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Deliverable Smart Cities Demo – 8. Ausschreibung – SLiKH – Smart Living in Klagenfurt Harbach 1 SLiKH- Smart Living in Klagenfurt Harbach DELIVERABLE 6.6 SOZIALRAUMKONZEPT A. Projektdetails Projekt: SLiKH – Smart Living in Klagenfurt Harbach Projektnummer: 858865 Programm und Aus- schreibung: Smart Cities Demo 2016 – 8. Ausschreibung Projektpartner: Diakonie de La Tour gemeinnützige Betriebs GmbH Verfasser: Andrea Klinglmair Version und Erstel- lungsdatum: V 1.1 vom 7.12.2017 AP- Zuordnung: AP 1 Projektmanagement AP 2 Kommunikation und Dissemination AP 3 Gebäude und Technik AP 4 Mobilität AP 5 Grünraum AP 6 Soziale Innovation – Residents-BewohnerInnen AP 7 Rechtliche Rahmenbedingungen „legal compliance“ AP 8 Machbarkeitsstudie

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Deliverable Smart Cities Demo – 8. Ausschreibung – SLiKH – Smart Living in Klagenfurt Harbach 1

SLiKH- Smart Living in Klagenfurt Harbach

DELIVERABLE 6.6 SOZIALRAUMKONZEPT

A. Projektdetails

Projekt: SLiKH – Smart Living in Klagenfurt Harbach

Projektnummer: 858865

Programm und Aus-

schreibung:

Smart Cities Demo 2016 – 8. Ausschreibung

Projektpartner: Diakonie de La Tour gemeinnützige Betriebs GmbH

Verfasser: Andrea Klinglmair

Version und Erstel-

lungsdatum: V 1.1 vom 7.12.2017

AP- Zuordnung:

AP 1 Projektmanagement

AP 2 Kommunikation und Dissemination

AP 3 Gebäude und Technik

AP 4 Mobilität

AP 5 Grünraum

AP 6 Soziale Innovation – Residents-BewohnerInnen

AP 7 Rechtliche Rahmenbedingungen „legal compliance“

AP 8 Machbarkeitsstudie

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B. Projektbeschreibung

B.1 Kurzfassung

Gesellschaftliche Veränderungsprozesse wie der demografische Wandel, die damit verbundene Über-alterung der Bevölkerung, der steigende Assistenz- und Unterstützungsbedarf auf Grund von Alter oder Krankheit, der wachsende Fachkräftemangel im Bereich der Pflege, die Veränderung familiärer Strukturen, die kontinuierliche Zunahme von (älteren) Single-Haushalten sowie die gesteigerten An-sprüche an Wohnraum, Lebensqualität und Selbstbestimmung verlangen in den Bereichen Wohnen und Gemeinwesen nach bedürfnisgerechten Angeboten, neuen Handlungsansätzen und innovativen Konzepten. Denn klassische Wohnprojekte sowie soziale Dienste, die immer noch vorwiegend auf eindimensionalen institutionellen Profi-Nutzer-Beziehungen basieren, werden nur bedingt in der Lage sein diesen gesellschaftlichen Trends auf Dauer adäquat zu begegnen. Mit hi Harbach entsteht in Klagenfurt ein neues innovatives Wohnkonzept, mit dem an realisierbaren Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen gearbeitet wird. Das Wohnprojekt fokussiert dabei vor allem auf eine sozial-räumliche Herangehensweise, den Ausbau mobiler Betreuungsdienstleistungen, den Aufbau (infor-meller) Unterstützungsnetzwerke, Vernetzung und Mitbestimmung, eine Belebung des Quartiers so-wie entsprechende technologische Ausstattung (Stichwort: „Smart Home“).

B.2 Ausgangssituation

Ziel des Projektes SLiKH ist es, einen Leitfaden für smarte Siedlungsgebiete zu entwickeln, der Grundlage für die Schaffung eines attraktiven Lebensraumes für Bewohner/-innen mit unterschiedli-chen sozioökonomischen Voraussetzungen ist. Das Projekt fokussiert dabei nicht nur auf die Berei-che Energie, Mobilität sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), sondern berück-sichtigt vielmehr auch den sozialen Gesichtspunkt mit Themen wie „sozialer Durchmischung“ und „sozialer Akzeptanz“ von (technischen) Möglichkeiten einer Smart City.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die frühzeitige Einbindung der zukünftigen Bewohner/-innen in den Planungs- und Bauprozess im Rahmen der Quartiersentwicklung, deren Ziel es ist, Wohnraum als generationenübergreifenden und gesellschaftlich diversifizierten Lebensraum zu gestalten („State of the art“). Die Erreichung dieses Ziels erfordert ein wissenschaftliches Begleitkonzept für den Einbe-zug potenzieller Nutzer/-innen-Gruppen. Dabei geht es im Wesentlichen um die nachhaltige Annah-me der Wohnanlage als Ganzes sowie der geplanten Gemeinschaftseinrichtungen einschließlich de-ren technischer Infrastruktur (z.B. Gemeinschaftsraum, Gemeinschaftsküche, Gärten, gastronomi-sches Angebot etc.). Denn soziale Angebote können ihre positive Wirkung nur entfalten, wenn diese von den Nutzer/-innen als gemeinschaftliche Werte anerkannt und gepflegt werden. Die Einbindung potenzieller Nutzer/-innen in den Planungsprozess wirkt sich signifikant positiv auf die spätere Nut-zung der geplanten sozialen Gemeinschaftsangebote aus, weshalb eine entsprechende Partizipation von hoher Relevanz ist.

Das integrierte Sozialraumkonzept soll daher nicht top-down „übergestülpt“, sondern durch Aktivie-rung und Partizipation gemeinsam mit der Zielgruppe (potenzielle zukünftige Bewohner/-innen) entwickelt werden. Dabei werden auch Verbindungen zu nationalen und internationalen Referenzpro-jekten (Best-Practice) hergestellt. Im Zentrum stehen aber die Präferenzen, Vorstellungen und Be-darfslagen der Zielgruppen, womit man einem der Grundprinzipien der Sozialraumorientierung – der Ausrichtung am Willen der Menschen – folgt.

B.3 Inhalt/Ziele

Ziel laut Projektantrag war die Erstellung und Absicherung eines nachhaltigen Sozialraumkonzeptes auf Basis der wissenschaftlich begleiteten Partizipation (frühzeitige Einbindung potenzieller Bewoh-ner/-innen in den Planungsprozess, Erfassung von Anliegen und Wohnumfeldvorstellungen, Aktivie-rung von potenziellen Bewohnern/-innen für einen nachhaltigen Partizipationsprozess). Dieses Sozi-

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alraumkonzept soll für die weitere Projektentwicklung (innerhalb der Diakonie de La Tour, aber auch für andere kommunale Siedlungsgebiete) nutzbar gemacht werden. Geplante Inhalte waren neben einer Beschreibung der Ausgangslage für das Projekt SLiKH und den soziodemografischen Rahmen-bedingungen auch die Darstellung des inhaltlichen Konzeptes des Gesamtprojektes sowie der in Kla-genfurt-Harbach verfügbaren (sozialen) Angebote, die sich in den Experten/-innen-Runden, den Fo-kusgruppen sowie der Open-Space-Veranstaltung als notwendig bzw. erwünscht erwiesen haben.

B.4 Methodik

Basis für das entwickelte Sozialraumkonzept waren mehrere Komponenten, die gleichermaßen in den Konzeptentwurf miteingeflossen sind (siehe Abbildung 1). Dazu zählt einerseits eine umfassende Literaturrecherche zum internationalen Forschungsstand im Bereich Quartiersentwicklung, zu den zukünftigen Wohnbedürfnissen, zum Paradigmenwechsel im Sozialbereich sowie zu den soziodemo-grafischen Rahmenbedingungen und den gesellschaftlichen Herausforderungen, welche die Quartier-sentwicklung und den Sozialbereich in Zukunft beeinflussen werden.

Die Erfassung von Anliegen und Wohnumfeldvorstellungen der zukünftigen Bewohner/-innen erfolgte in mehreren Fokusgruppendiskussionen sowie der durchgeführten Open-Space-Veranstaltung, einer strukturierten Großgruppenmoderation, bei der potenzielle Bewohner/-innen ihre Anliegen an das Wohnprojekt hi Harbach formulierten und dazu eigene Arbeitsgruppen bildeten.

Abbildung 1: Methodische Basis für das Sozialraumkonzept

Quelle: Eigene Darstellung

Aus der Fokusgruppe „Sozialraumkoordination/Nachbarschaft“, konnten folgende, für das Sozial-raumkonzept relevante Anliegen, Vorstellungen und Präferenzen der potenziellen Bewohner/-innen identifiziert werden (siehe hierzu auch Deliverables 6.3 und 6.4):

• Partizipatives Besiedelungsmanagement • Mieter/-innen-Auswahl durch ein multiprofessionelles Team • Gelingende Nachbarschaft • Pflege von Kontakten in der Bewohnerschaft • Schaffung von Begegnungsräumen • Initiierung eines gesellschaftlichen Lebens im Wohnquartier (Veranstaltungen, etc.) • Förderung von ehrenamtlichem Engagement und Nachbarschaftshilfe • Zusammenleben von Generationen

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Auch die Open-Space-Veranstaltung, an der rund 30 Personen teilnahmen, lieferte wichtige Inputs für die Entwicklung des Sozialraumkonzeptes (siehe hierzu auch Deliverable 6.5). Zu den identifi-zierten Kernwünschen und Vorstellungen zukünftiger Bewohner/-innen zählen:

• Soziale Vernetzung im Wohnquartier (Kennenlernen der Bewohnerschaft bei Veranstal-tungen, Festen oder Freizeitaktivitäten)

• Initiierung von Treffpunkten • Bildung von Gemeinschaften wie etwa einem Mieter/-innen-Beirat • Wahrnehmung der Vernetzungsfunktion durch Sozialarbeiter/-innen • Gewährleistung einer entsprechenden Versorgung, Café mit Gütern des täglichen Bedarfs • Angebot von Lernbetreuung im Gemeinschaftsraum • Angebot von Co-Working-Spaces

Neben den Ergebnissen der Literaturrecherche, der Fokusgruppen und der Open-Space-Veran-staltung flossen auch die Erfahrungen ausgewählter Best-Practice-Projekte (Lebenswelt Aigen Salz-burg, Quartiersentwicklungsprojekt Q8 Hamburg), die im August 2017 im Rahmen eines Site Visits besichtigt wurden, in die Sozialraumkonzeptentwicklung mit ein (siehe hierzu Deliverable 6.7).

B.5 Ergebnisse/ Schlussfolgerungen

Basierend auf der umfassenden Literaturrecherche, den Ergebnissen der Fokusgruppen und der O-pen-Space-Veranstaltung sowie den Erfahrungen in vergleichbaren Best-Practice-Projekten konnte das Sozialraumkonzept für hi Harbach finalisiert werden. In einem ersten Schritt wird dabei an das Thema herangeführt und beschrieben, mit welchen gesellschaftlichen Herausforderungen der Sozial-bereich in Zukunft konfrontiert sein wird und wie sich dies auf zukünftige Wohn- und Lebensformen sowie die Organisation sozialer Arbeit auswirken wird. Darüber hinaus werden das Projekt hi Har-bach und dessen Ziele gesamthaft dargestellt und in diesem Zusammenhang auch das Konzept der Sozialraumorientierung erläutert. Darauf aufbauend fokussiert das Konzept auf die geplanten sozia-len Projekte und Unterstützungs-Arrangements der Diakonie de La Tour. Abschließend wird auf die Chancen, die mit dem Projekt verbunden sind, näher eingegangen.

1. Einleitung – Warum eine Neuorientierung notwendig ist

Demografischer Wandel

Gesellschaftliche Veränderungsprozesse werden von Schlagwörtern wie Individualisierung, Flexibili-sierung oder Modernisierung geprägt und beeinflussen die unterschiedlichsten Bereiche des wirt-schaftlichen oder sozialen Lebens (vgl. Kremshuber, 2011:9; Giustiniani et al., 2017:3). Insbeson-dere der Sozialbereich ist mit drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Dazu zählt in erster Linie der demografische Wandel und die damit verbundene Überalterung der Gesell-schaft, wovon das Bundesland Kärnten besonders stark betroffen ist. So wird sich der Anteil der Be-völkerung im Alter 65+ in Kärnten bis zum Jahr 2050 von derzeit (Jahr 2015) 20,8 % auf fast ein Drittel (32,9 %) erhöhen. Gleichzeitig wird der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) von 60,6 % auf 50,4 % zurückgehen. Die Anzahl der Personen ab 85 Jahren wird sich im Zeitraum 2015 bis 2050 nahezu verdreifachen; damit geht eine Steigerung des Bevölkerungsan-teils der Gruppe 85+ von derzeit 3,1 % auf 8,2 % einher (vgl. Statistik Austria, 2016a; siehe Abbil-dung 2). Bedingt wird der demografische Wandel einerseits durch die steigende Lebenserwartung auf Grund des medizinischen Fortschritts sowie veränderter Ernährungs- und Lebensgewohnheiten, andererseits durch rückläufige Fertilitätsraten und die Wanderungsbewegungen (vgl. AAL Austria, 2015:11; Giustiniani et al., 2017:4).

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Abbildung 2: Bevölkerungsanteile nach breiten Altersgruppen, Kärnten 2015-2050

Quelle: Statistik Austria (2016a); eigene Berechnungen und Darstellung

Anstieg der Gesundheits- und Pflegeausgaben

Die Auswirkungen des demografischen Wandels und der damit einhergehenden Veränderung der Al-tersstruktur sind vielfältig und beziehen sich einerseits auf die Gefährdung der sozialen Sicherungs-systeme wie Gesundheits- oder Pensionssystem. So ist durch den demografischen Wandel ein An-stieg der Betreuungs- und Pflegebedürftigen zu erwarten, was wiederum in steigenden Gesundheits- und Pflegeausgaben resultieren wird (vgl. AAL Austria, 2015:13; Giustiniani et al., 2017:5). Eine ak-tuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) prognostiziert bereits in den nächsten zehn Jahren einen Anstieg der Ausgaben für Pflegegeld um 12,4 %; bis zum Jahr 2050 werden sich die Pflegegeldausgaben sogar um 67 % erhöhen. Noch drastischer ist die Situation bei den Ausgaben für Pflegedienstleistungen, die sich in den kommenden zehn Jahren um 48 %, bis zum Jahr 2050 sogar um 360 % erhöhen werden (vgl. Famira-Mühlberger et al., 2017:21ff; Die Presse, 2017:1). Zudem droht bzw. besteht bereits aktuell ein teilweiser Fachkräftemangel in den sozialen Berufen. So zeigen Fink et al. (2015:101) durch kombinierte Betrachtung unterschiedlicher Kennzahlen wie beispielsweise Stellenandrang oder Arbeitslosigkeit für den Bereich der Pflege- und verwandten Berufe deutliche Hinweise auf eine Arbeitskräfteknappheit bzw. Verknappung im Zeit-verlauf.

Veränderung der Haushalts- und Familienstrukturen

Der demografische Wandel geht andererseits auch mit einer Veränderung der Haushaltsstruktur ein-her. So ist die Zahl der Single-Haushalte in Kärnten schon in den vergangenen zehn Jahren um 22,8 % angewachsen. In Zukunft wird sich dieser Trend fortsetzen: Im Jahr 2050 wird es in Kärnten um 55,4 % mehr Single-Haushalte geben als im Jahr 2004. Gleichzeitig wird die Zahl der Mehrper-sonenhaushalte auf einem konstanten Niveau verbleiben bzw. leicht zurückgehen (vgl. Statistik Aus-tria, 2017, online; Statistik Austria, 2016b; siehe Abbildung 3). Neben dem demografischen Wandel zeigen sich auch die steigende Instabilität von Paarbeziehungen und die zeitliche Entkoppelung zwi-schen Auszug aus dem Elternhaus und dem Zusammenziehen in einer Partnerschaft für die Zunah-me der Single-Haushalte verantwortlich (vgl. Giustiniani et al., 2017:8).

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Abbildung 3: Veränderung der Haushaltsstruktur, Kärnten 2004-2050 (Index: 2004=100)

Quelle: Statistik Austria (2016b; 2017, online); eigene Berechnungen und Darstellung

Die Veränderungen von Familienstrukturen und Lebensläufen wie etwa verkürzte Familienphasen führen – zusammen mit der steigenden Lebenserwartung – dazu, dass die Single-Haushalte auch tendenziell älter werden (vgl. Geserick et al., 2016:2). Dies bedeutet, dass es immer mehr Leute gibt, die niemanden im Haushalt haben, der sie betreuen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen, die immer noch die Hauptlast der häuslichen Pflege tra-gen, die Ressourcen familiärer Pflege reduziert (vgl. Die Presse, 2017:1; Beham und Zartler, 2014).

Selbstbestimmung bis ins hohe Alter

Obwohl die Bevölkerung immer älter wird, die Anzahl der (älteren) Single-Haushalte steigt und die privat geleistete Pflege- und Sorgearbeit insbesondere auf Grund veränderter Familienstrukturen und Lebensmodelle sowie der steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen an ihre Grenzen stößt, for-mulieren immer mehr Menschen ihren Anspruch an ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter (vgl. Haubenreisser und Oertel, 2016:278). So zählen das Bedürfnis, in den eigenen vier Wänden zu bleiben und nicht in einem Heim zu wohnen, niemandem zur Last zu fallen und ein möglichst selbst-bestimmtes Leben zu führen zu den Kernwünschen im hohen Alter, wie eine Befragung unter 502 „Best Agern“ (50 bis 70 Jahre) in Österreich aufzeigt (vgl. market-Institut, 2008:2). Ein ähnliches Ergebnis zeigt eine deutsche Studie (vgl. BFW, 2011), in der 1.100 Personen ab 50 Jahren zu ihren Wohnwünschen im Alter befragt wurden. Zwei Drittel der Befragten bevorzugen im Alter von 70 Jah-ren eigenständiges Wohnen in ihrem Haus oder ihrer Wohnung ohne Hilfe. Rund 57 % der Befragten präferieren das Verbleiben in ihrem Zuhause mit der Möglichkeit zur Hilfe (z.B. durch mobile Pflege-dienstleistungen). Auch IFES (2010:8) zeigt, basierend auf den Interviewergebnissen mit ausge-wählten Personen der Bevölkerungsgruppe 60+, dass die überwiegende Mehrzahl der älteren Men-schen im Falle einer Pflegebedürftigkeit zu Hause wohnhaft bleiben möchte mit Unterstützung durch Angehörige oder externe Pflegeleistungen. Das Pflegeheim ist demgegenüber die am wenigsten at-traktive Option. Unter der Devise „Gemeinsam statt einsam“ wollen die „neuen Alten“ in einem Um-feld wohnen, das ein selbstbestimmtes und möglichst selbstorganisiertes Leben und Wohnen nach den eigenen Gewohnheiten in den eigenen vier Wänden ermöglicht, eingebettet in eine aufmerksa-me „Wahlfamilie“, Hausgemeinschaft und Nachbarschaft (vgl. wohnbund:consult, 2010).

Neue Wohn- und Lebensformen

Die Auswirkungen des demografischen Wandels führen durch weitreichende strukturelle Verschie-bungen in der Bevölkerungsstruktur in weiterer Folge auch zu veränderten Lebens- und Wohnformen

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(vgl. Giustiniani et al., 2017:8). Als Ausdruck der voranschreitenden Pluralisierung und flexibler Le-bensentwürfe ist generell eine Veränderung der Haushaltsstrukturen – weg von der klassischen Normalfamilie hin zu einer Vielzahl von Lebensformen – zu beobachten. Damit ist auch eine Verän-derung der qualitativen Wohnungsnachfrage und der Ansprüche an Wohnkonzepte und Quartiere verbunden. Die Wohnungsbestände der bisherigen Wohnsiedlungen entsprechen vielfach nicht mehr den sehr ausdifferenzierten Bedürfnissen und Ansprüchen der Bevölkerung an das Wohnen (vgl. GdW, 2010:16). Die Wohnvorstellungen und -ansprüche unterscheiden sich dabei je nach Alters-gruppe. Während in den jüngeren Jahren (bis 26 Jahre) Flexibilität ein zentrales Merkmal der Wohn- und Lebenssituation darstellt, stehen in der mittleren Altersgruppe (26 bis 45 Jahre) der Wunsch nach mehr Wohnraum und gestiegene Ansprüche an die Wohnung als Folge der beruflichen Stabili-sierung, der erweiterten finanziellen Möglichkeiten und der Familiengründung im Fokus. Die Genera-tion ab Mitte 40 befasst sich gedanklich – obwohl noch im Erwerbsleben stehend – bereits zuneh-mend mit dem Wohnen im Alter. Neben der Verfügbarkeit günstigen Wohnraums, der regionalen Flexibilität und der Möglichkeit in Wohngemeinschaften zu leben verlangen zukünftige Wohnkonzep-te auch verstärkt nach der Berücksichtigung von Fragen der technologischen Ausstattung und der Energieversorgung (vgl. Büscher et al., 2009:3). Auf Grund der zunehmenden Verstädterung, der damit verbundenen Aushebelung dörflicher Gemeinschaftsstrukturen sowie dem kontinuierlichen Zerfall verbindlicher Familienstrukturen rufen neue Wohnkonzepte auch nach der Intensivierung persönlicher Netzwerke und nachbarschaftlicher Austauschbeziehungen (vgl. Geserick et al., 2016:56; Kremshuber, 2011:22).

Bedürfnisgerechte Antworten

Die beschriebenen gesellschaftlichen Trends wie die Überalterung der Gesellschaft, der steigende Assistenz- und Unterstützungsbedarf auf Grund von Alter oder Krankheit, der wachsende Fachkräf-temangel im Bereich der Pflege, die Veränderung familiärer Strukturen, die kontinuierliche Zunahme von (älteren) Single-Haushalten sowie die gesteigerten Ansprüche an Wohnraum, Lebensqualität und Selbstbestimmung verlangen nach bedürfnisgerechten Angeboten und sozialpolitischen Rah-menbedingungen, die an diese Entwicklungen angepasst sind. Für den Sozialbereich bedeutet dies, dass es neuer innovativer Konzepte bedarf, weg von zentralen stationären Heimstrukturen hin zum Sozialraum als „Enabler“ von Lebensqualität (vgl. Haubenreisser und Oertel, 2016:279). Denn Un-terstützung soll sich in das Leben der Menschen einpassen und dort stattfinden wo sie wohnen, ein-gebunden in ihren Lebensstil, ihre sozialen Netze und ihr Quartier (vgl. NORDMETALL-Stiftung, 2014:17). Das Wohnquartier als zentrale Handlungs- und Steuerungsebene spielt dabei eine zentra-le Rolle. So sollten sich Wohnkonzepte der Zukunft – auf Grund der sich abzeichnenden sozialen und gesellschaftlichen Trends – an den Bedürfnissen und Ansprüchen der Menschen orientieren, mit zu-nehmendem Fokus auf den Sozialraum, der Aktivierung von Unterstützungspotenzialen im sozialen Konstrukt, ambulanten Betreuungsangeboten, entsprechenden Nahversorgungs- und Mobilitätskon-zepten sowie dem Ineinandergreifen von Wohnen und Gemeinwesen zur Gewährleistung von All-tags- und Bürgernähe (vgl. Chalupka, 2017; Diakonie Österreich, 2017).

2. Das Projekt hi Harbach

Sozialraumorientierung

Unter dem Motto „Quality Assisted Living for All – Menschengerechte Wohnanlage mit hoher Lebens-qualität“ entstand das Konzept für hi Harbach, einem neu entstehenden Stadtteil im Osten von Kla-genfurt. Das Projekt stellt einen innovativen Schritt in Richtung Sozialraumorientierung dar und bie-tet für die Projektpartner (ausführende Wohnbaugesellschaften, Stadt Klagenfurt, Land Kärnten und Diakonie de La Tour) die Möglichkeit, einen neu entstehenden Stadtteil in Klagenfurt so zu gestalten, dass er den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Trends gerecht wird. In mehreren Baustufen entstehen gegenüber dem Rektorat der Diakonie de La Tour (Kloster Harbach) im End-

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ausbau bis zu 900 Wohneinheiten für ca. 1.700 Menschen. Die erste Baustufe startet voraussichtlich im Sommer 2018 und umfasst rund 180 Wohneinheiten für bis zu 400 Bewohner/-innen.

Das neue Wohnkonzept orientiert sich dabei in erster Linie am Sozialraum, wodurch Lebenswelten bzw. -räume so gestaltet werden können, dass Menschen auch in prekären Lebenssituationen zu-rechtkommen und Hilfsbedürftige länger im gewohnten Umfeld verbleiben können (vgl. Hinte, 2002:668; Früchtel und Budde, 2010:1; Dahme und Wohlfahrt, 2011:148). Sozialräume sind dabei nicht einfach Territorien oder Bauten, in denen sich Menschen aufhalten. Vielmehr geht es um die Möglichkeiten, die für die Menschen in diesen Räumen stecken (vgl. Scheipl, 2008:21). Die Sozial-raumorientierung folgt dabei mehreren Prinzipien und Handlungslinien, denen auch in hi Harbach Rechnung getragen wird. Dazu zählen:

• Orientierung am Willen der Menschen: Ausgangspunkt der Quartiersarbeit sind der Wille und die Interessen der leistungsberechtigten Menschen. Im Mittelpunkt steht dabei die Erkundi-gung bei den Menschen nach ihren Interessen.

• Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe: Aktivierende Tätigkeiten der Menschen zur Erreichung ihrer Ziele haben grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit durch Professi-onisten.

• Konzentration auf die Ressourcen: Personale und sozialräumliche Umfeld-Ressourcen (z.B. Nachbarschaften, vorhandene Unternehmens- und Dienstleistungsstruktur), die man durch klu-ge Aktivierung vernetzen kann, spielen bei der Gestaltung von Hilfen eine zentrale Rolle.

• Zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise: Projekte und Unterstützungs-Arrangements sind in der Regel zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt und regen ver-schiedene Gruppierungen im Stadtteil zur Beteiligung an.

• Kooperation und Koordination: Basis für die Organisation von Einzelhilfen als auch die ge-staltende Arbeit im Sozialraum sind Vernetzung und Integration der verschiedenen sozialen Dienste. Über Vernetzungsaktivitäten (z.B. Foren) können im Wohnquartier tätige (professionel-le und ehrenamtliche) Akteure/-innen aus verschiedenen Bereichen angeregt werden (vgl. Hin-te, 2002:669f).

Im Sinne der Wohnraumdurchmischung werden in hi Harbach unterschiedlichste Wohnformen und Größen mit einem hohen Maß an sozialer Integration entstehen. Auch die soziale Durchmischung zwischen Jungfamilien, älteren Menschen, Menschen mit Beeinträchtigungen, Kindern und Jugendli-chen oder Alleinerziehenden stellt ein zentrales Element der neuen Wohnanlage dar und folgt damit dem Trend innerhalb gemeinschaftlicher Wohnformen, wonach klassische Wohnformen für bestimm-te Gruppen (z.B. Senioren/-innen, behinderte Menschen, etc.) immer weniger gefragt sind (vgl. Ge-serick et al., 2016:59) . Darüber hinaus wird das neue Quartier auch über Gemeinschaftsrichtungen (z.B. Gemeinschaftsraum für Veranstaltungen) sowie entsprechende Infrastruktur wie etwa Café, Friseur, Arzt oder Nahversorger verfügen, Elemente, die eine Belebung des neuen Stadtteils fördern. Zu den weiteren zentralen Faktoren des neuen Wohnquartierskonzeptes zählen eine hohe Außen- und Freiraumqualität, die Reduktion des Individualverkehrs bei gleichzeitigem Ausbau der E-Mobilität und des öffentlichen Verkehrsnetzes sowie Partizipationsmodelle, die den Mietern/-innen bzw. Eigentümern/-innen ein entsprechendes Maß an Mitsprache bzw. Mitbestimmung ermöglichen.

Soziale Projekte und Unterstützungs-Arrangements

Von Seiten der Diakonie de La Tour – dem sozialen Partner im Wohnprojekt – sind mehrere Fachbe-reiche in das Projekt hi Harbach involviert. Neben den Angeboten bzw. Leistungen für Menschen mit Behinderungen, soll in hi Harbach auch ein selbstbestimmtes Leben für Ältere sowie für Kinder und Jugendliche ermöglicht werden. Dienstleistungen für alle Bewohner/-innen beziehen sich vor allem

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auf das geplante Café/Restaurant sowie die Koordination der Leistungen durch eine/n Sozialraumko-ordinator/-in.

Gelebte Inklusion für Menschen mit Behinderungen

Für Menschen mit Behinderungen ist in hi Harbach ein Wohnverbundsystem für insgesamt 12 Perso-nen (8 Plätze vollbetreut, 4 Plätze teilbetreut) mit intellektuellen und/oder mehrfachen Beeinträchti-gungen geplant. Daneben sollen im neuen Quartier auch Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von tagesstrukturierenden Angeboten geschaffen werden. Dazu zählen das Angebot eines Wäschebügel-service sowohl für Bewohner/-innen als auch das umliegende Kundenpotenzial sowie die Erbringung von Bürodienstleistungen als Unterstützung der Sozialraumkoordination.

Gastronomisches Angebot für ein belebtes Quartier

Ein eigenes Café wird in hi Harbach wesentlich zur Belebung des neuen Stadtteils beitragen. Neben Kaffee und Mehlspeisen, Imbissen und Tagesmenüs sowie ausgewählten Produkten des täglichen Bedarfs werden auch Cateringleistungen inklusive der Organisation von Festen und Feiern im ange-schlossenen Gemeinschaftsraum angeboten. Im Sinne eines hohen Maßes an sozialer Integration wird das neu entstehende Café Partnerbetrieb des sozialpädagogischen Projektes „Integrationsbe-triebe Kärnten“, wodurch Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in der Diakonie de La Tour eine integrative Lehrausbildung absolvieren, die Möglichkeit geboten wird, im Café (zeit-lich begrenzt) praktische Berufserfahrung zu sammeln.

Selbstbestimmtes Leben für Menschen im Alter

Um dem Wunsch, möglichst lange ein eigenverantwortliches Leben im gewohnten Umfeld zu führen, gerecht zu werden, bietet hi Harbach auch Wohnkonzepte und spezielle Angebote für Menschen im Alter. Dazu zählen voraussichtlich das Angebot von mobiler Pflege, ein Tageszentrum (Beratung und Diagnostik) mit Fokus auf das Thema Demenz, innovative Wohnformen für Demenzkranke und de-ren Angehörige, mobile Demenzberatungsdienstleistungen sowie Vorträge und Entlastungsangebote. Diese Konzepte können durch den Einsatz moderner Technologien (Ambient Assisted Living), die für das Leben im Alter zunehmend an Bedeutung gewinnen, unterstützt werden (vgl. AAL Austria, 2015:11). Dadurch kann die Lebensqualität und Autonomie gesteigert, die Gesundheit gewahrt so-wie Sicherheit in der Bewältigung des Tagesablaufs geboten werden.

Lebensraum für Jugendliche

Das Projekt hi Harbach versteht sich als Familien-Kompetenzzentrum und arbeitet vom Fall zum Feld, indem Bedürfnisse wahrgenommen und passgenaue Unterstützungen entwickelt werden. Jun-gen Menschen aus instabilen, familiären Verhältnissen wird in hi Harbach die Möglichkeit geboten, eigenständig zu leben. Spezielle Wohnkonzepte ermöglichen es, Jugendliche – unter fachlicher bzw. professioneller Begleitung – in ein selbstständiges Leben zu führen. Darüber hinaus setzt hi Harbach auf Angebote zur Entlastung von Familien, die sich durch das Zusammenspiel optimaler Sozialraum-ressourcen und Vielfalt auszeichnen. Dazu zählen eine geplante inklusive Tagesstruktur für Kinder und Jugendliche sowie ein Zentrum für flexible, ambulante Dienste, das Eltern, Kindern und Jugend-lichen Beratung als auch aktive Unterstützung im persönlichen Lebensumfeld bietet.

Sozialraumkoordination

Um soziale Hilfestellungen und Interaktionen im Wohnquartier zu fördern und zu beleben sowie die zahlreichen Angebote in hi Harbach zu koordinieren, bedarf es einer Art „Informationsdrehscheibe“ in Form eines/r Ansprechpartners/-in vor Ort, der/die als zentrale Anlaufstelle für die Bewohner/-innen im Quartier dient und dementsprechend im Herzen der Anlage (in einem eigenen Büro) ange-siedelt sein wird. Ziel dieser Sozialraumkoordination ist es, Menschen, Ideen und Möglichkeiten zu-sammenzubringen. Die Themen reichen dabei von Wohnen, Soziales und Gesundheit über Kultur, Bildung und Sport bis hin zu Arbeit und Wirtschaft. Neben der Ermittlung von Angeboten, Ressour-cen, Themen und Bedarfen im Wohnquartier, der Unterstützung bei der Entwicklung und Durchfüh-rung von Projekten zur Verbesserung der Lebenssituation sowie der Förderung des Miteinanders durch gemeinsame Aktivitäten oder Veranstaltungen (im verfügbaren Gemeinschaftsraum), liegen

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die Aufgaben des/der Sozialraumkoordinators/-in auch in der Unterstützung und Initiierung von Ko-operations- und Vernetzungsstrukturen, der Unterstützung bei der Konfliktbearbeitung im Wohn-quartier sowie der Herstellung von Kontakten zwischen Bewohnern/-innen, Behörden und Fachdiens-ten. Darüber hinaus wirkt die Sozialraumkoordination auch bei der Vermittlung von Hilfesuchenden an die richtigen Stellen, der Zusammenführung von engagierten Menschen sowie der Aktivierung von Unterstützungspotenzialen und Förderung von bürgerschaftlichem Engagement federführend mit (vgl. Radwanovsky, 2017:2ff; Koch und Said, 2017). Dies ist insbesondere von Bedeutung, da zahl-reiche Leistungen zur Unterstützung in der Bewältigung des Alltags nicht notwendigerweise durch professionelle Dienstleister, sondern vielmehr auch durch ein funktionierendes soziales Netzwerk und Nachbarschaftsumfeld erbracht werden können (vgl. Kremshuber, 2011:22). Weitere Tätig-keitsbereiche der Sozialraumkoordination beziehen sich auf die Einbindung bei der Mieterauswahl zur Erreichung einer optimalen sozialen Durchmischung (partizipatives Besiedelungsmanagement), Informationsserviceangebote, Schnittstellenmanagement zu Hausverwaltungen sowie Medienpräsenz und Präsentation für externe Experten/-innen und Interessenten/-innen (vgl. Radwanovsky, 2017:2ff).

Die beschriebenen Aktivitäten des/der Sozialraumkoordinators/-in beziehen dabei mehrere Themen-felder mit ein. So zählen zu den zentralen Themenfeldern, in denen der/die Sozialraumkoordinator/-in agiert, die soziale Einbindung, Wohnen und Wohnumfeld, Gesundheit, Pflege und Betreuung sowie Grundversorgung im Alltag. Im Vordergrund der Sozialraumkoordination steht dabei immer die Hilfe zur Selbsthilfe, d.h. es sollen selbstorganisierende Netzwerke angeregt und realisiert werden. Erst wenn die Hilfe zur Selbsthilfe nicht greift, sollte auf organisierte Unterstützungspotenziale aus der Nachbarschaft zurückgegriffen werden. Die dritte und letzte Handlungsebene bezieht sich auf die Organisation bzw. Hilfestellung bei der Organisation von Profileistungen auf institutioneller Basis (z.B. mobile Pflegedienste, Essen auf Rädern etc.).

Entscheidend für eine funktionierende Sozialraumkoordination wird die personelle Besetzung der Stelle sein. Aus diesem Grund wurde bereits ein entsprechendes Anforderungsprofil für den/die So-zialraumkoordinator/-in erarbeitet, das sich wie folgt darstellt:

• Vorzugsweise abgeschlossenes Studium in den Themenbereichen Soziale Arbeit, Gesund-heits- und Pflegemanagement oder ähnliches

• Mehrere Jahre Erfahrung im Bereich gemeinwesenorientierter Quartiers- und Sozialarbeit • Kenntnis über den lokalen Wohnungsmarkt sowie Interesse an der lokalen Ökonomie • Unternehmerisches Denken bzw. grundlegende wirtschaftliche Kenntnisse • Ausgesprochen hohe kommunikative Kompetenz und ein vermittelndes Wesen (Mediato-

ren/innen-Ausbildung, Coaching-Ausbildung, etc.) • Ausgeprägte organisatorischen Fähigkeiten und Wissen um die Entwicklung und Ver-

marktung von Angeboten • Freude an Innovation gepaart mit praxisnaher Umsetzungsstärke

Einbettung in ein breites Netzwerk

Um eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die Umsetzung des Wohnprojektes zu schaffen, wur-de eine Projektsteuerungsgruppe installiert. Zu den zentralen Akteuren/-innen dieser Steuerungs-gruppe zählen die ausführenden Wohnbaugenossenschaften, Vertreter/-innen der politischen Seite (Land Kärnten, Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee) sowie der Landes- und Stadtverwal-tung als auch die Diakonie de La Tour als sozialer Partner. Die Steuerungsgruppe fungiert dabei ei-nerseits als Kontrollorgan; andererseits arbeitet die Gruppe inhaltlich an den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Projektes. Wesentliche Themen der Steuerungsgruppe sind ne-ben den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, der Wohnungsvergabe und der Vermark-tung bzw. Bewerbung auch planerische Bereiche wie Mobilitäts- oder soziale Konzepte (die im Rah-men des Projektes SLiKH entwickelt werden). Auch die Fachhochschule Kärnten ist über die wissen-schaftliche Begleitung und Evaluierung in die Steuerungsgruppe eingebunden.

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3. Herausforderungen und Chancen

Unsere Gesellschaft ist individueller und heterogener, bunter und vielfältiger geworden. Verbunden mit diesem gesellschaftlichen Wandel sind Entwicklungen wie die Überalterung der Bevölkerung, veränderte Wohnbedürfnisse oder der Wunsch nach Selbstbestimmung und hoher Lebensqualität, welche die Forderung nach neuen Handlungsansätzen und Konzepten in der Quartierspolitik nach sich ziehen. Die Weiterentwicklung von Wohnraum und Quartieren zählt zu den originären Aufgaben von Wohnbaugesellschaften (vgl. Büscher et al., 2009:3). Das Projekt hi Harbach bietet für die Be-teiligten die Chance, einen neu entstehenden Stadtteil in Klagenfurt völlig neu und anders zu gestal-ten als bisherige Wohnsiedlungen, um damit den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Trends gerecht zu werden.

Neben der Sensibilisierung von Entscheidungsträger/-innen für innovative, soziale Wohnraumprojek-te kann mit hi Harbach auch eine Vorreiterrolle mit Signalwirkung in Kärnten – möglicherweise auch über die Landesgrenzen hinaus – eingenommen werden. Die Projekterfahrungen können als Basis für den Planungsprozess anderer kommunaler Siedlungsgebiete dienen. Die obligatorische Entwick-lung sozialer Konzepte könnte sich bei zukünftigen größeren Bauvorhaben als Grundvoraussetzung etablieren, was zu einer Weiterentwicklung und innovativen Gestaltung des Wohnbaus in Kärnten beitragen kann. Schließlich liefert das Projekt hi Harbach auch Anstöße, alternative Finanzierungs-formen für den sozialen Wohnbau sowie alternative Betreuungs- und Pflegekonzepte zu entwickeln als auch die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen und Grundlagen für die Umsetzung innovativer Projekte zu schaffen.

4. Weitere Vorgehensweise

Das entwickelte Sozialraumkonzept wird in Form einer 24-seitigen Broschüre (Format A4) veröffent-licht (vgl. Abbildung 4). Die geplanten Inhalte spiegeln im Wesentlichen das vorliegende Sozial-raumkonzept wieder und beziehen sich auf den gesellschaftlichen Wandel und Paradigmenwechsel, die Darstellung der Eckdaten des Projektes (inklusive Kurzbeschreibung des SLiKH-Projektes) und der Rolle der Diakonie de La Tour als sozialer Partner sowie eine Beschreibung der sozialen Angebo-te (Sozialraumkoordination, Angebote für Menschen mit Behinderungen, Menschen im Alter sowie Kind, Jugend & Familie).

Abbildung 4: Veröffentlichung des Sozialraumkonzeptes als Broschüre

Quelle: FOON GmbH

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Ergänzt wird die Broschüre um Informationen zum „Unternehmen“ Diakonie de La Tour (Philosophie, Geschichte, Unternehmensdaten etc.), um ein Vorwort der Geschäftsführung der Diakonie de La Tour sowie um ein Resümee zur Nutzung von Synergien mit den vorhandenen sozialen Einrichtun-gen am Standort Harbach. Die Broschüre wird Ende Jänner 2018 fertiggestellt und zum Download auf der Homepage des Klima- und Energiefonds bereitgestellt. Die Broschüre dient darüber hinaus auch als Referenzkonzept für das Engagement der Diakonie de La Tour im Bereich der nachhaltigen Quartiersentwicklung anderer kommunaler/städtischer Siedlungsgebiete.

Das entwickelte Sozialraumkonzept wird darüber hinaus auch im Kärntner Jahrbuch für Politik 2017 (Verlag: Hermagoras/Mohorjeva) veröffentlicht. Die Publikation wurde offiziell am 11. Dezember 2017 präsentiert und steht unter http://www.jahrbuchkaernten.at/home.html zum Download bereit.

Die Inhalte des Sozialraumkonzeptes sowie eine Kurzbeschreibung des SLiKH-Projektes werden auch auf der geplanten hi Harbach Homepage (http://www.hi-harbach.at) involviert. Das Grobkonzept für die Homepage liegt bereits vor, die finale Version wird mit Jänner 2018 online gehen.

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