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reportFalk SymposiumParis (Frankreich), 30. – 31. Mai 2014
Falk Symposium 192
IBD 2014: Thinking Out of the Box
IBD 2014: Thinking Out of the BoxParis (Frankreich), 30. – 31. Mai 2014
Wissenschaftliche Organisation
Prof. M. Allez Dr. S. Danese Prof. A. Dignaß Prof. P. MarteauParis Rozzano Frankfurt Paris
Falk Symposium 192
Herausgeber
Text
Christine Vetter Medizinische FachjournalistinKöln
Titelbild
Mesenchymale Stammzelle. Gefärbte rasterelektronenmi-kroskopische Aufnahme einer humanen mesenchymalen Stammzelle (MSC). MSCs sind multipotente Bindegewebs-zellen (Stromazellen), die in eine Vielzahl von weiteren Zelltypen (z. B. Osteoblasten, Chondrozyten und Adipozyten) differenzieren können. Die frühesten und ursprünglichsten MSCs können aus Nabelschnurgewebe gewonnen werden. Vergrößerung: 3000-fach, bei einer Bildgröße von 10 cm. (Steve Gschmeissner/Science Photo Library)
Porträtfotos, Fotos S. 32, S. 33 undFotos zu den Posterpreisen S. 23
© Kai-Uwe Wudtke, Freiburg
1. Auflage 2014
Leinenweberstr. 579108 FreiburgGermany
FALK FOUNDATION e.V.
2014
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .……………………………………………………………………………………………… 3
Falk Symposium 192IBD 2014: Thinking Out of the Box
Thinking Out of the Box: mit dem Blick über den Tellerrand zu Impulsen für eine optimierte Therapiestrategie ..……………………………………………… 4
Session I–IV .………………………………………………………………………………………… 8
„Wir sollten den Blick über den Tellerrand wagen, um Impulse für neue Therapieoptionen zu finden“(Interview Prof. Dr. Axel Dignaß) …………………………………………………………………… 16 Neue Therapeutika in der Pipeline: Hoffnung auf Fortschritte bei der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen .…… 18
Session V–VII .……………………………………………………………………………………… 22
„Die Behandlungsmöglichkeiten von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden sich erweitern“(Interview Prof. Dr. Britta Siegmund) ……………………………………………………………… 28
Referenten, Moderatoren und wissenschaftliche Organisatoren ………………………………… 30
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In den vergangenen Jahren und Jahr-zehnten hat es relevante Fortschritte im Verständnis der Pathogenese und in den Behandlungsmöglichkeiten der chronisch entzündlichen Darmerkran-kungen gegeben. Doch obwohl wir die Hintergründe von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zunehmend besser ver-stehen, ist eine Heilung der Erkran-kungen bislang nicht möglich. Daher besteht nach wie vor ein erheblicher Bedarf für Therapiefortschritte.
Eine Optimierung der Behandlung durch eine verbesserte Zusammenar-beit aller an der Versorgung beteiligten Ärzte ist zu erwarten. Außerdem gibt es Chancen auf Fortschritte durch eine in-tensivere Kooperation der Grundlagen-wissenschaftler und der klinischen For-scher, sodass sich neue Erkenntnisse rasch „From Bench to Bedside“ umset-zen lassen und den Patienten direkt zu-gutekommen können.
Verschiedene neue Therapieansätze chronisch entzündlicher Darmerkran-kungen befinden sich aufgrund neuer pathogenetischer Erkenntnisse bereits in der klinischen Entwicklung. Davon abgesehen, war die Zielsetzung des in-ternationalen Falk Symposiums 192 in Paris, unseren gedanklichen Horizont zu erweitern, über den Tellerrand zu schauen und mit einem „Thinking Out of the Box“ von anderen Fachdiszipli-nen zu lernen.
Wie groß das Interesse an einer kri-tischen Begutachtung etablierter Ver-fahren und der Suche nach neuen, möglicherweise auch unkonventio-nellen Optionen ist, zeigt die hohe Zahl von mehr als 1200 Teilnehmern aus mehr als 60 Nationen. Das ist damit die bislang bestbesuchte Veranstaltung in der Reihe der internationalen Falk Sym-posien. Damit wird die Forderung un-terstrichen, unseren Blick zu weiten und neue, auch nicht-etablierte Wege zu gehen, um langfristig Fortschritte bei der Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zu realisieren.
Prof. Dr. Axel DignaßFrankfurt
Falk Symposium 192
IBD 2014: Thinking Out of the Box
Vorwort
4
„Wir müssen lernen, unsere gewohnten Denkmuster zu verlassen und in neue Rich-tungen zu schauen, um in-novative Ansätze für die Er-forschung und die Entwick-lung neuer Behandlungs-optionen bei chronisch entzündlichen Darmerkran-kungen zu finden“, beton- te A. Dignaß, Frankfurt, bei der Eröffnung des Falk Symposiums 192 in Paris.
Grundlagenforscher und Kliniker zusammenzubrin-gen, dabei auch andere Fachdisziplinen einzubin-den und zu versuchen, so Im-pulse für neue Strategien in der Diagnostik und vor al-lem der Therapie chronisch entzündlicher Darmerkran-kungen (CED) zu erhalten, war eine der wesentlichen Zielsetzungen des Symposi-ums.
IBD 2014: Thinking Out of the Box
Thinking Out of the Box: mit dem Blick über den Tellerrand zu Impulsen für eine optimierte Therapiestrategie
Mikrobiom – pathogenetischer Faktor und Ziel neuer Therapieansätze
Das Themenspektrum war daher außer-ordentlich breit gefächert. Diskutiert wurden beispielsweise neue Erkennt-nisse im Zusammenspiel von Umwelt-faktoren und dem Mikrobiom des Darms, dessen Rolle für die Darm-gesundheit und folglich auch für die Entwicklung chronischer (Darm)erkran-kungen lange unterschätzt wurde. Ba-sierend auf den aktuellen Kenntnissen gibt es bereits Hinweise auf potenzielle neue Behandlungsverfahren, die auf die Normalisierung einer gestörten Darmflora abzielen.
In die Schlagzeilen gekommen ist insbe-sondere die Option der Stuhltransplan-tation, ein Verfahren, das primär bei der Behandlung der Clostridien-assoziierten Diarrhö erprobt wird, das aber auch the-rapeutische Bedeutung bei den CED ha-ben könnte.
Stenosierender Morbus Crohn – wie kommt es zur Fibrosierung?
Ein weiterer Schwerpunkt des Symposi-ums war die Entwicklung einer Fibrose, ein vor allem beim Morbus Crohn nicht seltenes Phänomen. Die Hintergründe der Fibrosierung, die zum stenosieren-den Morbus Crohn führen kann, wer-den noch nicht völlig verstanden, the-rapeutisch bleibt bislang meist lediglich das chirurgische Vorgehen.
„Die Fibrosierung dürfte beim Morbus Crohn letztlich ähnlich ablaufen wie etwa bei der Entwicklung einer Lun-gen- oder einer Leberfibrose. Wir soll-ten deshalb prüfen, ob die bei diesen Erkrankungen entwickelten Behand-lungsverfahren auch beim Morbus Crohn hilfreich sein können“, erklärte A. Dignaß.
Fortschritte im Management der CED verspricht sich der Gastroenterologe für die Zukunft außerdem von innovati-ven Therapieansätzen wie der Stamm-zelltherapie, die in anderen Fachberei-chen wie der Kardiologie und der
Hämatologie erprobt wird und zum Teil auch bereits Anwendung findet.
In Studien wird ferner die therapeuti-sche Bedeutung von Phosphatidylcho-lin geprüft, ein physiologischer Be-standteil von Zellmembranen und wichtiger Bestandteil des intestinalen Mukus, für das es aus ersten Studien Hinweise für eine therapeutische Effek-tivität vor allem bei der Colitis ulcerosa gibt.
„Auch die Frage, wie sich die geneti-schen Hintergründe bei chronisch ent-zündlichen Darmerkrankungen in das Management einbinden lassen und wie wir dazu kommen können, eine sich an der genetischen Prädisposition und den sogenannten „omics“ orientieren-de personalisierte Therapie zu reali- sieren, ist ein brennendes Thema“, so A. Dignaß.
Der Krankheitsverlauf ist nicht vorhersagbar
Eine medizinische Herausforderung beim Management von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist zudem die hohe Variabilität des Krankheitsverlaufs.
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Abb. 1 Medikamentöse Standardtherapie der CED (Dignass A, et al.: J Crohns Colitis. 2010;4:28–62; Dignass A, et al.: J Crohns Colitis. 2012;6:991–1030; Hoffmann JC, et al.: Z Gastroenterol. 2008;46:1094–1146; Dignass A, et al.: Z Gastroenterol. 2011;49:1276–1341) (Mit freundlicher Genehmigung von A. Dignaß, Frankfurt)
MedikamentöseStandardtherapie
der CED
AminosalicylateMesalazin
SulfasalazinOlsalazinBalsalazid
ProbiotikaE. coli Nissle
SteroideHydrocortison
PrednisonMethylprednisonBeclomethason
Budesonidu. a.
SupportivaLoperamid
BallaststoffeCholestyraminSpasmolytika
AnalgetikaVitamine Immunmodulatoren
Azathioprin/6-MPMTX
Tacrolimus/Cyclosporinu. a.
Ernährungparenteral
enteral AntibiotikaCiprofloxazinMetronidazol
BiologikaInfliximab
Adalimumab
Chirurgiez. B. bei narbigen Stenosen, Neoplasien, refraktären Verläufen, Therapienebenwirkungen
Zwar zeigen beide Krankheitsbilder ei-nen schubförmigen Verlauf, was dies jedoch im Einzelfall bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein, wie A. Dignaß darlegte: „Es gibt Patienten, die für Jah-re in Remission sind, während andere wiederum einen chronisch aktiven Ver-lauf mit trotz umfangreicher Therapie lang anhaltender hoher Krankheitsakti-vität aufweisen“.
Bislang ist es jedoch nicht möglich, den Verlauf der Erkrankung im individuel-len Fall vorherzusagen (Abb. 2).
Doch auch wenn Patienten einen über lange Zeit weitgehend stabilen Verlauf zeigen, ist stets mit dem Auftreten von Krankheitskomplikationen zu rechnen. Was dies konkret bedeuten kann, ver-deutlichte A. Dignaß an den Beispielen von 2 Patientinnen mit zunächst stabi-lem Morbus Crohn.
Eine der beiden Frauen wurde schwan-ger, woraufhin der Gynäkologe das ver-ordnete Immunsuppressivum absetzte. Das hatte das Auftreten einer erneut ho-hen Krankheitsaktivität zur Folge.
Im zweiten Fall klagte die Patientin aus der Remissionsphase heraus über zu-nehmende Bauchschmerzen und Leis-tungsschwäche. Es war ein Abfall des Hämoglobinwerts auffällig, ohne dass jedoch eine Blutung erkennbar war. Bei der eingehenden Untersuchung wurde schließlich als Zweiterkrankung neben dem Morbus Crohn ein Adenokarzinom im Dünndarm entdeckt.
„Solche komplizierten Verläufe sind in der Praxis oft schwierig zu behandeln, klare Vorgaben aus den Leitlinien gibt es nicht“, erläuterte A. Dignaß (Abb. 3).
Warum wirkt die Therapie nicht immer?
Bleibt der erwartete Therapieerfolg aus, so ist zunächst zu hinterfragen, ob tat-sächlich die richtige Diagnose gestellt wurde. Zu prüfen ist ferner, ob die rich-tige Medikation in der optimalen Do-sierung verordnet und vom Patienten tatsächlich auch eingenommen wurde. Zudem ist an die Möglichkeit einer Su-perinfektion zu denken und es ist gege-benenfalls die Therapie zu optimieren (Abb. 4).
Trotz evidenzbasierter Medizin und Leitlinien sind dabei häufig individuelle Entscheidungen notwendig und ganz generell ist, so A. Dignaß abschließend, eine interdisziplinäre gastroenterolo-gisch-chirurgische Therapieplanung er-forderlich.
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Abb. 2 Endoskopiebefund einer 30-jährigen Patientin mit Colitis ulcerosa (A. Dignaß, Frankfurt)Abb 2 Endoskopiebefund einer 30 jährigen Patientin mit Colitis ulcerosa
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Abb. 3 Ausgewählte CED-Medikamente in der Schwangerschaft (Dignass A, et al.: Dig Dis. 2009;27:341–6) (Mit freundlicher Genehmigung des Verlags S. Karger AG, Basel)
Medikament Sicherheit
5-ASA/SASP sicher
Olsalazin nur im Ausnahmefall
Kortikosteroide sicher
Azathioprin/6-MP wahrscheinlich sicher
Methotrexat (MTX) nicht sicher
Cyclosporin/Tacrolimus wahrscheinlich sicher
Infliximab vermutlich kein erhöhtes Risiko
Adalimumab vermutlich kein erhöhtes Risiko
Loperamid wahrscheinlich sicher
Metronidazol, Ciprofloxazin möglich, Reserve
Probiotika vermutlich sicher
Flohsamenschalen sicher
Abb. 4 Gründe für Therapieversagen (A. Dignaß, Frankfurt)
Warum wirkt die Therapie nicht immer?
falsche Diagnose, Superinfektion?
falsche oder suboptimale Anwendung geeigneter Medikamente (Dauer, Dosis)
Versagen, unzureichende Wirkung oder nicht akzeptable Nebenwirkungen von Medikamenten
mangelnde Therapieadhärenz
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Steigende Inzidenz bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa steigen Inzidenz und Prävalenz seit Jahren an und das nach B. Moum, Oslo, weltweit, in besonderem Ausmaß jedoch in den Industrienationen. Allerdings gibt es bei der Krankheitshäufig-keit relevante lokale Unterschiede, was auf unterschiedliche Umwelteinflüsse zurück-zuführen sein dürfte. Sowohl die Ernäh-rungsgewohnheiten, das Rauchverhalten, die Verordnungshäufigkeit von Antibiotika, die Häufigkeit von Appendektomien sowie weitere Faktoren dürften eine Rolle spielen. Allerdings ist davon auszugehen, dass nicht ein einzelner Faktor allein, sondern das Zu-sammenspiel vieler verschiedener Fakto-ren unseres modernen Lebens den Krank-heitsanstieg bei CED triggert (Abb. 5).
Auch bei der Ausprägung der Symptoma-tik gibt es bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa erhebliche Unterschiede bei den Patienten, wobei der Krankheitsverlauf im individuellen Fall bislang nicht vorherseh-bar ist. Doch es gibt Hinweise, dass der Krankheitsverlauf in der heutigen Zeit bei der Mehrzahl der Patienten günstiger ist als beispielsweise in den 1980er-Jahren, was auf Fortschritte in der Diagnostik und Therapie zurückzuführen sein dürfte.
Das Mikrobiom günstig modulieren
Bei den Forschungsaktivitäten zu den CED ist laut H. Sokol, Paris, in jüngster Zeit das Mikrobiom in den Fokus gerückt. Es meh-ren sich Hinweise, wonach Störungen der
bakteriellen Besiedlung des Darms we-sentlich für die Pathogenese verantwort-lich sind und zum Beispiel postoperativ das Wiederauftreten eines Morbus Crohn bedingen können. Es ist mehrfach be-schrieben worden, dass die bakterielle Flo-ra bei Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ein etwas anderes Muster als bei gesunden Probanden aufweist. So liegt es nahe, zu versuchen, therapeutisch eine Modifizierung der bakteriellen Flora anzustreben. Theoretisch zu erwägen ist eine Antibiotikatherapie, um durch eine primäre Elimination bzw. Reduktion der Flora anschließend eine Wiederherstel-lung des „normalen Ökosystems“ zu erwir-ken, ein Ansatz, der bislang allerdings nicht erfolgreich war. Auch Behandlungs-versuche mit Probiotika sowie einer Stuhl-transplantation zeigten bisher keine über-zeugenden Effekte. Für die Zukunft sollte laut H. Sokol deshalb eher versucht wer-den, das Gleichgewicht pro- und antiin-flammatorisch wirkender Bakterien güns-tig zu modulieren – beispielsweise durch die Behandlung mit antiinflammatorisch wirkenden Bakterien wie Faecalibacteri-um prausnitzii. Für diese konnten in vitro wie auch bereits in vivo beim Tier immun-modulatorische und direkt antiinflamm-atorische Effekte dokumentiert werden.
Session I
Umwelt und
Darmflora
bei chronisch
entzündlichen
Darmerkrankungen:
gemeinsame Aus-
lösung der CED?
Abb. 5 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Ernährung: unbewiesene Zusammenhänge
Colitis ulcerosa
Morbus Crohn
Kuhmilch
Fette
Ballaststoff-arme Kost
Zucker
Margarine
?
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?
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Stuhltransplantation bei CED
Unklar ist bislang die potenzielle Rolle der Stuhltransplantation bei CED. Das Verfahren ist keineswegs neu. Berichte zu Anwendungen gibt es nach J. Raes, Brüs-sel, bei Patienten mit schwerer Diarrhö schon aus dem 4. Jahrhundert in China. Im 17. Jahrhundert hat die Stuhltrans-plantation dann die Veterinärmedizin erobert, wobei vor allem Pferde behan-delt wurden. Es gibt ferner Berichte, dass Beduinen kranke Kamele mittels Faezes kurieren.
Auch beim Menschen wurde die Stuhl-transplantation bereits 1958 praktiziert. Es sind 4 Kasuistiken zur Fäkaltherapie bei Patienten mit lebensbedrohlicher intesti-naler Infektion überliefert. „In jüngster Zeit gibt es wieder zunehmend Berichte zur Stuhltransplantation“, erklärte J. Raes. Erprobt wird das Verfahren primär bei der Antibiotika-assoziierten therapierefraktä-ren Clostridium-difficile-Infektion. Als wei-tere potenzielle Indikationen nannte er CED, Adipositas, metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes und Reizdarmsyndrom. Allerdings dürfte der Weg bis zur klini-schen Etablierung der Fäkaltherapie noch weit sein, denn, so J. Raes „es gibt noch sehr viele offene Fragen.“ Diese betreffen den Wirkmechanismus, die optimale An-wendungsform und insbesondere die Si-cherheit der Stuhltransplantation.
Strategien, das veränderte Mikrobiom zu modifizieren
Daran, dass eine veränderte mikrobielle Zusammensetzung der Darmflora an den Krankheitsprozessen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa beteiligt ist, besteht nach J.M. Rhodes, Liverpool, kein Zweifel. Die Mechanismen könnten allerdings bei den beiden Erkrankungen unterschiedlich sein. So scheinen beim Morbus Crohn genetische Veränderun-gen einen Defekt des angeborenen Im-munsystems zu bedingen, der die Invasi-on von Bakterien und insbesondere von E. coli in die Darmwand erleichtert. Bei der Colitis ulcerosa scheinen hingegen Umweltfaktoren eine stärkere Rolle zu spielen und die Interaktion zwischen bakteriellen Komponenten und der Epi-theloberfläche zu modulieren (Abb. 6).
Es gibt laut J. Rhodes aus theoretischen Überlegungen heraus verschiedene An-satzpunkte, um das gestörte Gleichge-wicht der Darmflora zu modifizieren:
– die Verabreichung von Präbiotika, die als pflanzliche Ballaststoffe das Wachstum pro- biotischer Bakterien im Darm begünstigen, – die Behandlung mit genetisch modifizierten Bakterien als Probiotika, – die Gabe von „Kontrabiotika“, zum Beispiel löslicher Pflanzenfasern, die Interaktionen der Bakterien mit der Darmwand verhindern und– die enterale Ernährung zur Reduktion des Substrats für das Mikrobiom.
Die Behandlungsversuche mit Präbiotika verliefen bislang enttäuschend. Vielver-sprechender sind die Befunde mit Probio-tika, denen möglicherweise ein Stellen-wert beim Remissionserhalt der Colitis ulcerosa zukommen kann. „Kontrabiotika“ wurden bislang kaum beim Menschen un-tersucht, allerdings gibt es gute Hinweise dafür, dass eine faserreiche Ernährung das Risiko der Entwicklung eines Morbus Crohn mindert. Hinsichtlich der enteralen Ernährung existieren hingegen bislang le-diglich Fallberichte, wie etwa die Kasuistik eines Kindes mit Morbus Crohn, bei dem sich nach der enteralen Ernährung das Mikrobiom-Profil „normalisierte“.
Abb. 6 Pathogenese der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (J.M. Rhodes, Liverpool)Abb 6 Pathogenese der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (J M Rhodes Liverpool)
Das Paradigma gerade ziehen!
und/oder
Angeborene Immundefekte, Immunregulation und/oder mukosale Barriere
Bakterien
CED-Gene
Bakterielle Invasion
(besonders E. coli) durch M-Zellen
Morbus Crohn
Umweltfaktoren
Wechselwirkung zwischen Bakterien-
bestandteilen und dem
Oberflächenepithel
Colitis ulcerosa
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Session II
Fibrose
bei chronisch
entzündlichen
Darmerkrankungen
Intestinale Fibrose – übersteigerter Wundheilungsprozess
Zur Entwicklung einer intestinalen Fib-rose kommt es nach T. Torres Pizzaro, Cleveland, durch einen übersteigerten Wundheilungsprozess mit vermehrter Bildung und Deposition extrazellulärer Matrix. Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa kommt es wiederholt zu Entzündungsreaktionen, die eine solche „übersteigerte Wundhei-lung“ und damit eine intestinale Fibrose auslösen können. „Besonders häufig ist dieses Phänomen beim Morbus Crohn zu sehen“, betonte die Wissenschaftlerin. Rund ein Drittel der Crohn-Patienten entwickelt im Verlauf seiner Erkrankung eine derartige Komplikation. Die zentrale Behandlungsoption besteht bislang in einer Operation, wenn sich durch die Fib-
rosierung relevante Strikturen und Ob-struktionen ausgebildet haben (Abb. 7). Innerhalb von 6 Jahren kommt es aller-dings bei 40% der Patienten zum Rezi-div, 70% haben innerhalb von 15 Jahren erneut relevante Strikturen ausgebildet.
Für einen frühzeitigen Einsatz effektiver Therapeutika zur Eindämmung der Entzün-dungsreaktion plädierte G. van Assche, Leuven: „Der Darm ist ein wertvolles Or-gan, das wir dem Patienten unbedingt erhalten müssen.“ Denn wiederholte Re-sektionen führen zwangsläufig zu Funk-tionsverlusten mit dem Risiko der Ent-wicklung eines Kurzdarmsyndroms.
Zu erwägen sind deshalb auch endos-kopische Dilatationen bei Patienten mit Strikturen, die unter 5 cm lang sind, wo-bei allerdings ein zu berücksichtigen-des Komplikationsrisiko besteht.
Für eine eher frühzeitige Resektion im Fall von Strikturen sprach sich A. D‘Hoore, Leuven, aus. Der Eingriff ist sicher, sollte aber nur nach sorgfältiger Patientenselek-tion erfolgen und möglichst wenig invasiv (laparoskopisch) durchgeführt werden.
Abb. 7 Klinischer Verlauf eines fibrostenosierenden Morbus Crohn (Pariente B, et al.: Inflamm Bowel Dis. 2011; 17:1415–22)
g y
Inte
stin
ale
Sch
ädig
un
g
SubklinischeEntzündung
Inte
stin
ale
Sch
S bkli i h Frühphase Spätphase Postoperatives Rezidiv
Klin
ische A
ktivitätStriktur
Fisteln
Abszess
Operation
Striktur
Intestinale Fibrose – von anderen Krankheits-bildern lernen
Die Entwicklung von Fibrosierungen ist nach G. Rogler, Zürich, ein häufiger Grund für chirurgische Eingriffe bei CED-Patienten. Auch bei anderen Krankheits-bildern kommt es auf dem Boden chroni-scher Entzündungsprozesse zu solchen Phänomenen.
Damit ergibt sich zwangsläufig die Chance, hinsichtlich der Entwicklung neuer Therapieverfahren von anderen Erkrankungen wie etwa der Leberfibro-se zu lernen.
Als potenzielle Targets künftiger Thera-piestrategien bei der Leberfibrose nannte G. Rogler Wirkstoffe, die die Zellproliferation sowie die Angiogene-se hemmen, Fibrogeneseinhibitoren sowie Wirkstoffe, die den Abbau von extrazellulärer Matrix forcieren. Ansätze hierfür bieten Hemmstoffe von Wachs-tumsfaktoren wie dem TGF-β (Trans-forming Growth Factor), Angiotensin- Rezeptorinhibitoren, ACE-Hemmer, CTGF- Antagonisten, Cannabinoid-R1-Anta-gonisten und LPA-1-Antagonisten. Au-ßerdem wird an der Entwicklung von TIMP-Inhibitoren, LOXL-2-Inhibitoren sowie an einer zellmodulierenden The-rapie gearbeitet.
Ähnlich gelagert wie bei der Leberfib-rose ist die Situation bei der Lungenfib-rose, bei der vergleichbare Strategien bei der Suche nach neuen Therapieop-tionen verfolgt werden. Dabei wird zum einen versucht, über Entzündungszel-len und deren Mediatoren und zum an-deren über Parenchymzellen und die von diesen gebildeten Botenstoffe Ein-fluss auf die Fibroblasten zu nehmen (Abb. 8).
Bei der Lungenfibrose sind bereits erste Wirkstoffe wie das Pirfenidon, das die Synthese profibrotischer und inflamm-atorischer Mediatoren hemmt, in klini-scher Anwendung.
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Entzündungszellen
Eosinophile
Mastzelle
Makro- phage
Lymphozyt
Parenchymzellen
Epithelzellen
Endothelzelle
Fibroblast
(+) IL-4
(+) IL
-4
(–) γIFN
(+) IL-4 FGF-2
TGF-β(+) TNF IL-1
PDGF IGF-1
HB-EGF(+) TGF-α
Endothelin-1
PDGF
HB-EGF
(+) TGF-α, TGF-β
Endothelin
-1
(–) PGE 2
Abb. 8 Lungenfibrose (Mason RJ, NHLBI Workshop Summary: Am J Respir Crit Care Med. 1999;160:1771–7)
Stammzell-transplantation – Option auch bei CED?
Als eine potenzielle künftige Option zur CED-Behandlung wurde unter anderem die Stammzelltransplantation diskutiert. Erfahrungen liegen nach A.M. Zeiher, Frankfurt, bereits aus der Kardiologie vor, wobei die Stammzelltransplantation vor allem als Therapieoption beim aku-ten Myokardinfarkt und bei chronischer Herzinsuffizienz nach einem Infarktge-schehen gesehen wird.
Mit dem Verfahren verbindet sich die Hoffnung, die kardiale Regeneration an-kurbeln zu können.
Bereits etabliert ist die autologe Stamm-zelltherapie laut M. Allez, Paris, bei den hämatologischen Erkrankungen. Das Ver-fahren ist jedoch nicht ohne Risiko. Die Mortalität liegt im Mittel bei 1,7% und ran-giert je nach Krankheitsbild zwischen 1 und 10%. Ursache für Todesfälle ist dabei meist die Entwicklung einer Sepsis. Auch beim Morbus Crohn laufen seit einiger Zeit Studien zur Transplantation autologer hämatopoetischer Stammzellen wie die ASTIC-Studie (Autologous Stem Cell Trans-plantation International Crohn’s Disease Trial). Als potenzielle Mechanismen der autologen Stammzelltransplantation nann-te M. Allez die Eradikation von Effektor- und Gedächtnis-T-Zellen und praktisch einen „Reset“ des Immunsystems durch die maximale Immunsuppression.
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Session III
Zellbasierte
Therapien
Abb. 9 Hintergrund mesenchymaler Stammzellen (Caplan AI, Bruder SP.: Trends Mol Med. 2001;7:259–64)
“Because large numbers of MSCs can be generated in culture, tissue-engineered constructs principally composed of these cells could be re-introduced into the in vivo setting. This approach is now being explo-red to regenerate tissues that the body cannot naturally repair or regenerate when challenged.”
eered constructs principally cells could be re-introduced into
This approach is now being explo-ues that the body cannot naturally
when challenged.”
Osteogenesis
TransistoryOsteoblast
Osteoblast
Osteocyte
Knochen
Chondrogenesis
TransistoryChondrocyte
Chondrocyte
HypertrophicChondrocyte
Knorpel
Myogenesis
Myoblast
Myoblast fusion
Myotube
Muskel
Marrow stroma
Transistorystroma cell
Uniquemicro-niche
Stromal cell
Knochenmark
Tendogenesis/Ligamentogenesis
Transistoryfibroblast
T/L fibroblast
Sehne/Bänder
Andere
Adipocytes, dermal and other cells
Bindegewebe
Zunahme
Bindung
Verlauf
Differenzierung
Reifung
Mesenchymale Stammzelle (MSC)
MSC-Zunahme
Auch eine mesenchymale Stammzelltrans-plantation wird nach L. Egan, Galway, beim Morbus Crohn in Betracht gezogen. Zum Einsatz kommen dabei mesenchymale Stro-mazellen (MSC), die zu ganz unterschiedli-chen Zellen wie beispielsweise Knochen- und Knorpelzellen, aber auch Muskel- und Bindegewebszellen differenzieren können (Abb. 9). Erste Versuche mit der mesenchy-malen Stammzelltransplantation gibt es beim fistulierenden perianalen Morbus Crohn, wobei in 7 von 10 Fällen ein komplet-ter Fistelverschluss erwirkt werden konnte. Mittlerweile ist eine regelrechte „Explosion“ der Publikationen zur Stammzelltherapie mit unzähligen positiven Befunden in tier-experimentellen Studien zu beobachten. Es gibt zudem aus mehreren kleinen, meist of-fenen Studien Hinweise darauf, dass es sich um ein vielversprechendes Verfahren han-delt, das bei Patienten mit refraktärem peri-analem Morbus Crohn effizient und sicher ist (Abb. 10). Allerdings fehlen hierfür noch wissenschaftlich überzeugende Belege aus größeren Phase-III-Studien.
Weiterer Bedarf für Therapiefortschritte
Zwar hat es bei der Behandlung der CED nicht zuletzt durch die Etablierung der Biologika Fortschritte gegeben, nach wie vor aber besteht laut J.-F. Colombel, New York, großer Bedarf für weitere Fort-
schritte. Denn rund 30% der Patienten mit einer CED sprechen auf Biologika schon primär nicht an. Hoch ist zudem die Zahl der Patienten mit Sekundärversagen auf diese Therapie. Innovative Therapieansät-ze könnten sich aus dem besseren Ver-ständnis der Biologie der Erkrankung er-geben. So wird zunehmend klar, dass den Störungen ein Ungleichgewicht zwischen den proinflammatorischen Th17-Zellen und den antiinflammatorischen T
reg-Zellen
zugrunde liegt. Das nährt die Hoffnung, mittels einer antigenspezifischen regula-torischen T-Zell-Therapie das gestörte Gleichgewicht wiederherstellen zu kön-nen. Eine Studie läuft bereits bei Patienten mit refraktärem Morbus Crohn.
Zytokine bei der Therapie der CED
Inzwischen gibt es verschiedene Wirk-stoffe, die direkt die Zytokinsekretion
und Zytokinwirkung modulieren und somit eine CED beeinflussen. Dabei werden 4 wesentliche Zytokinfamilien unterschieden: die TNF-, die Chemokin-, die Interferon- und die Hämatopoietin-Familie. Vor allem die Anti-TNF-Strate-gien haben sich laut S. Schreiber, Kiel, gut etabliert und zeigen meist zunächst eine gute klinische Wirksamkeit. „Ein Problem ist aber, dass die anfängliche Effektivität im Laufe des ersten Jahres bereits oft verlorengeht“, sagte der Me-diziner. Es sollte daher versucht werden, die Behandlung zu optimieren, um die klinische Wirksamkeit länger zu erhal-ten.
Als potenziellen neuen Ansatz zur Be-handlung der CED stellte S. Schreiber die JAK (Janus-Kinase)-Inhibitoren vor. Ein erster Vertreter, das Tofacitinib, ist in den USA bereits zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen, bis-lang jedoch nicht in Europa. Allerdings laufen bereits Erfolg versprechende kli-nische Studien bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, deren erste Ergebnisse sehr ermutigend sind und deren weite-re Erkenntnisse mit Spannung erwartet werden.
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Abb. 10 Perianal fistulierender Morbus Crohn (L. Egan, Galway)
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Session IV
Neue Therapie-
optionen oder
neue Therapie-
strategien
bei den CED?
Phosphatidylcholin – vielversprechender neuer Therapieansatz
Dass sich nicht alle Hoffnungen, die in neue Therapieansätze gesetzt werden, erfüllen, machte J. Schölmerich, Frank-furt, am Beispiel der Eier des Schweine-peitschenwurms (Trichuris suis ova, TSO) deutlich. So waren nach positiven tierexperimentellen Befunden in 2 ers-ten kleineren klinischen Studien zu-nächst vielversprechende Ergebnisse bei Patienten mit Colitis ulcerosa und Morbus Crohn gesehen worden. In gro-ßen multizentrischen randomisierten Studien bei Patienten mit aktivem Mor-bus Crohn konnten diese allerdings nicht verifiziert werden.
Große Hoffnungen setzen die Wissen-schaftler weiterhin auf den Ansatz, mit
Phosphatidylcholin eine Stärkung der Barrierefunktion bei der Colitis ulcerosa zu vermitteln (Abb. 11). Als Rationale für diesen Ansatz nannte J. Schölmerich Beobachtungen, wonach bei Patienten mit Colitis ulcerosa praktisch regelhaft eine verminderte Konzentration an Phosphatidylcholin im Mukus zu finden ist. Darüber hinaus gibt es aus kleine-ren Studien erste positive Daten bei Patienten mit steroidrefraktärer und chronisch aktiver Colitis ulcerosa. Doku-mentiert wurde eine klare Dosis-Wir-kungs-Beziehung, der klinische Effekt war demjenigen von Mesalazin ver-gleichbar.
Neue Therapieansätze in Entwicklung
Auch im Bereich der Biologika dürfte es schon bald neue Therapeutika geben, ver-mutete B.E. Sands, New York. Als Beispiel nannte er den Integrin-Antagonisten Vedolizumab, der sich vom Natalizumab,
das bei der Behandlung der Multiplen Sklerose etabliert ist, ableitet. Auch Natalizumab selbst ist bei CED wirk-sam, hat jedoch das Problem, eine na-hezu immer letal verlaufende progres-sive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) induzieren zu können.
Dieses Risiko besteht bei den Integrin-Antagonisten der zweiten Generation wie Vedolizumab und Etrolizumab nicht, da diese ihre Wirkung spezifisch im Darm entfalten. Mit dem Antikörper Usteki-numab sowie dem JAK-Inhibitor Tofaciti-nib gibt es weitere Hoffnungsträger in der pharmazeutischen Pipeline.
Nicht nur die Symptomatik behandeln
Doch nicht nur neue Wirkstoffe können die therapeutischen Erfolge vorantrei-ben, es ist außerdem, so R. Panaccione, Calgary, eine Optimierung der therapeu-tischen Algorithmen erforderlich.
Phosphatidylcholin (PC) ist im intestinalen Mukus bei Patienten mit Colitis ulcerosa vermindert. Ergänzung des fehlenden PC im Kolon rekompensiert die PC-Konzentration und stabilisiert die Mukosabarriere
PCLamellen-
körperchen
PC 22LPC 2Sph 16PI 14PS 18
PC 58LPC 33Sph 7PI 2PS 0
Abb. 11 Schematische Anordnung von Phosphatidylcholin im Mukus (W. Stremmel, Heidelberg)
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Dabei muss es Ziel sein, nicht die Symp-tomatik allein zu behandeln, sondern konsequent die Läsionen zur Heilung zu bringen. Wird eine Mukosaheilung erreicht, so resultieren wahrscheinlich stabilere Remissionen, eine Reduktion der Operationsbedürftigkeit, eine Stei-gerung der Lebensqualität und der Produktivität im Arbeitsleben der Pati-enten. Die Kehrseite der Medaille aber ist eine aggressivere und damit poten-ziell nebenwirkungsträchtigere Thera-pie, die zudem höhere Kosten verursa-chen dürfte.
Dass das Konzept des „Treat to Target“ dennoch aufgeht, belegen die Erfah-rungen aus der Rheumatologie, in der dieses Prinzip bereits seit Jahren mit Erfolg therapeutisch verfolgt wird. Zu optimieren wäre nach J. Panès, Barce-lona, auch die Durchführung klinischer Studien. Dabei gilt es, die Patienten gut zu charakterisieren, um „nicht mögli-cherweise wirksame Medikamente bei Subgruppen zu übersehen.“
Wünschenswert wären zudem mehr Biomarker und Prädiktoren, um die in Studien ermittelten Daten besser inter-pretieren und auch subgruppenspezifi-sche Therapien entwickeln zu können.
Darmwand-übergreifende Aktivität
Histologische Aktivität
Symptome
Klinische Aktivität - CRP
- Calprotectin
Endoskopische Aktivität
Abb. 12 Präventionsziele der Krankheitsprogression (G. D’Haens, Amsterdam)
Abb. 13 Zukünftige Studienstrategien (J. Panès, Barcelona)
Was zukünftige Studien beinhalten sollten
Identifizierung neuer Auslöser und Krankheitsmechanismen
Charakterisierung und Vorhersage individueller Patientenrisiken, Krankheitsverläufe und Geschwindigkeiten
Neue Ansatzpunkte im KrankheitsgeschehenErfolgsvorhersage einer kontinuierlichen
Langzeittherapie
Auch wenn die Mehrzahl der Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit den etablierten Therapie-optionen gut zu behandeln ist, gibt es doch Bedarf für Therapiefortschritte.
Warum sich in dieser Hinsicht der Blick über den Teller-rand hinaus lohnt, erläutert Professor Dr. Axel Dignaß aus Frankfurt als einer der wissenschaftlichen Organisatoren des Falk Symposiums 192 in einem Interview.
Redaktion:
Herr Professor Dignaß, warum haben Sie
„Thinking Out of the Box“ als Motto für das
Symposium gewählt?
Professor Dignaß:
Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, bei den chro-
nisch entzündlichen Darmerkrankungen
einmal unsere gewohnten Denkmuster zu
verlassen, über den Tellerrand hinaus zu
schauen und dabei auch von anderen Fach-
disziplinen zu lernen. Wir haben deshalb
zum Beispiel einen Kardiologen als Referen-
ten eingeladen, der uns die Rolle der Stamm-
zelltransplantation bei kardiologischen Er-
krankungen erläutert hat. Zudem haben wir
uns beim Symposium auch eingehend über
die Rolle der hämatopoetischen Stammzel-
len bei onkologischen Erkrankungen infor-
miert. Wir haben ferner Rheumatologen und
Hepatologen eingebunden, um zu erfahren,
wie in diesen Bereichen mit chronisch ent-
zündlichen Erkrankungen umgegangen
wird. Ein weiterer Schwerpunkt war der in-
tensive Austausch mit unseren chirurgi-
schen Kollegen, mit denen wir Tag für Tag
interdisziplinär zusammenarbeiten. Auch
da gilt es, einmal aus dem üblichen Gedan-
kenkonstrukt herauszutreten und Wege zu
finden, wie sich die Zusammenarbeit viel-
leicht noch optimieren lässt.
Redaktion:
Erhoffen Sie sich von diesem Ansatz auch
Impulse für neue Therapiestrategien bei
den chronisch entzündlichen Darmer-
krankungen?
Professor Dignaß:
Ich bin davon überzeugt, dass wir von den
anderen Fachdisziplinen lernen und Anre-
gungen für neue Therapieoptionen bekom-
men können. Zum Beispiel verläuft bei den
rheumatischen Krankheitsbildern vieles
IBD 2014: Thinking Out of the Box
„Wir sollten den Blick über den Tellerrand wagen, um Impulse für neue Therapieoptionen zu finden“ Interview mit Professor Dr. Axel Dignaß, Frankfurt
16
ähnlich wie bei den CED und es gibt mit den
Biologika durchaus vergleichbare Therapie-
ansätze. So ist beispielsweise der Antikörper
Ustekinumab zur Behandlung der Psoriasis
und der Psoriasis-Arthritis zugelassen und
wird derzeit auch beim Morbus Crohn hin-
sichtlich seiner klinischen Wirksamkeit in
puncto Inflammation geprüft. Ein anderes
Feld sind die fibrotischen Veränderungen,
wobei zum Beispiel Medikamente, die bei
der Lungenfibrose zum Einsatz kommen,
möglicherweise auch beim stenosierenden
Morbus Crohn therapeutische Bedeutung
haben können. Ein möglicher Ansatz, der
derzeit Schlagzeilen macht, ist außerdem
die Mikrobiomtherapie mittels einer Stuhl-
transplantation, sodass es ratsam erschien,
uns diese potenzielle Behandlungsform von
einem Mikrobiologen darstellen zu lassen.
Aus solchen Ansätzen könnten sich in der
Zukunft neue relevante Therapieoptionen
bei chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen ergeben.
Redaktion:
Das signalisiert zugleich, dass es noch Hand-
lungsbedarf gibt. Wo sind therapeutische
Fortschritte nötig?
Professor Dignaß:
Wir können derzeit rund 70% der Patienten
mit chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen gut behandeln. Bei 30% der Patien-
ten aber gibt es einen Bedarf für eine Thera-
pieoptimierung, sei es weil sie auf die
verfügbaren Medikamente nicht ausrei-
chend ansprechen, weil sie mit Nebenwir-
kungen auf die Medikation reagieren oder
weil die klinische Wirksamkeit nicht langfris-
tig erhalten bleibt. Für diese Patienten brau-
chen wir unbedingt Therapiefortschritte.
Redaktion:
In welchen Bereichen liegt der Hauptbedarf
für Fortschritte?
Professor Dignaß:
Wir haben vergleichsweise weniger Schwie-
rigkeiten bei der Akuttherapie. Es gelingt in
aller Regel gut, eine Remission der Erkran-
kung zu erreichen. Schwieriger ist es, die Re-
mission langfristig nebenwirkungsfrei zu er-
halten. Speziell für diesen Bereich hoffen wir
daher auf Fortschritte in der Zukunft.
Redaktion:
Gibt es auch bei der etablierten Therapie
Chancen für eine Optimierung?
Professor Dignaß:
Ohne Zweifel wird bislang zum Teil nicht leit-
liniengerecht behandelt. Die Leitlinien sollen
keinesfalls eine Art Gängelband für die Ärzte
sein und es gibt sicherlich so manche klini-
sche Situation, in der man sich bewusst ge-
gen ein Vorgehen nach den offiziellen Leitli-
nien entscheiden muss. Es handelt sich bei
diesen jedoch um Empfehlungen zur opti-
malen Nutzung der verfügbaren Therapie-
optionen und in aller Regel wird man gut
beraten sein, sich im diagnostischen und
therapeutischen Vorgehen an den Leitlinien
zu orientieren. Denn wenn man falsche Do-
sierungen einsetzt, die Kombination von
Wirkstoffen nicht optimal gestaltet oder
nicht entsprechend der pharmakokineti-
schen Profile der Substanzen behandelt,
kann man kaum einen guten Therapieerfolg
erwarten. Leider gibt es Untersuchungen, die
zeigen, dass Fehler bei der Therapieplanung
noch an der Tagesordnung sind. Es gibt bei-
spielsweise Befunde, wonach Mesalazin, im-
merhin die Standardtherapie bei der Colitis
ulcerosa, nur bei ungefähr jedem dritten Pa-
tienten in adäquater Dosierung verordnet
wird.
Redaktion:
Woran liegt das und wie lässt sich die Situa-
tion bessern?
Professor Dignaß:
Eine Ursache dürfte sein, dass es sich bei der
Colitis ulcerosa und beim Morbus Crohn um
vergleichsweise seltene Erkrankungen han-
delt, mit denen die Allgemeinmediziner, In-
ternisten und praktischen Ärzte deutlich sel-
tener konfrontiert werden als beispielsweise
mit einer Hypertonie oder einem Diabetes.
Das wiederum bedingt, dass seltener Fortbil-
dungsveranstaltungen zu den CED besucht
werden und somit das Wissen um die opti-
male Therapie weniger gut ausgeprägt und
weniger auf dem aktuellen Stand sein dürfte
als bei manchen anderen, häufigeren Er-
krankungen. Ich bin deshalb davon über-
zeugt, dass wir durch eine Intensivierung der
ärztlichen Fortbildung eine Therapieopti-
mierung realisieren könnten. Dabei sollte
aber stets vermittelt werden, dass Patienten,
bei denen sich der erwartete Behandlungs-
erfolg nicht einstellt, rechtzeitig an einen
versierten Gastroenterologen oder ein CED-
Zentrum überwiesen werden sollten. Außer-
dem halte ich Patientenseminare für sehr
wichtig, denn auch auf Seiten der Patienten
gibt es oft Möglichkeiten der Therapieopti-
mierung – zum Beispiel durch eine Stärkung
der Therapieadhärenz, an der es bei CED, wie
bei praktisch allen chronischen Erkrankun-
gen, nicht selten noch mangelt.
Redaktion:
Was ist für Sie die wichtigste Botschaft, die
von diesem Symposium ausgehen sollte?
Professor Dignaß:
Wir plädieren für eine leitliniengerechte Be-
handlung der CED-Patienten. Vor diesem
Hintergrund dürfen wir aber nicht verges-
sen, dass jeder Patient ein individueller Pati-
ent ist, der einer auf seine persönliche Situa-
tion zugeschnittenen Therapie bedarf. Wenn
wir die Therapieoptionen, die wir derzeit an
der Hand haben, optimal nutzen, können
wir ohne Zweifel die überwiegende Mehr-
zahl der CED-Patienten gut behandeln. Für
die übrigen Patienten suchen wir weiter in-
tensiv nach neuen Therapiemöglichkeiten –
auf konventionellem Wege, aber durchaus
wie bei diesem Symposium auch mit einem
Blick über den Zaun hinaus auf andere Fach-
disziplinen mit ebenfalls chronisch entzünd-
lichen Krankheitsbildern.
Herr Professor Dignaß,
vielen Dank für das Gespräch.
17
18
Die Inzidenz und Präva-lenz der CED nimmt laut B. Siegmund, Berlin, stetig zu. Eine verbesserte Diag-nostik kann diesen Trend nur bedingt erklären. Auch der genetische Hintergrund liefert kaum eine Erklärung für den Anstieg der Krank-heitshäufigkeit, wobei der-zeit rund ein Viertel der Krankheitsfälle auf dem Boden eines bekannten ge-netischen Risikoprofils ent-steht.
Auffällig ist vor allem der Inzidenzanstieg nach dem Zweiten Weltkrieg, der parallel zu den kontinuierlich sich verbessernden hygienischen Verhältnissen verläuft. „Das lässt bereits vermuten, dass der Darmflo-ra, also dem Mikrobiom, bei der Krank-heitsentstehung und Krankheitsunter-haltung Bedeutung zukommt“, betonte die Medizinerin. Das humane „Darm-Me-tagenom“ umfasst mindestens 1000-mal mehr Gene als das Genom des Menschen. Zudem gibt es tierexperimentelle Befun-de, wonach Änderungen des Mikrobioms erhebliche pathogenetische Bedeutung zukommen kann.
Per Stuhltransplantation gegen die Colitis ulcerosa?Hinweise darauf, wie bedeutsam die Darm-flora ist und dass bei Störungen mögli-cherweise eine Stuhltransplantation hilf-reich sein kann, gab es nach B. Siegmund zunächst beim Krankheitsbild der thera-pierefraktären Antibiotika-assoziierten Clostridium-difficile-Kolitis. Erste Versu-che der Behandlung von CED mittels ei-ner Stuhltransplantation gibt es bei der Colitis ulcerosa, eine abschließende Be-wertung der klinischen Relevanz ist je-doch noch nicht möglich (Abb. 14).
IBD 2014: Thinking Out of the Box
Neue Therapeutika in der Pipeline: Hoffnung auf Fortschritte bei der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
Abb. 14 Stuhltransplantation (= fecal microbiota transplantation; FMT) und CED (Moayyedi P, et al.: DDW 2014)
Colitis ulcerosa
Mayo-Score ≥ 4andere Medikamente für 12 Wochen stabilkeine Antibiotika in den letzten 30 Tagen
FMT; n = 27 Placebo; n = 26
50 ml Einläufe 1x/Woche für 6 Wochen
Primärer Endpunkt: Remission, Mayo-Score ≤ 2 in Woche 7
Ergebnis: kein signifikanter Unterschied
19
Dass sich nicht selten mit neuen Thera-pieoptionen Hoffnungen verbinden, die sich bei Prüfung durch klinische Studien nicht erfüllen, zeigt das Bei-spiel der Eier des Schweinepeitschen-wurms (Trichuris suis ova, TSO). Der Einsatz von TSO basierte auf der Vor-stellung, das Abwehrsystem des Darms regulierend beeinflussen zu können.
Die Therapie erschien hoffnungsvoll, da TSO nicht humanpathogen sind und nach einigen Wochen wieder ausge-schieden werden. Erste Studien zeigten jedoch keine höheren Ansprechraten unter TSO bei Patienten mit Morbus Crohn im Vergleich zu Placebo, bei je-doch per se hoher Ansprechrate unter dem Scheinpräparat. Die Studie musste somit als negativ eingestuft werden, die Entwicklung von TSO zur Behand-lung der CED wurde vorerst eingestellt.
Hoffnungsträger Phosphatidylcholin
Verbesserte Therapiemöglichkeiten vor allem bei der Colitis ulcerosa lassen sich jedoch möglicherweise durch die Be-handlung mit Phosphatidylcholin er-wirken. Die natürlich vorkommende
Substanz hat eine wichtige Funktion bei der Stabilisierung der Barrierefunktion des Darms und es gibt bereits erste po-sitive Studiendaten.
So wurde in einer doppelblinden ran-domisierten placebokontrollierten Stu-die bei 156 Patienten mit Colitis ulcero-sa, die nicht adäquat auf Mesalazin ansprachen, eine signifikante Besse-rung der Krankheitsaktivität gezeigt. Die Zeit bis zur Beschwerdefreiheit wurde durch Phosphatidylcholin deut-lich verkürzt (Abb. 15 und 16).
Die Daten sind vielversprechend und sollen in einer größeren kontrollierten klinischen Studie nun verifiziert wer-den.
Abb. 15 Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa: signifikante Besserung der Krankheitsaktivität (Karner M, et al.: Am J Gastroenterol. 2014;109:1041–51)Abb 15 Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa: signifikante Besserung der Krankheitsaktivität
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0Placebo 0,8 g/Tag LT-02
9,0 8,8
Primärer Endpunkt
Mit
tler
er S
CC
AI
8,6 8,5
1,6 g/Tag LT-02 3,2 g/Tag LT-02
p = 0,0298
6,0
4,9 5,1
4,1
SCCAI = Simple Clinical Colitis Activity Index
20
Eine weitere völlig neue Option könnte die Stammzelltransplantation bei CED darstellen. Das Verfahren wird bei ande-ren inflammatorischen Erkrankungen bereits erfolgreich angewandt. Es soll, so die Vorstellung, quasi einen „Neustart des Immunsystems“ ermöglichen.
Bei ersten Versuchen zur Stammzell-transplantation bei CED gab es jedoch Hinweise auf ein deutlich erhöhtes In-fektionsrisiko, was eine Fortsetzung des Verfahrens bei dieser Indikation vorerst verbietet.
Integrin-Antagonisten als Erweiterung der Biologika-Therapie
Neuerungen dürfte es bereits in ab-sehbarer Zukunft bei der Behandlung mit Biologika geben. So stehen mehre-re Wirkstoffe kurz vor der Zulassung. Es handelt sich zum einen um den In-tegrin-Antagonisten Vedolizumab, der den Einstrom von Entzündungszellen aus dem Blut in das entzündete Gewe-be verhindert und den Antikörper Ustekinumab, der die beiden pro- inflammatorischen Zytokine Interleu-kin-12 und -23 hemmt und so die Ent-zündungsreaktion. Ustekinumab richtet sich gegen den Oberflächenmarker P40 und inhibiert so IL-12 und IL-23 (Abb. 17).
Ustekinumab ist laut B. Siegmund be-reits zur Behandlung der Psoriasis so-wie der Psoriasis-Arthritis zugelassen. Beide Wirkstoffe könnten, so steht zu erwarten, schon bald das therapeuti-sche Repertoire bei Patienten mit schwerem, anders nicht zu beherr-schendem Krankheitsbild erweitern.
Abb. 16 Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa: Verkürzung der Zeit bis zur Beschwerdefreiheit (Karner M, et al.: Am J Gastroenterol. 2014;109:1041–51)Abb 16 Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa: Verkürzung der Zeit bis zur Beschwerdefreiheit
60
50
40
30
20
10
00 7 14 21 28 35 42 49 56 63 70 77 84 91
Sekundärer Endpunkt
Bes
chw
erd
efre
ihei
t [%
]
Erster Tag ohne Beschwerden
LT-02n = 116
Placebon = 40
Abb. 17 Neues Biologikum Ustekinumab (B. Siegmund, Berlin)Abb. 17 Neues Biologikum Ustekinumab
(B. Siegmund, Berlin)
IL-12/IL-23 Ustekinumab inhibiert
IFNγ
p40 p35 p40 p19
IL-17IL-22
IL-12 IL-23
IL-6IL-12IL-18IL-23
IL-12IFNγ
IL-6IL-23TGFβ
21
Ankündigung
Kongressbericht Falk Symposium 192 mit allen Vorträgen
(E 192)
Voraussichtlicher
Erscheinungstermin:
Oktober 2014
Das Buch wird in
englischer Sprache
beim KARGER-Verlag,
Basel (Schweiz), publiziert
und kann zum
Sonderpreis von € 35,-
bestellt werden bei
IBD 2014:
Thinking Out of the Box
Editors
A. Dignass
M. Allez
S. Danese
P. Marteau
192
22
Mesalazin bleibt Basistherapie
Trotz inzwischen langjähriger Erfahrungen mit Anti-TNF-Strategien bei CED ist und bleibt Mesalazin die Basistherapie. „Es geht nicht primär darum zu fragen, welche Pati-enten Kandidaten für eine Anti-TNF-Thera-pie sind“, sagte R. Panaccione, Calgary. „Wir müssen uns ebenso fragen, wen wir nicht mit Anti-TNF-Wirkstoffen behandeln soll-ten.“ Ist die Mesalazin-Behandlung alleine nicht ausreichend, so sind Steroide wie Pred-nisolon und das deutlich nebenwirkungsär-mere Budesonid zu erwägen. Ist dennoch eine Intensivierung der Behandlung ange-zeigt, so sollte diese zunächst mit Azathio-prin oder Methotrexat erfolgen. Erst, wenn auch dies keinen ausreichenden Therapieer-folg bringt, ist der Einsatz von Biologika und als Mittel der letzten Wahl eine chirurgische Intervention in Betracht zu ziehen (Abb. 18).
Ist die Behandlung mit Biologika geplant, so muss außerdem gewährleistet sein, dass der Patient sicher unter der Therapie ist. Der Impfschutz muss überprüft wer-den und gegebenenfalls müssen Impfun-gen vor Therapiebeginn ergänzt werden. Es müssen umfassende Laboruntersu-chungen einschließlich der HCV-, HBV- und HIV-Serologie durchgeführt werden und es ist ein Screening auf eine Tuberku-lose angezeigt.
Plädoyer für eine individualisierte Therapie
Ziel der Behandlung ist ein möglichst langfristiger Erhalt der Remission, was eine enge Krankheitskontrolle voraus-setzt. „Wir müssen die Patienten in Remis-sion bekommen, diese erhalten und alles daran setzen, eine Mukosaheilung zu er-wirken, um langfristig Komplikationen ab-zuwenden“, betonte A. Sturm, Berlin. Es geht nicht darum, sich für eine Step-up- oder Top-down-Therapie zu entscheiden. Die Patienten brauchen vielmehr eine in-dividualisierte Behandlung, was auch be-deuten kann, dass bei schlechter Progno-se rasch Biologika zum Einsatz kommen. Diese Strategie ist so auch in den aktuellen ECCO-Leitlinien festgeschrieben.
Session V
Optimaler
Einsatz von
Biologika
in 2014
gDiese Strategie ist so auch in den aktuellenECCO-Leitlinien festgeschriebenECCO Leitlinien festgeschrieben.
Operation
Biologika
Azathioprin/6-MP Methotrexat
Prednison Budesonid
5-ASA/Mesalazin
Abb. 18 Vor Beginn einer Anti-TNF-Therapie zu bedenken: Grenzen des gegenwärtigen Step-up- Behandlungsparadigmas (Rutgeerts PJ.: Aliment Pharmacol Ther. 2001;15:1515–25)
Überwiegend auf Symptomen basierend
Alle Patienten werden gleich behandelt
Eine „heilende” Therapie wird verzögert
Kein Raum für bestimmte Therapieoptionen
Mukosaheilung wird bei der Mehrzahl der Patienten nicht erreicht, Fortschreiten der Erkrankung
23
Dabei sollte versucht werden, nicht nur eine klinische Remission, sondern eine „anhaltende klinische Remission, eine Mukosaheilung und sogar eine anhal-tende tiefe Remission“ zu erwirken. Zur individualisierten Therapie gehört nach W.J. Sandborn, La Jolla, allerdings auch ein gutes Drug-Monitoring, wobei auf eine möglicherweise im Einzelfall un-terschiedliche Pharmakokinetik zu ach-ten ist.
Biosimilars – sind sie bioäquivalent?
Neuerungen stehen nach F. Gomollón, Saragossa, durch die Einführung der Bio-similars an, die in Kürze zu erwarten ist. Es handelt sich hierbei um Nachahmer-produkte von Biologika, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist. Anders als bei herkömmlichen Generika können die Wirkstoffe jedoch nicht einfach ko-piert werden. Vielmehr ist bei den Bio-similars ein komplexer Herstellungs-prozess notwendig, „der Prozess ist das Produkt“, so der Mediziner. Gesetzlich gefordert ist der Nachweis einer ver-gleichbaren Wirkstoffqualität, wobei jedoch die Bioäquivalenz nur in einer Indikation nachgewiesen werden muss.
Ausgezeichnete Poster
Anlässlich des Falk Symposiums 192 „IBD 2014: Thinking Out of the Box“ wurden 3 Poster ausgezeichnet:
Den ersten Preis erhielt I. Backert, Erlangen-Nürnberg, für seine Arbeit zur Auswirkung der STAT-3-Aktivierung in CD4+-Lymphozyten auf die epitheliale Barri-erefunktion während einer infektiösen Kolitis.
Mit dem zweiten Preis wurde K. Papamichail, Leuven, für Untersu-chungen zur Prädiktion einer anhaltenden kli-nischen Remission nach Beendigung einer Inflixi-mab-Behandlung beim Morbus Crohn ausge-zeichnet.
Der dritte Preis wurde A. Viola, Messina, für ihre Forschungsarbeiten zum Morbus Crohn bei älteren Patienten zuge-sprochen.
24
Budesonid gegenüber Prednisolon bevorzugen
Für eine bereits frühzeitige effektive Krankheitskontrolle beim Morbus Crohn sprach sich auch E. Louis, Lüttich aus. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung verändert sich diese und das Risiko der Entwicklung gravierender Komplikati-onen wie dem Auftreten von Strikturen nimmt deutlich zu. „Wir dürfen mit dem Einsatz hochwirksamer Therapeutika deshalb nicht zu lange warten. Anderer-seits müssen wir uns unbedingt vor ei-ner Übertherapie hüten. Die optimale Therapie ist die sicherste Therapie, die innerhalb eines Jahres nach Diagnose-stellung eine steroidfreie tiefe Remissi-on erwirkt“, so E. Louis. Initial ist eine Be-handlung mit Mesalazin angezeigt. Das gilt auch für Patienten mit einem Mor-bus Crohn. Zwar fehlen eindeutige Be-lege der Wirksamkeit mittels größerer
Studien, die Praxiserfahrung aber zeige, dass auch bei vielen Crohn-Patienten eine Mesalazin-Behandlung effektiv und ausreichend ist. Ist das nicht der Fall, so kann mit Prednisolon behandelt werden, was in 92% der Fälle zur Remission führt. Sehr gut ist jedoch auch die Erfolgsrate bei der Verabreichung von Budesonid, einem lokal wirksamen Steroid, das ein-deutig weniger Nebenwirkungen hat als Prednisolon (Abb. 19 und 20).
„Budesonid ist einer Cochrane-Analyse zufolge wirksam, führt aber zu deut-lich weniger steroidbedingten Neben-wirkungen“, sagte E. Louis. Rund 50% der CED-Patienten sind mittels einer solchen Strategie gut in ihrer Krank-heitsaktivität zu kontrollieren und brauchen keine Immunsuppressiva und keine Biologika.
Session VI
Aktuelle Rolle
der Immun-
suppressiva
bei CED
Abb. 19 Vergleich First pass effect/Wirkorte: systemische vs. lokale Glukokortikoid-Therapie mit BudesonidAbb 19 Vergleich First pass effect/Wirkorte: systemische vs lokale Glukokortikoid Therapie mit Budesonid
First pass effect
Wirkstoff-verteilung
Systemische Glukokortikoid-Therapie
Lokale Gluko kortikoid-Therapie mit Budesonid
Abb. 20 Therapieeffekt von Budenofalk® 3mg Kapseln im Vergleich zu Prednison: Wirkungen und Nebenwirkungen (Bar-Meir S, et al.: Gastroenterology. 1998;115:835–40)
Remissionsrate [%] („per protocol“)60
40
20
0
Gesamt ohne mit Steroidneben- wirkungen
Gesamt ohne mit Steroidneben- wirkungen
56%
33,3%
22,6%
55,2%
13,8%
41,4%
Budenofalk® 3mg Prednison
Akzelerierte Step-up-Therapie
Bei Patienten mit Hinweisen auf ein ho-hes Komplikationsrisiko empfahl E. Louis jedoch eine akzelerierte Step-up-Therapie statt dem konventionellen Vorgehen. Dabei kommt laut J. Cosnes, Paris, auch Azathioprin nach wie vor ein therapeutischer Stellenwert zu. Das Immunsuppressivum kann wesentlich dazu beitragen, Steroide bei der Thera-pie einzusparen. Es hat eine klare Indi-kation beim moderaten bis schweren Morbus Crohn und bei einer modera-ten bis schweren Colitis ulcerosa, ins-besondere bei Patienten mit Steroid-abhängigkeit.
Eine akzelerierte Step-up-Therapie ist nach S. Gosh, Calgary, auch beim peria-nalen Morbus Crohn sowie nach einem operativen Eingriff angezeigt. Denn Kortikoide sind in dieser Situation in aller Regel nicht ausreichend bzw. sogar unwirksam, die Patienten benöti-gen zur Krankheitskontrolle Immun-suppressiva und/oder Biologika.
25
Die „omics“ integrieren: Zukunft bei den CED?
Ähnlich wie bei anderen Krankheitsbildern spielen auch bei den CED die „omics“ eine zentrale Rolle, so C. Fiocchi, Cleveland, in seiner „Special Lecture“. Bei den CED sind das Genom, das Mikrobiom, das Expo-som und das Immunosom von entscheidender Be-deutung, mit engen Verzahnungen untereinander und Überschneidungen zwischen den einzelnen Be-reichen (Abb. 21).
„Dennoch muss jede dieser Komponenten individuell betrachtet werden, da es sich um ein heterogenes
Krankheitsbild mit großen Unterschieden zwischen den Patienten handelt“, be-tonte der Wissenschaftler.
Ging man früher davon aus, dass die Verzahnung von Genotyp und Phänotyp zur Entwicklung der Erkrankung führt, so hat inzwischen ein Paradigmenwech-sel im Verständnis der Pathogenese eingesetzt. Klar ist, dass Suszeptibilitätsge-ne eine genetische Prädisposition darstellen, die die Basis für die erhöhte Krankheitsbereitschaft bedingt. Zum Tragen kommen dann jedoch die Ernäh-rung, Mikroorganismen im Umfeld und auch die Darmflora. Das sind Faktoren, die ihrerseits das angeborene wie auch das erworbene Immunsystem beein-flussen und zur Ausbildung von Toleranz oder chronischer Inflammation füh-ren können. Welcher Weg beschritten wird, ist letztlich entscheidend dafür, ob es zur Auslösung der Erkrankung, zur Progression und zum Remodelling kommt. In der Realität sind die Zusammenhänge noch deutlich komplexer, wo-bei C. Fiocchi ein „CED-Interactom“ postulierte, ein Netzwerk unterschiedlichs-ter Einflussfaktoren, die alle an der Pathogenese beteiligt sind und den indivi-duellen Krankheitsverlauf steuern.
Abb. 21 Die „omics“ spielen eine zentrale Rolle bei den CED (C. Fiocchi, Cleveland)
Exposom Genom
CED
Mikrobiom Immunosom
26
Tandem Talk: abdominaler Abszess bei einem Crohn-Patienten
Wie im Falle eines abdominalen Abs-zesses bei einem Crohn-Patienten vorzu-gehen ist, haben F. Carbonnel, Paris, und W.A. Bemelman, Amsterdam, in einem „Tandem Talk“ diskutiert. Die Wissen-schaftler stellten die Kasuistik eines 27-jährigen Mannes vor, der aufgrund
von Bauchschmerzen und Fieber die Klinik aufsuchte. 2 Jahre zuvor war ein Morbus Crohn im terminalen Ileum dia-gnostiziert worden.
Der Patient erhielt damals für 3 Monate Budesonid, wodurch eine anhaltende Remission induziert worden war. Seit einem Monat litt der Mann wieder un-ter Durchfällen und hatte in kurzer Zeit 10 kg an Körpergewicht verloren. Die weiterführenden Untersuchungen ein-schließlich eines abdominalen CTs zeigten eine Verdickung im terminalen Ileum sowie einen abdominalen Abs-zess von 4 cm Größe. Konsens bestand bei den Referenten darin, in einem sol-chen Fall mit der Operation nicht lange zu warten, da ansonsten eine Fistelbil-dung zu befürchten ist.
Tandem Talk: Proktokolektomie bei refraktärer distaler Colitis ulcerosa?
Für eine Proktokolektomie bei refrak-tärer distaler Colitis ulcerosa sprach sich A. Spinelli, Rozzano, aus. Er begründete die Empfehlung mit dem erheblichen Leidensdruck der Patienten. Durch den Eingriff, der allerdings eine sehr sorgfäl-tige Patientenselektion voraussetzt, kann in aller Regel eine deutliche und anhaltende Besserung der Lebensquali-tät erwirkt werden. Durch die Protokol-ektomie wird zudem die nicht unerheb-liche Karzinomgefahr gebannt.
Gegen eine vorschnelle Proktokolekto-mie sprach sich E.F. Stange, Stuttgart, aus. Er plädierte hingegen für eine In-tensivierung der medikamentösen Therapie mit Ausschöpfung auch mo-derner Biologika, um dem Patienten das Kolon zu erhalten. Erscheint die Proktokolektomie unvermeidbar, so sollte die Entscheidung zu einem sol-chen Eingriff lediglich in einem spezia-lisierten Zentrum und interdisziplinär von Chirurgen und Internisten gemein-sam gefällt werden.
Wie in diesem Zusammenhang I. Dotan, Tel Aviv, ausführte, erfolgt derzeit bei rund 25% der Patienten mit hochak-tiver Colitis ulcerosa und Komplikati-onen eine totale Proktokolektomie mit ileoanaler Pouchanlage. Der Eingriff hat den Vorteil, dass die Erkrankung praktisch geheilt und das Krebsrisiko gebannt wird. Dabei wird durch die Pouchanlage ein permanentes Ileosto-ma vermieden und die intestinale Kon-tinuität bleibt gewahrt. Die nach einer Pouchanlage auftretenden Pouchiti-den stellen aber eine nicht seltene Komplikation und häufiger große the-rapeutische Herausforderung dar.
Session VII
Der komplizierte
CED-Patient:
klinischer
Fall-Marathon
Frühere Tumorerkrankung: Pro und Kontra für TNF-Blocker und Immunsuppressiva
Eingehend diskutiert wurde ferner die Frage, ob Patienten mit einer Tumorer-krankung in der Vorgeschichte im Falle einer CED mit Immunsuppressiva und/oder Biologika behandelt werden kön-nen. Laut D. Laharie, Pessac, gelten die-se Medikamente als kontraindiziert, da ein erhöhtes Malignomrisiko befürch-tet wird.
Allerdings fehlen eindeutige Belege für eine erhöhte Tumorgefahr, nicht zuletzt weil Patienten mit einem Karzinom in der Anamnese von Studien ausge-schlossen werden. Der Mediziner räum-te ein, dass sicherlich Vorsicht geboten ist, wenn der Patient in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme einer Anti-TNF-Therapie an einer malignen Erkrankung gelitten hat. Liegt die Krebserkrankung jedoch länger als 5 Jahre zurück, kann auch eine immunsuppressive Behand-lung erwogen werden.
Kritischer sieht G.J. Mantzaris, Athen, die Situation. Er führte an, dass unter der Behandlung mit Immunsuppressiva oder TNF-Blockern in jedem Fall von einem erhöhten Risiko für ein Tumorre-
zidiv und für das Neuauftreten einer Tumorerkrankung auszugehen ist. Das gilt vor allem in den ersten 2 Jahren nach der Krebserkrankung, aber auch darüber hinaus. Ist die Gabe von Im-munsuppressiva und Biologika unver-meidbar, so ist eine enge Kontrolle der Patienten durch ein multidisziplinäres Behandlerteam unerlässlich, um gege-benenfalls eine Früherkennung eines sich bildenden Tumors zu gewährleis-ten.
Leider gibt es häufig keine therapeu-tische Alternative bei Patienten mit komplex verlaufenden CED, sodass eine immunsuppressive Therapie trotz des Tumorrezidivrisikos erfolgen muss.
27
28
Die Inzidenz und damit auch die Prävalenz chro-nisch entzündlicher Darm-erkrankungen steigen stetig. Möglichkeiten, die Erkrankungen zu heilen, gibt es trotz intensiver Forschungstätigkeiten auf absehbare Zukunft aber nicht. Inwieweit dennoch Fortschritte bei der Therapie zu realisieren sind, führte Frau Professor Dr. Britta Siegmund von der Charité – Universitäts-medizin Berlin in einem Interview aus.
Redaktion:
Frau Professor Siegmund, warum brau-
chen wir neue Therapieoptionen bei
chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen?
Professor Siegmund:
Seit mehr als 15 Jahren gibt es keine
grundsätzlich neuen Therapeutika bei
den chronisch entzündlichen Darmer-
krankungen. Nach wie vor aber haben
wir eine nicht unerhebliche Zahl an Pati-
enten, die nicht oder nicht adäquat auf
die verfügbaren Behandlungsmöglich-
keiten ansprechen. Vor allem für diese
Patienten brauchen wir dringend neue,
besser wirksame und zugleich gut verträg-
liche Medikamente.
Redaktion:
Wie hoch ist der Anteil der Patienten, der
auf die etablierten Therapiestrategien
nicht gut anspricht?
Professor Siegmund:
Die Mehrzahl der Patienten lässt sich mit
den verfügbaren Therapeutika gut be-
handeln. Bei etwa 20–30% der Patienten
IBD 2014: Thinking Out of the Box
„Die Behandlungs-möglichkeiten von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden sich erweitern“ Interview mit Frau Professor Dr. Britta Siegmund, Berlin
aber gelingt es uns nicht, eine Krankheits-
remission zu erwirken und langfristig zu
erhalten. Bei diesen Patienten sind folg-
lich die derzeitigen Behandlungsmög-
lichkeiten nicht ausreichend und wir
müssen weiterhin intensiv daran arbei-
ten, neue Therapiestrategien zu entwi-
ckeln.
Redaktion:
Sind solche Therapiefortschritte in naher
Zukunft zu erwarten?
Professor Siegmund:
Wir hoffen, dass sich die Behandlungs-
möglichkeiten bei den chronisch ent-
zündlichen Darmerkrankungen schon
sehr bald erweitern werden. Dabei lernen
wir auch von anderen Bereichen der Me-
dizin. So bietet sich wahrscheinlich eine
neue Behandlungsoption mit sogenann-
ten Integrin-Antagonisten, wie sie bei-
spielsweise mit dem Wirkstoff Natali-
zumab bei der Behandlung der Multiplen
Sklerose genutzt werden.
Eine zweite Substanz ist das Vedoli-
zumab. Der Wirkstoff hemmt spezifisch
die Infiltration von Entzündungszellen in
den Darm und wird als erste neue Option
bei CED ab Juli 2014 verfügbar. Wir er-
warten ferner schon relativ bald die Zu-
lassung des Antikörpers Ustekinumab.
Die Substanz hemmt ähnlich wie die
TNF-Antikörper inflammatorische Medi-
atoren bei den CED und zwar konkret die
Interleukine 12 und 23 und vermittelt so
eine antientzündliche Wirksamkeit.
Redaktion:
Zeichnen sich auch mittelfristig Fort-
schritte ab?
Professor Siegmund:
Es gibt durchaus interessante neue An-
sätze über die geschilderten Optionen
hinaus. Zum Beispiel gibt es aus ersten
kleineren Studien gute Hinweise dafür,
dass Phosphatidylcholin vor allem bei
Patienten mit Colitis ulcerosa therapeuti-
sche Wirksamkeit besitzt. Phosphatidyl-
cholin scheint die Barrierefunktion des
Darms zu stärken und damit der Invasion
von Bakterien entgegenzuwirken und fer-
ner die Abheilung bereits bestehender
Läsionen zu fördern. Über diesen Mecha-
nismus ist eine langfristige Besserung des
klinischen Bildes zu erwarten. Der Ansatz
wird daher derzeit in einer größeren klini-
schen Studie geprüft. Es handelt sich um
eine vielversprechende Option und wir
hoffen, dass sie den Weg in die Klinik
schafft.
Noch experimentellen Charakter haben
dagegen Versuche, mittels einer Stamm-
zelltransplantation praktisch ein „Reset“
des Immunsystems bei CED-Patienten zu
realisieren. Sehr in der Diskussion ist als
mögliche neue Therapieoption zudem
eine direkte Beeinflussung des Mikrobi-
oms, um durch dessen „Optimierung“
möglicherweise sogar eine Heilung der
chronisch entzündlichen Darmerkran-
kungen induzieren zu können. Die Option
einer Stuhltransplantation wird aller-
dings derzeit kontrovers diskutiert. Auf-
grund der Komplexität der Mikrobiota
erfordert der Ansatz ein differenziertes
Vorgehen und wir müssen klinische Stu-
dien abwarten, ehe wir die therapeuti-
sche Relevanz des Verfahrens beurteilen
können.
Redaktion:
Welche Botschaft sollte aus Ihrer Sicht
von diesem Symposium ausgehen?
Professor Siegmund:
Wir brauchen neue Therapiestrategien
bei der Behandlung chronisch entzündli-
cher Darmerkrankungen. Deshalb halten
wir in vielen medizinischen Bereichen
Ausschau und versuchen zu eruieren,
welche Strategien in anderen Disziplinen
verfolgt werden und inwieweit diese
auch bei den CED hilfreich sein können.
Das Symposium war wie eine Art „Think-
box“ konzipiert, um gemeinsam mit Ver-
tretern anderer Fachdisziplinen zu disku-
tieren, wie wir Synergien finden und
Fortschritte etablieren können. Das ist
aus meiner Sicht ein sehr wichtiger
Ansatz, denn es gibt zum Beispiel bei an-
deren Krankheitsbildern wie etwa der
Lungenfibrose bereits antifibrotisch wirk-
same Therapieansätze, die möglicher-
weise auch Patienten mit Morbus Crohn
helfen könnten. Wir sollten diesen Weg
des Ausschauhaltens und des Lernens
von anderen Disziplinen deshalb konse-
quent weiterverfolgen.
Frau Professor Siegmund,
vielen Dank für das Gespräch.
29
30
Prof. Dr. Matthieu Allez
Service de GastroentérologieHôpital Saint-Louis1, avenue C. Vellefaux75010 [email protected]
Prof. Dr. Gert van Assche
Gastro-entérologieUniversity Ziekenhuis GasthuisbergHerestraat 493000 [email protected]
Prof. Dr. Laurent Beaugerie
Department of GastroenterologyHôpital Saint Antoine184, rue du Faubourg St.-Antoine75571 [email protected]
Prof. Dr. Willem A. Bemelman
Academic Medical CenterMeibergdreef 91105 AZ [email protected]
Prof. Dr. Yoram Bouhnik
Department of GastroenterologyHôpital BeaujonUniversité Paris VII100, Bd. Général Leclerc92110 [email protected]
Prof. Dr. Franck Carbonnel
Service d‘HépatogastroentérologieCHU de BicêtreUniversité Paris Sud78, rue du Général Leclerc94275 Le Kremlin Bicê[email protected]
Referenten, Moderatoren und wissenschaftliche Organisatoren
Jean-Frederic Colombel, M.D.
Professor of MedicineGastroenterology & HepatologyMount Sinai School of MedicineOne Gustave L. Levy PlaceNew York, NY [email protected]
Prof. Dr. Jacques Cosnes
Service de Gastroentérologie& Nutrition du Prof. GendreHôpital Saint Antoine184, rue du Faubourg St.-Antoine75571 [email protected]
Dr. Silvio Danese
IRCCS in GastroenterologyIstituto Clinico Humanitas IRCCSVia Manzoni, 5620089 [email protected]
Prof. Dr. André D‘Hoore
Department of Abdominal SurgeryUniversity Ziekenhuis GasthuisbergHerestraat 493000 [email protected]
Prof. Dr. Axel Dignaß
Innere Medizin IAgaplesion Markus KrankenhausWilhelm-Epstein-Str. 460431 [email protected]
Dr. Iris Dotan
Department of GastroenterologyTel Aviv Medical CenterIchilov Hospital6, Weizman Street64239 Tel [email protected]
312014
Falk Symposien 194-195Falk Workshop
VII. Falk Gastro-Konferenz8. – 11. Oktober 2014FreiburgVeranstaltungsort
Konzerthaus FreiburgKonrad-Adenauer-Platz 179098 Freiburg
8. – 9. Oktober 2014Falk Symposium 194XXIII International Bile Acid MeetingBile Acids as Signal Integrators and Metabolic ModulatorsWissenschaftliche OrganisationD. Häussinger, DüsseldorfU. Beuers, Amsterdam (Niederlande)V. Keitel, DüsseldorfM. Trauner, Wien (Österreich)
10. – 11. Oktober 2014Falk Symposium 195Challenges and Management of Liver CirrhosisWissenschaftliche OrganisationA. L. Gerbes, MünchenJ. Bosch, Barcelona (Spanien)M. Pinzani, London (Großbritannien)F. Wong, Toronto (Kanada)
9. Oktober 2014Falk WorkshopThe Challenge of Drug-Induced Liver Injury (DILI)Wissenschaftliche OrganisationA. L. Gerbes, MünchenH. W. Jaeschke, Kansas City (USA)
Leinenweberstr. 579108 FreiburgGermany
FALK FOUNDATION e.V. KongressabteilungTel.: 0761/1514-0Fax: 0761/1514-359E-Mail: [email protected]
32
Prof. Dr. Laurence Egan
Department of Pharmacology & TherapeuticsNational University of [email protected]
Claudio Fiocchi, M.D.
Professor of MedicinePathobiology / NC 20The Cleveland Clinic Foundation9500 Euclid AvenueCleveland, OH [email protected]
Prof. Dr. Subrata Ghosh
Department of GastroenterologyUniversity of CalgaryFoothills Hospital1403 29th St. NWCalgary AB T2N [email protected]
Dr. Fernando Gomollón
Hospital Clinico UniversitarioLosano BlesaAvenida San Juan Bosco 1550009 [email protected]
33
Prof. Dr. Wolfgang Kruis
Innere MedizinEvangelisches Krankenhaus KalkBuchforststr. 251103 Kö[email protected]
Prof. Dr. David Laharie
Hôpital Haut Lévêque1, avenue Magellan33604 [email protected]
Prof. Dr. Peter L. Lakatos
I Department of MedicineSemmelweis University Medical SchoolKoranyi u. 2/a1083 [email protected]
Prof. Dr. Edouard Louis
GastroentérologieC.H.U. Sart TilmanDomain du Sart Tilman4000 Lü[email protected]
34
Prof. Dr. Fernando J. Magro Dias
Servico de GastroenterologiaHospital de S. JoaoAv. Prof. Hernani Monteiro4200-319 [email protected]
Prof. Dr. Gerassimos J. Mantzaris
Department of GastroenterologyEvangelismos Hospital45–47, Ipsilantou str.106 75 [email protected]
Prof. Dr. Philippe Marteau
Service d‘Hépato-GastroentérologieLariboisiere Hôpital2, rue Ambroise Paré75010 [email protected]
Prof. Dr. Bjorn Moum
Division of GastroenterologyAker University HospitalTrondheimsveien 2350514 [email protected]
Prof. Dr. Remo Panaccione
Inflammatory Bowel Disease ClinicUniversity of CalgaryRoom 6D30, TRW Building3280 Hospital Drive N.W.Calgary AB T2N [email protected]
Prof. Dr. Julián Panès
Inflammatory Bowel Disease UnitHospital Clinico y ProvincialUniversidad de Barcelonac/ Villarroel no. 17008036 [email protected]
Prof. Dr. Laurent Peyrin-Biroulet
Department of Hepato-GastroenterologyHôpitaux de BraboisC.H.U. de NancyAllee du Morvan54511 Vandœ[email protected]
Dr. Jeroen Raes
Department of Molecular & Cellular InteractionsVrije Universiteit BrusselPleinlaan 21050 Brü[email protected]
Prof. Dr. Jonathan M. Rhodes
Department of GastroenterologyFaculty of Health and Life SciencesUniversity of LiverpoolDuncan BuildingDaulby StreetLiverpool L69 3GAGroß[email protected]
Prof. Dr. Dr. Gerhard Rogler
Klinik für Gastroenterologie& HepatologieUniversitätsspital ZürichRämistr. 1008091 Zü[email protected]
William J. Sandborn, M.D.
Professor of MedicineDivision of GastroenterologyUCSD School of MedicineBuilding UC 303, Room 2209500 Gilman DriveLa Jolla, CA [email protected]
Bruce E. Sands, M.D.
Professor of MedicineDepartment of GastroenterologyMount Sinai School of MedicineOne Gustave L. Levy PlaceNew York, NY [email protected]
reportFalk Symposium
FSK183
Microscopic Colitis – Creating Awareness for an Underestimated Disease
Dealing with our „In-vironment“ – New Aspects in IBD Pathogenesis and Therapy
Falk Workshop und Falk Symposium 183, Basel (Schweiz), Mai 2012 Kongresskurzbericht (32 Seiten, DIN A4)
FSR191
Liver Diseases in 2013: Advances in Pathogenesis and Treatment
Falk Symposium 191, London (Großbritannien), Oktober 2013 Kongresskurzbericht (32 Seiten, DIN A4)
FSR188
Inflammatory Bowel Diseases: Microbiota versus the Barrier
Falk Symposium 188, Stuttgart, Juni 2013 Kongresskurzbericht (32 Seiten, DIN A4)
FSK183 FSR191FSR188
Inflammatory Bowel Diseases: Microbiota versus the Barrier
Stuttgart, 7. – 8. Juni 2013
reportFalk Symposium
Falk Symposium 188
FSK178
Diverticular Disease:A Fresh Approach to a Neglected DiseasePathogenese überdenken – Stadiengerecht behandeln – Therapiefortschritte in Sicht
Falk Symposium 178, Köln, September 2011Kongresskurzbericht (28 Seiten, DIN A4)
FSK181/182
Innate Immunity in Gastrointestinal Disorders: Basic and Therapeutic Concepts
Carcinogenesis, Prevention and Treatment of Colorectal Cancer – State of the Art 2012
V. Falk Gastro-Konferenz, München, Februar 2012Kongresskurzbericht (40 Seiten, DIN A4)
FSK179
Revisiting IBD Management: Dogmas to be Challenged Dogmen hinterfragen – Neue Wege gehen – Bewährtes bewahren
Falk Symposium 179, Brüssel (Belgien), September/Oktober 2011Kongresskurzbericht (32 Seiten, DIN A4)
Kostenlos für Sie zum Bestellen: E-Mail: [email protected] Fax: 0761/15 14-321 www.falkfoundation.de
Prof. Dr. Jürgen Schölmerich
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität FrankfurtTheodor-Stern-Kai 760596 [email protected]
Prof. Dr. Stefan Schreiber
Innere Medizin IUniversitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus KielArnold-Heller-Straße 3 (Haus 6)24105 [email protected]
Prof. Dr. Britta Siegmund
GastroenterologieCharité – UniversitätsmedizinCampus Benjamin Franklin (CBF)Hindenburgdamm 3012203 [email protected]
Dr. Harry Sokol
Department of Gastroenterology and NutritionHôpital Saint Antoine184, rue du Faubourg St.-Antoine75571 [email protected]
Prof. Dr. Antonio Spinelli
Unità Operativa di Chirurgia Generale IIIIstituto Clinico HumanitasVia A. Manzoni, 5620089 [email protected]
Prof. Dr. Eduard F. Stange
Innere Medizin IRobert-Bosch-KrankenhausAuerbachstr. 11070376 [email protected]
Prof. Dr. Andreas Sturm
Innere Medizin/GastroenterologieDRK-Kliniken WestendSpandauer Damm 13014050 [email protected]
Prof. Dr. Herbert Tilg
Innere Medizin IUniversitätsklinik InnsbruckAnichstr. 356020 InnsbruckÖ[email protected]
Theresa Torres Pizarro, M.D.
Associate Professor Case Western Reserve University5129 WRB10900 Euclid Ave.Cleveland, OH [email protected]
Prof. Dr. C. Janneke van der Woude
Afd. GastroenterologieErasmus Medical Centers’ Gravendijkwal 2303015 CE [email protected]
Prof. Dr. Andreas M. Zeiher
Innere Medizin IIIKlinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität FrankfurtTheodor-Stern-Kai 760596 [email protected]
36
2015
Falk Symposien, Workshops und Seminare
KongressabteilungTel.: 0761/1514-0Fax: 0761/1514-359E-Mail: [email protected]
Falk Seminar XXII. Leipziger Gastroenterologisches Seminar Leipzig 9. – 10. Januar 2015
Falk Workshop Viral Hepatitis – From Bench to Bedside München29. – 30. Januar 2015
Falk Symposium 196 Critical Evaluation of Current Concepts and Moving to New Horizons in the Management of IBD Frankfurt6. – 7. März 2015
Falk Symposium 197 Autoimmune Diseases of the Liver Lissabon, Portugal 8. – 9. Mai 2015
Falk Seminar VIII. Lüneburger Gastroenterologisches Seminar Lüneburg 11. – 13. Juni 2015
Falk Symposium 198 IBD: East Meets West Shenzhen, P. R. China 11. – 12. September 2015
Falk Symposium 199 (Part I) Highlights from Hepatology 2015: From Chronic Hepatitis to Hepatocellular Carcinoma 14. – 15. Oktober 2015
Falk Symposium 200 (Part II) Therapeutic Strategies in Diseases of the Digestive Tract – 2015 and Beyond 16. – 17. Oktober 2015
Falk Workshop Workshop on Gastrointestinal GVHD Regensburg13. – 14. November 2015
VIII. Falk Gastro-Konferenz Freiburg14. – 17. Oktober 2015
FSR
19
2 1
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POP