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Gutenberg School of Management and Economics Lehrstuhl für Marketing und BWL Prof. Dr. Oliver P. Heil (Ph.D) Sommersemester 2016 Bachelorarbeit Bachelorseminar Marketingpolitik Kann qualitative Marktforschung als eigenständige Methodologie für erfolgs- wirksames Marketing eingesetzt werden? Najla Schroeter Carolin Ruhkamp Burgfriedenstraße 16 65594 Dehrn 017655395961 E-Mail: [email protected] Matrikelnummer: 2708883 Semester: 6 Fach: WiWi Abgabetermin: 28.07.2016

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Gutenberg School of Management and Economics Lehrstuhl für Marketing und BWL Prof. Dr. Oliver P. Heil (Ph.D)

Sommersemester 2016 Bachelorarbeit Bachelorseminar Marketingpolitik Kann qualitative Marktforschung als eigenständige Methodologie für erfolgs-wirksames Marketing eingesetzt werden? Najla Schroeter Carolin Ruhkamp Burgfriedenstraße 16 65594 Dehrn 017655395961 E-Mail: [email protected] Matrikelnummer: 2708883 Semester: 6 Fach: WiWi Abgabetermin: 28.07.2016

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Inhaltsverzeichnis I

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis I

Abkürzungsverzeichnis II

Tabellenverzeichnis III

1. Problemstellung 1

2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 2

2.1. Methodik und Bewertung der quantitativen Marktforschung 2

2.2. Methodik und Bewertung der qualitativen Marktforschung 4

3. Qualitative Datengewinnung 8

3.1. Sekundär- und Primärforschung 8

3.2. Methodische Ansätze zur Datenerhebung und -erfassung 9

3.3. Das qualitative Interview 11

4. Gütekriterien in der qualitativen Forschung 14

4.1. Objektivität 14

4.2. Repräsentativität 15

4.3. Validität 16

4.4. Reliabilität 16

5. Auswertung qualitativer Daten 17

5.1. Qualitative Inhaltsanalyse 17

5.2. Implikation für die Marketingpraxis 20

6. Zusammenfassung der Ergebnisse 21

Literaturverzeichnis IV

Ehrenwörtliche Erklärung VIII

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Abkürzungsverzeichnis II

Abkürzungsverzeichnis

ADM Arbeitskreis deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V.

AMA American Marketing Association

BVM Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V.

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

ebd. Ebenda

ggf. gegebenenfalls

i.d.R. in der Regel

Nr. Nummer

S. Seite

u.a. unter anderem

v.a. vor allem

z.B. zum Beispiel

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Tabellenverzeichnis III

Tabellenverzeichnis

Nr. Titel Seite

1 Marketingfragestellungen 8

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1. Problemstellung 1

1. Problemstellung

Historische Ereignisse in der Vergangenheit zeigen, dass Märkte und Marktgeschehen

einem kontinuierlichen Wandel unterliegen (Hesse, Neu & Theuner, 2007, S. 16-17).

Aus diesem Grund ist eine aktuelle, zukunftsorientierte und „[…] systematische Erfor-

schung der unternehmensbezogenen Märkte […]“ (Rennhak & Opresnik, 2016, S. 39)

durch Marktforschung ein wichtiger Anhaltspunkt für Marketingentscheidungen, die auf

Grundlage der so gewonnenen Informationen getroffen werden (ebd., S. 38). Aktuelle

Entwicklungen wie die zunehmende Globalisierung führen zu Änderungen in den An-

forderungen an das Marketing, wodurch, nach Holzmüller und Buber (2009, S. 6), spe-

ziell der Einsatz von qualitativen Methoden in der Marktforschung für Marketingzwecke

sinnvoll erscheint.

Mit qualitativer Marktforschung sind Vorgehensweisen der Datenerhebung und

-analyse gemeint, die sich im Kontrast zur quantitativen Marktforschung weniger durch

standardisierte, sondern durch offenere Gestaltungsmerkmale auszeichnen (Rennhak

& Opresnik, 2016, S. 40-41). Dabei wird das Ziel verfolgt „[…] ein wirklichkeitsgetreues

Bild anhand der subjektiven Sicht der relevanten Interviewpartner abzubilden […]“

(ebd., S. 41), wodurch auch nicht augenscheinliche Aspekte bei der Erforschung des

relevanten Marktes und des Marktgeschehens mit einbezogen werden können (Holz-

müller & Buber, 2009, S. 7).

Trotz der vermeintlich sinnvollen und notwendigen Einsatzmöglichkeiten der qualitati-

ven Forschung, ist festzustellen, dass diese Methoden in der Marketinglehre an deut-

schen Universitäten nur selten ausführlich behandelt werden (Buber & Holzmüller,

2009, S. IX). In der Praxis ist über die Zeit zwar ein deutlicher Anstieg des Einsatzes

erkennbar, allerdings ist das eher anderen Disziplinen zuzuordnen und weniger dem

wirtschaftlichen Bereich (Knoblauch, 2013, S.257). Gemäß der Datenaufbereitung des

Arbeitskreises Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. (ADM, o.D.) beträgt

der durch qualitative Forschung generierte Umsatzanteil der Mitglieder1 im Jahr 2014

gerade einmal 11%. Die Marktforschung für Marketingzwecke greift überwiegend auf

die quantitative Methodologie zurück „[…] without getting beyond statistical or verbal

description.“ (Gummesson, 2005, S. 318). Einige Forscher zweifeln den eigenständ i-

gen, sinnvollen Einsatz der qualitativen Methodologie an und weisen ihr lediglich eine

1 Die Mitglieder generieren ca. 80% des Umsatzes im deutschen Marktforschungsmarkt (ADM, 2015).

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 2

vorbereitende und/oder unterstützende Rolle für quantitative Methoden der Datenerhe-

bung und -analyse zu (Lamnek, 1995a, S. 100-101).

Im Folgenden gilt es daher zu untersuchen, welche Ursachen hinter der geringen An-

wendung liegen und welche Möglichkeiten die qualitative Marktforschung durch Merk-

male wie Offenheit und intensive Analyse der Untersuchungsperson hervorbringt.

Grundlage dafür ist ein umfassendes Verständnis der Forschungsart, sowie ihrer Prin-

zipien und ihrer Vorgehensweisen. Die vorliegende Arbeit ist auf die Relevanz des Ein-

satzes qualitativer Marktforschung als eigenständige Methodologie im Marketingbe-

reich fokussiert.

Zunächst erfolgt die Darstellung der theoretischen Grundlagen der Marktforschung im

Hinblick auf die quantitative und qualitative Methodologie, die erklärt, differenziert und

kritisch betrachtet werden. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der qualitativen Datengewin-

nung, d.h. der Datenerhebung und -erfassung und stellt in diesem Zusammenhang

Erhebungsmethoden vor. Hinsichtlich der Qualitätssicherung der Marktforschungser-

gebnisse schließt sich eine Diskussion über die Gütekriterien der qualitativen For-

schung an. Die Auswertung und Analyse der qualitativ erhobenen Daten wird im

nächsten Schritt erläutert. Auf Grundlage der vorangehenden Erklärungen soll in die-

sem Kapitel zudem speziell auf Einsatzmöglichkeiten der qualitativen Marktforschung

eingegangen werden. Das letzte Kapitel schließt die Arbeit mit einer Zusammenfas-

sung der Ergebnisse und Implikation in Hinblick auf die Fragestellung ab.

2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung

2.1. Methodik und Bewertung der quantitativen Marktforschung

Das Marketing hat die grundlegende Aufgabe, Zielerreichung der Organisation durch

eine kontinuierliche Orientierung am relevanten Marktgeschehen, sowie durch ent-

sprechende Anpassungen der Unternehmenstätigkeiten zu unterstützen (Berekoven,

Eckert & Ellenrieder, 2006, S. 34). Gemäß eines Ausschnitts der Definition des

Marktforschungsbegriffes der American Marketing Association wird deutlich, dass

Marktforschung ein unverzichtbarer Bestandteil für erfolgswirksames Marketing dar-

stellt (Kuß, Wildner & Kreis, 2014, S. 1-2).

„Marketing research is the function that links the consumer, customer, and public to the marketer through information–information used to identify and define marketing opportu-

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 3

nities and problem; generate, refine, and evaluate marketing actions; monitor marketing performance; and improve understanding of marketing as a process.”

(AMA, 2004)

Im weiteren Verlauf soll nun konkret auf die Unterscheidung zwischen quantitativer und

qualitativer Marktforschung eingegangen, sowie ihre Bedeutung für Marketingzwecke

erarbeitet werden. Der Begriff quantitativ hat seinen Ursprung im lateinischen Begriff

‘Quanto‘ und bedeutet „[…] how many?“ (Barnham, 2008, S. 415), womit die quantitati-

ve Forschung gut umschrieben werden kann. Diese verfolgt das Ziel „[…] Konsumen-

tenverhalten in Form von Modellen, Kausalzusammenhängen und zahlenmäßigen

Analysen möglichst genau zu beschreiben und prognostizierbar zu machen.“ (Rennhak

& Opresnik, 2016, S. 40). Damit stehen zahlenmäßige Messungen, sowie der Ver-

gleich zwischen verschiedenen Variablen bzw. Merkmalen im Vordergrund (ebd.). Wie

oben bereits erwähnt, zeichnet sich die quantitative Forschung durch Standardisierung

aus, wodurch eine modellhafte Erklärung des Forschungsprozesses ermöglicht wird.

Zu Beginn des Prozesses stehen die Problemstellung der Untersuchung, sowie damit

verbundene, bereits vorher bestehende Theorien (Lettau & Breuer, 2006, S. 3-4). Auf

Grundlage dieser Theorien wird eine Hypothese gebildet, die es im Verlauf des Pro-

zesses auf ihre Gültigkeit hin zu untersuchen gilt (ebd., S. 4) und damit den Ausgangs-

punkt der Untersuchung darstellt (Bortz & Döring, 2002, S. 35). Ein solches Verfahren

der Hypothesenbildung wird als deduktiv bezeichnet (ebd.) und basiert auf der

Schlussfolgerung des Allgemeinen auf einzelne Fälle (Lamnek, 1995a, S. 263). Um

das Testen der Hypothese ermöglichen zu können, erfolgt eine Operationalisierung der

Begriffe (Lettau & Breuer, 2006, S.4), d.h. ihnen werden Indikatoren zugewiesen, die

es erlauben, ihr Auftreten zu messen (Prim & Tilmann, 1997, S. 48-49). Im Anschluss

erfolgt die eigentliche Datenerhebung, in der die für die Forschung interessanten

Merkmalsausprägungen durch strukturierte Vorgehensweisen erfasst werden (Lettau &

Breuer, 2006, S.4). Die Populationswahl, also die Auswahl der Untersuchungsperso-

nen für die Datenerhebung, verläuft i.d.R. unter dem Gesichtspunkt des ‘statistical

samplings‘ (Lamnek, 1995a, S. 193-195). Das bedeutet, dass eine Stichprobe mit gro-

ßer Anzahl von Fällen „[…] statistisch-wahrscheinlichkeitstheoretisch […]“ (ebd., S.195)

zusammengestellt wird, mit dem Ziel, ein repräsentatives und generalisierbares For-

schungsergebnis zu erreichen (ebd., S. 187). Nach Beendigung der Datenerhebung

erfolgt die Datenauswertung, die nach mathematischen und statistischen Aspekten

verläuft und angibt, ob die vor Beginn der Untersuchung aufgestellte Hypothese beibe-

halten oder verworfen wird (Lettau & Breuer, 2006, S.4).

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 4

Kritiker der quantitativen Methodologie werfen ihr u.a. vor, dass keine ausreichende

Berücksichtigung der Charakteristika des Forschungsgegenstandes und damit keine

angemessene Beschreibung der relevanten Tatbestände erfolgt (Lamnek, 1995a, S.

11). Bemerkbar macht sich dies durch die Standardisierung und die mangelnde An-

passung des Prozesses hinsichtlich der unterschiedlichen Forschungsgegenstände

(ebd. S. 11-12). In diesem Zusammenhang wird zudem der fehlende Bezug zum Kon-

text während der Datenerhebung kritisiert, der im Sinne der quantitativen Forschung

als unerwünscht eingeschätzt wird (ebd., S. 18-19). Auch die deduktive Vorgehenswei-

se der Hypothesenbildung wird aufgrund der für diesen Zweck unzureichenden Kennt-

nisse der Forscher zu Beginn der Untersuchungen (Niedzwetzki, 1984, S. 65), als auch

aufgrund der Gefahr von Vorurteilen durch vorher aufgestellte Hypothesen als Nachtei-

lig beurteilt (Lamnek, 1995a, S. 9-10). Des Weiteren verfalle der Forscher in einen

Tunnelblick und betrachte nur Aspekte, die hinsichtlich der Hypothese als wichtig ein-

gestuft werden und riskiert dabei die Gefahr, für die Forschung wichtige Betrachtungs-

weisen zu übersehen (ebd., S.16-17). Mit Blick auf die Komplexität des Marktes hält

Gummesson (2006, S. 169-170) es für unangebracht, quantitative Methoden in der

Marktforschung einzusetzen, da diese nicht alle relevanten Einflussfaktoren im Markt

berücksichtigen können. Er ist der Meinung, dass nur die qualitative Marktforschung,

die im Folgenden erläutert werden soll, der Komplexität gerecht werde (ebd.).

2.2. Methodik und Bewertung der qualitativen Marktforschung

Der Begriff qualitativ ist abgeleitet von dem lateinischen Begriff ‘Qualis‘, der übersetzt

„[…] what sort of […]“ (Barnham, 2008, S. 420) bedeutet. Unter Berücksichtigung der

Fokussetzung der qualitativen Forschung, nämlich auf die Komplexität eines Sachver-

halts (Gummesson, 2005, S. 312) und damit auf das Verstehen von Zusammenhängen

(Kiefl & Lamnek, 1984, S. 474), scheint diese Begriffszuweisung angemessen. Im Ge-

gensatz zur quantitativen, zeichnet sich die qualitative Forschung v.a. durch Offenheit

(Lamnek, 1995a, S. 22) und Flexibilität während des gesamten Untersuchungsverlaufs

aus (ebd., S. 30). Das Prinzip der Offenheit soll ermöglichen, dass auch unvorherseh-

bare Untersuchungsergebnisse erzielt werden können und verhindert damit, dass der

Forscher in einen Tunnelblick verfällt (ebd., S. 22-23). Konkret wird Offenheit gegen-

über der jeweiligen Situation und der untersuchten Person während der Datenerhe-

bung, sowie hinsichtlich der ausgewählten Methoden der Erhebung und Auswertung

qualitativer Daten verlangt (ebd., S. 29). Das Prinzip der Flexibilität soll dann die An-

passung des Untersuchungsrahmens an den jeweiligen Untersuchungsgegenstand

und -situation ermöglichen (Lamnek, 1995b, S. 1). Auf Grundlage dieser zwei Prinzi-

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 5

pien wird deutlich, dass "[…] eine einheitliche, verbindliche und allseits akzeptierte Me-

thodologie qualitativer Forschungsansätze […] (Lamnek, 1995a, S. 93), durch die

mangelnde Standardisierung, nicht möglich und auch nicht erwünscht ist (Lamnek,

1995b, S. 1). Vielmehr soll die Auswahl und Variation der Methoden an dem For-

schungsgegenstand orientiert sein (Kleining, 2011, S. 219). Der Untersuchungsgegen-

stand soll in allen seinen Facetten kennen gelernt werden, was nur durch Kommunika-

tion in jeder Phase der Forschung erzielt werden kann (ebd., S. 31). Während ein

kommunikatives Zusammenspiel von Forscher und Untersuchungsperson in der quan-

titativen Forschung als störend empfunden wird, erlangt es in der qualitativen For-

schung aufgrund der Möglichkeit, neue Kenntnisse generieren zu können, einen hohen

Stellenwert (Küchler, 1983, S. 10). Damit ist also auch die Subjektivität des Forschers

Teil der Untersuchung (Kleining, 2011, S. 219), was wiederum eine Reflexion des ei-

genen Handelns in der Erhebung von Seiten des Forschers, als auch hinsichtlich der

Interpretationen im Auswertungsprozess verlangt (BVM, 2007, S. 14). Das Kriterium

Kontextualisierung, also der Einbezug und die Relevanz des Kontexts der Situation

oder Person, ist ein weiteres wichtiges Prinzip der qualitativen Marktforschung (ebd.,

S. 15). Die Vorgeschichte der Person oder die Umstände während der Erhebung kön-

nen nicht vernachlässigt werden, denn „[…] information taken out of its context can

mean something totally different from what was originally intended.“ (Gummesson,

2006, S. 172).

Neben den Prinzipien, stellt die ‘Grounded Theory‘ einen wesentlichen Anhaltspunkt

der qualitativen Marktforschung dar (Lettau & Breuer, 2006, S. 9). Das von Glaser und

Strauss entwickelte Konzept beschäftigt sich mit der Theorienbildung und kritisiert das

deduktive Vorgehen der quantitativen Forschung (Lamnek, 1995a, S. 111-112). Die

Wissenschaftler vertreten die Meinung, „[…] that it is likely to be a better theory to the

degree that it has been inductively developed from social research.” (Glaser & Strauss,

1967, S. 5). Induktives Vorgehen „[…] lets reality tell its story on its own terms and not

on terms of extant theory […]“(Gummesson, 2005, S. 322), d.h. die Hypothese ist im

Gegensatz zum deduktiven Vorgehen das Ergebnis des Forschungsprozesses (Bortz

& Döring, 2002, S. 35). Was das bedeutet wird im Folgenden anhand einer kurzen Er-

klärung der Theoriegewinnung im Sinne der Grounded Theory erläutert. Zu Beginn der

Forschung sollen noch keine theoretischen Annahmen über das zu untersuchtende

Feld vorliegen, da diese sich erst im Verlauf der Untersuchung durch eine unvoreinge-

nommene Datenerhebung entwickeln (Lamnek, 1995a, S. 117-118). Nachdem die ers-

ten Daten beschaffen wurden, werden diese analysiert und nach Hinweisen auf mögli-

che Konzepte kodiert (Lettau & Breuer, 2006, S. 9). Die Analyse und Kodierung bietet

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 6

dann den Ausgangspunkt für die Wahl der nächsten Untersuchungspersonen unter

theoretischen Aspekten, genannt ‘theoretical sampling‘ (ebd.). Unter diesem Begriff

wird die Erweiterung der Untersuchungsfälle „[…] unter den für die Theoriebildung

wichtig gewordenen Aspekte […]“ (Hoffmann-Riem, 1980, S. 346) verstanden. Dem-

nach ist die Zahl der Fälle zu Beginn nicht vorher bestimmt (Lettau & Breuer, 2006, S.

12). Mit der Auswahl der Population erfolgt wieder eine Datenerhebung, die neu ge-

sammelten Daten werden analysiert und kodiert, was wiederum zu Modifizierungen

oder Verwerfen der entwickelten Konzepte, sowie zu neuen Konzepten führen kann

(Lamnek, 1995a, S. 119). Der Prozess wird wiederholt, bis sich letztlich eine Theorie

entwickelt hat (ebd.). Gemäß der aufgeführten Erklärung wird deutlich, dass die Da-

tenerhebung und die Auswertung nicht getrennt werden können und diese sich konti-

nuierlich im Theoriebildungsprozess abwechseln (Lettau & Breuer, 2006, S. 9).

Anfänglich wurde in der qualitativen Marktforschung das Konzept der induktiven Vor-

gehensweise streng verfolgt und es galt, dass zu Beginn eines Forschungsprozesses

weitgehend kein theoretisches Vorwissen in die Untersuchung einfließen sollen, um

einen maximalen Erkenntnisgewinn durch die Erhebung erzielen zu können (Auer-

Srnka, 2009, S. 163-166). Heutzutage gilt als akzeptiert, dass Vorkenntnisse für eine

empirische Untersuchung notwendig sind, um diese erfolgsorientiert durchführen zu

können (ebd., 164-166). Gemäß Auer-Srnka (2009, S. 166-167) ist „[…] ein kombinier-

tes deduktiv-induktives Vorgehen […]“ (ebd., S. 167) der Theorienbildung im Marktfor-

schungsbereich am geeignetsten, was dem Verfahren der ‘analytischen Induktion‘ ent-

spricht (Lettau & Breuer, 2006, S. 5). Dieses besagt, dass der Forscher bereits zu Be-

ginn des Prozesses theoretische Vorstellungen über das Untersuchungsfeld besitzt,

aus dem dann ein Anfangskonzept deduktiv entwickelt wird (ebd.). Der weitere For-

schungsprozess verläuft dann hinsichtlich der Theorienbildung und -prüfung induktiv,

d.h. auf Grundlage des deduktiv gebildeten Konzeptes erfolgen Sprünge zwischen Da-

tenerhebung und -auswertung mit dem Ziel, das Präkonzept anzupassen (ebd.), bis

eine „[…] universelle Beziehung etabliert wird […]“ (Bühler-Niederberger, 1985, S.

478). In Verbindung mit dem analytisch induktiven Prozess ist ersichtlich, dass die Po-

pulationswahl für die Datenerhebung im Gegensatz zur quantitativen Forschung nicht

nach Repräsentativität unter statistischen Gesichtspunkten erfolgen kann (Schreier,

2011, S. 245), sondern die Fälle angemessen hinsichtlich des zu untersuchenden und

veränderbaren Konzepts gewählt werden (Lamnek, 1995a, S. 193-195). Orientiert an

dem Prinzip des theoretical samplings soll eine fortlaufend neue Auswahl von Untersu-

chungspersonen erfolgen (ebd.), die eine weitgehend gemischte Zusammenstellung

aufweist (Meyer & Reuterrer, 2009, S. 242). Auf der einen Seite wird das durch den

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2. Theoretische Grundlagen der Marktforschung 7

Einbezug von Personengruppen, unter der Annahme, dass diese das im Prozess ver-

änderbare Konzept bestätigen könnten, erreicht (Schreier, 2011, S. 247-249). Auf der

anderen Seite sollen aber auch die Personen in die Untersuchung mit aufgenommen

werden, die erwartungsgemäß das Konzept eher widerlegen (ebd.).

Auf Basis der Klassifizierung der qualitativen Marktforschung sollen im Folgenden eini-

ge Kritikpunkte erläutert werden. Anhand des oben aufgeführten Prozesses der Theo-

rienbildung und Populationswahl ist erkennbar, dass es nicht möglich ist, Aussagen

über den genauen Zeitaufwand der Untersuchung zu treffen (Kleining, 2011, S. 212).

Es lässt sich lediglich festhalten, dass die qualitative Marktforschung deutlich zeitinten-

siver im Vergleich zur quantitativen Markforschung ist (Niedzwetzki, 1984, S. 76).

Durch die Art der Populationswahl ist außerdem die Zahl von Untersuchungspersonen

oft nicht sehr groß (Schreier, 2011, S. 254), was von Anhängern der quantitativen

Marktforschung kritisiert wird (Lamnek, 1995a, S. 3). Es wird angezweifelt, dass eine

geringe Zahl an Untersuchungspersonen zu einem informativen Ergebnis führen kann

(Schreier, 2011, S. 254). Gemäß Niedzwetzki (1984, S. 67) ist das Fehlen einer allge-

mein gültigen Vorgehensweise der größte Nachteil der Forschungsart, da es die Über-

prüfung der Forschungsergebnisse durch Dritte ausschließe (ebd., 77). Außerdem hat

Sampson (1996 zit. n. Milliken, 2001, S. 74), auf der Suche nach möglichen Gründen

für den geringen Einsatz der Methodologie „[…] mystique, scepticism and ignorance

about qualitative research […]“ (Milliken, 2001, S. 74) entdeckt.

Um mit den oben aufgeführten Erklärungen eine erste Einordnung der quantitativen

und qualitativen Marktforschung im Marketingbereich vorzunehmen, dient Tabelle 1 als

Veranschaulichung. Diese zeigt Beispiele für unterschiedliche Arten von Fragen, die im

Marketing hinsichtlich der Produkt-, Kommunikations- und Distributionspolitik gestellt

werden können und gibt an, welche der beiden Forschungsarten jeweils zur Beantwor-

tung besser geeignet ist. Die Art der Frageneinordnung bestätigt die oben aufgeführten

Ziele und Prinzipien der Forschungsarten, nämlich dass die quantitative Marktfor-

schung den Fokus auf zahlenmäßige Aussagen setzt, während die qualitative Markt-

forschung eher danach strebt Zusammenhänge verstehen zu können. Um das Vorge-

hen der qualitativen Marktforschung nachzuvollziehen und um ihre Bedeutung für Mar-

ketingzwecke weiter zu erarbeiten, soll nun im Folgenden auf die qualitative Datenge-

winnung und ihre Methoden eingegangen werden.

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3. Qualitative Datengewinnung 8

Eher qualitative Untersu-chung

Eher quantitativ-deskriptive Untersuchung

Produktpolitik Warum und in welchen Situationen trinken Konsu-mentInnen „Red Bull“?

Wie groß ist der Anteil der zufriedenen KonsumentIn-nen bei „Red Bull“ in der Gruppe der 16-25 Jähri-gen?

Kommunikationspolitik Zu welchen Assoziationen führt die ‘lila Kuh‘ in einer Milka-Anzeige

Um wie viel Prozent ist der Bekanntheitsgrad von Milka nach einer Werbekampag-ne gestiegen?

Distributionspolitik Sollte „Underberg“ eher im Supermarkt im Spirituosenregal oder beim Tiefkühlbereich (bei den fetten Gänsen etc.) ange-boten werden?

Wie hoch ist der Umsatz-zuwachs bei „Underberg“ bei der Ausweitung des Distributionsgrades um 10%?

Tabelle 1: Marketingfragestellungen (in Anlehnung an Kuß et al., 2014, S. 41)

3. Qualitative Datengewinnung

3.1. Sekundär- und Primärforschung

Im Bezug auf die Datengewinnung in der Marktforschung muss in erster Instanz zwi-

schen der Sekundär- und Primärforschung unterschieden werden. Der grundlegende

Faktor für die Differenzierung liegt in der Frage, ob bereits vorhandene Daten für die

Forschung verwendet werden können, also sekundär geforscht werden kann, oder ob

eine neue Erhebung durch entsprechende Methoden erfolgen muss, also eine Primär-

forschung zweckmäßig ist (Kuß et al., 2014, S. 13). Bei der Sekundärforschung wer-

den zuvor erhobene Daten, mit ähnlichem oder auch grundlegend abweichendem Hin-

tergrund, hinsichtlich des Untersuchungsproblems neu ausgewertet (Berekoven et al.,

2006, S. 42-43). Der mögliche Informationsraum reicht von Quellen innerhalb der Un-

ternehmung, wie Daten aus anderen Primärerhebungen (Berekoven et al., 2006, S. 43)

oder des Customer Services (Rennhak & Opresnik, 2016, S. 43), bis hin zu Quellen

außerhalb der Unternehmung (ebd., S. 43-45). Unter Letzteres fallen z.B. veröffentlich-

te Daten von Konkurrenten (ebd., S. 44) oder von Hochschuleinrichtungen (Berekoven

et al., 2006, S. 44). Die Sekundärforschung kann damit sowohl als Vorstufe für die

Primärerhebung eingesetzt werden, als auch eine erweiternde Funktion oder gar eine

Substitutionsfunktion für diese einnehmen (Kuß et al., 2014, S. 37). Die wesentlichen

Vorteile für ihren Einsatz beruhen auf ihrer Zeit- und Kosteneffizienz (Schneider, 2007,

S. 45). Zudem können Daten gesammelt werden, die durch eine Primärerhebung nicht

erzielt werden können, wie z.B. die Anzahl der Bevölkerung (Berekoven et al., 2006, S.

42) oder Daten aus der Vergangenheit (Kuß et al., 2014, S. 38). Nachteile des Einsat-

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3. Qualitative Datengewinnung 9

zes der Sekundärforschung beruhen u.a. darauf, dass nicht immer angemessene In-

formationen, insbesondere im Marketingbereich, für die jeweilige Untersuchungsfrage

vorliegen oder die Informationen veraltet sein können (Kuß et al., 2014, S. 38).

Da bisher eher auf quantitative Datenquellen für die Sekundärforschung eingegangen

wurde, soll hier noch eine kurze Erklärung hinsichtlich des „[…] re-use of pre-existing

qualitative data […]“ (Heaton, 2008, S. 34) erfolgen. Diese Art der Sekundäranalyse

bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, durch die die qualitative Marktforschung berei-

chert werden kann (Witzel, Medjedović & Kretzer, 2008, S. 12). Zum einen können die

erhobenen Daten einer vorherigen Forschung mit Abstand betrachtet werden und so

eine Generierung von neuen Erkenntnissen durch den Einbezug von vorher unbeach-

teten Sachverhalten ermöglichen (ebd., S. 13). Zum anderen besteht die Gelegenheit,

mehrere Erhebungen gemeinsam zu betrachten, was die Theorienbildung positiv be-

einflussen kann (ebd.). Neben den genannten und weiteren Möglichkeiten werden

auch viele Bedenken, die sich auf das Einhalten der oben aufgeführten Prinzipien der

qualitativen Marktforschung beziehen, geäußert (ebd., S. 15). Es besteht z.B. das Risi-

ko, qualitative Daten aus ihrem Kontext zu lösen (ebd., S. 15). Da die Sekundäranaly-

se von qualitativen Daten in Deutschland noch sehr unbeachtet ist (ebd., S. 11), wird

im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf die Primärerhebung in qualitativer Marktforschung

fokussiert. In diesem Zusammenhang ist es, durch das Vorgehen der analytischen In-

duktion, sinnvoll, einen gewissen Grad an Vorkenntnissen zu erzielen, wodurch eine

vorangehende Sekundärerhebung im Allgemeinen zweckmäßig erscheint (Rennhak &

Opresnik, 2016, S. 44).

3.2. Methodische Ansätze zur Datenerhebung und -erfassung

In der qualitativen Marktforschung setzt sich die Datengewinnung aus der Datenerhe-

bung und -erfassung zusammen (Lamnek, 1995b, S. 94-95). Die Datenerhebung

sammelt, bezüglich des Untersuchungsproblems, Daten mit Hilfe von angemessenen

Instrumenten, während die Datenerfassung für die entsprechende Dokumentierung

zuständig ist (ebd.). Im Gegensatz zur quantitativen Marktforschung, die durch struktu-

rierte Erhebungsmethoden, wie genormte Fragebögen, charakterisiert ist (Rennhak &

Opresnik, 2016, S. 44), zeichnet sich die qualitative Marktforschung, mit Rücksicht auf

das Prinzip der Offenheit und der Orientierung der Methoden an dem Forschungsge-

genstand, durch freiere Erhebungsverfahren aus (Kuß et al., 2014, S. 41). Dabei wird

während der Erhebung das Ziel verfolgt, sich intensiv mit den Untersuchungspersonen

zu befassen, diese zu verstehen (Filstead, 1979, S. 35) und so eine hohe Variation und

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3. Qualitative Datengewinnung 10

Tiefe an Informationen zu erhalten (Rennhak & Opresnik, 2016, S. 41). In einer qualita-

tiven Erhebung des Arbeitskreises deutscher Markt- und Sozialforschung e.V. 2 stuften

die befragten Marktforscher und Auftraggeber genau diesen Sachverhalt als besonders

wichtig und ausschlaggebend für den Einsatz der qualitativen Marktforschung ein

(Holzhauer & Naderer, 2011, S. 17).

„Die Auftraggeber haben erkannt, wie wichtig die Nähe zum Verbraucher ist, ihn zu ver-stehen, Ursachen, Zusammenhänge und Wirkweisen, die sein Verhalten erklären, zu identifizieren, von „Consumer Insights“ zu lernen.“

(ebd.)

Die teilnehmenden Auftraggeber der Studie weisen der Erhebung der Daten auch ins-

gesamt eine bedeutende Rolle im Prozess der qualitativen Marktforschung zu, da die-

se im Gegensatz zur Auswertung meist sehr transparent und alltagsnah ist (ebd., S.

18-19). Während in der quantitativen Marktforschung „[…] das einmal ausgebildete

methodische Instrumentarium zur Verfolgung der verschiedensten Fragestellungen

immer wieder herangezogen wird […]“ (Lamnek, 1995a, S. 11), wird die Erhebungs-

phase in der qualitativen Marktforschung durch die analytische Induktion kontinuierlich

an die jeweilige Situation angepasst (ebd., S. 196). Aus diesem Grund, sowie bedingt

durch die Offenheit, stehen den Marktforschern eine große Fülle an qualitativen Erhe-

bungsmethoden zur Verfügung, die i.d.R. gemeinsam angewendet werden und zum

Teil kaum voneinander zu differenzieren sind3 (Lamnek, 1995b, S. 1-2). Im Folgenden

werden drei ausgewählte Einzelmethoden kurz vorgestellt.

Kuß, Wildner und Kreis (2014, S. 54) schätzen die Gruppendiskussion als die am häu-

figsten verwendete Methode ein. Wie der Name bereits verrät, handelt es sich dabei

um die zeitgleiche Befragung von 5 bis 12 hinsichtlich der Fragestellung gezielt aus-

gewählten Untersuchungspersonen (Lamnek, 1995b, S. 147-148), die im Gesprächs-

verlauf miteinander interagieren können (Salcher, 1995, S.44-45). Diese Interaktion

kann die Untersuchungspersonen anregen, insbesondere bei heterogenen Gruppen

durch die Konfrontation mit unterschiedlichen Meinungen, sich intensiv mit dem Thema

zu befassen und die eigene Meinung zu reflektieren (Kuß et al., 2014, S. 55). Des Wei-

teren sorgt sie dafür, dass die Erhebungssituation durch Natürlichkeit geprägt ist, was

wiederum eine ggf. vorhandene Befangenheit der Untersuchungspersonen löst (Sal-

2 Die Studie wurde in Kooperation mit Studenten der Hochschule Pforzheim erhoben (Holzhauer &

Naderer, 2011, S. 15-16). Es wurden 30 Personen, darunter rein qualitative oder qualitative und quantita-tive Marktforscher, sowie Auftraggeber, in qualitativen Interviews zu Themen befragt, die eine Imagebil-dung der qualitativen Marktforschung erlauben (ebd., S. 15-17). 3 Die Forderung verschiedene Methoden in der Erhebung zu kombinieren wird als ‘Triangulation‘ bezeich-

net (Denzin, 1970, S. 300) und soll im Kapitel ‘Gütekriterien‘ noch einmal aufgegriffen werden.

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3. Qualitative Datengewinnung 11

cher, 1995, S. 44-45). Die Gruppendiskussion erlaubt damit, gemäß Blank (2011, S.

295) „[…] insbesondere dem Marketing, einen besonders alltagsnahen Zugang zur

eigenen Zielgruppe, deren Gefühlsäußerungen, Meinungen und Argumenten […]“. Im

Vergleich zu Einzelinterviews, die im nächsten Kapitel behandelt werden sollen, wei-

sen Gruppendiskussion v.a. in Bezug auf den Informationsgehalt der gesammelten

Daten (Yin, 2011, S. 142), als auch auf die Gefahr hin, manche Untersuchungsperso-

nen könnten in der Gruppe untergehen (Lamnek, 1995b, S. 169), Nachteile auf.

Eine weitere Erhebungsmethode stellt die Beobachtung dar, „the intentional examina-

tion of an object or process for the purpose of obtaining facts about it or reporting one’s

conclusions based on what has been observed” (APA, 2007, S. 638). Im Gegensatz

zur quantitativen Beobachtung begibt sich der Forscher in der qualitativen, oder auch

teilnehmenden Beobachtung, in das alltägliche Umfeld der Untersuchungsperson

(Lamnek, 2005, S. 561-565). Dabei ist wichtig, dass der Forscher möglichst minimalen

Einfluss auf das zu untersuchende Feld hat und damit die Beobachtung nicht beein-

trächtigt (ebd., S. 591). Des Weiteren ist die Untersuchungsperson darüber informiert,

dass sie beobachtet wird, wenn auch in manchen Fällen nicht über den Beobach-

tungsgrund selbst (ebd., S. 565). Der wesentliche Vorteil der qualitativen Beobachtung

liegt in der Tatsache, dass Sachverhalte aufgenommen werden können, die auf ande-

rem Weg, z.B. aufgrund von Erinnerungslücken, mangelnder Eigenwahrnehmung oder

Verschlossenheit der Untersuchungspersonen, nicht angemessen übermittelt werden

können (Müller, David & Straatmann, 2011, S. 328-329). Der qualitativen Beobachtung

wird zudem die Fähigkeit zu Gute gehalten, mit Hilfe der intensiven Berücksichtigung

der Situationsbedingungen einen hohen Grad an Kontextualisierung, und damit ein

tiefes Informationsverständnis erzielen zu können (ebd., S. 329-330). Dem gegenüber

steht allerdings der Nachteil, dass i.d.R. Zusammenhänge und Handlungen nur er-

kennbar sind und nicht begründet werden können (ebd.).

3.3. Das qualitative Interview

Anhand einer genaueren Betrachtung des qualitativen Interviews, das ebenso häufigen

Einsatz findet (Lamnek, 1995b, S. 35), soll die Erhebungsphase, die nicht von der

Auswertungsphase zu trennen ist, detaillierter vorgestellt werden. Das qualitative Inter-

view ist ein Überbegriff für eine Vielzahl von verschiedenen Interviewarten, die oft nicht

klar zu identifizieren sind (Mey & Mruck, 2011, S. 259-260). Eine Differenzierung wird

dennoch hinsichtlich des Einsatzes von Leitfäden, sowie hinsichtlich der Bestimmung

das Informationsziels versucht (ebd.). Während einige Interviewarten, wie das narrative

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3. Qualitative Datengewinnung 12

Interview i.d.R. ganz ohne Leitfaden auskommen (ebd., S. 261), dient der flexible Leit-

faden im Tiefeninterview (Kuß et al., 2014, S. 57) oder im Experteninterview (Bähring,

Hauff, Sossdorf & Thommes, 2008, S. 93) als Orientierung, um alle wichtigen Aspekte

in die Erhebung mit einzubeziehen (Mey & Mruck, 2011, S. 278). Die Basis des narra-

tiven Interviews besteht aus den Erzählungen der Untersuchungsperson (Lamnek,

1995b, S. 70), wobei „[n]icht nur der »äußerliche« Ergebnisablauf, sondern auch die

»innere Reaktion«, die Erfahrungen […] mit den Ereignissen und ihre interpretative

Verarbeitung in Deutungsmustern […]“ (Schütze, 1983, S. 285-286) Ergebnis der Be-

fragung sind. Während das narrative Interview also auf eine Erzählung abzielt, sollen

im Tiefeninterview die für die Forschung relevanten Sachverhalte konkret während der

Erhebungsphase aufgegriffen werden (Salcher, 1995, S. 34). Hierbei liegt der Fokus

v.a. auf den Aspekten und Meinungen zu den untersuchten Themenbereichen, die der

Befragte unbewusst vertritt bzw. die von ihm nur schwer zu übermitteln sind (Kuß et

al., 2014, S. 57). Beim Experteninterview wiederum steht, im Gegensatz zu den ande-

ren zwei Methoden, die rein inhaltlichen Informationen im Vordergrund, die durch einen

Experten mit Blick auf die jeweiligen Themen mitgeteilt werden (Mey & Mruck, 2011, S.

264).

Gemein haben alle Interviewarten, wobei die Anzahl deutlich über die drei hier vorge-

stellten hinausgeht, das Streben nach einer alltagsnahen und angenehmen Atmosphä-

re zu Gunsten des Befragten (Lamnek, 1995b, S. 65-66). Die im Interviewverlauf ge-

stellten Fragen sollten nicht bereits vorgegebene Antwortmöglichkeiten signalisieren

(Lamnek, 2005, S. 344-345), sowie, im Gegensatz zur quantitativen Erhebung, nicht

vorher bestimmt sein, sondern sich aus der Untersuchungssituation heraus ergeben

(ebd., S. 352). Eine besondere Rolle wird dem Interviewer zuteil, denn seine Fähigkei-

ten entscheiden letztlich über den Erfolg der Erhebung (Mey & Mruck, 2011, S. 259).

Er muss in der Lage sein, sich selbst, sowie seine eigene Meinung zurückzunehmen

und so eine Wertung der Aussagen des Interviewpartners zu verhindern (Lamnek,

1995b, S. 107). Sowohl gefragte Auftraggeber als auch Marktforscher der oben aufge-

führten Studie des Arbeitskreises deutscher Markt- und Sozialforschung e.V. sind sich

einig:

„Ein qualitativer Marktforscher muss [...] nicht nur ein multikommunikativer Mensch sein, sondern darüber hinaus eine facettenreiche Persönlichkeit, die gleichermaßen über hohe analytische und strategische Kompetenzen, eine offene und fluide Intelligenz sowie emo-tionale und kommunikative Fähigkeiten verfügt.“

(Holzhauer & Naderer, 2011, S. 21)

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3. Qualitative Datengewinnung 13

Während dem Interview ist es sinnvoll Aufzeichnungsgeräte mitlaufen zu lassen (Mey

& Mruck, 2011, S. 280), denn eine angemessene Datenerfassung ist die Grundlage für

die Auswertung qualitativer Daten (Naderer, 2011a, S. 411). Bei einigen Interviewar-

ten, wie z.B. dem narrativen und dem Tiefeninterview ist es sinnvoll, Videokameras

einzusetzen, um auch das Verhalten des Befragten in die Interpretation mit einbezie-

hen zu können (Mey & Mruck, 2011, S. 280). Bei Experteninterviews, bei denen der

Fokus ausschließlich auf dem Inhalt des Gesagten des Experten liegt, sind Audioauf-

zeichnungen ausreichend (ebd.). Zusätzlich zur Interviewaufzeichnung dienen auch

Leitfäden, sowie ein kurzer Fragebogen als mögliche Hilfsmittel der Datenerfassung

(Lamnek, 1995b, S. 77). Im Anschluss an jedes Einzelinterview ist ein sogenanntes

Postskriptum sinnvoll, in dem alle Informationen festgehalten werden, die ansonsten

verloren gehen könnten, wie z.B. Besonderheiten in der Erhebungssituation oder Kon-

textdaten zur Person (ebd., S. 98). Über alle Einzelinterviews hinweg ist ein Transkript

zu verfassen, das die gesamten Gesprächsverläufe, als auch nonverbale Aspekte4

schriftlich fixiert (Lamnek, 2005, S. 403).

Nachdem einige wichtige Aspekte zu dem qualitativen Interview genannt wurden, wird

ersichtlich, dass die aufgeführten Nachteile der Gruppendiskussion durch das qualitati-

ve Interview behoben werden, während allerdings die Gruppendiskussion Vorteile er-

zielt, die durch das qualitative Interview nicht gegeben sind. Ähnliches gilt bei der quali-

tativen Beobachtung. Hieraus wird deutlich, wie wichtig eine angemessene Auswahl

der Erhebungsmethode im Hinblick auf das jeweilige Untersuchungsproblem, der

-situation und der -person ist und keine allgemeingültige Aussage über die bestgeeig-

netste Methode zulässig ist (Müller et al., 2011, S. 319). Vielmehr ist eine Kombination

der Methoden sinnvoll (Kleining, 2011, S. 230-231).

4 Zu den nonverbalen Aspekten zählen z.B. Lachen, Räuspern oder Redepausen (Lamnek, 2005, S. 403).

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4. Gütekriterien 14

4. Gütekriterien

4.1. Objektivität

Um die Qualität des Forschungsprozesses beurteilen zu können, sind sogenannte Gü-

tekriterien notwendig (Lamnek, 1995a, S. 152). Da die qualitative Marktforschung sich

immer wieder als wissenschaftsfundierte Methodologie behaupten muss (Balzer &

Naderer, 2011, S. 7), ist dieses Kapitel besonders wichtig für die Bedeutung der For-

schungsart, da anhand der Gütekriterien „[…] der Grad der Wissenschaftlichkeit […]“

(Lamnek, 1995a, S. 152) der verwendeten Forschungsmethoden gemessen wird. Eini-

ge Forscher halten es für sinnvoll, die Gütekriterien der quantitativen Methodologie

durch eine entsprechende Anpassung heranzuziehen, während anderen der Einsatz

von neu formulierten Gütekriterien aufgrund der methodischen Unterschiede der quan-

titativen und qualitativen Marktforschung zweckmäßiger erscheint (Lettau & Breuer,

2006, S. 21). Im Folgenden sollen die Gütekriterien der quantitativen Methodologie,

also Objektivität, Validität, Repräsentativität und Reliabilität (BVM, 2007, S. 16), mit

Blick auf ihren Einsatz für die Beurteilung der Güte qualitativer Erhebungen untersucht

und alternative Vorschläge für diese Gütekriterien vorgestellt werden.

Objektivität bedeutet in der quantitativen Methodologie, dass die Ergebnisse der Un-

tersuchung unbeeinflusst von dem, die Untersuchung durchführenden, Forscher sind

(Steinke, 2009, S. 264). Dies wird durch einen hohen Grad an Standardisierung wäh-

rend des gesamten Forschungsprozesses erreicht, denn nur dadurch kann der For-

scher als Subjekt von der Forschung ausgeschlossen werden (ebd., S. 264-265). Auf

Grundlage der oben aufgeführten Prinzipien der qualitativen Marktforschung, wie

grundlegende Offenheit, sowie der Einbezug der Subjektivität des Forschers, wird er-

sichtlich, dass das Gütekriterium nicht in der vorhandenen Form übertragbar ist (ebd.).

Ziel der Objektivität in der quantitativen Vorgehensweise ist allerdings die „[…] inter-

subjektive Nachprüfbarkeit […]“ (Lamnek, 1995a, S. 180). Dies soll auch durch qualita-

tive Marktforschung erreicht werden, wodurch eine Übertragung des Gütekriteriums in

modifizierter Form, trotz der aufgeführten Unstimmigkeiten, nicht grundsätzlich abge-

lehnt wird (ebd.). Gemäß des BVMs (2007, S. 16) kann eine Objektivität im Sinne der

qualitativen Methodologie durch das Prinzip der Reflexion erfolgen, was eine entspre-

chende Erfassung des Verhaltens des Forschers beinhaltet. Mayring (1990, S. 104)

formuliert zur Erreichung einer intersubjektiven Nachprüfbarkeit (Lamnek, 2005, S.

146-147) neue Gütekriterien. Zum einen nennt er die ‘Verfahrensdokumentation‘, d.h.

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4. Gütekriterien 15

die Dokumentation des gesamten Forschungsprozesses, zum anderen formuliert er die

‘argumentative Interpretationsabsicherung‘, d.h. die Dokumentation der Interpretatio-

nen während der Auswertung qualitativer Daten (Mayring, 1990, S. 104). Damit wird

deutlich, dass in der qualitativen Marktforschung im Sinne der intersubjektiven Nach-

prüfbarkeit v.a. die Transparenz des Forschungsprozesses im Mittelpunkt stehen sollte

(Bogumil & Immerfall, 1985, S. 71). Hiermit kann zudem der aufgeführte Kritikpunkt,

dass das Fehlen einer allgemeingültigen Vorgehensweise in qualitativer Marktfor-

schung die Überprüfung durch Dritte ausschließe, abgewendet werden.

4.2. Repräsentativität

Im Kapitel Methodik und Bewertung der quantitativen Methodologie wurde bereits er-

läutert, dass hier ein statistisch repräsentatives Ergebnis erzielt werden soll. Das be-

deutet, dass die Ergebnisse des Forschungsprozesses nicht nur für die jeweiligen

Untersuchungspersonen gelten sollen, sondern dass diese sich auch auf die Allge-

meinheit übertragen lassen (Lamnek, 1995a, S. 187). Eine Repräsentativität wird auch

in der qualitativen Marktforschung angestrebt, allerdings nicht im Sinne der quantitati-

ven Methodologie mit Hilfe von standardisierten Erhebungen und statistical sampling

(Steinke, 2009, S. 266), sondern durch theoretical sampling (Lamnek, 1995a, S. 192).

Die Ergebnisse werden in der Form generalisierbar, dass „[…] Deutungs- und Hand-

lungsmuster […] „typisch“ […] für jene sozialen Gruppierungen, denen die Untersuch-

ten angehören […]“ (ebd., S. 191) sein sollen und so von „[…] „inhaltlicher“ oder „psy-

chologischer Repräsentanz“ […]“ (Naderer, 2011b, S. 37) die Rede ist. In diesem Zu-

sammenhang kann auch der aufgeführte Zweifel, dass die geringe Fallzahl durch das

theoretical sampling nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen führen könnte, widerspro-

chen werden, denn es ist nicht die Anzahl, sondern die Konstruktion der Fälle ent-

scheidend (Schreier, 2011, S. 254-255).

Des Weiteren kann auch die Forderung nach Triangulation zur Prüfung der

Generalisierbarkeit herangezogen werden (ebd.), die von Mayring (1990, S. 106) als

Gütekriterium gekennzeichnet wurde. Durch Triangulation soll eine Perspektivenaus-

weitung erfolgen, die eine Betrachtung des Forschungsprozesses von verschiedenen

Seiten erlaubt (Kuß et al., 2014, S. 53). In diesem Sinne ist z.B. ein Einbezug von an-

deren Sekundär- und Primärerhebungen, ein Methodenmix oder die Zusammenarbeit

mit anderen Forschern sinnvoll (Steinke, 2009, S. 276).

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4. Gütekriterien 16

4.3. Validität

Der Begriff Validität oder Gültigkeit sagt aus, inwiefern das widergegeben wird, was

gemessen werden soll (Lamnek, 1995a, S. 160) und stellt damit „[…] die systemati-

sche Abweichungen des Untersuchungsergebnisses von der Realität […]“ (Kuß et al.,

2014, S. 27) dar. Sowohl in quantitativer, als auch in qualitativer Forschung wird die-

sem Gütekriterium die größte Bedeutung zuteil, wobei bei der Bestimmung der Gültig-

keit unterschiedlich vorgegangen wird (Lamnek, 1995a, S. 162-168). Die Validitätsprü-

fung hat in der quantitativen Methodologie „[…] eher meßtechnischen Charakter […],

während die am qualitativen Paradigma ausgerichteten [Vorgehensweisen] eher als

interpretativ-kommunikativ […] zu begreifen sind.“ (ebd., S. 168). Sowohl die interne,

als auch die externe Validität im Sinne der quantitativen Forschung können durch sta-

tistische Verfahren geprüft werden (Berekoven et al., 2006, S. 89). Unter interner Vali-

dität wird die Forderung verstanden, dass eine Änderung der abhängigen Variablen

ausschließlich bedingt ist durch eine Modifizierung der unabhängigen Variablen und

nicht aufgrund von anderen Einflussfaktoren (ebd.). Die externe Validität verlangt die

Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf die Grundgesamtheit (ebd.). In der qualitati-

ven Methodologie wiederum wird die Gültigkeit u.a. im Sinne einer Alltagsnähe wäh-

rend des gesamten Forschungsprozesses verstanden (Lamnek, 1995a, S. 165). Das

bedeutet, dass die oben aufgeführten Forderungen nach einer natürlichen Situation

während der Datenerhebung, als auch nach dem Einbezug des Kontextes der Unter-

suchungsperson bei der Analyse der qualitativen Daten, den Forschungsprozess vali-

de machen (ebd.). Der BVM (2007, S. 16) stellt besonders „[…] gegenstandsangemes-

sene Erhebungsmethoden […] und Verzicht auf standardisierte Operationalisierung

[…]“ in diesem Zusammenhang in den Vordergrund. Des Weiteren ist die Validität

durch die Kommunikation und Interaktion im Forschungsprozess gegeben (Naderer,

2011b, S. 37).

4.4. Reliabilität

Eine Forschung gilt als reliabel, oder auch zuverlässig, wenn es möglich ist durch ver-

schiedene Erhebungsdurchläufe unter sonst identischen Bedingungen auf das gleiche

Ergebnis zu kommen (Rennhak & Opresnik, 2016, S. 46). In quantitativer Marktfor-

schung wird das durch eine starke Standardisierung der Erhebungsmethoden

(Naderer, 2011b, S. 37) erreicht. Reliabilität im Sinne der qualitativen Methodologie

wird nicht durch die Elimination von Kontextänderungen verstanden, sondern es soll

versucht werden, die Ergebnisse mit Blick auf den jeweiligen Kontext zu erklären (ebd.,

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5. Auswertung qualitativer Daten 17

S. 37). Hilfsmittel dafür sind „[...] Detailtreue, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und

eine der Komplexität des Gegenstandes angemessene Analyse […]“ (BVM, 2007, S.

16).

Neben den aufgeführten, eigens formulierten Gütekriterien der qualitativen Methodolo-

gie ist durchaus eine weiterreichende Fülle in der Literatur aufgelistet. Mayring (1990,

S. 104-105) fordert z.B. Regeln zur systematischen Vorgehensweise während des

Forschungsprozesses. Steinke (2005, S. 13-16) formuliert zum einen noch ‘Indikation

der Methoden‘, also die Gegenstandsangemessenheit der Methoden und zum anderen

die ‘empirische Verankerung‘, die die Willkür der erhobenen Daten verhindern soll.

Außerdem muss an dieser Stelle gesagt werden, dass z.B. im Fall der Validitätsprü-

fung im qualitativen Paradigma weitere Verfahren bzw. Ansätze vorhanden sind (Lam-

nek, 2005, S. 155-166).

5. Auswertung qualitativer Daten

5.1. Qualitative Inhaltsanalyse

Die Auswertung und Analyse qualitativer Daten ist besonders wichtig, um die zugrun-

deliegende Forschung zu beurteilen (Kleining, 2011, S. 231). Ihre Zielsetzung bezieht

sich konkret auf die „[…] Erfassung und Rekonstruktion der grundlegenden Interakti-

onsmuster […], ohne dabei die Originalität und Individualität der einzelnen Untersuch-

ten aufgeben zu wollen.“ (Lamnek, 1995a, S. 218). Für diese Zwecke gibt es eine Vie l-

zahl von unterschiedlichen Methoden, die je nach Untersuchungsproblem und Anforde-

rungen neu ausgewählt und/oder kombiniert werden (Bähring et al., 2008, S. 104). Die

Auswertungsmethoden enthalten dabei keine strikt zu verfolgenden Leitlinien, sondern

dienen vielmehr als Anleitung, an die sich der Forscher je nach Methode streng oder

weniger streng zu halten hat (Dammer & Szymkowiak, 2008, S. 131). Aufgrund der

Prinzipien der qualitativen Methodologie, die auch in dieser Phase besonders wichtig

sind (Naderer, 2011, S. 408-410), ist es i.d.R. nicht sinnvoll qualitative Daten mit quan-

titativen, statistischen Analysen auszuwerten (Kuß et al., 2014, S. 41). Vielmehr soll

der Forscher, auf Basis einer angemessenen Datenerfassung und im Wechsel mit der

Datenerhebung im Sinne des analytisch induktiven Vorgehens, die Daten aus jeder

Kommunikationsebene unter dem Prinzip der Offenheit auswerten, sowie die Interpre-

tationen selbstkritisch betrachten (Naderer, 2011, S. 432). Hierbei werden im ständigen

Wechsel der Einzelfall im jeweiligen Untersuchungsrahmen, sowie die Fälle im Ver-

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5. Auswertung qualitativer Daten 18

gleich analysiert und die Ergebnisse durch entsprechende Vorgehensweisen struktu-

riert (Naderer, 2011, S. 413-416).

Die ‘qualitative Inhaltsanalyse‘ ist eine mögliche Auswertungsmethode, die aufgrund

ihres Einbezugs von deduktiven und induktiven Denkweisen oft für Marketingzwecke

ausgewählt wird (Auer-Srnka, 2009, S. 167). Ihr Ziel ist die Bildung von Kategoriensys-

temen mit Hilfe der Anwendung von gegenstandsangemessenen Vorgehensweisen

(Mayring, 2008, S. 43-44). Die Grundlagen dafür sind Texte oder jede andere Art der

dokumentierten Kommunikation (ebd., S. 12). Jede Interpretation muss sich in den

Kontextbedingungen der Kommunikationsinhalte begründen lassen (ebd., S. 42) und

soll Schlüsse über die Interaktion im Kommunikationsprozess erlauben (ebd., S. 12).

Um einen Nachvollzug durch Außenstehende zu gewährleisten, muss mehr als ein

Forscher als Auswerter fungieren (Mayring & Brunner, 2008, S. 678), sowie das Ver-

fahren systematisch, regel- und theoriegeleitet (Mayring, 2008, S. 12) ablaufen. Letzte-

res bedeutet, dass die Auswertung auch anderweitig vorhandenen Theorien bezüglich

des jeweiligen Untersuchungsproblems mit einbeziehen soll (ebd., S. 45). Zu Beginn

des Prozesses müssen die Daten, die für die Auswertung herangezogen werden, kon-

kret identifiziert und ihr Entstehungsprozess verstanden werden (ebd., S. 46-47). Im

Anschluss soll das konkrete Ziel der Auswertung bestimmt werden, d.h. was durch die

gesammelten Daten analysiert werden soll (ebd., S. 50) und auf Grundlage dessen die

entsprechenden, bereits vorhanden Theorien ausgewiesen werden (ebd., S. 52). Der

nächste Schritt bestimmt die konkreten Vorgehensweisen der Interpretation und Kate-

gorienbildung, wobei Mayring (2008, S. 58) drei Grundmodelle unterscheidet, die für

jedes Forschungsproblem neu gewählt bzw. kombiniert werden (Mayring & Brunner,

2009, S. 674). Erstens wird unter dem Modell der ‘Zusammenfassung‘ die Reduktion

des Datenmaterials verstanden, mit dem Ziel, dieses handhabbar und überschaubar zu

machen, zugleich aber die Aussagefähigkeit des Materials zu erhalten (Mayring, 2008,

S. 58-59). Bei der zweiten Vorgehensweise, der ‘Explikation‘, also der Ergänzung des

Materials, um ein höheres Verständnis bzw. eine höhere Konkretisierung zu erzielen,

wird zwischen der engen und der weiten Kontextanalyse unterschieden (ebd., S. 58).

Letztere ergänzt Daten, die im Gegensatz zur engen Kontextanalyse nicht aus dem

unmittelbaren Kontext des jeweilig zu erweiternden Materials stammen (ebd.). Wie der

Name bereits verrät zielt das dritte Grundmodell, die ‘Strukturierung‘, auf die Ordnung

des Materials durch entsprechende Systeme (ebd., S. 82-83). Hier kann zwischen der

inhaltlichen, formalen, typisierenden und skalierenden Strukturierung unterschieden

werden (ebd., S. 59). Dabei erfolgt die inhaltliche Strukturierung mit Blick auf verschie-

dene Themenbereiche, während z.B. die typisierende Strukturierung nach Merkmals-

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5. Auswertung qualitativer Daten 19

ausprägungen vorgenommen wird (ebd.). Nachdem die für das Untersuchungsproblem

geeignete Technik ausgewählt wurde, erfolgt die Bestimmung der Analyseeinheit, d.h.

die Festlegung des zu analysierenden Bestandteil des fixierten Kommunikationsinhal-

tes, sowie die Reihenfolge, in der diese Analyse erfolgt (ebd., S. 53). Nachdem alle

Entscheidungen und Vorüberlegungen getroffen sind, werden die eigentliche Analyse

mit der jeweils ausgewählten Technik, sowie die Interpretation der Analyseergebnisse

durchgeführt (ebd.). Im letzten Schritt erfolgt die Beurteilung der Güte der Auswertung

(ebd.).

Nachdem die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse vorgestellt wurde, soll hier noch

einmal auf die Kritik gegenüber der Auswertungsphase im Allgemeinen eingegangen

werden. An dieser Stelle wird erneut auf die Studie des ADMs verwiesen, in der die

Auftraggeber die Intransparenz dieser Phase kritisieren (Holzhauer & Naderer, 2011,

S. 19-20). Holzhauer und Naderer (ebd.) sehen die Komplexität der Analysemethoden,

sowie das umfassende Verständnis, das notwendig ist, um diese nachvollziehen zu

können, als mögliche Gründe (ebd.). Dies kann in einer unzureichenden Wertschät-

zung der Phase von Seiten der Auftraggeber münden, für die ein möglicher Erkennt-

nisgewinn durch „[…] Lesen zwischen den Zeilen, die Extraktion des Gemeinten im

Gesagten, die nicht bewussten und nicht rationalen Kommunikationselemente […]“

(ebd., S. 20) nicht ersichtlich wird. Miles (1979, S. 590) kritisiert zudem „[…] methods of

analysis are not well formulated […] the analyst faced with a bank of qualitative data

has very few guidelines for protection against self-delusion […]”. Der letzte Aspekt, der

Selbstbetrug, kann durch die Reflexion mit anderen Interpretationen (Gummesson,

2005, S. 315), sowie den Einsatz von mehr als einem Auswerter, wie es in der qualita-

tiven Inhaltsanalyse der Fall ist, aufgefangen werden. Außerdem kann sich speziell die

qualitative Inhaltsanalyse gegen den Vorwurf der unzureichenden Orientierung durch

ihr regelgeleitetes Vorgehen wehren. Was die Auswertung qualitativer Daten durch ihre

Erkenntnismöglichkeiten für die Marketingpraxis bedeutet, soll im Folgenden mit Blick

auf die vorangehenden Kapitel konkretisiert werden.

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5. Auswertung qualitativer Daten 20

5.2. Implikation für die Marketingpraxis

Holzmüller und Buber (2009, S. 7) weisen der qualitativen Marktforschung drei wesent-

liche Kompetenzen zu. Zum einen ist ihr Einsatz, aufgrund der aufgeführten Prinzipien

und Herangehensweisen besonders sinnvoll, wenn das Wissen über bisher noch un-

bekannten, neuen oder vor neuen Entwicklung stehenden Märkten vorangetrieben

werden soll (ebd., S. 7-8). Beispielsweise führt die zunehmende Globalisierung (ebd.,

S. 6) zu Markteintritten von ausländischen Unternehmen, wodurch die qualitative

Marktforschung eingesetzt werden kann, um Aussagen über den zukünftigen Verlauf

des Marktes treffen zu können (ebd., S. 7-8). Des Weiteren wird der qualitativen Me-

thodologie durch den Einbezug von der Person unbewussten Aspekten, Einsatzgebiete

zugutegehalten, die sich z.B. auf die Kundenwünsche oder Verhaltensweisen der Kun-

den aufgrund von Marketingmaßnahmen beziehen (ebd., S. 8). Die Dritte Kompetenz,

die Holzmüller und Buber (2009, S. 8) hinsichtlich der qualitativen Marktforschung for-

mulieren, bezieht sich auf das Verstehen von komplexen Sachverhalten. Beispielswei-

se kann erforscht werden, wie Konsumenten verschiedene Märkte wahrnehmen und

voneinander abgrenzen (ebd.). Darüber hinaus sieht Barnham (2008, S. 421) eine be-

sondere Kompetenz der qualitativen Methodologie in dem Verstehen der Struktur der

Markenbildung. Die quantitative Marktforschung betrachtet Marken, ungeachtet des

Kontextes, als bloße Namen oder Konzepte (ebd., S. 416-417), d.h. „[…] we transform

the relational nature of brands into sets of attributes that brand posses rather than see-

ing these values as the very things which determine what a brand is.“ (ebd., S. 417).

Diese Sichtweise hat zur Folge, dass keine zielführenden Marketingentscheidungen in

diesem Zusammenhang getroffen werden können (ebd.).

Aufgrund dieser und weiteren Einsatzbereichen und Kompetenzen ist Gummesson

(2005, S. 318) mit Blick auf das Marketing, der Meinung, „[…] qualitative interpretation

is indispensable. We need theory to condense reality to something comprehensible so

that we can adapt and manage.” Der eigenständige Einsatz der Methodologie in der

Praxis kann u.a. an der jährlichen ‘Loyalty Monitor Survey‘5, die im Jahr 1997 erstmalig

auf die qualitative anstatt auf die quantitative Methodologie zurückgegriffen hat, ver-

deutlicht werden (Milliken, 2001, S. 75). Mit dem Einsatz der qualitativen Marktfor-

schung wurde ein tieferes Verständnis über die Kundenwünsche, wie z.B. die Rele-

5 Im Zuge der Loyalty Monitor Survey im Jahr 1997 wurden qualitative Interviews mit 1000 Personen

durchgeführt, mit dem Ziel, ihre Meinungen und ihr Bewusstsein gegenüber 33 Treueprogramme zu erfah-ren (Milliken, 2001, S. 75).

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6. Zusammenfassung der Ergebnisse 21

vanz der intensiven Kundenzuwendung während des Einkaufs, die dem Kunden das

Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein, erzielt (ebd.)

Milliken (2001, S. 74) sieht als möglichen Grund für die geringe Anwendung der quali-

tativen Marktforschung die starke Fokussierung auf die quantitativen Methoden. Wäh-

rend im Verlauf dieser Arbeit die Kritikpunkte und Meinungen gegenüber der quantitati-

ven, als auch der qualitativen Methodologie aufgeführt und diskutiert wurden, mit dem

Ziel, die „beste“ Variante auszuwählen und damit die Eigenständigkeit der qualitativen

Methodologie zu betonen, gibt es immer mehr Forscher, die sich gegen eine Polarisie-

rung der zwei Marktforschungsarten wehren (Kleining, 2011, S. 217-218) oder gar eine

Kombination vorschlagen (Mruck & Mey, 2009, S. 32). Der Ansatz der sogenannten

Mix Methods, „[…] in which a researcher or team of researchers combines elements of

qualitative and quantitative research approaches […] for the broad purposes of breadth

and depth of understanding and corroboration […]” (Johnson, 2007, S. 123), kann über

die zwei Methodologien hinaus zu umfassenden Kenntnissen in der Marketingfor-

schung führen (Naderer, 2011, S. 28).

Neben den klaren Gegnern oder Fürwörtern einer Methodologie, wird ebenso die An-

sicht vertreten, dass jede der zwei Methoden oder die Kombination für je unterschiedli-

che Problemstellungen und Untersuchungsgegenständen sinnvoll eingesetzt werden

kann, vorausgesetzt, der Marktforscher besitzt umfassendes Wissen und Fähigkeiten

beider Methodologien (Lettau & Breuer, 2006, S. 8).

[…] quantitative, qualitative, and mixed research are all superior under different circum-stances and it is the researcher’s task to examine the specific contingencies and make the decision about which research approach, or which combination of approaches, should be used in a specific study.”

(Johnson & Onwuegbuzie, 2004, S. 22-23)

6. Zusammenfassung der Ergebnisse

Auf Grundlage der vorangehenden Erklärungen und kritischen Betrachtungen der

quantitativen und qualitativen Methodologien, lässt sich festhalten, dass qualitative

Marktforschung keinesfalls lediglich einen Vorstudien- oder unterstützenden Charakter

zur quantitativen Methodologie einnimmt. Eine Kombination aus quantitativer und qua-

litativer Marktforschung kann zwar bei einigen Untersuchungsproblemen durchaus

sinnvoll sein, ist aber keine Grundvoraussetzung für den Einsatz dieser Forschungsart.

Vielmehr ist es wichtig, die grundlegenden Prinzipien und Vorgehensweisen der quali-

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6. Zusammenfassung der Ergebnisse 22

tativen Marktforschung zu verstehen, um die aufgeführten Erkenntnisvorteile und Mög-

lichkeiten, die diese Forschungsart mit sich bringt, zu generieren. Das beinhaltet z.B.

das strikte Einhalten des Prinzips der Offenheit in jeder Phase des Forschungsprozes-

ses, die gegenstandsangemessene Methodenwahl, als auch die Datenerfassung als

Grundlage der Datenauswertung. Besondere Anforderungen werden an den Marktfor-

scher selbst gestellt, denn seine Fähigkeiten und sein Verständnis über die For-

schungsart entscheiden letztlich über die Aussagekraft der Ergebnisse. Wenn ein um-

fassendes Verständnis der Methodologie, als auch entsprechende Qualifikationen vor-

liegen, können mit qualitativer Marktforschung Ergebnisse erzielt werden, die u.a. ein

tiefes Verständnis von Konsumenten, Zusammenhängen und komplexen Systemen im

Marketingbereich generieren.

Der geringe Einsatz der qualitativen Marktforschung kann sowohl durch die starke Fo-

kussierung auf quantitativen Methoden, als auch durch eine allgemeine Skepsis ge-

genüber der Methodologie bedingt sein. In diesem Zusammenhang kann zudem die

Anzweiflung an der wissenschaftlichen Fundierung der Forschungsart, aufgrund der

nicht exakten Übertragbarkeit der Gütekriterien der quantitativen Marktforschung, ge-

nannt werden. Aber auch die qualitative Marktforschung weist Kriterien der Güteprü-

fung auf, die weder als besser noch als schlechter im Vergleich zu denen der quantita-

tiven Methodologie zu bewerten sind. Neben weiteren Kritikpunkten die im Verlauf der

Arbeit abgewendet wurden, wie z.B. die Schwierigkeiten der intersubjektiven Nach-

prüfbarkeit, gibt es aber auch durchaus Aspekte, wie den deutlichen höheren Zeitauf-

wand, die mit den Vorteilen der qualitativen Marktforschung abgewogen werden müs-

sen. Andere Kritikpunkte, wie dem Zweifel an der Aussagefähigkeit der geringen Fall-

zahl, sind eher bedingt durch den unpassenden Einsatz mit Blick auf die zugrundelie-

gende Fragestellung. Während die quantitative Marktforschung eher für Untersu-

chungsprobleme ausgewählt werden sollte, die sich auf messtechnische oder zählbare

Aussagen konzentriert, sollte die qualitative Marktforschung in Gebrauch kommen,

wenn ein tiefer Informationsgehalt und auch nicht augenscheinliche Aspekte mit einbe-

zogen werden sollen.

Wie die vorliegende Arbeit gezeigt hat, kann qualitative Marktforschung durchaus als

eigenständige Methodologie im Marketingbereich eingesetzt werden, da die For-

schungsart v.a. in diesem Bereich ein umfassendes Spektrum an Erkenntnismöglich-

keiten mit sich bringt. Wichtig ist, dass die Auswahl der Forschungsart mit Blick auf das

jeweilige Untersuchungsproblem erfolgt.

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Ehrenwörtliche Erklärung VIII

Ehrenwörtliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benut-

zung anderer, als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die wört-

lich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen oder anderer Quellen (einschließlich des

Internet) entnommen sind, habe ich als solche eindeutig kenntlich gemacht. Die Arbeit

ist noch nicht veröffentlicht und noch nicht als Studienleistung zur Anerkennung oder

Bewertung vorgelegt worden.

Mir ist bekannt, dass Verstöße gegen diese Anforderungen zur Bewertung der Arbeit

mit der Note „nicht ausreichend“ (5,0) führen sowie die Nichterteilung des angestrebten

Leistungsnachweises zur Folge haben.

Mainz, den 28.07.2016

Ort/ Datum Unterschrift

(Carolin Ruhkamp)