Neutrino-Oszillationen
B. Scharfenberger
Universität WürzburgPhysikalisches Institut
Seminar zur Vorlesung:Relativistische Quantenfeldtheorie (QM III)
Prof. Dr. Reinhold Rückl23. Juni 2006
Scharfenberger (Uni Würzburg) Neutrino-Oszillationen QFT-Seminar 1 / 15
Gliederung
1 Einleitung
2 Neutrino-Oszillationen
3 Oszillationen im VakuumZwei-Flavour-OszillationenDrei-Flavour-Oszillationen
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Einleitung
Geschichte
postuliert 1930 von Pauli: Massenproblem beim β-ZerfallBeispiel: Zerfall von C14:
C14 → N14 + νe + e− (1)
experimenteller Nachweis: 1956 durch Cowan und Reines:Nobelpreis für Reines und Perl (Tauon) 19951958: Möglichkeit zeitlicher Oszillationen zwischen denmischenden Zuständen erstmals in Erwägung gezogen(Pontecorvo)
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Einleitung
Eigenschaften
Symbol ν, Fermionen (Drehimpulserhaltung)elektrisch neutralBeeinflussung nur durch schwache WW und Gravitationextrem geringe WechselwirkungswahrscheinlichkeitDrei Generationen von Leptonen (elektr. geladenes Teilchen undzugehöriges assoziiertes Neutrino):νe, νµ, ντ
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Neutrino-Oszillationen
Neutrino-Oszillationen
Neutrinodefizit z.B. bei solaren NeutrinosErklärung durch Flavour-OszillationenNeutrinos: kohärente Überlagerung aus den dreiMassenzuständen (ν1, ν2, ν3) bzw. aus ihren Flavourzuständen(νe, νµ, ντ )Massenzustände: Ausbreitung mit unterschiedlicher Phase⇒Mischung ändert sich und somit auch dieFlavourzusammensetzung⇒ Neutrino-OszillationenKonsequenzen: Neutrino-Massen, Bestimmung derMassendifferenzen δm2
ij und des Mischungswinkels sin2 2θ
−→ Flugstrecke L und Neutrino-Energie E müssen bekannt sein
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Neutrino-Oszillationen
Neutrino-Oszillationen
Vorausseztung für Neutrino-Oszillationen: Neutrinos müssenMassen haben und die Leptonflavourzahlen sind nicht strengerhaltenStandardmodell: Neutrinos masselosAber: Neutrinomassen sind nicht verboten, da sie nicht gegengrundsätzliche Prinzipien oder Eichinvarianzen verstoßen−→ Erweiterung des Standardmodells ist nötig
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Beispiel: νe ←→ νµ
physikalische Eigenzustände definierter Masse∣∣ν1,2
⟩Zusammenhang mit den Flavour-Zuständen:(
να
νβ
)=
(cos θ sin θ− sin θ cos θ
)·(
ν1ν2
)(2)
zeitliche Entwicklung eines Masseneigenzustands imLaborsystem: νj(t) = νje−i(Et−pz), (hier: j = 1, 2)Neutrinomasse gering⇒ p � mj
v ∼ c
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Annäherung von E − p durch Reihenentwicklung von√
p2 + m2j
⇒ E =√
p2 + m2j ≈ p +
m2j
2p ⇒ E − p ≈m2
j2p
Resultat:ν1,2(t) = ν1,2(0) e−im2
1,2t
2p (3)
νe(t) = ν1(0) e−im21
t2p cos θ + ν2(0) e−im2
2t
2p sin θ (4)
Amplitude A(t), in einem zur Zeit t=0 präparierten Zustand νe auchzur Zeit t ein νe zu finden: 〈νe|νe(t)〉(
ν1ν2
)=
(cos θ − sin θsin θ cos θ
)·(
νeνµ
)(5)
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Orthogonalität: 〈νe|νµ〉 = 0 und 〈νe|νe〉 = 〈νµ|νµ〉 = 1Daraus folgt für die Amplitude:
A(t)νe→νe = cos2 θ e−im2
1 t2p + sin2 θe−i
m22 t
2p (6)
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Elektron-Neutrinos ineinem ursprünglich reinen νe-Zustand:
P(t)νe→νe = A · A∗
=
(cos2 θe−i
m21 t
2p + sin2 θe−im2
2 t2p
)·
(cos2 θe+i
m21 t
2p + sin2 θe+im2
2 t2p
)
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
= cos4 θ + sin4 θ + cos2 θ sin2 θe−im2
1 t2p e+i
m22 t
2p
+ cos2 θ sin2 θe−im2
2 t2p e+i
m21 t
2p
= cos4 θ + sin4 θ + cos2 θ sin2 θ(
ei t2p (m2
2−m21)
+ e−i t2p (m2
2−m21))
= cos4 θ + sin4 θ + 2 cos2 θ sin2 θ cos(
t2p
δm2)
mit der Massendifferenz δm2 = m22 −m2
1Oszillationsfrequenz der Wahrscheinlichkeit:
νosz = δm2/4πp (7)
Aus cos4 θ + sin4 θ = 14 cos 4θ + 3
4 und 2 cos2 θ sin2 θ = 12 sin2 (2θ)
folgt schließlich:
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
P(t)νe→νe = 1− sin2 (2θ) sin2(
δm2 t4p
)(8)
bzw.
P(t)νe→νµ = sin2 (2θ) sin2(
δm2 t4p
)(9)
Außerdem gelten analoge Zusammenhänge, falls mit einemreinen νµ-Zustand begonnen wird: P(νµ → νµ) = P(νe → νe) undP(νµ → νe) = P(νe → νµ)
Es gibt keinen Unterschied zwischen denOszillationswahrscheinlichkeiten für Neutrinos und Antineutrinosz.B. gilt: P(νe → νµ) = P(νe → νµ)
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Messbare Größen: L und EWegen p � mi gilt E ≈ p und für L gilt L=t
Für den Oszillationsterm folgt daraus: δm2 t4p = δm2
4LE
Und die Oszillationswahrscheinlichkeit lautet in der Abhängigkeitvon L und E:
P(t)νe→νµ = sin2 (2θ) sin2(
δm2
4LE
)(10)
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Zwei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Es treten also nur Oszillationen auf für θ 6= 0 und δm2 6= 0Mischungswinkel⇒ Amplitude, Massendifferenz⇒ Frequenz derOszillationenMaximale Mischung bei Θ = π
4
Mittelung über viele Oszillationen:
〈P(να → να)〉 = 1− 12
sin2 (2θ) ≥ 12
(11)
und〈P(να → νβ)〉 =
12
sin2 (2θ) (12)
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Oszillationen im Vakuum Zwei-Flavour-Oszillationen
Überganswahrscheinlichkeit
∆ = δm2
2LE
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Oszillationen im Vakuum Drei-Flavour-Oszillationen
Drei-Flavour-Oszillationen im Vakuum
Drei Neutrino-FlavoursDrei Drehmatrizen, die Flavoureigenzustände inMasseneigenzustände überführen
−→ Drei Mischungswinkel θ1, θ2 und θ3
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Neutrino-Oszillationen in Materie
David Luitz
Universität WürzburgPhysikalisches Institut
Seminar zur Vorlesung:Relativistische Quantenfeldtheorie (QM III)
Prof. Dr. Reinhold Rückl23. Juni 2006
David Luitz (Uni Würzburg) Neutrino-Oszillationen in Materie QFT-Seminar 1 / 17
Gliederung
1 Einleitung
2 Schwache Wechselwirkung
3 Neutrion-Oszillationen in Materie
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Einleitung
Einleitung
Neutrino-Oszillationen im Vakuum: Übergangswahrscheinlichkeitensind abhängig von:
MischungswinkelMassendifferenzenNeutrinoenergie
Massendifferenzen und Mischungswinkel sind feste Eigenschaften derTeilchen.Sehr kleine Mischungswinkel lassen Amplitude der Oszillationenverschwinden.In Materie: Andere effektive Mischungswinkel und Massendifferenzen.Effektive Mischungswinkel können maximal werden ⇒ maximaleOszillationen.
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Einleitung
Neue Situation: Materie
Voraussetzung für Neutrino-Oszillationen in Materie:Neutrino-Oszillationen im Vakuum.Aber: Verstärkung der Oszillationen durch Materie.Dies geschieht durch:
Anwesenheit anderer TeilchenWechselwirkung von Neutrinos mit diesen Teilchen
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Schwache Wechselwirkung
Welche Teilchen nehmen an der Wechselwirkung mitNeutrinos teil?
Neutrinos: Nur schwache Wechselwirkung.An der schwachen Wechselwirkung sind beteiligt:
Neutrinose, µ, τ
QuarksGewöhnliche Materie besteht aus Elektronen und Quarks. Allerdingsliefert die Wechselwirkung von Neutrinos mit Quarks keinen relevantenBeitrag.
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Schwache Wechselwirkung
Schwache Wechselwirkung
Die schwache Wechselwirkung wird durch die Eichbosonen W +, W−
und Z 0 übertragen.Massen: mW± = 80.4 GeV, mZ 0 = 91.2 GeV. (PDG 2002)⇒ Endliche Reichweite.
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Schwache Wechselwirkung
Elastische Elektron-Neutrino-Streuung
NC CC
�Z 0
νµ
e−
νµ
e−
�Z 0
νe
e−
νe
e−
�W−
ν̄e
e−
ν̄e
e−
�Z 0
ν̄e
e−
ν̄e
e−
�Z 0
ν̄µ
e−
ν̄µ
e−
�W +
νe
e−
e−
νe
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Neutrino-Optik
Parametrisierung des Streubeitrags durch Brechungsindex n.De Broglie-Wellenlänge in Materie: λm = λ
n .
Impuls pm in Materie: pm = 2πλm
= n pZeitentwicklung eines Masseneigenzustandes in Materie:
|νi(t)〉 = |νi〉e−i(Et−npz) ' |νi〉e−i(E−p−(n−1)p)t
Taylorentwicklung von E =√
p2 + m2:
|νi(t)〉 ' |νi〉e−i
„m2
i2 p−(n−1)p
«t
(1)
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Bewegungsgleichung im Vakuum
Zunächst beschaffen wir uns die Bewegungsgleichung derMasseneigenzustände im Vakuum:
Zeitentwicklung der Masseneigenzustände im Vakuum:
|νi(t)〉 = |νi〉e−i
„m22 p
«t
∂
∂t|νi(t)〉 = |νi〉e
−im2
i t2 p
(−i
m2i
2 p
)⇒ i
∂
∂t|νi(t)〉 = |νi(t)〉
m2i
2 p
Bewegungsgleichung der Masseneigenzustände im Vakuum:
i∂
∂t
(|ν1(t)〉|ν2(t)〉
)=
m21
2 p 0
0 m22
2 p
(|ν1(t)〉|ν2(t)〉
)(2)
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Vom Vakuum zur Materie
Nur bei der elastischen νe-e-Streuung tritt der zusätzliche CC-Termauf. Also: Transformation in den Flavourraum.
Bewegungsgleichung im Vakuum:
i∂
∂t
(|νe〉|νµ〉
)= U
m21
2 p 0
0 m22
2 p
U†(|νe〉|νµ〉
)=
(A BB C
)(|νe〉|νµ〉
)
Nun hängen wir die Wechselwirkung mit Materie ein (siehe Gl.(1)):
i∂
∂t
(|νe〉|νµ〉
)=
(A− (n − 1)p B
B C
)(|νe〉|νµ〉
)= H
(|νe〉|νµ〉
)
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Brechungsindex
Das optische Theorem liefert:
n = 1 +2πN0
p2 fe(0)
fe(0): Vorwärtsstreuamplitude des CC-Beitrags von νee → νee.Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung:
fe(0) = −GF p√2π
Insgesamt erhalten wir:
n − 1 = −√
2NeGF
p
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Diagonalisierung der Hamiltonmatrix
Die effektiven Masseneigenwerte in Materie ergeben sich aus denEigenwerten der HamiltonmatrixDiagonalform der Hamiltonmatrix im Vakuum: Eigenwerte
xi =m2
i,m2 p .
Effektives δm2m in Materie:
δm2m = δm2
√√√√(cos(2θ)− 2√
2pNeGF
δm2
)2
+ sin2(2θ)
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Mischungswinkel in Materie
Ansatz: Mischungswinkel θm in MaterieSeien H0, Hm Hamiltonmatrizen in Massenbasis (diagonal)Transformation in Flavourbasis: H0,flav = UH0U†,Hm,flav = UmHmU†
m
Vergleich der Matrizen in der Flavourbasis:
H0,flav =
(A BB C
)Hm,flav =
(A + 2
√2NeGF p BB C
)Verwendung des Matrixelements B mit
B =1
4psin(2θ)δm2 =
14p
sin(2θm)δm2m
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Mischungswinkel in Materie
Damit erhalten wir:
sin(2θm) =sin(2θ)δm2
δm2m
Einsetzen der bereits berechneten Differenz der Massenquadrateδm2
m in Materie liefert:
sin2(2θm) =sin2(2θ)(
cos(2θ)− 2√
2pNeGFδm2
)2+ sin2(2θ)
Hier bereits ersichtlich, dass der Mischungswinkel maximal wirdfür:
cos(2θ) =2√
2pNeGF
δm2
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Übergangswahrscheinlichkeit in Materie
Zur Bestimmung Übergangswahrscheinlichkeit P(νe → νµ)verwenden wir das Resultat im Vakuum:
Pvac(νe → νµ) = sin2(2θ) sin2(δm2 t4 p
)
Masseneigenzustände in Materie verschoben: δm2 → δm2m
Anderer Mischungswinkel in Materie: θ → θm
Übergangswahrscheinlichkeit in Materie:
P(νe → νµ) =
sin2(2θ) sin2
264 δm2
s„cos(2θ)− 2
√2pNeGFδm2
«2+sin2(2θ) t
4 p
375“
cos(2θ)− 2√
2pNeGFδm2
”2+ sin2(2θ)
David Luitz (Uni Würzburg) Neutrino-Oszillationen in Materie QFT-Seminar 15 / 17
Neutrion-Oszillationen in Materie
Abbildung: Oszillationsamplitude in Abhängigkeit des ResonanzparametersAD = 2
√2GF Nep
m22−m2
1.
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Neutrion-Oszillationen in Materie
Beispiel: Sonnenneutrinos
Solares NeutrinoproblemErklärung durch Neutrinooszillationen. Aber: Fine-Tuning?Jedoch: Adiabatische Änderung der Elektronendichte in derSonne ermöglicht Lösung des solaren Neutrinoproblems.
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Neutrinoexperimente
Tilman Birnstiel
Universität WürzburgPhysikalisches Institut
Seminar zur Vorlesung:Relativistische Quantenfeldtheorie (QM III)
Prof. Dr. Reinhold Rückl23. Juni 2006
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 1 / 21
Gliederung
1 Experimentelle GrundlagenAllgemeine ProblematikMassenbestimmung
2 NeutrinoquellenSonnenneutrinosatmosphärische Neutrinoskünstliche Quellen
3 Experimente und ErgebnisseSuperkamiokandeSNO
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 2 / 21
Experimentelle Grundlagen
Gliederung
1 Experimentelle GrundlagenAllgemeine ProblematikMassenbestimmung
2 NeutrinoquellenSonnenneutrinosatmosphärische Neutrinoskünstliche Quellen
3 Experimente und ErgebnisseSuperkamiokandeSNO
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 3 / 21
Experimentelle Grundlagen Allgemeine Problematik
Voraussetzungen
P(να → να) = 1− sin2(2 θ) · sin2 ∆
2(1)
Übergangswahrscheinlichkeit auf logarithmischer ∆-Skala
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 4 / 21
Experimentelle Grundlagen Allgemeine Problematik
Arten von Experimenten
Disappearance-Experimente:weisen in Quelle und Detektor gleichen ν-Flavor nach⇒ Messung von Überlebenswahrscheinlichkeit
Appearance-Experimente:versuchen Flavor nachzuweisen, der in Quelle nicht entsteht⇒ Messung von P(να → νβ)
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 5 / 21
Experimentelle Grundlagen Massenbestimmung
Möglichkeiten zur Massebestimmung
aus Neutrinooszillationen:Bestimmung der Oszillationsparameter δm2
ij , aber keine absolutenMassenaus Energie-Impuls-Erhaltung bei schwachenZerfallsprozessen:Betazerfall zur Bestimmung von mνe
Myonzerfall zur Bestimmung von mνµ
Tauzerfall zur Bestimmung von mντ
durch neutrinolosen ββ-Zerfall:bisher nicht beobachtet
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 6 / 21
Experimentelle Grundlagen Massenbestimmung
Betazerfall
B(Z ) → C(Z + 1) + e− + ν̄e (2)Wichtigster Bereich: Endpunkt des Spektrums, da Rückstoßenergie verschwindendgeringUnter Verwendung von Energie- und Impulserhaltung erhält man (für mν = 0) eineEndpunktsenergie Q von 18.572 eV (für Tritium). Exakte Berechnung desβ-Spektrums (mit Zustandsdichte) ergibt:
N(E) = K · F (E , Z ) · pE ·q
(E0 − E)2 −m2ν · (E0 − E) (3)
Kurieplot: K (E) =p
N(E)/(K · F (E, Z ) · pE)
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 7 / 21
Neutrinoquellen
Gliederung
1 Experimentelle GrundlagenAllgemeine ProblematikMassenbestimmung
2 NeutrinoquellenSonnenneutrinosatmosphärische Neutrinoskünstliche Quellen
3 Experimente und ErgebnisseSuperkamiokandeSNO
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 8 / 21
Neutrinoquellen Sonnenneutrinos
pp-Kette
Die meisten Fusionsprozesse in der Sonne laufen in sog. pp-Ketten ab. DerCNO-Zyklus mach nur etwa 1 % aus.In der Sonne werden ausschließlich νe erzeugt. Der Gesamtfluss von Sonnen-νe
beträgt rund 6× 1010 cm−2s−1.
Die 3 Äste der pp-Kette Der CNO-Zyklus
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 9 / 21
Neutrinoquellen atmosphärische Neutrinos
Teilchenschauer
Trifft kosmische Strahlung (z.B. ein primordiales Proton) auf ein Atomder Erdatmosphäre, so entsteht ein sog. Teilchenschauer :
p + N → π±, K± + . . .π+, K + → µ+ νµ; π−, K− → µ− ν̄µ
↪→ e+ νe ν̄µ ↪→ e− ν̄e νµ
(4)
Man erwartet daher folgende Verhältnisse:
νµ + ν̄µ
νe + ν̄e≈ 2,
ν̄µ
νµ≈ 1,
ν̄e
νe≈
µ−
µ+< 1 (5)
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 10 / 21
Neutrinoquellen künstliche Quellen
Reaktorneutrinos
In Kernreaktoren findet β-Zerfall statt. Hierbei werden ν̄e erzeugt.Eigenschaften:
sehr hoher ν-Flussgeringe Energie⇒ hohe δm2-Empfindlichkeitda ausschließlich ν̄e erzeugt werden:sowohl Appearance- als auch Disappearance-Experimentemöglich
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 11 / 21
Neutrinoquellen künstliche Quellen
Beschleunigerneutrinos
Protonenquelle auf Schwermetalltarget gerichtet⇒ es entstehen v.a. Neutronen, aber auch π0, π±
⇒ π+ zerfallen analog zu (4) in Neutrinos⇒ π− werden sofort in Targetkernen absorbiert
Auch hier: ausrichtbarer Strahl mit hohem Fluss
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 12 / 21
Experimente und Ergebnisse
Gliederung
1 Experimentelle GrundlagenAllgemeine ProblematikMassenbestimmung
2 NeutrinoquellenSonnenneutrinosatmosphärische Neutrinoskünstliche Quellen
3 Experimente und ErgebnisseSuperkamiokandeSNO
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 13 / 21
Experimente und Ergebnisse Superkamiokande
Der Detektor
Lage: Bleibergwerk Kamioka in 1000 m TiefeHöhe: 41 mDurchmesser: 35 mInhalt: 50 000 t reines WasserPhotomultiplier: 11 200
Detektorhalle gemessenes Cherenkovlicht
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Experimente und Ergebnisse Superkamiokande
Ergebnisse: atmosphärische Neutrinos
Neutrino trifft auf Wasserproton → νe erzeugt e, νµ erzeugt µ
τ werden seltener erzeugt, da deren Masse zu groß ist (1.77 GeV) und sindschwieriger auszuwerten
e/µ bewegt sich schneller als cH2O → Cherenkovlichtkegel entsteht
anhand des detektierten Lichtkegels lässt sich Herkunftsrichtung und Art des νbestimmen
Man stellt fest:
erwartetes Verhältnis (siehe (5)) für direkt aus der Atmosphäre stammende νbestätigt
erwartetes Verhältnis für ν, die die Erde durchqueren nicht bestätigt: zu wenigeνµ
MonteCarlo-Simulationen mit νµ → ντ können Messergebnisse gut erklären!
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 15 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Spektrum und Defizit solarer Neutrinos
Bei den Fusionsprozessen in der Sonne werden ausschließlich νeerzeugt.
Neutrinospektrum Theorie und Experiment
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 16 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Vorgehen
Das Sudbury Neutrino Observatory ist ein 1000 tSchwerwasser-Cherenkov-Detektor in einer Tiefe von über 2000 m.
12-m Detektorkugel
SNO misst Neutrinos durch folgende Reaktionen:
νe + d → p + p + e− (Charged Current: CC)νx + d → p + n + νx (Neutral Current: NC)νx + e− → νx + e− (Elastic Scattering: ES)
CC detektiert nur νe, NC und ES detektieren alleν.
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 17 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Ergebnisse: Solare Neutrinos
Es wurden folgende Neutrinoflüsse detektiert:
φSNOCC = 1.59 +0.08
−0.07 (stat.) +0.06−0.08 (syst.)
φSNOES = 2.21 +0.31
−0.26 (stat.) ±0.01 (syst.)φSNO
NC = 5.21 ±0.27 (stat.) ±0.38 (syst.)(6)
⇒ nur 13 aller aktiven Neutrinos sind νe, der Rest sind νµ / ντ !
„Keine-Oszillationen“-Hypothese um 7 σ wiederlegt!⇒ Oszillationen der Sonnen-νe in νµ und/oder ντ
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 18 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Zusammenfassung
Neutrinomassen nach [1]:
mνe < 3 eVmνµ < 0.19 MeVmντ < 18.2 MeV
atmosphärische Neutrinos:
1.9× 10−3eV2 < δm2atm < 3.0× 10−3eV2
sin2 2θatm > 0.90
solare Neutrinos:
δm2� = (8.0+0.6
−0.4)× 10−5eV2
sin2 2θ� = 0.857+0.054−0.057
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 19 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Literatur
EIDELMAN, S. & HAYES, K. & OLIVE, K.: Review of Particle Physics.In: Physics Letters B 592 (2004), 1+http://pdg.lbl.gov
BAHCALL, J. N. & PEÑA-GARAY, C.: Solar models and solar neutrino oscillations.In: New Journal of Physics 6 (2004) 63
LOHRMANN, E. & HAIDT, D.: Neutrino-Oszillationen.In: Physik in unserer Zeit 31 (02/2000), 63
MCDONALD, A. B. : Solar Neutrino Measurements.In: New Journal of Physics 6 (2004) 121
BAHCALL, J. N.: Solar neutrinos: Where we are, what we need.In: Nuclear Physics A 631 (1998) 29
EITEL, K. & STEIDL, M.: Sind Neutrinos massebehaftet?.In: Forschungszentrum Karlsruhe, 33. Jahrgang 2/2002
SCHMITZ: Neutrinophysik. Erste Auflage. Teubner, 1997
Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 20 / 21
Experimente und Ergebnisse SNO
Literatur
BERGER, C.: Elementarteilchenphysik. Erste Auflage. Springer, 2002
FUKUGITA, M. & YANAGIDA, T.: Physics of neutrinos and applications to astrophysics. ErsteAuflage. Springer, 2003
CARROLL, B & OSTLIE, D.: An Itroduction to Modern Astrophysics. Addison-Wesley, 1996
http://www.quantum.physik.uni-mainz.de/neutrino/
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Tilman Birnstiel (Uni Würzburg) Neutrinoexperimente QFT-Seminar 21 / 21