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Gravitationswellen: die neue Astronomie Bernard Schutz Albert-Einstein-Institut, Potsdam & Data Innovation Institute, Cardiff University, Wales Heraeus Seminar 100 Jahre ART

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Page 1: Gravitationswellen: die neue Astronomie · Gravity’s Shadow: The Search for Gravitational Waves (University of Chicago Press 2004) B F Schutz 13.03.15 Albert Einstein Institute

Gravitationswellen: die neue Astronomie

Bernard Schutz Albert-Einstein-Institut, Potsdam

& Data Innovation Institute, Cardiff University, Wales

Heraeus Seminar 100 Jahre ART

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B F Schutz 13.03.15 Albert Einstein Institute Heraeus: Gravitationswellen

Gravitationswellen

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“Gravitational wave detection is about seeing the biggest things that ever happen – the collisions,

explosions, and quakings of stars and black holes – by measuring the smallest changes that have ever been

measured…”

Harry Collins Gravity’s Shadow: The Search for Gravitational Waves

(University of Chicago Press 2004)

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Die Schwerkraft spricht…

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Für Newton war die Schwerkraft ein Sklave zur Masse: das Gravitationsfeld bewegt sich steif mit

seinem Stern, unabhängig von der Entfernung.

Einstein hat die Schwerkraft befreit! Die Relativitätstheorie

begrenzt Geschwindigkeit: Änderungen im Gravitations-

feld bewegen sich durch dem Weltall mit Lichtgeschwindigkeit.

Die Ausbreitungen dieser Änderungen heißen Gravitationswellen. Die sind kleine Störungen des gesamten Gravitationsfeldes. Die Schwerkraft wird stärker und schwächer als die Kräuselungen fliegen vorbei.

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… aber warum zuhören?

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Gravitationswellen zeigen uns ihre Quellen. Diese Quellen sind hoch interessant: umkreisende und zusammenstoßende schwarze Löcher und Neutronensterne, Pulsare, und der Urknall.

Gravitationswellen sind Gravitation: sie fließen durch alles. Die sind deshalb unsere beste,

unsere wahrste Informationsträger.

UND – sie messen Entfernungen: die Wellen von zwei schwarzen Löcher, die einander umkreisen und annähern, sagen

uns genau wie weit entfernt von uns das System liegt. Solche Entfernungsmessgeräte sind kostbar. Ohne genaue Distanzen

können wir die Ausdehnung des Universums und seine Beschleunigung nicht messen: d.h. die dunkle Energie.

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Und wir hören wirklich zu!

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Gravitationswellen sind eine Art kosmischen Klang.

(Nicht echter Klang, weil es keine Luft gibt; aber die Analogie ist stark und nützlich!)

Unsere Detektoren sind wie Mikrofone: sie akzeptieren Signale aus der ganzen Himmel. Die sind nicht auf ein gewisses Blickfeld gerichtet, wie Teleskope.

Mit Computers können wir GW-Signale in echtes Klang konvertieren und ihnen zuhören.

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Wie entstehen die Quellen?

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Kern der Milchstrasse

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Die größte Kollisionen…

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NGC4038: Antenna Galaxies (SSRO)

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… leiten zu die hellste Kollisionen!

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Astronomen kennen Schwarze Löcher mit Massen von 10 bis 109 Sonnenmassen. Auf allen Skalen bilden diese Objekte Binärsysteme, die zusammenspiralen und ineinander verschmelzen .

Jeder solche Zusammenstoss ist eine „Standard-Sirene“, die uns hilft, die Größe des Universums zu messen.

Während die Zusammenschmelzung ist die Energie, die in GW abgestrahlt wird, größer als die Lichtstärke in Photonen des

gesamten Universums!

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Detection: Interferometers

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Die Schwerkraft erzeugt die Gezeiten. Genau wie der Mond die Erde ausdehnt, so dehnen GWs alle Systeme von Massen.

Ein Interferometer ist ideal, diese Ausdehnungen zu messen!

(Galileo’s Pendulum)

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GW Spektrum

100 102 104 106 108 1010 1012

Mass (solar mass)

10-8

10-6

10-4

10-2

100

102

104

Freq

uenc

y (H

z)

44 QNM freq.33 QNM freq.22 QNM freq.LSO frequency1 min to merge1 day to merge3 yr to merge10 yr chirp line

Gro

und

PTA

Spac

e

No radiation expected

Change in frequency <1/10 yr

BNS

IMBBH

SMBBH

(B. S. Sathyaprakash)

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Erdgebundenes Netzwerk LIGO

4 km(upgrading)

VIRGO3 km

(upgrading)

GEO600m

(astrowatch)

LIGO4 km

(upgrading)Alle Projekte arbeiten zusammen und

teilen ihren Daten. Grund ist die Wissenschaft!

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Erste Phase LIGO/Virgo/GEO Beobachtungen von LIGO, Virgo, GEO600 2005-2010 haben

keine Wellen identifiziert (keine Überraschung!), aber viel Erfahrung gewonnen:

!  Beweis, dass wir diese große Detektoren kontrollieren können.

!  Validation von der Datenanalyse.

!  Entwicklung in GEO600 (Hannover) von advanced technologies, die jetzt in LIGO und Virgo installiert werden.

!  Wichtige neue übere Grenzen für viele mögliche Quellen: GW Pulsaren (Crab, Vela), Urknallwellen, Zusammenschmelzung von Neutronensternen.

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Advanced Detectors   Dieses Jahr wird LIGO die neue Beobachtungen beginnen;

schrittweise Sensibilitätsverbesserung bis 2019. Virgo ist vielleicht ein Jahr hinter LIGO.

  Multimessenger astronomy: L-V haben Vereinbarungen mit mehr als 60 Observatorien und Projekten, Daten zu teilen um GW Quellen in allen „Fenster“ der Astronomie to beobachten.

  Erste GW Signal: wahrscheinlich 2016-17. Ende 2019 kann es 40-100 Signalen pro Jahr sein.

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Netzwerk 2020+

LIGO4 km VIRGO

3 km

KAGRA3 km

GEO-HF600m

LIGO-INDIA

4 km

LIGO4 km

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Dritte Generation 2025+

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Ein Detektor im Weltall: LISA

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Wir wollen mHz GWs beobachten: das ist die reichste Frequenzbereich. Massive schwarze Löcher folgendie Entstehung von Galaxien, von den frühsten Epohen. Stellare schwarze Löcher, gefangen von massiven Löcher, sind die beste Tests der ART. Standard-Sirene messen die dunkle Energie.

ABER: die Erde ist laut, laut in mHz Änderungen der Schwerkraft! Wetter,

zum Beispiel. Das LISA Projekt wird seit 1993 von ESA entwickelt.

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LISA, eLISA und LPF

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Dieses Jahr wird ESA’s LISA Pathfinder (LPF) starten. Es wird die neue Technologien prüfen, die für LISA notwendig sind.

ESA hat entschieden, für das L3 Start (2034) ein GW Mission zu plannen. Projektname: eLISA.

Information: http://www.elisascience.org

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Ist ART richtig?

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Mit LISA werden wir das letztes Jahr des „Lebens“ eines normalen schwarzen Lochs, das von einem riesigen Loch geschluckt wird. LISA soll 10-100 solche Ereignisse pro Jahr beobachten.

Das Information im Signal wird eine präzise Beschreibung des Schwerkraftfeld (Raum-Zeit

Geometrie) leisten. Darin dürfen wir kleine nicheinsteinische Effekte suchen, die ein Beweis

zu, z.B., Quantengravitation sein können.

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Pulsar Timing

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Sesana, arXiv:1211.5375

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Radioastronomen auf der ganzen Welt machen präzise Aufzeichnung der Ankunftszeiten der Pulse von extrem stabilen

Millisekunden-Pulsare. Die kleinen Variationen in diese Ankunftzeiten können durch GWs produziert werden. Sie werden

bis 2020 die erste Signale von den massivsten schwarzen Löchern erkennen: 109 Sonnenmassen !

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Urknallwellen

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Im Frühuniversum sind GW entstanden, zu selber Zeit als die Fluktuationen die zu Galaxien geleitet haben. Diese Fluktuationen haben die kosmische Mikrowellenstrahlung beeinflußt, die kleine

Temperaturfluktuationen die COBE, WMAP und Planck gemessen haben. Die GW haben die Mikrowellenstrahlung auch beeinflußt,

mit Polarisation.

BISON2 dachte 2014,

sie haben diese

Polarisation gesehen.

Die letzte Messungen zeigen, dass BICEP2 nur ein „Vordergrund“ Signal gesehen haben, von Staub. Aber diese Gruppe und

anderen sind auf dem Spur: eine Messung von die Urknallwellen ist dieses Jahr gut möglich!

Oder nicht! – wir wissen einfach nicht wie stark diese Wellen sein sollen!

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Weiter über GW •  Projekt Webpages

•  LIGO: http://www.ligo.caltech.edu/#•  GEO600: http://www.geo600.org•  Virgo: http://www.ego-gw.it/public/virgo/virgo.aspx•  eLISA/LISA: https://www.elisascience.org•  LISA Pathfinder: http://www.esa.int/Our_Activities/Space_Science/LISA_Pathfinder_overview

•  Wissenschaft•  Einstein Online: http://www.aei.mpg.de/10930/10_Einstein_Online (Deutsch/Englisch)•  Scienceface (interviews): http://www.scienceface.org

•  Bücher •  B Schutz, Gravity from the ground up•  andere Authoren: H Collins, M Bartusiak, T Bührke, L Smolin, J Ehlers

•  Helfen Sie bei unserer Datenanalyse – entecken Sie die erste Signale! Einstein@Home downloaden: http://www.aei.mpg.de/154894/03_Einstein_Home

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