, Schrader, Großkopff und andere Autoren auf¬
merksam.
Lignin, Humussäure und Graphit besitzen einen zyklischen
Grundchemismus, aber verschiedenen Feinbau:
628
H-Lignin Humussäure Graphitoxyd
Grundchemismus zyklischheteropolymer
zyklischheteropolymer
kryptokristallininnenzugänglich
korpuskular-kryptolamellar
Kolloidsäuren
Äquivaler
—COO....H
—O..H
zyklischhomöopolymer
amorph,innenzugänglich
korpuskular
kristallin
innenzugänglich
Ultramikronen-
lamellar
Elektrochem.
Natur Kolloidsäure mit
hohem
Äquivalent¬gewicht
mit mittlerem
ltgewicht
Aufladende
Komplexe ....sehr wenig:
—O..H
—COO....H
—O..H
—COO....H
Hydrophilie ....sehr klein groß sehr groß
2. Die Röntgendiagramme von Humussäure deuten aufeine gewisse Ver¬
wandtschaft mit Graphit. Die erhaltenen Interferenzen sind meistens
schwach. Verschiedene Beobachter finden die Interferenzringe oft
bei verschiedenen Winkeln, mit Ausnahme jener bei 21° X'. Weitere
Untersuchungen in dieser Richtung sind dringend erforderlich. Auf
die Abtrennung anorganischer BegleitstofFe muß sorgfältig geachtetwerden.
3. Lignin und Graphitoxyd eignen sich gut als Modellsubstanzen für
dispersoidchemische Probleme der Humusforschung. In der vor¬
liegenden Arbeit wurde hauptsächlich das Graphitoxyd dispersoid-chemisch untersucht, wobei die Problemstellung stets nach der
Humusforschung ausgerichtet blieb.
4. Graphitoxyd wie Graphit besitzen eine Schichtebenenstruktur, bei
der die C-Atome der Schichtebenen in den Ecken regulärer Sechsecke
liegen. Die Distanz zwischen zwei C-Atomen der Schichtebene be¬
trägt 1,44 Â. Die Entfernung zweier Schichtebenen (002) der Graphit¬oxyde ist vom Solvatationszustand und von der Aufladung der
Schichtebenen abhängig, sie beträgt im Trockenpräparat etwa
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 629
6,2—6,8 Â, im Gegensatz zu 3,34 Â beim kompakteren und nicht
innerkristall quellbaren Graphit.
5. Für die vorliegenden Untersuchungen wurde feingepulverter Gra¬
phit für Galvanoplastik „Kahlbaum" in konzentrierter H2S04 und
HN03 aufgeschlämmt. Im Laufe von 7 Tagen wurde KC103 unter
Kühlung zugegeben. Die Mikroanalyse dieser elektrodialysierten
und hochvakuumgetrockneten Präparate ergab:
60,01 % C
2,09 % H
37,90 % O
2,11 C:0 atomar.
Die lufttrockenen Präparate geben im Hochvakuum über P2Os bei
50° C noch 6,60% H20 ab. Der Aschengehalt beträgt 0,99%, die
Asche besteht vorwiegend aus Si02.
6. Zur quantitativen Bestimmung des austauschbaren Wasserstoffes
wurde das Graphitoxyd elektrometrisch mit der Antimonelektrode
titriert.
a) Bei der direkten kontinuierlichen Elektrotitration des Graphit¬
oxyds mittels NaOH zeigt sich, daß die abgelesenen pH-Werte
nicht konstant sind, sondern mit der Wartezeit in saurer Richtung
sich verändern. Der NaOH-Verbrauch bleibt klein.
b) Bei der diskontinuierlichen Elektrotitration des elektrodialysierten
GO mittels NaOH zeigen sich in der Titrationskurve folgende
schwach ausgeprägte Wendepunkte:
1,00 mÄq NaOH bei pH 7,50
2,75 mÄq NaOH bei pH 10,00
5,25 mÄq NaOH bei pH 12,00
Der zweite Wendepunkt deutet auf die Gegenwart schwach saurer,
zyklisch gebundener OH-Gruppen.Der Laugeverbrauch von 5,25 mÄq NaOH/g bei pH 12,0
steht im Einklang mit den von U. Hofmann ermittelten ge¬
samten, durch Methylierung mit Diazomethan festgestellten OH-
Gruppen.
7. Die Totaladsorption der Alkali- und Erdalkalihydroxyde an elektro-
dialysiertem GO steigt mit zunehmender Angebotskonzentration an
MeOH. Bei einer Vorlage von 30 mÄq Hydroxyd je g Graphitoxyd
steigt die Festlegung des Me(OH)x in der Reihe (Rücktitration auf
pH8,2):
630
LiOH < NaOH < KOH = NH4OH < Sr(OH)2 < Ca(OH)2 < Ba(OH)24,90 5,90 6,40 6,30 7,75 8,70 9,20 mÄq
8. Interessant ist der Vergleich zwischen den drei Umtauschkörpern
Lignin, Hochmoorhumus und Graphitoxyd. Wie Tabelle 15 zeigt,
steigt der Gehalt an saurem Wasserstoff in der Reihe:
Lignin < H-Humus < oxydiertes Lignin < Graphitoxyd
1,48 2,00 3,84 5,90mÄqNaOH/gTS.Angebotskonzentration 40 mÄq
9. Lignin, Humus und Graphitoxyd haben eine gewisse Ähnlichkeit,die in der Sechsringnatur begründet ist; sie unterscheiden sich von¬
einander in ihren Oxydationsgraden.
10. Das elektrodialysierte GO erweist sich in NaOH als dispergierungs-bereit. Der Dispergierungsgrad ist abhängig von der Konzentration
des Peptisators, von der mechanischen Vorbehandlung des Systemsund der Konzentration des GO. Höhere NaOH-Konzentrationen
wirken auf das dunkelbraune Sol koagulierend. Das Optimum der
Dispergierung ist bei pH 10,0 und einem NaOH-Verbrauch von
2,5 mÄq je g Graphitoxyd.
11. Die spez. Viskosität in Graphitoxydsuspensionen (Kornfraktionfeiner als 0,002 mm Durchmesser) steigt mit zunehmender NaOH-
konzentration ebenfalls bis 2,5 mÄq NaOH/g GO. Der steile An¬
stieg der Viskosität bei pH 10 deutet auf eine starke Hydratation und
Quellung der optimal dissoziierenden und daher große elektro-
viskose Effekte aufweisenden GO-Suspensionen.
12. Die Sedimentvolumina der GO-Suspensionen erweisen sich als ab¬
hängig von der Laugekonzentration, den Lösungsgenossen und von
der Vorbehandlung des Systems. In guter Übereinstimmung mit der
Dispergierung steigen die Sedimentvolumina der GO-Suspensio¬nen durch NaOH-Zugabe bis zu 2,5 mÄq NaOH/g Graphitoxydund fallen dann mehr oder weniger rasch ab. Bei quellbaren, innen¬
dispersen und aufladbaren Umtauschkörpern wie beim Graphitoxydfinden sich die maximalen Sedimentvolumina bei maximaler Auf¬
ladung und Quellung der Teilchen. Das Graphitoxyd steht damit im
Gegensatz zu den kompaktkörnigen Systemen, wie Kaolin, Quarz
usw., wo das Maximum der Sedimentvolumina bei maximaler Ent¬
ladung zu finden ist (A. v. Buzagh, G. G. Kandilarow).
13. Die innere Aufweitung des Graphitoxyds spielt für den Neutrali¬
sationsablauf und die Sedimentvolumina eine große Rolle. Werden
Hamdi, Zur Kenntnis der kolloidchemischen Eigenschaften des Humus 633
fangsteil der Isotherme bis 3,3 mm Hg Wasserdampfdruck deutet im
Sinne Zsigmondys und Freundlichs auf ein noch nicht quell¬bares Gel hin.
Die Steilstücke der Dampfdruckisothermen für Graphitoxydund Graphitoxyd-Aminosäure-Komplexe verlaufen beinahe linear
bis zum Sättigungsdruck des Wassers. Diese Steilstücke zeigen eine
ausgesprochene Hysterese: sie ist beim Graphitoxyd am stärksten,
sie nimmt ab, je höher der Betrag an Aminosäure ist. In diesen Ge¬
bieten setzt die innenkristalline Quellung der Gitter ein.
18. Durch die Oxydation des Graphits werden die metallischen Bin¬
dungen zwischen den C-Schichtebenen geschwächt. Ihr Betrag ist
von 3,34 A auf 6,80 A vergrößert worden. Die (002)-Distanz ist
vom H20-Gehalt abhängig; im trockenen Zustand beträgt sie 6,80 Â,im feuchten wächst sie auf über 11,0 A an.
19. Die andern Interferenzen des Graphits, hauptsächlich (110) und
(310), die durch das Sechsecknetz der C-Atome hervorgerufen sind,
bleiben bei der Oxydation erhalten.
20. a) Die bei den Alkali- bzw. Erdalkaligraphitaten beobachtete (002)-
Ausweitung ist unseres Erachtens auf die elektrostatische Ab¬
stoßung der eingelagerten regellosen Schichten einwertiger bzw.
zweiwertiger Ionen zurückzuführen.
b) Die Interferenzintensitäten der (110) und (310) sind stark ge¬
schwächt, hingegen die Netzebeneninterferenzen (002) bleiben
in ihrer Intensität wie beim Graphitoxyd erhalten.
21. Besonders beim Ba-Graphitat sind deutlich Interferenzen des Ba-
Karbonats vorhanden. Nach unseren Untersuchungen und jenen von
U. Hofmann ist die Möglichkeit der Bildung von Bariumkarbonat¬
konfigurationen im GO-Gitter nicht von der Hand zu weisen. Durch
HCl-Behandlung wird kein C02 gebildet, das GO-Gitter bildet sich
zurück.
22. a) Durch den Einbau von Aminosäuren und Peptiden sind die Inter¬
ferenzringe des Graphitoxyds erhalten geblieben. Die Inter¬
ferenzen (002), (110) und (310) bleiben in ihren Intensitäten gleichwie beim aminosäurefreien Graphitoxyd.
b) Die Netzebenenabstände (002) erfahren eine leichte Vergröße¬
rung, je nach den Adsorptionsbeträgen der Aminosäure bzw. der
Peptide.
634
Vergleich der Aufweitung von (002) des Graphitoxydsdurch adsorbierte Alkaliionen und Aminosäuren.
mÄq adsorbiert
je g Graphitoxyd
Netzebenenabstand
(002) Â
GraphitoxydLi-GraphitatNa-GraphitatK-Graphitat
Glykokoll-GraphitatGlyzyl-Glyzin-Graphitat..Alanin-GraphitâtLeuzin-GraphitâtDiglyzyl-Glyzin-GraphitatValin-Graphitat
0,0
3,8
4,4
4,8
1,2
4,6
M
5,3
5,5
5,6
6,8(1
13,55
12,62
11,37
7,08
7,68
7,68
7,68
8,42
8,61
Es ist mir ein inneres Bedürfnis und eine angenehme Pflicht zu¬
gleich, meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. H. Pallmann,
an dieser Stelle aufrichtig für das Interesse, das er mir und meiner
Arbeit geschenkt hat, zu danken. Er gab mir die Anregung zu den
folgenden Untersuchungen. Sein freundliches Entgegenkommen und
seine wertvollen Ratschläge machten mir die Arbeit am Agrikultur¬chemischen Institut zur Freude.
Lebenslauf.
Ich, Hassan Mahmoud Hamdi aus Kairo (Ägypten), wurde am
18. Januar 1912 in Kairo geboren. In meiner Heimatstadt absolvierte
ich die Primär- und Mittelschule und erwarb 1931 die Maturität.
Hierauf studierte ich an der landwirtschaftlichen Abteilung der Tech¬
nischen Hochschule Kairo-Guiza, wo ich das Studium im Sommer
1935 mit dem Diplom als Ingenieur-Agronom abschloß. Im Sommer
1934 arbeitete ich während einem Monat praktisch auf den staatlichen
Gütern im Nil-Delta. Von 1935 bis 1937 war ich als Assistent an der
agrikulturchemischen Abteilung der Technischen Hochschule von Kairo
unter Dr. A. Ghoneim tätig. Anfang Dezember 1937 wurde ich von
der ägyptischen Regierung zur Weiterausbildung nach der Schweiz ge¬
schickt, wo ich zuerst die Sprache erlernte. Seit April 1938 bin ich an
der Eidgenössischen Technischen Hochschule immatrikuliert. Neben
meiner Arbeit am Agrikulturchemischen Institut besuchte ich eine An¬
zahl von Spezialvorlesungen und Praktika. Im November 1940 bestand
ich die Zulassungsprüfung zur Doktorpromotion an der Eidgenössi¬schen Technischen Hochschule. Von April 1938 bis Juni 1942 führte
ich unter Leitung von Herrn Prof. Dr. H. Pallmann am Agrikultur¬chemischen Institut auch die vorliegende Arbeit aus.
Hassan Hamdi.