development of customer satisfaction questionnaires in a structured way (german)

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1 Dr. Markus Mierzwa Tel.: 06131-37.16.51 Mobil: 0172-59.81.995 Mail: [email protected] 2hm & Associates GmbH Breidenbacherstraße 8-10 55116 Mainz Tel.: 06131-37.16.60 Fax: 06131-37.16.50 www.2hm.com Kundenzufriedenheit richtig messen – Den Fragebogen strukturiert entwickeln –

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Beschreibung zur strukturierten Entwicklung eines Fragebogens zur Messung der Kundenzufriedenheit. Einzelschritte mit Beispielen. Stepwise description of structured development of questionnaire for measuring and management Customer Satisfaction

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Page 1: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 1

Dr. Markus Mierzwa

Tel.: 06131-37.16.51

Mobil: 0172-59.81.995

Mail: [email protected]

2hm & Associates GmbH

Breidenbacherstraße 8-10

55116 Mainz

Tel.: 06131-37.16.60

Fax: 06131-37.16.50

www.2hm.com

Kundenzufriedenheit richtig messen

– Den Fragebogen strukturiert entwickeln –

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 2

Inhaltsverzeichnis

1 Der Fragebogen als zentrales Instrument in der

Kundenzufriedenheitsmessung ....................................................... 3

1.1 Konzeptioneller Rahmen .......................................................................... 3

1.2 Gesamtprozess zur Entwicklung eines Fragbogens ......................................... 5

2 Die Erarbeitung der Fragebogenbasis .............................................. 6

2.1 Grundprinzipien und Gesamtprozess für die Erarbeitung eines Fragebogens ....... 8

2.2 Prozessschritte im Detail .......................................................................... 9

2.2.1 Begrüßung und Eisbrechen .................................................................................. 10

2.2.2 Kontaktpunkte (Touch-Points) .............................................................................. 10

2.2.3 Momente der Wahrheit (Moments of Truth) .......................................................... 11

2.2.4 Loyalität ................................................................................................................. 12

2.2.5 Emotionale Qualität der Kundenbeziehung .......................................................... 17

2.2.6 Image .................................................................................................................... 18

2.2.7 Buying Center ....................................................................................................... 18

2.2.8 Kano-Fragen ......................................................................................................... 20

3 Das Finalisieren des Fragebogens ................................................. 22

3.1 Erster ausformulierter Entwurf .................................................................. 22

3.2 Pilotphase ............................................................................................ 22

3.3 Übersetzungen ...................................................................................... 23

3.4 Ausblick ............................................................................................... 24

4 Zusammenfassung ...................................................................... 25

5 Quellen ...................................................................................... 25

6 Die 2hm & Associates GmbH ........................................................ 27

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 3

1 Der Fragebogen als zentrales Instrument in der Kunden-

zufriedenheitsmessung

1.1 Konzeptioneller Rahmen

„Garbage in … Garbage out“ lautet ein in der Marktforschung häufig zitiertes Axiom

aus der Informatik. Frei übersetzt bedeutet es etwa „Wo Müll hineingesteckt wird …

kommt auch Müll heraus“ und bezieht sich in der Markforschung zumeist auf den

Fragebogen, mit dem die Daten für die späteren Analysen erhoben werden. Und tat-

sächlich ist gerade der Fragebogen häufig eine Schwachstelle, weil der Entwicklung

des zentralen Instruments zu wenig Bedeutung zugemessen wird – leider. Für den

Verfasser ist dies nur schwer nachvollziehbar, gibt es doch für die Entwicklung des

Fragebogens einen gut strukturierten und einfach umsetzbaren Prozess1). Im Zentrum

der nachfolgenden Ausführungen steht deshalb genau diese strukturierte Entwicklung

eines Kundenzufriedenheitsfragebogens als zentralem Messinstrument. Mit diesem

werden die benötigten Informationen entsprechend der Zielsetzung erhoben. Wie

zuvor bereits beschrieben2), kann ein Kundenzufriedenheitsfragebogen eine Vielzahl

von einzelnen Komponenten enthalten. Diese sind nachfolgend nochmals im Über-

blick dargestellt.

Abb. 1: Fragebogenbestandteile und –optionen

1) Vgl. Mierzwa, M., Keine Zufriedenheit mit der Kundenzufriedenheit - Kundenzufriedenheit richtig messen, in:

2hm Themenspecial Kundenzufriedenheit (http://www.2hm.eu/de/aktuelles/themenspecial_kuzu.php), S. 5 ff.

2) Ebenda S. 17 f.

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 4

Die Fragen können vier Themenblöcken zugeordnet werden:

► Pflichtblöcke: Diese enthalten die Kernkomponenten des zugrundeliegenden

Modells der Kundenzufriedenheit. Sie müssen im Fragebogen enthalten sein.

► Standardergänzungen: Hierzu gehört vor allem der Wettbewerbsvergleich

(Benchmark).

► Spezifische Ergänzungen: Zum Beispiel zusätzliche Loyalitätsfragen, Demo-

graphie, Trends insbesondere auch die Aufhebung der Anonymität.

► Kano-Fragen: Warum-Fragen als Basis für die Ermittlung von Ursachen für Zu-

friedenheit oder Verärgerung und die Auswertung nach der

2hm-Kanosystematik3).

Mit dem Entwicklungsprozess, der nachfolgend beschrieben wird, hat der Verfasser in

den letzten 15 Jahren eine Vielzahl unterschiedlichster Fragebögen zur Messung der

Kundenzufriedenheit entwickelt4) und eingesetzt – sowohl für nationale als auch für

internationale Projekte. In allen Fällen wurden die definierten Befragungsziele er-

reicht, auch in den Fällen, in denen es sich um sehr komplexe und deshalb schwer

umfassend zu beschreibende Prozesse handelte (z. B. bei Logistikdienstleistern).

Durch den strukturierten Prozess wird v. a. sichergestellt, dass keiner der zentralen

Bestandteile („Pflichtblöcke“ siehe obige Grafik) eines Kundenzufriedenheitsfragebo-

gens vergessen wird. Dies hätte zu Folge, dass die Komponenten des zugrundelie-

genden Modells zur Kundenzufriedenheitsmessung5) nicht komplett erfasst werden.

Fehlen einzelne Komponenten, ist es nicht möglich, alle Ergebnisse, die sonst auf

der Basis des Modells ermittelt werden können, zu berechnen. So ist es z. B. nicht

möglich, Portfolios zu erstellen, wenn die Zielvariable für die Gewichtung fehlt.

Eine Sonderrolle nimmt das Image eines Unternehmens ein. Streng genommen han-

delt es sich beim Image um eine weitere Dimension der Loyalität – also eine weitere

Zielvariable. Das Image entwickelt sich aus eigenen und fremden Erfahrungen mit

einem Unternehmen in der Vergangenheit, wie die Loyalität auch. Trotzdem wird das

Image in vielen Kundenzufriedenheitsstudien wie ein Prädiktor (unabhängige Variab-

le auf Ebene der Kontaktpunkte) behandelt. In Gewichtungsanalysen wird dann kon-

sequenter Weise auch für das Image ein Gewicht entsprechend dem der Kontaktpunk-

te berechnet. Als Zielvariable wird das Image zumeist nur in Studien, in denen expli-

zit das Markenimage und dessen Treiber ermittelt werden sollen, als Zielvariable ver-

wendet. Oft wird für das Image ein hoher Einfluss auf die Loyalisierung der Kunden

3) Zur Vorgehensweise bei der Auswertung nach Kano wird ebenfalls ein eigner Artikel erscheinen.

4) U. a. für das Aral Kundenbarometer (national, Face to Face), die SAP Partnerbefragung (international, Tele-

fon/Online), SIG Combibloc (international, Telefon/Face to Face), Tank & Rast Kundenklima (national, Face to Face), Lekkerland (national, Telefon) u. v. a. mehr.

5) Ebenda, S. 6.

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 5

ermittelt (einer der ersten drei Plätze). Dadurch wird gewissermaßen auch die ein-

gangs formulierte Hypothese, dass das Image eher eine Zielvariable, denn ein Prädik-

tor sei, bestätigt.

Im Folgenden beschreiben wir den eingangs zitierten Entwicklungsprozess ausführ-

lich und orientieren uns dabei vor allem an den Kernkomponenten, die in einem

Kundenzufriedenheitsfragebogen enthalten sein müssen. Mögliche Ergänzungen, wie

z. B. das Image oder branchentypische Loyalitätsdimensionen fügen wir an dafür

geeigneten Stellen ein.

1.2 Gesamtprozess zur Entwicklung eines Fragbogens

Insgesamt gliedert sich der Entwicklungsprozess in vier große Schritte. Die Erarbei-

tung der Fragebogenbasis (Workshops mit Kunden und internen Experten), die Aus-

formulierung des Fragebogens auf der Basis der Ergebnisse, der Abstimmung des Bo-

gens mit dem Auftraggeber und dem Pretest im Rahmen einer Pilotbefragung. Wir

konzentrieren uns im Folgenden auf die Erarbeitung der Fragebogenbasis im Rahmen

der beiden Workshops. Zur formalen Gestaltung von Fragebögen und zur Formulierung

der Fragen gibt es in der Literatur viele gute Anleitungen; dies gilt auch für den Test

eines Fragebogens in der Pilotphase (Pretest). Deshalb werden diese beiden Themen

später nur der Vollständigkeit halber „gestreift“.

Abb. 2: Gesamtprozess für die Entwicklung eines Fragebogens

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2 Die Erarbeitung der Fragebogenbasis

Wie zuvor dargestellt, werden im Idealfall für die Erarbeitung der Basis für den Fra-

gebogen zwei Workshops durchgeführt. Der erste Workshop findet mit Experten aus

dem beauftragenden Unternehmen statt. Wobei wir unter Experten Menschen verste-

hen, die in irgendeiner Form mit Kunden in Kontakt kommen, also deren Erwartun-

gen und Bedürfnisse kennen. Am zweiten Workshop sollten „typische“ Kunden teil-

nehmen und zwar solche, die dem Unternehmen gegenüber positiv eingestellt sind.

Zu Beginn des Prozesses steht noch nicht die Messung der Kundenzufriedenheit im

Zentrum des Interesses. Es geht vielmehr darum, einen möglichst optimalen Frage-

bogen zu entwickeln. Das gelingt mit zufriedenen und dem Unternehmen verbunde-

nen Kunden erheblich besser als mit solchen, die sich gerade über das Unternehmen

geärgert haben und deswegen unzufrieden sind.

In beiden Workshops folgen wir exakt der gleichen Dramaturgie, unterschiedlich sind

nur die Teilnehmer. Als erster Workshop sollte immer der Expertenworkshop durchge-

führt werden. Dies hat den großen Vorteil, dass wir so die Möglichkeit haben, die

Prozesse des Unternehmens, für das der Fragbogen entwickelt wird und die Bran-

chengepflogenheiten kennenzulernen. Mit diesem Wissen ausgestattet, können wir

später im Kundenworkshop kompetent auftreten und uns auf den Entwicklungspro-

zess konzentrieren.

Bereits in dieser frühen Phase der Entwicklung können wertvolle Informationen für

das Unternehmen generiert werden. Da beide Workshops der gleichen Struktur fol-

gen, sind die Ergebnisse vergleichbar und können entsprechend analysiert werden. In

der Regel unterscheiden sich Ergebnisse aus dem Kunden- und dem Experten-

workshop auf Ebene der Kontaktpunkte nur wenig. Im Detail, bei der Gewichtung der

Kontaktpunkte und den Momenten der Wahrheit (operative Ebene), mitunter deut-

lich. So gewichten z. B. die Kunden alle Kontaktpunkte, in denen sie mit Menschen

interagieren (Hotline, Service, Telefonzentrale, Vertriebsmitarbeiter, etc.), höher als

die Experten. Bei diesen stehen eher Kontaktpunkte, wie z. B. Produkte, Homepage

oder auch das Beschwerdemanagement höher im Kurs.

Da die Gewichtung letztlich einen Einfluss auf die Auswahl der Kontaktpunkte hat,

die tatsächlich in die Befragung einbezogen werden, wird eine Regel dafür benötigt,

wie in Fällen zu entscheiden ist, in denen Experten und Kunden sehr unterschiedlich

gewichten. Für uns gilt in solchen Fällen der Primat der Kundenseite. Dies gilt eben-

so auf Ebene der Momente der Wahrheit und auch beim Loyalitätskonzept.

Wie in vielen anderen Bereichen auch, leiden Projekte, die zur Messung der Kunden-

zufriedenheit aufgesetzt werden, oft unter Budgetrestriktionen. Eine goldene Regel

im Kundenzufriedenheitsmanagement besagt, dass für die Messung nur ca. 20% des

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vorhandenen Budgets verwendet werden sollten, 80% aber dafür, die Ergebnisse aus-

zuwerten und sinnvoll in Maßnahmen umzusetzen. In der Realität ist es leider häufig

umgekehrt. Mit der Konsequenz, dass besonders „aufwändige“ Teile eines solchen

Projekts gestrichen werden oder zumindest das dafür vorgesehene Budget reduziert

wird.

Zu den bevorzugten Streichkandidaten gehört der Kundenworkshop, da für diesen

Kunden eingeladen und für eine gewisse Zeit (zumeist einen halben Tag) betreut

werden müssen. Nach Meinung des Verfassers wäre der umgekehrte Weg der deutlich

bessere. Letztlich sind es die Kunden, deren Erwartungen ermittelt werden sollen.

Und nur sie selbst können ihre Erwartungen auch richtig gewichten – sprich Wichti-

ges von Unwichtig(er)em unterscheiden. Clevere Unternehmen nutzen diesen Work-

shop im Gegensatz dazu, ihre wichtigsten Kunden einzuladen und im besten Sinne

„Kundenpflege“ zu betreiben. Für die Entwicklung eines guten Fragebogens ist die

Kundensicht immer authentischer als die Expertensicht. Allerdings sind die Experten

vor Ort und zumeist auch davon überzeugt, dass sie die Erwartungen der Kunden sehr

gut kennen und deshalb die Kosten für diesen Teil der Fragebogenentwicklung einge-

spart werden können.

Grundlegend für alle Kundenzufriedenheitsprojekte bei 2hm ist das Confirmation/

Disconfirmation6) Modell, das wir bereits im ersten Artikel ausführlich beschrieben

haben. Nach diesem Modell, ergänzt um die Zielvariable Loyalität, müssen mindes-

tens die nachfolgenden Komponenten in einem Fragebogen zur Messung der Kunden-

zufriedenheit enthalten sein.

Abb. 3: Notwendige Komponenten eines Kundenzufriedenheitsfragebogens (exemplarisch)

6) Vgl. Mierzwa, M., Keine Zufriedenheit mit der Kundenzufriedenheit - Kundenzufriedenheit richtig messen, in:

2hm Themenspecial Kundenzufriedenheit (http://www.2hm.eu/de/aktuelles/themenspecial_kuzu.php), S. 6ff oder Vgl. Mierzwa, M., Kundenzufriedenheit verstehen und effektiv steigern, in Direkt Marketing 7/2002, S. 10 – 14.

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Folgerichtig muss mit einem strukturierten Entwicklungsprozess sichergestellt wer-

den, dass alle diese Komponenten mit den Kunden und den Experten zusammen ent-

wickelt werden.

2.1 Grundprinzipien und Gesamtprozess für die Erarbeitung ei-

nes Fragebogens

Die Vorgehensweise bei der Entwicklung eines Kundenzufriedenheitsfragebogens

folgt einem einfachen Grundprinzip. Dieses ist in der nachfolgenden Grafik darge-

stellt.

Abb. 4: Grundprinzipien bei der Entwicklung eines Fragebogens

Nach diesem Prinzip werden in jedem Prozessschritt zunächst möglichst viele Optio-

nen, wie z. B. Kontaktpunkte oder Momente der Wahrheit, erarbeitet. Ideal wäre es

natürlich, alle möglichen Optionen zu erarbeiten und aus diesen die wichtigsten aus-

zuwählen. Allerdings ist dies in der Praxis kaum realisierbar. Die so erarbeiteten Lis-

ten enthalten in der Regel zwischen 10 und 20 Optionen. Da ein Fragebogen, in dem

z. B. zu 15 Kontaktpunkten befragt wird, viel zu lang wäre, werden im nächsten

Schritt die Optionen ausgewählt, die aus Kundensicht am wichtigsten sind.

Der Auswahlprozess erfolgt mittels einer Gewichtung durch die Teilnehmer am Work-

shop. Welche Gewichtungsmethode dafür angewendet wird, ist nicht von Bedeutung.

Eine einfache Gewichtung mittels farbiger Klebepunkte hat sich aber als gut prakti-

kabel erwiesen (jeder Teilnehmer erhält halb so viele Punkte, wie Kontaktpunkte er-

arbeitet wurden. Wie die Punkte auf die Optionen verteilt werden, ist den Teilneh-

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 9

mern freigestellt). Es sollten bei den Kontaktpunkten nicht mehr als 6 – 8 und auf

Ebene der Momente der Wahrheit nicht mehr als ca. 5 - 7 Optionen übrig bleiben.

Für die Erarbeitung der Loyalitätsdimensionen ist der Prozess etwas komplexer, da es

im Gegensatz zur Zufriedenheit unterschiedliche Kategorien gibt.

Abb. 5: Erarbeitung der Loyalitätsdimensionen

Unbedingt einzubeziehen sind die Standarddimensionen Weiterempfehlung7), Wieder-

kauf und evtl. Dauer der Kundenbeziehung. Daneben gibt es Dimensionen, die bran-

chen- oder unternehmenstypisch sind, wie z. B. die Treue zu einer bestimmten Tank-

stelle. Eine weitere spezifische Dimension ist der Share of Wallet, mit dem z. B. der

(Markt)Anteil eines Lieferanten an der gesamten Bestellmenge eines Unternehmens

gemessen wird8).

2.2 Prozessschritte im Detail

Nach dem Überblick über den Gesamtprozess, beschreiben wir in den folgenden Kapi-

teln ausführlich, aus welchen Arbeitsschritte der Workshop besteht. Wir raten zu-

nächst, den Workshop von mindestens zwei Moderatoren leiten zu lassen. Auch wenn

dadurch der Aufwand steigt, raten wir zu dieser Vorgehensweise. So kann im Verlauf

des Workshops für etwas Abwechslung gesorgt werden, was vor allem bei der Erarbei-

tung der Momente der Wahrheit wichtig ist. Hier müssen mehrfach die gleichen Ar-

beitsschritte durchlaufen werden. Zudem ist es für den Moderator gerade bei Arbeits-

7) Aus dieser Frage wird auch der Net-Promoter-Score berechnet.

8) Eine Analyse des Share of Wallet erlaubt Rückschlüsse auf zusätzliches Potenzial bei einem Kunden. Dies ist besonders hoch, wenn der Share of Wallet für das eigene Unternehmen niedrig ist und viele weitere Lieferan-ten vorhanden sind.

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schritten, bei denen mit Metaplankarten gearbeitet wird, einfacher, wenn er von ei-

ner zweiten Person unterstützt wird. Dann kann er sich auf seine Aufgabe - die Erar-

beitung eines individualisierten Fragebogens - konzentrieren. Bei komplexen Prozes-

sen zur Leistungserstellung (mit vielen potenziellen Kontaktpunkten) kann sich ein

Workshop durchaus über einen ganzen Tag erstrecken und wäre damit für einen ein-

zelnen Moderator kaum noch konzentriert zu leiten.

2.2.1 Begrüßung und Eisbrechen

Wie viele andere Workshops auch, beginnt der Fragebogenworkshop mit einer Begrü-

ßung und einer Vorstellungsrunde. Letztere wird dazu genutzt, gleich zu Beginn ei-

nen Eindruck von der Stimmung und zum Umfeld, in dem die Befragung durchgeführt

wird, zu erhalten. Deshalb bittet der Moderator die Teilnehmer, zusammen mit der

Vorstellung ein positives und ein negatives Erlebnis mit dem Unternehmen zu schil-

dern. Die konkrete „Anweisung“ lautet: „Bitte stellen Sie sich kurz vor und nennen Sie

uns ein positives und ein negatives Erlebnis, das Sie als Kunde in der letzten Zeit mit

dem Unternehmen hatten“. Diese Formulierung gilt für den Workshop, an dem Kunden

des Unternehmens teilnehmen.

Im Expertenworkshop muss die Frage etwas anders gestellt werden, da die Experten

ja nicht selbst die Erlebnisse hatten. Hier fordert der Moderator die Teilnehmer wie

folgt auf, sich vorzustellen: „Bitte stellen Sie sich kurz vor und nennen Sie uns ein

negatives Erlebnis, welches unserer Kunden derzeit zu oft und ein positives Erlebnis, das

unserer Kunden derzeit zu selten haben“.

Die Antworten werden vom Moderator am Flipchart mitnotiert. Unserer Erfahrung

nach gelingt es mit dieser Vorgehensweise bereits in einer sehr frühen Phase der

Fragebogenentwicklung einen guten Eindruck über die Stimmung auf Seiten der Kun-

den aber auch innerhalb des Unternehmens zu gewinnen.

2.2.2 Kontaktpunkte (Touch-Points)

Kern bei der Messung der Kundenzufriedenheit sind die Kundenkontaktpunkte. Hier-

bei handelt es sich um die Stellen, an denen Kunden und Unternehmen interagieren.

Dort entscheidet sich bei jedem Kontakt von neuem, ob es einem Unternehmen ge-

lingt, seine Kunden zufrieden zu stellen.

Ein ausgefeilter Prozess zur Fragebogenentwicklung muss so gestaltet sein, dass kein

wichtiger Kontaktpunkt vergessen werden kann. Wir verwenden zur Ermittlung der

Kontaktpunkte in der Regel das Brainstorming. In selteneren Fällen auch die Karten-

methode. Das Brainstorming hat den Vorteil, dass sich aus der Antwort eines Teil-

nehmers durch Assoziation weitere Antworten entwickeln können und so der Unter-

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suchungsbereich „weiträumig“ aufgespannt wird. Damit wird die Wahrscheinlichkeit,

einen wichtigen Kontaktpunkt zu vergessen, minimiert. Bei der Kartenmethode sehen

die Teilnehmer die Antworten der anderen ja erst in dem Augenblick, in dem die Kar-

ten an die Metaplanwand geheftet werden.

Auch für die Ermittlung der Kundenkontaktpunkte gibt es eine „Standardfrage“. Der

Moderator fragt die Teilnehmer: „Welche Kundenkontaktpunkte existieren zwischen

dem Unternehmen X und seinen Kunden?“, oder „An welchen Stellen haben die Kunden

persönlichen Kontakt zum Unternehmen X?“ Als Beispiele für Kontaktpunkte eignen

sich z. B. die Service Abteilung, die Hotline, das/die Produkt(e), Broschüren, Techni-

scher Außendienst u. a. mehr.

Abb. 6: Beispiele für Kundenkontaktpunkte

Zumeist werden bei dieser Vorgehensweise deutlich mehr Kontaktpunkte identifiziert,

als im Fragebogen tatsächlich berücksichtigt werden können. Deshalb erfolgt hier ein

„Reduktionsschritt“ mittels Gewichtung. Mehr als 6 – 8 Kundenkontaktpunkte sollten

es am Ende nicht sein, weil sonst der Fragebogen auf jeden Fall zu lang wird.

2.2.3 Momente der Wahrheit (Moments of Truth)

Für die Optimierung der Kundenbeziehung reicht es jedoch nicht aus, zu wissen, dass

die Kunden z. B. mit der Hotline unzufrieden sind. Wenn im Fragebogen keine weite-

ren Informationen zu einem Kontaktpunkt erhoben werden9) kann aus der Gesamtbe-

wertung nicht auf die Ursachen für die (Un)Zufriedenheit rückgeschlossen werden.

Hierfür müssen die Erwartungen, die Kunden in einem Kontaktpunkt an das Unter-

nehmen haben, detailliert ermittelt werden. Nur wenn die wichtigsten Erwartungen

erfüllt, besser „übererfüllt“ werden, wird der Kontaktpunkt eine positive Wirkung in

Richtung Loyalität entwickeln. Genau an diesen Stellen entscheidet sich bei jedem

9) Welche Möglichkeiten es hierfür außer den Momenten der Wahrheit gibt, beschreiben wir im Kapitel KANO-

Analyse.

Die wichtigsten Kategorien von Kundenkontaktpunkten sind:

PersonenProdukte und

DienstleistungenInformationen

Außendienst

Anforderung: z. B. Betreuung

Produkt

Anforderung: z. B. Zuverlässigkeit

Technische Dokumentation

Anforderung: z. B. Verständlichkeit

Service Techniker

Anforderung: z. B. Fachkompetenz

Call Center

Anforderung: z. B. Erreichbarkeit

Werbung

Anforderung: z. B. Gestaltung

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 12

Kontakt von neuem, ob ein Kunde (un)zufrieden ist. Deshalb werden diese Stellen

auch „Momente der Wahrheit“ genannt. Beispiele für Momente der Wahrheit bei einer

Hotline sind Kompetenz, Freundlichkeit, Zuverlässigkeit (Rückruf!), u. a. mehr.

Für die Ermittlung der Erwartungen, die ein Kunde in einem Kontaktpunkt hat, eignet

sich am besten die Kartenmethode. Auch wenn heute weitgehend bekannt ist, wie

mit Metaplankarten gearbeitet wird, hat es sich bewährt, zu Beginn des Workshops

nochmals kurz in die Methode einzuführen. Wenn sich anschließend alle Teilnehmer

an die „Regeln“ halten und in den 10 Minuten auf die Karten jeweils nur einen Ge-

danken groß und deutlich aufschreiben und diese nur auf einer Seite beschriften,

erleichtert dies die nachfolgende Strukturierung der Ergebnisse (Gruppierung an der

Metaplanwand) erheblich, weil alle Karten gleich aufgebaut sind.

Die Anforderungen/Erwartungen, die Kunden in einem Kontaktpunkt haben, werden

mit folgender Frage ermittelt: „Welche spezifischen Erwartungen haben Kunden im

Kontaktpunkt X an das Unternehmen?”.

Je nach Teilnehmeranzahl werden in 10 Minuten ca. 20 – 30 Karten geschrieben.

Diese sammelt der Moderator ein und mischt sie gründlich. Anschließend klebt er die

Karten auf eine vorbereitete Metaplantafel – und zwar mit Kreppklebeband, damit sie

bei Bedarf umsortiert werden können. Die Karten werden mit Hilfe der Gruppe nach

Themenbereichen innerhalb des Kontaktpunktes geordnet. Ist nicht ganz klar, wel-

chem Themenbereich eine Karte zuzuordnen ist, entscheidet immer der „Schreiber“

über die „richtige“ Zuordnung. Der Moderator sollte diesen Prozess so wenig wie

möglich „beeinflussen“.

Erfahrungsgemäß werden zwischen 8 und 10 Themenbereiche definiert. Jeder steht

für eine Anforderung/Erwartung, die die Kunden in diesem Kontaktpunkt haben und

damit auch für eine Frage im Fragebogen, denn diese wird später aus den „Über-

schriften“ entwickelt. In einem weiteren Schritt werden gemeinsam mit den Teil-

nehmern Überschriften für die einzelnen Themenbereiche (Kartencluster) gesucht.

2.2.4 Loyalität

Auch wenn immer wieder Studien mit der Zielgröße „Gesamtzufriedenheit“ durchge-

führt werden, ist diese Vorgehensweise im Sinne des Unternehmens nicht zielfüh-

rend. Denn ein Unternehmen darf letztlich nicht nur danach streben, seine Kunden

„glücklich“ zu machen. Glückliche Kunden, die sich beim nächsten Kauf trotzdem für

einen anderen Anbieter entscheiden, tragen nichts zur Zukunftssicherung des Unter-

nehmens bei. Aus diesem Grund darf in einer Kundenzufriedenheitsmessung nicht die

Gesamtzufriedenheit als Zielgröße verwendet werden. Zielführend im Sinne einer

langfristigen Sicherung des Unternehmens im Markt ist nur die Zielvariable „Loyali-

tät“. Denn nur mit Kunden, die immer wieder bei einem Unternehmen kaufen und es

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 13

im Idealfall (wenn sie begeistert sind!) weiterempfehlen, kann ein Unternehmen

langfristig im Markt überleben.

Anders als bei den Kundenkontaktpunkten und den Momenten der Wahrheit existie-

ren für die Loyalität eine Reihe von erprobten (Standard)Fragen. An erster Stelle zu

nennen ist die Frage nach der Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit, die auch als

Basis für die Berechnung des Net-Promoter-Scores dient.

Exkurs: Net Promoter Score

Seit Reichheld den (vor allem für Manager) sehr eingängigen Satz „The Number one

you need to grow“ 10)

als Titel für seine Publikation wählte, hat diese Frage eine Re-

naissance erlebt.

Abb. 7: Struktur des Net-Promoter-Score

Es handelt sich gleichwohl um eine der ältesten Loyalitätsvariablen, die auch vor

dem NPS-Hype in praktisch in keiner Kundenzufriedenheitsmessung fehlte. Wenn

auch zumeist nicht mit der von Reichheld verwendeten Skala. Beim NPS werden die

Kunden, die mit 9 oder 10 antworten als Promotoren bezeichnet. Bei dieser Gruppe

herrscht „echte (emotionale)“ Begeisterung über die Leistungen des Unternehmens

vor. Kunden die mit 7 oder 8 antworten verhalten sich nach Reichheld „indifferent“

und werden in die Berechnung des NPS nicht einbezogen. Als Detraktoren werden

alle Kunden bezeichnet, die eine Bewertung von 6 und weniger vergeben. Der Net-

10)

Dies allerdings nur in Verbindung mit einer 11er Skala (Skalenwerte 0 = Sehr unwahrscheinlich bis 10 = Sehr

wahrscheinlich). Vgl. Reichheld, Frederick F., The number one you need to grow, in: Harvard Business Review, 12/2003, S. 47 – 54.

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 14

Promoter-Score wird dann als Saldo zwischen den Promotoren und Detraktoren be-

rechnet. Der Wertebereich des NPS liegt zwischen -100 und +100.

Reichheld hat eine hohe Korrelation des NPS mit dem Unternehmenserfolg für viele

Branchen nachgewiesen. Zudem soll sich der NPS auch als Benchmark für unter-

schiedliche Länder eignen. Bei beiden Aussagen sind jedoch Zweifel angebracht. Zum

einen gibt es Branchen, in denen der Zusammenhang nicht nachweisbar ist. Zum

zweiten gibt es empirische Untersuchungen zum Antwortverhalten auf die Weiter-

empfehlungsfrage in unterschiedlichen Ländern, in denen nachgewiesen wird, dass

das Antwortverhalten sich so stark unterscheidet, dass ein darauf berechneter Index

nicht vergleichbar sein kann11)

.

Insgesamt wurde durch die Einführung des NPS eine teilweise sehr polemische (ins-

besondere von Reichheld selbst) Diskussion ausgelöst, die auch heute noch anhält.

Der Charme des Konzepts (dem leider immer noch viele erliegen) besteht in der

scheinbaren Einfachheit und der damit fast schon reflexartig verknüpften Annahme,

dass bei Anwendung des Konzepts die Kosten für das Management der Kundenzufrie-

denheit deutlich reduziert werden können. Zumindest in letzter Zeit mehren sich

Berichte aus großen (Pionier-)Unternehmen, die vor einigen Jahren den NPS einge-

führt haben, in denen mindestens von großen Schwierigkeiten bei der Umsetzung

berichtet wird. Einige Unternehmen stehen kurz vor der Entscheidung, den NPS abzu-

schaffen und die alte und bewährte Form der Kundenzufriedenheitsmessung wieder

einzuführen12)

.

Ebenfalls eine wichtige und seit langem benutzte Operationalisierung ist die Frage

nach der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Kaufs beim gleichen Unternehmen. Ein

weiterer brauchbarer Indikator für die Loyalität eines Kunden ist die Dauer seiner

Geschäftsbeziehung zu einem Unternehmen. Allerdings ist diese Messgröße wesent-

lich stärker von der jeweiligen Branche abhängig als die beiden zuvor beschriebenen.

So ist es offensichtlich, dass die Dauer (die hier als ein Indikator für die Qualität der

Kundenbeziehung herangezogen wird) in einer Branche mit kurzen Lebenszyklen an-

ders bewertet werden muss, als in einer solchen mit langen.

Die Operationalisierungen für diese Standardloyalitätsfragen müssen im Fragebogen-

workshop nicht erarbeitet werden. Hier kann auf die nachfolgenden Standardformu-

lierungen zurückgegriffen werden.

- Weiterempfehlung (B2C, B2B)

11)

Vgl. Schmolke, H. J. (2007): Mentalities and rating scales. Using NPS in a multicultural environment. Präsen-

tation von H. J. Schmolke (Metrinomics GmbH) auf der NPS Anwenderkonferenz am 24.05.2007 in Bonn. 12)

Eine umfassende Kritik zum NPS findet sich in: Bauer, F., Bössow, O., Studzinski, J., Über Sinn und Unsinn

des Net Promoter Scores (NPS)" in Planung & Analyse, August 2007

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 15

Formulierung für einen B2C-Fragebogen: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Un-

ternehmen einer/einem guten Freundin/Freund weiterempfehlen?“ Bei einer B2B-

Befragung lautet die Formulierung: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Unterneh-

men einer/einem guten Geschäftsfreundin/-freund weiterempfehlen?“. Wobei das Wört-

chen „gut“ wichtig ist, weil so eine emotionale Komponente integriert wird, die für

die Loyalisierung der Kunden eine hohe Bedeutung hat. Das Fehlen dieser Kompo-

nente ist z. B. ein kleiner Indikator für eine nicht ausgereifte Fragebogenkonzeption.

- Wiederkauf

Die Frage nach der Wiederkaufwahrscheinlichkeit wird flexibler gehandhabt. Hier

kann die einfache Frage: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie wieder bei diesem Unter-

nehmen kaufen?“ durch eine Formulierung wie die folgende ersetzt oder ergänzt wer-

den. „Beabsichtigen Sie im nächsten Jahr mehr, gleich viel oder weniger bei diesem

Unternehmen zu kaufen?“. Durch eine weitere, vorher zu stellende Frage, kann neben

der unternehmensbezogenen Wiederkaufwahrscheinlichkeit auch noch die Entwick-

lung des „gesamte“ Bestell- oder Kaufvolumens abgefragt werden. Die Frage hierzu

lautet: „Beabsichtigen Sie im nächsten Jahr insgesamt mehr, gleich viel oder weniger

zu bestellen/einzukaufen?“. Aus der Kombination der beiden Fragen können später

interessante Aussagen über die (Wachstums-)Chancen und Risiken für ein Unterneh-

men abgeleitet werden – auch hierzu mehr in einem späteren Artikel. Zumindest die

Weiterempfehlungs- und die Wiederkauffrage sollten als Standard in jeden Fragebo-

gen zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit eingefügt werden.

Neben den Standardfragen kann es darüber hinaus weitere interessante Loyalitätsdi-

mensionen geben, die dann für ein Unternehmen oder auch für eine Branche typisch

sind. Diese sollten im Fragebogenworkshop erarbeitet werden. Da Loyalität, als Reak-

tion der Kunden auf hohe Zufriedenheit definiert, sich häufig in einem bestimmtem

Verhalten ausdrückt, lautet die zentrale Frage: „Wie verhalten sich, was denken, füh-

len Kunden, die zu einem Unternehmen loyal sind?“. Drei Beispiele wurden zuvor be-

reits beschrieben. Loyale Kunden

- empfehlen weiter - kaufen wieder - bleiben dem Unternehmen längere Zeit treu.

Weitere ähnliche Indikatoren (die lose mit dem Share of Wallet13)

. zusammenhängen)

wären z. B.

13)

Als Share of Wallet wird der Anteil z. B. am gesamten Einkaufsvolumen (oder anderer Bezugsgrößen) bezeich-

net, den ein Unternehmen mit einem bestimmten Lieferanten/Dienstleister tätigt. Ein Share of Wallet von 30% bedeutet demnach aber auch, dass es weitere Lieferanten/Dienstleister geben muss. Damit besteht für den Lieferanten/Dienstleister, der aktuell einen Anteil von 30% hat, ein Potenzial von 70% für die Auswei-tung. Dieses wird er zumeist nicht komplett gewinnen können (zumindest nicht bei einer Muliple-Sourcing-Strategie auf Käuferseite), es bestehen aber auf jeden Fall Chancen.

Page 16: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

16

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 16

- kaufen mehr - kaufen weitere Produkte/nehmen weitere Dienstleistungen in Anspruch - kaufen nur noch bei diesem Unternehmen.

Eher emotionale Dimensionen (weitere folgen im nachfolgenden Kapitel) wären:

- verzeihen auch mal einen Fehler - treten als Anwalt des Unternehmens auf (verteidigen es z. B. gegen

„Vorwürfe“!).

Neben den bisher aufgeführten, eher in die Zukunft gerichteten, manchmal auch als

„weich“ bezeichneten Indikatoren14)

, gibt es eine weitere Kategorie von Loyalitätsin-

dikatoren. Diese sind eher vergangenheitsbezogenen und werden auch als „hart“

bezeichnet15)

. Beispiele für harte Loyalitätsindikatoren sind16)

:

Die Nutzungshäufigkeit eines Angebots innerhalb eines bestimmten Zeitraums

(z. B. „Wie oft haben Sie von Ihren letzten 5 Tankvorgängen hier an dieser

Tankstelle getankt“ 17)

)

Der Anteil eines Anbieters am gesamten Auftragsvolumen (Share of Wallet)

Die Anzahl der Wettbewerber, die bei Anfragen einbezogen werden

Die Anzahl konkreter Empfehlungen im letzten Jahr.

Abb. 8: Beispiele für harte und weiche Loyalitätsdimensionen

Eine weitere, unserer Erfahrung nach sehr gute Loyalitätsvariable, die leider aufgrund

der Komplexität relativ selten angewendet wird, ist die „Gute Gründe“-Frage. Bei

14)

Diese Indikatoren werden als „weich“ bezeichnet, weil es sich nicht um die Messung eines konkreten (z. B.

zählbaren) Verhaltens handelt, sondern nur um Wahrscheinlichkeiten. 15)

Als „hart“ werden solche Kriterien bezeichnet, die konkret gemessen/erfragt werden können. 16)

Vgl. zu den Loyalitätsindikatoren ausführlich, Mierzwa, M., Schuchard-Ficher, C. Puppendahl, D., Loyalität ist

nicht gleich Loyalität, in: Planung & Analyse, 4/2002, S. 20 – 25. 17)

Eine der zentralen Loyalitätsdimensionen aus dem Aral-Kundenbarometer, vgl.: http://www.planung-

analyse.de/termine/puakongress/pdf/03MMT_Programm.pdf (1997 - 2003).

Page 17: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

17

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 17

dieser Frage werden die Kunden gebeten, dasjenige von drei möglichen Szenarien

auszuwählen, das am besten ihre Situation und das daraus (vermutlich) resultierende

Verhalten beschreibt. Die drei Optionen sind:

- „Es gibt viele gute Gründe, bei diesem Unternehmen zu bleiben, und wenige gu-te Gründe, woanders einzukaufen/zu bestellen“.

- „Es gibt gute Gründe, bei diesem Unternehmen zu bleiben, aber auch gute Gründe, woanders einzukaufen/zu bestellen“.

- „Es gibt wenige gute Gründe, bei diesem Unternehmen zu bleiben, aber viele gu-te Gründe, woanders einzukaufen/zu bestellen“.

Durch den Einsatz der relativ komplexen Szenarien sind die Kunden bei der Befra-

gung gezwungen, genau hinzuhören und sich dann für eine Variante zu entscheiden.

Vermutlich aufgrund dieser hohen Aufmerksamkeit ist das Urteil in der Regel zu den

Antworten im restlichen Fragebogen sehr konsistent und die Korrelation (der Ein-

fluss) mit an anderer Stelle geäußerter (Un-)Zufriedenheit hoch.

2.2.5 Emotionale Qualität der Kundenbeziehung

Gerade in den Fällen, in denen in einer Branche nur relativ wenige Anbieter um die

Gunst der Kunden werben, gibt es eine weitere, wichtige Dimension, die es zu beach-

tet gilt: Die (emotionale) Qualität der Kundenbeziehung selbst.

Auch hierfür gibt es bereits formulierte Fragen, die folglich ebenfalls nicht im Work-

shop erarbeitet werden müssen. Die Einstufung der (emotionalen) Qualität der Ge-

schäftsbeziehung erfolgt bezogen auf den Status Quo und die Zukunft.

Mögliche Fragen zum Status quo wären:

„Welche Bedeutung messen Sie Unternehmen X als Lieferant für Ihr Unterneh-men bei?“ (Sehr hoch – Sehr gering).

„Ich vertraue Unternehmen X als Geschäftspartner“, „Ich kann mich auf Unter-nehmen X als Partner jederzeit verlassen“ (Trifft zu … Trifft nicht zu).

Und zur Einschätzung der Zukunft:

“Wie würden Sie die zukünftige Entwicklung der Geschäftsbeziehung zu Unter-nehmen X einschätzen?“ (Wird sich auf jeden Fall verstärken, gleichbleiben, wird sich auf jeden Fall verringern).

„Wie würden Sie Ihre zukünftigen Anforderungen an die Produkte und Services von Unternehmen X einschätzen?“ (Werden auf jeden Fall zunehmen … Werden auf jeden Fall abnehmen).

Page 18: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

18

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 18

2.2.6 Image

Wie bereits weiter oben beschrieben, kommt dem Image in Zufriedenheitsstudien

eine hohe Bedeutung zu – sei es als „Kontaktpunkt“ oder als Zielvariable. Deshalb

müssen auch die Imagedimensionen, die in eine Befragung einbezogen werden sol-

len, im Rahmen einer strukturierten Fragebogenentwicklung erarbeitet werden. Einen

ersten Eindruck dazu, welche Imagedimensionen mit einem Unternehmen verknüpft

werden, liefern die Antworten auf die Frage: „An was denken Sie zuerst, wenn Sie den

Namen Ihres Unternehmens hören?“ und “An was denken Ihre Kunden zuerst, wenn Sie

den Namen Ihres Unternehmens hören?“. Mit diesen beiden Fragen können zumindest

einige wichtige Dimensionen ermittelt werden.

Eine weitere Quelle für Imagedimensionen ist z. B. die Unternehmensstrategie, in der

häufig eine „Zielpositionierung“ hinsichtlich der wichtigsten Dimensionen des

Images formuliert ist. Im Rahmen der Befragung wird dann überprüft, inwieweit die

Zielpositionierung bereits in den Köpfen der Kunden verankert ist. Werden die Ima-

gedimensionen auch zum wichtigsten Wettbewerber abgefragt, können später auch

aus dem Vergleich der Ergebnisse Schlüsse gezogen und Maßnahmen zur Imagever-

besserung beim eigenen Unternehmen abgeleitet werden. Bei dieser Befragungsvari-

ante werden die zu bewertenden Imagedimensionen vorgegeben.

Es besteht aber auch die Möglichkeit – falls es nicht möglich ist, Informationen über

die zentralen Imagedimensionen zu erarbeiten – diese im Rahmen der Befragung

explorativ zu ermitteln. Bei dieser Vorgehensweise wird den Kunden im Fragebogen

die eingangs bereits formulierte Frage „An was denken Sie zuerst, wenn Sie den Na-

men unseres Unternehmens hören?“ gestellt und um eine offene Antwort gebeten.

Über eine qualitative Auswertung (Codierung und Auszählung), können dann die ak-

tuell in der Wahrnehmung der Kunden mit dem Unternehmen verknüpften Imagedi-

mensionen ermittelt werden.

2.2.7 Buying Center

Insbesondere im B2B Bereich gibt es in den Kundenunternehmen häufig mehrere

Personen, die in direktem Kontakt zum eigenen Unternehmen stehen, sogenannte

Buying Center18)

. In diesen Fällen wäre es wünschenswert, nicht nur eine Person zu

befragen, da z. B. Einkaufentscheidungen im „Gremium“ getroffen werden. Da zu-

nächst nicht bekannt ist, welche Personen zum Buying Center gehören, muss im Fra-

gebogenworkshop auch diese Frage erörtert werden. Sie lautet „Nennen Sie bitte alle

Personen, die Ihrer Meinung nach zum Buying Center der Kunden gehören“. Ziel ist es

18) Frederick E. Webster und Yoram Wind: Organizational Buying Behaviour. Englewood Cliffs, NJ, 1972

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19

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 19

dabei nicht, alle möglichen Personen zu ermitteln, sondern die drei, maximal vier

wichtigsten.

Besonders wertvoll wird eine Buying Center Befragung, wenn es gelingt, zusätzlich

Informationen über den Einfluss der einzelnen Personen auf die Entscheidungen zu

erheben und in die Analyse einzubeziehen. Dabei kann die Information durchaus

erfragt werden, etwa im Rahmen einer Selbsteinschätzung, beispielsweise mit fol-

gender Frage „Wie hoch schätzen Sie Ihren Einfluss auf Einkaufsentscheidungen

ein?“. Die Skala kann von „sehr hoch bis „sehr gering“ oder auch bis „kein Einfluss“

abgestuft sein. Zu fein sollten die Abstufungen nicht gewählt werden, weil dadurch

eine Genauigkeit suggeriert wird, die bei einer Selbsteinstufung nicht zu erreichen

ist19)

. Für die Beurteilung des Einflusses einer eines Befragten auf die Entscheidung

reicht die Selbsteinstufung aber jederzeit aus.

Schlüsselfaktoren für diese Art der Untersuchung sind die Informationen in der

Adressdatenbank. Sind dort zu den Personen keine Kontaktdaten gespeichtert, ist

eine Befragung nicht (oder nur mit sehr hohem Aufwand) zu realisieren. In der Pra-

xis hat es sich als praktisch undurchführbar erwiesen, die zugehörigen Personen erst

im Rahmen der Befragung zu ermitteln.

Werden die Ergebnisse in ein Beziehungsportfolio eingetragen, könnte sich folgendes

Bild ergeben (Beispiel).

19

Der Verfasser hat z. B. mit einer dreistufigen Skala „Hoch“, „Mittel“, „Gering“ gute Erfahrungen gemacht.

Ebenfalls gut geeignet, eine vierstufige Skala, bei der noch „kein Einfluss“ hinzugefügt wird.

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 20

Abb. 9: Buying Center Portfolio

Im Beispiel wäre einer der beiden „Kaufentscheider“ (Management) ein Risikokunde,

also abwanderungsgefährdet und der zweite (Einkäufer) ein Kunde, der zwar zufrie-

den aber nicht loyal ist. Die Größe der Symbole gibt den Einfluss auf die Kaufent-

scheidung wieder und ist aus einer Selbsteinstufung abgeleitet. Aufgrund der hohen

Bedeutung des Managements in diesem Kaufentscheidungsprozess, wäre es höchst

fraglich, ob es dem operativen Mitarbeiter, der hier als einziger zufrieden und loyal

ist, gelingen kann die „Kundenbeziehung“ langfristig zu stabilisieren.

2.2.8 Kano-Fragen

Eine zentrale Fragestellung bei der Messung der Kundenzufriedenheit ist, auf welchen

Ursachen die gemessene (Un)Zufriedenheit oder (Il)Loyalität beruht. Ein probates

Mittel hierfür ist die Ergänzung und Auswertung sogenannter „Warum-“ oder „Kano-

Fragen“20)

. Kano-Fragen deshalb, weil es durch eine geschickte Auswertung möglich

ist, herauszufinden, zu welcher Kano-Kategorie (Basis-, Leistungs-, Begeisterungs-

faktor) einzelne Kriterien (Fragen) im Fragebogen gehören21)

.

20)

Kano, N., Attractive Quality and Must-be Quality in: Hinshitsu Journal of the Japanese, Society for Quality

Control, H. 4, S. 39–48. 21)

Hierzu in einem späteren Artikel mehr.

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21

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 21

Kano-Fragen werden bei allen „übergeordneten“ Zufriedenheitsfragen und bei den

wichtigen Loyalitätsfragen (Weiterempfehlung, Wiederkauf) ergänzt. Je nach Ant-

wortniveau wird nach den Gründen für Zufriedenheit/Begeisterung (Bewertungen

9,10 bei einer 11er-Skala) oder nach Ursachen für Unzufriedenheit/Verärgerung (Be-

wertungen <5 bei einer 11er-Skala) gefragt. Entsprechendes gilt auch für die Loyali-

tätsfragen.

Diese zusätzliche „Qualifikation“ einzelner Items ist insofern von Bedeutung, als die

Kano-Faktoren in ganz unterschiedlicher Weise die Kundenzufriedenheit beeinflus-

sen. So kann z. B. mit Leistungen, die als Basisfaktoren identifiziert wurden, die

Kundenzufriedenheit nicht gesteigert werden, sie führen gleichwohl bei Nichterfül-

lung zu einer Absenkung der Kundenzufriedenheit22)

. Eine Investition zur Steigerung

der Zufriedenheit bei diesen Kriterien wäre deshalb unsinnig. Hier lohnt es sich nur,

das erreichte Niveau durch die Einführung von Standards abzusichern.

Können viele der genannten Gründe für (Un-)Zufriedenheit im Rahmen der Kodierung

keiner Frage ( = Moment der Wahrheit) zugeordnet werden, ist dies zudem ein deutli-

cher Hinweis darauf, dass wichtige Momente der Wahrheit fehlen. Eine Analyse der

Antworten liefert erste Hinweise auf fehlende Fragen. Werden solche Analysen regel-

mäßig durchgeführt und die neu ermittelten Momente der Wahrheit in die nächste

Befragung einbezogen, entwickelt sich der Fragebogen stetig weiter, und zwar in

dem Maße, in dem sich auch die reale Umwelt verändert.

Neben der „Erklärung“ zentraler Kriterien im Fragebogen leisten die Ergebnisse aus

den Kano-Fragen bei Ergebnispräsentationen einen weiteren wichtigen Beitrag. Dort

gibt es häufig Situationen, in denen ein „dürrer“ statistischer Wert plastisch veran-

schaulicht werden muss, um nachhaltig Wirkung zu entfalten. In solchen Fällen hel-

fen „O-Töne“ von wichtigen Kunden, die in vielen Fällen aus den Antworten auf die

Kano-Fragen entnommen werden können. Diese liefern die benötigten Informationen

auf elegante Art mit, ohne die Messung zu stark zusätzlich zu belasten.

22)

Konkrete Beispiele zu Kano Faktoren sind bei Herrmann, A., Huber, F., Braunstein, C., Kundenzufriedenheit

garantiert nicht immer mehr Gewinn, in: HBM 1/2000, S. 45 – 55, hier S. 47, zu finden.

Page 22: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

22

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 22

3 Das Finalisieren des Fragebogens

3.1 Erster ausformulierter Entwurf

Auf der Basis der in den Workshops erarbeiten Informationen wird im nächsten Pro-

zessschritt ein erster Fragebogenentwurf entwickelt. Dieser erste Entwurf enthält

bereits alle Elemente, die benötigt werden und das in der vorgesehenen Dramaturgie.

Die Fragen werden nach allgemein gültigen Regeln formuliert. Gute Fragen …

- … sind an der Alltagssprache orientiert, müssen nicht druckreif formuliert sein, - … sind eindimensional, es wird also nicht nach mehreren Sachverhalten gefragt, - … überfordern die Befragten nicht, langweilen sie aber auch nicht, - … sind nicht suggestiv, - … sind eindeutig formuliert, enthalten keine mehrdeutigen Begriffe, - … enthalten keine doppelten Verneinungen, - … sind nicht zu extrem formuliert, - … sind nicht zu privat oder heikel.

Selbst wenn alle diese Regeln eingehalten werden, bedeutet dies jedoch nicht auto-

matisch, dass der Fragbogen auch von allen Befragten „verstanden“ wird und diese

sich bei der Befragung „wohlfühlen“. Allzu oft gibt es eine branchentypische Sprache

mit teilweise sehr spezifischen Fachbegriffen, die auch bei der Formulierung eines

Fragebogens berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund ist es für die erfolg-

reiche Befragung von hoher Bedeutung, dass Branchenspezialisten auf Kundenseite

den Fragbogenentwurf prüfen und, falls nötig, die Formulierungen an die Branchen-

gegebenheiten anpassen. Unserer Erfahrung nach lohnt sich hier eine sehr enge Ab-

stimmung zwischen allen Projektbeteiligten in besonderem Maße. Nach Abschluss der

Formulierungsphase wird der Fragebogen vom Projektteam offiziell für die Pilotierung

freigegeben.

3.2 Pilotphase

Auf die Ausformulierung und die Freigabe durch das Projektteam folgt die Pilotphase.

Im Rahmen dieser wird der Fragebogen einem „scharfen“ Test unterzogen. Häufig

werden hierzu einige Interviews mit ausgewählten Kunden geführt und ausgewertet.

Stellt sich dabei heraus, dass es Fragen gibt, die kaum oder gar nicht beantwortet

werden (Missing), ist ein weiterer Optimierungsschritt erforderlich. Zumeist sind die-

Page 23: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

23

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 23

se Fragen dann un- oder missverständlich formuliert oder werden einfach den fal-

schen Personen gestellt23)

.

Leider verhält es sich mit der Pilotphase ähnlich wie mit dem Kundenworkshop. Sie

wird gerne aus Budgetgründen gestrichen. Dies ist insofern schädlich, stellt die Pi-

lotphase doch die letzte Chance dar, evtl. noch vorhandene Fehler im Fragebogen zu

ermitteln und zu korrigieren. Nach der Pilotphase liegt ein fehlerfreier und geprüfter

Fragebogen vor – der Fragebogenmaster. Dieser bildet die Basis für alle weiteren

Schritte.

3.3 Übersetzungen

Handelt es sich um eine internationale Befragung, folgt die Übersetzung des Masters

in die benötigten Sprachen. Unserer Erfahrung nach, werden hier – oft aus Unwis-

senheit – viele Fehler gemacht. Es ist alles andere als trivial, dafür zu sorgen, dass

die übersetzten Fragebögen dem Masterfragebogen zumindest zu einem hohen Pro-

zentsatz entsprechen. Eine Liste mit Stilblüten, die aus schlechten Übersetzungen

selbst in vermeintlich „einfache“ Sprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch

resultieren, wäre sicher sehr lang24)

.

Aus diesem Grund ist es unabdingbar, mit der Übersetzung spezialisierte und profes-

sionelle Übersetzer zu beauftragen. Wir empfehlen, die Übersetzungen zusätzlich

einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Diese kann z. B. im Rahmen von Testinter-

views mit Mitarbeitern (Muttersprachlern) in den Landesniederlassungen des Auf-

traggebers erfolgen – sofern es solche Niederlassungen mit entsprechendem Personal

gibt. Eine deutlich aufwändigere Methode ist das Übersetzen-Rückübersetzen des

Fragebogens, die häufig in der „Empirischen Sozialforschung“ angewendet wird25)

.

Nach dem Abschluss der Übersetzungen, werden die einzelnen Fragebogenversionen

vom Projektteam freigeben. Natürlich gibt es eine große Anzahl weiterer Fragen, die

ergänzt werden können oder auf Wunsch unterschiedlichster Gruppen im Unterneh-

men ergänzt werden sollten (z. B. die Beurteilung von Werbeaussagen, neuer Produk-

te, Prospekte, etc.). Es ist aber unbedingt darauf zu achten, nicht über das Ziel hin-

23)

Ein in diesem Zusammenhang häufig zu findender Fehler bei B2B-Befragungen resultiert aus dem Bestreben,

hierarchisch möglichst hoch angesiedelte Personen (Vorstände, Geschäftsführer, Leiter, etc.) befragen zu wol-len, um den Ergebnissen ein vermeintlich höheres Gewicht zu verleihen. Leider sind diese Personen nur in den seltensten Fällen in der Lage, z. B. operative Prozesse zu beurteilen. Folgerichtig müssen viele Fragen zu Prozessdetails unbeantwortet bleiben.

24) Ein schönes Beispiel aus einer Befragung im Automotive-Bereich ist das Wort „Plattform“ im Sinne von Be-

gegnung(splattform), das mit „Hebebühne“ ins Englische übersetzt wurde. 25)

Gerade in der empirischen Sozialforschung wird der Übersetzungsproblematik eine hohe Aufmerksamkeit

zuteil, was dazu führt, dass zur Sicherung der Übersetzungsqualität noch deutlich komplexere Prozesse entwi-ckelt wurden. Vgl.: Häder, Michael, Empirische Sozialforschung, Eine Einführung, S. 370 ff., VS-Verlag Wies-baden, 2. überarb. Aufl. 2010.

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24

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 24

auszuschießen und den Fragebogen zu sehr aufzublähen – die Messung der Kunden-

zufriedenheit ist Kern der Befragung und nicht Beiwerk.

3.4 Ausblick

Ab dem Zeitpunkt der finalen Freigabe der/des Fragebögen/Fragebogens sind die

konzeptionellen Vorarbeiten für die Erhebung der Kundenzufriedenheiten abgeschlos-

sen und die die Befragung kann beginnen. Die organisatorischen Vorbereitungen, wie

z. B. Feldorganisation, Interviewerauswahl und -schulung u. a. mehr können großen-

teils parallel zur Fragebogenentwicklung erfolgen. So ist z. B. für die Auswahl eines

Felddienstleisters der finalisierte Fragebogen in der Regel noch nicht zwingend er-

forderlich. Es reicht aus, die ungefähre Länge des Bogens zu kennen (natürlich ne-

ben vielen weiteren Parametern, durch die eine Befragung beeinflusst wird, wie z. B.

Adresssituation, Hierarchiestufe der zu befragenden Personen, Feldzeit und v. a.

mehr).

Die Prozessschritte, die der Fragebogenentwicklung folgen, z. B. die Feldorganisati-

on, Auswertung und Berichtslegung, Ableitung von Handlungsempfehlungen und die

Umsetzungsbegleitung werden wir im Rahmen weiterer Artikel ausführlich darstellen.

Page 25: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

25

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 25

4 Zusammenfassung

Der Fragebogen ist für die Erhebung und das Management der Kundenzufriedenheit

das zentrale Instrument. Aus Sicht des Verfassers ist es deshalb nur schwer nachvoll-

ziehbar, dass in der Praxis gerade hier oft höchst nachlässig gearbeitet wird. Steht

ausschließlich der Benchmarkgedanke im Vordergrund, reichen Erhebungen im Rah-

men z. B. des Deutschen Servicebarometers auch des Amerikanischen Kundenbarome-

ters aus. Bei diesen wird mir standardisierten Fragebögen gearbeitet, um vergleich-

bare Ergebnisse zu erhalten.

Sollen jedoch auf Basis der Ergebnisse z. B. Maßnahmen erarbeitet werden um die

Kundenorientierung zu steigern (es gibt eine Reihe von weiteren Zielsetzungen), ist

die Entwicklung eines unternehmensspezifischen Fragebogens nötig. Nur mit dieser

Vorgehensweise kann sichergestellt werden, dass der Fragebogen all die Kontakt-

punkte enthält, an denen Kunde und Unternehmen aufeinander treffen. Dort, inner-

halb der Kontaktpunkte – auf der Ebene der Momente der Wahrheit – entsteht tat-

sächlich die Kundenzufriedenheit, bei jedem einzelnen Kontakt.

Wenn dann auch noch die richtige Zielgröße – die Loyalität – verwendet und sinnvoll

operationalisiert wird, steht einem erfolgreichen Management der Kundenzufrieden-

heit nichts im Weg. Schließlich leben Unternehmen nicht von glücklichen Kunden,

sondern von solchen, die wieder kaufen und weiterempfehlen.

Mit dem zuvor ausführlich beschriebenen, strukturierten Entwicklungsprozess für ei-

nen Fragebogen zur Messung der Kundenzufriedenheit wird sichergestellt, dass kein

wichtiges Element eines Fragebogens vergessen wird.

5 Quellen

2hm Metastudie 2010: FOKUS KUNDENZUFRIEDENHEIT – 2010 - eine Bilanz der

deutschen Unternehmensrealität, www.2hm/eu/de

Bauer, F., Bössow, O., Studzinski, J., Über Sinn und Unsinn des Net Promoter

Scores (NPS) in: Planung & Analyse, August 2007

Häder, Michael, Empirische Sozialforschung, Eine Einführung, VS-Verlag Wiesba-

den, 2. überarb. Aufl. 2010, S. 370 ff.

Herrmann, A., Huber, F., Braunstein, C., Kundenzufriedenheit garantiert nicht im-

mer mehr Gewinn, in: HBM 1/2000, S. 45 – 55

Page 26: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

26

Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 26

Kano, N., Attractive Quality and Must-be Quality, in: Hinshitsu Journal of the

Japanese, Society for Quality Control, H. 4, S. 39–48, 1984

Mierzwa, M., Wüstenfeld, T. Kundenzufriedenheit verbessern: Das Aral-

Kundenbarometer, Vortrag auf dem 3. M-Motion-Tag November 2002,

Frankfurt

Mierzwa, M., Keine Zufriedenheit mit der Kundenzufriedenheit - Kundenzufrieden-

heit richtig messen, in: 2hm Themenspecial Kundenzufriedenheit

(http://www.2hm.eu/de/aktuelles/themenspecial_kuzu.php)

Mierzwa, M., Mit Beschwerden richtig umgehen – Beschwerdemanagement als Kern-

element, des Kundenbindungsmanagements, in: Direkt Marketing

6/2002, S. 20–24

Mierzwa, M., Kundenzufriedenheit verstehen und effektiv steigern, in: Direkt Marke-

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Mierzwa, M., Kreislauf der permanenten Verbesserungen, in: Direkt Marketing

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Mierzwa, M., Proaktives Beschwerdemanagement, in: Symposion Publishing,

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(http://www.symposion.de/?cmslesen/q7001005_20040201)

Mierzwa, M., Schuchard-Ficher, C., Puppendahl, D., Loyalität ist nicht gleich

Loyalität, in: Planung und Analyse 4/2002, S. 20–25

Reichheld, F. F., The number one you need to grow, in: Harvard Business Review,

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Schmolke, H. J. (2007): Mentalities and rating scales. Using NPS in a multicul-

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GmbH) auf der NPS Anwenderkonferenz am 24.05.2007 in Bonn.

Webster, Frederick E., Wind, Yoram: Organizational Buying Behaviour. Englewood

Cliffs, NJ, 1972

Page 27: Development of Customer Satisfaction Questionnaires in a structured way (German)

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 27

6 Die 2hm & Associates GmbH

► Die 2hm & Associates GmbH wurde 1999 von Prof. Dr. Andreas Herrmann,

Prof. Dr. Frank Huber und Frank Meyrahn gegründet.

► Heute ist die 2hm & Associates GmbH eine inhabergeführte Strategie- und

Managementberatung mit eigenem Feld- und Marktforschungsinstitut.

Derzeit arbeiten 45 Mitarbeiter in den Bereichen Beratung und Marktfor-

schung (zzgl. Feldteam und Backoffice).

► Aktive Partner und Gesellschafter von 2hm sind: Prof. Dr. Frank Huber,

Frank Meyrahn (Geschäftsführer), Leif Steinbrinker, Christian Walka.

► Mit unserem 360°-Ansatz: „Research. Consulting. Implementation.“ bieten

wir unseren Kunden ein ganzheitliches und wertstiftendes Beratungsmodell.

► 2hm & Associates ist u. a. Projektpartner des Center for Customer Insight

bei zahlreichen Marktforschungs- und Beratungsprojekten in Deutschland und

Praxispartner für verschiedene managementorientierte Forschungspro-

gramme

Abb. 10: Beratungsansatz der 2hm & Associates

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Kundenzufriedenheit richtig messen – Der Fragebogen Seite 28

7 2hm-Team | Die Köpfe dahinter

Dr. Markus Mierzwa (Head of System Stu-dies) arbeitet als Senior Executive Consul-tant bei der 2hm & Associates GmbH in Mainz (www.2hm.eu). In seiner beruflichen Laufbahn betreute er viele national und international ausgerichtete Projekte in den unterschiedlichsten Branchen. Besonders

im Bereich Kundenzufriedenheit gilt Dr. Markus Mierzwa als einer der Experten in Deutschland. In seinen Projekten arbeitete er u. a. für Marktführer (national / inter-national) in den Bereichen IT, Logistik, Handel, Convenience, Maschinenbau, Finanz-dienstleister, Zeitarbeit/Personaldienstleister und viele weitere. Er gibt seine Erfahrungen in Vorträgen und Seminaren zu interessanten Themen aus seinem Arbeitsgebiet weiter und publiziert dazu in unterschiedlichsten Medien.

Seit 2011 ist 2hm Exklusivpartner des Management Circle für das Thema Kun-

denzufriedenheit. Dr. Markus Mierzwa hat dieses Seminar konzipiert und hält

wesentliche Teile als Referent vor Ort. Dr. Markus Mierzwa steht Ihnen mit seinem Team gerne zu jeder Frage im Bereich Kundenzufriedenheitsmanagement mit Rat und Tat zur Seite.

Fragen Sie uns einfach …

Kontakt

Dr. Markus Mierzwa

Breidenbacherstraße 8-10

55116 Mainz

Büro: +49 6131-37.16.51 / Mobil: +49 172 5981 995

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Das Team Systemstudien

Katarzyna Mondzelewska Dimitrios Katsadouros Andreas Schippling