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1 Entwicklungslinien des HR-Controllings

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En tw ick lungs l in ien des

HR-Cont ro l l i ngs

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© 2012, Wissensfabrik, St. Gallen

Gallusstrasse 29

9000 St. Gallen

[email protected]

+ 41 78 711 99 01

wissensfabrik.ch

facebook.com/wissensfabrik

twitter.com/wissensfabrik

Inhalt: Dr. Joël Luc Cachelin

Illustrationen: Sascha Tittmann

Layout: Büro Sequenz

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INHALT

Einführung

Das HR Controlling wird in der Unternehmensentwicklung verankert

Das HR Controlling schaut in die Zukunft

Das HR Controlling synchronisiert seine Instrumente

Das HR Controlling verknüpft Individuum, Team und Organisation

Das HR Controlling strebt mehr als Zufriedenheit an

Das HR Controlling optimiert das Employer Branding

Das HR Controlling sucht nach Zusammenhängen

Das HR Controlling entdeckt Big Data

Das HR Controlling behält Risiken im Auge

Das HR Controlling ist Teil des Wissensmanagements

Das HR Controlling schafft visuelle Entscheidungsgrundlagen

Das HR Controlling wird häufig ausgelagert

Fazit

Interviewverzeichnis

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EINFÜHRUNGDas Personalcontrolling hat in den letzten Jahren ständig an Bedeutung

gewonnen. Diese Entwicklung wird sich aus zwei Gründen verstärken1. Erstens

spielen die Mitarbeitenden und ihr Wissen in Zukunft eine noch grössere

Rolle für den Unternehmenserfolg. Der Marktdruck und die gesteigerte Ge -

schwindigkeit der Wirtschaft verlangen ständige Innovation. Das setzt

dynamische Fähigkeiten voraus. Damit ist die Fähigkeit eines Unternehmens

gemeint, sich ständig an neue Voraussetzungen anpassen zu können.

Letztlich passiert dies immer über die Menschen in einem Unternehmen.

Das macht es nötig, HR-Strategien und -Investitionen zu überprüfen und

vom Controlling ausgehend, Massnahmen der Unternehmensentwicklung zu

ergreifen. Zweitens führen die volatilen Märkte zusammen mit den düsteren

Wirtschaftsprognosen dazu, dass die Kostenorientierung im HRM zunimmt.

Dadurch wird auch der Einsatz der Human Resources verstärkt im Hinblick auf

Kostenoptimierung, Effizienz und Effektivität beurteilt. Den Kosten soll ein

Nutzen oder eine Verbesserung im Management des Humankapitals gegen-

überstehen.

Ziel des HR-Controllings ist es, das Optimum aus der Ressource Personal

herausholen. Es kann zwischen einer personalen und einer organisationalen

Ebene des Humankapitals unterschieden werden. Auf der personalen Ebene

umfasst das Humankapital die Fähigkeiten, Erfahrungen, Einstellungen und

Werte der Humankapitalträger. Waren früher damit die Mitarbeitenden gemeint,

so wird sich die Personalarbeit in Zukunft an allen Humankapitalträgern des

Unternehmens ausrichten.2 Besonders gilt es externe Know-How-Träger wie

Beraterinnen und Kundinnen stärker zu berücksichtigen. Die organisationale

Ebene des Humankapitals bezieht sich dagegen auf die Prozesse, Strukturen

und Kulturen eines Unternehmens, die sich auf die Produktivität und Innova-

tionskraft des Humankapitals auswirken. Wesentlich im Hinblick auf die

Beurteilung des Humankapitals ist die Frage, wie sehr die Beteiligten ihr Wissen

teilen und ob es dem Unternehmen gelingt, eine lernfördernde Kultur zu

schaffen.3 Zwischen der personalen und organisationalen Ebene des Human-

kapitals liegt das Wissen. Es klebt genauso an den Humankapitalträgern wie es

in den Wissensspeichern des Unternehmens abgelegt ist. Vor dem Hintergrund

flüchtiger werdenden Beziehungen zwischen einem Unternehmen und seinen

Humankapitalträgern versuchen Unternehmen ihre Wissensbestände verstärkt

sicht- und messbar zu machen. Um diese Aufgaben wahrzunehmen steht

dem Controlling eine Vielzahl von qualitativen und quantitativen Instrumenten

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zur Verfügung. Die Instrumente sind dann gut gewählt, konzipiert und einge-

setzt, wenn es ihnen gelingt, im Unternehmen Feedbackprozesse auszulösen.

Feedback ist die Basis für Veränderung.

Aus dem HR Controlling resultiert das mitarbeiter- und wissensbezogene

Reporting. Damit ist das «Berichtwesen einer Organisation» gemeint, das die

managementrelevanten Informationen über das Humankapital bereitstellt. Es

dient der Schaffung von Transparenz beziehungsweise der Übermittlung von

Information. Dadurch werden Informationsasymmetrien verkleinert, Zusammen-

hänge quantifiziert und vor allem Entscheidungsgrundlagen geschaffen. Das

Controlling ist deshalb Teil des Wissensmanagements. Im Zentrum der Ent-

scheidungsfindung des HR Controllings steht die humankapitalorientierte

Unternehmensentwicklung. Diese wird beispielsweise durch die Veränderung

der Unternehmenskultur, die Personalentwicklung oder das Talentmanagement

konkret. Das Reporting ist auch aus der Investitionsperspektive von hoher

Bedeutung. Wenn das Humankapital zur wichtigsten Ressource eines Unterneh-

mens wird, will das Management wissen, wie es am besten in diese Ressource

investiert und wie sich die Investitionen auswirken.4 Das im Controlling gene-

rierte Wissen dient dazu die Organisation zu steuern – wobei moderne Manage-

menttheorien sehr deutlich auf die Grenzen dieser Steuerbarkeit hinweisen.5

Soll das Reporting langfristige Feedback- und Veränderungsprozesse auslösen,

wird sich das Controlling in Zukunft an den Bedürfnissen, Wahrnehmungen,

Verhaltensdaten und Leistungen des Individuums ausrichten.

Organisationen und die Veränderungen in ihnen finden durch Individuen statt.

Die Weiterentwicklung des HR-Controllings fällt zusammen mit sich verändern-

den Arbeits- und Organisationsverständnissen. Zusammengefasst wird die

Hierarchie durch das Netzwerk abgelöst.6 Das führt zur Relativierung von

Karrieremustern, Organisationsgrenzen, Anspruchsgruppenrollen, Führungs-

und Managementansätzen. Das Personalcontrolling wird sich von der Vorstel-

lung verabschieden, dass die Mitarbeitenden passive Befehlsempfänger ihrer

Vorgesetzten und meinungslose Kunden des HR sind. Ähnlich wie die Kunden

wechseln die Mitarbeitenden in einen aktiven Status. Als solche werden sie in

Zukunft vermehrt Funktionen selber wahrnehmen, die früher das HR für sie

erledigt hat. Sie werden sich auch die Freiheit nehmen, gewisse HR-Leistungen

ausserhalb des Unternehmens zu beziehen. Wie die Kunden in der Marktfor-

schung werden die Mitarbeitenden im HR-Controlling zum gleichberechtigten

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Gesprächspartner. Es gilt die Mitarbeitenden aktiv in die Entwicklung der

Instrumente und in die Durchführung der Controlling-Aktivitäten Auswertung

zu integrieren. Es ist insbesondere die Digitalisierung, welche dieser Ver-

änderung Kraft verleiht und durch die sozialen Medien die ent sprechenden

Hilfsmittel bereitstellt.7

Diese Studie ist in der Vorbereitung für ein Mandat im HR-Controlling entstan-

den. Es werden 12 Entwicklungslinien präsentiert, entlang derer sich das

HR-Controlling in den nächsten Jahren entwickeln wird. Die Recherche basiert

auf den angegebenen Quellen sowie 10 Experteninterviews. Die Befragten

stammen aus der Verwaltung, der Privatwirtschaft, der Beratung, der Software-

entwicklung, der Forschung sowie der Markforschung (vgl. Interviewverzeichnis

am Ende der Studie).

LITERATUR

1 Luginbühl, P. (2010), Ein HR-Bereich im Umbruch:

Das Personalcontrolling wird erwachsen HR Today 3 / 2010

2 vgl. dazu Wissensfabrik (2012). Die Zukunft des Arbeitsmarkts.

Download unter:

http://www.wissensfabrik.ch/content/erzeugnisse/studien.php

3 vgl. Fitz-Enz, J. The ROI of Human Capital. New York: Amacom.

vgl. Möller, K. & Klusmann, A. (2009). Anforderungsanalyse und

Gestaltungsmepfehlungen für das Reporting von Human Capital.

Göttingen: Research Papier (6).

4 vgl. Ebd.

5 z.B. Wüthrich, H.A., Winter, W.B. & Philipp, A. F. (2001, Hrsg.).

Grenzen ökonomischen Denkens – Auf den Spuren einer dominanten

Logik, Wiesbaden.

6 Deloitte (2011). Human Capital Trends 2011.

7 Wissensfabrik (2012). Die Folgen der Digitalisierung – Neue

Arbeitswelten, Führungsverständnisse und Wissenskulturen.

Download unter :

http://www.wissensfabrik.ch/content/erzeugnisse/studien.php

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1 DAS HR CONTROLLING WIRD IN DER UNTERNEHMENSENTWICKLUNG VERANKERT

VERWALTEN STATT ENTWICKELNDas traditionelle Personalcontrolling hat einen stark verwaltenden Charakter.

Es orientiert sich an den Primärgrössen Zeit und Geld. Die wichtigsten Ziele

sind entsprechend die Kostentransparenz im HRM und die Aufbereitung

der (deskriptiven) Statistik über die Zusammensetzung und zeitliche Präsenz

des Personals.8 Bis heute sind Personalkosten und Resturlaubstage die am

meisten erhobenen Kennzahlen.9 Ganz typisch ist die Ausrichtung des Blicks

zurück in die Vergangenheit. Das Personalcontrolling gibt Auskunft darüber,

was passiert ist. Seit einigen Jahren bemühen sich die Personalabteilungen

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zudem ihre Leistungen und ihre Kundenorientierung zu quantifizieren. Die von

Mitarbeitenden, Führungskräften und Geschäftsleitung wahrgenommene

Qualität der Personalprozesse rückt dadurch stärker in den Fokus der Auf-

merksamkeit. Allerdings führt offenbar erst eine Minderheit der Personalabtei-

lungen interne Befragungen zu ihren Services durch.10

NOCH KEIN CHANGE AGENTSchon lange wird angestrebt, das Personalcontrolling stärker in die Unterneh-

mensentwicklung einzugliedern. Dazu braucht es eine Loslösung des Control-

lings von der Personalabteilung und eine Erweiterung der Perspektive auf das

gesamte Humankapital eines Unternehmens. Zu diesem gehören vor allem

auch Kundinnen und Beraterinnen, die als externe Humankapitalträgerinnen

agieren. Ein so aufgestelltes und an den Unternehmenszielen ausgerichtete HR

Controlling nimmt die Rollen des strategischen Partners und Katalysators der

Organisationsentwicklung wahr. Die Entwicklungsstufen des HR Controllings

entsprechen deshalb ziemlich genau den Entwicklungsstufen im Rollenmodell

von Ulrich11, das eine Erweiterung der administrativen Personalarbeit hin zum

Businesspartner und schliesslich zum Change-Agent vorsieht.

FEHLENDE KOMPETENZEN?Damit ein solches HR Controlling seine Wirkung entfalten kann, braucht es

HR-Manager mit den nötigen Kompetenzen. Gefordert sind Statistikkenntnis-

se, betriebswirtschaftliches Verständnis sowie Change-Management Fähigkei-

ten. Es zeigen sich eklatante Unterschiede zwischen der Selbstwahrnehmung

des Personals und jener durch die Geschäftsführung. Während 78% der

HR-Leiterinnen glauben, sie seien in die strategische Entwicklung eingebun-

den, sehen nur 5% der CEOs das HR in dieser Rolle.12 Für den noch nicht

bewältigen Wandel des Personals werden verschiedene Gründe geltend

gemacht: Passive, defensive und wenig strategisch orientierte HR-Manager13,

ungenügende Unterstützung des Personalsmanagements durch die Geschäfts-

leitung oder wenig Übung im Umgang mit Zahlen. Schliesslich ist das HRM

auch im betriebswirtschaftlichen Studium nach wie vor schlecht verankert.

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VERSTÄNDNIS DER GESCHÄFTSPROZESSEUm in der strategischen Entwicklung mitreden zu können, braucht das HR ein

Verständnis für die Geschäftsprozesse. Die Einsicht in die Wertschöpfungspro-

zesse schafft das Wissen, um die Ressource Personal gemäss den strategi-

schen Herausforderungen zu rekrutieren und zu entwickeln.14 Dabei ist es

unumgänglich, dass das HR die Sprache der Geschäftsleitung spricht. Basis

der Verankerung des HR Controllings in der Unternehmensentwicklung sind

Kundenorientierung, Qualität, Verfügbarkeit, Einfachheit, Handlungsorientie-

rung sowie Adressatenorientierung bei den angebotenen Dienstleistungen und

Instrumenten.

LITERATUR

8 KMPG (2005). Human Resources managen.

Controlling im Personalbereich.

9 Vgl. Deloitte (2011). HR-Benchmark 2011. (S.20)

10 Ebd. (S.21)

11 Ulrich, D. (1997). Human Resource Champions:

The Next Agenda for Adding Value and Delivering Results.

Boston, MA: Harvard Business School Press.

12 Vgl. Deloitte (2011). HR-Benchmark 2011. (S.28)

13 Deloitte (2009). The talent paradox.

14 Ebd.

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2DAS HR CONTROLLING SCHAUT IN DIE ZUKUNFT

WEG VON DER VERGANGENHEITDie strategische Verankerung des Controllings macht es nötig, dass sich das

Controlling von der Vergangenheitsorientierung löst und die Zukunft ins Visier

nimmt. Nur die Zukunftsorientierung garantiert, dass das Controlling tatsäch-

lich Aufgaben der Unternehmenssteuerung übernimmt. Als Orientierungspunk-

te des Humankapitalmanagements dienen die Optimierung und Innovation von

Produkten, aber auch von HR-Prozessen und Instrumenten. Für das Control-

ling sind Ziele hilfreich, die durch die Instrumente des Corporate Foresights15

oder des Identitätsmanagements16 entwickelt wurden und aufzeigen, wo das

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Unternehmen in einigen Jahren sein möchte. Im heutigen volatilen und sich

schnell wandelnden Umfeld, macht das präzise Definieren von Umsätzen und

Kundenzuwächsen wenig Sinn. Gefragt ist die Auseinandersetzung mit der

Frage, welche Wertschöpfung man als Unternehmen für seine Anspruchsgrup-

pen anbieten will, wie man dabei von den Megatrends profitieren will und für

welche Werte man einstehen will.

STRATEGISCHE HERAUSFORDERUNGENDie Zukunftsorientierung des HR-Controllings bedeutet, sich an zukünftigen

Herausforderungen der Personalarbeit auszurichten. Im Vordergrund stehen

der demographische Wandel, der Fachkräftemangel, möglicher Know-How-

Verlust oder die Notwendigkeit als Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu

machen.17 Jedes Unternehmen steht aufgrund seiner Branche, seiner Grösse,

seiner Mitarbeitenden etc. vor individuellen Herausforderungen. Durch die

Integration der Anspruchsgruppen in die Definition dieser Herausforderungen

kann die Unternehmensführung diese breiter abstützen und allenfalls quantifi-

zieren. Die Herausforderungen sollten im HR-Controlling so verankert werden,

dass die Unternehmensleitung fortlaufend weiss, wie gut das Unternehmen

dasteht.

ENTWICKELN VON SZENARIENWirklich in die Zukunft schaut das HR Controlling dann, wenn es Szenarien der

Zukunft entwickelt. Qualitative Zukunftsszenarien dienen als Grundlage, um

Massnahmen im Management des Humankapitals zu definieren.18 Die Szenari-

otechnik spielt eine zentrale Rolle, wenn Unternehmen versuchen, ihre

Humankapitalrisiken zu identifizieren und vorzeitig entsprechende Gegenmass-

nahmen zu ergreifen. Sollen Risiken quantifiziert werden, können Daten – wie

Arbeitslosenquote, saisonale Schwankungen, Personalbedarf, Kompetenzent-

wicklung etc. – aus der Vergangenheit in die Zukunft hochgerechnet werden.

Diese liefern im Hinblick auf den demographischen Wandel beziehungsweise

das damit verbundene Talent- und Wissensmanagement wichtige Anhaltspunk-

te für HR Entscheide.

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BEITRAG ZUM INNOVATIONSMANAGEMENTDas HR Controlling kann auch im Bereich des Innovationsmanagements einen

Beitrag für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens leisten. Dazu müssen

Kennzahlen und noch viel wichtiger Feedbacksysteme eingerichtet werden, mit

denen ein Unternehmen seine Innovationsfähigkeit überprüfen kann. Will das

HR einen Beitrag dazu leisten, dass das Unternehmen innovationsstark ist,

muss es selbst innovativ sein.19 In Bezug auf das Controlling entstehen in der

Konzeption der Messinstrumente, in der Datenerhebung, in der Datenaus-

wertung, im Reporting sowie in der Verknüpfung von Messdaten und Mass-

nahmenplanung laufend Innovationspotenziale. Viele Innovationen hängen mit

der Digitalisierung zusammen.20

LITERATUR

15 Müller, A. W. & Müller-Stewens, G. (2009). Strategic Foresight.

Stuttgart: Schäffel Poeschel.

16 Cachelin, J. L. (2009). Management in der Multioptionsgesellschaft.

Wiesbaden: Gabler.

17 Wissensfabrik (2012) HR-Trendstudie 2012. Die Folgen der

Digitalisierung - Neue Arbeitswelten, Wissenskulturen und Führungs-

verständnisse. Download unter:

http://www.wissensfabrik.ch/content/erzeugnisse/studien.php

18 KMPG (2005). Human Resources managen. Controlling im

Personalbereich. (S.11)

19 Deloitte (2009). The talent paradox.

20 Wissensfabrik (2012) HR-Trendstudie 2012. Die Folgen der Digitalisierung

- Neue Arbeitswelten, Wissenskulturen und Führungsverständnisse.

Download unter:

http://www.wissensfabrik.ch/content/erzeugnisse/studien.php

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3DAS HR CONTROLLING SYNCHRONISIERT SEINE INSTRUMENTE

VIELZAHL AN INSTRUMENTENDie Integration des HR Controllings in die strategische Unternehmensentwick-

lung verlangt eine Synchronisation seiner Instrumente. Damit ist gemeint, dass

die eingesetzten Instrumente miteinander kompatibel sind und in ihrer Kombi-

nation zu neuen Einsichten führen. Das Controlling auf die Generierung von

Kennzahlen zu reduzieren, würde seiner Aufgabe und seinem Ansehen scha-

den. Neben Kennzahlen, die in Scorecards oder Dashboards aufbereitet

werden, stehen dem Controlling auch das Data Mining, die Mitarbeiterqualifi-

kationen, Mitarbeiterbefragungen, Wissens- und Humankapitalbilanzen,

Prognosemärkte21 sowie das Benchmarking zur Verfügung. Auch eher qualita-

tive Instrumente gehören zum Controlling: Das Qualifikationsgespräch, das

Austrittsgespräch oder Assessments und Audits liefern Hinweise über Stärken,

Schwächen, Risiken und Entwicklungspotenziale des Humankapitals.

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ANSÄTZE DER SYNCHRONISATIONDie Instrumente zu synchronisieren, bedeutet sie derselben Controlling-Philo-

sophie zu unterwerfen, dieselben Strukturierungsraster zu verwenden und die

Datensätze in einem einzigen System zu integrieren. Als Orientierungspunkte

dienen die Marke, die Unternehmenskultur sowie die strategischen HR-Her-

ausforderungen. Die Daten sollten zudem an zentraler Stelle zugänglich sein.

Die Synchronisation ist auch deshalb angezeigt, weil viele Unternehmen global

tätig sind22 und Unternehmen Prozesse und Wirkungen vergleichen wollen.

Durch das Cloud Computing ist die zentrale Speicherung und Zugänglichkeit

von Daten wesentlich vereinfacht worden. Wie wichtig die zentrale Lagerung

ist, zeigt sich an der steigenden Bedeutung des mobile Computings. In Zukunft

wird das Controlling Daten via Smartphones erheben – durch Kurz-Befragun-

gen aber auch das Sammeln von Geo-Daten, die zeigen, wo Mitarbeitende

wann wo was machen.

NOTWENDIGKEIT DER REGELMÄSSIGKEITDamit das Controlling seine Wirkung entfalten kann, braucht es Regelmässig-

keit. Die Wiederholung der Erhebung ermöglicht es, Entwicklungen über die

Zeit zu beobachten, den Erfolg von Massnahmen zu überprüfen und langfristi-

ge Vergleiche zur Konkurrenz herzustellen. Bei den Vergleichen ist aber

Vorsicht geboten. Unternehmen werden oft neu aufgebaut, neu strukturiert,

neu positioniert – das erschwert zeitliche Vergleiche. Vergleiche zur Konkur-

renz sind insofern heikel, als dass jedes Unternehmen für seine Wertschöp-

fung andere Mitarbeitenden, andere Führungsprozesse, andere Aufbaustruktu-

ren benötigt und deshalb immer auch vor anderen Herausforderungen steht.

INTEGRATION DER KUNDENFEEDBACKAuch die Kundenfeedbacks (Beschwerden, Marktforschung, Mistery Shoppers

etc.) liefern Hinweise, wie sich das Humankapital weiterentwickeln könnte. In

den sozialen Medien erarbeiten Mitarbeitende und Kunden gemeinsam

Innovationen. Die Migros, Starbucks oder Lego haben erkannt, wie wichtig

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die Feedbacks ihrer Kunden sind.23 Durch die Integration der Daten und

Feedbacks aller Anspruchsgruppen kommt das Controlling zu einer ganzheitli-

chen Sicht. Diese braucht es, um Markt- und Ressourcenperspektive miteinan-

der in Einklang zu bringen, um abteilungsübergreifende Wirkungszusammen-

hängen zu erkennen und entsprechenden Innovationen zu schaffen.24

LITERATUR

21 vgl. z.B. intrade.com

22 Deloitte (2012). Human Capital Trends 2012. (S.6ff)

23 vgl. migipedia.ch

24 Cachelin, J.L. & Maas, P. (2009). Customer Value versus

Employee Value: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier

Aspekte einer integrierten Organisationsentwicklung.

I.VW HSG Trendmonitor (4), 23–26.

Verfügbar auf www.wissensfabrik.ch

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4DAS HR CONTROLLING VERKNÜPFT INDIVIDUUM, TEAM UND ORGANISATION

BEHANDLUNG HÄNGT VON DIAGNOSE ABIm HR Controlling finden zwei ganz unterschiedliche Perspektiven zusammen:

Die Perspektive, welche die Mitarbeitenden gegenüber der Organisation

einnehmen und die Perspektive, welche die Organisation gegenüber ihren

Mitarbeitenden einnimmt. Dazwischen gibt es noch die Perspektive auf

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die HRM-Prozesse in einem Unternehmen. Diese drei Perspektiven liefern

unterschiedliche Informationen über den Zustand einer Organisation. In der

Analyse werden die drei Perspektiven vereint, um möglichst viele Informatio-

nen zu verknüpfen und dadurch wirksame Massnahmen zu finden. Es ist

wie bei einem Arzt: Je mehr Informationen er über eine Patientin hat, desto

besser kann er ihre Behandlung planen.

VERÄNDERUNG BEGINNT BEIM INDIVIDUUMEine Organisation kann sich durch die Neudefinition von Strukturen, Prozessen

und Instrumenten verändern. Wirkliche Veränderung beginnt aber beim

Individuum. Damit das Individuum Veränderungen auslösen kann, braucht

es Feedbackinstrumente, mit denen die einzelnen Mitarbeitenden ihre Arbeit-

geber beurteilen können. Mitarbeiterumfragen zeigen flächendeckend, was

den Mitarbeitenden wichtig ist und wo sie mit dem Unternehmen, der Unter-

nehmensführung oder dem HR unzufrieden sind. Die Unterscheidung zwischen

Wichtigkeit und Zufriedenheit garantiert, dass das HRM nicht bei unwichtigen

Problemen Verbesserungen erzielen will. Die Veränderungsprozesse können

nur dann einsetzen, wenn das Individuum die Bewertung seines Arbeitgebers

mit anderen vergleichen und diskutieren kann.

DEZENTRALES WISSEN SICHTBAR MACHENMitarbeiterumfragen sind ein Instrument, das Wissen über Kundenprobleme,

Missstände in HR-Prozessen oder über mangelhaftes Führungsverhalten

generiert. Durch die Aggregation der Urteile in den verschiedenen Instrumen-

ten gelangt das Management zu einer organisationsweiten Diagnose. Das

passiert zuerst durch das Zusammenzählen der Urteile und in einem zweiten

Schritt durch das Verwenden von multivariater Statistik. So wird nicht nur

deutlich, welche Dinge am wichtigsten sind und am besten bzw. am schlech-

testen beurteilt werden, sondern auch wie die Dinge zusammenhängen und

welche Gruppen es im Antwortverhalten gibt. Das ist Grundlage, um auch in

Teams und Unternehmen gezielte Veränderungsprozesse auszulösen.

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TOP DOWN UND BOTTOM UP ENTWICKLUNGDie Bottom-Up Perspektive wird anschliessend der Top-Down Perspektive des

Managements gegenübergestellt. Diese resultiert klassischerweise aus der

Bewertung der Leistungen in Mitarbeiterqualifikationen. Unternehmen, die sich

in Einklang mit ihren Mitarbeitenden verändern und so auf eine breite Legi-

timationsbasis zurückgreifen wollen, verbinden im Anschluss an die Analyse

Top-Down mit Bottom-Up-Veränderungsprozessen. Während sich Top-Down

Massnahmen am organisationalen Humankapital (das heisst an den Struk-

turen, Prozessen und Kulturen eines Unternehmens) ausrichten, setzen

Bottom-Up-Veränderungen auf die Eigeninitiative, die Selbstorganisation des

Individuums und die Schwarmintelligenz.

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5DASHR CONTROLLING STREBT MEHR ALS ZUFRIEDENHEIT AN

PRIMAT DER UNTERNEHMENSZIELEDas HR Controlling orientiert sich an Zielgrössen. Die Ziele folgen aus den

Unternehmenszielen. Weit verbreitete Zielgrössen sind die Kundenorientie-

rung, die Innovationskraft, die Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt oder die

Produktivität eines Unternehmens. Über die Veränderung der Zielgrössen

erwartet das Management zumindest einen indirekten Einfluss auf den

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langfristigen Unternehmenserfolg. Die Zielgrössen stehen stellvertretend für

den Wert des Humankapitals. Der Bedarf über dessen Transparenz steigt, weil

das Humankapital als Grundlage für die Erwirtschaftung zukünftiger Gewinne

durch zukünftige Innovationen gilt. Zudem ist es schwer imitierbar, was dem

Humankapital zusätzlich Bedeutung verleiht.

HUMANKAPITAL IM FOKUSVon den Unternehmenzielen werden Ziele für das personale und organisatio-

nalen Humankapital abgeleitet. Im personalen Humankapital geht es neben

dem Engagement um die fachlichen und überfachlichen Fähigkeiten der

Mitarbeitenden. Beim organisationalen Humankapital geht es um Ziele in

Bezug auf die Prozesse (z.B. Dauer einer Bestellungsabwicklung), die Struktu-

ren eines Unternehmens (z.B. Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrem

Team) und die Unternehmenskultur (z.B. Ausprägung der Markenwerte). Zu

den Zielgrössen im HRM gehört auch das Wissen. Dessen Qualität kann neben

den Wissensbeständen (z.B. durchschnittliche Anzahl Beiträge der Mitarbei-

tenden im Intranet) auch an der Qualität der Wissensflüsse (z.B. Anzahl

unbeantwortete Mails pro Woche) und der Wissensspeicher (z.B. Zufriedenheit

mit IT) abgelesen werden.

ENGAGEMENT STATT ZUFRIEDENHEITDie Kerngrösse «Engagement» ist der Nachfolger der Mitarbeiterzufriedenheit.

Das Engagement stellt eine aktivere Form der Zufriedenheit dar. Zufriedenheit

sagt noch nichts darüber aus, wie sehr sich Mitarbeitende in ein Unternehmen

einbringen und dessen Erfolg begünstigen. Wie wichtig das Engagement der

Mitarbeitenden ist, zeigt sich daran, dass Studien bis zu 30% der Unterschiede

im Geschäftsergebnis auf die Zielgrösse Engagement zurückführen.25 Das

Engagement wird als Identifikation (aktive Empfehlung), Bindung (Loyalität und

Verbundenheit) und Leistungsmotivation (Leistungsbereitschaft) aufgeschlüs-

selt. Als Nachfolger des Engagements wird das Well-Being gehandelt. Diese

Kennzahl verknüpft das Engagement mit der Work-Life-Balance.

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SAMMLUNG IN KENNZAHLENSYSTEMENDie gesammelten Zielgrössen bilden das Kennzahlensystem. Die Auswahl der

Kennzahlen26 steuert die Aufmerksamkeit des Controllings aber auch diejenige

des HRM und der Linienmanager. Die Kennzahlen geben vor, wo beobachtet

und verbessert wird. Wirkungsvolle Kennzahlensammlungen beruhen auf den

individuellen Herausforderungen eines Unternehmens. Interessant ist in

diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass die von Unternehmen erhobe-

nen Kennzahlen häufig stark korrelieren. Das heisst, es werden viele Zahlen

erhoben, die aber eigentlich alle etwas ähnliches aussagen. So werden zwar

Zusammenhänge erkannt, man droht sich aber auf eine einzige «Argumentati-

onslinie» zu versteifen.

LITERATUR

25 www.business-netz.com/ Mitarbeiterfuehrung/Unternehmenserfolg-

steigern-Engagierte-Mitarbeiter-sind-ein-Muss

26 www.kpilibrary.com

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6DAS HR CONTROLLING OPTIMIERT DAS EMPLOYERBRANDING

AUCH KOSTEN SIND STEUERUNGSGRÖSSENDie Zielgrössen werden zudem durch die aufgewendeten Kosten sowie die

Zusammensetzung des Humankapitals beeinflusst. Mit den Kosten sind alle

Aufwendungen gemeint, die ein Unternehmen für die HRM-Aktivitäten, die

Entlohnung und die Arbeitsräume und -instrumente (inkl. Informatik) ausgibt.

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In Bezug auf die Zusammensetzung der Belegschaft sind das Alter, das

Geschlecht oder die Ausbildung der Mitarbeitenden von Bedeutung.

Die Struktur der Belegschaft eignet sich immer auch als Ausgangspunkt

der Mustersuche. So interessiert zum Beispiel der Zusammenhang

zwischen dem Alter einer Mitarbeiterin und ihrer Leistungsfähigkeit oder

ihrem Engagement.

SUCHE NACH STEUERUNGSGRÖSSEN Das Controlling hat aber nicht nur die Zielgrössen im Auge. Ausgehend von

den definierten Zielen wird das HR Controlling versuchen, mögliche An-

knüpfungspunkte für die Zielerreichung zu suchen. Konkret: Wer seine Mit-

arbeitende länger an sich binden will, versucht die Gründe für das Verweilen

aber auch für das Verlassen des Unternehmens zu identifizieren. Diese

Grössen, welche die Ziele beeinflussen, werden Steuerungsgrössen genannt.

Der Begriff macht deutlich, dass hier ein Unternehmen im Unterschied zu

den Zielgrössen mehr oder weniger direkt eingreifen kann.

ENTLANG DER HRM PROZESSEDie Steuerungsgrössen finden sich entlang der HRM-Prozesse. Einen wesen-

tlichen Teil decken die Employer Branding-Prozesse ab. Damit sind alle

Prozesse gemeint, mit denen ein Arbeitgeber die Beziehung zu seinen Mit-

arbeitenden gestaltet: Die Rekrutierung, die Bindung, die Förderung und

die Trennung. Neben der funktionalen Ebene ist immer auch die symbolische

Ebene der Mitarbeiterbeziehung zu berücksichtigen. Diese sagt aus, für

welche Werte ein Arbeitgeber einsteht. Aufgabe des Controllings ist es dem-

nach zu verfolgen, welche dieser Werte den Mitarbeitenden wichtig sind

und wie gut sie diese von ihrem Arbeitgeber erfüllt sehen. Die HRM-Prozesse

gehen über die Employer Branding Prozesse hinaus und umfassen auch die

Organisationsentwicklungsprozesse sowie alle Aktivitäten, die dazu dienen,

das Wissen eines Unternehmens zu erweitern.

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BEDÜRFNISSE VERKNÜPFENDie Employer Branding Prozesse verbinden die Entwicklung von Unternehmen

und Mitarbeitenden, wenn sie gleichzeitig an deren Bedürfnisse andocken.

Die Mitarbeitenden haben Bedürfnisse in Bezug auf das Arbeitsumfeld, ihre

Entwicklung, ihr Wohlbefinden und ihr Verwirklichung. Das Unternehmen

wiederum hat Bedürfnisse in Bezug auf die Kreativität, die Produktivität, die

Gesundheit und die Entwicklung seiner Mitarbeitenden. Wenn diese Bedürfnis-

se durch das Employer Branding verknüpft werden, gelingt es, den von

Arbeitgeber und Mitarbeitenden wahrgenommenen Nutzen zu erhöhen. Für

den Arbeitgeber bedeutet der Nutzen, dass sich die Mitarbeitenden überdurch-

schnittlich gebunden fühlen, was sich wiederum in einem höheren Kundennut-

zen niederschlägt.

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7DAS HR CONTROLLING SUCHT NACH ZUSAMMENHÄNGEN

MENSCH ALS KOMPLEXES WESENGrundsätzlich ist es bei menschlichen Systemen schwierig, Kausalbeziehungen

zu finden. Der Mensch ist ein komplexes Wesen, umso komplexer sind die

Organisationen, die wir als Menschen hervorbringen. Anstelle von einfachen

Ursache-Wirkungszusammenhängen sollte das HR-Controlling deshalb von

komplexen Wirkungsnetzwerken ausgehen. Das Bekenntnis zum Suchen von

Zusammenhängen – im Kontrast zur Maximierung gewisser Kennzahlen – be-

deutet auch die Unterscheidung zwischen Ziel- und Steuerungsgrösse, also

zwischen Ursache und Wirkung zu relativieren. Wer nach Zusammenhängen

sucht, wird diese erst nach der Erhebung der Daten feststellen. Am Anfang

weiss er noch nicht, was Ursache und was Wirkung ist. Unerlässlich bleibt die

Bestimmung von Zielen, die als Ausgangspunkt der Spurensuche dienen.

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WIRKUNGSKETTEN ENTDECKENDas HR-Controlling versucht Faktoren zu isolieren, welche die definierten Ziele

beeinflussen. Man will zum Beispiel verstehen, wie sich das Führungsverhalten

auf den Unternehmenserfolg auswirkt (ROI on Leadership27), wie die Unter-

nehmenskultur mit der Demographie der Mitarbeitenden zusammenhängt oder

ob Massnahmen in der Arbeitsplatzgestaltung das Engagement positiv beein-

flussen. Um Wirkungen zu entdecken, werden die gesammelten Daten (demo-

graphische Variablen, Steuerungsgrössen und Zielgrössen) in einem Datensatz

zusammengefügt. Mit Hilfe der Statistik wird dieser anschliessend vereinfacht,

ohne seine Aussagekraft zu verkleinern. Diese Aufgabe wird durch die fehlen-

de Quantifizierung von HR-Themen28, technische Hürden oder mangelnde

Datenkompetenz erschwert.

NACH MUSTER SUCHENNach Zusammenhängen zu suchen, heisst nach Mustern zu suchen. Es gibt

vier verschiedene Muster, die in Datensätzen von Bedeutung sind: Korrelatio-

nen, Gruppen, Ausreisser und Veränderungen. Bei Korrelationen will man

zeigen, dass mehrere Dinge miteinander zusammenhängen. Bei Gruppen geht

es darum zu zeigen, dass es Gruppen von Kennzahlen gibt, die sich einerseits

ähnlich verhalten und gleichzeitig von anderen Kennzahlengruppen unter-

scheiden. Bei der Suche nach Aussreissern sollen einzelne Daten entdeckt

werden, die sich wesentlich von allen anderen beziehungsweise von den

erwarteten Werten unterscheiden. Schliesslich ermöglicht es ein regelmässi-

ges Controlling, Veränderungen über die Zeit zu beobachten.

HR UND ZAHLEN IM ZUSAMMEHANG SEHENWer nach Zusammenhängen sucht, wird die HR-Perspektive als eine mögliche

Perspektive auf das Management des Unternehmens verstehen. Um eine ganz-

heitliche Sicht auf die Organisation einzunehmen, braucht es ein enges

Zusammenarbeiten von Marketing, HRM und Controlling. Ein künftiger Weg,

um die Gräben zu überwinden, ist die gemeinsame Definition von Themen,

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welche die gesamte Organisation betreffen. Als Beispiele seien die Nachhaltig-

keit, die Attraktivität des Unternehmens für Anspruchgruppen oder die

produktive Verarbeitung des Wissens genannt. Schliesslich bedeutet das

Denken in Zusammenhängen auch die Quantifizierung zu relativieren. Nicht

alles lässt sich in Zahlen fassen. Wer ein konstruktivistisches Weltbild

vertritt, wird sogar auf die Unmöglichkeit des Messens hinweisen.

LITERATUR

27 Delotitte (2012). Human Capital Trends 2012. (S.11ff)

28 Vgl. Deloitte (2011). HR-Benchmark 2011. (S.20)

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8DAS HR CONTROLLING ENTDECKT BIG DATA

DATENSÄTZE WERDEN IMMER GRÖSSERUm nach Zusammenhängen zu suchen, stehen dem HR Controlling immer

grössere Datensätze zur Verfügung. Die Digitalisierung geht auch am HRM

nicht spurlos vorbei und führt dazu, dass das Controlling digitale Spuren als

Informationsquelle nutzen kann.29 HR-Prozesse werden digitalisiert, immer

mehr Arbeit passiert an einem Bildschirm. Die anfallenden Datensätze umfas-

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sen zum Beispiel die eMail- oder Surfhistory, die Daten aller eingegangen

Bewerbungen, die ausserhalb des Unternehmens angezapften Wissensquellen

oder die am meisten verwendeten Dokumente. Aber auch die «offline» anfal-

lenden Daten über die Demographie, die Leistungen, das Engagement oder die

Berufsbiographie der Mitarbeitenden gehören zu den Big Data. Die riesigen

Datensätze werden Big Data genannt. «Big» weil Computer immer mehr Daten

verarbeiten können, die digitalen Speicher laufend Daten aufzeichnen und so

immer weiter in die Vergangenheit reichen.

BIG DATA - DIE RESSOURCE DER ZUKUNFT

Die Daten stellen einen riesigen Schatz dar. Die meisten Unternehmen haben

brachliegende Datensätze und wissen nicht, wie sie von ihrem Datenreichtum

profitieren können. Der Vorteil von Big Data ist ihre Echtheit. Es handelt sich

nicht um Zahlen, die irgendjemand durch Beobachtung oder Schätzung

hergeleitet hat. Nein, diese Daten entsprechen dem tatsächlichen Verhalten

der Mitarbeitenden. Big Data eignen sich, um Entscheidungen rationaler zu

vollziehen und «Fehler» in der Entscheidungsfindung zu elimieren.30 Die auf Big

Data basierenden Entscheidungen sind wesentlich präziser als das Bauchge-

fühl und auch besser als jedes noch so ausgefeilte Modell.31

DATA MINING FINDET ZUSAMMENHÄNGE

Das Suchen nach Zusammenhängen in Big Data wird Data Mining32 genannt.

Dazu werden statistische Verfahren eingesetzt, um Muster zu entdecken.

Um zu den Informationen zu kommen, ist ein interdisziplinärer Ansatz nötig,

bei dem Personabteilung, IT, Datenschutz und Rechtsabteilung zusammen-

arbeiten. Von besonderer Bedeutung ist das Erkennen von Gruppen und

Wirkungszusammenhängen durch Regressions-, Cluster- und Faktoranalysen.

Durch Big Data lernen sich Unternehmen besser zu verstehen. Strukturen

können den tatsächlichen Informationsflüssen angepasst werden. Interventio-

nen in die Unternehmenskultur können viel präziser vorgenommen werden,

weil die Daten die Mitarbeitenden gemäss ihrem tatsächlichem Verhalten in

Gruppen einteilen. Data Mining erlaubt eine Individualisierung der Personal-

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entwicklung und eine antizipative Personalbindung33. Auch auf Beförderungen,

das Talentmanagement und die Bonivergabe wird Big Data Auswirkungen

haben.

GLÄSERNE MITARBEITENDE

Fragte das Controlling früher was passiert ist, stellt es sich heute die Frage,

warum etwas passiert ist. In Zukunft wird es die Frage beantworten, was

passieren könnte. Das Hochrechnen der Daten wird zu Prognosen über den

Zustand des Unternehmens, aber auch über die Performance von einzelnen

Mitarbeitenden führen. Entsprechende Entscheidungen können früher getrof-

fen werden. Diesen Chancen steht die Gefahr einer neuen Dimension der

Transparenz gegenüber. Unternehmen werden sehr genau wissen, wer welche

Dokumente braucht, am produktivsten und innovativsten ist. Mitarbeitende

werden zu gläsernen Mitarbeitenden. Das schafft Potenziale der Diskrimi-

nierung und Überwachung sowie neue (rein ökonomische) Gründe für

Entlassungen.

LITERATUR

29 Big Data in HR (2012). Bersin & Asscociates.

30 Piazza, F. (2010). Data Mining im Personalmanagement.

Eine Analyse des Einsatzpotenzials zur Entscheidungsunterstützung.

Wiesbaden: Gabler.

31 vgl. Deloitte (2011). Human Capital Trends.

32 Queckbörner, S. (2004). Was ist Data Mining. Gefunden unter

www.lgis.informatik.uni-kl.de/archiv/wwwdvs.informatik.uni-kl.de/

courses/seminar/WS0304/ausarbeitung1.pdf

33 Deloitte (2012). Human Capital Trends 2012. (S.11ff)

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9DAS HR CONTROLLING BEHÄLT RISIKEN IM AUGE

STEIGENDE BEDEUTUNG DER HR-RISIKENWeil das HRM einen grossen Anteil am Unternehmenserfolg hat, gewinnt auch

die Identifikation von HR-Risiken an Bedeutung.34 Das Identifizieren von

Risiken bedeutet mögliche Gefahren mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit und

einem möglichen Schadenausmass zu beziffern. Ging es früher primär um

Arbeitsplatzrisiken, geht es heute um die Gesamtheit der Risiken, die im

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Umgang mit dem Humankapital bestehen. Das HRM ist angehalten, in den

Bereichen Talentmanagement, Personalplanung, Nachfolgeplanung, Know-

How-Verlust (gerade in Anbetracht von demographischem Wandel und Fach-

kräftemangel), Ethik, Compliance, Reputation, Unternehmenskultur, Datenma-

nagement sowie Gesundheit (Stichwort Burnout), Whistleblowing und

Sicherheit mögliche Risiken zu identifizieren und geeignete Controlling-

Massnahmen zu definieren.35

HR-RISIKEN SCHADEN DEM ERFOLGHR-Risiken weiten sich rasch zu Unternehmensrisiken aus. Obwohl Unter-

nehmen HR-Risiken als sehr bedeutsam erachten, bewerten sie ihr eigenes

HR-Riskmanagement als ungenügend.36 Die Bankenbranche musste in

den letzten Jahren erfahren, dass das Verhalten einzelner Mitarbeitenden

ein ganzes Unternehmen gefährden kann. Konkret ging es um Missmana-

gement, fehlendes Risikobewusstsein oder den Diebstahl von Unternehmens-

geheimnissen. Durch das Internet hat sich die Gefahr eines Reputations-

verlustes durch einzelne Mitarbeiterhandlungen verstärkt. Die sozialen Medien

haben die Transparenz über das Innenleben der Unternehmen erhöht und

verbreiten Nachrichten über Missgeschicke, Fehler und Betrug in Windeseile.

Überhaupt hat die soziale, technische und ökonomische Vernetzung unserer

Systeme dazu geführt, dass ein Fehlverhalten rasch sehr grosse Konsequenzen

hat.

AKTIONÄRE FORDERN TRANSPARENZDer Druck ein Risikomanagement der immateriellen Risikofaktoren zu installie-

ren, wird sich auch durch die Forderungen der Aktionäre verstärken. Diese

wollen wissen, welche HR-Risiken bei ihren Investitionsobjekten bestehen und

wie schnell beziehungsweise wie gut es Unternehmen gelingt, Verbesserungen

zu erzielen. Durch die Transparenz der HR-Risiken können Investoren ihre

Anlagerisiken besser abschätzen. Ein hohes Humankapital ist ein Signal für

den langfristigen Unternehmenserfolg. Durch eine präzisere Bestimmung des

Humankapitals gelingt es für die Kapitalgeber Unterschiede zwischen Buch-

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und Marktwert des Unternehmens zu reduzieren, Volatilitäten im berechneten

Unternehmenswert zu glätten, Fehlbewertungen zu reduzieren und so auch

feindliche Übernahmen zu verhindern.37

SCHLECHTES HRM ALS GRÖSSTES RISIKODas grösste Risiko geht für Unternehmen in umstrittenen Wissensökonomien

allerdings von einem schlechten HRM aus. Deshalb ist das HRM gefordert, das

Risikomanagement auf sich selbst anzuwenden und die Prozess- und Dienst-

leistungsqualität immer wieder durch Feedbacks zu überprüfen. Dazu werden

(potenzielle) Mitarbeitende, Führungskräfte und die Geschäftsleitung aufgefor-

dert, die Angebote, Prozesse, Instrumente sowie die Kundenorientierung ihres

HRM regelmässig zu beurteilen. Ein zentrales Kritierum für die Wirkung des

HRM ist die Qualität der eigenen Mitarbeitenden. Auch dafür braucht es

geeignete Controllinginstrumente.

LITERATUR

34 http://www.corporatecare.ch/etc/medialib/documents/deutsch/

corporatecare/infotheque/memos_pratiques.Par.0051.File.tmp/

Risikomanagement%20im%20Personalbereich.pdf

http://www.kpmg.com/CN/en/IssuesAndInsights/ArticlesPublications/

Documents/best-practice-rm-EIU-0703.pdf

35 Ebd.

36 www.kpmg.com/CN/en/IssuesAndInsights/ArticlesPublications/

Documents/best-practice-rm-EIU-0703.pdf

37 Deloitte (2011). Human Capital Trends 2011. (S.25)

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10DAS HR CONTROLLING IST TEIL DES WISSENSMANAGEMENTS

WISSEN UND WISSEN ÜBER DAS WISSENDas HR Controlling dient dazu, Wissen über das Humankapital bereitzustellen.

Dieses Wissen umfasst die Erkenntnisse über Stärken und Probleme im HRM,

über die wichtigsten Know-How-Träger und Know-How-Quellen, die demogra-

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phische Struktur der Mitarbeitenden und Einsichten in die Personalprozesse.

Ziel des HRM ist also nicht nur die Erweiterung des Wissens sondern auch die

Erweiterung des Wissens über das Wissen. Die Einsichten in die Zusammen-

hänge zwischen den besprochenen Ziel- und Steuerungsgrössen erlauben es

der Unternehmensleitung an der richtigen Stelle zu intervenieren.

METAWISSEN ALS ERFOLGSFAKTORDas Wissen über eine Organisation ist als Meta-Wissen ein zentraler Faktor

der Unternehmensnentwicklung. Es zeigt dem Management, wie es dem

Unternehmen geht und welche Massnahmen zur Besserung führen könnten.

Um diese Wirkung zu erzielen, steht das Controlling vor der Aufgabe, das

durch die Vielzahl der HR-Controlling-Instrumente generierte Wissen zu

sammeln, zu ordnen, zu kartografieren, zu visualisieren und im Unternehmen

zu verteilen. Anders ausgedrückt: Das im Controlling generierte Wissen wird

Teil des «normalen» Wissensmanagements. Dazu braucht es insbesondere eine

einfache und handlungsanleitende Aufbereitung des Wissens. Die Informati-

onsvisualisierung wird hier in Zukunft eine zentrale Rolle spielen.

BEDEUTUNG DES DATENMANAGEMENTSWissensmanagement beruht unter anderem auf der Fähigkeit, Daten über das

Unternehmen zu sammeln und auszuwerten. Durch die Kombination und

Interpretation der Datensätze erlangt das HR-Controlling Erkenntnis – über

den Zustand des Unternehmens, über mögliche Verbesserungsmassnahmen

und über tatsächliche erzielte Veränderungen. Damit das Datenmanagement

zum Bestandteil des Wissensmanagement werden kann, braucht es eine

Sensibilisierung für die Bedeutung der Daten. Die Sensibilisierung sollte sich

insbesondere auf die Disziplin und die Einheitlichkeit der Datenerfassung

positiv auswirken. Zur Sensibilisierung gehört eine unternehmensweite

Diskussion über Datenschutz und Privatsphäre.38 Die Sensibilisierung führt ins

Nichts, wenn ein Unternehmen nicht die entsprechenden technischen Lösun-

gen für das Datenmanagement bereitstellen kann. Das schliesst zunehmend

auch Smartphones ein.

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DURCH WISSEN VERÄNDERNNoch wichtiger als die Sammlung, Interpretation, Visualisierung und Verbrei-

tung der Daten sind die ausgelösten Feedbackprozesse. Das Controlling ist ein

Feedback-Generator, mit Hilfe dessen sich Individuen, Teams, Abteilungen und

Organisationen spiegeln. Sie erkennen ihre Stärken, Schwächen und mögliche

Entwicklungspotenziale. Darüber hinaus ist das Controlling dafür verantwort-

lich, dass die Analysen in konkrete Massnahmen übersetzt werden und den

Erfolg dieser überprüft. So entsteht ein Kreislauf, der von der Analyse zur

Massnahmenplanung, zur Durchführung der Interventionen, zur Überprüfung

der Massnahmen und wieder zu einer neuen Analyse führt.

LITERATUR

38 Jarvis, J. (2012). Mehr Transparenz wagen. Köln: Bastei Lübbe.

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11DAS HR CONTROLLINGSCHAFFT VISUELLE ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGEN

VISUELLE MANAGEMENTINSTRUMENTEWir leben in einer visuellen Gesellschaft. In dieser verliert der Text an Be-

deutung, während das Bild und das Video an Bedeutung gewinnen. Wir sind

es immer weniger gewohnt, Information in längeren Texten oder auch in

Tabellen aufzunehmen. Stattdessen wollen wir Informationen auf einen Blick

erfassen. Im Zuge dieser Verlagerung haben Infografiken massiv an Bedeu-

tung gewonnen.39 Diese bringen Daten in eine intuitiv verständliche, ästheti-

sche und unterhaltsame Form. Die visuelle Aufbereitung soll dazu führen,

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dass sich die Adressaten gerne mit der Materie beschäftigen. Angesichts

dieser Veränderungen ist es nicht allzu gewagt, wenn man behauptet, dass

die nächste Generation der Managementinstrumente visueller Natur sein

wird.

DYNAMISCHE DIGITALE DASHBOARDSZu den visuellen Managementinstrumenten gehören neben Infografiken in

erster Linie Balanced Score Cards oder Dashboards, die auf einen Blick den

Zustand des Humankapitals und seine Veränderung über anzeigen. Diese

Dashboards sind in Zukunft digital und dynamisch, Veränderungen werden

quasi in «real time» angezeigt. Diese visuellen Kennzahlensysteme machen

nur dann Sinn, wenn sie das Wesentliche messen, regelmässig erhoben

werden, online von überall zugänglich sind und so auf bereitet werden, dass

sie auch verstanden werden. Zu den visuellen Managementinstrumenten

gehören Strategymaps, die aufzeigen, wo sich das Unternehmen im Hinblick

auf die anvisierten Ziele befindet.40

KARTEN ZEIGEN ZUSAMMENHÄNGE An Bedeutung werden auch Wissenskarten gewinnen. Qualitative Wissens-

karten sind visuelle Mindmaps. Sie eignen sich, um Zusammenhänge auf-

zuzeigen und verständlich zu kommunizieren.41 Quantitativen Wissenskarten

sind Röntgenbilder des Unternehmens. Ähnlich wie in der Medizin (Blut -

probe, Urinprobe, Röntgen, MRI, etc.)42 werden sich in den nächsten Jahren

Standardvisualisierungen der Organisation durchsetzen, auf deren Bildern

Experten den Zustand eines Unternehmens erkennen. Diese könnten die

Wissensflüsse, die Ausprägungen der Unternehmenskultur, das Engagement,

die Kompetenzen oder die Wissensquellen zeigen.

VISUALISIERUNG ALS GESPRÄCHSÖFFNERVisualisierungen erleichtern es über schwierige Sachverhalte zu diskutieren.

Zum einen reduziert die Visualisierung die Komplexität der Probleme,

zum anderen bringt sie diese in eine abstraktere Form. Grafische Darstellun-

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gen eignen sich, um schnell Selbst- und Fremdbild, beziehungsweise Ist

und Soll oder auch Vergangenheit und Gegenwart zu vergleichen. Visuelle

Darstellungen von Problemen lassen sich einfacher in den Alltag einer

Organisation integrieren: Als Plakate auf dem Gang, als Bildschirmschoner,

als Weihnachtskarten oder als Startseite im Internet-browser.

LITERATUR

39 vgl. zum Beispiel http://www.visualcomplexity.com/vc/

40 vgl. Kaplan, R. S. & Norton, D. P. (2004). Measuring the Strategic

Readyness of Intangible Assessts. Harvard Business Review.

41 vgl. zum Beispiel http://www.wissensfabrik.ch/content/projekte/

atlas-des-humankapitals.php

42 vgl. Jackon, S. A. & Thomas, R. M. (2009). CT, MRT, Ultraschall.

München: Urban und Fischer.

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12DASHR CONTROLLING WIRD HÄUFIG AUSGELAGERT

CONTROLLING UNTER DRUCKDie Digitalisierung führt dazu, dass in allen Wertschöpfungsketten Intermediä-

re und Informationsvermittler unter Druck kommen. Das Internet ermöglicht

es, dass Angebot und Nachfrage, Sender und Empfänger direkt miteinander

kommunizieren – Vermittler werden so häufig überflüssig. Im Internet werden

immer mehr Daten automatisch erhoben, durch Software aggregiert und

ausgewertet. Die Ergebnisse sind in Echtzeit in der Cloud abrufbar. In Zukunft

werden Dashboards neben Zahlen auch Interpretationshilfen anbieten –

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automatisch ohne dass eine Mitarbeiterin etwas gemacht hätte. Gleichzeitig

geraten das Controlling und seine Mitarbeitenden unter Druck, weil die

Anforderungen an die Datenerhebung, -auswertung und -visualisierung in

den nächsten Jahren ständig steigen. Einerseits weil sich die technischen

Voraussetzungen weiter verändern und dadurch die Erwartungen an gelieferte

Daten steigen. Anderseits, weil in den Daten zunehmend eine Ressource

der Unternehmensentwicklung erkannt wird.

MEHRWERTE DES CONTROLLINGSDieser Druck lässt zwei Optionen offen. Entweder das Controlling passt sich

den Veränderungen an, folgt den hier vorgestellten Entwicklungslinien und

offeriert dem Unternehmen einen Mehrwert. Oder aber das Controlling wird

als Abteilung geschlossen beziehungsweise ausgelagert. Wertschöpfung

erbringt das Controlling insbesondere dann, wenn es Datenerhebung und

Massnahmenplanung verknüpfen, langfristige Feedbackprozesse initiieren, die

im Unternehmen verstreuten Daten integrieren und die Unternehmenskultur

im Hinblick auf Transparenz, Innovation und Feedback weiterentwickeln kann.

GRÜNDE DER AUSLAGERUNGUnternehmen stellen im Zweifelsfall vor der Frage, ob man HR Controlling

Leistungen einkaufen oder selber herstellen will. Für die Auslagerung gibt es

gute Gründe: Fokussierung der Ressourcen auf wertschöpfende Arbeiten,

Kostenreduktion und Qualitätsverbesserung des Controllings.43 Der Aufbau

von neuen Kompetenzen kann ein Unternehmen viel Zeit und Geld kosten.

Trotzdem ist die Auslagerung in der Praxis noch unbeliebt, weil viele Unterneh-

men mit den Leistungen ihres HR-Controllings (noch) zufrieden sind – aber

auch weil die Personalabteilungen Angst haben, durch eine Auslagerung ihre

Position zu gefährden.44 Die Wahrscheinlichkeit der Auslagerung steigt, je

länger man wartet, die hier vorgestellte Entwicklung einzuschlagen. Irgend-

wann ist die Personalabteilung zu weit vom State of the Art entfernt und es

bleibt nur noch der Weg der Auslagerung, weil der Kompetenzaufbau zu

aufwendig wird.

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PERSONALABTEILUNG - QUO VADIS?Hintergrund dieser Entscheidung bildet die erwartete Weichenstellung im

HRM. Es stellt sich die Frage, wie lange sich die Unternehmensführung noch

auf den seit Jahren erwarteten Wandel der Personalabteilung gedulden wird. In

Zukunft wird sich die Personalabteilung entweder tatsächlich als Zentrum des

Humankapitalmanagements etablieren, was aber entsprechende Kompetenzen

und ein dazugehöriges Rollenverständnis und die Verankerung in der Unter-

nehmensentwicklung voraussetzt. Oder aber die Personalabteilung löst sich

auf und gibt seine Wertschöpfung an die Mitarbeitenden, die Linie, die Infor-

matik, die Marktforschung, das Marketing und das Finanzcontrolling ab.45

LITERATUR

43 Vgl. Deloitte (2011). HR-Benchmark 2011. (S.18)

44 Vgl. Ebd.

45 Vgl. auch Wissensfabrik (2012). Die Folgen der Digitalisierung –

Neue Arbeitswelten, Führungsverständnisse und Wissenskulturen.

Download unter:

http://www.wissensfabrik.ch/content/erzeugnisse/studien.php

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FAZIT

Dass das HR Controlling in Zukunft mehr als das Sammeln von Kennzahlen

und das Überprüfen von Budgets umfasst, sollte auf den bisherigen Seiten

deutlich geworden sein. Controlling ist ein Prozess und nicht ein einmal im

Jahr stattfindes Projekt.46 Die primäre Aufgabe des Controllings ist es,

Feedbackprozesse auszulösen, damit sich Individuum, Team und Organisation

weiterentwickeln können. Die Instrumente müssen synchronisiert sowie von

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den Anwendern verstanden, akzeptiert und im Alltag angewendet werden,

sollen sie ihre Wirkung entfalten.

Ziel des Controllings war es immer Transparenz über die Prozesse, Verhältnis-

se, Zustände, Entwicklungen und Werte des Unternehmens zu schaffen. Mit

dem Internet erreicht die Transparenz durch die Messung realer Verhaltensda-

ten eine neue Dimension. Die Chancen liegen in der Weiterentwicklung der

Organisation auf der Basis realer Daten, während die Gefahren in einer

Verstärkung der Zahlenorientierung und im Glaube an vermeintlich einfache

Wirkungsketten liegen, die eigentlich viel komplexer sind oder gar nicht

existieren.

Die Transparenz birgt die Gefahr, dass Unternehmen neue Gründe erkennen,

um Mitarbeitende zu segmentieren, allenfalls zu bestrafen und sich von ihren

zu trennen. Die neue Transparenz kann Unternehmen, ihre Führungskräfte

und Mitarbeitenden überfordern. Die Entwicklung eines auf Transparenz und

Offenheit basierenden HR-Controllings macht nur dann Sinn, wenn es auf die

entsprechende Unternehmenskultur trifft. Fehlertoleranz, Offenheit und

Feedbackintensitität sind deren entscheidenden Merkmale.

Ein HR-Controlling, das sich als Teil der strategischen Unternehmensentwick-

lung sieht, Bestandteil der sozialen Medien sein will und über eine ausgeprägte

Datenkompetenz verfügt, braucht neue Köpfe. Knapp und klar ausgedrückt:

«Before HR can help the broader organization address strategic talent challen-

ges, HR must first adress its own talent challenges». Neue Kompetenzen

braucht es insbesondere in den Bereichen Geschäftsverständnis, Innovation,

strategisches Denken, Analyse und Data Mining.

Es wird sich die Einsicht durchsetzen, dass das Controlling des Humankapitals

nicht in der Personalabteilung angegliedert sein muss. Wichtiger als die

organisationale Eingliederung sind die Kompetenzen und die gebotenen

Leistungen. Externe Lösungen werden an Bedeutung gewinnen. Die Personal-

abteilung muss in den nächsten Jahren allerdings aufpassen, dass sie nicht

allzu viele Aufgabenbereiche verliert, ansonsten wird sie sich bald auflösen.

Das Controlling ist einer der Bereiche, für die sich eine starke Personalabtei-

lung aktiv einsetzen sollte – gerade weil Zahlen immer noch ein Mittel sind,

um sich beim Topmanagement Respekt zu verschaffen.

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Die neue Transparenz mag verführerisch klingen, aber sie wird kein Wunder-

mittel sein, das alle Probleme des Unternehmens löst. Der Mensch und

noch viel mehr die Organisation sind komplexe soziale Systeme, die sich nur

begrenzt in Zahlen ausdrücken lassen. Es gibt Dinge, die lassen sich weder

beobachten, noch versprachlichen, noch messen. Genauso sind Organi-

sationen Systeme, die wir steuern möchten aber genaugenommen niemals

komplett steuern werden.

LITERATUR

46 Big Data in HR (2012). Bersin & Asscociates.

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INTERVIEW-VERZEICHNIS

Hermann Arnold, Geschäftsführer umantis

Dr. Frauke Bastians, Bereichsleiterin Organisationsforschung

bei HEUTE UND MORGEN, Köln

Tilo Dulkies, Personalcontroller, Personalamt Kanton Zürich

Gian Paul Ganzoni, Head Human Resources Operations SwissRE

Christian Havranek, Deloitte Human Capital

Urs Klingler, Geschäftsführer klingler consultants

Dr. Jan-Marek Pfau, Kienbaum Management Consulting

Dr. Meinald Thielsch, Arbeitseinheit psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspychologie, Universität Münster

Flurina Stöckli, Abteilungsleiterin Finanzen und Informatik, Personalamt Kanton Zürich

Dr. Silvan Winkler, Dozent «Human Capital Analytics», ZfU