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EIN INKLUSIVER SPIEL- UND SINNESGARTEN FÜR ADDIS GUZO KUKUK KULTUR E.V. Äthiopien 2019 NOVEMBER 2019 DOKUMENTATION NR.04

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E I N I N K L U S I V E R S P I E L - U N D S I N N E S G A R T E N F Ü R A D D I S G U Z O

KUKUK KULTUR E.V.

Äthiopien 2019

N O V E M B E R 2 0 1 9 D O K U M E N T A T I O N N R . 0 4

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In ha lt

04 AUS G ANG SSI T UATION

06 Mat e r i a li e n & Techniken

10 Proj e k t b er i cht

16 Her au sfor d e rung Inklusion

18 Vorhe r - N achher

20 Intervi e w

22 Z itat e

28 Fa zi t

30 Dank e

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EIN PROJEKT, VOR UND HINTER EINER MAUER

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AU S GA NGS

SIT UATIONPROJEKTMOTIVATONPARTNER & IDEE

Äthiopien ist ein wunderschönes,

facettenreiches Land, das auf vielen

Ebenen - politisch, ökonomisch,

gesellschaftlich und sozial - vor

großen Herausforderungen steht.

Es gibt unendlich viel zu tun.

Addis Guzo hat es sich als

kleine NGO in Addis Abeba zur

Aufgabe gemacht, benachteiligten

Menschen vor Ort zu helfen. Ein

Schwerpunkt der Arbeit sind

Kinder, die mit körperlichen und

seelischen Einschränkungen

leben müssen, was in einem

Land wie Äthiopien besonders

schwierig ist. Familien werden

in das Daycare Center geholt und

dort unterstützt und beraten.

Eltern werden angeleitet, wie sie

gemeinsam mit ihren Kindern den

Alltag besser bewältigen können.

Die Kinder werden außerdem

physiotherapeutisch treut.

Im Addis Guzo Zentrum

stehen bereits eine voll

ausgestattete Werkstatt um

Rollstühle anzupassen mitsamt

speziell dafür ausgebildetem

Mechanikerteam, ein Tanzraum,

ein Rollstuhl-Basketballfeld und

kunsthandwerkliche Werkstätten.

Was Addis Guzo noch fehlt, ist

ein grüner, rollstuhlzugänglicher

Spielgarten, der dazu einlädt,

die Welt mit allen Sinnen zu

entdecken. Ein Novum in einem

Land, das existenzielle Probleme

hat, aber auch ein Plädoyer für die

Kinder und ihr Recht auf Kindheit.

Drei Vereine (Rollaid, Addis Guzo,

KuKuk Kultur) finden sich als

Team für diese große Aufgabe

zusammen.

Addis Guzo

kennt das Land und die Leute.

Es organisiert die Materialien,

Unterkunft und Verpflegung vor

Ort und kümmert sich um das

Fundraising.

Rollaid/Qualifutura

bereitet mit Jugendlichen (mit

Mehrfachproblematiken) aus der

Schweiz die Rollstühle für den

Transport nach Äthiopien vor. Im

Projekt sollen drei Jugendliche die

Möglichkeit haben, den Ort, an dem

die Rollstühle eingesetzt werden,

mit eigenen Augen zu sehen und

im Spielplatzbau mitanzupacken.

KuKuk Kultur

bringt 15 Jahre Erfahrung im

internationalen partizipativen

Spielplatzbau mit. Im Projekt

übernimmt KuKuk die technische

und künstlerische Bauleitung,

den Entwurf und organisiert

ein Freiwilligenteam für die

Umsetzung.

RECHTS OBEN: DIE IDEEN WURDEN BEI EINEM VORTREFFEN IN ADDIS ABEBA ENTWICKELT

RECHTS UNTEN: DAS BASKETBALLTEAM VON ADDIS GUZO

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Werkstoffe

M aterialien und Techn iken

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Den Großteil der Materialien für den Spielplatzbau konnten wir lokal in Addis Abeba

beziehen: Ziegelsteine, Bambus, Sand, Kies, Splitt, Zement, Erde, Steine, Pflanzen, Töpfe und

Eukalyptusholz. Um das Holz gegen die Witterung und vor Schädlingen zu schützen, wurde es

Druck-imprägniert und im Anschluss von uns mit einer speichelechten Farblasur überzogen.

Brettware war nicht in geeigneter Qualität in Äthiopien zu finden (zumindest nicht aus

vertretbarer, legaler Rodung, Äthiopien hat ein großes Holzproblem). Da uns aber im Rahmen

der Nachhaltigkeit die Langlebigkeit der Spielräume, die wir bauen, wichtig ist, nutzten wir die

Gelegenheit eines sowieso anstehenden Rollaid - Rollstuhlcontainertransportes von Interlaken

aus, um Brettware aus Robinie zuzuladen. Außerdem haben wir eine Partnerschaukel, eine

Rutsche und Plexiglas sowie hochwertige Farben importiert.

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Bambus & Lehmbau

KuKuk baut hauptsächlich mit Robinienholz. Auch die

Verarbeitung von Plexiglas, Beton, Stein und Metall gehören

zu unserem Tagesgeschäft. Völlig neuartige Techniken waren

für uns die Lehm- und Bambusverarbeitung. Mit großem

Interesse haben wir vom Fachwissen der lokalen Handwerker

profitiert und deren Techniken dann mit unseren kombiniert.

Den Bambus konnten wir schlussendliche metallfrei

verbinden, indem wir Bambusnägel schnitzten, Löcher

vorbohrten und die Verbindung keilten.

Der Lehm wurde angesetzt und mit Teff-Stroh (=Äthiopische

Getreideart) jeden Tag gestampft und gewässert. Er musste

rund 20 Tage fermentieren, bis er die nötige Verarbeitungsreife

hatte. Lehm bleibt ein fragiler Baustoff. Lehmwände müssen

besonders vor Witterung geschützt und eventuell nach den

Regenzeiten nachgebessert werden.

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PROJEKTbericht

OBEN: ERSTES KENNENLERNEN IN GROSSER BUNTER RUNDE

Spielplatzbau in Addis

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UNTEN:FARBKONZEPT ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE: ROSTROT, ZITRONENGELB, HIMMELBLAU, WEISS

Eine Architektin, ein Künstler, ein

Sozialarbeiter, zwei Schreiner,

ein Innenarchitekt, zwei

Schülerinnen - ein Großteil des

bunten Projektteams trifft sich

am Samstag, den 16. November

am Frankfurter Flughafen und

steigt dort in den selben Flieger.

Die meisten kennen sich noch

nicht. Nur einige Tage später

hat dieses Team gemeinsam den

Traum von einer grün-bunten,

rollstuhltauglichen Oase für

das Zentrum für Menschen mit

Beeinträchtigungen Addis Guzo

wahr werden lassen.

Ankunft nach einer kurzen Nacht

in Addis Abeba, 6:30 local time.

Mit jeder Menge Werkzeug im

Gepäck geht es über die grüne

Linie = „Nichts zu verzollen“ (bitte,

bitte haltet uns nicht auf...). „You

have technical devices?“ „No, no

just normal tourist camera“. „No

Problem!“ Damit sind wir durch.

Puhhh- Willkommen in Äthiopien.

Die erste Nachricht: es gibt kein

Durchkommen zur Unterkunft, da

ein Stadtlauf mit 25 000 Läufern

stattfindet. Also heißt es zunächst

einmal kaffeetrinkend und Früchte

probierend in der Hängematte

baumelnd die Zeit vertreiben. Es

könnte schlimmer sein.

Noch am ersten Tag besichtigen

wir den Bauplatz, unseren

Schaffensort für die kommenden

zwei Wochen. Wir machen uns mit

dem Ort vertraut, indem wir uns

der angedachten Raumeinteilung

mit Bambus und Kalk annähern.

Montag, erster Arbeitstag: Christine

trommelt alle Mitarbeitenden

von Addis Guzo zusammen. In

der großen Runde stellt sich jeder

einzelne vor: Putzfrau, Köchin,

Wächter, Physiotherapeutin,

Rollstuhlmechaniker und

Kunsthandwerkerinnen, freiwillige

Handwerker, die extra für den

Spielplatzbau gekommen sind, und

natürlich alle Beteiligten aus den

Teams Addis Guzo, Rollaid und

KuKuk. Nach einer obligatorischen

Sicherheitseinweisung in die

Werkzeuge und Maschinen werden

Gruppen definiert, in denen

jeweils ein erfahrener KuKuk die

Führung übernimmt. Zeitgleich

startet ein (monströser!) Bagger,

der selbst fast die Größe unseres

gesamten Bauplatzes einnimmt,

mit Erdarbeiten: Fallschutz

für die Schaukel ausheben und

Wegeführung vorbereiten. Wir

beschließen jedoch schnell. den

„ Wenn man mit

dem Herzen handelt

und entscheidet

braucht man gar

nicht genau wissen

wer da kommt.

Dann handelt man

immer richtig!

Johannes, Baupädagogische bei KuKuk Kultur

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„I liked the way of working:

sawing, shovelling, using

mud. I noticed, that this

is not paper work but it

comes from your hearts.

Everybody was joining the

works: parents, the security

man, the cook, even the

police! That was amazing! “

Tamirat Belay, Direktor von Addis Guzo

RECHTS: DIE PARALLELITÄT DER DINGE IST HIER SO GREIFBAR WIE SELTEN IRGENDWO

Großteil der nötigen Fundamente

händisch auszuheben, da der

Bagger mehr Schaden anrichtet,

als dass er Hilfe wäre.

In der Mauer, die Addis Guzo vom

Quartier dahinter trennt, gibt es

ein kleines Loch: immer wieder

spickeln hier die Nachbarskinder

durch. Sie schauen interessiert zu,

winken und machen Faxen. Später

dann, nach Feierabend macht eine

kleine Gruppe mit Christine und

Bäne einen Spaziergang durch

das umliegende Quartier, um das

Loch und die Kinder auch von der

anderen Seite zu sehen. Die Gänge

sind schmal, die Hüttchen wild

zusammengebaut aus Blech und

anderen billigen Materialien.

Es sind schon wirklich drastische

Lebensverhältnisse hier. Einige

Monate zuvor, als Johannes

und Berni von KuKuk zur

Vorbesichtigung hier waren, war

die Lage im Quartier prekär: die

Kanalisation war verstopft, ein

bestialischer Gestank zog durch

die Gassen und das Gebiet stand

kurz vor einer Cholera Epidemie.

Ein tolles Projekt vor der Mauer

machen? Das war undenkbar und

absurd für die Projektbeteiligten.

Auch hier oben, wo die Menschen

kaum das Nötigste zum (über)leben

haben, sollte etwas passieren.

Beherzt streckte Addis Guzo

Gelder vor, um gemeinsam mit den

Bewohnern ihr Abwasserproblem

anzugehen. Diese engagierten

sich freiwillig, packten mit an und

innerhalb der kommenden Wochen

konnte das Abwassersystem

saniert werden.

Dienstag, zweiter Arbeitstag: ein

Großteil der Löcher ist ausgehoben,

erste Steher sind platziert und

gesichert und wir können mit

der „Zubereitung“ von Beton

beginnen. Erste klägliche Versuche

unsererseits werden ziemlich

schnell von Profis übernommen:

der Guard von Addis Guzo und

einige weitere Menschen steigen

beherzt in die anstrengende Arbeit

mit ein. Toll!

Am Nachmittag steht ein

Inspirationsbesuch im Zoma

Museum an. Auf einer ehemaligen

Müllkippe hat ein Künstlerkollektiv

eine detailverliebte Park- und

Gartenanlage geschaffen. Das

Highlight: ihr einmaliger Umgang

mit Lehm. Großflächige Muster,

jedes handwerklich perfekt

gearbeitet. Wir haben Glück und

treffen sogar noch den Künstler

vor Ort.

Mit der Inspiration aus dem

Zoma Museum beginnt der

dritte Baustellentag besonders

geschäftig: energiegeladen

und hochmotiviert. Jeder

weiß inzwischen, wo

anpacken. Stützstrukturen

werden abgenommen, erste

Unterkonstruktionen entstehen.

Außerdem stehen erste Bambus

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Bauversuche auf dem Plan, ein

Material, mit dem sich Team

KuKuk bisher noch gar nicht

auskennt...

Am Nachmittag regnet es ein

wenig, gerade dann, als wir

Besuch von Schülern aus der

Nachbarschaft bekommen. Nach

einer kleinen Stärkung und einem

Kennenlernen wollen sie mit

anpacken. Wir machen eine lange

Menschenkette und transportieren

so die Ziegelsteine, mit denen wir

den Weg pflastern wollen.

Es wird gesungen, die Stimmung

ist ausgelassen. Wirklich jeder, der

da ist, wird in die Menschenkette

integriert.

Gegen Ende der ersten Woche

nimmt der Platz schon richtig

Form an. Gleichzeitig merkt man

der Gruppe langsam aber sicher

die Anstrengung an. Trotz der

dünnen Luft (Addis Abeba liegt

auf 2.300 m Höhe) hat die Gruppe

alles gegeben. Es ist Zeit für eine

wohlverdiente Pause.

Am Wochenende in der

Negashlodge überlegen wir

gemeinsam, wie wir die

energiegeladene Arbeitsspannung

vom Mittwoch wieder herstellen

können. Daniel hat die Idee, es

mit einer gemeinschaftlichen

Hau–Ruck Aktion zu versuchen.

Nach einer kurzen Ansprache

von Johannes geht es also am

Montag Morgen gemeinsam

los: Alle Beteiligten bringen

den Platz auf Vordermann und

transportieren Fallschutzsand in

den Schaukelbereich. Ausgeruht

vom Wochenende und angespornt

von dieser Geschäftigkeit geht es

voll motiviert weiter: Lehmwände

entstehen, Bambusnägel werden

geschnitzt, Bretter angebracht,

Dächer konstruiert, erste Spitzen

geschnitten, Farbversuche gewagt.

OBEN: DER SANDTISCHKANN MIT DEM

ROLLSTUHL ANGEFAHREN ODER KINDER

HINEINGESETZTWERDEN

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Bambusrohre werden gewaschen,

Schaukelgelenke eingepasst,

Klangelemente getestet, Geländer

gebaut, der Boden gepflastert.

Immer wieder kommt Besuch

vorbei. Jeder staunt über das

geschäftige Treiben und kaum

einer schafft es an der Baustelle

vorbei ohne nicht wenigstens einen

Stein mitzutragen, kurz den Besen

zu schwingen, ein Loch zu graben

oder eine Schubkarre Erde zu

schieben. Die freudige Stimmung

steckt an. Man merkt: hier steckt

kein Zwang dahinter, sondern

Motivation und die Lust am

Tun. Die täglichen gemeinsamen

Mahlzeiten schweißen das Team

noch mehr zusammen.

Der große Wunsch nach einer

grünen Oase nimmt am Dienstag

Morgen Form an. Mit einem Jeep

geht es im kleinen Team nach

Debre Zeyit, einer nahe gelegenen

Stadt, die für ihre Pflanzen

bekannt ist. Hier haben wir eine

bombastische Auswahl an bunten

Blumen, Kräutern, Kletterpflanzen

und Bäumen, die wir in Europa

nur als Zimmerpflanzen kennen.

Die Auswahl fällt nicht schwer, das

Handeln teilweise schon. Martina

hatte am Wochenende außerdem

bereits tolle, große handwerklich

hergestellte Tontöpfe besorgt.

Ein Tag vor der Eröffnung wird

es noch einmal kurz absurd. Das

Gerücht kommt auf, man könne

ohne Probleme Rollrasen in

Addis Abeba besorgen. Gesagt,

bestellt. Als einige Stunden

später die Tür des Lieferwagens

aufgeht, sehen wir die äthiopische

Art von Rollrasen: Tausende

einzelne Graspflänzchen werden

abgeliefert. Gut, dass wir herzlich

darüber lachen können.

Noch ein letztes Mal heißt es,

finale Kräfte zu mobilisieren

für den Endspurt: Fallschutz

verfüllen, Spitzen schneiden,

Unebenheiten wegschleifen,

Pflanzen platzieren, Klanghölzer

hängen, Bambus verdichten,

hier noch ein Schräubchen, da

noch ein Plexiglaspunkt, den

letzten Pfosten ihren Anstrich

verpassen, durchatmen. Vor allem

aber muss ein gigantischer Berg

von Erde, Schutt und Steinen

vom Basketballfeld weggebracht

werden. Eine Aufgabe, die noch zum

Mittagessen unmachbar scheint,

ist am Abend wie von Zauberhand

(eher vielen Händen) gelöst. Am

Mittwoch Abend schauen wir dann

endlich auf den Platz und sagen

uns: Wir haben alles gegeben, so ist

er nun gut und fertig.

Die offizielle Eröffnungsfeier ist

gut besucht. Das Basketballteam

trainiert, zwei Kamerateams

filmen, es gibt offizielle

Redebeiträge und eine kurze

Tanzperformance. Ein kleiner

Junge im Rollstuhl durchschneidet

das grüne Eröffnungsband.. Man

kann ihm den Stolz und die Freude

darüber richtig ansehen. Er hüpft

in seinem Rollstuhl aufgeregt auf

und ab. Kurze Zeit später ist er

einer der Ersten, der die neuartige

Schaukel testen darf.

„This magical oasis opens

our eyes, our ears, our nose,

our hands, but above all

our hearts because it was

built with so much love.“Bernhard Wissler, gründer von Addis Guzo

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OBEN:ANPASSEN DER

SCHAUKELADAPTER

RECHTS:ENDLICH KANN GESCHAUKELT

WERDEN! UND ZWAR VON JEDEM!

Nach dem großen Trubel, gegen

Ende des Nachmittages, treffen

sich alle AkteurInnen noch einmal

auf dem Platz. In einer letzten

Feedbackrunde wollen wir das

Projekt für uns evaluieren, noch

nicht Gesagtem Raum geben und

einfach ein dickes Lob aussprechen.

Jeder kommt zu Wort. Die Runde

ist emotional, in fast jedem

Augenwinkel blitzt ein größeres

oder kleineres Freudentränchen.

Ganz rustikal wird auf einer

Metallplatte über einem Feuer im

Hof ein extra für uns geschlachtetes

Schaf zubereitet. Das ist, neben der

traditionellen Kaffeezeremonie,

die äthiopische Art „Danke“ zu

sagen. Schon einige Tage zuvor ist

fast jedem von uns klar geworden,

dass wir alle, die wir die Chance

haben, an einem solchen Projekt

teilnehmen zu können, mindestens

genau so viel mitnehmen, wie

wir geben. Wir kehren reicher

an Erfahrung, Eindrücken und

Inspiration zurück nach Hause.

Im Flieger fällt uns ein, dass

schon morgen die erste Kerze am

Adventskranz angezündet wird.

Die ersten Tage zuhause fühlen sich

an wie ein wenig zu kleine Schuhe:

irgendwie zwickt es überall ein

bisschen. Die Erinnerung an unser

Projekt in Addis ist sonnengelb

wie der Sinnespavillion und

erdrot wie der Boden dort. Addis

riecht, wie festgestellt haben nach

wenig, mit Tendenz zum Extrem.

Sie schmeckt nach süßer Mango,

milder Avocado und säuerlichem

Injerra. Ganz leise klingt da

auch noch dieses Kichern des

Kindes auf der Schaukel nach. Die

Erinnerung, ist sie auch für jeden

von uns anders, trägt wunderbar

durch die eiskalte Winterzeit, die

hier zuhause auf uns wartet.

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I n klusiver SpielraumI n klusiver Spielraum

Herausforderung ?!

Nur selten haben Kinder im Rollstuhl die Möglichkeit, ihren Körper intensiv zu spüren,

Urheber von außergewöhnlichen Bewegungen zu sein und sich herauszufordern. All diese

Elemente wollten wir gerne im inklusiven Spielplatz möglich machen.

Bäne und das Rollstuhlmechanikerteam von Addis Guzo brachten an die von Kinderland

Emsland gesponserte Partnerschaukel ein einzigartiges Klicksystem an, das einen raschen

Wechsel von der normalen Sitzfläche zu Sitzschalen mit Kopfstützen, seitlicher Führung

und Fixationsgurten ermöglicht, damit auch Kinder mit schwersten Beeinträchtigungen die

Schaukel benutzen können.

Die Rutsche ist über eine Rampe und eine Holzbrücke (die Aussicht lohnt sich!) erreichbar.

Für den Einstieg vom Rollstuhl aus sind Plattformen in unterschiedlichen Höhen und ein

Halteholz angebracht. Der Rutschenauslauf wurde um einen Holztisch erweitert, dieser

bremst aus. Seilgriffe erleichtern den Wiedereinstieg in den Rollstuhl. Für Kinder, die wieder

besonders geschützt und gestützt werden müssen, gibt es einen extra Schlupfsack mit

gepolstertem Kopfstück.

Im Endergebnis ist uns ein Platz geglückt, der für Kinder und Erwachsene, egal ob mit oder

ohne Einschränkungen, gleichermaßen ansprechend und herausfordernd ist.

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Vorher Nac hher

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E in Ge sprächWissenstransfer in Addis Abeba

Can you introduce yourself? Who are

you and what are your professions?

D: My name is Davit Tszara, 35 years old.

I am a plumber. I graduated in technical

school in Addis Abeba College.

M: I am Mezgebe, we are the same age:

35 years. I studied civil engineering,

which is „Bauingenieur“ in Germany.

But I am trying to move to playground

construction, this is something I really

like to do!

// How did you hear about this project?

M: From Martina, she works for the

German embassy school. We have a

common friend. She told me about this

project and suggested me to join because

she knows I’m doing playgrounds.

// What is your motivation to

participate in this project voluntarily?

M: Of course learning more about

building playgrounds. I came to Addis

Guzo first, a month ago but I had little

idea what they do. I was really interested

in the topic of building an inclusive

playground. So when I heard about

your plans to do this, this was really

something new I wanted to try and be

part of it to learn something.

// How does a normal playground look

like in Addis Abeba?

M: We have two types of playgrounds

here. Some people are using imported

plastic equipment. And some people do

playgrounds themselves out of metal

but the problem is, there is no standard.

Everyone is just doing it randomly the

way they like it. No standard, no safety.

// Why do you think playgrounds are

important for children?

D: Children learn to be confident there.

They learn to balance, use their fingers,

their feet, the whole body. They have

something to do and no one forces them.

M: Play is very important for the

development oft he children. They

increase their motor skills and they

even increase their mental strength. I

travelled many places so I could see the

difference between Ethiopian and other

children. Our children really lack play

experience, so sometimes they can’t

even jump over small things...

// What was your biggest learning when

building with us?

D: For me I like the workflow. Everybody

knows what to do. We have a different

experience. We are employees. We finish

everything on paper, but we can learn

on site also. We could see that you are

not rigid. You do something you learn on

site and you do it from the whole heart.

M: When you work, everyone can be

listened to. You listen to everybody. You

treat each other with respect.

// How was the work with Kai from the

KuKuk Team?

M: Kai gives us a lot of space. He let us

do everything. He teaches us, shows us

how to make it and let us do it ourselves.

D: He encouraged us to make some

mistakes, that’s how we learned. He

never got angry with us.

// What will you do with the knowledge

after the project?

D: We are currently planning another

project. But I can tell you, we learned a

lot! We can make it inclusive now! Before

you came here we never considered that

this is possible. And in one year, we

want to do the best playgrounds in the

country.

D A V I T U N D M E Z G B E B A U E N I N A D D I S A B E B A Z W E I W O C H E N L A N G F R E I W I L L I G M I T U N S A M S P I E L P L A T Z . I H R Z I E L : S E L B S T B E R U F L I C H S P I E L P L Ä T Z E I N A D D I S A B E B A B A U E N .

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„WHEN I F IRS T HA D T HE IDE A O F A

PL AYGROUND AS A G R E E N PA R A DIS E IN

HERE , IT SOUNDE D L IKE A CR A Z Y IDE A

B ECAUSE THERE A R E T HIN G S S O MU CH

MORE IMPORTAN T HE R E . S O W HE N W E

STARTED THE P R OJ E CT, IT WAS A R IS K .

NOW THAT WE S U CE E DE D, I ’M S U R E ,

THAT WE D IDN’ T O N LY B U ILD A PL AYG-

ROUND, BUT W E PL A N T E D A S E E D FO R

THE FUTURE . T HE R E S U LT IS O PE N IN G

DOORS. THE EN E GRY W E PU T IN T HIS

PL ACE CAUSE S MO R E C IR CLE S T HA N

WE ALL KNOW A B O U T. I KN O W A LR E A-

DY, THAT WE WI LL B E V IS IT E D FO R T HIS

PL AYG R O U N D.“

Martina, in der Abschlussrunde

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„ AT A DDIS G U Z O

WE ARE ST ILL LE A R N IN G.

GROW TH IS N OT O N LY IN S IZ E .“

Tamirat Belay,

Direktor von Addis Guzo Äthopien

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„ETHIOPIA IS A C O U N T RY W IT H

100 MILL ION IN HA B ITA N T S . A N D IN

8 DAYS OF WO R K YO U CR E AT E D T HE

MOST BEAUTIFU LL PL ACE O F T HE

WHOLE C O U N T RY.“

Behauptet eine Besucherin am

Eröffnungstag

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Fa zitWenn anstrengende Aufgaben mit Freude bewältigt werden, kann ein Raum in kurzer Zeit gemeinsam komplett verändert werden.

Wir haben Addis Guzo mit all seinen

liebenswerten Mitarbeitenden als

wunderbaren Ort der Erholung in

der turbulenten Stadt Addis Abeba

wahrgenommen. Hier konnten wir auf

Augenhöhe gemeinsam kreativ sein,

werken und wirken. Der entstandene

Spiel- und Sinnesgarten ist ein echtes

Gemeinschaftswerk: Keiner hätte diese

Leistung alleine vollbringen können.

Die gemeinsame Arbeitsatmosphäre

war geprägt von einem freudigen,

aufgeschlossenen und wohlwollenden

Miteinander. Jeder Charakter war

wichtig, hat etwas Eigenes mitgebracht.

Durch die Offenheit aller Beteiligten

konnten wir viel voneinander lernen:

Team KuKuk lernte neue lokale

Techniken wie Bambus- und Lehmbau

kennen, das Team von Addis Guzo, das

sonst meist in der Metallbearbeitung

tätig ist, wagte sich an das Thema

Holzverarbeitung. Innerhalb weniger

Tage wurden Kompetenzen klar. Jeder

wusste, wer wofür ansprechbar ist.

Die Gruppe entwickelte ihre eigene

Dynamik. Wie ein Puzzle hat sich

der Platz Stück für Stück zu einem

Gesamtwerk zusammengefunden. Kein

Teil, keine Erfahrung und Keiner hätte

fehlen dürfen.

Toll war es, nach Fertigstellung

noch einen kompletten Tag auf dem

fertigen Platz zu verbringen und ihn

in Anwendung zu sehen. Jeder von uns

hat sich an diesem Tag als Puzzleteil

wahrgenommen: allein zu klein um

etwas auszurichten, als Team jedoch

unschlagbar. Besonders emotional

war am Eröffnungstag, wie viele

Erwachsene beim Anblick der teils

schwerstbehinderten Kinder in der

Schaukel mit den Tränen kämpften oder

ihnen gleich völlig freien Lauf ließen.

Es fühlt sich fast so an, als hätte in Addis

Guzo nur noch dieser Sinnesgarten

gefehlt. Gefühlt komplettiert er diese

ganzheitlich aufgezogene Einrichtung.

Projekte wie dieses machen Mut, als

Initiativen, Vereine oder Ähnliches

gemeinsam die Gestaltung unserer

Umwelt in die Hand zu nehmen.

Wer, wenn nicht wir selbst, macht

Bildungseinrichtungen, Wohnblocks,

Parks und Städte zu lebenswerten

Orten?

RECHTS: FARBIGE HIGHLIGHTSGEBEN DER WILDEN NATÜRLICHEN STRUKTUR FORM UND KRAFT

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EIN GROSSES TEAM, STRAHLENDE GESICHTER: IN NUR WENIGEN TAGEN SIND FREMDE ZU FREUNDEN GEWORDEN. JEDES PUZZLESTÜCK IST AN SEINEN PLATZ GETRETEN UND AUF DAS ENTSTANDENE GESAMTBILD SIND WIR ALLE STOLZ!

WIR BEDANKEN UNS GANZ HERZLICH FÜR JEDE UNTERSTÜTZUNG, DIE DIESES

PROJEKT MÖGLICH GEMACHT HAT.FINANZIELL MIT MATERIALIEN, KNOW-HOW ODER MIT DER SCHAUFEL IN DER HAND!

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