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DELAGE./ (Se:gese1lt; 23. 112015 1i;341 21110 1orniuburg, Landcsgcricht.spbtL 1 TU. +43( 11)2262 799-733 Fax. ±43 (0)2262 799-900 REPUBLIK ÖSTERREICH LindesgcrlchL Korneuburg hi iI1n En2jhn inflihren: als Handeisgericht 1 Cg 91/14x—52 Das Landesgericht Korneuburg als Handeisgericht fasst durch den Richter Mag Werner Jarec in der Rechtsaache der klagenden Partei AtMIRAL Casinos & Entertainment AG, Wiener Straße 158, 2352 Gumpoldskirchen, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Dswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte partei vertreten durch Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 34.900,00) und Urteilaveröffentlichung fEUR 100,00), den SE SCHI4USS Ä.) Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Steht Art 56 AEUV einer nationalen Regelung ent gegen, wonach ein Bewerber um eine Bewilligung zur Veran staltung von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten, der diese von der Verwaltungsbehörde nach einer Interessen— tensuche erhalten hat, diese infolge eines Rechtsmittels eines Mitbewerbers von einem Gericht wegen fehlender Transparenz des Vergabeverfahrens wieder aberkannt worden ist, ungeachtet der Aufhebung der Bewilligung weitere 18 Monate berechtigt und verpflichtet ist, Äusspielungen durch Veranstaltung von Äutomatenglücksspiel durchzufüh

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DELAGE./

(Se:gese1lt; 23. 112015 1i;341

— 21110 1orniuburg, Landcsgcricht.spbtL 1TU. +43( 11)2262 799-733Fax. ±43 (0)2262 799-900

REPUBLIK ÖSTERREICHLindesgcrlchL Korneuburg hi iI1n En2jhn inflihren:

als Handeisgericht

1 Cg 91/14x—52

Das Landesgericht Korneuburg als Handeisgericht

fasst durch den Richter Mag Werner Jarec in der

Rechtsaache der klagenden Partei AtMIRAL Casinos &

Entertainment AG, Wiener Straße 158, 2352

Gumpoldskirchen, vertreten durch Ebert Huber Swoboda

Dswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die

beklagte partei

vertreten durch

Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert

EUR 34.900,00) und Urteilaveröffentlichung fEUR 100,00),

den

SE SCHI4USS

Ä.) Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden

gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung

vorgelegt:

1. Steht Art 56 AEUV einer nationalen Regelung ent

gegen, wonach ein Bewerber um eine Bewilligung zur Veran

staltung von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten, der

diese von der Verwaltungsbehörde nach einer Interessen—

tensuche erhalten hat, diese infolge eines Rechtsmittels

eines Mitbewerbers von einem Gericht wegen fehlender

Transparenz des Vergabeverfahrens wieder aberkannt worden

ist, ungeachtet der Aufhebung der Bewilligung weitere

18 Monate berechtigt und verpflichtet ist, Äusspielungen

durch Veranstaltung von Äutomatenglücksspiel durchzufüh

ren?

2. Ist Art 11 Abs 1 fit a der Richtlinie 2005/29/EG

des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005

über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen

Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern

dahin auszu1een, dass die Richtlinie auf einen im natio

nalen Recht verankerten Unterlassungs— und Urteilsveröf—

fentlichungsanspruch eines Unternehmers gegen einen ande

ren Unternehmer anzuwenden ist, wenn beide Unternehmer

Glücksspiele veranstalten?

3. Ist die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen

Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere

Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsver

kehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, insbesondere,

deren Erwägungsgründe 6 und 8, dahin auszulegen, dass sie

einer nationalen Regelung entgegensteht, die einen Unter—

lassungs— und Urteilsveröffentlichungsanspruch auch einem

Unternehmer zugesteht, dessen Bewilligung zur Veranstal

tung von Glücksspielen durch ein gerichtliches Erkenntnis

wegen Verstoßes gegen das aus Art 56 ARUV abgeleitete

Transparenzgebot aufgehoben wurde?

4. Setzt die Anwendung des Art 56 AEUV bei der Beur

teilung der Uriionsrechtswidrigkeit von nationalen Rege

lungen im Glückespielsektor in einem grenzüberschreiten

den Sachverhalt voraus, dass der Unternehmer, der unter

Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit in einem anderen

Staat Glücksspiels veranstaltet, eine Bewilligung zur

Veranstaltung von Glücksspielen in seinem Heimatstaat

aufweist?

5. Setzt die Berufung eines Unternehmers auf

Prt 56 AEUV voraus, dass er eine Bewilligung zur Veran

staltung von Glücksspielen in seinem Heimatstaat auf

weist?

—3—

6. Stehen Art 56 AEUV und Art 47 GRC nationalen

Regelungen entgegen, wonach die zur Beurteilung der Tat—

sachenfrage, ob eine nationale Regelung des Glücksspiel—

wesens in kohärenter und systematischer Weise die Gele

genheiten zum Spiel verringert oder die mit diesen Spie

len verbundene Kriminalität bekämpft, nicht durch ein

einziges Gericht in einem Jormenkontro1lverfahren, son

dern in jedem einzelnen unter Berufung auf lauterkeits—

rechtliche Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsan

sprüche anhängigen Verfahren sowie in jedem einzelnen

Verwaltungsverfahren zu lösen ist und dadurch unter

schiedliche rechtliche Beurteilungen der Sachverhaltsfe—

stellungen nicht vermieden werden können?

7. Steht Art 56 ÄEUV nationalen Regelungen entgegen,

nach denen Videciotterieterminals, Automaten in Spielban

ken, Äutomatensalons und Wettterminals nach den Kriterien

Spielerschutz, Mindestkapitalanforderungen, Jugendschutz,

Geldwäscherei- und Terrorismusbekämpfung und Zulassung

von Unternehmern aus anderen f4itgliedstaaten unterschied

liche Regelungen aufweisen, insbesondere wenn Automaten—

glücksspiel in 4 von 9 Bundesländern verboten und in 5

von 9 Bundesländern erlaubt ist?

8. Steht Art 56 AEUV nationalen Regelungen entgegen,

wonach die Bewilligung zur Veranstaltung von Automaten—

glücksspielen nur Unternehmen erteilt werden kann, die in

Form einer Kapitalgesellschaft organisiert sind, die

einen Aufsichtsrat aufweisen?

E.) Das Verfahren wird bis zum Einlangen der Vor—

abentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union

gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.

——

Begründung

1. Zum Äusgansverfaliren:

Folgender Sachverhalt ist unstreitig, er ist mit.

demenigert vergleichbar, der Gegenstand des Vorabent—

scheidungsersuchens des Landesgerichtes Wiener Neustadt

vom 26.08.2015 war, über das der Gerichtshof der Europäi

schen Union (EuGH) mit. Urteil vom 30.06.2016 in der

Rechtssache C—464/15, Admiral Casiros & EnterCainment AG,

für Recht erkannte.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Einbringung der

Klage Inhaberin der einzigen Bewilligung für die Durch

führung von Glücksspielen in Form der Äusspielung mittels

Automaten in Niederösterreich auf Basis des Niederöster—

reichischen (NÖ) Spielautomatengesetzes 2011; sie verfügt

über Glücksspielautomatensalons, u.a. an den Standorten

Korneuburg und Stockerau.

Mit Erkenntnis vom 11.05.2015 hob der Verwaltungsge—

richtshof (VwGE) die der Klägerin mit Bescheid der Nö

Landesregierung erteilte Bewilligung von Landesausspie—

lungen mit Glücksspielautomaten auf, weil die Verwal

tungsbehörde, die NÖ Landesregierung, in ihrem Verfahren

gegen das Transparenzgebct verstoßen habe.

Der Beklagte betreibt eine ENI—Tankstelle samt ange

schlossenen Verkaufsshop am Standort

Mit Mietvertrag vom 07.05.2014 über

ließ der Beklagte der mit Sitz in Bra—

tislava (Slowakei) einen Nebenraum des Tankstellenbe—

reichs im Ausmaß von circa 10 m2 zu einem monatlichem

Entgelt von EUR 2.400,00. Der Beklagte vereinbarte mit

der ‚ dass der Raum ausschließlich zu

Gewerbezwecken, und zwar zur Aufstellung von Verkaufsau

tomaten verwendet werden dürfe. Es obliege auch dem 1ie—

—5—

ter, allenfalls erforderliche hehördliche Bewilligungen

zur Erreichung des vereinbarten Verwendungszwecks auf

eigene Kosten selbst zu erwirken. Dem Beklagten als Ver

mieter treffe keine Haftung hinsichtlich derartiger

Bewilligungen. In diesem Raum stehen nicht nur Getränke-

automaten, sondern 2 Glücksapielautomaten. Die Entschei

dung über das Spielergebnis erfolgt ausschlieBlich oder

vorwiegend durch Zufall und ohne Möglichkeit, durch

Geschicklichkeit in das Spiel einzugreifen und die Ent

scheidung über Gewinn und Verlust zu beeinflussen. Es

steht nicht fest, ob die Entscheidung über das Spieler—

gebnis zentralseitig oder durch eine mechanische oder

elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst

erfolgt. Der Beklagte verfügt über keine Konzession zur

Durchführung von Glücksspielen oder Bewilligung für den

Betrieb von Glücksspielautomaten.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten zu verpflichten,

es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Geräte für

die Durchführung von Glücksspielen in Form der Äusspie

lung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von

Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form

der Ausspielung zu ermöglichen, sowie die Veröffentli

chung dieses Urteils. Die Klägerin bringt vor, dass der

Beklagte verbotene Äusspielungen unternehmerisoh zugäng

lich macht und sich als Unternehmer daran beteilige. Es

liege eine unlautere Geschäftspraktik nach § 1 UWG vor.

Der Beklagte könne sich nicht auf die Unionsrechtswidrig

keit der nationalen Vorschriften berufen, weil die

Betreiberin in ihrem Heimatst.aat über

keine Bewilligung verfüge, überdies liege ein reiner

Inlandssachverhalt vor.

Der Beklagte bestreitet das Klagebegehren und wendet

ein, dass die nationalen Regelungen des Glücksspielwesens

—6—

mit dem Unionsrecht unvereinbar seien, weil sie die

Erwerbsfreiheit in unzulässiger Weise einschränken wür

den. Durch die ex tunc—Äufhebung habe die Klägerin nie

eine Bewilligung für die Durchführung von Glücksspielen

in Form von Äusspielungen gehabt.

II. Zum nationalen Recht:

Im Folgenden werden die vom Gericht anzuwendenden

nationalen Vorschriften auszugsweise zitiert:

Ä.) Bundes—Verfassungsgesetz tB—VG), Bundesgesetz—

blatt (BGB1) Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch BGB1 1

Nr. 2/2008:

Art 2 Abs 1: Österreich ist ein Bundesstaat.

Abs 2: Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Län

dern: Burgenland, Kärnten, fliederösterreich, Oberösterreich, Salz

burg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien.

Art 10 Abs 1: Bundessache ist die Gesetzgebung und die Vollzie

hung in folgenden Angelegenheiten:

Z 4: Bundesfinanzen, insbesondere öffentliche Abgaben, die aus

schließlich oder teilweise für den Bund einzuheben sind; Nonopolwe—

san;

Art 15 Abs 1: Soweit eine Angelegenheit nicht ausdrücklich

durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung

des Bundes übertragen ist, verbleibt sie im selbständigen Wirkungsbe

reich der Länder.

B.) Bundesgesetz vom 26.11. zur Regelung des

Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz — GSpG), BGB1

Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGB1 1 Nr. 118/2015:

—.—

§ 2 Ausspielungen:

Abs 3: Eine Ausspielung mit Glücksepielautomaten liegt vor,

wenn die Entscheidung über des Spieiergebnis nicht zentralseitig,

sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im

Glückaspielautomaten selbst erfolgt.

§ 3 Glücksspielmonopol:

Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in

diesem Bundesgesetz nichts anderes bestirmit wird, dem Bund vorbehal

ten CGlücksspielmonopol)

§ 5 Landesausspielungen mit Glücksspielautometen:

Abs 1; Landesausspielungen mit Glückespielautomaten sind Aus—

spielungen nach § 2 Abs 3 an ortsfesten, öffentlich zugänglichen

Betriebsstätten unter Einhaltung ordnungapolitischer Mindestanforde

rungen an Bewilligungswerber (Abs 2) sowie besonderer Begleitmaßnah—

men der Spielsuchtvorbeugung (Abs 3 bis 5), der Geldwäschevorbeugung

(Abs 6) und der Aufsicht (Abs 7)

Z 1: in Automatensalon mit mindestens 10 oder höchstens 50

Spielautomaten oder

Z 2: in Einzelaufsuellung mit höchstens 3 Glücksspielautornaten.

Abs 2: Ordnungspolitische Anfcrderur.gen an Bewilligungswerber

bzw. —inhaber, sind zumindest

Z 1: eine Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat

Z 3: der Nachweis eines eingezahlten Stamm— oder Grundkapitals

von zumindest EUR 8.000,00 je betziebsberechtigon Glücksapialautoma—

ten.

§ 14 Qbertragung bestimmter Lotterien — Konzession:

—6—

Abs 2: Eine Konzession nach Abs 1 darf nur einem Konzessions—

werber erteilt werden, wenn

Z 1: das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesell

schaft mit Aufsichtsrat geführt wfrd und sein Sitz nach Maßgabe des

Abs 3 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem

Staat des Europäischen Wirtschaftsraums liegt und die Abwicklung des

Spielbetriebs in einer Form erfolgt, die eine effektive und umfas

sende ordnunqspolitische Aufsicht nach dem Bundesgesetz erlaubt;

1 3: die <apitalgesellschaft über ein eingezahltes Stas‘in— oder

Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro verfügt,

Abs 3 Die Errichtung einer inländischen Kapitalgesellschaft

zur Ausübung der Konzession ist nicht erforderlich, wenn die auslän

dische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat eine vergleichbare Lot—

terien—Konzession verfügt oder einer vergleichbaren staatlichen

Giücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 der österrei

chischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollausktinfte übermittelt

und für sie Kontrolimsßnahraan vor Ort durchführt (behördliche Auf

sichtskette). Können diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist

die Ausübung der Konzession durch eine bloße Niederlassung in Öster

reich zulässig

§ 21 Spielbanken — Konzessicn

Abs 2 Eine Konzession nach Abs 1 darf nur einem Konzessjonswer

ber erteilt werden, wenn

Z 1: des Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesell

schaft mit Aufsichtsrat geführt wird und sein Sitz nach 1aßgabe des

Abs 3 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem

Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes liegt und die Abwicklung des

Spicibetriebes in einer Form erfolgt, die eine effektive und umfas—

—9—

sende ordnungspolitische Aufsicht nach diesem Bundesgesetz erlaubt.

Z 3: die Kapitalgesellschaft über ein eingezahltes Stamm— oder

Grundkapital von mindestens 22 lil1ionen Euro verfügt,

Abs 3: Die Errichtung einer inländischen Kapitalgesellschaft

zur Ausübung der Konzession ist nicht erforderlich, wenn die auslän

dische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare

Spielbank—Konzession verfügt oder einer vergleichbaren staatlichen

Glückaspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 31 der österrei

chischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt

und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt (behördliche Auf—

sichtskette) . Können diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist

die Ausübung der Konzession durch eine bloße Niederlassung in ster

reich zulässig.

C.) Niederösterreichisches Spielautomatengesetz

2011, Laridesgesezzbiatt (LGB1) 7071/3:

§ 3 Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten:

Abs l Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten im Sinne

dieses Gesetzes sind Äusspielungen nach § 2 Abs 3 GSpG in ortsfesten,

öffentlich zugänglichen Automatensalons mit mindestens 10 und höchs

tens 50 Glücksapielautomatan.

Abs 2: Äusspielungen mit Glücksspielautomaten nach

§ 2 Abs 3 GSpG liegen vor, wenn die Entscheidung über das Spielergeb—

nis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektro

nische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

Abs 3: Das Verhältnis von einem Glücksspielautomaten pro 1.200

Einwohner Niederösterreich darf insgesamt nicht überschritten werden.

§ 4 Anforderungen für den Betrieb von Glücksspielautomaten:

— 10 —

Abs 2: Ordnungspolitische Anforderungen:

Z 1: Der Betrieb ist durch eine Kapitalgesellschaft mit Auf

sichtsrat vorzunehmen, deren Sitz zur Sicherstellung einer ordnungs—

politischen Aufsicht über die Orgenbeschlüsse in einem tlitgliedstaat

der Europäischen Union oder in einem Staat des europäischen Wirt

schaftsraumes liegt.

Z 3: Es ist der Nachweis eines eingezahlten Stamm— oder Grund-

kapitals von € 8.000,— je betriebsberechtigtem Giücksspielautornaten

und der rechtmäßigen Nitcelherkunft in geeigneter Weise und einer

Sicherstellung mit einem Hafcungsbetrag von 20 % des Nindeststamm—

oder Mindestgrundkaoitals zu erbringen.

5 Bewilligungen von Landesausspielungen mit Glücksspielauto—

maten:

Abs 1: Es dUrfen von der Landesregierung höchstens 3 Bewilii—

gungen ftlr die Dauer von höchstens 15 Jahren erteilt werden.

Abs 2: Die erstmalige Erteilung dat Bewilligungen erfolgt nach

vorheriger öffentlicher Interessentensuche, welche den Grundsätzen

der Transparenz und der Nichtdiskriminierung zu entsprechen hat.

Abs 4: Die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber

ist verpflichtet, die erteilte Bewilligung dauernd auszuüben

(Betriebspfiicht)

Abs 6: Bei Verzicht auf die Bewilligung von Landesausspielungen

mit Glückespielautomaten oder bei nachträglichem Wegfall der Bewilli

gung hat der Bewilligungsinhaber oder die Bewilligungsinhaberin die

Bewilligung während einer Dauer von 18 Monaten weiter auszuüben. Die

Frist kann auf Antrag von der Landesregierung verkürzt werden.

D.) Niederösterreichisches Gesetz über die Tätigkeit

der Totalisateure und Buchmacher, LGB1 7030—3:

— 11 —

§ 1 Bewilligungspflicht:

Wer Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbemätig

vermittelt (Totalisateur) oder gewerbsmäßig absohuieBt (Buchmacher)

bedarf hiezu der Bewilligung der Landesregierung.

§ 2 Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung:

Abs 1: Eine Bewilligung im Sinne des § 1 ist zu erteilen, wenn

der Bewerber, bei juristischen Personen der vorgesehene Geschäftsfüh

rer oder Pachter, verlässlich und eigenbarechtigt ist.

Abs 2: Für die Bewilligungen im Sinne des § 3 lit a ist die

gleichzeitig mit dem Ansuchen beizuhringende Zustimmung des Veran—

stalters erforderlich.

Abs 3: Vor Erteilung einer Bewilligung ist der Kammer der

gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich und der Gemeinde des

Standortes Gelegenheit zur Äuferung zu geben.

E.) Bundesgesetz gegen den unlauteren Vettbewerb

1984 — UWG, BGB1 Nr. 448/1984, zuletzt. geändert durch

BGB1 1 Nr. 49/2015:

§ 1 (1) Wer im geschäftlichen Verkehr

Z 1 eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere

Kandlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von

Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen, oder

Z 2 eine unlautere Geschäftsprektik anwendet, die den Erforder

nissen der beruflichen Sorgfalt widerspricht und in Bezug auf das

jeweilige Produkt geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des

Durchschnittsverbrouchers, den sie erreicht oder an den sie sich

richtet, wesentlich zu beeinflussen,

kann auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz in

Anspruch genommen werden.

— 12 —

III. Zu den Vor1agerauen:

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass ein grenz—

überschreitender Sachverhalt vorliegt. Die -

übt unternehmerische Tätigkeit in einem

anderen Staat als ihrem Heimatstaat aus1 der Beklagte

vermietet Verkaufsflächen an einen Mieter, der den Sitz

in einem anderen Mitgliedstaat hat. Die Zuständigkeit des

EuGH liegt daher vor.

Zu Frage 1:

Die Klägerin leitet ihre Berechtigung zur Veranstal

tung von Glücksspielen daraus ab, dass ihr dazu die

Bewilligung der NÖ Landesregierung erteilt wurde. Diese

wurde zwar vom VwGH aufgehoben, § 5 Äbs 6 GSpG berechtige

und verpflichte sie aber, Äusspielungen mit Glücksspiel-

automaten weiterhin auszuüben. Der Beklagte hält das für

verfassungswidrig.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 08.09.2010 in der

Rechtssache C-46/0B, Carmen Media Group, ausgeführt, dass

ein Verfahren zur behördlichen Bewilligung von Glückss

pielen nur dann dem freien Dienstleistungsverkehr ent

spricht, wenn es auf objektiven, nicht diskriminierenden

und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermes—

sensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen set

zen, damit diese nicht willkürlich erfolgen kann (Rn 90)

Im Urteil vom 13.09.2007 in der Rechtssache C—260/04,

Kommission/Italien, bezeichnete der EuGH dies als Ver

pflichtung zur Transparenz (Rr. 24) - Eine nähere Präzisie

rung nahm der EuGH im Urteil vom 19.07.2012 in der

Rechtssache C—470/11, Garkalns, vor (Rn 48) Wenn nun in

einem gerichtlichen Verfahren erkannt wurde, dass die

Vergabe an die Klägerin diesem Transparenzgebot nicht

standgehalten hat, kommt dies einer Konzessionsveroabe

ohne Ausschreibung gleich, die unionsrechtswidrig ist

— 13 —

(Rechtssache C—260/04, Kommission/Italien, Rn 34)

Das vorlegende Gericht geht daher davon aus, dass

§ 5 Abs 6 NÖ Spielautomatengesetz 2011 gegen Art 56 ÄEUV

verstößt und nicht angewendet werden darf.

Zu Frage 2:

Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

wurde vor allem zur Gewährleistung eines hohen Verbrau—

clierschutzniveaus erlassen (Erwägungagrund 1) . Sie

schützt unmittelbar die wirtschaftlichen Interessen der

Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken im

Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern

(Erwägungsgrund 8) . Als geeignetes Mittel sieht die

Richtlinie Rechtsvorschriften an, die es Mitbewerbern

gestatten, gerichtlich gegen solche unlauteren

Geschäftspraktiken vorzugehen (Art 11 Abs 1 lit a der

Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) . Die Richt

linie kommt somit dann zur Anwendung, wenn die Klage des

Mitbewerbers dazu dient, dem Verbraucherschutz zum Durch

bruch zu verhelfen. Der EuGH entscheidet in ständiger

Rechtsprechung, dass Beschränkungen der Glücksspieltätig—

keiten durch zwingende Gründe des Allgemeiniriteresses,

wie den Verbraucherschutz, gerechtfertigt sein können

(Urteil vom 30.04.2014 in der Rechtssache C—390/l2, Pfle

ger, Rn 41).

Das vorlegende Gericht ist daher der Ansicht, dass

die bei ihm eingebrachte Unterlassungsklage gegen einen

angeblich unlauteren Mitbewerber, der die dem Verbrau—

cherschutz dienenden Regeln auf dem Gebiet des Glücksa—

pielsektors verletzt haben soll, in den Anwendungsbereich

der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken fällt.

Zu Frage 3:

Die österreichische Rechtsprechung geht davon aus,

dass der lauterkeitsrechtliche Unterlassungs— und

— 14 —

Urteilsveröffent1ichungsansruch nicht nur einem rechtmä

ßigen Mitbewerber zukommt, sondern auch einem Unternehmer

zuzubilligen ist, der selbst unlauter handelt:. Es ist

fraglich, ob dies in der konkreten Fallgestaltung, näm—

lich bei einem Verstoß gegen das im Primärrecht veran

kerte Transparenzgebot, ebenso zutrifft. Die Richtlinie

erwähnt in den Erwägungsgründen 6 und 8 mehrfach den

rechtmäßig handelnden Mitbewerber. Es ist daher zu prü

fen, ob ein unrechtmäßig handelnder Mitbewerber ebenfalls

einen Unterlassungsanspruch hat, oder ob nicht die Richt

linie über unlautere Geschäftapraktiken dem entgegen—

steht, insbesondere in der Fallgestaltung, dass die

Unlauterkeit das Klägers auf einen Verstoß gegen das pn—

märrechtlich verankerte Transparenzgebot besteht. Die

Voliharmonisierung des Lauterkeitarechtes bezüglich des

Verbaucherschutzes durch Klagen von Mitbewerbern steht

möglicherweise einer nationalen Regelung entgegen, die

dem nicht rechtmäßig handelnden Mitbewerber einen Unter—

lassungsanspruch zuhilligt

Das vorlegende Gericht meint daher, dass im Fall

eines Verstoßes eines Vergabeverfahren gegen das Transpa—

renzgebot der betroffene Unternehmer nicht als rechtmäßig

handelnder Mitwerber aufzufassen ist und ihm die Richtli

nie über unlautere Geschäftspraktiken keinen Unterlas—

sungsanspruch zubilligt. Wegen der Vollharmonisierung

steht die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegen,

die den Unterlassungsanspruch sowohl rechtmäßig als auch

unrechtmäßig handelnden Mitbewerbern im Glücksspielsektor

zubilligt.

Sollte eine der Partien des Ausgangastreites während

des Verfahrens eine entsprechende Bewilligung (wieder)

erhalten, fällt das Interesse zur Beantwortung der Frage

deshalb nicht weg, weil sie einerseits zur Beurteilung

15 —

einer eilfälligen Wiederholungsgefahr nach nationalen

lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten, andererseits zur

kostenrechtlichen Beurteilung des Ausgangsstreites erfor

derlich ist.

Zu Frage 4 und 5:

Der Gerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung

davon aus, dass sich derjenige auf die Dienstleistungs—

freiheit berufen darf, der in seinem nsässigkeitsstaat

rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt (Urteil vom

09.09.2009 in der Rechtssache C—42/07, Liga Portuguesa,

Rn 51) . Sowohl in diesem Urteil als auch in den dort

zitierten Urteilen war jedoch davon auszugehen, dass der

jenige, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit gestützt

hat, in seinem Änsässigkeitsstaat die Dienstleistung

rechtmäßig erbringt. Das Problem stellt sich zweierlei:

Wie hat das nationale Gericht sein Verfahren auszurichten

(Frage 4) und steht dem Beklagten eine Einrede gegen den

Unterlassungs— und Urteilsveröffentlichungsanspruch zu

(Frage 5)

Soweit für das vorlegende Gericht ersichtlich, war

bislang noch nicht die Konstellation zu prüfen, dass ein

Unternehmen in seinem Sitzstaat eine Dienstleistung nicht

erbringen darf, etwa weil ihm in kchärenter und systema

tischer Weise die Veranstaltung von Glücksspielen verbo

ten ist, und deshalb, unter Berufung auf die Dienstleis—

tungsfreiheit, diese Tätigkeit in einem anderen Mit—

gliedsstaat ausübt, in dein entweder ein derartiges Verbot

nicht besteht oder ein nationales Verbot wegen Verstoßes

gegen Unionsrecht nicht zur Änwendung kommt. Es ist daher

fraglich, ob nicht einem solchen. Unternehmen ebenso die

Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit zuzubilligen

ist.

Aus Sicht des Beklagten, der sich auf die passive

— 16 —

Dienstleistungsfreiheit stützen kann (Urteil vorn

29.4.1999 in der Rechtssache C—224/97, Ciola, Rn 12), ist

es überdies fraglich, ob ihm die Berufung auf die passive

Dienstleistungsfreiheit deshalb verwehrt werden kann,

wenn der Empfänger seiner Dienstleistung in seinem Hei

matstaat nicht zur Durchführung der unternehmerischen

Tätigkeit berechtigt ist, die er nunmehr im Mitglied

staat, in dem der passiv Dienstleistende ansässig ist,

ausüben möchte.

Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die

Fragen möglicherweise unterschiedlich zu beantworten

sind, weil zwischen dem Prüfungsmaßstab für das nationale

Recht einerseits (Frage 4) und dem subjektiven Recht des

Unternehmens andererseits (Frage 5) zu unterscheiden ist.

Inhaltlich teilt das vorlegende Gericht den Standpunkt

des Generalanwaltes Mengozzi in den Schlussanträgen in

der Rechtseache C—46/QS, Carmen MeUia Group (Rn 37)

Dies hätte wohl die Folge, dass der Beklagte den von der

Klägerin geltend gemachten Unterlassungs— und Urteilsver—

öffentlichungsanspruch mangels Bewilligung der Uni—

bet Int. s.r.o. zur Veranstaltung von Glücksspielen in

ihrem Heimatetaat nicht unter Berufung auf Art 56 ÄEUV

abwehren kann.

Zu Frage 6

Der EuGH stellte mit seinem Urteil vorn 30.06.2016 in

der Rechtssache C—464/15, Admiral Casinos & Entertajnrnent

AG, klar, dass hei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit

einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der

Glücksspiele nicht nur die Zielsetzung dieser Regelung im

Moment ihres Erlasses, sondern auch die nach ihrem Erlass

zu bewertenden Auswirkungen zu prüfen sind fRn 37). Die

Gerichte sind daher aufgerufen, auch Tatfragen zu klären.

Generalanwalt Bot bezeichnete in seinen gemeinsamen

— 17 —

Schlussanträgen in den Pechtssachen C—203/08, Sporting

Exchange, und C—258/08, Ladbrokes Betting & Gsrning, das

vorlegende Gericht als Tatsachengericht (Rn 108) Äuf

Basis die5er Rechtsprechung versuchen österreichische

Gerichte und Verwaltungsbehörden in mittlerweile zahlrei

chen Verfahren, diese Tatfragen zu lösen. Dies führt

dazu, dass die Höchstgerichte, die — möglicherweise mit

Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) — auf die

Sachverhaltsermittlung der Vorinstanzen angewiesen sind

und an deren Ergebnisse gebunden sind, unterschiedliche

Sachverlialtsfeststellungen zu beurteilen haben. Dies ist

unter anderem die Ursache von unterschiedlichen Recht—

sprechungslinien des VfGH, des VwGH und des Obersten

Gerichtshofes fOGH) . Ein Beispiel aus dem Bundesland

Oberösterreich zeigt, dass die Richter des Landesverwal—

tungsgerichtes die Tatsachenfrage unterschiedlich lösen,

letztlich kommt es daher auf die C-eschäftsverteilung der

Gerichte an, welcher Sachverhalt festgestellt wird. Davon

hängt aber die Lösung der Rechtsfrage ab, ob ein nationa

les Gericht die österreichischen Glücksspielregelungen

für mit dem Unionsrecht vereinbar hält oder wegen deren

Unionsrechtswidrigkeit unangewendet lässt und ob ein Ver

anstalter von Glücksspielen, der infolge der Monopolbe—

stimmungen über keine Bewilligung verfügen kann, bestraft

wird, seine Geräte beschlagnahmn werden und eingezogen

werden, oder ob lauterkeitsrechtliche Unterlassungsan—

sprüche, wie im gegenständlichen Fall, berechtigt sind

oder nicht. Damit fehlt es dem nationalen Rechtsbehelf an

Effektivität (siehe das Urteil vom 8.9.2010 in der

Rechtssache C-46!08, Carmen Meäia Group, Rn 90) . Es ist

daher zu prüfen, ob die Veranstalter nicht in ihrem durch

Art 47 GRC gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren

beschränkt sind.

— 18 —

Es ist daher zu überlegen, oh nicht aus dem Primat—

recht, insbesondere Art 56 ÄEUV und Art 47 GRC, abzulei

ten ist, dass es ein effektiver Rechtsschutz erfordert,

die angesprochene Tatfrage durch eine einzige Instanz

k1ren zu lassen.

Zu Frage 7:

Das österreichische Recht weist auf dem Glücksspiel—

sektor zahlreiche Regeln auf, die einerseits in die

Gesetzgebungskompetenz des Bundes, andererseits in die

Gesetzgebungskompetenz der Länder reicht. Im konkreten

Fall ist das Äutomatenglücksspiel auf Ebene des Bundes

unterschiedlich geregelt, ob es sich in einem Videolotte

rieterminalCVLT)—Outlet oder in einer Spielbank befindet,

und auf Landesebene, ob es sich um einen Spielautomaten

handelt, bei dem das Spielergebnis im Gerät ermittelt

wird, oder ob ein Wettterminal bet.rieben wird. Im Hin

blick auf die Wettterminals wird auf die Rechtsprechung

des EuGH verwiesen, die seit dem Urteil vom 21.10.1999 in

der Rechtssacie C—67/98, Zenatti, Wetten als Glücksapiele

ansieht fRn 18), ebenso das Urteil vom 8.9.2010 in der

Rechtsaache C—46/08, Carmen Media Group tRn 66, 71)

Scrtwetten werden als in Österreich „liberalisierte

Spiele“ bezeichnet (Schlussanträge GÄ Mazäk vom 23.2.2010

in der Rechtssache C—64/08 Engelnann, Rn 9) . Hinsichtlich

der Spielautomaten ist es für den Spieler nicht erkenn

bar, ob das Ergebnis zentralseitig oder im Gerät selbst.

ermittelt wird, auch das Gericht konnte diese Sachver—

haitafrage nicht klären. Hinsichtlich der Wettterininals

ist zu beobachten, dass aufgrund der Einschränkungen der

Spielautomaten Spieler vermehrt Wettterminals in Anspruch

nehmen. Zwar ist der Unterschied darin zu sehen, dass im

Falle von Wetten nicht ausschlietlich der Zufall das

Ergebnis bewirkt, sondern dass auch Geschicklichkeit,

— 19 —

Können und Erfahrung mit eine Rolle spielen. Fehlen einem

Verbraucher jedoch Geschicklichkeit, Können und Erfah

rung, so ist das Ergebnis der Wette für ihn genauso

zufällig wie bei einem Giücksspielautomaten. In techni

scher Hinsicht fallen alle diese Geräte in den Fachbe

reich derselben Gerichtssachverständigen. Eine Gleich

stellung nimmt auch der Unionsgesetzgeber im Sekundär-

recht vor. Sowohl die Richtlinie 2006/123/EG des Euroäi—

schen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 200€ über

Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtli—

nie) als auch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen

Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die

Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie

93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des

Europäischen Parlaments und de5 Rates sowie zur Aufhebung

der Richtlinie 55/577/EWG des Rates und der Richtlinie

37/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Ver—

braucherrechterichtlinie) nehmen aus ihrem Anwendungsbe

reich „Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlan

gen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasi

nos und Wetten aus (Art 2 Abs 2 lit h der Dienstleis—

tunqsrichtlinie und Art 3 Abs 3 lit c der Verbraucher—

rechterichtiinie) . All diese Umstände lassen den Schluss

zu, dass eine nationale Regelung des Glücksspielsektors

Videolotterieterminals, Automaten in Spielbanken, Äutoma—

tensalons und Wettterminals erfassen muss, um als eine

kohärente und systematische Regelung im Sinne des Unions—

rechtes angesehen werden zu können.

Unabhängig von den zu lösenden Tatfragen ist auf

folgende Umstände zu verweisen:

Auf Ebene der Bundesländer verbieten 4 von 9 Bundes

ländern den Betrieb von Glücksspielautomaten. Die Rege

lungen von Wetten unterscheidet sich von Bundesland zu

— 20 —

Bundesland stark.

Die Änzahl von VLT-Outlets ist in Österreich nicht

beschränkt, es besteht nur eine Höchstzahl von 50 Geräten

je Cutlet. Die Zahl der VLTs in Spielbanken ist nicht

beschränkt, die Beschränkung besteht bloß in der Anzahl

der in Österreich zugelassenen Spielbanken, derzeit mit

15. Spielautomaten nach Landesgesetzen sind durch Anwen

dung eines BevölkerungaschlUssels zahlenmäßig beschränkt.

Allerdings verbieten 4 von 9 Bundesländern den Betrieb

von Glücksspielautomaten. In diesen Bundesländern sind

Glücksapielautomaten daher gänzlich verboten, mit Aus

nahme der Geräte in VLT—Outlets und Spielbanken. Eine

zahlenmäßige Beschränkung von Wettterminals sieht nur das

Bundesland Vorarlberg vor, ansonsten gibt es keine

Beschränkungen. Das führt daher auch zu unterschiedlichen

Jugendachutzbestimmungen.

Dem Spielerschutz dient ein Mindeststammkapital.

Dessen Höhe ist für VLT—Outlets, Spielbanken, Betreiber

von Glücksspielautomaten und Wettterminals unterschied

lich geregelt, und zwar von 0 Euro bis 109 Millionen

Euro.

Die aktive Inanspruchnahme der Dienstleistungsfrei

heit durch Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten ist im

Bereich der VLTs grundsätzlich zugelassen, im Bereich der

NÖ Glückaspielautomatenregelung jedoch nicht. Hinsicht

lich der Wettterminals besteht keine Regelung.

Hinsichtlich Spielerschutz durch Einziehung von

Limiten bestehen für VLTs keine gesetzlichen Vorgaben,

der (einzige) Lotterienkonzessionär hat sich selbst ein

Limit von 800,00 EUR pro Woche auferlegt. Damit wird, bei

monatlicher Berechnung, der durchschnittliche Monatsver—

dienst eines unselbstständig Erwerbstätigen bereits über

schritten. Aufgrund von Höchsteinsatz und Tageshöchst—

0

— 21 —

spieldauer errechnet sich hinsichtlich der landesgeset.z—

lich geregelten Spielautomaten ein möglicher Tagess—

pieleinsatz von EUPS 108.000,00. Für Wettterminals beste

hen überhaupt keine Linite.

Bestimmungen zur Geldwäscherei— und Terrorismusbe—

kämpfung, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom

15.09.2011, C—347/09, Dickinger und dmer, als Rechtferti

gung nationaler Beschränkungen zugelassen hat (Rn 76),

finden sich für VLT-Outlets, Spielbanken und Glücksspiel—

automaten, aber nicht für Wettterminals. Nur 4 Bundeslän

der verfügen über Ge1dwäschereibestirrnungen. Die einzigen

niederösterreichischen ordnungspolitischen Maßnahmen sind

die Verlässlichkeitsprüfung und der Jugendschutz. Damit

tritt eine wesentliche Lücke in der kohärenten Bekämpfung

von Geldwäscherei und Terrorismus auf. Art 33 der Richt

linie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des

Rates vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des

Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche— und Terrorismus—

finanzierung (3. Geldwäscherichtlinie) verpflichtet die

Mitgliedstaaten zur Risikoanalyse. Im Rahmen der nationa

len Risikoanalyse Österreich 2015 billigte das Bundesmi

nisterium für Finanzen dem Wettbetrug einen mittleren bis

hohen Risikofaktor zu; Online—Sportwetten seien einer

seits eine gute Plattform zur Geldwäsche, andererseits

werden im Bereich des Sportwetten-Betruges enorme Summen

lukriert, die in der Folge auch gewaschen werden müssten.

Durch die Titulierung als “Wettgewinn“ habe man eine fin—

gierte legale Herkunft. Daher sei die inkriminierte Her

kunft nur schwer nachweisbar. Das Risiko der Geldwäsche

ist sehr hoch und das Bewusstsein über dieses Risiko

relativ niedrig.

Insgesamt ergibt sich das Bild, dass für den

Verbraucher vergleichbare Glückespiele, hinsichtlich des

— 22 —

Schutzniveaus der Regelungen, völlig unterschiedlich

gestaltet sind. Es ist daher an einer systematischen und

kohärenten Verfolgung der Ziele der gliXcksspielrechtli—

chen Regelungen zu zweifeln. Jedenfalls lässt die freie

Vahlmöglichkeit der Bundesländer, Äutomatenglücksspjel

und Wettterminals zu verbieten bzw. zu erlauben, an der

Systematik und Kohärenz der nationalen Regelungen zwei

feln. Dass die Gesetzgebungskompetenz auf Bund und Länder

verteilt ist, ist vor dem Hintergrund der Prüfung eines

Verstoßes gegen unicnsrechtliches Primärrecht ohne Bedeu

tung (Rechtssache C-46/08, Carmen Medla Group, Rn 70)

Zu frage 8:

Die im GSpG und im NÖ Spielautomatengesetz 2011 ent

haltene Verpflichtung, einer. Aufsichtsrat zu besetzen,

benachteiligt Kapitalgesellschaften mit Sitz in Mitglied

staaten, die kein dualistisches System mit den Organen

Vorstand und Aufsichtsrat, sondern ein monistisches Sys

tem, etwa mit einem Organ board etc., vorsehen. Das dua—

listische System besteht neben Osterreich in Deutschland,

Estland, Polen und der Slowakei. Das monistische System

besteht etwa im Vereinigten Königreich und in Spanien.

Oberwiegend sehen die Mitgliedstaaten eine Jahlfreiheit

zwischen diesen beiden Systemen vor. Gleiches gilt für

die mit Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom

08.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft

(SB) geregelte, Societas Europaea, die in ihrem Art 38

ein Wahlrecht zwischen beiden Systemen vorsieht; nach dem

Erwägungsgrund 14 der Verordnung werden die Systeme als

gleichwertig angesehen. Abgesehen von der sachlichen

Rechtfertigung einer solchen Einschränkung verhindert

eine nationale Regelung, die eine Äufsichtsratspflicht

vorschreibt, die Dienstleistung von Kapitalgesellschaften

mit Sitz in Staaten, in denen das monistische System als

— 23 —

allein zulässiges vorgesehen ist.

Das vorlegenäe Gericht hält diese Regelung für mit

dem Unionsrecht unvereinbar.

IV. Bis zur Entscheidung des EuGH ist das Verfahren

auszusetzen.

Landesgericht Korneuburg als HandeisgerichtAbteilung 1, Korneuburg, 23. November 2016

Mag.Werner Jarec, Richter

Elektronische Ausfertigunggemäß § 79 GOG

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