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Kooperatives Lernen in der Lehrerbildung
Prof. Dr. Anne SliwkaHeidelberg University
of Education
Prof. Dr. Anne Sliwka
Struktur der Präsentation
• Pädagogischer Kontext des kooperativen Lernens
• Micro-Formen des kooperativen Lernens
• Meso-Formen des kooperativen Lernens
• Macro-Formen des kooperativen Lernens
Prof. Dr. Anne Sliwka
Pädagogischer Kontext des kooperativen Lernens
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Veränderte Lernkultur
Nicht nur ...• abstrakt-begriffliches
Lernen• fachliches Lernen
• Fremdsteuerung• allein lernen• „bewusstloses”
Lernen
sondern auch ...• an Erfahrungen
orientiertes Lernen• überfachliche
Persönlichkeitsbildung• Selbststeuerung• kooperatives Lernen• reflexives Lernen
K. Reusser (1995), Lehr-Lernkultur im Wandel.In: R. Dubs und R. Dörig (Hrsg.), Dialog Wissenschaft und Praxis. St. Gallen, S. 164–190.
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Sozialkapitalnach Robert Putnam
Sozialkapital als kollektive Ressource einer Gemeinschaft:
Kommunikation und Interaktion,durch die sich Vertrauen undKooperationsbereitschaft entwickelt. Putnam, Robert (2002): Democracies in Flux: The Evolution of Social Capital in Contemporary Society. Oxford.
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Positive Effekte von Sozialkapital
• robuste Normen der Reziprozität• höhere Kosten für Non-Kooperation• dichtere Vernetzung, besserer
Informationsfluss• individueller Erfahrungs- und
Kompetenzzuwachs• Vertrauen als Basis für zukünftige
Kooperation
Field, John (2003): Social Capital. London.
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Bonding und Bridging
BondingInteraktion mitSeinesgleichen in
homogenen Netz-werken
spezifisches Vertrauen
BridgingInteraktion mit Menschen anderer Identität, über soziale Unterschiede hinweg in heterogenen Netzwerken
generalisiertes Vertrauen
Gittell, Ross J.; Vidal, A. (1998): Community Organization: Building Social Capital as a Development Strategy. London.
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Schule
Schule & Sozialkapital
Unterricht
Schule
Gemeinde
Schule
Gemeinde
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Forschungsergebnisse zum kooperativen Lernen
Es gibt weltweit mittlerweile viele empirische Studien (auch mit
Kontrollgruppen) zum kooperativen Lernen.
Einige zentrale Ergebnisse:
Kooperatives Lernen • führt zu einer höheren kognitiven Aktivierung von Lernenden. • stärkt soziale und kommunikative Kompetenzen, wenn diese
explizit gefördert werden. • erfordert ein hohes Maß an professioneller Anleitung und
Strukturierung durch Lehrkräfte
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Mikro-Formen des kooperativen Lernens
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Prinzipien des kooperativen Lernens
• interdependente Aufgabenstruktur• soziale und kommunikative Kompetenzen • klare Zeitstruktur • komplementäre Arbeitsteilung durch
RollenvergabeMaterialmanager, Zeitmanager, Sozialmanager
• individuelle Ergebnisverantwortung (Zufallsprinzip)
R. Johnson & D. Johnson: An Overview of Cooperative Learning. University of Minnesota. St. Paul 1994.
Rollen zur Selbststeuerung
• Zeitmanager/in• Sozialmanager/in• Materialmanager/in• Dokumentator• Etc.. weitere Rollen können nach
Bedarf erfunden werden
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Beispiel: Placemat-Methode
Phase I
Phase II
Phase I: Jeder arbeitet drei Minuten für sich allein.
Phase II: Alle tauschen sich aus und schreiben dann ein gemein-sames Ergebnis in die Mitte
(12 Minuten)
Prof. Dr. Anne Sliwka
Weitere Beispiele für Mikro-Formen des kooperativen Lernens
• Think-Pair-Share/Square• Gruppenpuzzle/Jigsaw • Round Robin • Graffiti-Steps• Fishbowl• Galleriegang• Etc.
Frage: Welche Methodenkennen/nutzen wir noch?
Prof. Dr. Anne Sliwka
Mesoformen des kooperativen Lernens
Beispiel: Deliberation
Von lateinisch „libra“ = Waage abgeleitetDeliberation bedeutet abwägendes Sprechen
Deliberation
• nach „libra” (lat. Waage): abwägendes Sprechen, gemeinsames Nachdenken
• kleinteilige Suche nach Verständigung
• Perspektivenübernahme und Empathie
Regeln der Deliberation
• Die Beteiligten sitzen im Kreis• Sie steuern mit einfachen Hilfsmitteln
(Redepunkte, Gong, Ball) ohne Moderator eine gleichgewichtige Kommunikation
• Redepunkte: Jede/r Diskutant/in hat drei Redepunkte. Für jeden Redepunkt darf er/sie ca. 1 Minute zu einem selbst gewählten Zeitpunkt reden.
• Wird einem/r Teilnehmer/in die Diskussion zu schnell, kann er/sie den Gong schlagen. Ertönt der Gong gilt eine generelle Redepause von 30 Sekunden.
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Weitere Beispiele für Meso-Formen des kooperativen Lernens
• Team-Games-Tournament• Akademische Kontroverse/Debating• New Games• Etc.
Frage: Welche Methodenkennen/nutzen wir noch?
Prof. Dr. Anne Sliwka
Macro-Formen des kooperativen Lernens
Deliberationsforum
Deliberationsforum in der Schule
1. ein kontroverses Thema grundlegend recherchieren
2. einen Fragebogen entwickeln: Meinungs- und Wissensfragen
3. ein Deliberationsforum organisieren
4. Experten und Politiker anhören und befragen
5. in kleinen Zufallsgruppen deliberieren
6. Meinungsbildungsprozesse auswerten und dokumentieren
J. Fishkin, Democracy and Deliberation: New Directions for Democratic Reform, 1991.
Beispiel: Deliberationsforum
kontroverses Thema festlegen und recherchieren
Fragebogen entwickeln, Daten erhebenDeliberationsforum mit Experten und Politikern organisieren
In Zufallsgruppen über das Thema sprechen
Daten erheben, auswerten, analysieren
Deliberationsforum
1. Tag 2. Tag
- Fragebogen- Info-Material- Experten-Podium- Kleingruppen- Plenum
- Politiker-Podium- Kleingruppen- Plenum- Fragebogen
Beispiel: Meinungsfrage
Das muslimische Kopftuch in der Schule: Welche Regelung bevorzugst du?A) für Lehrerinnen und Schülerinnen verbotenB) für Lehrerinnen verboten, für Schülerinnen
erlaubtC) für Schülerinnen unter 18 Jahren verboten,
für volljährige Schülerinnen und Lehrerinnen erlaubt
D) für Lehrerinnen und Schülerinnen erlaubt
1.Präferenz 2.Präferenz 3.Präferenz
4.Präferenz
Beispiel: Wissensfrage
Wie viel Prozent der Asylbewerber wurden im Jahr 2002 bei uns anerkannt?
A)0 – 5%B)5 – 10%C)10 – 20 %D) 20 – 50 %
richtige Antwort
Prof. Dr. Anne Sliwka
Lernen durch Engagement (Service Learning)
Was ist Service Learning?
Eine projektorientierte Lern-Und Lehrform, die wissenschaftliches Lernen
(„learning“) mit gemeinnützigem Handeln
(„service“) verknüpft
Was ist Service Learning?
Studierende übernehmen Verantwortung außerhalb der Hochschule
und verarbeiten zugleich fachliche
Inhalte durch deren Anwendung in der Praxis
Das Konzept des Service Learning
Service Lernen
Etwas für andere tun
Sich selbst dabei entwickeln
Grundsätze für Service Learning
RealityDer Service sollte sich an realen Bedürfnissenund Problemen orientieren.
ReciprocityAlle Beteiligten geben und nehmen, lernen also voneinander (-> Vertragsgrundlage).
ReflectionVerknüpfung zwischen Lerninhalt, Service und Entwicklung der eigenen Professionalität
Service Learning lässt sich in allen wissenschaftlichen
Fachgebieten umsetzen
• Studierende der Philosophie am Boston College befassen sich mit philosophischen Konzepten (Gerechtigkeit, Würde, Gleichheit etc.) anhand von klassischen Texten und leisten soziale Dienste in Projekten zur Armutsbekämpfung.
• Wirtschaftswissenschaftler am Bentley College führen Trainings zur privaten Finanzplanung in einem Community-Zentrum eines benachteiligten Stadtviertels von Boston durch und entwickeln Fundraising-Strategien für sozial und ökologisch ausgerichtete NGOs.
Service Learning lässt sich in allen wissenschaftlichen
Fachgebieten umsetzen
Studierende der Ingenieur-wissenschaften am MIT entwickeln Minenentschärfungsgeräte für besonders schwer zugängliche Gebiete in Kambodscha.
Architekturstudierende an der Cornell-Universität entwickeln eine Konzeption zur sozialen Stadterneuerung in einem Brennpunktviertel.
11.04.23
Was bringt Service Learning? Forschungsergebnisse (nach Eyler und Giles 1999)
StudierendePositive Effekte auf…• zivilgesellschaftliches Engagement • Persönlichkeitsentwicklung• Leadership Fähigkeit• Projektmanagement• Wissenstransfer• fachlich-theoretisches Lernen• Berufsorientierung
Hochschulen Stärkung • der zivilgesellschaftlicher Verantwortung
• des Wissensaustauschs zwischen
Universität und Umfeld
• der Vielfältigkeit von Seminarangeboten
• des Bildes der Uni in der GesellschaftUmfeld
Verbesserung
• der Qualität und Quantität sozialer Angebote
• von Dienstleistungen durch die Arbeit der Studierenden
• der wissenschaftlich fundierten Durchführung, Begleitung und Evaluation von Projekten
Welche Aufgaben ergeben sich für die Beteiligten?
für die Lehrenden:– inhaltliche Seminargestaltung– Reflexion der Praxiserfahrungen im Seminar– Kontaktpflege mit den Partnern in der Gemeinde
für die Community Partner:– Bedürfnisformulierung– fachliche und persönliche Betreuung der
Studierendenfür die Studierenden:
– aktive Seminarteilnahme (Lesen, Schreiben, Referieren etc.)
– Service Tätigkeiten
Kooperation mit Partnern
Auswahl von Partnern– Ausreichend Zeit zum Kennenlernen,
Vertrauensbildung– Wechselseitige Erwartungs- und Zielklarheit– Fixierung von Standards und Zielen in einem Kontrakt
Arbeit mit Partnern– Sicherung fortlaufender Kommunikation– Wichtig: breite Verankerung und Legitimation in der
Organisation– Kommunikation „auf Augenhöhe“ – Formative und summative Evaluation– „Celebration of Success“
Phasenverlauf (1)
Projektplanung:– Konzeptionelle Überlegungen– Vorgespräche– Seminarkonzeption (Prozesse & Lern- und
Projektziele!)
Projektstart:– Gewinnung von Studierenden– Auftaktworkshop– Kontrakt
Phasenverlauf (2)
Projektverlauf:– Balance Wissenschaftliche Fundierung –
Praktisches Projekt– Verzahnung durch Reflexion– Kommunikation „im Dreieck“
Abschluss:– „Celebration“– Dokumentation und Zertifizierung von
Kompetenzen– Auswertung & Fazit für nächstes Projekt
Leistungsrückmeldung, Zertifizierung von Kompetenzen
Leistungsrückmeldung– Angeleitete Reflexion – Peer Review
Zertifizierung von Kompetenzen– Dokumentation und Reflexion in
einem Seminarportfolio– Ausführliches Zertifikat über
Kompetenzen zusätzlich zu CP/Note
Was bedeutet Service Learning in der Lehrerausbildung?
Studierende übernehmen Verantwortung für Prozesse der Schul- und Unterrichtsentwicklung in Schulenund
verarbeiten zugleich fachliche Inhalte durch deren Anwendung in der Praxis
Drei Entwicklungspartner
Schulleitungen und Lehrer/innen
Studierende Hochschuldozierende
Wie kann Service Learning in der Lehrerausbildung aussehen?
Studierende bilden eine Gruppe von Grundschülern zu Streitschlichtern aus
Studierende qualifizieren Hauptschüler/innen als Lesementoren für eine Grundschule
Studierende konzipieren ein Elterntraining zur pädagogischen Psychologie und führen dieses für Eltern an einer Hauptschule durch
11.04.23
Wie kann Service Learning in der Lehrerausbildung aussehen?
Studierende konzipieren eine achtstündige Unterrichtseinheit zu den Kinderrechten, setzen sie im Unterricht ein und evaluieren den Prozess.
Studierende entwickeln einen Beratungsbericht zu außerschulisch nutzbaren Schulentwicklungsressourcen für eine Hauptschule, die sich zur Ganztagsschule entwickelt.
Studierende entwickeln und evaluieren ein Trainingskonzept „Selbständigkeit in der gymnasialen Oberstufe“ für ein Gymnasium
11.04.23
Drei Entwicklungsdimensionen
Selbstreflexives Lernen: Metakognition und Selbststeuerung
Methodisches Lernen: Prozess- und Sozialkompetenz
Inhaltliches Lernen: Fachliche Expertise
Beispiel:
Seminar„Schul- und Unterrichts- entwicklung in der Praxis“
11.04.23
Anne Sliwka
Ziele des Projekts
• Einführung eines fächerübergreifenden Lernportfolios (Deutsch und MeNuK) für die Klassen 2 bis 4.
• Konzeption von Entwicklungsaufgaben im Rahmen des Lernportfolios
• Entwicklung von Arbeitsmaterialien für Schüler sowie Begleitmaterialien für Schüler, Lehrkräfte und Eltern
• Entwicklung von Materialien zur formativen Rückmeldung (Kompetenzraster, Selbst- und Fremdevaluationsbögen)
• Evaluation des pädagogischen Ansatzen
Anne Sliwka Universität Trier
Bücher von Schülern
Lernziele der Lehrerbildung
• Schul- und Unterrichtsentwicklung• Professionelle Lerngemeinschaften (PLCs)• Portfolioarbeit: Entwicklungsportfolio und
Präsentationsportfolio• Metakognition, selbstreguliertes Lernen• Intrinsische Motivation, Zusammenhang
Interesse & Motivation, Mastery-Orientierung• Entwicklungsaufgaben• Individuelle, kriteriale und soziale Bezugsnorm• Kompetenzraster• Formative Rückmeldung, Feedback• Fremd- und Selbstevaluation
Aufgaben der Studierenden
1) Gespräche mit Schulleitung und Lehrkräften
2) Unterrichtsbeobachtung3) Analyse des Bildungsplans4) Entwicklung von Materialien für
Lehrkräfte, Schüler und Eltern5) Erste Erprobung des Materials im
Unterricht6) Evaluation des Materials
Prof. Dr. Anne Sliwka
Weitere Beispiele für Makro-Formen des kooperativen Lernens
• Kulturprojekte• Erlebnispädagogische Aktivitäten (z.B.
Alpenüberquerung)
Frage: Welche Methodenkennen/nutzen wir noch?
Prof. Dr. Anne Sliwka
Erlebnispädagogik
Prof. Dr. Anne Sliwka
Kulturarbeit
Phasen der Veränderung (I)
Phase I: Initiierung• Testlauf im überschaubarem Rahmen • einzelne Akteure – Transparenz für
Außenstehende • Evaluation & Datentransparenz• ggf. Verbesserung
Phasen der Veränderung (II)
Phase II: Implementation• breiterer Transfer innerhalb der
Organisation• mehr Akteure• Systematische Fortbildung• Wissensmanagement• Anreizsteuerung
Phasen der Veränderung (III)
Phase III: Institutionalisierung• Schaffung fester Unterstützungs-
und Anreizstrukturen• Verankerung im Schulprogramm• Klare Kommunikation nach innen
und außen
Prof. Dr. Anne Sliwka
Schule
Auf welche Formen des kooperativen Lernens wollen wir unsere Arbeit beziehen?
Mikroformen
Mesoformen
Makroformen