alfried krupp und berthold beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise...

80
Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns Desislava Dimitrova [email protected] Permalink dieser Arbeit: http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf. Vorgeschlagene Zitation: Dimitrova , Desislava (2009): Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns, Berlin, Diplomarbeit, Institut für Management, Humboldt-Universität zu Berlin, Prüfer: Joachim Schwalbach, abrufbar unter: http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf . Dieses Werk ist der vollständige Abdruck der Diplomarbeit „Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns“, geschrieben am Institut für Management der Wirt- schaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, eingereicht am 11. September 2009. Mehr Informationen zum Thema auf www.der-ehrbare-kaufmann.de Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Überset- zung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksen- dung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlange, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutsch- land vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergü- tungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.

Upload: others

Post on 17-Oct-2020

3 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns 

 

Desislava Dimitrova

  [email protected]  

Permalink dieser Arbeit:

http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf.

Vorgeschlagene Zitation:

Dimitrova, Desislava (2009): Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns, Berlin, Diplomarbeit, Institut für Management, Humboldt-Universität zu Berlin, Prüfer: Joachim Schwalbach, abrufbar unter: http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf.

Dieses Werk ist der vollständige Abdruck der Diplomarbeit „Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns“, geschrieben am Institut für Management der Wirt-schaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, eingereicht am 11. September 2009.

← Mehr Informationen zum Thema auf www.der-ehrbare-kaufmann.de Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Überset-

zung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksen-dung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlange, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutsch-land vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergü-tungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.

Page 2: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Für meine Familie

Page 3: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Kurzfassung

I

Kurzfassung Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit ist die Betrachtung von Alfried Krupp von

Bohlen und Halbach und Berthold Beitz vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns. Sie

schließt damit an die wirtschaftsethisch fundierte Diskussion um den ehrbaren Kauf-

mann an, indem sie dieses Idealbild auf reale Personen bezieht. Anhand einer histori-

schen Analyse wird gezeigt, dass Berthold Beitz eher und Alfried Krupp von Bohlen

und Halbach eher nicht als ehrbare Kaufmänner betrachtet werden können. Zudem

wird bei der Analyse der Zusammenarbeit der beiden Männer im Krupp’schen Fami-

lienunternehmen besondere Aufmerksamkeit geschenkt und die These formuliert, dass

die Ehrbarkeit eines Kaufmanns durch die Handlungen eines anderen (ehrbaren)

Kaufmanns wiederhergestellt oder geschaffen werden kann. Die Arbeit versteht sich

außerdem als ein Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs, indem sie die Kriterien an

den ehrbaren Kaufmann, welche sich aus dem (Leit-)Bild ergeben, überprüft. Neben

diversen rein methodischen Aspekten wird der Problematik Rechnung getragen, dass

das pervertierte Ehrbarkeitsverständnis im Dritten Reich nicht mit den Ehrbarkeitskrite-

rien für den Kaufmann vereinbar ist. Hierdurch entsteht ein Dilemma.

Schlagwörter: Krupp, Beitz, ehrbarer Kaufmann, Ehrbarkeit, Wirtschaftsethik, Corporate Social Resonsibility (CSR), Moral, Tugend, Familienunternehmen

Abstract This thesis is concerned with the reflection of Alfried Krupp von Bohlen und Halbach

and Berthold Beitz in respect of the concept of the honorable merchant. It refers to the

discussion based on economic ethics by connecting this ideal with real persons. A his-

torical analysis shows that Berthold Beitz is more and Alfried Krupp von Bohlen und

Halbach is less to be classified as a honorable merchant. The analysis also focuses on

the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis

statement is being created that the honorability of a merchant can be established or re-

established by the acts of another honorable merchant. This thesis shall also provide a

contribution to the academic discourse by validating the criteria for the honorable mer-

chant that result from the ideal. Besides methodological aspects the following problem-

atic is taken into account: the comprehension of the term honorability had been per-

verted during the Third Reich and is therefore contradicting the criteria of the honorable

merchant. This is a dilemma.

Keywords: Krupp, Beitz, honorable merchant, honorability, economic ethics, Corporate Social Resonsibility (CSR), moral, virtue, family-owned enterprise

Page 4: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Vorwort

II

Vorwort Als ich zum ersten Mal von Berthold Beitz gehört habe, war ich sofort fasziniert von seiner Persönlichkeit, die Menschlichkeit und Entschlossenheit in sich vereinte. Es war der Wunsch geboren, meine Diplomarbeit über ihn zu schreiben. Bei einer ersten wei-tergehenden Recherche habe ich dann jedoch festgestellt, dass es nicht möglich war, die Person Berthold Beitz zu verstehen, ohne sich eingehend mit Alfried Krupp von Bohlen und Halbach zu beschäftigen. Den verurteilten Kriegsverbrecher vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns zu betrachten, galt mir als besondere Herausforderung, die ich gerne annahm.

Bis zu dieser Herausforderung habe ich eine interessante Studienzeit zurückgelegt, in der ich von meinen Eltern stets materielle und vor allem emotionale Unterstützung er-fuhr. Ich möchte ihnen an dieser Stelle von ganzem Herzen danken.

Ein herzliches Dankeschön gilt auch Herrn Dipl.-Kfm. Daniel Klink, der mich bei der Arbeit wissenschaftlich begleitet hat und mir viele hilfreiche Denkanstöße gegeben hat, sowie Herrn Prof. Dr. Joachim Schwalbach.

Page 5: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Inhaltsverzeichnis

III

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung .................................................................................................................... I

Abstract ........................................................................................................................... I

Vorwort ........................................................................................................................... II

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................ III

Bilderverzeichnis ......................................................................................................... VI

Tabellenverzeichnis ................................................................................................... VII

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................ VIII

1 Einleitung ................................................................................................................. 1

2 Relevante Begriffe ................................................................................................... 3 2.1 Allgemeines zu den Begriffsbestimmungen .............................................................. 3 2.1.1 Ethik ..................................................................................................................... 4 2.1.2 Corpororate Social Responsibility ........................................................................ 6 2.1.3 Moral .................................................................................................................... 7 2.1.4 Tugend ................................................................................................................. 8 2.1.5 Ehre ...................................................................................................................... 9 2.2 Typen von Wirtschaftssubjekten ........................................................................... 11 2.2.1 Kaufmann ........................................................................................................... 11 2.2.2 Unternehmer und Manager ................................................................................ 12 2.3 Begriff des ehrbaren Kaufmanns .......................................................................... 14 2.3.1 Definition und Bedeutung ................................................................................... 14 2.3.2 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns nach Klink ....................... 15

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse ................................................ 18

3.1 „Reise über die Generationen“ der Familie Krupp ................................................ 18 3.1.1 Allgemeines zur Reise über die Generationen ................................................... 18 3.1.2 Personen der Familie Krupp ............................................................................... 19 3.1.2.1 Helene Amalie Krupp (1732-1810) ..................................................................... 19 3.1.2.2 Friedrich Krupp (1787-1826) und die Gründung der Gussstahlfabrik (1811) ..... 20 3.1.2.3 Alfred Krupps Mutter Therese Helena Krupp (1790-1850) ................................. 20 3.1.2.4 Alfred Krupp (1812-1887) ................................................................................... 20 3.1.2.5 Friedrich Alfred Krupp (1854-1902) .................................................................... 22 3.1.2.6 Friedrich Alfred Krupps Frau Margarethe Krupp (1854-1931) ............................ 23 3.1.2.7 Bertha Krupp (1886-1957) .................................................................................. 24 3.1.2.8 Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (1870-1950) ......................................... 24 3.1.3 Betrachtung der Familie im Hinblick auf das Bild des ehrbaren Kaufmanns ...... 25

Page 6: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Inhaltsverzeichnis

IV

3.2 Alfried Krupp ......................................................................................................... 26 3.2.1 Allgemeines ........................................................................................................ 26 3.2.2 Kindheit und Schuljahre von Alfried Krupp ......................................................... 26 3.2.3 Ausbildung und Studium .................................................................................... 27 3.2.4 Alfried Krupps Familienleben ............................................................................. 28 3.2.4.1 Erste Ehe mit Anneliese ..................................................................................... 28 3.2.4.2 Alfried Krupps Sohn Arndt .................................................................................. 29 3.2.5 Alfried Krupps Anfang bei der Firma Krupp ........................................................ 29 3.2.6 Kriegsverbrechen und Prozess .......................................................................... 30 3.2.7 Nach dem Prozess ............................................................................................. 31 3.2.8 Betrachtung von Alfried Krupp vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns ............. 32 3.3 Berthold Beitz ....................................................................................................... 35 3.3.1 Allgemeines ........................................................................................................ 35 3.3.2 Geburt, Kindheit und Ausbildung von Berthold Beitz ......................................... 35 3.3.3 Zeit in Galizien .................................................................................................... 36 3.3.3.1 Angebot von Dutsch Royal Shell und Ehe mit Else Beitz geb. Hochheim ......... 36 3.3.3.2 Rettung von Juden in Galizien ........................................................................... 36 3.3.4 Erste Jahre nach Kriegsende ............................................................................. 39 3.3.5 Betrachtung von Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des

ehrbaren Kaufmanns .......................................................................................... 39 3.4 Zusammenarbeit und Beziehung zwischen Berthold Beitz und Alfried Krupp

von Bohlen und Halbach .................................................................................... 40 3.4.1 Allgemeines ........................................................................................................ 40 3.4.2 Treffen der beiden Männer: Alfried Krupp und Berthold Beitz ............................ 41 3.4.3 Berthold Beitz’ Umzug nach Essen und sein Anfang bei Krupp ......................... 42 3.4.4 Berthold Beitz und die Familie Krupp ................................................................. 43 3.4.5 Neuanfang bei Krupp ......................................................................................... 43 3.4.5.1 Alfrieds Ziele ....................................................................................................... 43 3.4.5.2 Berthold Beitz’ neue Public Relations (PR)-Strategie für Krupp ......................... 44 3.4.5.3 Neuorganisation durch Berthold Beitz ................................................................ 45 3.4.5.4 Schaffung eines neuen Direktoriums durch Berthold Beitz ................................ 45 3.4.6 Internationalisierungsbestrebungen von Alfried Krupp und Berthold Beitz ........ 45 3.4.6.1 Ostgeschäfte von Berthold Beitz ........................................................................ 45 3.4.6.2 Alfried und der Rest der Welt ............................................................................. 47 3.4.7 Bochumer Verein und Wiederherstellung des Konzerns .................................... 47 3.4.8 Selbstverständnis der „Kruppianer” und soziales Engagement von Krupp ........ 48 3.4.9 Schadensersatz für die Zwangsarbeiter ............................................................. 48 3.4.10 Die finanzielle Krise ............................................................................................ 49 3.4.11 Beziehung zwischen Alfried Krupp und Berthold Beitz ...................................... 50 3.4.12 Beitz als Vermittler zwischen Alfried und dessen Sohn Arndt ............................ 50 3.4.13 Tod des „Königs“ und Gründung der Stiftung ..................................................... 51 3.4.13.1 Alfrieds Lebensende und Erbschaftsverhältnisse ......................................... 51 3.4.13.2 Reaktion von Beitz nach dem Tod von Alfried Krupp.................................... 51 3.4.13.3 Weiterentwicklung der Stiftung und weitere Aktivitäten von Beitz................. 52

Page 7: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Inhaltsverzeichnis

V

3.4.14 Betrachtung der Ehrbarkeit von Alfried Krupp und Berthold Beitz in ihrer Zusammenarbeit ................................................................................................ 53

3.5 Zusammenfassende Betrachtung der Eigenschaften Alfried Krupps und Berthold Beitz vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns ....................................... 55

4 Diskussion und Ergebnis ..................................................................................... 60

5 Thesenförmige Zusammenfassung ..................................................................... 61

Anhang A: Stammtafel der Familie Krupp ................................................................ IX

Literaturverzeichnis ..................................................................................................... X

Page 8: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Bilderverzeichnis

VI

Bilderverzeichnis Bild 2.1 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns von Klink ...................... 16 Bild A.1 Stammtafel der Familie Krupp..........................................................................IX

Page 9: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Tabellenverzeichnis

VII

Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1 Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik ..................... 5 Tabelle 2.2 Erläuterung der Subebenen nach Bild 2.2 .................................................. 17 Tabelle 3.1 Vergleich der Eigenschaften von Alfried Krupp und Berthold Beitz ............ 55

Page 10: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Abkürzungsverzeichnis

VIII

Abkürzungsverzeichnis A Österreich (Austria)

AG Aktiengesellschaft

bzw. beziehungsweise

CC Corporate Citizenship

CH Schweiz

CSR Corporate Social Responsibility

D Deutschland

d.h. das heißt

F Frankreich

Frhr. Freiherr

GB Großbritannien

geb. geboren

hrsg. herausgegeben

NS Nationalsozialismus; nationalsozialistisch

NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

PR Public Relations

S. Seite

SS Schutzstaffel

u.a. unter anderem

USA United States of America

VBR Value Based Responsibility

vgl. vergleiche

z.B. zum Beispiel

ZDF Zweites Deutsches Fernsehen

Page 11: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

1 Einleitung

1

„Geld verloren, wenig verloren,

Ehre verloren, viel verloren,

Mut verloren, alles verloren“

Alfred Krupp1

1 Einleitung

Das Eingangszitat von Alfred Krupp, dem Urgroßvater von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach2 spiegelt die große Bedeutung wieder, die die Ehre für diesen erfolgrei-chen Unternehmensführer besaß. Der Begriff der Ehre oder vielmehr noch der Ehrbar-keit wirkt heute mitunter antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Doch in einer Zeit, in der Wirtschaftsskandale fast mit Regelmäßigkeit auftreten, rückt sich der Begriff in der Dis-kussion um soziale Ungerechtigkeiten wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Auch von Seiten der Wirtschaftsforschung hat der Begriff der Ehre im Diskurs um die Unterneh-mensverantwortung bzw. Corporate Social Responsibility (CSR) erneut an Relevanz gewonnen.

Der Begriff der Unternehmensverantwortung lässt mitunter den Eindruck entstehen, als seien es gesichtslose Firmen, welche ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft oder auch dem ökologischen Haushalt beweisen wollen oder müssen. Tatsächlich sind es jedoch einzelne, auf unterschiedliche Weise wirtschaftende Subjekte, welche das Unternehmen führen und somit die eigentliche Verantwortung tragen. Die Diskussion um den ehrbaren Kaufmann trägt diesem Gedanken Rechnung, indem die CSR-Diskussion von der Unternehmens- oder Mesoebene auf die Mikroebene verlagert wird, auf der einzelne Subjekte im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.3

Alfried Krupp und Berthold Beitz sind zwei Männer, die in ihrem Wesen und ihrem Wir-ken höchst unterschiedlich waren. Während Alfried Krupp als Kriegsverbrecher aus der Geschichte hervorging, wurde Berthold Beitz für seinen besonderen Einsatz für jüdi-sche Arbeiter der Zeit des Dritten Reiches in späteren Jahren geehrt. Der heute fast 96-jährige sieht sich mit unterschiedlichen Ehrenauszeichnungen überhäuft. Um jedoch die Person Beitz wirklich verstehen zu können, ist die Betrachtung des Krupp’schen Unternehmens sowie des Verhältnisses von Beitz zu Alfried Krupp notwendig. Dies spiegelt sich auch in folgendem Zitat von Berthold Beitz wieder: „Krupp ist meine Le-bensaufgabe.“4

1 Alfred Krupp zitiert nach Friz (1990, S. 6). 2 Im Folgenden wird bei Alfried Krupp von Bohlen und Halbach auf den Namensteil „von Bohlen

und Halbach“ aus Gründen der Lesbarkeit verzichtet. 3 Vgl. Klink (2008, S. 58). 4 Vgl. „Krupp ist meine Lebensaufgabe“. http://www.stern.de/wirtschaft/news/berthold-beitz-

krupp-ist-meine-lebensaufgabe-513532.html, 25.09.2003, Abrufdatum: 09.09.2009.

Page 12: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

1 Einleitung

2

Die Betrachtung der beiden Männer, deren Schicksal mit dem des anderen so sehr verflochten war, vor dem Bild5 des ehrbaren Kaufmanns ist Gegenstand dieser Arbeit. Es soll überprüft werden, inwieweit jeder einzelne diesem Bild entsprach. Gerade in der Analyse ihres Zusammenwirkens können dabei wichtige Aspekte zu Tage treten, welche in der bisherigen Diskussion noch keine Beachtung fanden.

Die Arbeit gliedert sich in folgende Teile:

• Klärung der grundlegenden Begriffe sowie der theoretischen Grundlage um den

ehrbaren Kaufmann

• Historische Analyse der für die Unternehmensgeschichte des Familienunterneh-

mens Krupp wichtigsten Mitglieder der Familie sowie der Personen Alfried Krupp

und Berthold Beitz

• Diskussion der Ehrbarkeit der vorgestellten Personen vor dem Hintergrund des

Bildes des ehrbaren Kaufmanns

• Abschließende Zusammenfassung und thesenförmige Zusammenfassung der

wichtigsten Ergebnisse.

Die CSR-Diskussion ist sehr lebendig, und es gibt viele, teils widersprüchliche Theo-rien. Ziel dieser Arbeit ist es daher nicht, eine erschöpfende Diskussion der theoreti-schen Positionen durchzuführen. Vielmehr soll das theoretische Fundament, auf dem der Diskurs zum ehrbaren Kaufmann aufbaut, dargestellt werden, um im Anschluss die Persönlichkeiten Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns lebendig werden zu lassen.

Hierzu wird zunächst in einer „Reise über die Generationen“ ein Überblick über die wichtigsten Akteure in der Familie Krupp gegeben, da das Verständnis der engen Ver-bundenheit der Familie Krupp zum Unternehmen maßgeblich für das von Alfried Krupp selbst ist. Im Anschluss werden Alfried Krupp und Berthold Beitz zunächst getrennt vorgestellt. Für die Zeit ihrer Zusammenarbeit erfolgt eine weitere Darstellung in einem eigenen Abschnitt. Die Darstellung der Persönlichkeiten erfolgt chronologisch, zum einen, um Verwirrung zu vermeiden, zum anderen, um die inneren Zusammenhänge der Geschehnisse und Handlungen deutlich werden zu lassen. Jeder Abschnitt endet jedoch mit einer kurzen Betrachtung darüber, wie diese dieser beiden Männer im Zu-sammenhang mit dem Bild des ehrbaren Kaufmanns zu werten sind.

5 Im Sinne dieser Arbeit wird von dem Bild, nicht – wie im Diskurs üblich – von dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns gesprochen. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass es innerhalb die-ser Arbeit vielmehr um Prüfungskriterien geht, um herauszufinden, ob Alfried Krupp und Ber-thold Beitz ehrbare Kaufleute waren oder nicht. Um die Vorbildfunktion geht es hierbei jedoch weniger.

Page 13: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

3

Die vorliegende Arbeit ist rein qualitativer Natur. Zu den verwendeten Quellen gehören:

• wissenschaftliche Monographien

• Monographien ohne wissenschaftlichen Anspruch

• Enzyklopädien

• Zeitschriftenartikel

• Internetquellen.6

Der Einbezug nicht-wissenschaftlicher Literatur macht deutlich, dass die verwendeten Quellen eine unterschiedliche Wertigkeit besitzen. Erschwerend tritt noch hinzu, dass bzgl. des Unternehmens Alfried Krupp äußerst divergente Meinungen herrschen. So spricht Friz von zwei historisch gewachsenen Lagern: den Krupp-Hassern und den Krupp-Verehrern.7 Auch bleibt zu beachten, dass einige der verwendeten Monogra-phien – so die von Diana Maria Friz8 und Tilo Frhr. von Wilmowsky – von Autoren ge-schrieben wurden, welche ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Krupp’schen Klan aufweisen. Die somit stärker persönlich gefärbte Darstellung von Alfried Krupp und dem Unternehmen wird jedoch hingenommen, da gerade diese Quellen besondere Einblicke gewähren. Dieser Tatsache wird jedoch durch sorgsame Analyse Rechnung getragen. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass auch der Einbezug der tiefenpsycho-logischen Analyse der Krupp’schen Familie durch Calogeras in die historische Analyse stattfindet. Dies ermöglicht es, tiefe Einblicke in Bezug auf die einzelnen Familienmit-glieder und insbesondere auf Alfried Krupp zu gewinnen.9

2 Relevante Begriffe

2.1 Allgemeines zu den Begriffsbestimmungen

Für die Diskussion des ehrbaren Kaufmanns muss zunächst geklärt werden, was in-nerhalb dieser Arbeit unter Ehrbarkeit und was unter Kaufmann verstanden wird. Der Begriff der Ehre bzw. Ehrbarkeit ist nicht isoliert zu betrachten, sondern sollte im Kon-text der philosophischen Konzepte erläutert werden, auf die er aufbaut. Im Folgenden

6 Der ZDF-Dreiteiler „Krupp – Eine deutsche Familie“ wurde innerhalb dieser Arbeit nicht als

Quelle verwendet. Zum einen schien die äußerst positive Darstellung Alfried Krupps drama-turgischen Gründen und nicht der historischen Realität zu entspringen. Zum anderen konn-ten keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gefunden werden.

7 Vgl. Friz (1990, S. 9). 8 Diana Maria Friz, die Nichte von Alfried Krupp, ist als äußerst kritisch gegenüber Berthold

Beitz und weniger kritisch gegenüber ihrem Onkel einzustufen. Sie äußert sich dennoch viel-fach positiv gegenüber Beitz.

9 Auf eine tiefer gehende psychologische Betrachtung wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.

Page 14: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

4

werden daher die für die Bestimmung des Ehrbegriffs hilfreichen philosophischen Grundbegriffe Ethik, Moral und Tugend sowie der Begriff der Ehre selbst erläutert. Da-bei wird auch der Bezug zu unternehmens- und unternehmerspezifischen Fragestel-lungen hergestellt. Ein besonderer Blick wird außerdem auf den Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) geworfen, da die Diskussion um den ehrbaren Kaufmann in jene um die CSR eingebettet ist.10

Im Anschluss wird der Begriff des Kaufmanns diskutiert. Dabei wird geprüft, ob der relativ eng gehaltene Begriff des Unternehmers bzw. Managers erweitert werden kann, wie es für die Betrachtung von Alfried Krupp und Berthold Beitz notwendig ist.

2.1.1 Ethik

Das Wort „Ethik“ entstammt dem Griechischen; „éthos“ bedeutet soviel wie „Gewohn-heit“, „Herkommen“ bzw. „Sitte“. Die Ethik hat die Moral zum Gegenstand.11 „Die Ethik reflektiert die M., um eth. Handlungsregeln und Normensysteme zu begründen.“12 Sie beschäftigt sich mit den Handlungsregelungen unter zweierlei Gesichtspunkten: Zum einen soll der ethisch Handelnde ein glückliches Leben führen, zum anderen muss er in seinem Handeln die Interessen anderer berücksichtigen. Es wird heute unterschie-den zwischen einem deskriptiven, d.h. beschreibenden, und einem normativen bzw. präskriptiven, also vorschreibenden, Ethikbegriff. Im weiteren Sinne wird zusätzlich unterschieden in Metaethik, angewandte Ethik und eine Ethik des guten Lebens.13

Zudem wird vor dem Hintergrund von Korruptionsaffären, Bilanz- und Umweltskanda-len und Ähnlichem seit Mitte der 1980er Jahre im deutschsprachigen Raum eine zu-nehmende Sensibilisierung für wirtschaftsethische Fragestellungen beobachtet.14 Das Verhältnis von Ethik und Wirtschaft lässt sich in Abhängigkeit von den Handlungsträ-gern als Vier-Ebenen-Konzept darstellen (vgl. Tabelle 2.1).

10 Vgl. Klink ( 2008, S. 58). 11 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 449). 12 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 793). 13 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 449). 14 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm,

30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009.

Page 15: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

5

Tabelle 2.1 Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik15

Handlungsebene Handlungsträger Handlungsfeld

Mikroebene Individuum als Person Führungsethik

Mesoebene Unternehmen, Institutionen Unternehmens-/ Managementethik

Makroebene Aggregation der Individuen, Gesellschaft Wirtschaftsethik

Superebene Weltgemeinschaft Internationale Wirtschafts- und Unternehmensethik

Die individuelle Mikroebene beschreibt die Führungsethik, die institutionelle bzw. Mesoebene die Unternehmensethik, die gesellschaftliche oder Makroebene die Wirt-schaftsethik, und auf der Superebene wird infolge fortschreitender Globalisierung die Internationale Wirtschafts- und Unternehmensethik diskutiert. Handlungsträger der Führungsethik ist das Individuum als Person. Führungsethik befasst sich mit dem sittli-chen, guten aber auch rechten Führungsverhalten der Führungskraft. Die Unterneh-mens-/Managementethik ist ein Teil der „Wirtschaftsethik, der sich mit den eth. Pflich-ten, Werten und Tugenden der privaten auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unter-nehmen sowie der unternehmensähnl. Organisationen und gemeinnützigen Unterneh-men befasst. Wesentl. Ansatzpunkt der U. ist das Management von Unternehmen“16. Die Unternehmens-/Managementethik stellt die Frage nach den Werten und Maßstä-ben von Unternehmern im Umgang mit ihrer Umgebung, d.h. mit seinen Kunden, Mit-arbeitern, Kapitalgebern, Lieferanten und auch der Öffentlichkeit.17 Die Wirtschaftsethik als interdisziplinäre Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaft und angewandter Ethik bezeichnet „sowohl für das in der Wirtschaft wirksame und gesollte Berufsethos und die persönl. Moralität der Wirtschaftsakteure als auch die wiss. Untersuchung dieser Ethik der Wirtschaft.“18 Bei der internationalen Wirtschafts- und Unternehmensethik kommt zusätzlich die globale Dimension hinzu.19

Außer den bereits genannten gibt es weitere Formen der Ethik.20 Gemäß Witt wird die Handlungsethik in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung „... als ein nutzenma-ximierendes Verhalten zum Aufbau von Reputation und zur Senkung von Transakti-onskosten in wiederholten Spielen aufgefasst. […] in ihr kommen moralische Werte oder Maßstäbe zunächst nicht vor.“21 Eine besondere Bedeutung für die Unterneh-mensführung hat die von Habermas entwickelte kommunikative Ethik oder Diskurs-

15 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm,

30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009. 16 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 398). 17 Vgl. Witt (2007, S. 90). 18 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 175). 19 Vgl. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm, 30.03.2008, Abrufdatum :

03.09.2009. 20 Vgl. Witt (2007, S. 90). 21 Witt (2007, S. 90).

Page 16: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

6

ethik22; die in ihrem „...Zentrum die Kommunikation in Form eines herrschaftsfreien und rational-argumentativen Dialogs steht, der die gerechtfertigten Bedürfnisse eines jeden angemessen berücksichtigt.“23 Die Diskursethik hat die Darlegung gerechtfertigter Normen zum Ziel.24

In der Wirtschafts- und Unternehmensethik werden außerdem folgende ethisch-normative Managementkonzepte unterschieden: Stakeholdermanagement, Value Ba-sed Responsibility (VBR), Corporate Social Responsibility (CSR)25 und Corporate Citizenship (CC). Da die CSR für diese Arbeit besondere Bedeutung hat, wird sie im folgenden Abschnitt gesondert behandelt.

2.1.2 Corpororate Social Responsibility

CSR wird zwar als Begriff in der Literatur uneinheitlich definiert, es findet sich aber als gemeinsamer Nenner die freiwillige Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung durch das Unternehmen.26 Als Arbeitsbegriff für diese Diplomarbeit wird die Definition der EU-Kommission herangezogen:

„... ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilli-ger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstä-tigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrie-ren.“27

Dabei wird der Diskurs im Zusammenhang mit dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns bei Klink von der Meso- auf die Mikroebene verlagert:28

„Der vorliegende Beitrag zum Ehrbaren Kaufmann stellt jedoch die Mik-roebene in den Vordergrund und trägt damit der Tatsache Rechnung, dass der überwiegende Teil der Unternehmen in Deutschland in der Struktur eines eigentümergeführten Familienunternehmens beschaffen ist […]29, in denen sich die individuellen Handlungen des Unternehmers schwer von denen des Unternehmens trennen lassen.“30

22 Die Bedeutung der Diskursethik für die Wirtschaft wird bei Stern (1996) ausführlich diskutiert

(vgl. Die Umsetzung der Diskursethik in der modernen Unternehmung. http://www.diskursethik.de/, Abrufdatum: 07.09.2009.).

23 Vgl. Diskursethik.http://www.cpw-online.de/lemmata/ diskursethik.htm, Abrufdatum : 07.09.2009, sowie Witt (2007, S. 92-93). 24 Vgl. Diskursethik.http://www.cpw-online.de/lemmata/ diskursethik.htm, Abrufdatum: 07.09.2009. 25 Zur Definition des für diese Arbeit relevanten Begriffs der CSR siehe Abschnitt 2.1.2. 26 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm,

30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009. 27 KOM (2001, S. 7). 28 Vgl. Klink (2008, S. 72). 29 Klink (2008, S. 72) verweist hier in einer Fußnote auf http://www.familienunternehmen.de/

media/public/pdf2007/Volkswirtschaftl_Bedeutung_FU.pdf, Abrufdatum 07.09.2009. 30 Klink (2008, S. 72).

Page 17: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

7

Diese Argumentation ist gerade bei der Betrachtung des traditionell geführten Fami-lienunternehmens Krupp direkt übertragbar, und zwar sowohl auf Alfried Krupp, der das Unternehmen als Alleinerbe übernahm, als auch auf Berthold Beitz. Dieser bekam 1952 von Alfried Krupp die Position eines Generalbevollmächtigten angeboten und wurde 1953 nach Rückübertragung des Unternehmens Krupps persönlicher Vertrauter. Beitz unterstützte Krupp bei seiner Unternehmensführung in einem Ausmaß, welches die besondere Position und Bedeutung von ihm für das Unternehmen deutlich macht.

2.1.3 Moral

Das Wort „Moral“ leitet sich vom lateinischen Wort „mos“ ab, das „Sitte“ bedeutet. 31 Die Moral dient als

„...Sammel-Bez. für die der gesellschaftl. Praxis zugrunde liegenden und als verbindlich akzeptierten ethisch-sittl. Normen(systeme) des Handelns und der Werturteile, der Tugenden und Ideale einer bestimmten Gesell-schaft, bestimmter gesellschaftl. Gruppen und der ihnen integrierten Indi-viduen bzw. einer histor. Epoche“.32

Im Gegensatz zum gesetzlichen Recht, welches das äußere Verhalten beeinflusst, wirkt die Moral auf die Gesinnung des Menschen. Moralisches Verhalten kann nur in-soweit erzwungen werden als es durch rechtliche Vorschriften vorgeschrieben ist.33 „Das Recht ist […] nichts anderes als das ethische Minimum. Anstand, respektvoller Umgang und soziales Engagement sind rechtlich nicht einforderbar, sie gehören in den Bereich der Moral.“34

Kant verwendet die Begriffe Ethik und Moral noch weitgehend synonym. Hegel unter-scheidet hingegen zwischen Moral, „... ,Moralität’ im Sinn individueller Überzeugung, und ,Sittlichkeit’ im Sinn von durch Recht und Verfassung gestütztem, historisch-kulturell bedingtem Institutionssysteme einer Gesellschaft“.35 Auch bei der Betrachtung des ehrbaren Kaufmanns ist also zu unterscheiden zwischen einer persönlichen Ebe-ne, auf der das Individuum nach bestem Wissen und Gewissen moralisch handelt, und einer gesellschaftlichen Ebene, auf der es sich gemäß gültigem Recht und dem kultu-rell bedingtem Orientierungssystem moralisch verhält.

Auch die Unternehmenskultur im Sinne einer Unternehmensphilosophie kann als Orientierungssystem herangezogen werden. Dabei tritt besonders in der moralischen Wertung einer Führungskraft die Vorbildfunktion derselbigen in den Vordergrund. Denn im Unternehmen ist das konkrete Erleben moralischen Handelns ein wichtiger Faktor der ethischen Kompetenzbildung. Aus diesem Grunde sollte Klarheit über die ethi-

31 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 2086). 32 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 793). 33 Vgl. Burkhart (2006, S. 120). 34 Burkhart (2006, S. 120). 35 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 2086).

Page 18: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

8

schen Prinzipien im Unternehmen bestehen; Vorgesetzte müssen sich ihrer Vorbild-funktion bewusst sein.36

2.1.4 Tugend

Das Wort „Tugend“ leitet sich vom Althochdeutschen „tugund“ ab; dies bedeutet soviel wie „Tauglichkeit“ oder „Kraft“. Seit Platon und Aristoteles ist die Tugend ein Grundbe-griff der Ethik.37 „T. bezeichnete zunächst allg. jede vollkommen entwickelte menschl. Fähigkeit auf geistigem und seel. Gebiet, das Vermögen, Leistungen zu vollbringen, die man als wertvoll anerkennt.“38 Ferner umschreibt der Begriff

„... jede voll entwickelte geistig-seelische Fähigkeit, so auch die des theo-retischen Verhaltens […] bes. aber das zur Grundhaltung ausgebildete und das Lebensverhalten im ganzen prägende sittlich-praktische Vermö-gen, in Freiheit das Gute zu verwirklichen.“39

Eine weitere Definition nach Velasquez bringt sie in direktem Zusammenhang mit dem Begriff der Moral; sie sieht die Tugend als die Übereinstimmung des eigenen Verhal-tens mit bestimmten Moralstandards.40

Die inhaltliche Bestimmung der Tugenden ist jeweils vor dem Hintergrund der philoso-phischen bzw. ethischen Denkweisen der historischen Epochen zu sehen. Im antiken Griechenland erfolgte durch Sokrates - vom sophistischen Tugendverständnisses ei-nes Sich-Behauptens in einer feindlichen Umwelt abweichend – erstmals eine Vergeis-tigung des Begriffes durch die Definition „... als Gesinnung des inneren Menschen, die auf Verwirklichung moral. Werte ausgerichtet ist.“41 Sein Schüler Platon reduzierte ver-schiedene Einzeltugenden auf vier Grund- bzw. Haupttugenden. Zu diesen zählte ne-ben Weisheit, Tapferkeit und Besonnenheit auch die Gerechtigkeit.42 Während Aristote-les davon ausgegangen war, dass Tugenden angelernte Eigenschaften sind43, vermu-ten Peterson und Seligman, dass es bestimmte Grundtugenden gibt, die genetisch bedingt sind. Diese sind Weisheit, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Transzendenz.44

36 Vgl. Maak/Ulrich (2007, S. 485). 37 Vgl. Halder (2000, S. 338), Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 38 Brockhaus Enzklopädie (2006, S. 73). 39 Halder (2000, S. 338). 40 Vgl. Velasquez (1998) in Wright/Goodstein (2007, S. 931). 41 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 42 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 43 Vgl. Wright/Goodstein (2007, S. 936). 44 Vgl. Peterson/Seligman (2004) zitiert in Wright/Goodstein (2007, S. 931-932).

Page 19: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

9

2.1.5 Ehre

Das Wort „Ehre“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „êre“ ab. Diese bedeutete soviel wie „Ansehen“ oder „Ruhm“ und war verbunden mit dem Begriff der Tugend.45 So be-merkt Klink in Anlehnung an Stippel:

„Ehre ist keine einzelne Tugend aus vielen (z.B. Tapferkeit, Gerechtig-keit, Wahrhaftigkeit), sie ist vielmehr das Resultat der angewandten Tu-genden des Individuums. Sie wird zum Ausdruck seines Wertes, der wiederum mit den Wertanschauungen der Epoche korreliert.“46

Der Begriff der Ehre beschreibt heute die „im mitmenschl. Zusammenleben durch Wor-te und Handlungen bekundete Achtung gegenüber einer Person; das Angesehensein aufgrund einer geschätzten Tugend (guter Ruf).“47 Diese Definition der Brockhaus En-zyklopädie impliziert, dass der Ehrbegriff dem historischen Wandel unterliegt.48 „Jede Epoche, jede Kultur bildet so ihr eigenes, jeweils anders akzeptiertes Verhältnis zu den Sachverhalten aus, auf die sich der Ausdruck ,Ehre’ bezieht.“49 Die die Ehre begrün-denden Qualitäten können sich dabei auf die Leistung – so auf besondere Kenntnisse oder den Einsatz für die Gemeinschaft – beziehen oder aber von gesellschaftlichen Normen abhängen. Insofern werden Attribute wie Besitz, Alter oder Herkunft mit dem Ehrbegriff verknüpft.50

Im Gegensatz zum früheren Ehrbegriff, der primär an Stand und Besitz gebunden war, bedeutet Ehre heute „... einerseits die individuelle Selbstwertschätzung, und anderer-seits die durch andere zum Ausdruck gebrachte Annerkennung einer Person, die als Anrecht in der universal geltenden Menschenwürde aufgehoben ist.“51

Gemeinhin erfolgt eine Segmentierung der Ehre in innere und äußere Ehre. Die innere Ehre umschreibt das Ehrgefühl bzw. die Achtung des Menschen vor sich selbst und seine Integrität. Sie ist identisch mit dem Gewissen. Die äußere Ehre wiederum be-zeichnet die gesellschaftliche Stellung eines Menschen, in der dieser seine soziale Existenz besitzt.52 Ein gewisses Maß der Ehre ist somit für jedes Individuum überle-benswichtig.53

45 Vgl. Schade (1866, S. 86). 46 Klink (2007, S. 4), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. Vgl. hierzu auch Stippel (1938, S. 2). 47 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 504). 48 Vgl. hierzu auch Vogt/Zingerle (1994, S. 9) sowie Burkhart (2006, S. 26). 49 Vogt/Zingerle (1994, S. 9). 50 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 504). 51 Burkhart (2006, S. 113). 52 Vgl. Helle (1969, S. 6). 53 In der Bundesrepublik wird dem Rechenschaft getragen, indem in der Grundverfassung die

persönliche Ehre des Menschen als zu schützendes Rechtsgut behandelt wird. Zudem wird durch die Verfassung die besondere Ehrung von Menschen, die sich um das Gemeinwohl

Page 20: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

10

„Die Öffentlichkeit als sozialer Raum aber ermöglicht erst die Existenz von Ehre. Denn es erfordert immer andere, um ehrenhaft zu sein. Zwar kann der Einzelne seine Ehre als naturgemäß gegeben empfinden, doch dieses individuelle Ehrgefühl besteht im Wesentlichen in dem Anspruch an die Mitmenschen, ihm seine Ehrenhaftigkeit zu bestätigen.“54

Die hohe Bedeutung der Ehre in der Gesellschaft kann mitunter sogar soweit gehen, dass der Ehrenmann sich selbst riskieren muss, um der Gesellschaft zu demonstrie-ren, dass ihm die Gesellschaft wichtiger ist als die eigene Person, die eigene Exis-tenz.55

Eine nahe Verwandtschaft besteht zwischen dem Begriff der persönlichen Ehre und dem des wirtschaftlichen Rufs.56 Dabei wurde gerade im wirtschaftlichen Zusammen-hang der Begriff der Ehre durch den der Reputation abgelöst.57 Eine kurze Betrachtung dieses Begriffes bleibt im Rahmen der Diskussion um die Ehrbarkeit daher unerläss-lich. Schranz argumentiert dabei folgendermaßen:

„Die Reputation löst den vormodernen Begriff der Ehre ab. Die Anerken-nungsform der Ehre in der Vormoderne kann nicht erworben werden, sondern ist von Geburt an gegeben und eng mit dem Kollektiv verbun-den. Ehre wird nicht individuell ausgeübt, sondern Ehre verteidigt man immer im Interesse des Kollektivs“58.

Die Ehre wirkt somit konstitutiv und stabilisierend in hierarchisch-stratifikatorisch struk-turierten Gesellschaften.59 „Im Gegensatz zur Ehre ist die moderne Anerkennungsform der Reputation nicht an den Stand gebunden, sondern durch Leistung erwerbbar.[...] Die beiden Anerkennungsformen unterscheiden sich daher gerade durch den Grad ihrer kommunikativen Konstruierbarkeit.“60 Dabei ist der Aufstieg des Begriffs der Re-putation von dem der Würde begleitet, welcher im Gegensatz zur Ehre die sozialen Schichtgrenzen durchbricht. Schranz unterscheidet zwei Typen der Reputation: Zum einen bezieht sich die funktionale Reputation auf die Funktionen des Teilsystems. D.h., von Personen in Unternehmen wird erwartet, dass sie sich z.B. durch ökonomische Kompetenz auszeichnen. Zum anderen wird in Anlehnung an die Würde die soziale Reputation an einer allgemein verbindlichen, systemübergreifenden Sozialmoral fest-gemacht. D.h., die funktionale Kompetenz muss im Rahmen der gesellschaftlichen Normen und Werte angewandt werden.61

besonders verdient gemacht haben, z.B. durch Ehrenbürgerrechte ermöglicht. Vgl. hierzu Burkhart (2006, S. 113).

54 Brüggenbrock (2006, S. 17). 55 Vgl. Stagl (1994, S. 38). 56 Helle (1957, S. 3). 57 Vgl. Schranz (2007, S. 78). 58 Schranz (2007, S. 78). 59 Vgl. Schranz (2007, S. 78). 60 Schranz (2007, S. 78). 61 Vgl. Schranz (2007, S. 78-79).

Page 21: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

11

Es stellt sich hier die Frage, ob der Begriff der Ehre bzw. der Ehrbarkeit für die heutige Diskussion nicht nur antiquiert klingt, sondern es auch ist. In Bezug auf Alfried Krupp kann vielleicht noch von einer standesgemäß erworbenen Ehre als Kaufmann gespro-chen werden, da er das Unternehmen in seiner Familientradition geerbt und übernom-men hat. Hingegen erscheint für die Betrachtung von Berthold Beitz ausschließlich der Begriff der Reputation angemessen. Hierzu ist zu sagen, dass es hinsichtlich der Be-deutung der Ehre im Diskurs um den ehrbaren Kaufmann noch Diskussionsbedarf be-steht. Daher kann innerhalb dieser Arbeit keine abschließende Aussage getroffen wer-den. Allerdings erscheint gerade der leicht veraltet klingende Begriff der Ehre dazu geeignet, die Menschen aufhorchen zu lassen und sich nach etwas scheinbar in der Vergangenheit verloren Gegangenem zurückzuwenden. Eine Aufladung des Begriffs mit neuer Bedeutung verspricht somit sinnvoll zu sein.

2.2 Typen von Wirtschaftssubjekten

Nachdem der Begriff der Ehrbarkeit erläutert wurde, muss der des Kaufmanns definiert werden. Für die Diskussion des Leitbildes des ehrbaren Kaufmanns unterscheidet Klink vier Arten von Wirtschaftssubjekten, welche auch heute noch relevant sind: den Eigenwirtschaftler, den Kaufmann, den Unternehmer und den Manager.62

Für die vorliegende Arbeit ist nicht nur die Definition des Begriffs des Kaufmanns not-wendig; speziell für die Beschreibung von Berthold Beitz und Alfried Krupp in ihren Funktionen im Unternehmen Krupp ist eine Definition der Begriffe Unternehmer und (Top-)Manager unerlässlich. Auch ist vor dem Hintergrund der historischen Entwick-lung der Firma Krupp der Begriff des Familienunternehmens zu definieren.

2.2.1 Kaufmann

Der Kaufmann ist im „... Sprachgebrauch jeder kaufmännische Tätige, im Rechtssinne nur, wer selbstständig ein Handelsgewerbe betreibt (nicht z.B. der Handlungsgehil-fe).“63 Diese Definition macht bereits deutlich, dass der Begriff des Kaufmanns kein eindeutiger ist. In Anbetracht der Tatsache, dass sich zum heutigen Zeitpunkt bereits mehrere Verständnisarten des Kaufmannbegriffs finden, erscheint der Versuch, eine Definition zu finden, welche den Auffassungen längs der historischen Entwicklungs-achse gerecht wird, illusorisch.

Für die Definition des Kaufmanns und auch des Unternehmers an sich haben vor allem die Klassifizierungen nach Sombart und Schumpeter große Bedeutung. Nach Sombart hat der Kaufmann eine evolutionäre Veränderung durchgemacht vom „Handwerker-„ über den „Übersee-“ zum „Produzent-Kaufmann“ und schließlich zum „Kapitalistischen

62 Vgl. Klink (2007, S. 5-10), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 63 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 1660).

Page 22: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

12

Unternehmer“.64 Für diese Arbeit zweckdienlicher erscheint das Verständnis nach Schumpeter. Dieser wiederum sieht in seinem funktionsorientierten Ansatz den „Fab-rikherrn und Kaufmann“ als einen Typus des modernen Unternehmers;65 er ordnet den Begriff des Kaufmanns somit dem des Unternehmers unter.

Was den Kaufmann unter den Unternehmern im Besondern ausmacht, ist sein kapita-listischer Charakter und die Tatsache, dass er eine soziale Klasse bildet.66 Eine beson-dere Rolle spielen hierbei Familienunternehmen: Zwar lässt sich die Unternehmerfunk-tion als solche nicht weitervererben, es kam jedoch vor, „... daß sich ein Individuum, besonders aber im Laufe von Generationen eine Familie, zur Unternehmerposition emporarbeitet67. Vererbter Besitz kann somit die Unternehmerrolle erleichtern.68

Die besondere Beziehung, die der „Fabrikherr und Kaufmann“ zum familiengeführten Unternehmen besitzt, wird aus dem folgenden Zitat deutlich:

„Obgleich das an dem Wesen der Sache nichts ändert, so erklärt es doch den sozialen und psychischen Habitus dieses Typus und seiner Kultur. Er steht inmitten der bürgerlichen Wirtschafts- und Gedankenwelt, deren kräftigstes Element er bildet. Er verkörpert und erstrebt Ideale bürgerli-cher Wohlanständigkeit, Geschäftstüchtigkeit, Lebensform. Er ist der Mann des Familiensinns und der Autokrat ,seines’‚ Betriebs, mit der Ten-denz, jeden Eingriff von Gesetzgebung und Verwaltung nicht nur als un-angenehm, sondern auch als sinnlos zu betrachten. Sein Eigeninteresse ist vor allem an der Fürsorge für Gegenwart und Zukunft der Familie und an arationaler Liebe zur Firma, sein soziales Gefühl am Moment der freiwilligen ,Fürsorge’‚ orientiert.“69

Das soeben beschriebene Kaufmannsverständnis erscheint hinreichend anwendbar auf Alfried Krupp zu sein, der als Erbe des Familienunternehmens Krupp die Geschäf-te seiner Vorfahren übernahm. Nicht aber geeignet ist diese Definition zur adäquaten Beschreibung von Berthold Beitz. Daher wird für die weitere Diskussion um das Bild des ehrbaren Kaufmanns eine andere Klassifikation von Wirtschaftssubjekten notwen-dig, die nicht nur den Kaufmann, sondern auch den Unternehmer und Manager mit einbezieht.

2.2.2 Unternehmer und Manager

Der Unternehmer wird definiert als eine „Persönlichkeit, die eine […] Unternehmung plant, mit Erfolg gründet und/oder selbstständig und verantwortlich mit Initiative leitet,

64 Vgl. Sombart (1923, S. 3-8). 65 Die weiteren Typen waren die des „modernen Industriekapitäns“, des „Direktors“ und des

„Gründers“, welche gemäß Schumpeter in dieser Reihenfolge in zunehmendem Maße die reine Unternehmerfunktion verwirklichen. Vgl. Schumpeter (1987, S. 154-155).

66 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 67 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 68 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 69 Schumpeter (1987, S. 153-154).

Page 23: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

13

wobei sie persönliches Risiko oder Kapitalrisiko übernimmt.“70 Traditionellerweise wird in der Lehre der Unternehmensführung von der Einheit von Unternehmenseigentum und Verfügungsgewalt darüber ausgegangen. Die Leitungsfunktion des Unternehmers ist jedoch mit wachsender Bedeutung der Kapitalgesellschaften zunehmend an ange-stellte Mitglieder der Geschäftsleitung, d.h. Manager, übergegangen.71

Der Begriff des Unternehmers ist nicht statisch und daher vor dem Hintergrund seiner historischen Entwicklung zu sehen.72 Im Rahmen der begrifflichen Unternehmerfor-schung greift Welzel den funktionsorientierten Ansatz Schumpeters auf, geht über die-sen jedoch hinaus und nimmt eine Erfassung des Unternehmerbegriffs und dessen Diskussion im internationalen Vergleich vor.73 Durch Klassifizierung erlangt er drei un-ternehmerische Idealtypen74:

• Der selbständige Unternehmer75 ist Eigentümer und Vorstand einer kleineren oder

mittleren Unternehmung. Er verhält sich aktiv-dynamisch. Seine Funktion liegt in

der Gründung und/oder Führung seiner Unternehmung.

• Der angestellte Top-Manager76 ist in einem großen Unternehmen beschäftigt und

führt dieses. Da er nicht Eigentümer des Unternehmens ist, verhält er sich im eng-

lischsprachigen Raum eher administrativ, im deutschen und französischen Sprach-

raum auch zunehmend innovativ

• Der Intrapreneur, der im englischsprachigen Raum vertreten ist, operiert als unter-

nehmerischer Mitarbeiter auf mittlerer hierarchischer Ebene. Er besitzt kein Eigen-

tum an der Unternehmung. Seine Funktion ist die Umsetzung innovativer Konzepte

im Namen der Unternehmung.

Zur Gruppe der Top-Manager gehören im Allgemeinen kaufmännische und technische Direktoren77 sowie Generaldirektoren78, wie es Berthold Beitz für die Firma Krupp war.

70 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 3049). Die juristische Definition, welche neben natür-

lichen auch juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften mit einbezieht (vgl. §14 Abs. 1 BGB), geht über den für diese Arbeit relevanten Unternehmerbegriff hinaus.

71 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 404). 72 Zur geschichtlichen Entwicklung des Unternehmerverständnisses vgl. Werhahn (1990, S. 14-

20) sowie Klink (2007, S. 8), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009.

73 Vgl. Welzel (1995, Vorwort, S. 6-19). 74 Vgl. zu der folgenden Ausführungen Welzel (1995, S. 20). 75 Unter diesem Begriff fasst Welzel (1995, S. 20) die Begriffe „Entrepreneur“ (USA/GB/F), Pat-

ron (F) oder Unternehmer (D/A/CH) zusammen. 76 Dieser Begriff vereint die Begriffe „Top-Manager“ (USA/GB/D/A/CH) und „Dirigeant“ (F) (Vgl.

Welzel (1995, S. 20).) 77 Zu diesen gehören beispielsweise Prokuristen und Abteilungsleiter. Vgl. Keßler (1995, S. 12). 78 Vgl. Keßler (1995, S. 12).

Page 24: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

14

Diese Einteilung ist somit weitestgehend auf die Problematik dieser Arbeit übertragbar. Zwar handelt es sich bei dem Krupp’schen Unternehmen nicht um eine „kleinere oder mittlere Unternehmung“, die wesentlichen Attribute des Eigentums und die selbständi-ge Führung des Unternehmens treffen auf Alfried Krupp von Bohlen jedoch zu. Ber-thold Beitz wiederum kann dem Typus des angestellten Top-Managers wohl ohne Ein-schränkungen zugeordnet werden.

2.3 Begriff des ehrbaren Kaufmanns

2.3.1 Definition und Bedeutung

Der Begriff der Ehrbarkeit leitet sich etymologisch von dem der Ehre ab. Ehrbarkeit wird synonym verwandt mit Rechtschaffenheit, Honorigkeit, Ehrsamkeit, Redlichkeit sowie Achtbarkeit.79 Der Begriff der kaufmännischen Ehre bezeichnet „... ein moralisch einwandfreies Verhalten von Unternehmern im Sinne von Wahrhaftigkeit und Vertrags-treue“80. Er geht zurück auf Luca Pacioli (1445-1517):

„Es gilt nichts höher als das Wort des guten Kaufmanns und so bekräfti-gen sie ihre Eide, indem sie sagen: Bei der Ehre des wahren Kaufmanns (per fidem bonae et fidelis mercatoris).“81

Eine weitere Definition liefert die 1517 in Hamburg gegründete Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns e.V.82 Demnach ist der Kaufmann ehrbar, „... dessen Wort und Handschlag gelten. Seine Prinzipien sind: nüchtern kalkulieren, hart verhandeln, pünkt-lich liefern, sauber abrechnen.“83

Der ehrbare Kaufmann ist ein verlässlicher Geschäftspartner und fairer Arbeitgeber, dessen unternehmerischer Erfolg seiner Ehrbarkeit geschuldet ist.84

„Der Ehrbare Kaufmann ist der nachhaltig wirtschaftende Akteur. Sein Verhalten stützt sich auf Tugenden, die den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg zum Ziel haben. Im Ehrbaren Kaufmann sind Ethik und Wirtschaft untrennbar verbunden.“85

Klink holt als Folge dieser Erkenntnis die CSR-Diskussion von der Meso- oder Unter-nehmensebene auf die individuelle Ebene, auf der einzelne Wirtschaftssubjekte han-deln. Dabei betont er, dass der ehrbare Kaufmann keiner gesonderten Ethik oder kaufmännischer Kodizes bedürfe, da dieser als Leitbild der Betriebswirtschaftslehre per se ethisch handele.86 Hierbei wird deutlich, dass es sich bei dem ehrbaren Kaufmann

79 Vgl. Der kleine Duden – Der passende Ausdruck (1990, S. 103). 80 Witt (2007, S. 91). 81 Zitiert nach Witt (2007, S. 91). 82 Vgl. Witt (2007, S. 91). 83 Fandel/Schwalbach (2007, S. VII). 84 Vgl. Ehrmann (2007, S. 76). 85 Klink (2008, S. 57). 86 Vgl. Klink (2008, S. 58).

Page 25: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

15

nicht um eine echte Person, sondern um eine idealisierte Figur handelt, welche jedoch als Vorbild und Vergleichsobjekt für den real agierenden Wirtschaftsakteur dienen kann. Zudem wird aus dem zugrundeliegenden Begriff der Ehre, die inhaltlich stets dem historischen Wandel unterliegt, deutlich, dass ein – wie auch immer gearteter – Kodex tatsächlich keine Sinnhaftigkeit besitzt. Vielmehr kann eine transzendentale ethische Bewusstheit als dem ehrbaren Kaufmann immanent angesehen werden. So-mit kann in Anlehnung an Witt gesagt werden, dass der ehrbare Kaufmann die Antwort auf die Frage ist, wie für die Unternehmensethik der in seinen Anwendungsmöglichkei-ten extrem begrenzte Ansatz der Diskursethik87 zu ersetzen ist. Dies tut er, indem er als Alternative „...das moralisch eigenverantwortliche Entscheiden von Managern bzw. Unternehmern“88 vorschlägt. Im folgenden Abschnitt wird dargelegt, wie das (Leit-)Bild des ehrbaren Kaufmanns gefasst werden kann.

2.3.2 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns nach Klink

Klink zeigt durch eine geschichtliche Analyse des Begriffs des ehrbaren Kaufmanns, „dass sich der ehrbare Kaufmann seit dem Mittelalter kaum geändert hat.“89 Auf dieser Grundlage entwickelt er ein Ebenenmodell, welches der Beschreibung des ehrbaren Kaufmanns dient. In diesem unterscheidet er drei Ebenen in einer ringförmigen Anord-nung. Im Kern steht der ehrbare Kaufmann im engeren Sinne. Der ehrbare Kaufmann im weiteren Sinne umfasst die Unternehmens- und die Gesellschaftsebene – die Be-reiche, gegenüber denen der ehrbare Kaufmann Verantwortung besitzt (vgl. Bild 2.2).

87 So geht Witt u.a. davon aus, dass hierarchiefreie Gespräche zwischen Vorgesetzten und

Mitarbeitern nicht möglich sind, und auch zukünftige Generationen nicht mitdiskutieren kön-nen. Vgl. Witt (2007, S. 93).

88 Witt (2007, S. 93). 89 Klink (2007, S. 57), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf,

01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009.

Page 26: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

16

Bild 2.1 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns von Klink90

Die einzelnen Ebenen wiederum sind unterteilt in mehrere Subebenen. So gliedert sich die Ebene des ehrbaren Kaufmanns im engeren Sinne in die Subebenen der humanis-tischen Grundbildung, des wirtschaftlichen Fachwissens und des gefestigten Charak-ters mit Wirtschaftstugenden. Die Unternehmensebene91 gliedert sich weiter in die Subebenen Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sowie Wettbewerber. Die Gesell-schaftsebene umfasst die Konsumenten, die Gemeinde, die Öffentlichkeit, das politi-sche System, die Umwelt und das Kapital.

In der Tabelle 2.2 werden die einzelnen Subebenen in Anlehnung an Klink und weitere Autoren kurz so erläutert, wie sie für die Analyse von Alfried Krupp und Berthold Beitz gebraucht werden. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass auch die nationalsozi-

90 Klink (2007, S. 59), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf,

01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 91 Der Begriff der Unternehmensebene ist innerhalb dieser Arbeit doppelt besetzt (zum einen

synonym zur Mesoebene, zum anderen innerhalb des Klink’schen Modells). Da diese Begrif-fe allgemein im Diskurs auf beide Arten genutzt werden, werden sie auch innerhalb dieser Arbeit beibehalten.

Page 27: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

2 Relevante Begriffe

17

alistische Literatur – wie z.B. Börner92 – sich mit dem Begriff der Ehre befasst. Ein in diesem Sinne geprägter Ehrbegriff soll jedoch von dem der Arbeit zugrundeliegenden a priori ausgeschlossen sein.

Tabelle 2.2 Erläuterung der Subebenen nach Bild 2.2

Subebene Erläuterung

Humanistische Grundbildung

Gefestigter Charakter (u.a. Vorbildung, Fleiß, Besonnenheit)93; Erzie-hung und (Allgemein-)Bildung, Elternvorbild, Umgang mit Menschen94, Fähigkeit zur Vertrauensbildung95

Wirtschaftliches Fachwissen

Rationale Seite des Charakters und Wissen über die betrieblichen Zu-sammenhänge96; Theoretisches Wissen aus Studium, praktisches Wis-sen aus der Arbeit im Unternehmen; gute Warenkenntnis97

Gefestigter Charak-ter mit Wirtschafts-tugenden

Ökonomische Rationalität und „Rechenhaftigkeit“98; Ziel der Nachhal-tigkeit des Geschäfts99; Gefestigter Charakter, der sich an folgenden Tugenden orientiert: „Redlichkeit, Sparsamkeit, Weitblick, Ehrlichkeit, Mäßigkeit, Schweigen, Ordnung, Entschlossenheit, Genügsamkeit, Fleiß, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung, Reinlichkeit, Gemütsru-he, Keuschheit und Demut“100; interkulturelle Kompetenz und Weltblick; Spaß an der Arbeit101

Mitarbeiter Gute Führungseigenschaften; Zufriedenheit der Mitarbeiter (faire menschliche Behandlung)102; Forderung nach Disziplin und Ord-nung103; Förderung eines guten Betriebsklimas; menschliches Mitei-nander und Füreinander in der Arbeit; Sicherung der Arbeitsplätze104; Befriedigung der Grundbedürfnisse; im Extremfall: existenzielle Selbst-aufgabe zur Lebenssicherung der Mitarbeiter105

Kunden und Liefe-ranten

Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, faire Preisgestaltung; Kulanz106; gute Zah-lungsmoral; faire Preise

92 Vgl. Börner (1936). 93 Vgl. Klink (2007, S. 41), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf,

01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009, sowie Bauer (1906, S.1). 94 Vgl. Mediaevalia (1964, S. 334). 95 Vgl. Spufford (2004, S. 26). 96 Vgl. Klink (2007, S. 57), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf,

01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 97 Vgl. Mediaevalia (1964, S. 333). 98 Vgl. Mediaevalia (1964, S. 311, 313). 99 Vgl. Favier (1992, S. 375). 100 Klink (2007, S. 59-60), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf,

01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 101 Vgl. Klink (2007, S. 43), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-

kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 102 Vgl. Klink (2007, S.60-61), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-

kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 103 Vgl. Horten (2000, S. 120). 104 Vgl. Horten (2000, S. 120). 105 Vgl. Fandel/Schwalbach (2007, S. VII). „Die Firma und ihre Mitarbeiter sind ihm im Zweifel

wichtiger als die eigene Person.“ 106 Vgl. Klink (2007, S. 44), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-

kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009, sowie Bauer (1906, S. 142).

Page 28: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

18

Wettbewerber Vermeidung von Kartellbildung107; Loyalität als Konkurrent108

Konsumenten Schutz des Konsumenten109

Gemeinde Mitwirken in der Gemeinde110

Öffentlichkeit Vertretung des Betriebs nach Außen111; Aufklärung über die Funktion des Unternehmers112

Politisches System Politisches Engagement, für die Umsetzung wirtschaftlicher Zusam-menhänge113; Stärkung der nationalen Wirtschaft und Patriotismus114

Umwelt Umweltfreundliche Führung des Unternehmens; Nachhaltigkeit; Enga-gement für die Umwelt

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

3.1 „Reise über die Generationen“ der Familie Krupp

3.1.1 Allgemeines zur Reise über die Generationen

Um die Beziehung zwischen Alfried Krupp und Berthold Beitz zu untersuchen, ist es zunächst wichtig zu betrachten, welche Art Mensch Alfried Krupp war. Sein Charakter und seine Eigenschaften können als eine Widerspiegelung derer seiner Vorfahren ge-sehen werden.115 Daher werden in diesem Abschnitt einige dieser Familienmitglieder kurz vorgestellt. Neben den Leistungen der beteiligten Personen im Hinblick auf das Unternehmen wird auch die psychologische Seite berücksichtigt, um zu verstehen, wie eng die Verbindung der Personen mit der Unternehmung war.

Im Vergleich zu z.B. Thyssen oder Daimler-Benz weist das Unternehmen Krupp eine deutlich längere Geschichte auf.116 Bei dem Krupp’schen Unternehmen fällt ein oft wie-derkehrendes soziales Engagement für die angestellten Arbeiter auf. Diese frühe Form

107 Vgl. Burkhart (2002, S. 52), Burkhart (2006, S. 132). 108 Vgl. Klink (2009, S. 14). 109 Vgl. Klink (2007, S. 61), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-

kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 110 Vgl. Horten (2000, S. 122). 111 Vgl. Veröffentlichungen der Walter-Raymond-Stiftung Bd. 4 (1964, S. 23). 112 Vgl. Horten (2000, S. 122-123). 113 Vgl. Klink (2007, S. 61), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-

kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 114 Vgl. Bauer (1906, S. 24-26). 115 Vgl. Calogeras (1989, S. 9-10). 116 Vgl. Keßler (1995, S. 21).

Page 29: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

19

von CSR oder Sozialer Unternehmensverantwortung entspringt vor allem einer prag-matischen Zweckgebundenheit, wie aus den folgenden Ausführungen hervorgehen wird.

Ein besonderer Blick ist bei der Reise auf die Frauen der Familie Krupp zu werfen, da viele von ihnen für die Unternehmensgeschichte von Bedeutung waren. Sie „... traten immer wieder höchst aktiv in Erscheinung, als Geschäftsfrauen“117. Sie haben eine wichtige Rolle für den Erfolg des Familienunternehmens gespielt.

Auffällig sind die gespaltenen Ansichten über die Familie Krupp, die von einigen Auto-ren als sehr ehrenvolle Familie, von anderen hingegen als deren Gegenteil dargestellt wird.118 Die unterschiedlichen Meinungen sind teilweise auf die Sozialpolitik zurückzu-führen, die von Unternehmen wie Krupp, Bosch oder Cramer-Klett betrieben wurde und der Motivation, der diese entspringt.119

Im Folgenden werden die einzelnen Mitglieder der Familie Krupp kurz vorgestellt. Ein über die Verwandtschaftsverhältnisse hinaus Überblick verschaffender Stammbaum der Familie findet sich im Anhang 1.

3.1.2 Personen der Familie Krupp

3.1.2.1 Helene Amalie Krupp (1732-1810)

Helene Amalie Krupp ist die Großmutter von Friedrich Krupp.120 Gall beschreibt sie als eine „umsichtige und besonnene Frau“121. Sie führte die Geschäfte von Krupp mit star-ker Hand122 und galt als begnadete Geschäftsfrau.123 Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Helene Amalie Krupp sein Geschäft und weitete es aus.124 Sie schien ihr Leben – ähnlich wie später Alfred Krupp – komplett der Arbeit zu widmen.125 Gewinne hat Helene Amalie Krupp in Grundstücke investiert, auf denen später auch die Guss-stahlfabrik entstand, sowie in Zechen im Ruhetal.126 Dadurch, dass sie es Friedrich ermöglichte, in der Hütte „Gute Hoffnung“ mit dem Eisengeschäft in Kontakt zu kom-men, legte Frau Krupp die Grundlage für die spätere Entwicklung ihrer Nachfahren.127

117 Vgl. Gall (2000, S.11). 118 Vgl. Engelmann (1969, S. 5). 119 Vgl. Veröffentlichungen der Walter-Raymond-Stiftung Bd. 4 (1964, S. 20). 120 Vgl. Gall (2000, S. 11). 121 Vgl. Gall (2000, S. 11). 122 Vgl. Bohner (1956, S. 307). 123 Vgl. Friz (1990, S. 16). 124 Vgl. Probst (1985, S. 17). 125 Vgl. Schröder (1991, S. 15). 126 Vgl. Gall (2000, S. 12-13). 127 Vgl. Schröder (1991, S. 16).

Page 30: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

20

3.1.2.2 Friedrich Krupp (1787-1826) und die Gründung der Gussstahlfabrik

(1811)

Friedrich Krupp war der Gründer der Gussstahlfabrik. Nach Calogeras hatte er eine Neurose, die ihn „leicht erregbar und unsicher machte“128. Auch zweifelte er insgeheim stark an seinen Urteilen und Fähigkeiten.129 Er war auf der Hütte „Gute Hoffnung“ mit der Eisenindustrie in Berührung gekommen. Diese Industrie faszinierte ihn so sehr, dass er es sich zum Lebensziel machte, Eisen und später Stahl herzustellen, der der englischen Konkurrenz ebenbürtig sein sollte.130 Da diese Unternehmung nicht erfolg-reich verlief, sorgte seine Großmutter dafür, dass die Hütte wieder verkauft wurde.131 Als Helene Amalie Krupp starb, und Friedrich Krupp einen Teil ihres Vermögens erbte, nutzte er dieses zur Weiterverfolgung seines Lebenstraums.132 Er schien eine Baulei-denschaft gehabt zu haben.133 Nach mehreren gescheiterten Anläufen, das Geheimnis der Stahlherstellung zu erkaufen, erarbeitete er sich das Wissen hierzu selbst. Dies zeigt, dass er für Technik eine Begabung zu haben schien.134 Zu seiner Frau Therese (1790-1850) hatte er ein gutes Verhältnis.135

3.1.2.3 Alfred Krupps Mutter Therese Helena Krupp (1790-1850)

Die Mutter von Alfred Krupp, Therese Helena Krupp hatte einen starken Willen.136 En-gelmann beschreibt sie als hübsch, aber etwas einfach.137 Therese Krupp erbte im Jahr 1826 die Gussstahlfabrik von ihrem verstobenen Mann Friedrich.138 Sie verkaufte die Anteile an Alfred Krupp und schloss ihre anderen Kinder somit vom Erbanspruch auf diese Fabrik aus.139

3.1.2.4 Alfred Krupp (1812-1887)

Als Alfred Krupp die Leitung der Fabrik übernahm, war er 14 Jahre alt und musste bei sämtlichen Tätigkeiten selbst Hand anlegen.140 Er verließ in diesem Alter die Schule.141 Gemäß Schröder war er ein ganz normaler Junge, der aber die bitteren Erfahrungen im

128 Vgl. Calogeras (1989, S. 27). 129 Vgl. Calogeras (1989, S. 27-28). 130 Vgl. Gall (2000, S. 13). 131 Vgl. Gall (2000, S. 16). 132 Vgl. Gall (2000, S. 17-18). 133 Vgl. Schröder (1991, S. 30). 134 Vgl. Gall (2000, S. 27). 135 Vgl. Bohner (1956, S. 307). 136 Vgl. von Klass (1953, S. 27). 137 Vgl. Engelmann (1969, S. 15). 138 Vgl. Gall (2000, S. 40-41). 139 Vgl. Gall (2000, S. 66). 140 Vgl. Gall (2000, S. 41-42, 45). 141 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 16).

Page 31: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

21

Gegensatz zu den guten nicht vergaß. Dies führte dazu, dass seine Natur mit der Zeit verbitterte.142 Alfred Krupp war sehr penibel und wollte den bestmöglichen Stahl her-stellen. Er standardisierte hierzu den Produktionsprozess weitestgehend143 und baute ein Distributionsnetzwerk auf. Dies war für seine Zeit etwas grundlegend Neues.144 Er erkannte die Bedeutung der Imagepflege und eines Markennamens.145 Die Produktion deckte die Herstellung von Stahl und dessen Weiterverarbeitung ab.146 Er musste schwere finanzielle Zeiten durchstehen, die ihn zwangen das Familiensilber einzu-schmelzen, um die Arbeiter bezahlen zu können.147 Durch die Aufhebung der Zoll-schranken innerhalb Deutschlands erschloss sich ein sehr großer Markt, der dem Un-ternehmen zum Aufstieg verhalf.148 Große Erfolge konnte Alfred Krupp feiern, als er die Eisenbahnindustrie mit Gussstahlachsen beliefern konnte.149 Er wollte jeden Gewinn reinvestieren. Diese ständige Expansion war die Grundlage seines Erfolgs, jedoch auch sehr riskant.150 Er versuchte, sich durch vertikale Integration von den Rohstofflie-feranten unabhängig zu machen.151

Sein Leben konzentrierte sich ausschließlich auf das Geschäft.152 Politisch engagierte sich Alfred Krupp nicht.153 Er war nicht in der Lage, Meinungsverschiedenheiten oder Widerspruch zu ertragen.154 Krupp unterstützte u.a. die Betriebskrankenkasse. Diese Einrichtungen entstanden, als eine regelmäßige Versorgung und Betreuung noch un-bekannt waren. Außerdem gründete er eine Konsumanstalt und diverse Wohnungs-bauprojekte.155 Sämtliche soziale Maßnahmen Alfred Krupps gegenüber seiner Beleg-schaft, sowie die vergleichsweise höheren Löhne scheint er ausschließlich durchge-führt zu haben, um eine Stammbelegschaft zu binden.156 Diese war das Rückgrat für die Herstellung von qualitativ hochwertigem Stahl.157 Von seinen Arbeitern verlangte Alfred Krupp strengen Gehorsam und Disziplin.158 Er versuchte auch, ihnen ihre Frei-

142 Vgl. Schröder (1991, S. 50). 143 Vgl. Gall (2000, S. 45). 144 Vgl. Gall (2000, S. 46). 145 Vgl. Gall (2000, S. 46-47). 146 Vgl. Gall (2000, S. 53). 147 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 18-19), Frobenius (1898, S. 29). 148 Vgl. Schröder (1991, S. 52). 149 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 18). 150 Vgl. Gall (2000, S. 59). 151 Vgl. Gall (2000, S. 93-94), Friz (1990, S. 48). 152 Vgl. Gall (2000, S. 54). 153 Vgl. von Klass (1953, S. 63). 154 Vgl. Wolbring (2000, S. 57). 155 Vgl. Krupp (1963, S.62). 156 Vgl. Gall (2000, S. 60-62). 157 Vgl. Boelcke (1956, S. 38). 158 Vgl. Gall (2000, S. 62).

Page 32: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

22

zeitgestaltung vorzuschreiben159 und verlangte unbegrenzte Loyalität160 und Anstand.161 Die Arbeiter hatten sich der gegebenen Politik unterzuordnen.162 Alfred Krupp hasste alles Sozialdemokratische.163 Er war auch ein Gegner des Adels, weswegen er sich gegen eine Hochzeit seines Sohnes mit Margarethe von Ende wehrte.164 Er veröffent-lichte 1872 den „Generalregulativ“, seine Betriebsverfassung .165

Als seine Mutter starb, vereinsamte der Junggeselle Alfred Krupp, der erst mit 40 eine 19 Jahre jüngere Frau heiratete.166 Sie hieß Bertha Krupp geb. Eichhoff (1831-1888). Als sie ihn später verließ, kehrte er sich von sozialen Kontakten vollkommen ab.167

Alfred Krupp lehnte Auszeichnungen ab.168 Wichtige Erfindungen gehen auf ihn zurück wie z.B. die nahtlose Bandage für Eisenbahnräder, von der das Firmenzeichen der drei Ringe stammt,169 oder die Löffelwalze.170 Alfred Krupp wollte den Fortschritt mit voran-treiben und an dessen Spitze bleiben.171

Alfred Krupp stieg 1840 in die Rüstung ein.172 Er wurde „Kanonenkönig“ genannt.173 Er lieferte Waffen an fast alle interessierten Staaten.174 In einem Brief an Alexander von Humboldt drückte er die Hoffnung aus, dass „...diese Geräte nicht dem Ernstfall zu dienen hätten.“175 Dies wirkt jedoch angesichts der Tatsache, dass er an kriegführende Staaten lieferte und sich mit deren Zufriedenheit rühmte, heuchlerisch.176

3.1.2.5 Friedrich Alfred Krupp (1854-1902)

Friedrich Alfred Krupp ist der Sohn von Alfred Krupp. Er hatte Asthma und Rheuma aufgrund der hohen Luftverschmutzung der Gussstahlfabrik.177 Nach Calogeras liebte ihn sein Vater zwar sehr; sie hatten jedoch eine schwierige Beziehung.178 Alfred Krupp

159 Vgl. Calogeras (1989, S. 45). 160 Vgl. Gall (2000, S. 70). 161 Vgl. Beitz (1993, S. 275). 162 Vgl. Gall (2000, S. 72). 163 Vgl. Gall (2000, S. 190-191). 164 Vgl. von Klass (1953, S. 190-191). 165 Vgl. Schröder (1991, S. 75). 166 Vgl. Gall (2000, S. 78-80). 167 Vgl. Mühlen (1960, S. 54-56). 168 Vgl. Berdrow (1943, S. 140). 169 Vgl. Gall (2000, S. 87). 170 Vgl. Schröder (1991, S. 57). 171 Vgl. Heuss (1961, S. 18). 172 Vgl. Gall (2000, S. 64). 173 Vgl. Friz (1990, S. 18). 174 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 21-22). 175 Vgl. Heuss (1961, S. 15). 176 Vgl. Menne (1937, S.136-137). 177 Vgl. Gall (2000, S. 194). 178 Vgl. Calogeras (1989, S. 90-91).

Page 33: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

23

zweifelte daran, ob sein Sohn ein wirklicher Nachfolger für ihn werden könnte.179 Fried-rich Alfred Krupp mochte Repräsentationen nicht.180 Er versuchte, die Stahlherstellung theoretisch zu fundieren und ließ neue Edelstahlsorten erforschen181 und verbesserte die Wohlfahrtspolitik, wobei auch er den patriarchalischen Hintergedanken trug.182 Friedrich Alfred Krupp ermöglichte dem Unternehmen einen noch stärkeren Auf-schwung und Ausbau seines internationalen Waffengeschäfts.183 Im Gegensatz zu sei-nem Vater förderte er die kulturelle Bildung der Arbeiter, um sie auf ein Bildungsniveau mit Bürgern zu stellen und somit die Klassenunterschiede zu verringern und sozialen Unruhen vorzubeugen.184 Friedrich Alfred Krupp gründete u.a. die erste Bibliothek in Essen.185

Der Nachfolger von Alfred Krupp verfolgte ebenfalls eine Unternehmensstrategie der stetigen Expansion, ungeachtet des damit einhergehenden Risikos.186 Er engagierte sich auch politisch und stand voll hinter dem Kaiser.187 Zu diesem hatte Friedrich Alfred ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis.188 Die beiden unterstützten und bewun-derten sich gegenseitig.189 Im Bereich der Waffen war Krupp an der Produktion und Entwicklung beteiligt. Die Firma leistete z.B. „... wichtige Schritte [...] bei der Einführung der Schnellfeuerkanone“190. Privat feierte Friedrich Alfred Krupp auf Capri, in Italien Eskapaden, die von der Presse veröffentlich wurden und vermutlich seinen Tod verur-sachten.191

3.1.2.6 Friedrich Alfred Krupps Frau Margarethe Krupp (1854-1931)

Margarethe Krupp, Friedrich Alfred Krupps Ehefrau, erfuhr die Erziehung einer Adeli-gen mit all deren Schwächen.192 Die Beziehung zwischen beiden scheint nicht sehr gut gewesen zu sein.193 Sie übernahm nach dem Tod ihres Mannes vorübergehend die Leitung des Unternehmens.194 Sie stiftete viel Geld und verbesserte somit das Ansehen

179 Vgl. Gall (2000, S. 194). 180 Vgl. Schröder (1991, S. 84). 181 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 29). 182 Vgl. Gall (2000, S. 216). 183 Vgl. Boelcke (1956, S. 63). 184 Vgl. Gall (2000, S. 221-222). 185 Vgl. Schröder (1991, S. 92). 186 Vgl. Gall (2000, S. 256). 187 Vgl. Gall (2000, S. 265-266, 268). 188 Vgl. Gall (2000, S. 249). 189 Vgl. Calogeras (1989, S. 103). 190 Vgl. Gall (2000, S. 304). 191 Vgl. Gall (2000, S. 282-284). 192 Vgl. von Klass (1953, S. 180-182). 193 Vgl. Calogeras (1989, S. 111). 194 Vgl. Gall (2000, S. 318).

Page 34: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

24

des Unternehmens.195 Margarethe Krupp empfand Reichtum als eine Belastung, die sie dazu verpflichtete, ihren Mitmenschen zu helfen.196 Sie versuchte, das angeschlagene Bild ihres Mannes in der Öffentlichkeit wieder aufzubessern.197 Ihre größte Leistung ist ihr soziales Engagement.198 Margarethe gründete eine Siedlung für die Arbeiter, aus der eine Kleinstadt wurde.199 Mühlen beschreibt sie als aufopferungsvoll und um die Leiden anderer besorgt.200

3.1.2.7 Bertha Krupp (1886-1957)

Nachdem Friedrich Alfred Krupp gestorben war, wurde das Unternehmen 1903 gemäß seinem Willen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, wobei jedoch die faktische Ge-samtheit des umgewandelten Eigenkapitals an seine Tochter Bertha Krupp ging.201 Die Fried. Krupp AG wurde jedoch nie an der Börse gehandelt.202 Auch auf die Machtver-hältnisse hatte die Umwandlung keinen Einfluss.203 Bertha Krupp war sportbegeis-tert.204 Nach Calogeras verhielt sie sich wie eine wohltätige Königin gegenüber ihren Untertanen. Ihre eigenen Kinder hingegen erzog sie streng.205 Bertha Krupp bewahrte das patriarchalische Denken der Kruppdynastie. Zu den Nationalsozialisten hatte sie - gemäß Frhr. von Wilmowsky - kein gutes Verhältnis.206

3.1.2.8 Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (1870-1950)

Gustav Krupp207 von Bohlen und Halbach, ein studierter Jurist und Diplomat, heiratete Bertha Krupp und wurde somit der Mann an der Spitze von Krupp.208 Seinem Nachna-men durfte er auf kaiserliche Genehmigung hin ein „Krupp“ hinzufügen.209 Er verhielt sich sehr tyrannisch gegenüber anderen.210 Er war ein geborener Beamter, der sich jeder Regierung mit unbedingtem Gehorsam unterwarf und teilweise sogar die Unter-

195 Vgl. Friz (2009, S. 388). 196 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1961, S. 164-165). 197 Vgl. Friz (2009, S. 391). 198 Vgl. von Klass (1953, S. 301). 199 Vgl. Schröder (1991, S. 95). 200 Vgl. Mühlen (1960, S. 99-100). 201 Vgl. Gall (2000, S. 318-320), Baedeker (1912, S. 268). 202 Vgl. Keßler (1995, S. 116). 203 Vgl. Keßler (1995, S. 117), Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 29-30). 204 Vgl. Friz (2009, S. 227). 205 Vgl. Calogeras (1989, S. 120-121). 206 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1961, S. 169). 207 Gustav Krupp von Bohlen und Halbach hatte den Namen seiner Frau angenommen. Fortan

wurde der Name Krupp nur noch an diejenigen Nachfahren weitergegeben, welche Eigen-tümer des Familienunternehmens waren.

208 Vgl. Gall (2000, S. 330-332). 209 Vgl. Schröder (1991, S. 95). 210 Vgl. Calogeras (1989, S. 121).

Page 35: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

25

nehmensinteressen dahinter zurückstellte.211 Persönliche Beziehungen scheute er und versuchte, diese so weit wie möglich zu vermeiden.212 Vom ersten Weltkrieg profitierte Krupp besonders und erahnte im Gegensatz zur verbreiteten Meinung dessen lange Dauer. Folglich wurde die Kriegsproduktion von Krupp zu dieser Zeit stark ausgewei-tet.213 Nach dem ersten Weltkrieg musste Gustav Krupp von Bohlen und Halbach eine Haftstrafe verbüßen.214 Er sprach sich öffentlich für Hindenburg und gegen Hitler aus.215 Andererseits hatte er Hitler aber insgeheim über eine Spende mitfinanziert. Mit der Zeit entwickelte er sich zu einem der fanatischsten Anhänger Hitlers und zwang seine Arbeiter, in die Partei einzutreten.216 Als er erkrankte, setzte Bertha Krupp von Bohlen und Halbach ihren Sohn Alfried als Eigentümer des Unternehmens ein.217

3.1.3 Betrachtung der Familie im Hinblick auf das Bild des ehrbaren Kaufmanns

Diese Betrachtung kann an dieser Stelle nur sehr begrenzt erfolgen. Eine eingehende Analyse der Persönlichkeiten – so, wie sie später bei Alfried Krupp und Berthold Beitz erfolgen wird – würde die Grenzen der Arbeit sprengen. Tatsächlich gab es für einige der Personen Indizien, die auf Ehrbarkeit aber auch auf deren Gegenteil schließen lassen.218 Allerdings erscheint die Betrachtung der sozialen Fürsorge für die „Kruppianer“, d.h. für die Krupp-Stammbelegschaft, durch die einzelnen Familienmit-glieder vor dem Hintergrund der CSR-Diskussion am fruchtbarsten zu sein.

Soziales Engagement für die „Kruppianer“ ist nahezu bei allen Familienmitgliedern zu finden. Ein erstes echtes persönliches Opfer zugunsten der Mitarbeiter ist darin zu se-hen, dass Alfred Krupp sein Familiensilber einschmolz, um seine Arbeiter bezahlen zu können. Zudem hatte er – für diese Zeit ungewöhnlich – eine Betriebskasse eingerich-tet, sozialen Wohnungsbau betrieben und eine Konsumanstalt geführt. Auch die Ein-richtung einer Bibliothek und Bildungsanstalt für die Arbeiter durch Friedrich Alfred Krupp, stellte fast eine soziale Revolution dar. Letztlich ist bei Bertha Krupp das soziale Engagement interessant, da es sich konträr zur strengen Erziehung ihres Sohnes Alf-ried darstellt.

Als wichtiger Aspekt bleibt zu erwähnen, dass die soziale Fürsorge für die Mitarbeiter auch dazu diente, die Mitarbeiterschaft langfristig an das Unternehmen zu binden und es somit ermöglichte, einen qualitativ hochwertigen Stahl herzustellen.

211 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 30-31). 212 Vgl. Calogeras (1989, S. 125). 213 Vgl. Jindra (1986, S. 37). 214 Vgl. Bohner (1956, S. 311). 215 Vgl. Schröder (1991, S. 103). 216 Vgl. Calogeras (1989, S. 142-146). 217 Vgl. Bohner (1956, S. 312). 218 So lässt sich bei Friedrich Alfried Krupp aufgrund seines ausschweifenden Lebens ein Indiz

in Richtung Unehrbarkeit sehen.

Page 36: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

26

Aus den folgenden Ausführungen zu Alfried Krupp wird deutlich, dass die besondere Sorge um die „Kruppianer” auch für diesen eine besondere Bedeutung besaß.

3.2 Alfried Krupp

3.2.1 Allgemeines

„Deutsche wie ausländische Autoren beschreiben Alfried als einen jener geheimnisvollen Menschen, den niemand wirklich kannte und zeigen damit, daß sein Charakter ihnen weithin ein Rätsel geblieben ist.“219

Das vergleichsweise große Interesse an Alfried Krupps Person ist seinem geheimnis-vollen Charakter geschuldet, der seiner zurückgezogenen Art entspringt.220 Seine in sich widersprüchlich erscheinende Natur wird auch in folgendem Zitat deutlich:

„In seinem Verhältnis zu anderen ist er von den meisten Beobachtern als mißtrauisch beschrieben worden, ängstlich in der Gegenwart anderer, ohne Selbstbewußtsein im Auftreten und oft schweigsam. Wenn er sprach, fiel es ihm schwer, sich auszudrücken und andere mitzureißen, und doch war dieses ganze ,Rückzugsverhalten’ von Hochmut überla-gert. Ungeachtet dessen war er in seinen industriellen Leistungen – so erschreckend sie waren – bei der Führung der Firma allen anderen Krupps überlegen.“221

Die folgenden Ausführungen machen deutlich, wie sich diese widersprüchliche Natur von der Kindheit an geformt und durch sein Leben gezogen hat.

3.2.2 Kindheit und Schuljahre von Alfried Krupp

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wurde am 13.08.1907 in der Villa Hügel in Es-sen geboren. Er war der älteste Sohn von Bertha und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach.222 Kaiser Wilhelm II war sein Patenonkel.223 Alfried Krupp hatte sechs Ge-schwister: Claus, Irmgard, Berthold, Harald, Waldtraut, Eckbert.224 Durch die ihm aufer-legte Erziehung war Alfried Krupp schon als Kind sehr ernst.225 Gemäß Engelmann beschäftigte sich Gustav Krupp mit ihm ebenso wie mit dessen Geschwistern mehr aus Pflichtbewusstsein als aus echtem Interesse und versuchte ihnen vor allem beizubrin-gen, pünktlich, genau und zuverlässig zu sein.226

219 Calogeras (1989, S. 149). 220 Vgl. Calogeras (1989, S. 149). 221 Calogeras (1989, S. 150). 222 Vgl. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach.

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/KruppBohlenHalbachAlfried/, Abrufdatum : 07.09.09.

223 Vgl. Friz (1990, S. 28). 224 Vgl. Engelmann (1969, S. 323-324). 225 Vgl. Manchester (1978, S. 263). 226 Vgl. Engelmann (1969, S. 324).

Page 37: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

27

Nach Engelmann wurde Alfried im Gegensatz zu seinen Geschwistern als Krupp erzo-gen.227 Im Auftrag seines Vaters wurde er stark vom Hauspersonal und später auch von der Hauspolizei überwacht, die seinem Vater über alles den Sohn Betreffende zu berichten hatten. Dies führte dazu, dass sich Alfried Krupp von seinen Mitmenschen isolierte. Disziplin, Pflichterfüllung, Korrektheit, Pünktlichkeit, Verantwortung und Ge-horsam stellten die zentralen Ziele seiner Erziehung dar. Diese Ziele sollten auch bei der Schulbildung Alfried Krupps verfolgt werden, weswegen er Privatunterricht von strengen Lehrern erhielt, die versuchten, alles Kindliche in ihm zu unterdrücken.228

Gemäß Engelmann hatte Alfried Krupps Mutter keine Zeit für ihre Kinder, da sie sich mit wohltätigen Aufgaben überschüttete und zu Hause lieber die Angestellten über-wachte. Alfried Krupp, der fast völlig isoliert von der Außenwelt aufwuchs, konnte die Ferientage in Blühnbach als einzige schöne Erinnerung aus seiner Kindheit mitneh-men. Als er schließlich die letzten Jahre auf eine öffentliche Schule durfte, wurde Alf-ried Krupp dort auch als etwas Außergewöhnliches behandelt; dies erschwerte es ihm, soziale Kontakte zu knüpfen. Auch die Direktoren des Unternehmens Krupp zeigten sich ihm sehr unterwürfig und verhinderten somit, dass sich Alfried Krupp ihnen annä-hern konnte. Er musste sich bereits in seiner Kindheit und auch sein ganzes restliches Leben lang verstellen, ruhig und würdevoll wirken. Dies war für ihn sehr anstrengend, da er innerlich mit Selbstzweifeln zu kämpfen hatte.229 Mit siebzehn Jahren machte Krupp sein Abitur und arbeitete daraufhin für kurze Zeit in der Firma.230

3.2.3 Ausbildung und Studium

Alfried Krupp musste zunächst eine Lehrzeit absolvieren, in der er die Grundlagen der Schlosserei und des Schmiedens erlernte. Hierbei wurde er wie ein ganz normaler Ar-beiter behandelt und erhielt nur einen geringen Stundenlohn. Danach studierte Alfried Krupp unter anderem Physik, Mineralogie und Chemie. Diese Studienjahre in Berlin, München und Aachen erwiesen sich dabei als eine verhältnismäßig glückliche Zeit. Insgesamt dauerte seine Universitätsausbildung fast zehn Jahre. Er schloss sein Stu-dium als Diplom-Ingenieur im Jahr 1934 ab. Auf dieses folgte ein Voluntariat bei der Dresdner Bank.231 Die ungewöhnlich lange Studiendauer ist auch darauf zurückzufüh-ren, dass Krupp sich besonders viel Zeit ließ und die ihm bisher unbekannte Freiheit zum Segeln und Fliegen nutzte.232

Aufgrund seiner strengen Erziehung, begeisterte sich Alfried Krupp früh für den Natio-nalsozialismus und spendete auch Geld von seinem monatlichen Einkommen an die

227 Vgl. Engelmann (1969, S. 423). 228 Vgl. Engelmann (1969, S. 414). 229 Vgl. Engelmann (1969, S. 415-416). 230 Vgl. Friz (1990, S. 28). 231 Vgl. Engelmann (1969, S. 416-417). 232 Vgl. Friz (1990, S. 28).

Page 38: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

28

SS.233 Außerdem war er im Fliegerkorps der Nationalsozialisten. In die Nationalsozialis-tische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) selbst trat er aber erst ein, als er im Vorstand von Krupp war.234 Zwischen Alfried und seinem Vater, der lieber seinen zweitältesten Sohn als Nachfolger gehabt hätte235, gab es oft Spannungen, welche Bertha zu min-dern versuchte.236

Ob die Introvertiertheit Alfried Krupps nur eine Folge seiner Erziehung oder ihm ange-boren war, ist nicht klar.237 Er gleicht hierin seinen Kruppvorgängern. Auch mangelte es ihm an Selbstvertrauen. Er fing an, sich in das Unternehmen einzuarbeiten und zu-nehmend Verantwortung zu übernehmen, sodass er 1936 zum stellvertretenden Direk-tor ernannt wurde.238 Dennoch hielt er sich mit Aktionen Eigeninitiativen, die von ihm ausgingen, zurück und ließ andere sich profilieren.239

3.2.4 Alfried Krupps Familienleben

3.2.4.1 Erste Ehe mit Anneliese

Im Jahr 1937 heiratete Alfried Krupp Anneliese geb. Bahr. Seine Eltern waren gegen diese Ehe, da Anneliese bereits einmal geschieden war.240 Die Jahre, die diese Ehe hielt, gehörten nach Friz zu den glücklichsten Alfried Krupps.241 Da er mit der Ehe je-doch dem Willen seiner Eltern trotzte, überlegten diese, ihn zu enterben. Hierbei ist zu beachten, dass seine Eltern – und besonders die Mutter - äußerst konservativ waren. Außerdem war Annelieses Schwester mit einem jüdischen Rechtsanwalt verheiratet; dies missfiel den Eltern ebenfalls.242

Kurz nach der Hochzeit gebahr Anneliese ihren Sohn Arndt. Das Ehepaar wurde von Alfried Krupps Eltern und der Essener Gesellschaft abweisend behandelt.243 In Abwe-senheit Alfried Krupps wurde Anneliese erpresst, indem seine Eltern ihr deutlich mach-ten, dass er enterbt werden würde, wenn sie sich nicht von ihm scheiden lassen würde. Sie zwangen Anneliese, die Entscheidung sofort, allein und ohne Absprache mit Alfried Krupp zu treffen, welcher sich nicht scheiden lassen wollte. Alfried Krupps Glück wurde geopfert. Dadurch wurde er noch mehr zum Einzelgänger. Er hasste sich selbst und gegenüber seinen Mitmenschen empfand er nur noch Gleichgültigkeit. Entsprechend

233 Vgl. Calogeras (1989, S. 151). 234 Vgl. Abelshauser (2002, S. 464). 235 Vgl. Schröder (1991, S. 105). 236 Vgl. Friz (1990, S. 27). 237 Vgl. Friz (1990, S. 27). 238 Vgl. Calogeras (1989, S. 149-151). 239 Vgl. Abelshauser (2002, S. 462-463). 240 Vgl. Calogeras (1989, S. 152), Engelmann (1969, S. 442). 241 Vgl. Friz (1990, S. 28). 242 Vgl. Engelmann (1969, S. 442-443). 243 Vgl. Engelmann (1969, S. 443-444).

Page 39: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

29

seiner ihm durch seine Eltern auferlegten Existenzbegründung eiferte er nun Alfred Krupp (seinem Urgroßvater) nach und versuchte ihm gleich zu werden.244

3.2.4.2 Alfried Krupps Sohn Arndt

Nach der Scheidung seiner Eltern wuchs Arndt von Bohlen und Halbach245 bei seiner Mutter auf und kannte seinen Vater kaum. Vernachlässigt von Alfried Krupp und abge-lehnt von dessen Mutter Bertha Krupp von Bohlen und Halbach entwickelte er eine Abneigung gegen die Familie und das Unternehmen. Sein Studium konnte er aufgrund von starkem Desinteresse ebenfalls nicht abschließen, obwohl er hochbegabt war und sechs Sprachen sprach. Arndt von Bohlen und Halbach entwickelte sich zum Gegenteil seines Vaters.246

3.2.5 Alfried Krupps Anfang bei der Firma Krupp

Als das Geschäft sich mehr auf Rüstung spezialisierte, wurde Alfried Krupps Rolle im Unternehmen zunehmend wichtiger, da er aktiv in die Organisation der Rüstung Deutschlands involviert war.247 Hitler ermöglichte es durch den Erlass der „Lex Krupp“ im Jahr 1943, Krupp von einer AG in ein Einzelunternehmen umzuwandeln, woraufhin Bertha Krupp von Bohlen und Halbach ihren Sohn Alfried als Alleininhaber einsetzte.248 Diese Sondergenehmigung Hitlers war die Belohnung für die loyale Unterstützung der NS durch die Unternehmung.249 Das Besondere hierbei war jedoch, dass speziell Krupp hierdurch von der Erbschaftssteuer befreit wurde.250

Die Unterstützung der NS durch das Familienunternehmen bestand weiter in der Pro-duktion von Kriegsmaterial. Die Qualität der von Alfried Krupp produzierten Waffen sank allerdings deutlich. Dies ist zum einen auf den Einsatz von Zwangsarbeitern zu-rückführbar; zum anderen weist es aber auch auf Alfried Krupps selbstzerstörerischen Trieb hin, der dadurch auch dem Ruf seines Werkes schadete.251 Im Gegensatz zu seiner äußeren Ruhe war Alfried Krupp innerlich sehr unruhig und versuchte dies mit Alkohol und Zigarettenkonsum abzuschwächen.252 Als Alfried Krupp schließlich 1943 oberster Leiter des Konzerns wurde, erfüllte er seine Aufgaben mit Pflichtbewusstsein, jedoch ohne besonderen Ehrgeiz.253 Für Alfried Krupp überwogen die Vorteile des Drit-

244 Vgl. Calogeras (1969, S. 155-156). 245 Arndt hatte nicht das Familienunternehmen geerbt, deswegen hieß er nur von Bohlen und

Halbach. 246 Vgl. Calogeras (1989, S. 189-191). 247 Vgl. Abelshauser (2002, S. 308-311). 248 Vgl. Abelshauser (2002, S. 322). 249 Vgl. Calogeras (1989, S. 166). 250 Vgl. Engelmann (1969, S. 448). 251 Vgl. Calogeras (1989, S. 164). 252 Vgl. Engelmann (1969, S. 449). 253 Vgl. Abelshauser (2002, S. 463).

Page 40: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

30

ten Reiches gegenüber dessen Schattenseiten, sodass er sich nicht zu einer Kritik an diesem hätte bewegen lassen. Auch die Zwangsarbeiter, welche im Unternehmen Krupp arbeiten mussten, erfuhren von ihm kein Mitleid, obwohl es in seiner Macht ge-legen hätte, eine bessere Behandlung für diese zu erwirken.254 Laut Friz schien er sich für moralische Probleme wenig zu interessieren.255

3.2.6 Kriegsverbrechen und Prozess

Während der Expansion des Dritten Reiches plünderte Alfried Krupp in großem Stil den Besitz fremder Unternehmen auf erobertem Boden. Die Zwangsarbeiter behandelte er als sein Eigentum und setzte sie für seine Zwecke ein, wobei diese äußerst schlecht behandelt und versorgt wurden.256 Sie wurden von der Bevölkerung Essens als „Stü-cke“ bezeichnet.257 Alfried Krupp verbesserte die Situation der Zwangsarbeiter im Un-ternehmen nicht. Dies bedeutete für viele den Hungertod.258

Die Familie Krupp wurde nach Kriegsende als Kriegsverbrecher angesehen.259 Anstelle von Gustav Krupps von Bohlen und Halbach wurde jedoch sein ältester Sohn verhaftet, weil er selbst krank war.260 Alfried Krupp wurde ohne Begründung verhaftet und in Haft gehalten.261 Von den Mitarbeitern, den Krupp-Direktoren262, die neben Krupp verhaftet wurden, erlitten mehrere während der Haft aufgrund der schlechten Bedingungen im Gefängnis Erkrankungen. Die Anklagepunkte waren Folgende: Beteiligung an einem Angriffskrieg, Durchführung von Kriegsverbrechen sowie Verbrechen an der Mensch-lichkeit, Zwangsarbeit und Plünderung fremden Eigentums.263 Von den Anklagepunkten wurden Alfried Krupp und die Direktoren jedoch nur bzgl. Plünderung und Sklavenar-beit für schuldig befunden.264 Hierfür wurde Krupp mit einer Gefängnisstrafe von zwölf Jahren bestraft, von denen er insgesamt sechs Jahre im Gefängnis war.265 Außerdem wurde sein Vermögen – allerdings ohne Rechtsgrundlage – konfisziert.266 Während der

254 Vgl. Engelmann (1969, S. 446-447). 255 Vgl. Friz (1990, S. 33). 256 Vgl. Calogeras (1989, S. 160-161). 257 Vgl. Calogeras (1989, S.161), Manchester (1968, S. 461). 258 Vgl. Calogeras (1989, S. 167). 259 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 42). 260 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 48), Abelshauser (2002, S. 465). 261 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 48-49). 262 Vgl. von Klass (1953, S. 445). 263 Vgl. Maschke (1951, S. 5). 264 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1962, S. 101, 140) . 265 Vgl. http://wissen.manager-magazin.de/wissen/dokument/dokument.html?titel=Verlierer+

vor+Gericht&id=9245694&top =MM&suchbegriff=konzernspitze&quellen=&qcrubrik =wirtschaft, Abrufdatum: 10.09.2009.

266 Vgl. Friz (1990, S. 38-41).

Page 41: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

31

Gefängnisstrafe, die Alfried Krupp völlig unberührt ließ, schockte ihn seine komplette Enteignung sehr.267

Der Prozess, den er erfuhr, war eine sehr prägende Episode in seinem Leben. Die ge-gen Alfried Krupp erhobenen Anschuldigungen ließen ihn äußerlich unberührt. Wäh-rend des Prozesses wurde deutlich, dass Krupp sich nur seinen „Kruppianern“ und den Deutschen als Menschen verbunden fühlte, während die ausländischen Zwangsarbei-ter von ihm nicht als Menschen angesehen wurden. Dies kann so erklärt werden, dass er sein Selbstbild einer Person, für die Menschen an erster Stelle stehen, schützen wollte.268

Während Alfried Krupps Zeit im Gefängnis war sein Bruder Berthold von Bohlen und Halbach als einziger dazu fähig, das Unternehmen zu leiten. Alfried Krupp hat dies jedoch niemals gewürdigt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass er die Hand-lungen seines Bruders vom Gefängnis heraus nicht richtig verstand.269

Am 31.01.1951 wurde Alfried Krupp und den anderen Verurteilten eine Amnestie von Hochkommissar McCloy gewährt. Zudem wurde die Konfiszierung des Vermögens Krupps rückgängig gemacht.270 Die Begnadigung Krupps durch McCloy war tatsächlich die Folge des Koreakrieges. Dieser machte deutlich, dass man Deutschland wieder aufbauen müsse, da man es als Verbündeten gegen den Kommunismus brauchte.271

3.2.7 Nach dem Prozess

Nachdem Alfried Krupp begnadigt worden war, wurde er wie ein Volksheld verehrt272, obwohl die Stadt Essen im Jahre 1946 der Familie Krupp die Ehrenbürgerschaft aber-kannte.273 Er wollte das Unternehmen wieder aufbauen, „die Macht und das Prestige der Drei Ringe wiederherstellen“274. Er besaß auch die Unterstützung von den alten „Kruppianern“, die für die Firma seit Jahrzehnten gearbeitet hatten: „Wissen Sie, für Krupp würde ich mein Leben geben.“275 Erst der Mehlemer Vertrag, den Alfried Krupp mit den USA, Großbritannien und Frankreich schloss, erlaubte es ihm, wieder die Lei-tung von den Resten des Unternehmens Krupp zu übernehmen. Im Gegenzug musste er wichtige vertikale Betriebe abstoßen. Bei den Betrieben, die Krupp verkaufen sollte,

267 Vgl. Engelmann (1969, S. 453). 268 Vgl. Calogeras (1989, S. 170-172). 269 Vgl. Friz (1990, S. 42-43). 270 Vgl. Frhr. von Wilmowsky (1961, S. 242), Friz (1990, S. 45), Gall (2002, S. 476). 271 Vgl. Calogeras (1989, S. 174-176). 272 Vgl. Calogeras (1989, S. 176). 273 Vgl. Friz (1990, S. 47). 274 Vgl. Calogeras (1989, S. 180). 275 Manchester (1978, S. 660).

Page 42: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

32

durfte er hingegen nicht mehr selbst die Geschäftsführung ausüben. Das ging nur noch durch einen Treuhänder.276

Alfried Krupp unterschrieb den Vertrag letztlich nur, weil er keine andere Option sah, wieder die Gewalt über sein Unternehmen zu erhalten. Nachdem er somit wieder an der Macht war, gelang es ihm, den Export seines Unternehmens stark zu steigern.277 Krupp gründete einen neuen Betrieb, der Waren zu Tiefstpreisen in unterentwickelte Länder exportierte und so die Konkurrenz aus diesen verdrängte. Er engagierte darü-ber hinaus eine PR-Firma, die das Image von Krupp aufbesserte.278 Außerdem fasste er die Entscheidung, nicht mehr im Rüstungssektor zu agieren.279 Der grundsätzliche Verzicht auf die Produktion von Waffen sollte das Image des Konzerns aufbessern. Stattdessen half Krupp nun anderen Unternehmen dabei, ebenfalls Stahl herstellen zu können.280 Darüber hinaus verstärkte er das Gemeinschaftsbewusstsein der „Kruppianer”. Er verband die Unternehmensteile, um deren Aufspaltung, welche die Alliierten anstrebten, zu erschweren.281 Von den geringen Mitteln, die dem Unterneh-men am Anfang verblieben, bezahlte Alfried Krupp den Pensionären die Hälfte ihrer Pensionsansprüche. Seine Direktoren waren damit nicht einverstanden, Krupp jedoch war so erzogen worden, dass er sich immer zuerst um die Belange der Belegschaft zu kümmern hatte.282

Alfried Krupp heiratete am 19. Mai 1952 wieder. Seine zweite Frau hieß Vera und war bereits dreimal geschieden.283 Sie wurde ebenfalls nicht von der Mutter akzeptiert. Alfried hatte für seine Frau keine Zeit und somit scheiterte auch diese Ehe.284

3.2.8 Betrachtung von Alfried Krupp vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns

Alfried Krupp hatte eine sehr strenge Kindheit, welche ihm wenig Freiraum ließ, seine Persönlichkeit zu entfalten. Das Interesse der Eltern an ihrem Sohn bestand im We-sentlichen darin, einen Nachfolger für die Führung des Unternehmens heranzuziehen. Neben einer soliden schulischen und akademischen Ausbildung hieß dies vor allem, eine auf die Krupp’sche Firma bezogene Verantwortung zu entwickeln. Auch hatten die Eltern eine Vorbildfunktion für ihn dadurch, dass sie in ihrer Fürsorge für die „Kruppianer” ein großes Maß an Selbstlosigkeit demonstrierten. Diese verlangten sie

276 Vgl. Friz (1990, S. 53). 277 Vgl. Friz (1990, S. 55). 278 Vgl. Calogeras (1989, S. 181). 279 Vgl. Gall (2002, S. 475). 280 Vgl. Friz (1990, S. 55-56). 281 Vgl. Gall (2002, S. 496-497). 282 Vgl. Friz (1990, S. 53-54) 283 Vgl. Calogeras (1989, S. 178), Engelmann (1969, S. 457). 284 Vgl. Calogeras (1989, S. 179), Engelmann (1969, S. 458).

Page 43: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

33

auch von ihrem Sohn.285 Sein Missmut gegenüber dieser Situation spiegelt sich in sei-ner langen Studienzeit wider. Auch der Eintritt in die NSDAP ist als eine Art Flucht vor dem Elternhaus zu sehen.

Seine Erziehung war somit weniger auf Menschlichkeit als vielmehr auf die Weiterfüh-rung des Familienunternehmens ausgerichtet. Später übernahm er dieses extreme Verantwortungsgefühl gegenüber dem Unternehmen Krupp und stellte seine persönli-chen Bedürfnisse denen des Unternehmens hintenan. Er opferte sogar die Ehe mit seiner Frau Annelise, die er sehr liebte, sowie das Verhältnis zu seinem Sohn Arndt. Die humanistische Grundbildung ist bei ihm somit als problematisch anzusehen.

Alfried Krupp hatte eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung als Ingenieur genos-sen. Er besaß somit das notwendige Wissen, um die fachlichen Zusammenhänge des Stahlbaus zu verstehen und auch ingenieurtechnisch voranzutreiben. Praktische Kenntnisse, die ein Kaufmann besitzen sollte, erlangte er durch das Voluntariat bei der Dresdner Bank.

Die Frage nach dem gefestigten Charakter ist bei Alfried Krupp schwierig zu beantwor-ten. Wie bereits erwähnt, ist sein Wesen als sehr geheimnisvoll und schwer zugänglich beschrieben worden. Still und verschlossen, äußerte er oft seine Meinung nicht. Seine Aufgaben im Unternehmen erfüllte er mit Pflichtgefühl, jedoch nicht mit Leidenschaft. Auch die Tatsache, dass er Zwangsarbeiter in seiner Firma einfach verhungern ließ, zeugt von einer Apathie, welche das normale Maß bei weitem überschreitet. Zwar wird Alfried Krupp auch als hochmütig beschrieben, Beleidigungen, wie sie ihm durch das Beworfenwerden mit Tomaten widerfahren waren, trafen ihn jedoch sehr.

Alfried Krupp wusste sich in der gehobenen Gesellschaft einwandfrei zu verhalten. Er besaß Manieren, Form- und Taktgefühl. Seine innere Verschlossenheit und fehlende Kommunikationsfreude zeugten jedoch weniger von großem Interesse gegenüber sei-nen Mitmenschen.286 Alfried Krupp war vielmehr getrieben von dem Gedanken der Nachhaltigkeit seines Unternehmens. Dies weist ihn in diesem Punkt durchaus als ehr-bar aus, zeigt aber auch, dass die Firma Krupp sein einziger Lebensinhalt war. Außer-dem besaß er tugendhafte Eigenschaften wie persönliche Genügsamkeit287, Schweig-samkeit und Fleiß. Diese entsprangen jedoch wahrscheinlich nicht einem überzeugten Gefühl der Erfüllung, sondern vielmehr seinem von den Eltern aufgezwungenen Pflichtgefühl. Die Aufgabe seiner ersten Ehe lässt auf mangelnde Entschlossenheit und Kampfgeist schließen. Auch sein hoher Alkohol- und Tabakkonsum zeugen nicht von Ehrbarkeit, sondern vielmehr von Weltflucht. Von einem gefestigten Charakter kann also nur bedingt gesprochen werden.

285 Diese verlangten sie zwar von allen Kindern, von Alfried Krupp jedoch in besonderem Maße. 286 Die aufrichtige Liebe gegenüber seiner ersten Frau sei hier ausgenommen. 287 Gegenüber dem Vorantreiben der Ziele der Firma war Alfried Krupp hingegen nicht genüg-

sam.

Page 44: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

34

In Hinsicht auf den ehrbaren Kaufmann im weiteren Sinne ist vor allem Alfried Krupps Verantwortungsgefühl gegenüber den „Kruppianern“ zu nennen.288 Das Vorbild der Eltern hatte er somit für sich übernommen. Dem konträr gegenüber stand die Interes-selosigkeit gegenüber den Zwangsarbeitern. Entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie wurden diese von Krupp jedoch nicht als Menschen gesehen. Dieser extreme Gegensatz ist in der Diskussion um die Ehrbarkeit Alfried Krupps schwer einzuordnen. Seine Befangenheit innerhalb der NS-Ideologie veranlasst ihn zu Handlungen, die nach heutiger Sicht irrational wirken. Bezüglich zum Kriterium der Sorge um die Mitar-beiter lässt sich demnach für Alfried Krupp keine eindeutige Aussage treffen.

Bezüglich der Öffentlichkeit ist zu sagen, dass Alfried Krupp als Leiter des größten Ar-beitgebers der Stadt Essen eine Person der Öffentlichkeit war, obwohl er die Öffent-lichkeit meidete, soweit er konnte. So wurde ihm auch eine Ehrenbürgerschaft der Stadt zuteil, die ihm jedoch nach Kriegsende wieder entzogen wurde.

Hinsichtlich der Verantwortung gegenüber Kunden, Lieferanten und Wettbewerber geht aus den Quellen nichts Konkretes hervor. Allerdings wird erwähnt, dass Hitler sich per-sönlich bei Krupp für die Waffenlieferungen bedankte, indem er das Unternehmen von der Erbschaftssteuer befreite. Auch wenn dies makaber klingen mag, so lässt es doch auf eine Liefertreue und zufriedene Kunden schließen. Später sank jedoch die Qualität der Waffen, da für die Produktion Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, welche für diese Arbeit keine bzw. keine ausreichende Ausbildung erhalten hatten. An dieser Stelle stellt sich wieder die Frage, ob ein zufriedener Kunde tatsächlich mit Ehrbarkeit in Verbin-dung gebracht werden kann, oder ob sich nicht – ähnlich der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern – die bisherige Definition durch die Anwendung auf die Verhältnisse im Dritten Reich selbst pervertiert.

Auch Alfrieds politisches Engagement in jungen Jahren ist ähnlich zu betrachten. Die-ses ist – wie bereits erwähnt – zunächst vor allem als Reaktion auf die strenge Erzie-hung durch seine Eltern zu sehen, aber auch als eine Flucht vor seinen Pflichten und vielleicht als ein Ersatz für seine übermächtige Familie, die ihm die familiäre Gebor-genheit jedoch verweigerte. Krupp hat sich selbst als ein Opfer der geschichtlichen Ereignisse bezeichnet. Es lässt seine Ohnmacht gegenüber diesen erkennen. Von echtem politischem Engagement kann also nur eingeschränkt die Rede sein. Zusam-menfassend lässt sich sagen, dass, wenn man die Verbindung zur Ehre gemäß dem Verständnis dieser Arbeit herstellt, nicht auf Krupps Ehrbarkeit als Kaufmann ge-schlossen werden kann.

288 Dieses ist auch in der Zahlung der Pensionsansprüche an seine Mitarbeiter nach Kriegsende

zu erkennen. An dieser Stelle zeigte Krupp an einer der wenigen Zeitpunkte seines Lebens echtes Durchsetzungsvermögen gegenüber seinen Direktoren.

Page 45: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

35

3.3 Berthold Beitz

3.3.1 Allgemeines

„Beitz ist ein robustes Kind des Volkes, ein Selfmademan, von einem schon nahezu sträflichen Selbstvertrauen, extrovertiert, überschwenglich; er mag gern Witze, liebt den Kampf, schwelgt in all den engen persönli-chen Kontakten, die seinem Herrn ein Greuel sind, ist direkt, grob, manchmal schockierend taktlos, manchmal rührend gutherzig, absolut unbefangen und völlig furchtlos.“289

Das Zitat macht deutlich, dass Berthold Beitz im Gegensatz zu Alfried Krupp, „seinem Herrn“, besonders kommunikativ und kontaktfreudig war (und heute wahrscheinlich noch ist). Die folgenden Ausführungen machen deutlich, dass sein besonderes Naturell ihn von Kindheit an bei dem unterstützte, was er tat.

3.3.2 Geburt, Kindheit und Ausbildung von Berthold Beitz

Berthold Beitz wurde am 26. September 1913 in Zemmin (Pommern) geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater, Erdmann Beitz, war Unteroffizier im 2. Pommerschen Ulanenregiment Nr. 9 und seine Mutter, Erna Beitz geb. Stuth, arbeitete als Kindermädchen.290 Nach Friz hatte die Mutter nie erwartet, dass ihr Sohn so erfolgreich und weltweit berühmt sein wird.291 Später schaffte der Vater es in seiner Laufbahn bis zur Reichsbank – zunächst in Demmin und nach 1919 in Greifswald.292

Seinen beeindruckenden Aufstieg verdankte Berthold Beitz sowohl seinem Fleiß, sei-ner Sturheit und seiner Intelligenz als auch den günstigen sozialen Umständen, die sich nach Ende des zweiten Weltkrieges für ihn ergeben hatten.293

Berthold Beitz genoss in Greifswald eine erfüllte Kindheit, die er mit vielen Interessen wie Segeln, Rudern und der gemeinsamen Jagd mit seinem Großvater gestaltete. Ta-lentiert, aber faul – wie Friz ihn beschreibt – schaffte er sein Abitur im Jahr 1934 gera-de so dank der Unterstützung durch seine Lehrer.294 Es folgte eine zweijährige Lehre als Bankkaufmann in Stralsund. Nach deren Ende kehrte er in seine Heimatstadt zu-rück und arbeitete sich innerhalb eines Jahres zum stellvertretenden Bankdirektor hoch.295 Berthold Beitz war vom Militärdienst befreit.296 Er absolvierte aber freiwillige

289 Oberserver 1961 zitiert nach Friz (1990, S. 266). 290 Vgl. Sandkühler (1996, S. 290), Engelmann (1969, S. 461), Kammertöns (1998, S. 200). 291 Vgl. Friz (1990, S. 57). 292 Vgl. Sandkühler (1996, S. 290). 293 Vgl. Friz (1999, S. 57). 294 Vgl. Friz (1999, S. 58). 295 Vgl. Sandkühler (1996, S. 290). 296 Vgl. Friz (1990, S. 58).

Page 46: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

36

Armeeübungen. Dies brachte ihm den Rang eines Reserve-Feldwebels ein. Gegen die NSDAP hegte Berthold Beitz Verachtung und schloss sich ihr auch nicht an.297

Nach Friz war sein Vater sehr begeistert von dem, was sein Sohn erreichte, aber Ber-thold Beitz wollte noch mehr schaffen.298 Seine Persönlichkeit wurde einerseits von seinem patriarchalischen und konservativen Elternhaus, andererseits aber auch von einem Interesse für die Welt begründet. Sandkühler beschreibt Berthold Beitz als selbstbewusst, durchsetzungsfähig und charmant.299 Der Beruf des Bankkaufmanns reizte ihn nicht besonders und so ging er nach Hamburg, um dort Karriere zu ma-chen.300

3.3.3 Zeit in Galizien

3.3.3.1 Angebot von Dutsch Royal Shell und Ehe mit Else Beitz geb.

Hochheim

Nachdem er sich bei mehreren Firmen beworben hatte, fing er schließlich im Oktober 1939 bei Dutsch Royal Shell in Hamburg an und übernahm die Verwaltung von Ölfel-dern in Galizien im damaligen Polen. Da dies ein wichtiger Posten für das Funktionie-ren der Kriegsmaschinerie war, wurde Berthold vom Kriegsdienst an der Front freige-stellt. Außerdem ermöglichte es ihm, die Bedeutung dieser Position auch von Angehö-rigen der Schutzstaffel mit Achtung behandelt zu werden, ohne ein Mitglied in der Par-tei zu werden.301 Bei Dutsch Royal Shell lernte Berthold Else Hochheim kennen. Diese war seine Tennispartnerin. Er ehelichte sie, und sie gebahr ihm drei Töchter.302

3.3.3.2 Rettung von Juden in Galizien

Die Familie zog später nach Polen, da Berthold Beitz hoffte, dort schneller Karriere zu machen.303 In der anfänglichen Hungerzeit besorgte er seiner Familie Essen bei den lokalen Bauern, indem er bei ihnen Petroleum gegen Lebensmittel tauschen ließ. Dies machte er auch, um die Versorgung seiner Arbeitskräfte mit Lebensmitteln zu gewähr-leisten. Darüber hinaus gründete er für diese eine Bäckerei, eine Schweinezucht und eine Genossenschaft, die diverse Konsumgüter bezog. Dies brachte ihm auch erhebli-chen Respekt bei seinen Vorgesetzten ein.304

297 Vgl. Sandkühler (1996, S. 290). 298 Vgl. Friz (1990, S. 58). 299 Vgl. Sandkühler (1996, S. 291). 300 Vgl. Friz (1990, S. 59). 301 Vgl. Friz (1990, S. 59). 302 Vgl. Sandkühler (1996, S. 291), Engelmann (1969, S. 463). 303 Vgl. Sandkühler (1996, S. 291-293) 304 Vgl. Sandkühler (1996, S. 295-296).

Page 47: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

37

Im Oktober 1941 wurde Berthold Beitz wegen seines menschlichen Umgangs mit Ju-den denunziert.305 Er musste mit ansehen, wie Juden misshandelt und getötet worden waren, und war sehr schockiert.306 Dass die in Konzentrationslager abtransportierten Juden umgebracht werden würden, wusste Beitz anfangs nicht. Nach den Deportatio-nen beschäftigte er viele Juden, um die Beskiden-Erdöl AG zu gründen, und warnte diese auch.307 Als die Gestapo in sein Unternehmen kam, um seine jüdischen Unterge-benen zu deportieren, versteckte Berthold Beitz diese in einem speziellen Raum.308 Unterstützung bei seinen humanen Rettungen erhielt er auch von seiner Frau Else Beitz, die ein jüdisches Kind versteckte.309

Die Motivation, Menschenleben zu retten, rührte bei Berthold Beitz unter anderem da-her, dass er mit ansehen musste, wie eine Frau mit Kind erschossen wurde, und er später auch konkret wusste, was mit den abtransportierten Juden geschehen würde.310 Er gab den verzweifelten Juden auch Mut, indem er ihnen Hoffnung machte und sich von dem Verhalten der anderen Deutschen distanzierte.311 Aufgrund seiner persönli-chen Beziehungen zu einigen höher stehenden Gestapo-Leuten wurde ihm auch er-laubt, seine Arbeiter aus den Zügen für die Deportation wieder herauszuholen. Die erwiesenen Kontakte zu diesen Personen ermöglichten es ihm, einigen Menschen das Leben zu retten. Dabei gab er auch viele Juden, die nicht in seinem Betrieb arbeiteten, auf dem Bahnhof der Deportation als Fachkräfte aus, um auch sie zu retten.312

Berthold Beitz sagte in einem Interview, dass er die Menschen nur retten konnte, weil er ein festes und bestimmtes Auftreten hatte, dem NS-Ideal entsprach und seine Be-ziehungen von allen überschätzt wurden.313 Der wichtigste Grund für seine Macht zur Freilassung bestand darin, dass das Unternehmen, für welches er arbeitete, extrem wichtig für den Krieg war, und er daher vom Oberkommando des Heeres ein Telegram besaß, das ihm erlaubte, Arbeitskräfte für das Unternehmen zurückzuholen, wenn die-se unentbehrlich waren.314 Von einer Überlebenden wurde über Berthold Beitz berich-tet, dass er die Leiden der anderen mitfühlte und dabei Trauer verspürte. Aufgrund seiner Menschlichkeit gegenüber Juden planten einige Antisemiten in seinem Unter-nehmen, ihn an die Front schicken zu lassen. Ein Telefonanruf bei einem Vorgesetzten konnte dies jedoch verhindern.315

305 Vgl. Sandkühler (1996, S. 316). 306 Vgl. Sandkühler (1996, S. 304). 307 Vgl. Sandkühler (1996, S. 325-326). 308 Vgl. Sandkühler (1996, S. 337). 309 Vgl. Sandkühler (1996, S. 420). 310 Vgl. Sandkühler (1996, S. 418-420). 311 Vgl. Schmalhausen (1991, S. 89-90). 312 Vgl. Sandkühler (1996, S. 339-340). 313 Vgl. „Ich musste es einfach tun“. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/926/431677/text/,

01.02.08, Abrufdatum: 07.09.09. 314 Vgl. Schmalhausen (1991, S. 59-60). 315 Vgl. Sandkühler (1996, S. 342-346).

Page 48: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

38

Bei den Rettungen seiner Angestellten aus den Transporten ging Berthold Beitz weit über das ihm zugestandene Kontingent hinaus.316 Zudem organisierte er Transporte, die Juden halfen, über die ukrainische Grenze zu flüchten. Dabei wurde einer der Transporte entdeckt, woraufhin der Fahrer Berthold Beitz vermutlich an die Gestapo verriet. Die Antisemiten im Unternehmen denunzierten ihn daraufhin beim Sicherheits-dienst, der den Fall an eine obere Stelle weitergab. Bei dieser arbeitete zufälligerweise sein alter Jugendfreund Bendt, welcher den verängstigten Berthold Beitz verwarnte, das Schreiben aber vernichtete.317 Letzterer erkannte, dass einige SS-Leute an den von ihnen durchgeführten Erschießungen litten und versuchten, dies durch andere Tu-genden zu kompensieren.

Als er erfuhr, dass die Rote Armee kurz vor dem Durchbruch stand, riet er seinen Ar-beitern dazu wegzulaufen und sich für die vermeintlich kurze Zeit bis zum Einmarsch der Truppen im Wald zu verstecken.318 Im November 1944 wurde Berthold letztlich eingezogen und konnte dann kaum noch etwas für die Juden tun.319 Sein Unternehmen konnte diesmal die Einberufung nicht rückgängig machen.320

Unter den Menschen, die er rettete, befand sich der Krakauer Professor Ehrlich, der bereits einem Erschießungskommando gegenüber stand.321 Auch verwickelte er z.B. einen SS-Wachmann in ein Gespräch, damit ein Mann hinter dessen Rücken aus ei-nem Zug fliehen konnte. Ein direkter Vergleich mit Oskar Schindler ist angemessen, wird aber dadurch eingeschränkt, dass Berthold Beitz nicht sein eigener Chef, sondern nur Angestellter war und daher durch die Vorgaben seines Unternehmens in den Mög-lichkeiten zu helfen, beschränkt war.322 Beitz lehnt es jedoch ab, als Widerstandskämp-fer gegen das Regime klassifiziert zu werden und betont, dass sein Antrieb zur Hilfe rein menschlicher Natur war. Dass diese Hilfe durchaus auch tödlich für ihn und seine Familie hätte ausgehen können, zeigen zahlreiche andere Fälle in seinem Distrikt.323

Da Berthold Beitz letztlich nur Angestellter war und der Vorstoß der Sowjettruppen auch nicht schnell genug erfolgte, wurde die Mehrzahl der von ihm temporär Gerette-ten am Ende doch umgebracht. Der Mord an Juden war dabei in Galizien besonders brutal und wurde ungewöhnlich schnell vorangetrieben.324 Polen und Israel verliehen ihm für seinen Einsatz später Auszeichnungen, auf die er sehr stolz ist.325 Yad Vashem

316 Vgl. Sandkühler (1996, S. 355-356). 317 Vgl. Sandkühler (1996, S. 361). 318 Vgl. Sandkühler (1996, S. 399). 319 Vgl. Sandkühler (1996, S. 398). 320 Vgl. Schmalhausen (1991, S. 102). 321 Vgl. Friz (1990, S. 59). 322 Vgl. Sandkühler (1996, S. 420). 323 Vgl. Sandkühler (1996, S. 420-421). 324 Vgl. Sandkühler (1996, S. 405-406). 325 Vgl. Friz (1990, S. 60).

Page 49: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

39

ehrte Berthold Beitz als „Gerechter unter den Völkern“ und erlaubte ihm damit einen Johannisbrotbaum in der „Allee der Gerechten“ zu pflanzen.326

3.3.4 Erste Jahre nach Kriegsende

Nach Kriegsende zog Beitz mit seiner Familie zurück nach Hamburg, wo er auf Emp-fehlung einer früheren Sekretärin Arbeit bei einer Versicherungsgesellschaft fand. Da er diese Branche nicht kannte, besorgte er sich aus Berlin die notwendigen Fachleute, die ihm das Versicherungsgeschäft beibrachten und ihm somit zu seinem Aufstieg zum Vizepräsidenten verhalfen.327 Letztlich waren es aber die vielen Experten, die die Arbeit machten, während Beitz sich mit der Oberaufsicht über diese sowie mit der Personal-politik und den organisatorischen Dingen beschäftigte.328 Später wechselte er als Ge-neraldirektor zur Iduna-Germania Lebensversicherung und half diesem alten Unter-nehmen durch Werbung und Fusion wieder nach vorne zu kommen.329

Auch nach dem Krieg blieb Berthold Beitz mit den von ihm geretteten Personen in Kon-takt. Letztendlich war es die Menschlichkeit, die für Beitz wichtig war.330

3.3.5 Betrachtung von Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns

Berthold Beitz hatte eine sorgenlose und freudvolle Kindheit. Seine Eltern waren nor-male Bürger. Er besuchte eine Schule, die er mit Abitur abschloss. Offensichtlich wur-de auf Berthold Beitz wenig Druck von Seiten der Eltern ausgeübt, da seine schuli-schen Leistungen trotz großer Intelligenz eher schlecht waren. Auch sein späteres Na-turell weist auf eine glückliche, ungezwungene Jugendzeit hin. Somit kann eine gute humanistische Grundbildung als gegeben angenommen werden.

Obwohl Beitz nicht sehr erfolgreich in der Schule war, bildete er sich weiter und been-dete erfolgreich seine Ausbildung zum Bankkaufmann. In Zusammenhang mit dem anschließenden Beginn seiner Karriere kann darauf geschlossen werden, dass er durchaus über ein fundiertes wirtschaftliches Fachwissen verfügte. Die Tatsache, dass er im Versicherungsgeschäft, in dem ihm die Branchenkenntnisse fehlten, so erfolg-reich war, dass er sich aufgrund seiner guten Führungsfähigkeiten in kurzer Zeit zum Generaldirektor bei der Iduna-Germania Lebensversicherung emporgearbeitet hatte, bestätigen dies.

Berthold Beitz zeigte bereits in diesem frühen Stadium seines Lebens, dass er einen stark geformten Charakter besaß, der viele Tugenden in sich vereinte. Zu diesen ge-

326 Vgl. Sandkühler (1996, S. 9, S. 16). 327 Vgl. Friz (1990, S. 60-61). 328 Vgl. Engelmann (1969, S. 464). 329 Vgl. Friz (1990, S. 62). 330 Vgl. Sandkühler (1996, S. 423).

Page 50: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

40

hörte Menschenkenntnis, Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen. Somit kann angenommen werden, dass er den Anforderungen an den ehrbaren Kaufmann im en-geren Sinne – so weit es sich beurteilen lässt – gerecht wird.

Für den ehrbaren Kaufmann im weiteren Sinne ist im Besonderen das Engagement für seine Mitarbeiter während seiner Zeit in Galizien zu sehen (Unternehmensebene). Er sicherte ihnen die Ernährung während des Krieges und damit ihre Existenz. Der Schutz, den er seinen jüdischen Arbeitern unter Einsatz seines Lebens und dessen seiner Familie gewährte, entspricht somit der Ansicht Schwalbachs und Fandels, nach denen dem ehrbaren Kaufmann im Zweifel die Mitarbeiter wichtiger sind als die eigene Person. In diesem Fall kann nach Meinung der Autorin sogar davon ausgegangen werden, dass Beitz’ Verhalten in Galizien in diesem Punkt tatsächlich dem Idealbild des ehrbaren Kaufmanns entspricht bzw. darüber sogar weit hinaus geht.

Dabei entsprangen seine Taten nicht einer politischen Gesinnung, sondern einem Pflichtgefühl gegenüber der Menschlichkeit. Sie zeugen von Tapferkeit, Stärke, Men-schenkenntnis und Mut. Diese Tugenden verweisen wieder auf seine Ehrbarkeit als Kaufmann im engeren Sinne. In Bezug auf die Unternehmensebene bleibt außerdem zu erwähnen, dass Beitz ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann war und seine Arbeit zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledigte. Dies lässt indirekt darauf schlie-ßen, dass er ebenfalls ein Verantwortungsgefühl gegenüber Kunden und Lieferanten sowie Konsumenten besaß.

Die Rettung der jüdischen Mitarbeiter ist jedoch nicht nur im Hinblick auf die Unter-nehmensebene, sondern auch auf die Gesellschaftsebene zu werten. Es kann die Fra-ge danach gestellt werden, ob eine Person, die Taten begeht, die innerhalb einer Ge-sellschaft als illegal angesehen werden, als ehrbar gelten kann. Tatsächlich wurde aber in Abschnitt 2.3.2 bereits ausgeschlossen, ein nationalsozialistisch geprägtes Ehrverständnis innerhalb dieser Arbeit zuzulassen. Auch die zahlreichen Ehrentitel, die Feierung Berthold Beitz’ als „Ikone des Friedens“ entkräften diese Argumentation.

Auch nach Kriegsende entwickelt sich Berthold Beitz weiter und beweist erneut seine menschliche und auch kämpferische Natur. Die Tatsache, dass er mit den geretteten Personen wie Professor Ehrlich weiterhin Kontakt pflegte, weist erneut auf seinen be-sonders ausgeprägten Sinn für zwischenmenschliche Beziehungen hin.

3.4 Zusammenarbeit und Beziehung zwischen Berthold Beitz und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach

3.4.1 Allgemeines

„,Mein Leben war nie von mir bestimmt, sondern vom Lauf der Geschich-te.’ So urteilte Alfried Krupp selbst über sein Schicksal und holte sich an

Page 51: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

41

seine Seite einen Mann, der nicht Opfer, sondern Gestalter von Ge-schichte werden sollte.“331

Dieses Zitat macht deutlich, dass Alfried Krupp sich als Opfer von geschichtlichen Er-eignisse sah; dies spiegelt ein Gefühl der Ohnmacht wider. Er entkam dieser jedoch in einem gewissen Sinne, indem er sich Berthold Beitz an seine Seite holte. Als Alfried Krupp 1951 aus dem Gefängnis entlassen wurde, wollte er wieder die Macht über sein Unternehmen erlangen und dieses auf einen neuen Weg führen, der keine Waffenpro-duktion mehr vorsah.332 Um diesen neuen Weg zu beschreiten, suchte er nach jeman-dem, der sich grundsätzlich von dem unterschied, was im Ruhrgebiet und den Traditio-nen des Unternehmens üblich war.333 Dieser Person musste er unbedingt vertrauen können. Mit der Einstellung der Person, die er schließlich auswählte, - nämlich Berthold Beitz – legte Krupp den Grundstein für den beeindruckenden Wiederaufstieg des Un-ternehmens, das temporär wieder zu einem der größten Unternehmen Deutschlands wurde.334

3.4.2 Treffen der beiden Männer: Alfried Krupp und Berthold Beitz

Das Kennenlernen der beiden Männer, die so unterschiedlich waren, ist auf Jean Sprenger, einen modernen Künstler, zurückzuführen. Beitz, Sprenger und Alfrieds Bru-der dinierten zusammen, als letzterer vorschlug, Beitz seinem Bruder Alfried Krupp vorzustellen. Beitz willigte ein und in einem ungezwungenen Gespräch mit Alfried Krupp stellten beide fest, dass sie sich sehr gut verstanden. Kurz danach lud Alfried Krupp Berthold Beitz in das vornehme Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg ein. Dieser ging davon aus, dass Alfried Krupp mit ihm eine Anleihe besprechen wollte, da er für eine der führenden Versicherungsgesellschaften arbeitete. Krupp schlug ihm stattdes-sen vor, ihn nach Essen zu begleiten und sein Generalbevollmächtigter zu werden. Berthold Beitz sollte ihm dabei helfen, die Firma Fried. Krupp wieder an die Spitze zu bringen. Beitz überlegte nicht sehr lange und sagte zu.335 Die Konditionen gaben ihm sehr viel Macht. Die einzigen Bedingungen, denen er unterliegen würde, waren folgen-de: Krupp durfte keine Waffen mehr herstellen. Zudem musste nach Außen hin so ge-tan werden, als ob man den Mehlemer Vertrag erfüllen wollte, und der Konzern musste vorerst weiterhin im Besitz der Familie bleiben.336

331 Friz (1990, S. 266). 332 Vgl. Gall (2002, S. 475). 333 Vgl. Gall (2002, S. 490). 334 Vgl. Gall (2002, S. 475-476). 335 Vgl. Friz (1990, S. 62-63). 336 Vgl. Manchester (1978, S. 673) sowie Friz (1990, S. 69).

Page 52: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

42

3.4.3 Berthold Beitz’ Umzug nach Essen und sein Anfang bei Krupp

Berthold Beitz kam 1952 nach Essen, trat aber erst ein Jahr später seine Stelle als Generalbevollmächtigter an.337 Als er anfing, erfreute er sich keiner großen Beliebtheit unter den Direktoren, da Beitz einen ungewohnten, modernen Führungsstil mitbrachte. Dass er im Gegensatz zu ihnen die NS-Zeit unschuldig überstanden hatte, brachte ihm ebenfalls nicht viele Sympathien ein.338

Alfried Krupp erteilte auch dem Direktor Friedrich William Janssen eine Generalvoll-macht. Janssen war neben Alfried Krupp ebenfalls beim Nürnberger Prozess angeklagt gewesen.339 Berthold Beitz vertraute Janssen und die beiden arbeiteten gut zusam-men.340 Zwei Faktoren unterstützten Beitz bei dessen Einarbeitung: Zum einen hatte der kalte Krieg dazu beigetragen, dass es jetzt notwendig schien, mit Deutschland zu-sammenzuarbeiten. Zum anderen trat im Deutschland der Nachkriegszeit nun aber auch ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Nach Janssens Ausscheiden im Jahr 1956 wegen Krankheit übernahm Berthold die alleinige Generalvollmacht.341

Die Entscheidung nach Essen umzuziehen, fiel Bertholds Familie gemäß Friz nicht leicht.342 Seine Frau Else war nicht begeistert davon, von einer Metropole wie Hamburg in eine Industriestadt wie Essen umzuziehen.343 Beitz entsprach gar nicht den Vorstel-lungen, die die Welt von einem Chef des Unternehmens Krupp hatte.344 Dass Alfried Krupp Berthold Beitz einstellte, lag daran, dass er der Meinung war, dass das Unter-nehmen und sein Führungspersonal seine „... ,Denkweise ändern mußten!’“345. Der neue Generalbevollmächtigte sollte die Probleme mit Menschenverstand lösen, wobei er keine Kenntnisse über Stahl und Ruhrgebiet besaß. Sein Empfang war daher nicht sehr freundlich. Das beeindruckte ihn aber nicht.346

Von den Fachleuten wurde Berthold Beitz aufgrund seiner Unkenntnis zunächst mit Misstrauen und Herablassung behandelt. Da er allerdings über Charme, Energie und vor allem Durchsetzungsvermögen verfügte, konnte er seine Position behaupten. Hier-bei konnte Berthold Beitz auch auf die Unterstützung Alfried Krupps zählen.347 Er de-mütigte die Direktoren, indem er einem Interviewer gegenüber erklärte, dass es seine

337 Vgl. Friz (1990, S. 70). 338 Vgl. Sandkühler (1996, S. 423). 339 Vgl. Gall (2002, S. 490). 340 Vgl. Friz (1990, S. 73). 341 Vgl. Frhr. Von Wilmowsky (1961, S. 243). 342 Vgl. Friz (1990, S. 69). 343 Vgl. Friz (1990, S.64). 344 Vgl. Engelmann (1969, S. 461). 345 Vgl. Friz (1990, S. 70). 346 Vgl. Engelmann (1969, S. 468), Friz (1990, S. 70). 347 Vgl. Gall (2002, S. 498).

Page 53: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

43

Aufgabe sei, die „Direktoriums-Löwen“348 zu bändigen.349 Außerdem entließ Beitz ver-dienstvolle Direktoren, verkleinerte deren Kompetenzen, führte Stäbe ein, die ihm un-terstanden und sorgte dafür, dass man nur noch über ihn Kontakt mit Alfried Krupp aufnehmen konnte.350 Gemäß Friz motivierte ihn die unfreundliche Atmosphäre, denn er konnte es sich nicht leisten, vor den Direktoren aus Essen zu flüchten.351

Dies alles zog er mit einem jugendlichen Elan durch. Dass er selber nur sechs Jahre jünger war als Alfried Krupp, sah man ihm nicht an. Eine weitere Beleidigung von Beitz gegenüber dem Direktorium war, dass dieser sein Jahresgehalt von einer Millionen Mark veröffentlichte. Darüber hinaus baute er im Hügel-Bezirk ein modernes Haus. Er gab dort persönlich Barbecue-Parties, mochte Jazz-Musik und machte generell, was ihm Freude bereitete und gegen die Traditionen war. So veranstaltete er in der Villa Hügel sogar eine Modenschau.352

3.4.4 Berthold Beitz und die Familie Krupp

Berthold Beitz hatte kein gutes Verhältnis zu Alfried Krupps Familie.353 Dies galt jedoch nicht für Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, die ihn respektierte.354 Besonders oder insbesondere sie, die sonst so für den Erhalt der Tradition war, sah ein, dass Krupp ein neues Image brauchte und war mit Berthold Beitz sehr zufrieden.355

3.4.5 Neuanfang bei Krupp

3.4.5.1 Alfrieds Ziele

Was Alfried Krupp „... bewegte, das war [...] allein ,Ehre und Prosperität“356. Ehre ent-stand für Alfried Krupp dadurch, dass er ein Krupp war. Prosperität hingegen bedeutete für ihn, „als Krupp auftreten und herrschen zu können“357. Zu diesem Zweck war für ihn alles erlaubt.358 Er wollte das Unternehmen, dessen alleiniger Erbe er war und das die Alliierten zerschlagen wollten, wieder aufbauen. Dazu gehörten auch die sozialen Pflichten, die die Krupps schon seit Generationen übernommen hatten, wieder aufzu-nehmen. Durch eine Verstärkung des sozialen Bundes der Arbeitnehmer zu Krupp sollte die von den Alliierten geplante Entflechtung schwerer durchzusetzen sein. Die

348 Engelmann (1969, S. 465). 349 Vgl. Engelmann (1969, S. 465-466). 350 Vgl. Engelmann (1969, S.468-469). 351 Vgl. Friz (1990, S. 72). 352 Vgl. Engelmann (1969, S. 466). 353 Vgl. Friz (1990, S. 71). 354 Vgl. Friz (1990, S. 236). 355 Vgl. Engelmann (1969, S. 467). 356 Engelmann (1969, S. 451). 357 Engelmann (1969, S. 451). 358 Vgl. Engelmann (1969, S. 451).

Page 54: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

44

praktische Verwirklichung des Kampfes gegen die Entflechtung überließ Alfried Krupp aber Berthold Beitz.359 Alfried Krupp wollte vor allem an seinem Kerngeschäft, der Stahlerzeugung festhalten. Schließlich bestanden die Tradition und der Stolz des Un-ternehmens darin, dort zu den Besten zu gehören.360

3.4.5.2 Berthold Beitz’ neue Public Relations (PR)-Strategie für Krupp

Beitz’ Ziel war es neben anderen, das Image von Krupp wieder aufzupolieren. Da viele immer noch mit dem Namen Krupp „...,Aggression, Tod und Zerstörung:“361 verbanden. So wurde Alfried Krupp an einem Flughafen gedemütigt, indem er mit Tomaten bewor-fen wurde. Dies hatte ihn sehr verletzt. Zur Imageverbesserung wurde ein PR-Stab eingerichtet, der ihm direkt unterstellt war. Berthold Beitz erkannte früh die Bedeutung von PR-Abteilungen. Er engagierte sich persönlich für PR und setzte sein persönliches Image ein, um Krupp in ein besseres Licht zu rücken. Beitz wollte der Welt zeigen, dass ein Großindustrieller nicht so ist, wie die Welt ihn sich vorstellte.362 Darüber hin-aus musste das Image von Krupp auch im politischen Rahmen geändert werden. Aus dem rechtsgerichteten, sozialdemokratie- und gewerkschaftsfeindlichen Krupp sollte ein verantwortungsbewusstes Unternehmen werden, das hinter der Grundgesetz steht, sich von der Politik fernhält und mit den Gewerkschaften kooperiert. Aus dem Kriegs-verbrecher sollte ein Unternehmen werden, das die Reduzierung des Völkerhasses anstrebt.363 Bertha Krupp wurde in das PR-Konzept ebenfalls mit einbezogen. Sie wur-de mit der Einweihung von Krankenhäusern und Heimen und in der Altenfürsorge ak-tiv.364

Die Villa Hügel wurde dabei für Werbezwecke genutzt, indem dort verschiedene Wer-beveranstaltungen abgehalten wurden. Es wurde ein äußerst großes Werbeetat bereit-gestellt. Beitz führte ausländische Diplomaten durch die Fabriken, um ihnen zu zeigen, dass Krupp keine Waffen mehr herstellte. Außerdem machte er seinen Gästen klar, welche Probleme für Krupp durch den Mehlemer Vertrag entstanden. Dass Krupp kei-ne Waffen mehr herstellen wollte, nutzte Berthold Beitz für seine Imagekampagne. Die Nato-Staaten wünschten sich angesichts des kalten Krieges wieder eine Aufnahme der Waffenproduktion. Krupp blieb jedoch waffenfrei. Die Firma hatte erkannt, dass sich die Herstellung von Waffen in Zukunft nicht mehr lohnen würde. Die Direktoren nutzten Beitz’ Auftritte in der Öffentlichkeit, um ihn vor selbiger bloßzustellen, was ihn vorsichti-ger und zurückhaltender machte.365

359 Vgl. Gall (2002, S. 496-497). 360 Vgl. Calogeras (1989, S. 189). 361 Fritz (1990, S. 76). 362 Vgl. Friz (1990, S. 74-77). 363 Vgl. Engelmann (1969, S. 469-470). 364 Vgl. Engelmann (1969, S. 470). 365 Vgl. Friz (1990, S. 111-116).

Page 55: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

45

3.4.5.3 Neuorganisation durch Berthold Beitz

Bevor die ehemaligen Konzernbestandteile wieder an den Konzern angegliedert wer-den konnten, musste zunächst der bestehende Konzern restrukturiert und wieder ver-einheitlicht werden. Es musste die Kontrolle über das erlangt werden, was noch vom Konzern übrig geblieben war. So wurde ein Direktorium errichtet, das die Bereiche Verkauf, Technik, Verwaltung und Finanzen betreute. Des Weiteren wurden verschie-dene Stabsabteilungen geschaffen, welche den Generalbevollmächtigten als Kontroll-instrumente dienten. Diese Reorganisation dauerte mehrere Jahre.366

3.4.5.4 Schaffung eines neuen Direktoriums durch Berthold Beitz

Beitz schaffte ein neues Direktorium für das gesamte Unternehmen, das aus vier Di-rektoren bestand und ihm in direkter Linie unterstand. Während Alfried Krupp nicht in aller Öffentlichkeit sagen konnte, dass er den Verkauf der Unternehmensbestandteile nicht durchführen wollte, vertrat Berthold Beitz auch öffentlich die Ansicht, dass dies nicht geschehen durfte.367 Beitz führte außerdem den „Generalregulativ“ als Leitlinie für das Unternehmen wieder ein. In diesem Zusammenhang entmachtete er das Direktori-um und gab den einzelnen Betrieben dezentral mehr Eigenverantwortung und Kompe-tenz.368 Die Restrukturierung war notwendig, um zu verhindern, dass sich Teile des Konzerns verselbständigten und der Kontrolle entzogen. Nachdem die Restrukturie-rung aber abgeschlossen war, war der Konzern so aufgestellt, dass er bereit war, die durch die Entflechtung abgespalteten Betriebe wieder zu integrieren.369

3.4.6 Internationalisierungsbestrebungen von Alfried Krupp und Berthold Beitz

3.4.6.1 Ostgeschäfte von Berthold Beitz

Alfried Krupp sah in den Ostblockstaaten einen wichtigen Handelpartner, dem man den Handel nicht verweigern durfte.370 Es wurde der Regierung mitgeteilt, dass man es für notwendig hielt, Handelsbeziehungen mit den Ostblockstaaten aufzunehmen.371 Beitz, der aufgrund seiner Taten in Polen besonders geeignet für den Osthandel schien, be-gann 1958 mit einer Reise nach Moskau. Er schickte ein Bild seiner Tochter nach Moskau und schrieb dazu „,Kinder statt Kanonen!’“372, woraufhin die russische Regie-

366 Vgl. Gall (2002, S. 499-500). 367 Vgl. Gall (2002, S. 492-493). 368 Friz (1990, S. 75). 369 Vgl. Gall (2002, S. 494). 370 Vgl. Calogeras (1989, S. 188). 371 Vgl. Gall (2002, S. 537). 372 Vgl. Engelmann (1969, S. 471).

Page 56: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

46

rung ihn einlud.373 Dies war etwas Besonderes, da Krupp in Russland als etwas Schlechtes angesehen wurde. Berthold Beitz und der stellvertretende Ministerpräsident der Sowjetunion waren sich jedoch sehr sympathisch und so gelang es ihm, Russland einen Großauftrag abzuringen.374

Bezüglich der Beziehungen mit Polen konnte Beitz auf Professor Ehrlich bauen, dem er in Galizien das Leben gerettet hatte.375 Besonders in Osteuropa wurde Berthold Be-itz aufgrund seiner Taten in Galizien als „Ikone des Friedens“ gefeiert. Dies half Krupp sehr dabei, sich von dem Image der Waffenschmiede wegzubewegen.376

Beitz sah im Osthandel eine große Chance für das Unternehmen. Dies stellte sich je-doch als Fehler heraus. Alfried Krupp hätte dies ahnen können, da er selbst ukraini-sche Fabriken geleitet hatte. Doch er unterstützte ihn in seinen Bestrebungen und teilte Beitz-Kritikern mit, dass ein Verzicht auf Handel mit den Ostblockstaaten die Gefahr eines Bankrotts bedeuten würde.377 Berthold Beitz und eine Großzahl an Krupp-Verkäufern konnten viele Kunden im Osten dadurch gewinnen, dass sie diesen ihre Produkte zu sehr niedrigen Preisen anboten. Dies brachte das Unternehmen Krupp in eine Situation, in der es die Bankverbindlichkeiten nicht mehr bedienen konnte. Da-durch wurde der Fortbestand des Unternehmens gefährdet.378 Beitz und Krupp jedoch sahen im Osten die Märkte der Zukunft und expandierten dorthin. Der Generalbevoll-mächtigte strebte aber auch eine Versöhnung der Polen und Deutschen an. Die polni-sche Regierung bedankte sich bei ihm für seine Rettungsaktionen aus der Zeit in Gali-zien. Krupp konnte außerdem viele wichtige Güter an Polen liefern. So war Beitz ein gern gesehener Gast und seine Reise erfolgreich. Diesen Erfolg wiederum suchte Be-itz, um in Essen seine Bedeutung gegenüber seinen Kritikern zu manifestieren.379

Der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer war über Beziehungen von Beitz zur Sowjetunion verärgert. Auf Alfried Krupps Willen hin legten die beiden jedoch später ihre Zwietracht bei. Berthold Beitz konnte als eine Art diplomatischer Vermittler zwi-schen den beiden Ländern fungieren, was der deutschen Regierung verwehrt blieb. Dies erfüllte Beitz besonders mit Stolz, da er es aus eigener Kraft heraus geschafft und nur sich allein zu verdanken hatte.380 All diese Erfolge waren schließlich das Ergebnis seiner mutigen Taten während seiner Zeit in Galizien.381 Auch in Russland war er ein gern gesehener Gast. Er wurde von Chruschtschow persönlich zu einem Gespräch zwischen den beiden allein eingeladen. Die wirtschaftlichen Gewinne, die aus diesen

373 Vgl. Engelmann (1969, S. 471). 374 Vgl. Friz (1990, S. 80-81). 375 Vgl. Engelmann (1969, S. 471). 376 Vgl. Gall (2002, S. 539). 377 Vgl. Manchester (1978, S. 779). 378 Vgl. Calogeras (1989, S. 188-189). 379 Vgl. Friz (1990, S. 79-80). 380 Vgl. Friz (1990, S. 80-83). 381 Vgl. Sandkühler (1996, S. 423).

Page 57: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

47

Reisen resultierten, waren aber eher gering. Beitz selbst jedoch hatte es zu einem Ein-kommensmillionär geschafft.382

3.4.6.2 Alfried und der Rest der Welt

Alfried bereiste sehr viele Länder mit Ausnahme derer, die Berthold Beitz besuchte.383 Alfried Krupp besaß die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und ihnen zuzuhören. Hierdurch lernte er viele fremde Kulturen kennen. Er bereiste vor allem Entwicklungsländer. In ihnen sah er die Märkte der Zukunft. In den Entwicklungs-ländern wurde in ihm der Lieferant von Qualitätsprodukten gesehen. Das negative Image war dort nicht sehr verbreitet. Sowohl Krupp als auch Beitz erhielten Ehrendok-tortitel in einem der von ihnen bereisten Länder: Berthold Beitz 1983 in Greifswald, der damaligen DDR, und Alfried Krupp 1961 in Aachen und 1962 in Tokio.384 Alfried Krupp war nicht nur geschäftlich im Ausland aktiv, sondern auch privat. So baute er in einem Dorf im Norden Argentiniens „...Tabaköfen, eine Schule, eine Kirche, eine Tankstelle, eine Metzgerei und weiß getünchte Häuser aus Lehmziegeln für die Bewohner.“385

3.4.7 Bochumer Verein und Wiederherstellung des Konzerns

Der Bochumer Verein war der größte Konkurrent Krupps. Über Strohmänner und Freunde gelang es Alfried Krupp, der vorher seine Hüttenwerke an diesen Konkurren-ten verkauft hatte, diesen zu übernehmen und so in den Konzern zu integrieren, dass er die verloren gegangene Gussstahlfabrik ersetzte. Damit war die Restrukturierung des Konzerns abgeschlossen, da verschiedene Unternehmensteile, die Krupp auf-grund des Mehlemer Vertrages verkaufen musste, beim Bochumer Verein landeten. Der Betrieb des Konzerns, der den Bochumer Verein übernommen hatte, stand selbst noch zum Verkauf. Aufgrund dessen Größe ließ sich aber kein Kaufinteressent finden. Dadurch konnte Krupp die Verkaufsfrist mehrmals verschieben. Als Alfried Krupp im Jahr 1967 starb, gab es keine Grundlage mehr für eine Verkaufsverpflichtung, da Alf-ried als Vertragspartner des Mehlemer Vertrages mit seinem Tod wegfiel. Zu diesem Zeitpunkt produzierte die Firma wieder Stahl und zwar doppelt soviel wie während des zweiten Weltkrieges. Krupp war wieder das größte Industrieunternehmen Deutsch-lands.386

382 Vgl. Friz (1990, S. 126-129). 383 Vgl. Engelmann (1969, S. 470-471). 384 Vgl. Friz (1990, S. 125). 385 Friz (1990, S.123). 386 Vgl. Friz (1990, S. 100-105).

Page 58: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

48

3.4.8 Selbstverständnis der „Kruppianer” und soziales Engagement von Krupp

„Kruppianer” zu sein bedeutete, dass man gemeinsam mit anderen eine gemeinsame Leistung vollbrachte und Begünstigter der sozialen Leistungen war, zu denen sich das Unternehmen verpflichtete. Dieser Aspekt war zur Zeit der Entflechtung besonders wichtig, da er die Betriebe und ihre Beschäftigten zusammenhalten sollte und somit dieser entgegenwirkte.387 Für Alfried Krupp war die Grundlage des Erfolges die Qualität der Krupp’schen Produkte. Diese Qualität ließ sich nur durch die Zusammenarbeit der Mitarbeiter erreichen.388 Beitz merkte an, dass die in der Vergangenheit erbrachte Leis-tung als Aushängeschild diente und somit für Aufträge in der Zukunft sorgte.389

Die Bedeutung „Kruppianer” zu sein, nahm ab, da die mit ihr verbundenen Sozialleis-tungen zunehmend vom Staat übernommen wurden und somit jedem zur Verfügung standen. Lediglich im Bereich des Wohnungsbaus konnte Krupp seine sozialen Vortei-le gegenüber dem Staat halten, da es zum einen seinen Arbeitnehmern Kredite zur Finanzierung von Wohnungserwerb oder Bau günstig vergeben konnte und zum ande-ren über viel Land im Raum um Essen verfügte.390

Einen Vorteil konnte Krupp hingegen darin erlangen, dass es schon früh die Bedeutung der Globalisierung erkannte und neben Exporten ins Ausland auch Werke dort errichte-te. Alfried Krupp bereiste unter anderem Ceylon, Thailand, Indien, Pakistan, Ägypten, Brasilien, Chile, Peru, Mexiko, Argentinien und Japan. Auf seinen Reisen begleiteten ihn immer Spezialisten für das jeweilige Land und den betroffenen Geschäftsbereich. Dadurch entstand mit der Zeit ein großes und intensives Netz an Auslandsbeziehun-gen.391 Exportleistungen sollten einen Ausgleich für die angeschlagene wirtschaftliche Situation in Deutschland bringen.392

3.4.9 Schadensersatz für die Zwangsarbeiter

Als sich einige jüdische Zwangsarbeiter zusammenschlossen und Krupp auf Scha-densersatz verklagten, wurden sie von Alfried Krupp und seinen Juristen als Erpresser beschimpft. Es fielen darüber hinaus während des Prozesses auch viele antisemitische Bemerkungen von Krupp und seinen Juristen. Als Alfried Krupp dennoch widerwillig den Schadensersatz zahlen musste, drehte dessen PR-Abteilung die Dinge so, dass es hieß, Krupp habe diese Zahlung freiwillig getätigt, um die Wunden der Vergangen-heit zu heilen. Gegenüber nichtjüdischen Zwangsarbeitern, die danach ebenfalls einen Prozess anstrebten, gab er den jüdischen Zwangsarbeitern die Schuld dafür, dass er

387 Vgl. Gall (2002, S. 517). 388 Vgl. Krupp Mitteilungen (1961) in Gall (2002, S. 520). 389 Vgl. Krupp Mitteilungen (1961) in Gall (2002, S. 520). 390 Vgl. Gall (2002, S. 521-523). 391 Vgl. Gall (2002, S. 523-527).

Page 59: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

49

sich nicht mehr dazu imstande sah, die anderen Zwangsarbeiter auch zu entschädi-gen. Hier wird deutlich, dass Alfried Krupp seine antisemitische Haltung beibehalten hatte und auch für seine Taten und sein Verhalten gegenüber den Zwangsarbeitern keine Reue spürte.393 Dass es überhaupt zu einer Entschädigung kam, ist wohl vor allem Berthold Beitz zuzuschreiben. Die Zahlung der Entschädigung bedeutete aber zumindest, dass Krupp eine moralische Schuld eingestehen musste.394

3.4.10 Die finanzielle Krise

Als der Finanzchef Krupps Johannes Schröder Sicherheitsmaßnahmen traf, ohne sich vorher mit Beitz und Krupp abzustimmen, musste er gehen. In einem Artikel, der wohl ebenso der Rache wie auch der Warnung dienen sollte, legte er die Situation des Un-ternehmens dar und warnte vor der drohenden Liquiditätskrise.395 Auf den Kapitalmarkt hatte der Artikel eine sehr große Wirkung, sodass Alfried drohte, die Pensionszahlung einzustellen.396

Dass der Artikel auch eine Warnung an Krupp und Beitz darstellte, ignorierten diese völlig, da sie davon ausgingen, dass die Ansichten ihres ehemaligen Finanzchefs ver-altet seien. Die Finanzwelt hingegen schenkte dem Artikel Glauben, und so wurde es für das Unternehmen schwerer, Fremdkapital aufzunehmen, da die Banken bereits um ihre existierenden Kredite bei Krupp fürchteten.397 Zu Beginn der sechziger Jahre ging der Umsatz des Unternehmens zurück. Dies führte zu der Vermutung, dass sich Krupp in einer Finanzkrise befand. Diese Vermutung konnte nicht durch eine entsprechende Bilanz beseitigt werden, da das Unternehmen als Familienunternehmen keinen Veröf-fentlichungspflichten unterlag. Das Unternehmen erlitt schließlich auch tatsächlich Fi-nanzprobleme. Dies lag unter anderem daran, dass die Konkurrenz im Bereich Kohle und Stahl stieg und sich Überkapazitäten bildeten. Ein weiteres Problem bestand darin, dass sich Alfried Krupp aufgrund seiner sozialen Verpflichtung weigerte, unrentable Unternehmensteile abzustoßen.398 Als das Unternehmen schließlich 1967 wirklich illi-quide wurde, taten sich Bund und Banken zusammen, um das es zu retten. Dafür ver-langten sie, dass Alfried Krupp und Berthold Beitz nicht mehr die Alleinherrscher wa-ren. Es sollte ein Vorstand eingesetzt werden. Außerdem sollte das Unternehmen in eine GmbH oder Stiftung umgewandelt werden. Somit befand sich die Firma Krupp nach fünf Generationen nicht mehr im Besitz einer einzelnen Person.399 Neben ver-schiedenen deutschen Banken und dem Bund, verkaufte Beitz später auch Anteile des

392 Vgl. Gall (2002, S. 532-535). 393 Vgl. Calogeras (1989, S. 186-188). 394 Vgl. Gall (2002, S. 556-557). 395 Vgl. Friz (1990, S. 130-131). 396 Vgl. Gall (2002, S. 564-565). 397 Vgl. Gall (2002, S. 564-566). 398 Vgl. Gall (2002, S. 558). 399 Vgl. Gall (2002, S. 572-574).

Page 60: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

50

Unternehmens an den Schah von Persien, der somit dazu beitrug, das Unternehmen zu retten. Beitz schaffte es so, die Finanzkrise zu überwinden und fand wieder an die Spitze des Unternehmens zurück.400

3.4.11 Beziehung zwischen Alfried Krupp und Berthold Beitz

Ob Beitz oder Krupp für den Aufstieg des Konzerns verantwortlich war, weiß man nicht genau, da Krupp sich nach und nach aus der Öffentlichkeit zurückzog. Die PR-Aktionen überließ er Beitz.401 Alfried Krupp traf sich zweimal täglich mit Berthold Beitz. Der Öffentlichkeit gegenüber erzeugte Krupp das Bild, dass Beitz derjenige sei, der das Unternehmen leitete.402 Ein Hobby, das Krupp und Beitz teilten, war die Jagd. Ber-thold Beitz konnte dies nutzen, um die Partner des Mehlemer Vertrages dazu zu brin-gen, sich mit Krupp und ihm zu treffen. Dies war möglich, weil die Jagd damals ein sehr beliebtes Hobby und es gesellschaftlich angesehen war, wenn man einer Jagdein-ladung nachgehen konnte.403

Unterschiedliche Meinungen hatten Berthold Beitz und Alfried Krupp jedoch, wenn es um das Abstoßen von verlustreichen Teilen des Unternehmens ging. Krupp weigerte sich gegen Beitz’ Vorschlag, die Lokomotivproduktionsstätte abzustoßen, da dies ge-gen die Tradition sprechen würde, den “Kruppianern” ihre Arbeitsplätze zu erhalten. Wenn es darum ging, den Mehlemer Vertag ins Leere laufen zu lassen, setzten die beiden Männer gemeinsam ihre Kreativität ein und schafften somit das scheinbar Un-mögliche, die Zurückgewinnung des Unternehmens.404

3.4.12 Beitz als Vermittler zwischen Alfried und dessen Sohn Arndt

Arndt sah in Beitz eine Vaterfigur für sich.405 Alfried Krupp erwartete, dass Arndt loyal zum Unternehmen ist und dieses später übernehmen würde. Arndt wollte es jedoch nicht.406 Dies enttäuschte Alfried Krupp sehr.407 Arndt war es mit zunehmender Zeit nur noch möglich, über Beitz mit seinem Vater zu reden, welcher immer schweigsamer wurde. Arndt unterschrieb im Jahr 1966 nach langen Gesprächen mit Berthold Beitz, dass er auf seinen Erbanspruch verzichtete, und erhielt dafür jährlich eine Rente von zwei Millionen Deutsche Mark.408

400 Vgl. Gall (2002, S. 576-578). 401 Vgl. Friz (1990, S. 52). 402 Vgl. Calogeras (1989, S. 186). 403 Vgl. Friz (1990, S. 120-122). 404 Vgl. Friz (1990, S. 97-98). 405 Vgl. Manchester (1978, S. 761). 406 Vgl. Calogeras (1989, S. 189). 407 Vgl. Calogeras (1989, S. 193). 408 Vgl. Friz (1990, S. 146-147), Kammertöns (1998, S. 224-226).

Page 61: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

51

3.4.13 Tod des „Königs“ und Gründung der Stiftung

3.4.13.1 Alfrieds Lebensende und Erbschaftsverhältnisse

Als Erben des Unternehmens setzte Alfried Krupp eine Stiftung ein, deren Aufgabe es war, den Konzern zusammenzuhalten. Gewinne, die der Konzern erwirtschaftete, soll-ten „philanthropisch-wissenschaftlichen Zwecken“409 gestiftet werden. Der Familienna-me erlosch schließlich. Die Firma bestand jedoch weiter.410 Alfried Krupp selbst starb einsam und war noch nicht einmal sechzig.411 Es wurde die Vermutung geäußert, dass es sich um Suizid gehandelt haben könnte, da die Umstände seines Todes ungeklärt sind und er kurze Zeit zuvor seine Alleinherrschaft zu Gunsten der Banken aufgeben musste.412 Krupp war einer der reichsten Männer seiner Zeit gewesen. Dies lag vor allem daran, dass das Familienvermögen über die Generationen immer nur an ein Fa-milienmitglied weitergereicht wurde.413

3.4.13.2 Reaktion von Beitz nach dem Tod von Alfried Krupp

Beitz hatte eine enge freundschaftliche Beziehung zu Alfried Krupp, den er ungefähr 15 Jahre lang täglich sah. Er trauerte sichtlich um seinen Freund.414 Krupp hingegen hatte für Berthold Beitz vorgesorgt. Er übertrug ihm außerdem alle Macht, die ihm noch ver-blieben war.415 Beitz war nun zwar nicht mehr Generalbevollmächtigter, er wurde je-doch Generaldirektor der neu gegründeten Stiftung.416 Nach Alfried Krupps Tod wurde Berthold Beitz zum Alleinherrscher, da es niemanden mehr gab, der ihm widerspre-chen konnte, wenn er behauptete, sein Handeln entspreche dem Willen von Alfried Krupp.417 Das Unternehmen, das früher Waffen für Hitler produzierte, wurde nun von Beitz in ein Unternehmen umgewandelt, das dem Gemeinwohl diente.418 Die Stiftung förderte unter anderem Programme für die Ausbildung und soziale Integration von Ju-gendlichen.

409 Schröder (1991, S. 106). 410 Vgl. Schröder (1991, S. 106-107). 411 Vgl. Engelmann (1969, S. 507). 412 Vgl. Calogeras (1989, S. 196), Engelmann (1969, S. 507). 413 Vgl. Mühlen (1960) zitiert nach Engelmann (1969, S. 28-29). 414 Vgl. Friz (1990, S. 165-166, S. 172). 415 Vgl. Friz (1990, S. 172). 416 Vgl. Manchester (1978, S. 803). 417 Vgl. Friz (1990, S. 238-239). 418 Vgl. Menschenretter, Unternehmer, Sportfunktionär. http://www.hall-of-fame-sport.de/ galerie/portrait/45, Abrufdatum: 09.09.2009.

Page 62: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

52

3.4.13.3 Weiterentwicklung der Stiftung und weitere Aktivitäten von Beitz

1999 fusionierte Krupp mit Thyssen. Die Stiftung blieb aber der größte Einzelaktionär am Kruppkonzern.419 Die Fusion mit der viel größeren Thyssen AG war anfangs als Fusion unter gleichberechtigten Partnern gedacht. Beitz konnte jedoch die Führungs-ebenen des Thyssenkonzerns bald mit Kruppmitgliedern besetzen.420 Von dem Ge-winn, den der Kruppkonzern ausschüttete, erhielt die Stiftung 74,99 %.421 ThyssenK-rupp wurde mehrmals wegen Kartellbildung bestraft worden.422 Inwieweit hier Berthold Beitz schuldig ist, ist unklar. Dem Wunsch, dass die Familie mit einem Platz im Kurato-rium vertreten sein sollte, kam Berthold Beitz nicht nach.423 Er war bestrebt, das Erbe von Alfried Krupp zu erhalten und die Unternehmenskultur des Kruppkonzerns zu be-wahren. Für seine mutigen Rettungsaktionen in Galizien verliehen ihm später sowohl Israel, als auch Polen einen Preis.424 Daneben erhielt er von der Universität in Greifs-wald eine Ehrensenatorwürde425 und danach im Jahr 1999 verlieh die Ruhr Universität Bochum Berthold Beitz die Ehrenpromotion426. Auch die Bundesrepublik ehrte ihn, in-dem sie ihm das „Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik mit Stern und Schulter-band“ verlieh.427 Die Harvard Universität hat Beitz einen eigenen Lehrstuhl gewidmet, der sich passenderweise mit Menschenrechten befasst.428

Die Stiftung unter Beitz unterstützte unter anderem Folkwang-Kunsthochschule und Folkwang-Museum. Allgemein vergibt sie Gelder für Erziehung, Bildung, Gesundheit, Kunst und Wissenschaft. Sie stiftet auch seit 1974 den Preis für Energieforschung.429 Darüber hinaus ist Beitz seit 1972 Vizepräsident des Internationalen Olympischen Kommitees.430 Für Berthold Beitz bleibt Krupp für immer seine Lebensaufgabe.431 Er

419 Vgl. Gall (2002, S. 586). 420 Vgl. Der letzte Patriarch. http://wissen.manager-magazin.de/wissen/dokument/dokument-

druck.html?id= 54027823&top=MM, 23.11.07, Abrufdatum: 09.09.2009. 421 Vgl. Friz (1990, S. 242). 422 Vgl. Milliarden-Strafe für Aufzug-Kartell. http://www.stern.de/wirtschaft/news/unternehmen/ eu-kommission-milliarden-strafe-fuer-aufzug- kartell-583075.html, 21.02.07, Abrufdatum: 09.09.2009. 423 Vgl. Friz (1990, S. 247-250). 424 Vgl. Friz (1990, S. 60). 425 Vgl. Zobel (1991). 426 Vgl. Pressestelle im Auftrag des Rektors der Ruhr-Universität Bochum (1999). 427Vgl.http://www.stiftungen.org/index.php?strg=82_98_358_367_391&baseID=923&PHPSESSI

D=292613fbe24a07e34eb3777f827818de, Abrufdatum : 10.09.2009. 428 Vgl. Harvard: Ehrung für Berthold Beitz. http://www.manager-magazin.de/koepfe/artikel/0,2828,582498,00.html, 06.10.08, Abrufdatum:

09.09.2009. 429 Vgl. Friz (1990, S. 244-245). 430 Vgl. Manager Magazin Hall of Fame. http://wissen.manager-

magazin.de/wissen/dokument/dokument-druck.html?id= 9300733&top=MM, 01.10.93, Abrufdatum: 09.09.2009.

Page 63: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

53

arbeitet immer noch treu für Krupp und sagt in einem Interview „Mich kann niemand in Pension schicken“432.

3.4.14 Betrachtung der Ehrbarkeit von Alfried Krupp und Berthold Beitz in ihrer Zusammenarbeit

Obwohl bei dem Unternehmen Krupp die Atmosphäre als eisig beschrieben werden muss, und die Direktoren Berthold Beitz gegenüber sehr feindlich waren, gab dieser nicht auf. Hierin lässt sich erkennen, dass Beitz einen gefestigten Charakter im Sinne des ehrbaren Kaufmanns besitzt, in der sich Eigenschaften wie Entschlossenheit, Mut und Tapferkeit widerspiegeln. Er zeigt dabei allerdings ein äußerst provokantes Verhal-ten. Dies ist jedoch wahrscheinlich nicht als eine Schwäche im Umgang mit anderen Menschen zu werten, sondern als gezielt eingesetztes Verhalten gegenüber der von Alt-Nazis besetzten Direktorenriege. Auch zeigte sich Beitz im besonderen Maße inno-vativ, indem er im Unternehmen die Führung durch Stäbe einführte.

Alfried Krupp war durchaus um das Image von Krupp in der Öffentlichkeit bemüht. So wollte er u.a. das Waffengeschäft aufgeben. Tatsächlich war er selbst jedoch kein Mann für die Öffentlichkeit. Für diese Aufgabe hatte er Berthold Beitz bewusst ausge-wählt. Nicht ein fundiertes Fachwissen433 über den Stahlbau war für die Auswahl Beitz’ ausschlaggebend, sondern dessen offene Art. Vielmehr wählte Krupp Beitz aus, gera-de weil er die Traditionen und Gepflogenheiten der damaligen Stahlbranche nicht kannte und alte Strukturen aufbrechen sollte. Durch persönliches Engagement gepaart mit modernen Ideen, Methoden und einem besonderen Weitblick gelang es Berthold Beitz tatsächlich, das Bild des Krupp’schen Unternehmens in der Öffentlichkeit zu ver-bessern. Berthold Beitz wurde auch von Bertha Krupp von Bohlen und Halbach voll akzeptiert. So wurde sein soziales Engagement von dem ihren ergänzt. Wie schon zuvor war sie sehr daran interessiert, das Familienunternehmen in einem guten Licht erscheinen zu lassen.

Beitz übernahm die Rolle in der Öffentlichkeit. Das ist ein Indiz dafür, dass er unermüdet und zielstrebig seine Arbeit erledigte, womit er ehrbare Eigenschaften auf-weist, während Krupp sich stets mehr zurückzog und keine Arbeitsmotivation besaß. Wie aus Abschnitt 2.3.2 hervorgegangen ist, besitzt der ehrbare Kaufmann Spaß an der Arbeit.434

431 Vgl. „Krupp ist meine Lebensaufgabe“. http://www.stern.de/wirtschaft/news/berthold-beitz-

krupp-ist-meine-lebensaufgabe-513532.html, 25.09.03, Abrufdatum: 07.09.2009. 432 Vgl. Der letzte Patriarch. http://wissen.manager-magazin.de/wissen/dokument/dokument-

druck.html?id= 54027823&top=MM, 23.11.07, Abrufdatum: 09.09.2009. 433 Berthold Beitz verfügte jedoch aufgrund seiner Ausbildung über ökonomisches Fachwissen.

Ihm fehlen demnach Kenntnisse bezüglich der Waren, nicht aber des wirtschaftlichen Ge-schicks.

434 An dieser Stelle ist anzmerken, dass Alfried Krupp auch in den ersten Jahren seiner Tätigkeit bei Krupp wenig Initiative für die geschäftlichen Ereignisse der Firma zeigte.

Page 64: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

54

Die Tatsache, dass das Unternehmen in finanzielle Probleme geraten ist, ist im Hin-blick auf die Ehrbarkeit des Kaufmanns als negativ zu werten. Sowohl Alfried Krupp als auch Berthold Beitz trugen die Verantwortung für die finanzielle Krise des Unterneh-mens. Jedoch ist der erfolgreiche Kampf um die finanzielle Gesundung der Firma Krupp als ein Produkt von Fleiß, Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen zu sehen und lässt somit auf einen gefestigten Charakter bei beiden Männern schließen.435

Erfolgreiche Geschäfte im Ausland lassen sich ebenfalls dem ehrbaren Kaufmann zu-ordnen. Hier vereinen sich geschäftliche Rationalität, interkulturelle Kompetenz und ein für diese Zeit noch eher untypischer Weltblick. Zudem hatte Berthold Beitz das Privileg, dass er in Osteuropa als „Ikone des Friedens“ angesehen wurde, da er durch seine guten Taten in Galizien Menschlichkeit, Tapferkeit und Mut bewiesen und somit in ho-hem Maße tugendhaft gehandelt hatte.

Politisches Engagement zeigte Alfried Krupp früh, indem er sich bereits als Student der nationalsozialistischen Partei anschloss. Da jedoch bei der Begriffsbestimmung des ehrbaren Kaufmanns das Ehrverständis, welches unter Hitler galt, im Rahmen dieser Arbeit ausgeschlossen wurde, wirkt dieses entgegen der Ehrbarkeit. Berthold Beitz hingegen zeigte bei den politischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und den Oststaaten echtes politisches Engagement, indem er die Wogen erfolgreich glätte-te. Die Geschäfte, die er mit den osteuropäischen Staaten abschloss, können als vor-teilhaft für Konsumenten, Gemeinden, für die Öffentlichkeit und auch für das politische Leben an sich angesehen werden.436

Ein eindeutiges Indiz für die Ehrbarkeit beider Männer sind die zahlreichen Ehrentitel, welche ihnen verliehen wurden, auch wenn Alfried Krupp der Ehrentitel der Stadt Es-sen nach dem Krieg aberkannt worden war. Er bekam damals die Chance, seine Ehr-barkeit – sofern er sie zuvor besaß – zurückzuerlangen, indem er Ausgleichszahlungen an die bei ihm beschäftigten Zwangsarbeiter zahlte. Diese ihm vom Gericht auferlegten Zahlungen sah Alfried Krupp jedoch als ungerechtfertigt an. Dies weist darauf hin, dass Krupp auch nach Kriegsprozess und Gefängnisjahren keine Reue und Verständnis für die von ihm verantworteten Taten übernahm. Berthold Beitz konnte ihn jedoch davon überzeugen, die Ausgleichszahlungen aus PR-Gründen doch zu leisten, auch wenn die Summe von 10 Millionen Euro im Vergleich zu seinem besonders großen Privatbesitz gering erscheint. Auch die Tatsache, dass er einen Judenretter als Generalbevollmäch-tigten für sein Unternehmen einstellte, lässt darauf schließen, dass er kein überzeugter Nazi geblieben ist. Es kann aufgrund der Quellen darauf geschlossen werden, dass Alfried Krupp durch seinen Freund Berthold Beitz an Willen, Gerechtigkeitssinn und auch Menschlichkeit gewonnen hat.

435 Allerdings ist der Charakter Krupps – wie aus der weiteren Analyse hervorgehen wird – ins-

gesamt eher als problematisch zu beschreiben. 436 Wie bereits erwähnt wurde, rettete Beitz die Juden in Galizien hingegen nicht aus politi-

schem Engagement, sondern aus einem Gefühl reiner Menschlichkeit.

Page 65: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

55

Ein weiteres Merkmal für den ehrbaren Kaufmann ist der Wunsch der Nachhaltigkeit des Unternehmens. Die Tatsache, dass Alfried Krupp seinen Sohn Arndt auszahlte und das Familienunternehmen in eine Stiftung umwandelte, könnte als ein Indiz dafür ge-sehen werden, dass er dieses Ziel nicht mehr verfolgte. Tatsächlich gab Beitz die tradi-tionelle Führung durch die Familie auf, da dies aufgrund der Erbschaftssteuer und der schlechten Lage der Firma die einzige Möglichkeit war, den Fortbestand des Unter-nehmens zu sichern.

Gegenüber dem Unternehmern und den „Kruppianern“ bleibt Alfried Krupp bis zu sei-nem Lebensende loyal.

3.5 Zusammenfassende Betrachtung der Eigenschaften Alfried Krupps und Berthold Beitz vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns

Friz beschreibt in einem Doppelportrait437 Alfried Krupp und Berthold Beitz als zwei Männer, die extrem unterschiedlich waren, und sich in eben dieser Andersartigkeit ge-genseitig so gut ergänzten, dass sie quasi alles erreichen konnten. Das Wesentliche, was sie gemeinsam besaßen, war die loyale Freundschaft zueinander, welche auf Ver-trauen und der gemeinsamen Leidenschaft für das Segeln und die Jagd basierte.438

Alfried Krupp ließ sich von der Geschichte sein Schicksal vorschreiben, während Ber-thold Beitz seines selbst gestaltete. Alfried Krupp, der stark unter seiner Erziehung litt, zwei gescheiterte Ehen hatte, Kriegsverbrecher war und dafür auch im Gefängnis saß und von seinen Mitmenschen gehasst wurde, war ein stiller, empfindlicher Mensch der, verletzt von seinen Erfahrungen, lieber allein sein wollte und den Kontakt mit Men-schen mied. Beitz hingegen ist nicht sehr sensibel, hat ein hohes Selbstvertrauen, ist extrovertiert und sucht persönlichen Kontakt. Beitz ist im Gegensatz zu Krupp auch verheiratet und strebte nach öffentlicher Aufmerksamkeit. Für Beitz war Erfolg der Ruhm, den er in der Öffentlichkeit genießen konnte, während für Alfried Krupp Erfolg darin bestand die Traditionen des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Alfried Krupp isolierte sich soweit, dass irgendwann nur noch Berthold Beitz mit ihm Kontakt hatte.439

Die folgende Tabelle 3.1 fasst wesentliche Aspekte bei dem Vergleich der Eigenschaf-ten von Alfried Krupp und Berthold Beitz zur Übersicht zusammen.

Tabelle 3.1 Vergleich der Eigenschaften von Alfried Krupp und Berthold Beitz

Vergleichsaspekt Alfried Krupp Berthold Beitz

437 Vgl. Friz (1990, S. 266). 438 Vgl. Friz (1990, S. 266-267). 439 Vgl. Friz (1990, S. 266-268).

Page 66: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

56

Kindheit und Er-ziehung

Äußerst strenge Erziehung zu Las-ten einer gesunden psychischen Entwicklung; introvertierte, verletz-bare Persönlichkeit

Erfüllte Kindheit; Entwicklung zu einer selbstbewussten, extrovertier-ten Persönlichkeit

Familienleben Zweimalige Scheidung; Scheitern in der Erziehung des Sohnes

Glückliche Ehe; offenbar harmoni-sche Beziehung zu den drei Töch-tern

Herkunft Unternehmer aus gehobenen Ver-hältnissen; Erbe des Stahlimperi-ums

Manager aus einfachen Verhältnis-sen

Politisches Enga-gement

Aktives Engagement für den Natio-nalsozialismus; Waffenlieferant des NS-Regimes; Verurteilung als Kriegesverbrecher

Abscheu gegenüber dem NS-Regime; direktes politisches Enga-gement nach Kriegsende; Judenret-tung erfolgte aus Gefühl von Menschlichkeit

Persönlichkeit Introvertiert und verletzlich; unfähig, Gefühle zu zeigen; scheut Öffent-lichkeit; fleißig, genügsam und pflichtbewusst; opfert sein Leben voll dem Unternehmen; (interkultu-relles) Einfühlungsvermögen

Extrovertierte Kämpfernatur; inno-vativ; kommunikativ, witzig, humor-voll offen; mutig und voller Selbst-bewusstsein; menschlich; ehrlich und redlich

Unternehmerische Fähigkeiten

Ingenieur mit sehr guten Kenntnis-sen des Stahlbaus; mangelnde Führungseigenschaften, Weltblick und Expansionsfreude

Ausgeprägte Führungseigenschaf-ten; wenig produktspezifisches Fachwissen; Weltblick und Expan-sionsfreude

Im Folgenden erfolgt die Prüfung dessen, inwieweit Alfried Krupp und Berthold Beitz den Kriterien des ehrbaren Kaufmanns nach Klink entsprechen.

Bezüglich der humanistischen Grundbildung als Kriterium für den ehrbaren Kaufmann im engeren Sinne erscheint das Kriterium für Berthold Beitz voll erfüllt. Für Alfried Krupp kann man sagen, dass er neben der strengen Erziehung, die er erlitt, durch das Vorbild der Eltern ein gut ausgebildetes Verantwortungsgefühl insbesondere für die „Kruppianer” entwickelte. Hinsichtlich seiner nationalsozialistisch geprägten Einstellung jedoch und der hemmungslosen Ausbeutung der Zwangsarbeiter in seinem Unterneh-men kann man allerdings nicht von einer ehrbaren Persönlichkeit sprechen. Es kann hier nicht klar entschieden werden.

Bezüglich des wirtschaftlichen Fachwissens ist zu sagen, dass Beitz sicherlich über ein geringeres Fachwissen verfügte als das, welches sich Krupp während seiner langen Studienjahre und seines Voluntariats aneignen konnte. Der Erfolg der beiden Männer in ihren jeweiligen Positionen jedoch lässt darauf schließen, dass beide über das not-wendige Wissen verfügten, um ehrbar im Sinne der Diskussion genannt zu werden.

Zudem kann sowohl von Krupp als auch von Beitz zumindest in einem gewissen Maße behauptet werden, dass sie über einen gefestigten Charakter mit – zweifelsohne unter-schiedlich gearteten – Wirtschaftstugenden verfügten. Beide verfügten über sehr gute Umgangsformen. Beitz zeichnete sich zudem durch Redlichkeit, Ehrlichkeit, Entschlos-senheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit aus. Nimmt man den Vorwurf der bewussten

Page 67: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

57

Isolation und Manipulation Krupps durch ihn als ungerechtfertigt an, spricht keine Cha-raktereigenschaft seiner Person wesentlich gegen eine Klassifizierung als ehrbarer Kaufmann im engeren Sinne. Bei Krupp ist die Frage weniger einfach zu beantworten. Seine offensichtliche Judenfeindlichkeit gepaart mit der apathischen Gleichgültigkeit, mit der er die Verbrechen an seinen Zwangsarbeitern zuließ, sprechen eigentlich da-gegen. Auch schien Alfried Krupp seine antisemitischen Einstellungen zumindest zu-nächst nicht abzulegen. Dennoch verfügte er über Tugenden wie Fleiß, Schweigsam-keit, Ordnung, Genügsamkeit und vor allem Selbstlosigkeit. Sein Kampf um das Image des Unternehmens jedoch nach Kriegsende, die freiwillige Entsagung vom lukrativen Waffengeschäft, die relativ bereitwillig getätigten Ausgleichszahlungen an die nicht-jüdischen Zwangsarbeiter und letztlich die testamentarisch festgelegte Umwandlung der Firma in eine Stiftung zur Förderung philanthropisch-wissenschaftlicher Zwecke zeugen von einem Wandel seiner Person. Insgesamt wird ihm daher ein gefestigter Charakter eher zugeschrieben als aberkannt.

Dieselbe Problematik stellt sich bei der Betrachtung Alfried Krupps bezüglich des ehr-baren Kaufmanns im weiteren Sinne. Krupps Einstellung gegenüber seinen Mitarbei-tern war zweigestaltig: Während er für die „echten Kruppianer” entsprechend der fami-liären Tradition große Loyalität und Sorge empfand und in der Sozialpolitik der Firma umsetzte, behandelte er die bei ihm arbeitenden Zwangsarbeiter mit großer Gleichgül-tigkeit. Dies ist zweifelsohne seiner nationalsozialistischen Einstellung geschuldet,440 aber nicht rechtfertigbar. Anders verhält es sich bei Berthold Beitz. Zwar setzte er sich nicht in dem Maße wie Krupp für die „Kruppianer” ein, dämmte das Engagement je-doch nicht ein. Gegenüber den Direktoren, welche ihm als Generalbevollmächtigten unterstanden, verhielt er sich gnadenlos – dies aber mit Erlaubnis von Alfried Krupp, welcher die alten Strukturen aufbrechen wollte. Die von Alt-Nazis besetzte Direktoren-riege passte nicht mit dem neuen Image zusammen, welches Krupp für sein Unter-nehmen wollte. Im Hinblick dessen waren wohl sowohl Krupp als auch Beitz nur be-dingt ehrbar, da sie mit aller Härte gegen ihre Mitarbeiter handelten. Diese Sichtweise nivelliert sich jedoch wieder, indem man den Versuch einer Rehabilitation der Firma von der Nazi-Vergangenheit als ehrbares Ziel erkennt. Ansonsten kann man jedoch an Berthold Beitz Karriere und auch Charakter erkennen, dass er über besonders gute Führungseigenschaften verfügte. Hinsichtlich des Kriteriums der Mitarbeiter ist Berthold Beitz weitestgehend, Alfried Krupp nur sehr bedingt als ehrbar einzustufen.

Was die Verantwortung gegenüber Kunden und Lieferanten angeht, konnte bereits festgestellt werden, dass beide Männer ein starkes Pflichtgefühl besaßen. Sie verhiel-ten sich genau und korrekt. Für Krupp bleibt der besondere Dank durch Hitler für die Waffenlieferungen zu erwähnen. Dies ist zwar mit dem Ehrbarkeitsverständnis dieser Arbeit kaum vereinbar, zeugt jedoch von genannten Pflicht- bzw. Verantwortungsbe-wusstsein. Das Kriterium kann für Beitz und Krupp als erfüllt angesehen werden.

440 Dies mag also innerhalb der NS-Ideologie als nicht ehrenrührig angesehen worden sein.

Page 68: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

58

Auch bezüglich der Wettbewerber ist zu sagen, dass sich beide Männer meist korrekt verhielten. Um Deutschland zu stärken, führte Krupp sogar die Konkurrenz in die Ge-heimnisse der Stahlherstellung ein. Bezüglich des Kartells mit Thyssen drei Jahrzehnte nach Alfried Krupps Tod kann nicht genau gesagt werden, inwiefern Berthold Beitz für dieses Verantwortung trug. Somit kann dieses Kriterium für beide als erfüllt angesehen werden.

Auf der Gesellschaftsebene kann bezüglich der Konsumenten behauptet werden, dass aufgrund der hohen Qualität des Stahls, die für Alfried Krupp stets Ziel bei der Entwick-lung und Herstellung war, eine Verantwortung gegenüber den Konsumenten bestand. Da Stahl oft in tragenden Konstruktionen oder im Lokomotivbau verwendet wurde, kann gesagt werden, dass an einer guten Stahlqualität durchaus Menschenleben hin-gen. Auch wenn es wieder makaber klingen mag, auch die von Krupp gelieferten Waf-fen mussten eine gute Qualität aufweisen, da das Leben der Verwender – also der Soldaten – maßgeblich von dieser Qualität abhing. Dieses Verantwortungsbewusstsein bestand bei Krupp und bei Beitz gleichermaßen.

Bezüglich des Kriteriums der Gemeinde wird auf die besondere Stellung des Unter-nehmens Krupp für die Stadt Essen als Arbeitgeber verwiesen. Auch das Engagement für die „Kruppianer” wie der soziale Wohnungsbau oder die Einrichtung eines Kranken-hauses durch Alfried Krupp weist deutlich auf großes Verantwortungsbewusstsein ge-genüber der Gemeinde. Er folgt somit gewissermaßen der Tradition einer Familie, die sich stets um da Arbeiterwohl bemühte. Bezüglich Beitz kann dadurch, dass er seinen Vorgesetzten, bei dem, was er tat, unterstützt hatte, gesagt werden, dass er wahr-scheinlich auch ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Belegschaft besaß. Wie ausgeprägt dieses war, kann hier nicht abschließend geklärt werden.

Gegenüber der Öffentlichkeit besaßen sowohl Krupp als auch Beitz ein großes Be-wusstsein für die positive Darstellung des Unternehmens. Die Öffentlichkeitsarbeit war letztlich auch ein wesentlicher Einstellungsgrund von Berthold Beitz durch Alfried Krupp. Es wurde viel Mühe und Geld investiert, um eine ordentliche PR-Arbeit leisten zu können. Allerdings war es Berthold Beitz, der das Unternehmen aktiv in der Öffent-lichkeit vertrat, während Alfried Krupp im Hintergrund blieb.

Das politische Engagement ist aufgrund von Krupps NS-Vergangenheit wieder schwer zu werten. Alfried Krupp besaß eine große Nähe zum Nationalsozialismus und wurde sogar von Hitler persönlich für seine Taten für das deutsche Volk geehrt. Tatsächlich kann dies innerhalb dieser Arbeit nicht als positiv gewertet werden, da es den Tugen-den, die für den ehrbaren Kaufmann festgelegt wurden, widerspricht. Berthold Beitz hingegen rettete während der NS-Zeit viele Juden, wirkte somit durchaus politisch, jedoch ohne deutlich politische Motivation zu besitzen. Später wirkte er jedoch aktiv in der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und den Oststaaten mit.

Bezüglich der Verantwortung gegenüber der Umwelt geht aus der Literatur lediglich hervor, dass die Industriestadt Essen unter schlechter Luft litt, die offensichtlich von

Page 69: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse

59

den Emissionen der Stahlwerke herrührte. Weder Krupp noch Beitz schienen ein be-sonderes Verantwortungsgefühl gegenüber der Umwelt gehabt zu haben. Allerdings war das Umweltbewusstsein der Nachkriegszeit allgemein weniger ausgeprägt als das heutige. Es ist davon auszugehen, dass Berthold Beitz heute über ein größeres Ve-rantwortungsgefühl gegenüber der Umwelt verfügt.

Die zusammenfassende Betrachtung von Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand der Kriterien ist erfolgt. Sie scheinen jedoch zumindest die Person Krupps nicht voll abzu-decken. Vor der Problematik des Familienunternehmens werden zwei Aspekte deut-lich, die sich nicht klar in die vorgegebene Systematik einordnen lassen. Zum einen ist die Familie, der gegenüber sich Krupp im äußersten Maße verantwortlich fühlte, weder der humanistischen Grundbildung noch der Gesellschaftsebene allein zuzuordnen. Sie stellt gewissermaßen eine Sonderinstanz dar, der gegenüber jedes Individuum ein ge-sondertes Verantwortungsgefühl hegt. In diesem Zusammenhang rückt der abstrakte Begriff der Tradition in den Vordergrund. Auch dieser fühlte sich Krupp stets verpflich-tet. Es sollte somit in Erwägung gezogen werden, das herangezogene Schema dahin-gehend zu überprüfen, ob es diese Aspekte beinhaltet oder doch erweitert werden soll-te.

Die Analyse kann jedoch an dieser Stelle noch nicht als beendet betrachtet werden. Tatsächlich handelt es sich um zwei Personen, welche über einen langen Zeitraum und sogar in zwei politischen Systemen lebten und agierten, die sich extrem unterschieden. Berthold Beitz erlebte NS- und Nachkriegszeit und erlebt auch noch unsere heutige Zeit. Davon auszugehen, dass man die Ehrbarkeit als Kaufmann über diesen gesam-ten Zeitraum bestimmen könne und pauschal ein wertendes Endurteil abgeben könne, wäre unangemessen. Zudem würde es nicht einem weiteren Aspekt Rechnung tragen, der hier gesondert erwähnt werden muss. Die spezifische Beziehung zwischen den beiden Männern hat zu ihrer jeweiligen Leistung beigetragen. Während Berthold Beitz durch Alfried Krupp den Handlungsspielraum erhielt, um das zu vollbringen, was er tat441, unterstützte Beitz seinen Arbeitgeber vor allem in der PR-Arbeit des Unterneh-mens und damit auch indirekt in der Wiederherstellung von dessen äußerer Ehre in der Öffentlichkeit. Auch die an die Zwangsarbeiter gezahlten Ausgleichszahlungen sind auf Berthold Beitz zurückzuführen und erhöhen das Image Krupps. Es kann vermutet wer-den, dass die Wiederherstellung der äußeren Ehre auch Einfluss auf die der Wieder-herstellung der inneren Ehre besessen hat. Auch könnte der Kampfgeist, mit dem Alf-ried Krupp um das Unternehmen kämpft, auf Beitz zurückzuführen sein. Nicht zuletzt kann die Entscheidung zur Stiftungsgründung als eine Gemeinschaftsleistung von Krupp und Beitz gesehen werden.

441 An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Beitz selbst behauptete, Krupp

sei sein Leben.

Page 70: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

4 Diskussion und Ergebnis

60

4 Diskussion und Ergebnis

Wie bereits eingangs erwähnt, handelt es sich bei dem Bild des ehrbaren Kaufmanns um ein Ideal, welches in der Realität nicht existiert (und nicht existieren kann). Zwar wurde beschrieben, dass der riskante und lebensbedrohliche Einsatz von Berthold Be-itz für die Rettung von Juden wohl tatsächlich dem Erreichen dieses Idealbilds in einem Punkt genügt, allgemein kann jedoch aufgrund der Analyse nicht davon ausgegangen werden, dass Beitz alle weiteren Kriterien voll erfüllt.

Die Beurteilung, ob einer der beiden Männer ein ehrbarer Kaufmann gewesen ist oder nicht, ist auch aus weiteren Gründen schwierig zu fällen. Diese sich aus der ange-wandten Methodik ergebenen Probleme werden im Folgenden kurz angeführt:

• Die Definition der Kriterien, d.h. der einzelnen Subebenen, kann nicht als abschlie-

ßend betrachtet werden, auch wenn nach einer möglichst umfassenden Erläute-

rung gesucht wurde. So fehlt beispielsweise ein fester Katalog an ausreichend er-

läuterten Wirtschaftstugenden.

• Da der ehrbare Kaufmann ein Idealbild ist, kann bei keiner realen Person davon

gesprochen werden, dass sie diesem Bild entspricht. Auch die Entscheidung, ob

eine Person eher oder eher nicht als ehrbar einzustufen ist, ist aus folgenden

Gründen schwierig zu fällen: Zum einen ist nicht definiert, wann die Erfüllung eines

Kriteriums erreicht ist. Zum anderen machen die Personen innerhalb ihres Lebens

auch bezüglich ihrer Ehrbarkeit eine Entwicklung durch.

• Nicht zu jeder Subebene geben die historischen Quellen Auskunft. Es können zu

einigen Kriterien - so z.B. dem der Konsumenten – nur Vermutungen angestellt

bzw. eigenständige Schlüsse gezogen werden.

• Letztlich bleibt die Analyse als qualitative Diskussion zu einem großen Teil von der

analysierenden Person selbst abhängig und bedarf der Prüfung durch den auf-

merksamen Leser.

Ein weiteres Problem ergab sich in der Urteilsfindung dadurch, dass das politische System des Dritten Reiches und die darin enthaltenen Werte mit dem allgemeinen ethischen Empfinden heute nicht vereinbar sind. Dem wurde innerhalb dieser Arbeit insofern Rechnung getragen, als ein Ehrbarkeitsverständnis, wie es unter dem NS-Regime bei vielen Menschen galt, für diese Arbeit ausgeschlossen wurde. Diese An-nahme ist jedoch auch pauschal nicht zu treffen, sondern bedarf einer weitergehenden theoretischen Begründung, welche den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Tat-sächlich kann diese Diskussion jedoch mit der um die innere und äußere Ehre in Ver-bindung gebracht werden: ist jemand wirklich vom Nationalsozialismus überzeugt, dann handelt er unter Umständen im Sinne seines ethischen Empfindens. Erhält er

Page 71: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

5 Thesenförmige Zusammenfassung

61

dazu noch die äußere Anerkennung, dann stimmen innere und äußere Ehre überein, obwohl das mit unserem heutigen Verständnis nicht in Einklang zu bringen wäre. Streng genommen muss auch die Überlegung in Betracht gezogen werden, dass Ber-thold Beitz’ Verhalten im Dritten Reich als unehrbar einzustufen ist, da es mit den da-maligen Vorstellungen von Ehrbarkeit nicht vereinbar war. Somit entsteht durch die Pervertierung des Ehrbarkeitsbegriffs unter dem NS-Regime ein Dilemma in der Ge-samtdiskussion.

Unter Beachtung der vorangegangen Ausführungen wird folgendes Ergebnis formuliert:

• Berthold Beitz ist eher als ehrbarer Kaufmann im Sinne dieser Arbeit zu werten.

• Alfried Krupp ist aufgrund seiner NS-Vergangenheit trotz einer zu einem gewissen

Grad erfolgten Rehabilitation nicht als ehrbarer Kaufmann zu sehen.

Aufgrund der speziellen persönlichen Konstellation zwischen Alfried Krupp und Ber-thold Beitz kann zudem folgende These formuliert werden:

• Die Ehrbarkeit eines Kaufmanns kann durch die Handlungen eines anderen (ehrba-ren) Kaufmanns (teilweise) wiederhergestellt oder geschaffen werden.

5 Thesenförmige Zusammenfassung

Das Bild des ehrbaren Kaufmanns ist ein Ideal, welches als solches in der Realität nicht anzutreffen ist. Es wird in dieser Arbeit jedoch herangezogen, um zwei reale Per-sonen mit ihm zu vergleichen und festzustellen, ob es sich bei diesen um ehrbare Kaufmänner handelte, oder nicht. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach verband mit Berthold Beitz nicht nur die gemeinsam gemeisterte Leitung des Krupp’schen Unter-nehmens, sondern auch eine enge Freundschaft zweier Personen, die äußerst unter-schiedlich gewesen sind. Anhand einer historischen Analyse wird festgestellt, dass Berthold Beitz eher und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach eher nicht als ehrbarer Kaufmann einzustufen sind.

1. Die Theorie des ehrbaren Kaufmanns kann als Antwort auf bisher unbefriedigend beantwortete Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik und im Besonderen der CSR-Forschung angesehen werden. Sie holt das Thema der Verantwortung von der Unternehmens- auf die Individualebene und trägt somit der Tatsache Rechnung, dass hinter den scheinbar gesichtslosen Unternehmern reale Personen agieren. Das Bild des ehrbaren Kaufmanns kann für den Unternehmer Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und den (Top-)Manager Berthold Beitz gleichermaßen herangezogen werden. Es untersucht die persönliche Seite des Kaufmanns (ehrbarer Kaufmann im engeren Sinne) sowie die Unternehmens- und Gesellschaftsebene (ehrbarer Kaufmann im wei-teren Sinne). Im Zentrum der Diskussion steht das tugendhafte Verhalten gegenüber der Mitwelt, welches sich auf ein Gerüst aus humanistischer Grundbildung und wirt-schaftlichem Fachwissen stützt.

Page 72: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

5 Thesenförmige Zusammenfassung

62

2. Die Reise über die Generationen gibt einen Überblick über die für die Krupp’sche Unternehmensführung wichtigsten Familienmitglieder der Familie Krupp. Sie zeigt das soziale Engagement auf, welches durch diese Personen zu einer Zeit gezeigt wurde, in der der Einsatz für den gemeinen Arbeiter noch ungewöhnlich war. So ist die Einrich-tung von Wohnsiedlungen, Krankenhäusern, Betriebskassen, Konsumanstalten, Pen-sionszahlungen und Bildungseinrichtungen als sozialrevolutionär einzustufen. Das Handeln Alfried Krupps von Bohlen und Halbach ist vor der traditionellen Familienfüh-rung des Unternehmens zu sehen.

3. Aus der historischen Analyse des Lebens Alfried Krupps von Bohlen und Halbach vor dem Zusammentreffen mit Beitz geht hervor, dass es vor allem seine strenge und von Pflichten erfüllte Kinder- und Jugendzeit ist, welche seine menschliche Entwicklung stark negativ beeinflusst hat und letztlich sogar die Mitgliedschaft bei der NSDAP zur Folge hatte. Zwar verfügt Alfried Krupp von Bohlen und Halbach über eine gehobene Bildung, als tugendhaft kann das Verhalten eines Mannes, der Waffenlieferant des NS-Regimes war und gleichgültig gegenüber dem Hungertod der bei ihm beschäftigten Zwangsarbeiter, nicht bezeichnet werden. Seine Loyalität galt jedoch stets dem Unter-nehmen und den „Kruppianern“.

4. Berthold Beitz wird als eine beeindruckend mutige und kämpferische Frohnatur skiz-ziert, welche über Witz und Ehrgeiz verfügt. Von beispielloser Tugendhaftigkeit und Mut zeugt sein Einsatz zur Rettung zahlreicher Juden in Galizien. Hier nutzte er seine Position in einem für die Deutschen wichtigen Unternehmen sowie Kontakte in der NS-Verwaltung, welche aus seiner Jugendzeit stammten. In seinem selbstlosen Einsatz kann davon gesprochen werden, dass er tatsächlich dem Idealtypus des ehrbaren Kaufmanns entspricht. Seine enormen Fähigkeiten als Manager liegen in seiner fachli-chen Ausbildung, aber vor allem in seinem besonders charismatischen Naturell be-gründet. Zudem ist er in hohem Maße innovativ. Beitz besitzt Entschlossenheit, Durch-setzungsvermögen und einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.

5. Die Analyse der Zusammenarbeit von Berthold Beitz und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ist sehr aussagekräftig. Sich vom Waffengeschäft distanzierend, holt Alf-ried Krupp von Bohlen und Halbach Berthold Beitz als seinen Generalbevollmächtigten in das Unternehmen und beauftragt ihn, das Image desselbigen aufzubessern. Der offene und kommunikative Berthold Beitz unterstützt seinen öffentlichkeitsscheuen Chef in einer beispiellosen PR-Kampagne und bringt diesen auch dazu, Ausgleichs-zahlungen an die im Dritten Reich bei Krupp beschäftigten Zwangsarbeiter zu leisten. Um Deutschland wieder stark zu machen, verrät Alfried Krupp von Bohlen und Halbach der Konkurrenz die Geheimnisse der Stahlerzeugung. Außerdem betreibt er eine aus-gesprochene Internationalisierungspolitik, wobei er die Oststaaten Berthold Beitz über-lässt. Dieser trägt auf politischer Ebene maßgeblich zur Verständigung zwischen die-sen und der Bundesrepublik bei.

6. Bezüglich einer historischen, real existierenden Person kann nicht eindeutig gesagt werden, dass es sich um einen ehrbaren Kaufmann handelt oder nicht, da dieser ein

Page 73: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

5 Thesenförmige Zusammenfassung

63

Idealbild darstellt. Auch gibt es zum Zeitpunkt dieser Arbeit noch methodische Proble-me bezüglich der herangezogenen Kriterien. Speziell im Hinblick auf die Beurteilung Alfried Krupps von Bohlen und Halbach muss der pervertierte Ehrbegriff im Dritten Reich Berücksichtigung finden. Durch diesen entsteht ein Dilemma in der Gesamtdis-kussion um den ehrbaren Kaufmann. Es kann jedoch trotzdem ein Ergebnis in Form einer Tendenz formuliert werden. Demnach ist Berthold Beitz eher und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach nicht als ehrbarer Kaufmann einzustufen. Aufgrund der spezi-ellen persönlichen Konstellation zwischen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und Berthold Beitz wird zudem die These formuliert, dass die Ehrbarkeit eines Kaufmanns durch die Handlungen eines anderen (ehrbaren) Kaufmanns zumindest teilweise wie-derhergestellt oder geschaffen werden kann.

Page 74: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Anhang A: Stammtafel der Familie Krupp

IX

Anhang A: Stammtafel der Familie Krupp

Bild A.1 Stammtafel der Familie Krupp442

442 Entnommen aus Borchardt (1984, Anhang).

Page 75: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

X

Literaturverzeichnis

Abelshauser, W. (2002): Rüstungsschmiede der Nation - Der Kruppkonzern im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit 1933 bis 1951, in: Gall, L. (Hrsg.): Krupp im 20. Jahr-hundert: Die Geschichte des Unternehmens vom Ersten Weltkrieg bis zur Gründung der Stiftung, Berlin: Siedler Verlag, S. 267-472.

Baedeker, D. (1912): Alfred Krupp und die Entwicklung der Gußstahlfabrik, 2. Aufl., Essen: G. D. Baedeker, Verlagshandlung.

Bauer, O. (1906): Der ehrbare Kaufmann und sein Ansehen, Dresden: Steinkopf & Springer.

Beitz, E. (1993): Industriepädagogik in den Großbetrieben des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, dargestellt am Beispiel der Firma Fried. Krupp, Diss., Essen.

Berdrow, W. (1943): Alfred Krupp und sein Geschlecht - Die Familie Krupp und ihr Werk von 1787-1940, Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik Paul Schmidt.

Boelcke, W. (1956): Krupp und die Hohenzollern, Aus der Korrespondenz der Familie Krupp 1850-1916, 1. Aufl., Berlin: Rütten & Loening.

Bohner, Th. (1956): Der ehrbare Kaufmann - Vom Werden und Wirken deutscher Wirt-schaft, Hamburg: Felix Meiner Verlag.

Borchardt, Kn.(1984): Villa Hügel – Das Wohnhaus Krupp in Essen, Essen: Siedler.

Brüggenbrock, Chr. (2006): Die Ehre in den Zeiten der Demokratie: Das Verhältnis von athenischer Polis und Ehre in klassischer Zeit, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG.

Brockhaus Enzyklopädie: in 30 Bänden (2006), 21. Aufl., Mannheim: Verlag F.A. Brockhaus GmbH.

Burkhart, D. (2006): Eine Geschichte der Ehre, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchge-sellschaft.

Page 76: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

XI

Burkhart, D. (2002): Ehre – Das symbolische Kapital, München: Deutscher Taschen-buch Verlag.

Calogeras, R. C. (1989): Die Krupp-Dynastie und die Wurzeln des deutschen National-charakters - Eine psychoanalytische Kulturstudie, München: Verlag Internationale Psy-choanalyse.

Der kleine Duden – Der passende Ausdruck (1990): Ein Synonymwörterbuch für die Wortwahl, Mannheim: Dudenverlag.

Ehrmann, Th. (2007): Der ehrbare Franchisegeber: Ein empirischer Beitrag, in: Zeit-schrift für Betriebswirtschaftslehre – Special Issue, 1/2007, S. 75-88.

Engelmann, B. (1969): Krupp - Legenden und Wirklichkeit, München: Franz Schnee-kluth Verlag.

Fandel, G./Schwalbach, J. (2007): Editorial, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft Special Issue 1/2007, S. VI-XIII.

Favier, J. (1992): Gold und Gewürze – Der Aufstieg des Kaufmannes im Mittelalter, 1. Auflage, Hamburg: Junius.

Fischer, G. (1912): Krupp 1812-1912 - Zum 100jährigen Bestehen der Firma Krupp und der Gussstahlfabrik zu Essen, hrsg. auf den Hundertsten Geburtstag Alfred Krupps.

Friz, D. M. (1990): Die Stahlgiganten Alfried Krupp und Berthold Beitz, Berlin: Ullstein Sachbuch.

Friz, D. M. (2009): Margarethe Krupp, das Leben meiner Urgroßmutter, 3. Aufl., Mün-chen: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG.

Frobenius, H. (1898): Alfried Krupp – Ein Lebensbild, Dresden: Verlag von Carl Reißner.

Gabler Wirtschaftslexikon (2004): 16. vollständig überarbeitete und aktualisierte Aufla-ge, Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH.

Gall, L. (2000): Krupp - Der Aufstieg eines Industrieimperiums, Berlin: Siedler Verlag.

Page 77: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

XII

Gall, L. (2002)(Hrsg.): Krupp im 20. Jahrhundert: Die Geschichte des Unternehmens vom Ersten Weltkrieg bis zur Gründung der Stiftung, Berlin: Siedler Verlag.

Götz, Kl./ Seifert, J. (2000)(Hrsg.): Verantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft, Mün-chen: Rainer Hampp Verlag.

Habig, H./ Berninghaus, J. (2004): Die Nachfolge im Familienunternehmen ganzheitlich regeln, 2. Aufl., Heidelberg: Springer.

Halder, A. (2000): Philosophisches Wörterbuch, Freiburg: Herder.

Helle, E. (1969): Der Schutz der Persönlichkeit, der Ehre und des wirtschaftlichen Ru-fes im Privatrecht, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).

Helle, E. (1957): Der Schutz der persönlichen Ehre und des wirtschaftlichen Rufes im Privatrecht, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).

Heuss, Th. (1962): 150 Jahre Krupp – Gedenkrede zu Essen am 20. November 1961, Tübingen: Rainer Wunderlich Verlag.

Horten, A. (2000): Verantwortung des Unternehmens gegenüber Mitarbeitern, Eigen-tümern, sowie Staat und Gesellschaft, in: Götz, Kl., Seifert, J. (Hrsg.): Verantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft, München: Rainer Hampp Verlag, S.117-123.

Jindra, Zd. (1986) : Der Rüstungskonzern Fried. Krupp AG 1914-1918: Die Kriegsma-teriallieferungen für das deutsche Heer und die deutsche Marine, Praha: Univerzita Karlova.

Kammertöns, H.-Br. (1998): Der letzte Krupp: Arndt von Bohlen und Halbach – Das Ende einer Dynastie, Hamburg: Hoffmann und Campe.

Keßler, U. (1995): Zur Geschichte des Managements bei Krupp: Von den Unterneh-mensanfängen bis zur Auflösung der Fried. Krupp AG (1811-1943), Diss., in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte: Beiheft 87 – Stuttgart: Steiner.

Klass, G. von (1953): Die Drei Ringe - Lebensgeschichte eines Industrieunternehmens, Tübingen: Rainer Wunderlich Verlag. Klink, D. (2008): Der Ehrbare Kaufmann – Das ursprüngliche Leitbild der

Page 78: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

XIII

Betriebswirtschaftslehre und individuelle Grundlage für die CSR-Forschung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft – Journal of Business Economics; Corporate Social Responsability - Special Issue 3/2008, S. 57-79. Klink, D.(2009): Der ehrbare Kaufmann, in: GDI Impuls – Wissensmagazin für Wirt-schaft, Gesellschaft, Handel, Nr. 2, S. 8-14.

Kommission der Europäischen Gemeinschaften (KOM): Grünbuch "Europäische Rah-menbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen. KOM (2001) 366 endg., Brüssel: 2001.

Krupp, Fr. (1963) (Hrsg.): Krupp – Informationen über den Konzern – seine Geschichte – seine Erzeugnisse – seine Leistungen, Essen: Friedr. Krupp.

Maak, Th., Ulrich, P. (2007): Integre Unternehmensführung – Ethisches Orientierungs-wissen für die Wirtschaftspraxis, Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Mediaevalia, M. (1964): Beiträge zum Berufsbewusstsein des mittelalterlichen Men-schen, Berlin: Walter de Gruyter & Co.

Manchester, W. (1978): Krupp – Chronik einer Familie, München: Wilhelm Heyne Ver-lag.

Manchester, W. (1968): Krupp – Zwölf Generationen, München: Kindler Verlag.

Maschke, H. M. (1951): Das Krupp-Urteil und das Problem der „Plünderung“, Göttin-gen: „Musterschmidt“ wissenschaftlicher Verlag.

Menne, B. (1937): Krupp - Deutschlands Kanonenkönige, Zürich: Europa-Verlag.

Mühlen, N. (1960): Die Krupps, Frankfurt a. M.: Heinrich Scheffler.

Pressestelle im Auftrag des Rektors der Ruhr-Universität Bochum (1999): Ehrenpromo-tion zum Dr. phil. h.c. Prof. Dr. h.c. mult. Berthold Beitz – Eine Dokumentation des Festaktes vom 15. Juni 1999, Universitätsrede – Neue Serie – Nr. 8, Bochum: Ruhr-Universität Bochum.

Probst, A. (1985): Helene Amalie Krupp: Eine Essener Unternehmerin um 1800, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte: Beiheft, 33 – Stuttgart: Steiner-Verlag-Wiesbaden-GmbH, S. 11-20.

Page 79: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

XIV

Rohwaldt, K. (Hrsg.): Maier-Rothschild – Kaufmannspraxis – Handbuch der Kauf-mannswissenschaft und der Betriebstechnik, 9. Aufl., Berlin, Verlag für Sprach- und Handelswissenschaft, S. 3-8.

Sandkühler, Th. (1996): „Endlösung“ in Galizien - Der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von Berthold Beitz 1941-1944, Bonn: Verlag J.H.W. Dietz Nachfol-ger GmbH.

Schade, O. (1866): Altdeutsches Lesebuch: Gothisch, Altsächsisch Alt- und Mittel-hochdeutsch, Bd. 2, Halle: Buchhandlung des Waisenhauses.

Schmalhausen, B. (1991): Berthold Beitz im Dritten Reich – Mensch in unmenschlicher Zeit, Essen: Verlag Peter Pomp.

Schmölders, G. (1971)(Hrsg.): Der Unternehmer im Ansehen der Welt, Bergisch Glad-bach: Gustav Lübbe Verlag.

Schranz, M. (2007): Wirtschaft zwischen Profit und Moral – Die gesellschaftliche Ver-antwortung von Unternehmen im Rahmen der öffentlichen Kommunikation, Diss. an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich, Wiesbaden: VS Verlag für Sozial-wissenschaften

Schröder, E. (1991): Krupp - Geschichte einer Unternehmerfamilie, in: Persönlichkeit und Geschichte, Bd. 5, 4. Aufl., Göttingen: Muster-Schmidt Verlag.

Schumpeter, J. A. (1987): Beiträge zur Sozialökonomik, Wien: Böhlau Verlag.

Schwalbach, J./Fandel, G. (2007)(Hrsg.): Der ehrbare Kaufmann: Modernes Leitbild für Unternehmer?, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Special Issue 1/2007, Wiesbaden: Gabler, S.V-XIII.

Sombart, W. (1923): Kaufmanns Wirken und Wissen – Eins und Jetzt, in: Rohwaldt, Karl (Hrsg.): Maier-Rothschild – Kaufmannspraxis – Handbuch der Kaufmannswissen-schaft und der Betriebstechnik, 9. Aufl., Berlin, Verlag für Sprach- und Handelswissen-schaft, S. 3-8.

Spufford, P. (2004): Handel, Macht und Reichtum – Kaufleute im Mittelalter, Stuttgart: Konrad Theiss Verlag.

Page 80: Alfried Krupp und Berthold Beitz · the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant

Literaturverzeichnis

XV

Stagl, J. (1994): Die Ehre des Wissenschaftlers, in: Vogt, L./Zingerle, A. (Hrsg.) (1994): Ehre - Archaische Momente in der Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 35-56.

Stippel, F. (1938): Ehre und Ehrerziehung in der Antike, München: Würzburg-Aumühle, Triltsch.

Veröffentlichungen der Walter-Raymond-Stiftung Bd. 4 (1964): Die Unternehmerische Verantwortung in unserer Gesellschaftsordnung – Tatbestand und Forderung, Köln: Westdeutscher Verlag.

Vogt, L./Zingerle, A. (Hrsg.) (1994): Ehre - Archaische Momente in der Moderne, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 9-34.

Werhahn, P. H. (1990): Der Unternehmer: Seine ökonomische Funktion und gesell-schaftspolitische Verantwortung, Trier: Paulinus Verlag, S. 14-20.

Welzel, B. (1995): Der Unternehmer in der Nationalökonomie, Köln: Inst. für Wirt-schaftspolitik.

Wilmowsky, T. Frhr. von (1961): Rückblickend möchte ich sagen... – An der Schwelle des 150jährigen Krupp-Jubiläums, Oldenburg: Gerhard Stalling Verlag.

Wilmowsky, T. Frhr. von (1962): Warum wurde Krupp verurteilt? – Legende und Justiz-irrtum, 3. überarb. Aufl., Düsseldorf: Econ-Verlag GmbH.

Wilpert, P. (1964): Beiträge zum Berufsbewusstsein des mittelalterlichen Menschen, Berlin: Walter de Gruyter & CO.

Witt, P. (2007): Unternehmensgründer als ehrbare Kaufleute, in: Zeitschrift für Be-triebswirtschaftslehre - Special Issue 1/2007, S. 89-109.

Wolbring, B. (2000): Krupp und die Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert, München: Verlag C.H. Beck.

Wright, Th. A., Goodstein, J. (2007): Character is not „dead“ in Management Research: A Review of Individual Character and Organizational-Level Virtue, in: Journal of Man-agement, Vol. 33, No. 6, S. 928-958.

Zobel, H.-J. (1991)(Hrsg.): Verleihung der Ehrensenatorwürde an Prof. Dr. Med. H.C. Berthold Beitz – 10. Oktober 1991, Greifswald: Panzig’sche Buchdruckerei Greifswald.