data rich, intelligence poor? gesucht: marketing intelligence
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Michael Grund, Leiter Center for Marketing, HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich in der Publikation Marketing & Kommunikation Ausgabe 9/14TRANSCRIPT
74 Karriere� Marketing�&�Kommunikation�9/14
führen grosse Datenmengen au-tomatisch zu einem besseren Kundenver-ständnis? Natürlich nicht.
ein Beispiel aus der PraxisDer neueste Newsletter unseres Telekommunikationsanbieters, unserer Hauptversicherung oder unseres Lieblingsautoherstellers erscheint im Posteingang. Wir öffnen ihn und stellen nach we-nigen Augenblicken fest, dass der Inhalt uns nicht interessiert, weil er für unsere Bedürfnisse schlicht nicht relevant ist. Ein besonders gelungenes Beispiel verschickte vor einigen Monaten ein Mobil-funkanbieter. Ein Vertragskun-
Keine Frage: Die marktori-entierte Führung von Unterneh-men benötigt Informationen: über den Markt, die Kunden, die Wettbewerber. Lag der Fokus der Informationsbeschaffung lange bei der Marktforschung, ist heu-te das Zauberwort «Big Data» im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dies hat viele Ursachen, wovon zwei besonders wichtig sind: Zum einen hinterlassen Men-schen aufgrund ihres Informa-tions- und Kaufverhaltens heute breite Datenspuren, zum anderen machen die technologischen Ent-wicklungen die Sammlung und Auswertung dieser Daten immer einfacher und billiger. Und dies hat Konsequenzen: Die blosse Existenz grosser Datenmengen verleitet Unternehmen zu dem Eindruck, dass sie immer mehr über ihre Kunden wissen und damit beispielsweise auch we-niger klassische Marktforschung benötigen. Aber
de erhielt einen Newsletter mit verschiedenen Angeboten. Das Problem dabei: Angebot eins war an der Wohnadresse des Kunden aus technischen Gründen nicht verfügbar. Angebot zwei hatte der Kunde bereits (Abo). Ange-bot drei (Vertragsverlängerung) war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da der Kunde gerade vor sechs Monaten verlängert hatte. Und Angebot vier kam aus Al-tersgründen (bis 26 Jahre) nicht infrage.
Das geschilderte Problem do-kumentiert, dass Unternehmen, die auf riesigen Datenbeständen sitzen, die sie aus Vertragsanga-ben beziehungsweise dem Nut-zungsverhalten beziehen, die-se Datenflut nicht wertsteigernd nutzen. Weder für das Unterneh-men noch für die Kunden wird ein sichtbarer Mehrwert gene-riert. Unternehmen sollten ihre
werden Abertausende Newsletter verschickt, die für die Empfänger keine oder kaum Relevanz haben. Die Konsequenz davon ist eine sinkende Öffnungsrate des News-letters und eine Steigerung der Newsletter-Abbestellungen. Das alles hätte jedoch verhindert wer-den können, wenn das Unterneh-men die verfügbaren Daten mit et-was Intelligenz angereichert hätte und jene Kunden ausgeschlossen hätte, die bestimmte Services an ihrer registrierten Adresse tech-nisch gar nicht nutzen können oder bestimmte Leistungen be-reits in Anspruch nehmen. All das weiss das Unternehmen ei-gentlich. Und wenn es smart wä-re, würde es dieses Wissen auch nutzen. Dabei geht es nicht um hochkomplexe Analysen des Kundenverhaltens oder Data-Mi-ning-Modelle. Nein, es geht um einfache Adressselektionen oder die dynamische Gestaltung eines Newsletters in Abhängigkeit vom genutzten Produkteportfolio und
der Adresse der Kunden.
intelligente Datennutzung ist gefragtMarketing Intelligence beschreibt ein umfassendes Konzept: Es geht um die systematische und ziel-orientierte Verknüpfung von klas-sischer Marktforschung, der Ana-lyse von Märkten und von Wett-bewerbern (sehr oft unterschätzt) sowie die intelligente Nutzung intern vorhandener Daten. Fun-dierte Marketingentscheide brau-chen verlässliche Informationen und die intelligente Nutzung ver-schiedener (!) Informationsquel-len. Hierbei muss im Einzelfall untersucht werden, welche Quel-len die besten, zuverlässigsten und relevantesten Informationen liefern können. Die Verfügbarkeit von «Big Data» allein ist keine Lösung, wenn die Daten nicht zielorientiert erhoben und mit einer Mischung aus Markt-/Kun-denwissen, Kreativität und ana-lytischer Kompetenz ausgewertet sowie interpretiert werden. Ne-ben einer zuverlässigen und aktu-ellen Datenbasis braucht es hier-für zum einen Systeme/Tools zur Datenanalyse, zum anderen aber auch entsprechend qualifizierte Mitarbeitende, die den Markt ver-stehen und diese Tools zielorien-
tiert einsetzen können.Im Kontext von Marke-
ting 3.0 wird sehr viel über die Schaffung von Werten (value) gesprochen. Gerade wenn ein Unternehmen in-dividualisiert Kunden an-sprechen möchte, muss für die Adressaten auch ein
Mehrwert erkennbar sein. Uninteressanter bzw. nicht rele-vanter Inhalt ist nicht nur wert-los, sondern zerstört sogar das In-teresse an Produkten oder Unter-nehmen.�n
VON MiCHaeL GrUND*
Data Rich, Intelligence Poor? Gesucht: Marketing IntelligenceMARKETING INTELLIGENCE�Viele�Unternehmen�sitzen�auf�riesigen�Datenbeständen,�gehen�mit�diesen�Daten�aber�nur�begrenzt�intelligent�um.�Aus�den�vorhandenen�Daten�lassen�sich�aber�wertvolle�Informationen��generieren,�die�eine�bessere�Bearbeitung�der�bestehenden�und�potenziellen�Kunden�ermöglichen.
* Prof. Dr. Michael Grund leitet
das Center for Marketing an der
HWZ und ist u.a. Studiengangs-
leiter des EMBA - Marketing und
des CAS Luxury Management.
Bei immer grös-seren Daten-mengen besteht die Herausfor-derung darin, diese zielführend einzusetzen.
Kunden eigentlich kennen, bear-beiten sie aber dennoch mit sol-chen Schrotflinten-Aktivitäten. Dies in der Hoffnung, dass der eine oder die andere die Ange-bote interessant finden könnte. Ist das realistisch? Wohl kaum. Denn wenn das Unternehmen sich nicht die Mühe macht, die Daten, die aufgrund des Abon-nements alle vorliegen, sorgfäl-tig für den Newsletter zu nutzen,