ignatius von loyola exerzitien

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  • 8/14/2019 Ignatius Von Loyola Exerzitien

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    CHRISTLICHE MEISTER

    IGNATIUS VON LOYOLA

    DIE EXERZITIEN

    JOHANNES

    12. Auflage 1999Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg

    Mit kirchlicher Druckerlaubnisdes Bischflichen Ordinariates Basel vom 2. April 1946Druck: Ksel, Kempten

    ISBN 3 89411 028 7

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    Seele Christi, heilige mich.Leib Christi, rette mich.

    Blut Christi, berausche mich.Wasser der Seite Christi, wasche mich.

    Leiden Christi, strke mich.O guter Jesus, erhre mich.

    In Deinen Wunden verberge mich.Von Dir la nimmer scheiden mich.Vom bsen Feind beschtze mich.

    Zur Stunde meines Todes rufe mich.Und zu Dir kommen heie mich,

    Da ich mit Deinen Heiligen lobe Dich,Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

    Amen.

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    BEMERKUNGEN

    zur Erlangung einiger Kenntnis ber die folgenden geistlichen bungen und zur Hilfe sowohl frden, der sie zu geben, wie fr den, der sie zu empfangen hat.

    DIE ERSTE BEMERKUNG. Unter geistlichen bungen versteht man jede Art, das Gewissen zuerforschen, sich zu besinnen (meditar), zu betrachten (contemplar), mndlich und im Geiste zubeten und andere geistige Ttigkeiten, wie spter erklrt wird. Denn wie Lustwandeln,Ausschreiten und Laufen krperliche bungen sind, so nennt man geistliche bungen jedeWeise, die Seele vorzubereiten und in Bereitstellung zu setzen (disponer), dazu hin, alleungeordneten Hinneigungen von sich zu tun, und nachdem sie abgelegt sind, den gttlichenWillen zu suchen und zu finden in der Einrichtung (disposicin) des eigenen Lebens zum Heileder Seele.

    DIE ZWEITE. Jener, der einem anderen Weise und Ordnung fr die Besinnung oder Betrachtungvorlegt, soll getreu die Geschichte erzhlen, ber die die Betrachtung oder Besinnung gehaltenwerden soll, indem er die Hauptpunkte mit kurzer und inbegriffshafter Erklrung durcheilt. Denn

    wenn der Betrachtende die wahre Grundlage der Geschichte so kennenlernt, da er selbstndigsie berdenken und auf ihren Grund dringen kann, und wenn er dabei irgend etwas findet, wasdie Geschichte ein wenig mehr erhellt und kosten lt mag dies nun durch eigenes Eindringensein, oder sofern die Einsicht durch gttliche Kraft erleuchtet wird , so gewhrt dies mehrGeschmack und geistliche Frucht, als wenn der, der die bungen gibt, den Sinn der Geschichteviel erklrt und ausgeweitet htte; denn nicht das Vielwissen sttigt die Seele und gibt ihrGenge, sondern das Fhlen und Kosten der Dinge von innen.

    DIE DRITTE. Da wir bei allen folgenden geistlichen bungen die Akte der Einsicht imNachdenken, die des Willens im Hingeneigt- und Hingezogenwerden gebrauchen, so sollten wirbeachten, da bei den Akten des Willens, wenn wir mndlich oder im Geist mit Gott Unserem

    Herrn oder mit Seinen Heiligen reden, von unserer Seite jeweils grere Ehrfurcht erfordert ist,als wenn wir die Einsicht zum Einsehen gebrauchen.

    DIE VIERTE. Wenn auch fr die folgenden bungen vier Wochen angesetzt werden,entsprechend den vier Teilen, in welche die bungen eingeteilt werden, nmlich einen ersten: dieErwgung (consideracin) und Betrachtung (contemplacin) der Snden, einen zweiten: dasLeben Unseres Herrn bis einschlielich zum Palmtag, einen dritten: die Passion Christi UnseresHerrn, einen vierten: die Auferstehung und Himmelfahrt unter Beifgung der drei Gebetsweisen ist das doch nicht so zu verstehen, da jede Woche notwendig sieben oder acht Tage umfassenmu. Denn da es vorkommt, da in der ersten Woche manche zgernder sind im Finden dessen,was sie suchen: Zerknirschung, Schmerz, Trnen ber ihre Snden; wie ferner die einen eifriger

    sind als die andern und mehr von verschiedenen Geistern umherbewegt und geprft, ist eserfordert, die Woche das eine Mal abzukrzen, das andere Mal zu verlngern. Und so werde esauch in den andern folgenden Wochen gehalten, indem man alles gem der jeweiligen Lageeinzurichten sucht. Doch sollen die bungen in ungefhr dreiig Tagen zum Abschlu gebrachtwerden.

    DIE FNFTE. Dem, der die bungen empfngt, ist es sehr ntzlich, mit groer Seele und mitWeitherzigkeit (con grande animo y liberalidad) seinem Schpfer und Herrn gegenber in sieeinzutreten, Ihm sein ganzes Streben und seine Freiheit darbringend, damit Seine Gttliche

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    Majestt sowohl seiner Person wie seines gesamten Besitzes gem Ihrem Heiligsten Willen sichbediene.

    DIE SECHSTE. Wenn der Exerzitiengeber gewahrt, da in der Seele dessen, der sie empfngt,keinerlei geistliche Bewegungen stattfinden, als da sind Trstungen oder Trostlosigkeiten, und ernicht von verschiedenen Geistern getrieben wird, mu er ihn viel um die bungen fragen: ob ersie zu den festgesetzten Zeiten halte, und wie, und desgleichen um die Zustze, ob er sie mitSorgfalt beachte; ber alle diese Dinge soll er sich im einzelnen erkundigen. Von Trost undTrostlosigkeit wird Nr. 316f., von den Zustzen Nr. 73f. gehandelt.

    DIE SIEBTE. Sieht der Exerzitiengeber, da sich der Empfangende in Trostlosigkeit undAnfechtung befindet, so begegne er ihm nicht hart und rauh, sondern mild und sanft, indem erihm Mut und Kraft fr die Zukunft einflt, die Trugwerke des Feindes der menschlichen Naturaufdeckt und ihm die Wege weist, sich auf die kommende Trstung vorzubereiten und inBereitschaft zu stellen (disponer).

    DIE ACHTE. Der Exerzitiengeber kann dem Empfangenden, je nach der Dringlichkeit, die er inihm sprt, in bezug auf die Trostlosigkeiten und Listen des Feindes oder auf die Trstungen dieRegeln der ersten und der zweiten Woche ber die Kenntnis der verschiedenen Geister erklren.Nr. 313f.

    DIE NEUNTE. Wenn die Person, die sich in den bungen der ersten Woche befindet, ingeistlichen Dingen nicht bewandert ist, und wenn sie grob und offen getuscht wird, wenn ihretwa Hindernisse vorgestellt werden, im Dienste Unseres Herrn voranzuschreiten, als da sindBeschwerlichkeiten, Menschenfurcht und Zittern um weltliche Ehre und so fort, dann achte derExerzitiengeber darauf, ihr nicht die Regeln der zweiten Woche ber die verschiedenen Geister

    vorzulegen. Denn so ntzlich ihr die Regeln der ersten Woche sein werden, so sehr werden ihrdie der zweiten Woche schaden, weil ihr Stoff zu fein und zu hoch ist, als da sie ihn fassenknnte.

    DIE ZEHNTE. Wenn der Exerzitiengeber sprt, da der Empfangende unter dem Schein desGuten angefochten und versucht wird, dann ist es an der Zeit, ihm die erwhnten Regeln derzweiten Woche zu erklren. Denn fr gewhnlich versucht der Feind der menschlichen Naturdann mehr unter dem Schein des Guten, wenn einer sich auf dem Weg der Erleuchtung bt, derden bungen der zweiten Woche entspricht, und nicht so sehr auf dem Weg der Reinigung, derden bungen der ersten Woche entspricht.

    DIE ELFTE. Fr den sich benden ist es gut, da er whrend der ersten Woche nichts von demerfhrt, was er in der zweiten Woche zu tun haben wird, sondern da er in der ersten so sehrsich bemhe, das zu erlangen, was er sucht, als ob er in der zweiten nichts Gutes mehr zu findenhoffte.

    DIE ZWLFTE. Der Exerzitiengeber soll den, der sie empfngt, viel ermahnen, da er in jederder fnf tglichen bungen oder Betrachtungen eine Stunde lang zu verweilen hat, dafr zusorgen, da seine Seele befriedigt bleibe in Gedanken, eine volle Stunde in den bungenbestanden zu haben, und eher mehr als weniger. Denn der Feind pflegt nicht wenig dahin zuwirken, da die Stunde einer solchen Betrachtung, Besinnung oder des Gebetes abgekrzt

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    werde.

    DIE DREIZEHNTE. Weiter ist zu beachten: Wenn es zur Zeit der Trstung leicht ist, eine ganzeStunde in der Betrachtung zu bestehen, so ist es zur Zeit der Trostlosigkeit sehr schwer, sieauszufllen. Darum soll der sich bende, um gegen die Trostlosigkeit anzugehen und dieAnfechtung zu besiegen, immer ein wenig mehr als die volle Stunde ausharren, damit er sichdaran gewhne, dem Feind nicht nur zu widerstehen, sondern ihn auch niederzuschlagen.

    DIE VIERZEHNTE. Wenn der Exerzitiengeber sieht, da der Empfangende getrstet und ingroem Eifer vorangeht, so soll er ihn zuvorkommend warnen, irgendein unbedachtes undverfrhtes Versprechen oder Gelbde abzulegen. Und je mehr er ihn als von leichtem Wesenkennt, um so mehr mu er ihn im voraus warnen und ermahnen. Denn obwohl es wahr ist, daeiner einen andern richtigerweise zum Ergreifen des Ordensstandes bewegen kann, in welchem,wie bekannt ist, die Gelbde des Gehorsams, der Armut und der Keuschheit abgelegt werden,und obwohl ein gutes Werk, das auf Grund eines Gelbdes getan wird, verdienstlicher ist alseines, das ohne Gelbde verrichtet wird, so ist doch gar sehr auf die persnliche Lage undVeranlagung zu achten, und darauf, wieviel Hilfe oder Hemmung einer bei der Ausfhrung

    dessen, was er versprechen mchte, finden kann.

    DIE FNFZEHNTE. Der Exerzitiengeber darf den Empfangenden nicht mehr zur Armut oder zueinem Versprechen hin bewegen als zu deren Gegenteil, noch auch mehr zu einem Stand odereiner Lebensweise als zu einer andern. Denn wenn wir auch auerhalb der Exerzitien erlaubter-und verdienstlicherweise alle jene, deren Eignung mit Recht angenommen werden kann, dazubewegen drfen, Enthaltsamkeit, Jungfrulichkeit, Ordensstand und jede Art von evangelischerVollkommenheit zu erwhlen, so ist es doch innerhalb der geistlichen bungen beim Suchen desgttlichen Willens jeweils mehr entsprechend und viel besser, da Er selber, der Schpfer undHerr, sich Seiner Ihm hingegebenen Seele mitteile, sie zu Seiner Liebe und Seinem Lobpreisumfange und sie zu jenem Weg hin bereite (disponer), auf dem sie Ihm frderhin je besser dienen

    kann. Dergestalt, da der Exerzitiengeber sich weder zu der einen noch zu der andern Seitehinwende und hinneige, sondern, in der Mitte stehend wie eine Waage, unmittelbar den Schpfermit Seinem Geschpf wirken lasse und das Geschpf mit seinem Schpfer und Herrn.

    DIE SECHZEHNTE. Zu diesem Zweck, da nmlich der Schpfer und Herr je sicherer inSeinem Geschpf wirke, ist es, falls eine solche Seele ungeordneterweise an einer Sache hngtoder zu ihr hinneigt, sehr angemessen, sich mit Aufbietung aller ihrer Krfte zum Gegenteildessen, wozu sie die ungeordnete Neigung hat, hinzubewegen. So soll sie, wenn sie zum Beispieldas Verlangen hat, ein Amt oder eine kirchliche Pfrnde zu erlangen oder zu behalten, und diesnicht um der Ehre und Glorie Gottes Unseres Herrn noch um des geistlichen Vorteils der Seelewillen, sondern zu eigenen Vorteilen und zeitlichen Interessen, zum Gegenteil hin sich stimmen

    (affectarse), indem sie in Gebeten und andern geistlichen bungen hindrngt und von GottUnserem Herrn das Gegenteil erbittet, nmlich eine solche Wrde und Ehrenstelle oderirgendeine andere Sache nicht anzustreben, es sei denn, Seine gttliche Majestt ordne ihreBegierden und wandle ihre ursprngliche Neigung so, da der einzige Grund, das eine oderandere zu begehren oder zu behalten, sei der ausschlieliche Dienst, die Ehre und Glorie SeinerGttlichen Majestt.

    DIE SIEBZEHNTE. Es ist sehr ntzlich, da der Exerzitiengeber einerseits nicht versuche, diepersnlichen Gedanken und Snden des Empfangenden auszuforschen und kennenzulernen, da

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    er aber anderseits getreu unterrichtet werde ber die verschiedenen Regungen und Gedanken, diedie verschiedenen Geister jenem einflen. So kann er ihm entsprechend seinem greren odergeringeren Vorankommen verschiedene geistliche bungen vorlegen, die der Not einer sobewegten Seele angepat und zugemessen sind.

    DIE ACHTZEHNTE. Die vorliegenden bungen haben sich an die Voraussetzungen(disposicion) derer, die sie empfangen wollen, nmlich an ihr Alter, ihre Bildung oder ihreBegabung, anzupassen, damit nicht einem, der ungebildet oder von geringem geistigem Umfangist, Dinge vorgetragen werden, die er nicht ohne berspannung seiner Krfte zu tragen und ausdenen er keinen Nutzen zu ziehen vermag. Desgleichen soll einem jeden entsprechend der Weise,in der er sich zur Verfgung stellen will (disponer), das vorgelegt werden, woraus er jeweils mehrNutzen und Fortschritt ziehen kann.

    Wer deshalb [nur] verlangt, da man ihm behilflich sei, sich zu unterrichten und bis zu einemgewissen Grade der Beruhigung seiner Seele zu gelangen, dem kann man die besondere undnachher die allgemeine Prfung (Nr. 24f.) vorlegen, und dazu die Anweisung, morgens einehalbe Stunde ber die Gebote, die Hauptsnden usw. (Nr. 238f.) [betrachtend] zu beten. Man

    empfehle ihm auch, alle acht Tage seine Snden zu beichten und, wenn es ihm mglich ist, allevierzehn Tage, oder, wenn er sich dazu angeregt fhlt, noch besser alle acht Tage dieKommunion zu empfangen. Diese Weise eignet sich mehr bei solchen, die einfacheren undungebildeten Geistes sind, wobei man ihnen die verschiedenen Gebote und desgleichen dieHauptsnden, die Kirchengebote, den [rechten Gebrauch der] fnf Sinne und die Werke derBarmherzigkeit erklren soll. Sieht ferner der Exerzitiengeber, da der Empfnger einen kleinengeistigen Horizont (de poco subjecto) oder kleine natrliche Fassungskraft besitzt, und dadeshalb von ihm nicht viel Frucht zu erwarten steht, so ist es angemessener, ihm nur einige vondiesen leichten bungen zu geben, bis er zur Beichte seiner Snden gelange; ihm sodann einigeAnleitungen zur Prfung des Gewissens und zum fteren Beichten als bisher vorzulegen, damiter sich in dem, was er gewonnen hat, erhalte. Doch gehe der Exerzitiengeber nicht darber hinaus

    und trete nicht in den Stoff der Erwhlung ein noch in irgendwelche andern bungen, dieauerhalb der ersten Woche liegen, zumal wenn bei andern ein grerer Nutzen erzielt werdenkann und die Zeit nicht fr alles reicht.

    DIE NEUNZEHNTE. Einem, der von Dingen der ffentlichkeit oder von wichtigen Geschftenin Anspruch genommen ist, der aber doch Bildung und gute Begabung besitzt, gebe man fr diebungen anderthalb Stunden [tglich]; man erklre ihm, wozu der Mensch geschaffen ist; mankann ihm weiter, fr die Zeit einer halben Stunde, die besondere, und nachher die allgemeinePrfung erlutern, und die Weise zu beichten und das Sakrament zu empfangen. An drei Tagensoll er jeden Morgen eine Stunde lang die Betrachtung von der ersten, zweiten und dritten Sndehalten (Nr. 45f.), dann an drei weiteren Tagen die Betrachtung von der Aufreihung der Snden

    (Nr. 55f.), hierauf handle er an drei weiteren Tagen zur gleichen Stunde von den der Sndeentsprechenden Strafen (Nr. 65f.). Im Verlauf der drei Betrachtungen erklre man ihm die zehnZustze und halte dann die gleiche Folge ein fr die Geheimnisse Christi Unseres Herrn, wie siespter bei den bungen selbst ausfhrlich erklrt werden.

    DIE ZWANZIGSTE. Dem, der ungehinderter ist und soweit als immer mglich voranzukommenwnscht, mgen die ganzen geistlichen bungen in der Ordnung gegeben werden, in der sieeinander folgen. Er wird dabei fr gewhnlich um so mehr vorankommen, je mehr er sich abseitsabscheidet von allen Freunden und Bekannten und von aller irdischen Sorge, indem er zum

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    Beispiel das Haus verlt, das er bewohnt hat, und sich ein anderes Haus oder Zimmer whlt, umdaselbst so zurckgezogen als mglich zu leben; in der Weise, da er Gelegenheit hat, tglich zuMesse und Vesper zu gehen, ohne Furcht, von seinen Verwandten daran gehindert zu werden.Aus dieser Abgeschiedenheit ergeben sich, unter vielen andern, drei besondere Vorteile:

    Erstens: der Mensch, der sich abseits abscheidet von vielen Freunden und Bekannten und nichtminder von vielen nicht gut geordneten Geschften, zum Dienst und zum Lobpreis GottesUnseres Herrn, verdient nicht wenig vor Seiner Gttlichen Majestt.

    Zweitens: indem er so abseits abgeschieden steht und seine Einsicht nicht auf die Vielfalt derDinge zersplittert, sondern seine ganze Sorge auf eine einzige Sache richtet: seinem Schpfer zudienen und in seiner eigenen Seele voranzukommen, bedient er sich seiner natrlichenFhigkeiten in grerer Freiheit, um mit Eifer und Sorgfalt das zu verfolgen, was er so sehrersehnt.

    Drittens: Je mehr unsere Seele sich allein und abseits abgeschieden findet, um so geeignetermacht sie sich, ihrem Schpfer und Herrn zu nahen und an Ihn zu rhren, und je mehr sie sich so

    an Ihn bindet, um so mehr stellt sie sich bereit (se dispone), Gnaden und Gaben zu empfangenvon Seiner Gttlichen und Hchsten Gte.

    GEISTLICHE BUNGEN

    dazu hin, sich selbst zu berwindenund sein Leben zu ordnen,

    ohne sich durch irgendeine Neigung,die ungeordnet wre,bestimmen zu lassen.

    Damit sowohl der, der die geistlichen bungen gibt, wie der, der sie empfngt, einander jeweilsmehr helfen und frdern, haben sie vorauszusetzen, da jeder gute Christ mehr bereit sein mu,eine Aussage des Nchsten zu retten, als sie zu verdammen. Vermag er sie aber nicht zu retten, soforsche er nach, wie jener sie versteht, und wenn er sie bel versteht, so verbessere er ihn mitLiebe, gengt dies aber nicht, so suche er alle passenden Mittel, da jener, sie richtig verstehend,sich rette.

    PRINZIP UND FUNDAMENT

    Der Mensch ist geschaffen dazu hin, Gott Unseren Herrn zu loben, Ihn zu verehren und Ihm zudienen, und so seine Seele zu retten.

    Die andern Dinge auf Erden sind zum Menschen hin geschaffen, und um ihm bei der Verfolgungseines Zieles zu helfen, zu dem hin er geschaffen ist. Hieraus folgt, da der Mensch sie soweit zugebrauchen hat, als sie ihm zu seinem Ziele hin helfen, und soweit zu lassen, als sie ihn daranhindern.

    Darum ist es notwendig, uns allen geschaffenen Dingen gegenber gleichmtig (indiferentes) zu

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    machen, berall dort, wo dies der Freiheit unseres Wahlvermgens eingerumt und nichtverboten ist, dergestalt, da wir von unserer Seite Gesundheit nicht mehr als Krankheit begehren,Reichtum nicht mehr als Armut, Ehre nicht mehr als Ehrlosigkeit, langes Leben nicht mehr alskurzes, und dementsprechend in allen brigen Dingen, einzig das ersehnend und erwhlend, wasuns jeweils mehr zu dem Ziele hin frdert, zu dem wir geschaffen sind.

    [ERSTE WOCHE]

    BESONDERE UND TGLICHE PRFUNG

    begreift in sich drei Zeiten und eine zweimalige Selbstprfung.

    DIE ERSTE ZEIT ist, da der Mensch am Morgen sogleich beim Aufstehen den Vorsatz fasse,sich vor jener besonderen Snde oder dem Fehler zu hten, von dem er sich freizumachen undzu bessern strebt.

    DIE ZWEITE: nach dem Mittagessen von Gott Unserem Herrn erbitten, was der Mensch sucht:die Gnade, sich zu erinnern, wie oft er in die besondere Snde oder den Fehler gefallen ist, undsich in Zukunft zu bessern. Er halte also die erste Prfung, indem er Rechenschaft von seinerSeele fordert ber die besondere Sache, die er sich vornahm und von der er sich zu befreien undzu bessern wnscht; bergehe Stunde um Stunde, oder Zeitraum um Zeitraum, angefangen vonder Stunde des Aufstehens bis zu Stunde und Augenblick der gegenwrtigen Prfung, merke aufder ersten Linie des Schemas so viele Punkte an, als die Zahl der Rckflle in die besondereSnde oder den Fehler betrgt, und nehme sich hierauf von neuem vor, sich bis zur zweitenPrfung, die er halten wird, zu bessern.

    DIE DRITTE ZEIT: nach dem Abendessen halte er die zweite Prfung auf die gleiche Weise vonStunde zu Stunde, angefangen bei der ersten Prfung bis zur gegenwrtigen zweiten, und trageauf der zweiten Linie desselben Schemas soviel Punkte ein, als der Zahl der Rckflle in diebesondere Snde oder den Fehler entspricht.

    Es folgen vier Zustze, um je rascher jene besondere Snde oder den Fehler zu lassen.

    ERSTER ZUSATZ: Sooft der Mensch in jene besondere Snde oder in den Fehler gefallen ist,schlage er sich mit der Hand an die Brust, aus Schmerz, gefallen zu sein. Was auch in Gegenwartvieler geschehen kann, ohne da diese merken, was er tut.

    DER ZWEITE: Da die erste Linie des Schemas die erste, die zweite Linie die zweite Prfung

    bedeutet, so sehe er abends nach, ob er sich von der ersten zur zweiten Linie, will sagen von derersten zur zweiten Prfung gebessert hat.

    DER DRITTE: Er vergleiche den zweiten Tag mit dem ersten, das heit die beiden heutigenPrfungen mit den beiden gestrigen, und sehe nach, ob er sich vom einen zum andern Taggebessert hat.

    DER VIERTE: Er vergleiche die eine Woche mit der andern und sehe nach, ob er sich in derjetzigen, verglichen mit der vorigen Woche, gebessert hat.

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    BEMERKUNG: Das groe G am Anfang des Schemas bedeutet den Sonntag, das zweite kleine,den Montag, das dritte den Dienstag, und so fort.

    G _______________________________

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    g ----------------------------------------------

    g ----------------------------------------------

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    ALLGEMEINE PRFUNG DES GEWISSENS

    um sich zu reinigen und besser zu beichten.

    Ich setze voraus, da es dreierlei Gedanken in mir gibt: solche, die mein eigen sind und alleinmeiner Freiheit und meinem Willen entspringen, whrend die beiden andern von auen kommen:der eine vom guten, der andere vom bsen Geist.

    VOM GEDANKEN

    Auf zweierlei Art kann man bei schlechten Gedanken, die von auen kommen, verdienstlichwerden. Einmal so: es kommt ein Gedanke, eine Todsnde zu begehen; diesem Gedankenwiderstehe ich alsbald, und er bleibt berwunden.

    Die zweite Art zu verdienen ist, wenn mir derselbe schlechte Gedanke kommt, und ichwiderstehe ihm, er kommt aber zurck, wieder und wieder, und ich widerstehe bestndig, bis derGedanke berwunden weicht. Und diese zweite Weise hat greres Verdienst als die erste.

    Llich sndigt man, wenn derselbe Gedanke, tdlich zu sndigen, kommt, und der Mensch leiht

    ihm das Ohr, indem er ein wenig dabei verweilt oder einiges sinnliche Wohlgefallen davonempfngt, oder wenn einige Nachlssigkeit im Verwerfen eines solchen Gedankens vorhandenist.

    Tdlich sndigt man auf zweierlei Art: erstens so, da man Zustimmung zu einem schlechtenGedanken gibt, in der Absicht, nachher der Zustimmung entsprechend zu handeln, oder die Tatauszufhren, falls man knnte.

    Die zweite Art, eine Todsnde zu tun, ist, wenn jene Snde in die Tat bergeht, und diese Art istaus drei Grnden schwerer: erstens wegen des Mehr an Zeit, zweitens wegen des Mehr an

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    richterlichen Urteilsspruch oder ber einen ffentlichen Irrtum, der die Seelen ansteckt, mitdenen man umgeht.

    Zweitens: wenn eine verborgene Snde jemandem aufgedeckt wird, damit dieser dem Gefallenenhelfe und ihn aufrichte, vorausgesetzt, da man Vermutungen oder gute Grnde hat anzunehmen,er werde ihm behilflich sein knnen.

    VOM WERK

    GENERALBEICHTE UND KOMMUNION

    Als Gegenstand werden genommen: die zehn Gebote, die Gebote der Kirche und dieAnempfehlungen der Obern. Was immer gegen eines dieser drei Stcke ins Werk gesetzt wird, istgem der greren oder geringeren Beschaffenheit grere oder geringere Snde. UnterAnempfehlungen der Obern verstehe ich zum Beispiel Kreuzzugsbullen und andere Ablabullen,

    wie die fr den Frieden, die denen, welche beichten und das Heiligste Sakrament empfangen,gewhrt werden. Denn man sndigt nicht wenig, wenn man Ursache wird, da etwas gegen sofromme Ermahnungen und Anempfehlungen unserer Vorgesetzten geschieht, oder wenn manselber dagegen handelt.

    WEISE, DIE ALLGEMEINE PRFUNG ZU MACHEN

    Sie enthlt fnf Punkte

    DER ERSTE PUNKT ist: Gott Unserem Herrn Dank sagen fr die empfangenen Wohltaten.

    DER ZWEITE: Gnade erbitten, die Snden zu erkennen und von sich zu werfen.

    DER DRITTE: Rechenschaft fordern von seiner Seele, angefangen von der Stunde desAufstehens bis zur gegenwrtigen Prfung, Stunde um Stunde, Zeit um Zeit; und zuerst ber dieGedanken, dann aber ber die Worte, dann ber die Werke, in derselben Folge, die bei derbesonderen Prfung dargelegt wurde.

    DER VIERTE: Verzeihung erbitten von Gott Unserem Herrn fr die Verfehlungen.

    DER FNFTE: Besserung sich vornehmen mit Seiner Gnade. Vater Unser.

    Aus der Generalbeichte ergeben sich fr den, der sie freiwillig ablegen will, unter manchenandern drei Vorteile fr die gegenwrtige Zeit:

    Der erste: Obwohl der, der alle Jahre beichtet, nicht verpflichtet ist, eine Generalbeichteabzulegen, so hat er doch, wenn er sie ablegt, mehr Gewinn und Verdienst infolge des jeweilsgreren lebendigen Schmerzes ber die smtlichen Snden und Bosheiten seines gesamtenLebens.

    Der zweite: Weil in solchen geistlichen bungen die Snden und ihre Bosheit sich jeweilsinnerlicher erkennen lassen als zur Zeit, da der Mensch sich nicht so den innern Dingen hingab,

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    und er jetzt jeweils mehr Kenntnis und Schmerz ber sie gewinnt, darum hat er auch mehrGewinn und Verdienst, als er sonst gehabt htte.

    Der dritte: es ist folgerichtig, da je besser man gebeichtet hat und je besser man gestimmt ist(dispuesto), man auch je geeigneter und besser vorbereitet ist, das Heiligste Sakrament zuempfangen, dessen Empfang nicht nur dazu hilft, nicht in die Snde zu fallen, sondern auch dazu,im Wachstum der Gnade erhalten zu werden.

    Diese Generalbeichte wird je besser unmittelbar nach den bungen der ersten Woche abgelegt.

    DIE ERSTE BUNG

    ist eine Besinnung mit den drei Fhigkeiten ber die erste, zweite und dritte Snde.Sie enthlt nach einem Vorbereitungsgebet und zwei Einstellungen drei Hauptpunkte

    und ein Gesprch.

    Das Vorbereitungsgebet ist: von Gott Unserem Herrn die Gnade erbitten dazu hin, da alle meineAbsichten, Handlungen und Beschftigungen rein im Dienst und in der Verherrlichung SeinerGttlichen Majestt geordnet seien.

    Die erste Einstellung ist die Zurichtung des Schauplatzes (composicin viendo el lugar). Hier istzu bemerken, da bei der Betrachtung oder bei der Besinnung ber einen sichtbaren Gegenstand,wie etwa beim Anschauen Christi Unseres Herrn, welcher anschaubar ist, die Zurichtung darinbestehen wird, mit der Schau der Einbildung den leiblichen Ort zu sehen, an dem sich die zubetrachtende Sache befindet. Leiblichen Ort nenne ich zum Beispiel einen Tempel oder einenBerg, auf dem Jesus Christus oder Unsere Herrin sich befinden, je nachdem, was ich betrachtenwill.

    Betrachtet man ber Unanschauliches, wie hier ber die Snden, so besteht die Zurichtung darin,mit der Schau der Einbildung zu sehen und zu betrachten, wie meine Seele eingekerkert ist indiesem verweslichen Leibe, und der ganze Mensch in diesem Erdental wie verbannt unter un-vernnftige Tiere, ich meine den ganzen Menschen, wie er zusammengesetzt ist aus Seele undLeib.

    Diezweite ist: Erbitten von Gott Unserm Herrn, was ich begehre und ersehne. Die Bitte hat sichnach dem vorliegenden Stoff zu richten. Handelt also die Betrachtung von der Auferstehung, istFreude mit dem sich freuenden Christus zu erbitten; handelt sie vom Leiden, ist Leiden, Trnenund Folter mit dem gequlten Christus zu erbitten. In der vorliegenden Betrachtung wirdBeschmung und Verwirrung ber mich selbst zu erbitten sein, angesichts dessen, wie viele umeiner einzigen Todsnde willen verdammt sind, und wie oft ich es verdient htte, fr immerverdammt zu werden ob meiner so vielen Snden.

    Bemerkung. Vor allen Betrachtungen ist stets das Vorbereitungsgebet zu verrichten, das niegendert wird, und die erwhnten beiden Einstellungen, die sich zuweilen nach dem vorliegendenStoff abwandeln.

    DER ERSTE PUNKT wird sein: Das Gedchtnis auf die erste Snde hinwenden, die die Sndeder Engel war; dann auf das Gleiche die Einsicht durch Nachdenken, schlielich den Willen,

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    indem ich willentlich das Ganze zu erinnern und einzusehen suche, um durch den Vergleich dereinen Engelssnde mit meinen so vielen Snden mich je mehr in Scham zu senken und zuverwirren: wenn nmlich jene fr eine Snde in die Hlle kamen, wie oft htte ich sie verdientfr so viele. Ich soll mir also die Snde der Engel ins Gedchtnis rufen: wie sie in der Gnadegeschaffen wurden, aber sich ihrer Freiheit nicht bedienen wollten, um ihrem Schpfer und Herrn

    Ehrfurcht und Gehorsam zu erweisen, sondern in Hochmut gerieten, aus der Gnade in Bosheitsich verwandelten und vom Himmel in die Hlle geschleudert wurden. Entsprechend dasselbe jemehr im einzelnen mit der Einsicht berdenken und dementsprechend die Affekte je mehr mitdem Willen bewegen.

    DER ZWEITE: Dasselbe nochmals tun, nmlich die drei Fhigkeiten auf die Snde Adams undEvas hinwenden, sich ins Gedchtnis rufend, wie wegen dieser Snde sie so lange Zeit benmuten und so groes Verderben in das Menschengeschlecht kam, da solche Mengen sich auf dieHlle zu bewegen. Sich also die zweite Snde, die unserer Stammeltern, ins Gedchtnis rufen,wie nmlich, nachdem Adam auf dem Damaszenerfeld geschaffen und ins irdische Paradiesgesetzt und Eva aus seiner Rippe erschaffen worden war, und sie das Verbot erhalten hatten, vomBaum der Erkenntnis zu essen, sie dennoch davon aen, worauf sie, in Fellgewande gekleidet undaus dem Paradies geworfen, ohne die Urstandsgerechtigkeit, die sie verloren hatten, ihr ganzesLeben in vieler Mhsal und vieler Bue verlebten. Entsprechend mit der Einsicht je mehr inseinzelne gehen und den Willen in der schon gesagten Weise anwenden.

    DER DRITTE: Noch einmal dasselbe tun, anllich der dritten besonderen Snde des jeweilsEinzelnen, der wegen einer Todsnde in die Hlle kam, und unzhliger anderer, die auf Grundgeringerer Snden, als ich sie beging [verdammt wurden]. Also dasselbe tun anllich der dritten,besonderen Snde: sich ins Gedchtnis rufen die Schwere und Bosheit der Snde gegen seinenSchpfer und Herrn, mit dem Verstand berlegen, wie im Sndigen und Angehen gegen dieunendliche Gte [der Snder] fr immer verdammt wurde, und auf die besagte Weise mit demWillen schlieen.

    Christus Unseren Herrn sich gegenwrtig und am Kreuz hngend vorstellen und ein Gesprchhalten: wie Er denn als Schpfer dazu kam, Sich zum Menschen zu machen und vom ewigenLeben zum zeitlichen Tod [niederzusteigen] und so fr meine Snden zu sterben. Dann den Blickauf mich selber richten und betrachten, was ich fr Christus getan habe, was ich fr Christus tue,was ich fr Christus tun soll. Und angesichts des so Zugerichteten und so ans Kreuz Geheftetendurchgehen, was sich dargeboten hat.

    Das Gesprch wird mit richtigen Worten gehalten, so wie ein Freund mit seinem Freunde sprichtoder ein Knecht zu seinem Herrn, bald um eine Gnade bittend, bald sich wegen eines begangenenFehlers anklagend, bald seine An liegen mitteilend und dafr Rat erbittend. Und ein Vater Unser

    beten.

    DIE ZWEITE BUNG

    ist eine Besinnung ber die Snden.Sie enthlt nach einem Vorbereitungsgebet und zwei

    Einstellungen fnf Punkte und ein Gesprch.

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    Das Vorbereitungsgebet ist dasselbe.Die erste Einstellung ist die gleiche Zurichtung.

    Die zweite ist: Bitten um was ich begehre; hier um einengroen und durchdringenden Schmerz und um Trnen

    ber meine Snden.

    DER ERSTE PUNKT ist die Aufreihung der Snden. Sich also Gedchtnis rufen alle Sndenmeines Lebens, Jahr um Jahr und Zeit um Zeit berblickend. Hierzu ist dreierlei behilflich:erstlich, den Ort und das Haus zu betrachten, Wo ich gewohnt habe; zweitens den Umgang, denich mit andern gepflogen habe; drittens das Amt, in welchem ich gelebt habe.

    DER ZWEITE: Die Snden wgen, durch Betrachtung der Abscheulichkeit und Bosheit, die jedebegangene Todsnde in sich enthlt, ganz abgesehen davon, da sie verboten ist.

    DER DRITTE: Erwgen, wer ich bin, indem ich mich mit Hilfe von Vergleichen immer geringermache. Erstens: was ich schon bin im Vergleich zur Gesamtheit der Menschen. Zweitens: was fr

    eine Bedeutung die Menschen schon haben verglichen mit den Engeln und den Heiligen desParadieses. Drittens: erwgen, was fr eine Bedeutung die ganze Schpfung schon hat verglichenmit Gott. Was kann ich allein dann noch sein? Viertens: meine ganze Zersetzung und Fulnisdem Leib nach betrachten. Fnftens: mich ansehen als eine eiternde Wunde und ein Geschwr,aus dem so viele Snden und Bosheiten entquollen sind und ein so beraus schandbares Gift.

    DER VIERTE: Sich besinnen, wer Gott ist, gegen den ich gesndigt habe, nach seinenEigenschaften und durch Vergleichen mit ihrem Gegenteil in mir: Seine Weisheit mit meinerIgnoranz, seine Allmacht mit meiner Zerfallenheit, Seine Gerechtigkeit mit meinerUngerechtigkeit, Seine Gte mit meiner Boshaftigkeit.

    DER FNFTE: StaunenderAusrufmit steigernder Erregung. Alle Geschpfe durchgehen, wie siemich am Leben gelassen und in ihm erhalten haben: die Engel, wie sie, als Schwert der gttlichenGerechtigkeit, mich dennoch ertragen und behtet und fr mich gebetet haben, die Heiligen, wiesie bedacht waren, fr mich einzutreten und Frbitte zu leisten, der Himmel, die Sonne, derMond, die Sterne, die Frchte, Vgel, Fische und andern Tiere, [wie sie mir dienten], und dieErde, wie sie sich nicht auftat, mich zu verschlingen, indem sie neue Hllen schuf, um mich frimmer darin zu peinigen.

    Schlieen mit einem Gesprch der Barmherzigkeit. ber legen und Danksagen Unserem Herrn,da Er mir bis jetzt das Leben geschenkt hat, und sich Besserung fr die Zukunft vornehmen mitSeiner Gnade. Vater Unser.

    DIE DRITTE BUNG

    ist eine Wiederholung der ersten und zweiten bung, wobei drei Gesprche gehalten werden.Nach dem Vorbereitungsgebet und den zwei Einstellungen ist die erste und zweite bung zuwiederholen; jene Punkte anmerkend und bei ihnen verweilend, bei welchen ich grere Trstungoder Trostlosigkeit sprte oder greres Fhlen im [Heiligen] Geiste. Dann werde ich dreiGesprche in folgender Weise halten:

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    DAS ERSTE GESPRCH: Zu Unserer Herrin, da sie mir von ihrem Sohn und Herrn die Gnadeerlange zu drei Dingen hin: erstens, da ich eine innere Durchdrungenheit von meiner Snde undeinen Abscheu davor in mir spre. Zweitens, da ich die Unordnung meiner Handlungen fhle,damit ich dieselbe verabscheuend mich bessere und mich ordne. Drittens bitten um Erkenntnisder Welt, damit ich mit Abscheu die weltlichen und eitlen Dinge von mir entferne. Hierauf ein

    Ave Maria.DAS ZWEITE: auf gleiche Weise zum Sohne, damit Er es mir vom Vater erwirke. Hierauf einAnima Christi.

    DAS DRITTE: auf gleiche Weise zum Vater, damit Er selbst, der Ewige Herr, es mir gewhre.Hierauf ein Vater Unser.

    DIE VIERTE BUNG

    ist die [verdichtende] Wiederholung der dritten.

    Ich sage [verdichtende] Wiederholung, weil die Einsicht [diesmal] ohne Zerstreuung mitaufmerksamer Hingebung jene Dinge berdenken und sich erinnernd einprgen soll, die sie inden vorigen bungen betrachtet hat, wobei dieselben drei Aussprachen gehalten werden.

    DIE FNFTE BUNG

    ist die Besinnung ber dieHlle.

    Sie enthlt nach Vorbereitungsgebet und den Einstellungen fnf Punkte und ein Gesprch.

    Das Vorbereitungsgebet ist das gewohnte. Die erste Einstellung: Zurichtung. Hier mit der Schauder Einbildung die Lnge, Weite und Tiefe der Hlle sehen. Die zweite: bitten um was ichbegehre. Hier das innere Fhlen der Strafe erbitten, die die Verdammten erleiden, zu dem Zweck,da wenn ich wegen meiner Fehler die Liebe des Ewigen Herrn verge, mir wenigstens dieFurcht vor der Strafe dazu verhelfe, nicht in die Snde zu fallen.

    DER ERSTE PUNKT wird sein: Sehen mit der Schau der Einbildung die groen Flammen, unddie Seelen wie in brennenden Leibern.

    DER ZWEITE: Hren mit den Ohren Weinen, Wehklagen, Geheul, Geschrei, Lsterungen gegenChristus Unseren Herrn und gegen alle Seine Heiligen.

    DER DRITTE: Riechen mit dem Geruch Rauch, Schwefel und Faulendes.

    DER VIERTE: Schmecken mit dem Geschmack bittere Dinge wie Trnen, Trbsal und denWurm des Gewissens.

    DER FNFTE: Tasten mit dem Getast, wie die Feuergluten die Seelen erfassen und entznden.

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    Im Gesprch zu Christus Unserem Herrn sich der Seelen erinnern, die in der Hlle sind, dieeinen, weil sie nicht an seine Ankunft glaubten, die andern, weil sie trotz ihres Glaubens nichtseinen Geboten gem handelten, drei Gruppen unterscheidend: die erste vor Seiner Ankunft, diezweite whrend Seines Lebens, die dritte nach Seinem Leben auf dieser Welt. Dabei Dank sagen,da Er mich nicht durch Abbruch meines Lebens in eine von diesen Gruppen fallen lie. Und

    ebenso, da Er mir bisher stndig so groe Piett und Barmherzigkeit zugewendet hat. ZumSchlu ein Vater Unser.

    Die erste bung soll um Mitternacht stattfinden, die zweite beim Aufstehen in der Frhe, diedritte vor oder nach der Messe, jedenfalls vor dem Mittagessen, die vierte zur Stunde der Vesper,die fnfte eine Stunde vor dem Abendessen. Diese Verteilung der Stunden mchte ich whrendder ganzen vier Wochen mehr oder weniger eingehalten wissen, je nachdem Alter, Verfassungund Anlage der Person, die sich bt, es erlauben, die fnf bungen oder deren wenigerdurchzufhren.

    ZUSTZE

    um die bungen jeweils besser zu machen und um jeweils besser das zu finden, was man sucht.

    DER ERSTE ZUSATZ ist: Nach dem Zu-Bett-Gehen, da ich einschlafen mchte, whrend derDauer eines Ave Maria berlegen, wann und zu welchem Zweck ich aufzustehen gedenke, unddabei die bung, die ich zu halten habe, kurz durchgehen.

    DER ZWEITE: Beim Erwachen nicht diesen oder jenen Gedanken Raum geben, sondern sichsogleich dem zuwenden, was ich in der ersten bung um Mitternacht betrachten werde, indemich mich in die Beschmung ber meine so zahlreichen Snden hineinziehe und mir dazu

    verschiedene Beispiele vorhalte, wie etwa ein Edelmann sich im Angesicht seines Knigs unddessen gesamten Hofes befnde, schambergossen und verwirrt, weil er den, von dem er frherviele Gaben und Gunsterweise empfangen hatte, tief beleidigt hat. Entsprechend bei der zweitenbung: mich als einen gefesselten groen Verbrecher betrachten: als ginge ich in Ketten einher,um vor dem Angesicht des hchsten Ewigen Richters zu erscheinen, und mir als Beispielvorstellen, wie die Eingekerkerten und Eingeketteten und schon Todeswrdigen vor ihremirdischen Richter erscheinen. Unter solchen und anderen dem Gegenstand entsprechendenGedanken kleide ich mich an.

    DER DRITTE: Einen Schritt oder zwei vor dem Ort, an dem ich die Betrachtung oder Besinnungzu halten beabsichtige, werde ich mich auf die Zeit eines Vater Unser hinstellen und, den Geistnach oben gerichtet, erwgen, wie Gott Unser Herr mich anschaut usf., und mich innerlich vorIhm verneigen oder demtigen.

    DER VIERTE: Die Betrachtung selbst auf den Knien beginnen oder hingestreckt auf die Erdeoder liegend mit dem Blick nach oben, oder sitzend oder stehend, immer von der Absicht geleitet,das zu suchen, was ich begehre. Dabei werden wir auf zweierlei achten:

    Erstens: finde ich kniend, was ich begehre, so gehe ich nicht weiter, ebenso wenn zu Bodengestreckt usf.

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    Zweitens: bei jenem Punkt, bei dem ich finde, was ich begehre, werde ich, ohne ngstliche Sorgeweitergehen zu mssen, ruhig verweilen, bis ich mir genuggetan habe.

    DER FNFTE: Nach Abschlu der bung werde ich whrend einer Viertelstunde, sei es sitzend,sei es auf-und-abgehend, nachsehen, wie es mir in der Betrachtung oder Besinnung ergangen ist;wenn schlecht, so werde ich nach der Ursache sehen, aus der es kam, und habe ich sie gefunden,bereuen, um mich knftig zu bessern; wenn gut, Gott Unserem Herrn Dank sagen und es einandermal ebenso machen.

    DER SECHSTE: Nicht an Dinge denken wollen, die Freude und Frhlichkeit erregen, wie an denHimmel, die Auferstehung usf.; denn um Pein, Schmerz und Trnen um unserer Snden willen zuspren, ist jeder Gedanke an Wonniges und Frohes hinderlich. Vielmehr sich vor Augen halten,da man in Schmerz sein und Pein fhlen will, und entsprechend mehr den Tod und das Gerichtsich ins Gedchtnis rufen.

    DER SIEBTE: Mich aller Helligkeit berauben, indem ich, solange ich mich im Zimmer aufhalte,Fenster und Tren schliee, auer um das Officium zu beten, um zu lesen oder zu essen.

    DER ACHTE: Nicht lachen und nichts sagen, was zum Lachen reizt.

    DER NEUNTE: Die Augen zgeln [um niemanden anzublicken], auer beim Empfang und beimAbschied der Person, mit der ich zu sprechen habe.

    DER ZEHNTE ZUSATZ ist die Bue, die in eine innere und in eine uere sich einteilt. Dieinnere besteht darin, Schmerz zu tragen ber seine Snden, mit dem festen Vorsatz, die selbenoder andere nicht wieder zu begehen. Die uere, die eine Frucht der vorigen ist, ist Zchtigungfr die begangenen Snden und wird vorzglich auf drei Weisen gebt:

    Die erste betrifft die Nahrung. Wenn wir hier das berflssige lassen, so ist das noch keine Bue,sondern Migkeit. Bue ist es, wenn wir vom Zukommenden lassen, und je mehr und mehr,desto grer und besser ist es, sofern nur dabei das Subjekt nicht verdorben wird, noch merklicheSchwche sich zeigt.

    Die zweite betrifft die Weise des Schlafens. Auch hier ist es keine Bue, das berflssige anWeichlichem und Verzrtelndem zu lassen. Bue ist es vielmehr, wenn man bezglich der Artdes Schlafens vom Zukmmlichen lt, und je mehr und mehr, desto besser, sofern dabei nur dasSubjekt nicht verdorben wird, noch merkliche Schwche sich zeigt. Auch lasse man nicht ab vomzukmmlichen Ma des Schlafes, wenn man nicht gerade die fehlerhafte Gewohnheit hat, zuvielzu schlafen, um so zum rechten Mittelma zu gelangen.

    Die dritte ist Zchtigung des Fleisches, indem man ihm sprbare Schmerzen zufgt, durchTragen von Buhemden oder Stricken oder eisernen Grteln ber dem Fleisch, durch Geieln,sich Verwunden oder andere Arten von Strengheiten.

    Es scheint aber jeweils gelegener und sicherer in der Bue zu sein, da der Schmerz im Fleischfhlbar sei und nicht innen in das Gebein eindringe, derart, da Schmerz entsteht, aber keineSchwche. Darum scheint es jeweils passender zu sein, sich mit dnnen Stricken zu geieln, dieuern Schmerz bereiten, als auf eine andere Weise, die innen eine erhebliche Schwcheverursachen wrde.

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    ERSTE BEMERKUNG: Die ueren Bubungen werden hauptschlich fr drei Wirkungenverrichtet. Erstens zur Genugtuung fr die begangenen Snden; zweitens um sich selbst zuberwinden, damit die Sinnlichkeit der Vernunft gehorche und alle unteren Teile jeweils mehrden hheren unterworfen seien: drittens um eine Gnade oder Gabe, die man begehrt und ersehnt,zu suchen und zu finden, wie etwa, wenn man innere Zerknirschung ber seine Snden begehrt,

    oder reiche Trnen ber sie oder ber die Peinen und Schmerzen, die Christus Unser Herr inSeiner Passion erlitt, oder um die Lsung irgendeines Zweifels, in dem man sich befindet, zuerlangen.

    DIE ZWEITE: Es ist zu beachten, da der erste und zweite Zusatz bei den bungen umMitternacht und am Morgen anzuwenden sind, und nicht bei denen zu andern Tageszeiten. Dervierte Zusatz wird nie in der Kirche in Gegenwart anderer Anwendung finden, sondern imVerborgenen, wie zu Hause usf.

    DIE DRITTE: Wenn die Person, die sich bt, noch nicht findet, was sie begehrt, wie Trnen,Trstungen usf., ist es hufig von Nutzen, im Essen, im Schlaf und in den andern Formen derBue eine nderung vorzunehmen, in der Weise, da wir abwechselnd zwei oder drei Tage Bue

    tun, und zwei oder drei weitere nicht; weil es nmlich einigen zukommt, mehr Bue zu tun, undanderen weniger, und auch weil wir es hufig unterlassen, Bue zu tun aus sinnlicher [Eigen-]liebe oder aus der irrigen Ansicht, da das menschliche Subjekt sie ohne merkliche Schwchenicht werde ertragen knnen. Und zu den anderen Malen tun wir sie im Gegenteil malos, in derMeinung, der Krper knne es aushalten. Und da Gott Unser Herr unsere Natur jeweils unendlichbesser kennt, gibt Er hufig bei solchem Wechsel einem jeden das Gespr fr das, was ihmentspricht.

    DIE VIERTE: Die besondere Prfung wird gemacht, um die Fehler und Nachlssigkeiten in derVerrichtung der bungen zu lassen, ebenso in der zweiten, dritten und vierten Woche.

    [ZWEITE WOCHE]

    DER RUF

    des irdischen Knigs dient dazu, das Leben des Ewigen Knigs zu betrachten.

    Das Vorbereitungsgebet ist das gewohnte. Die erste Einstellung ist die Zurichtung desSchauplatzes. Hier mit den inneren Augen schauen die Synagogen, Stdte und Burgen, durchwelche Christus Unser Herr predigend hindurchzog.

    Die zweite: Die Gnade erbitten, die ich begehre. Hier wird es sein, Unsern Herrn um die Gnadebitten, da ich nicht taub sei auf Seinen Ruf hin, sondern schnell und voll Bereitschaft (presto ydiligente), zu erfllen Seinen Heiligsten Willen.

    [ERSTER TEIL]

    DER ERSTE PUNKT ist: Sich einen menschlichen Knig vor Augen stellen, von Gott Unserm

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    Herrn selber erwhlt, dem alle Frsten und alle Christenmenschen Ehrfurcht erweisen undgehorchen.

    DER ZWEITE: Sehen, wie dieser Knig alle die Seinen anredet und spricht: Mein Wille ist es,das ganze Land der Unglubigen mir zu unterwerfen (conquistar).

    Deshalb: wer mit mir kommen will, hat mit der gleichen Speise zufrieden zu sein, wie ich siehabe, ebenso mit Trank und Kleidung usf. Gleichfalls hat er wie ich bei Tag sich anzustrengenund bei Nacht zu wachen usf., damit er nachher mit mir zusammen am Siege Anteil habe, wie erteilhatte an den Mhen.

    DER DRITTE: Erwgen, was die guten Untertanen einem so freigebigen undmenschenfreundlichen Knig antworten mssen, und folgerichtig, wie sehr einer, der den Antrageines solchen Knigs nicht annhme, wert wre, vor der ganzen Welt gergt und fr einenentarteten Ritter (perverso caballero) angesehen zu werden.

    [ZWEITER TEIL]

    Der zweite Teil dieser bung besteht in der Anwendung des erwhnten Beispiels vom irdischenKnig auf Christus Unseren Herrn, entsprechend den drei angefhrten Punkten. Und zumERSTEN PUNKT: Wenn wir schon einen solchen Ruf des irdischen Knigs an seine Untertanenin Erwgung ziehen, um wieviel mehr ist es dann der Erwgung wrdig, Christus Unseren Herrn,den Ewigen Knig, zu sehen, und vor Ihm die gesamte und vollstndige Welt, an die Er als ganzeund an den je Einzelnen im besonderen Seinen Ruf ergehen lt und spricht: Mein Wille ist es,die gesamte Welt und smtliche Feinde zu unterwerfen, und so in die Glorie meines Vaterseinzugehen. Wer deshalb mit mir kommen will, hat sich anzustrengen mit mir, damit er, wie er

    mir in der Mhsal folgte, so auch mir in der Glorie folge.ZUM ZWEITEN: Erwgen, da alle, die Urteil und Vernunft haben, ihre ganze Person fr jeneMhen anbieten werden.

    ZUM DRITTEN: Jene, die sich mehr ergreifen lassen (affectar) und auszeichnen wollen (senalar)in ungeteiltem Dienst ihres Ewigen Knigs und Uneingeschrnkten Herrn, werden nicht nur ihrePerson zu den Mhen anbieten, sondern angehen gegen ihre eigene Sinnlichkeit und ihre Liebezu Fleisch und Welt, und Angebote von jeweils grerem Wert und grerer Bedeutungdarbringen, indem sie sprechen:

    Ewiger Herr aller Dinge, ich bringe Dir mein Angebot dar mit Deiner Gunst und Hilfe, angesichts

    Deiner unendlichen Gte und in Gegenwart Deiner glorreichen Mutter und aller heiligen Mnnerund Frauen des himmlischen Hofes: da ich wnsche und ersehne, und da es mein belegterEntschlu ist, wofern es nur zu Deinem grten Dienst und Lobpreis gereicht, Dir nachzustrebenim Ausstehen alles Unrechts und aller Schmach und aller Armut, der ueren wie der geistigen,sofern Deine Heiligste Majestt mich erwhlen und aufnehmen will zu solchem Leben und Stand.

    Diese bung findet zweimal am selben Tage statt: morgens nachdem Aufstehen und eine Stundevor dem Mittag- oder Abendessen.

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    Fr die zweite Woche und die folgenden ist es sehr ntzlich, zuweilen in den Bchern derNachfolge Christi oder in den Evangelien und den Leben der Heiligen zu lesen.

    ERSTER TAG

    ERSTE BETRACHTUNG: VON DER MENSCHWERDUNG

    Sie enthlt das Vorbereitungsgebet, drei Einstellungen, drei Punkte und eine Aussprache.

    Das Vorbereitungsgebet wie gewohnt.

    Die erste Einstellung ist, den Vorgang vergegenwrtigen, den ich betrachten soll. Hier, wie diedrei Gttlichen Personen die ganze Flche oder das gesamte Erdenrund voll von Menschenberschauten und, sehend wie alle zur Hlle abstiegen, in ihrer Ewigkeit beschlossen, da diezweite Person sich zum Menschen mache, um das Menschengeschlecht zu retten, und, als dieFlle der Zeit gekommen war, den Engel Gabriel zu Unserer Herrin sandten (vgl. unten Nr. 262).

    Diezweite: Zurichtung des Schauplatzes. Hier schauen die gesamte Weite des Erdenrundes, aufdem so viele und so verschiedenartige Vlker wohnen; und nachher im besondern das Haus unddie Zimmer Unserer Herrin in der Stadt Nazareth in der Provinz Galila.

    Die dritte: Bitten um was ich begehre: hier bitten um die innere Erkenntnis des Herrn, der frmich Sich zum Menschen gemacht hat, dazu hin, da ich jeweils mehr Ihn liebe und Ihmnachfolge.

    Es ist hier der Ort, anzumerken, da das gleiche Vorbereitungsgebet, wie es von Anfang angebetet wurde, ohne Vernderung, und die gleichen drei Einstellungen auch in dieser und denfolgenden Wochen vorzunehmen sind, [letztere jedoch] mit den Abwandlungen, wie dervorliegende Stoff sie bedingt.

    DER ERSTE PUNKT ist: Sehen die Personen, die einen und die andern. Und zuerst die ber demErdkreis, in so groer Verschiedenheit der Tracht wie des Benehmens, die einen wei und dieandern schwarz, die einen im Frieden und die andern im Krieg, die einen weinend und die andernlachend, die einen gesund und die andern krank, die einen geborenwerdend, die andern sterbendusf.

    Zweitens: Sehen und erwgen die drei Personen wie auf Ihrem Knigsstuhl oder Thron SeinerGttlichen Majestt, wie Sie das ganze Erdenrund berblicken und alle Vlker in so groerBlindheit dahinleben und sterben und zur Hlle fahren sehen.

    Drittens: Sehen Unsere Herrin und den Engel, der sie grt; und sich besinnen, um aus solchemAnblick einen Nutzen zu ziehen.

    DER ZWEITE: Hren, was die Personen ber dem Antlitz der Erde hin sprechen; wie sie sichmiteinander unterhalten, wie sie schwren und lstern usf. In gleicher Weise, was die gttlichenPersonen sagen, nmlich: Lat uns die Erlsung des Menschengeschlechts wirken usf. Weiter,was der Engel und Unsere Herrin reden. Dann sich darber besinnen, um aus ihren Worten einenNutzen zu ziehen.

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    Der Dritte: Das Tun der Personen ber dem Antlitz der Erde betrachten; wie sie einanderschlagen und tten, wie sie zur Hlle fahren usf. In gleicher Weise, was die gttlichen Personentun, nmlich die Heiligste Menschwerdung wirken usf. Und ebenso was der Engel und UnsereHerrin tun wie nmlich der Engel sein Amt als Gesandter ausbt und Unsere Herrin sich demtigtund der Gttlichen Majestt Dank sagt. Dann sich darber besinnen, um aus all dem einen

    Nutzen zu ziehen.Zum Schlu eineAussprache halten. Sich berlegen, was ich den drei Gttlichen Personen sagensoll, oder dem Ewigen Wort, das Fleisch geworden ist, oder Unserer Mutter und Herrin. Gemdem, was jeder in sich versprt, wird er bitten, um je bessere Nachfolge und NachahmungUnseres Herrn, der soeben Fleisch geworden ist, und ein Vater Unser beten.

    ZWEITE BETRACHTUNG: VON DER GEBURT

    Das gewohnte Vorbereitungsgebet.

    Die erste Einstellung ist der geschichtliche Vorgang. Hier wie Unsere Herrin, etwa im neuntenMonat ihrer Erwartung, nach frommer Betrachtungsweise auf einer Eselin sitzend, mit Josef undeiner Magd, ein Rind mit sich fhrend, von Nazareth fortzieht, um nach Bethlehem zu gehen undden Tribut zu entrichten, den der Kaiser allen jenen Lndern auferlegt hatte (Vgl. Nr. 264).

    Die zweite: Zurichtung des Schauplatzes. Hier mit den innern Augen die Strae von Nazarethnach Bethlehem sehen, ermessend ihre Lnge und Breite, und ob der Weg eben ist oder durchTler und ber Hgel fhrt. Ebenso die Sttte oder Hhle der Geburt betrachten, wie gerumig,wie eng, wie niedrig, wie hoch sie ist, und wie ihre Ausstattung war.

    Die dritte ist unverndert und wird verrichtet wie bei der vorhergehenden Betrachtung.

    DER ERSTE PUNKT ist: Sehen die Personen, sehen also Unsere Herrin und Josef und die Magdund das Jesuskind, nachdem es geboren ist. Ich mache mich, als ob ich dabei gegenwrtig wre,zu einem armseligen wertlosen Dienerlein, das sie anstaunt und betrachtet und in ihren Ntenbedient, mit der grtmglichen Ergebenheit und Ehrfurcht. Dann mich in mir selbst besinnen,um einigen Nutzen zu ziehen.

    DER ZWEITE: Betrachten und erwgen, was sie reden, und mich in mir selbst besinnend einigenNutzen gewinnen.

    DER DRITTE: Schauen und erwgen, was sie tun, etwa wie sie reisen, wie sie sich anstrengen,

    dazu hin, da der Herr in der grten Armut geboren werde, und am Ende von soviel Mhen, vonHunger und Durst, von Hitze und Klte, von Schmhungen und Anwrfen am Kreuze sterbe, undalles das fr mich. Dann mich besinnend einigen Nutzen im Geiste gewinnen.

    Schlieen mit einer Aussprache, wie in der vorhergehenden Betrachtung, und mit einem VaterUnser.

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    DIE DRITTE BETRACHTUNG

    wird die Wiederholung der ersten und zweiten bung sein.

    Nach dem Vorbereitungsgebet und den drei Einstellungen findet eine Wiederholung der erstenund zweiten bung statt, wobei stets einige jeweils wichtigere Punkte beachtet werden, bei denenman eine bestimmte Einsicht, Trstung oder Trostlosigkeit gesprt hat. Am Ende wirdgleicherweise ein Gesprch gehalten und ein Vater Unser gesagt. Bei dieser Wiederholung und jeder folgenden wird die gleiche Ordnung des Vorgehens eingehalten wie bei denWiederholungen der ersten Woche, so da der Stoff gewandelt, die Form aber beibehalten wird.

    DIE VIERTE BETRACHTUNG

    wird die Wiederholung der ersten und zweiten sein, inder gleichen Weise, wie die vorige Wiederholung gehalten

    wurde.

    DIE FNFTE BETRACHTUNG

    wird dieAnwendung der fnf Sinne auf die erste und die zweite Betrachtung sein.

    Nach dem Vorbereitungsgebet und den drei Einstellungen ist es von Nutzen, die fnf Sinne derEinbildung auf die erste und zweite Betrachtung anzuwenden, auf folgende Weise:

    DER ERSTE PUNKT ist: Schauen die Personen mit den inneren Augen, in Besinnung undBetrachtung (meditando y contemplando) ihrer besonderen Umstnde, und aus der Sicht einigen

    Nutzen ziehen.

    DER ZWEITE: Hren mit dem Gehr, was sie reden oder reden knnen, und sichzurckbesinnend in sich selbst daraus einigen Nutzen ziehen.

    DER DRITTE:Riechen und schmecken mit dem Geruch und dem Geschmack den unendlichenDuft und die unendliche Sigkeit der Gottheit, der Seele und ihrer Tugenden und des Ganzen,entsprechend der Person, die man betrachtet hat, sich zurckbesinnend auf sich selbst und darausNutzen ziehend.

    DER VIERTE: Tasten mit dem Getast, wie etwa umfangen und kssen die Orte, welche die

    Personen betreten oder wo sie sich niederlassen, immer besorgend, daraus Nutzen zu ziehen.

    Die bung ist mit einer Aussprache zu beenden wie die erste und zweite Betrachtung, und miteinem Vater Unser.

    [BEMERKUNGEN]

    DIE ERSTE BEMERKUNG: Fr diese ganze Woche und fr die folgenden ist zu beachten, da

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    23/66

    ich nur jenes Geheimnis lesen soll, dessen Betrachtung ich unmittelbar vorzunehmen habe,dergestalt, da ich fr jetzt kein Geheimnis lese, mit dem ich mich an dem bestimmten Tag oderzur bestimmten Stunde nicht abzugeben habe, damit die Beschftigung mit dem einen Geheimnisnicht die Beschftigung mit dem andern stre.

    DIE ZWEITE: Die erste bung von der Menschwerdung findet um Mitternacht statt, die zweitein der Morgenfrhe, die dritte zur Stunde der Messe, die vierte zur Zeit der Vesper und die fnfteeine Stunde vor dem Abendessen, und zwar so, da man whrend der Dauer einer Stunde in jederder fnf bungen verweilt. Die nmliche Ordnung wird in allem Folgenden eingehalten werden.

    DIE DRITTE: Wenn die Person, die die bung macht, alt oder schwach ist, oder wiewohl beiguter Gesundheit, von der ersten Woche her etwas ermdet ist, so ist zu beachten, da es besserist, in dieser zweiten Woche wenigstens einige Male nicht um Mitternacht aufzustehen, sonderneine Betrachtung in der Frhe zu halten, eine andere zur Zeit der Messe, eine weitere vor demMittagessen, sodann zur Zeit der Vesper eine Wiederholung ber die vorigen, und schlielich dieAnwendung der Sinne vor dem Abendessen.

    DIE VIERTE: Whrend dieser zweiten Woche mssen von den zehn Zustzen, die in der erstenWoche angefhrt wurden, der zweite, sechste, siebte und zum Teil der zehnte abgewandeltwerden.

    Im zweiten wird es heien: Sobald ich erwache, mir die Betrachtung, die ich zu halten habe, vorAugen stellen, mit der Sehnsucht, je mehr das menschgewordene Ewige Wort kennenzulernen,um Ihm je besser zu dienen und nach-zu-folgen.

    Der sechste wird sein: Hufig das Leben und die Geheimnisse Christi Unseres Herrn insGedchtnis ziehen, angefangen von Seiner Menschwerdung bis zu dem Abschnitt der Geheimnis,bei dessen Betrachtung ich eben stehe.

    Der siebte wird sein: Der sich bt, soll Sorge tragen, es mit Dunkelheit und Helle so zu haltenund vom guten und schlechten Wetter soweit Gebrauch zu machen, als es ihm ntzlich undbehilflich sein kann, das zu finden, was er begehrt.

    Im zehnten Zusatz soll der, der sich bt, den Geheimnissen entsprechend sich verhalten, die erbetrachtet; denn einige davon verlangen die Verrichtung von Bue, andere nicht. Auf diese Weisesollen alle zehn Zustze mit groer Sorgfalt beobachtet werden.

    DIE FNFTE: Bei allen bungen, ausgenommen die um Mitternacht und die am frhen Morgen,wird der zweite Zusatz durch einen gleichwertigen ersetzt, auf die folgende Weise: Sobald ichmich erinnere, da die Stunde der vorgeschriebenen bung gekommen ist, stelle ich mir, ehe ichdazu hintrete, vor Augen, wohin und vor wessen Angesicht ich mich begebe, und fasse ein wenigdie vorzunehmende bung zusammen. Dann gehe ich zum dritten Zusatz ber und trete in dieBetrachtung ein.

    ZWEITER TAG

    Als erste und zweite Betrachtung ist die Darstellung im Tempel (Nr. 268) und die Flucht nach

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    gypten als in die Verbannung (Nr. 269) zu nehmen. ber diese zwei Betrachtungen werdenzwei Wiederholungen gemacht und ebenso eine Anwendung der fnf Sinne, in der gleichenWeise wie am vorhergehenden Tag.

    Zuweilen ist es zweckdienlich, selbst wenn der sich bende kraftvoll und wohlgestimmt ist,vom zweiten Tag bis zum vierten einschlielich etwas zu ndern, um jeweils besser das zufinden, was er begehrt: indem man nur eine Betrachtung in der Frhe, eine zweite zur Stunde derMesse hlt, hierauf eine Wiederholung ber beide zur Zeit der Vesper und eine Anwendung derSinne vor dem Abendessen.

    DRITTER TAG

    Wie das Kind Jesus seinen Eltern in Nazareth Untertan war (Nr. 271), und wie sie ihn daraufimTempel fanden (Nr. 272). Entsprechend die beiden Wiederholungen, und die fnf Sinneanwenden.

    EINLEITENDES ZUR ERWGUNG DER STNDE

    Nachdem wir das Beispiel betrachtet haben, das Christus Unser Herr uns zum ersten Stand hin,der in der Befolgung der Gebote besteht, gegeben hat, indem Er Seinen Eltern untenan war, undgleicherweise zum zweiten Stand hin, der in der Vollkommenheit des Evangeliums besteht, da Erim Tempel zurckblieb und Seinen Nhrvater und Seine natrliche Mutter verlie, um frei zusein im reinen Dienst Seines Ewigen Vaters, beginnen wir nun, in Verbindung mit derBetrachtung Seines Lebens, forschend zu erspren und bittend zu erfragen, in welchem Lebenoder Stand Seine Gttliche Majestt Sich unser zu bedienen wnscht.

    Wir werden deshalb, als eine gewisse Einfhrung hierzu, in der nchstfolgenden bung dieSinnesrichtung Unseres Herrn betrachten und die entsprechend entgegengesetzte des Feindes dermenschlichen Natur, und wie wir uns bereiten sollen (disponer), damit wir in jedem Stand oderLeben, das Gott Unser Herr uns schenkt, um es zu erwhlen, zur Vollkommenheit gelangenknnen.

    VIERTER TAG: BESINNUNG BER ZWEI BANNER

    das eine Christi, des hchsten Befehlshabers und Unser Herrn,das andere Luzifers, des Todfeindes unserer menschlichen Natur.

    Das Vorbereitungsgebet ist das gewohnte.Die erste Einstellung ist der Vorgang. Hier wird es sein, wie

    Christus ruft und alle unter Sein Banner zu sammelnwnscht, Luzifer im Gegenteil unter das seine.

    Diezweite: Zurichtung des Schauplatzes. Hier ein groesHeerlager in der Gegend von Jerusalem sehen, wo deroberste Befehlshaber der Guten, Christus Unser Herr,

    weilt; ein anderes Heerlager in der Gegend von Babylon,

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    wo der Huptling der Feinde, Luzifer, sich befindet.Die dritte: Bitten um was ich begehre. Hier bitten um die

    Erkenntnis der Betrgereien des bsen Huptlings, umHilfe, mich davor zu bewahren, um Erkenntnis des wahren

    Lebens, das der hchste und wahrhaftige Befehlshaber

    zeigt, und um die Gnade, Ihm nachzufolgen.

    [ERSTER TEIL]

    DER ERSTE PUNKT ist: Sich vorstellen, wie sich der Anfhrer aller Feinde in jenem groenHeerlager von Babylon hinsetzt auf einen gromchtigen Thron aus Feuer und Rauch, in einerGestalt von Schauer und Schrecken.

    DER ZWEITE: Erwgen, wie er unzhlige Dmonen zusammenruft, und wie er sie ausstreut, dieeinen in diese, die andern in jene Stadt, und so ber die ganze Welt hin, ohne irgendeinen

    Landstrich, einen Ort, eine Stadt oder irgendeinen einzelnen Menschen zu bergehen.DER DRITTE: Erwgen die Rede, die er an sie richtet, und wie er sie anspornt, Netze und Kettenauszuwerfen; und zwar sollen sie zuerst durch Begierde nach Reichtum in Versuchung fhren,wie er bei den meisten zu tun pflegt, damit sie desto leichter zu eitler Ehre der Welt und von dazu ausgewachsenem Hochmut gelangen.

    Die erste Stufe soll also die Reichtmer sein, die zweite die Ehre, die dritte der Hochmut, undber diese drei Stufen fhrt er sie ein zu allen brigen Lastern.

    [ZWEITER TEIL]

    Entsprechend als Gegensatz hat man sich vorzustellen den hchsten und wahren Befehlshaber,der da ist Christus Unser Herr.

    DER ERSTE PUNKT ist: Erwgen, wie Christus Unser Herr Sich im groen Heerlager in derGegend von Jerusalem niederlt, an einem unscheinbaren Ort, schn und anmutig.

    DER ZWEITE: Erwgen, wie der Herr der ganzen Welt so viele Personen, Apostel, Jnger usf.erwhlt und sie in die ganze Welt sendet, damit sie Seine heilige Lehre durch alle Stnde und alleLebenslagen hindurch ausstreuen.

    DER DRITTE: Erwgen die Rede, die Christus Unser Herr an alle Seine Diener und Freunderichtet, welche Er zu solcher Fahrt aussendet, wie Er ihnen empfiehlt, sie mchten allen zu helfensuchen, indem sie zuerst zu hchster Armut im Geiste hin bewegen und, wenn Seine GttlicheMajestt daran Gefallen fnde und sie erwhlen wollte, nicht minder zu uerer Armut; zweitenszum Verlangen nach Schmhungen und Verachtetwerden, denn aus diesen beiden Dingen ergibtsich die Demut. So da drei Stufen entstehen: die erste Armut gegen Reichtum, die zweiteSchmhungen und Verachtetwerden gegen die weltliche Ehre, die dritte Demut gegen Hochmut,und ber diese drei Stufen mssen sie einfhren in alle andern Tugenden.

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    Ein Gesprch zu Unserer Herrin, da sie mir von ihrem Sohn und Herrn die Gnade erlange, unterSein Banner aufgenommen zu werden, zuerst in der grten Armut im Geist, und falls SeineGttliche Majestt daran Gefallen fnde und mich erwhlen und annehmen wollte, nicht minderzu uerer Armut; zweitens im Erleiden von Schimpf und Unrecht, um Ihm darin jeweils mehrnachzufolgen, wofern ich das erdulden kann ohne irgend jemandes Snde noch ein Mifallen

    Seiner Gttlichen Majestt. Und damit verbunden ein Ave Maria.Dasselbe nochmals vom Sohn erbitten, da Er es mir vom Vater erlange, und damit verbundenein Anima Christi beten. Dasselbe nochmals vom Vater erbitten, da Er es mir gewhre, und einVater Unser beten.

    Diese bung findet um Mitternacht statt und dann ein zweites Mal am frhen Morgen. ber dasgleiche werden zwei Wiederholungen gehalten zur Zeit der Messe und zur Zeit der Vesper. DenSchlu bilden jeweils die drei Gesprche zu Unserer Herrin, zum Sohn und zum Vater. Und vordem Abendessen wird die folgende Besinnung ber die drei Menschengruppen gehalten.

    BESINNUNG BER DREI MENSCHENGRUPPEN

    Sie wird am gleichen vierten Tag gehalten, dazu hin, das Je-Bessere zu umfangen.

    Das gewohnte Vorbereitungsgebet.

    Die erste Einstellung ist der Vorgang. Drei Gruppen von Menschen, und jede von ihnen hatzehntausend Dukaten erworben; aber nicht rein und wie sie gesollt htte, aus Liebe zu Gott. Allesuchen ihr Heil und den Frieden in Gott Unserem Herrn zu finden, indem sie ablassen von derLast und dem Hemmschuh, der sie daran hindert und der in der Anhnglichkeit an das[rechtmig] erworbene Gut besteht.

    Diezweite ist die Zurichtung des Schauplatzes. Hier mich selber sehen, wie ich angesichts GottesUnseres Herrn und aller Seiner Heiligen stehe, um das zu ersehnen und zu erkennen, was SeinerGttlichen Gte jeweils willkommener ist.

    Die dritte: Bitten um was ich begehre. Hier bitten um die Gnade, das erwhlen zu knnen, wasjeweils mehr dient zur Glorie Seiner Gttlichen Majestt und zum Heil meiner Seele.

    DIE ERSTE GRUPPE mchte von der Anhnglichkeit an die erworbene Sache lassen, um

    dadurch in Frieden Gott Unseren Herrn zu finden und sich gerettet zu wissen. Aber sie wendetdie Mittel dazu nicht an bis zur Stunde des Todes.

    DIE ZWEITE will von der Anhnglichkeit lassen, aber sie will so davon lassen, da sie im Besitzder erworbenen Sache bleibt, in der Weise, da Gott dorthin kommen soll, wohin sie selbst will;und sie entscheidet sich nicht dazu, die Sache aufzugeben, um zu gehen, auch nicht, wenn diesder bessere Stand fr sie wre.

    DIE DRITTE will von der Anhnglichkeit lassen, aber sie will so davon lassen, da ebensowenig

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    eine Neigung sie bestimmt, die erworbene Sache zu behalten als sie nicht zu behalten. Sie will sievielmehr einzig wollen oder nicht wollen, je nachdem Gott Unser Herr es in ihren Willen legt undes dem Einzelnen besser erscheint zum Dienst und Lobpreis Seiner Gttlichen Majestt. Undinzwischen will sie ihre Sorgfalt daran wenden, alles der Neigung nach zu verlassen, indem sieihre Kraft daran setzt, weder diese noch irgendeine andere Sache zu wollen, auer wenn einzig

    der Dienst Unseres Herrn sie bewegt, so da die Sehnsucht, jeweils besser Gott Unserem Herrndienen zu knnen, sie zur Annahme oder zum Lassen der Sache bestimmt.

    Die drei nmlichenAussprachen halten wie in der vorhergehenden Betrachtung (contemplacin)ber die zwei Banner.

    Es ist anzumerken, da, wenn wir eine Abneigung oder einWiderstreben gegen die uere Armut verspren, und wir

    nicht gleichmtig sind gegenber Armut oder Reichtum, eszur Auslschung einer solchen ungeordneten Neigung

    sehr ntzlich ist, in den Gesprchen zu bitten, auch wenngegen das Fleisch wre, der Herr mge einen zu uererArmut erwhlen, und [zu sagen], man wnsche es und

    bitte darum und erflehe es, wofern es nur zum Dienst undLobpreis Seiner Gttlichen Gte gereiche.

    FNFTER TAG

    Betrachtung ber den Weggang Christi Unseres Herrn von Nazareth zum Jordan, und wie Ergetauftwurde (Nr. 273).

    Diese Betrachtung wird einmal um Mitternacht, ein zweites Mal in der Frhe gehalten, dannfolgen zwei Wiederholungen darber zur Zeit der Messe und der Vesper, und vor demAbendessen die Anwendung auf sie der fnf Sinne. Jeder dieser fnf bungen wird das gewohnteVorbereitungsgebet und die Einstellungen vorausgestellt, wie dies alles bei der Betrachtung vonder Menschwerdung und von der Geburt erklrt worden ist; den Schlu bilden die dreiAussprachen aus den drei Menschengruppen, bzw. aus der dort beigefgten Bemerkung.

    Die besondere Prfung nach dem Mittag- und Abendessen wird gehalten ber die Fehler undNachlssigkeiten bei den bungen und Zustzen des gegenwrtigen Tages, ebenso an denfolgenden Tagen.

    [SECHSTER BIS ZWLFTER TAG]

    AM SECHSTEN TAG: Betrachtung wie Christus Unser Herr vom Jordan in die Wste ging,einschlielich [der Versuchung]. In allem wird die gleiche Ordnung wie am fnften Tageingehalten (Nr. 274).

    AM SIEBTEN: Wie Sankt Andreas und andere Christus Unserem Herrn nachfolgen (Nr. 275).

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    AM ACHTEN: Von derBergpredigt, die ber die acht Seligkeiten handelt (Nr. 278).

    AM NEUNTEN: Wie Christus Unser Herr Seinen Jngern auf den Wogen des Meeres erschien(Nr. 280).

    AM ZEHNTEN: Wie der Herr im Tempel lehrte (Nr. 288).

    AM ELFTEN: Von der Auferweckung desLazarus (Nr. 285).

    AM ZWLFTEN: Von dem Palmtag ( Nr. 287).

    ERSTE BEMERKUNG: Die Betrachtungen dieser zweiten Woche knnen, je nach der Zeit, dieein jeder darauf verwenden will, oder je nach dem Nutzen, den er daraus zieht, ausgedehnt odereingeschrnkt werden. Werden sie ausgedehnt, so werden die Geheimnisse der HeimsuchungUnserer Herrin bei Sankt Elisabeth, die Hirten, die Beschneidung des Jesuskindes und die drei

    Knige, und so noch weitere hinzugenommen. Werden sie eingeschrnkt, so kann auch von denangefhrten Geheimnissen etwas weggelassen werden, denn hier soll [nur] eine Einfhrung undAnleitung geboten werden dazu hin, spter jeweils besser und jeweils vollstndiger zu betrachten.

    DIE ZWEITE: Der Stoff der Erwhlungen (la materia de las elecciones) beginnt nach derBetrachtung [vom Weggang des Herrn] von Nazareth an den Jordan, diese mit eingerechnet, dasheit mit dem fnften Tag. Er wird im folgenden dargelegt werden.

    DIE DRITTE: Bevor ein Mensch in die Erwhlungen eintritt, wird er, um sich zur wahren LehreChristi hin zustimmen (affectarse), mit groem Vorteil erwgen und achten auf die folgenden:

    DREI WEISEN DER DEMTIGUNG

    Er wird sie whrend des ganzen Tages immer wieder berlesen und die entsprechendenAussprachen halten, wie nachher gesagt wird.

    DIE ERSTE WEISE der Demtigung ist notwendig zum ewigen Heil. Ich mu mich nmlich soweit herabsetzen und so weit erniedrigen, als es mir mglich ist, dazu hin, in allem dem GesetzGottes Unseres Herrn zu gehorchen, derart, da ich auch wenn man mich zum Herrn allergeschaffenen Dinge in dieser Welt machte, oder wenn es mein eigenes zeitliches Leben glte nicht auf den Gedanken kme, ein Gebot zu bertreten, sei es ein gttliches oder einmenschliches, das mich unter Todsnde verpflichtet.

    DIE ZWEITE ist vollkommenere Demtigung als die erste: wenn ich mich nmlich an dem finde,da ich nicht mehr wnsche und ersehne, Reichtum als Armut zu besitzen, Ehre als Unehre zusuchen, langes Leben als kurzes zu begehren, wo es fr den Dienst Gottes Unseres Herrn gleichbleibt, und da ich dabei nicht um alles Geschaffene noch um den Verlust meines eigenen Lebensauf den Gedanken kme, eine lliche Snde zu begehen.

    DIE DRITTE ist ganz vollkommene Demtigung: wenn ich nmlich, die erste und zweite Weiseeinschlieend, und sofern Lobpreis und Verherrlichung der Gttlichen Majestt gleich bleibt, um

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    Christus Unserem Herrn je mehr nachzufolgen und ihm der Tat nach hnlicher zu werden, jemehr mit dem armen Christus Armut wnsche und erwhle als Reichtum, je mehr mit demschmacherfllten Christus Schmach als Ehrenerweise, und je mehr darnach verlange, als ein Torund Narr angesehen zu werden um Christi willen, der zuerst als ein solcher angesehen wurde,denn fr weise und klug in dieser Welt.

    Wer diese dritte Demtigung zu erlangen wnscht, fr den ist es sehr ntzlich, die drei anllichder drei Menschengruppen erwhnten Gesprche zu halten, indem er die Bitte ausspricht, UnserHerr wolle ihn in diese dritte je grere und je bessere Demtigung erwhlen, um Ihm je mehrnachzufolgen, wofern dabei Dienst und Lobpreis Seiner Gttlichen Majestt gleich oder grerist.

    EINLEITENDES ZUM VOLLZUG DER ERWHLUNG

    Bei jeder guten Wahl mu, soweit sie von uns abhngt, das Auge unserer Ausrichtung (intencin)

    einfach sein, indem es einzig allein das anschaut, wozu ich geschaffen bin, nmlich hin zumLobpreis Gottes Unseres Herrn und zum Heil meiner Seele. Was immer ich also erwhle, mu sobeschaffen sein, da es mir zum Ziel hin helfe, zu dem hin ich geschaffen bin. Und ich soll nichtdas Ziel zum Mittel hin ordnen und ziehen, sondern das Mittel zum Ziel. So kommt es vor, daviele zuerst die Wahl treffen zu heiraten, was ein Mittel ist, und dann an zweiter Stelle GottUnserm Herrn in diesem Ehestand zu dienen, welcher Dienst Gottes doch das Ziel ist.Desgleichen gibt es andere, deren erster Wille auf die Erlangung von Pfrnden geht und die erstnachtrglich Gott in diesen dienen wollen. Sie streben also nicht geraden Weges zu Gott, sondernsie wollen, da Gott geraden Weges ihren ungeordneten Neigungen entgegenkomme, und somachen sie denn aus dem Ziel ein Mittel und aus dem Mittel ein Ziel. Sie ergreifen also das, wassie an erster Stelle ergreifen sollten, zuletzt, denn an erster Stelle haben wir uns den Dienst Gottes

    vorzunehmen, der das Ziel ist, und erst nachtrglich, die Pfrnde zu empfangen oder zu heiraten,falls dies fr mich das Bessere ist. So darf nichts mich bewegen, dergleichen Mittel zu whlenoder sie liegen zu lassen, als einzig der Dienst und Lobpreis Gottes Unseres Herrn und das ewigeHeil meiner Seele.

    ZUR KENNTNISNAHME WORBER DIE ERWHLUNG ZU GESCHEHEN HAT

    enthlt vier Punkte und eine Bemerkung.

    DER ERSTE PUNKT: ES ist notwendig, da alle Dinge, ber die wir Erwhlung zu haltenwnschen, in sich indifferent oder gut sind, und da sie im Bereich der Heiligen Mutter, derhierarchischen Kirche mitstreiten und nicht schlecht sind oder ihr widerstreitend.

    DER ZWEITE: Es gibt einiges, was unter eine unwandelbare Erwhlung fllt, wie dasPriestertum, die Ehe usf. Es gibt anderes, was unter eine wandelbare Erwhlung fllt, wie etwakirchliche Pfrnden annehmen oder sie lassen, irdische Gter annehmen oder sie von sichwerfen.

    DER DRITTE: In der unwandelbaren Erwhlung kann, wenn sie einmal stattgehabt hat, nichtsweiter erwhlt werden, denn sie kann nicht rckgngig gemacht werden. So ist es bei der Ehe,

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    beim Priestertum usf. Dies nur ist zu beachten, da, wenn die Wahl nicht in der gesollten undgeordneten Weise, nicht ohne ungeordnete Anhnglichkeiten geschehen ist, man dies bereuenund darnach trachten soll, innerhalb seiner Erwhlung ein gutes Leben zu fhren. Eine solcheWahl scheint aber keine gttliche Berufung zu sein, denn sie ist eine ungeordnete und schiefeWahl. Gar viele tuschen sich in dieser Hinsicht, indem sie aus einer schiefen oder schlechten

    Wahl eine gttliche Berufung machen; denn jegliche Berufung, die von Gott kommt, ist immerlauter und durchsichtig (limpia), ohne Beimischung des Fleisches oder irgendeiner andernungeordneten Neigung.

    DER VIERTE: Hat jemand die Erwhlung auf gesollte und geordnete Weise in Dingen getroffen,die unter die vernderliche Wahl fallen, ohne dem Fleische oder der Welt anzuhangen, so ist keinGrund, eine neue Wahl zu treffen, sondern er vervollkommne sich in dieser, soweit er kann.

    BEMERKUNG. Wurde aber die wandelbare Erwhlung nicht aufrichtig und in guter Ordnungvollzogen, so ist es von Nutzen, die Erwhlung [jetzt] in der rechten Weise zu vollziehen, wennanders einer wnscht, da daraus merkliche und Gott sehr willkommene Frchte entspringen.

    DREI ZEITEN

    in deren jeder eine gesunde und gute Wahl gehalten werden kann.

    DIE ERSTE ZEIT ist, wenn Gott Unser Herr den Willen so bewegt und an sich zieht, da eineIhm ergebene Seele, ohne zu zweifeln oder auch nur zweifeln zu knnen, dem folgt, was gezeigtwird, wie Sankt Paulus und Sankt Matthus taten, als sie Christus Unserem Herrn nachfolgten.

    DIE ZWEITE: wenn Klarheit und Einsicht genug empfangen wird, von der Erfahrung inTrstung und Trostlosigkeit her und aus der Erfahrung der Unterscheidung der verschiedenen

    Geister.DIE DRITTE ist ruhig; es erwgt einer zuerst, wozu hin der Mensch geboren ist, nmlich umGott Unseren Herrn zu lobpreisen und seine Seele zu retten, und von solchem Wunsche beseelt,whlt er als Mittel ein Leben oder einen Stand innerhalb der Grenzen der Kirche, um dadurchgefrdert zu werden im Dienst seines Herrn und bei der Erlsung seiner Seele.

    Ich sagte, eine ruhige Zeit, wenn nmlich die Seele nicht von verschiedenen Geistern hin und herbewegt wird und von ihren natrlichen Fhigkeiten in Freiheit und Ruhe Gebrauch macht.

    Wenn sich die Erwhlung nicht in der ersten oder zwei ten Zeit vollzog, dann folgen fr die[verbleibende] dritte Zeit ZWEI ARTEN sie vorzunehmen.

    DIE ERSTE ART

    gesunde und gute Erwhlung zu treffen; enthlt sechs Punkte in sich.

    DER ERSTE PUNKT ist: Mir die Sache vorzulegen, ber die ich Erwhlung zu halten wnsche,etwa ein Amt oder eine Pfrnde, die anzunehmen oder liegenzulassen sind, oder irgendeine

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    andere Sache, die unter die wandelbare Erwhlung fllt.

    DER ZWEITE: Es ist notwendig, sich das Ziel vorzulegen, zu dem hin ich geschaffen bin, das daist, Gott Unsern Herrn zu lobpreisen und meine Seele zu retten, und dabei sich gleichmtig(indiferente) zu finden, ohne irgendeine ungeordnete Anhnglichkeit, so da ich nicht mehrgeneigt oder angetan bin, die vorgestellte Sache zu nehmen als sie zu lassen; nicht, mehr sie zulassen als sie zu nehmen, da ich mich vielmehr wie im Gleichgewicht der Waage befinde, umdem folgen zu knnen, von dem ich spre, da es mehr zur Ehre und zum Lobpreis GottesUnseres Herrn und zur Rettung meiner Seele dient.

    DER DRITTE: Erbitten von Gott Unserm Herrn, Er wolle meinen Willen bewegen und mir dasin die Seele legen, was ich in der vorgelegten Sache tun soll, und was mehr zu Seinem Lobpreisund Seiner Verherrlichung gereicht, indem ich gut und getreu mit meinem Verstand berlege unddann Seinem Heiligsten und Wohlgeflligen Willen entsprechend whle.

    DER VIERTE: Erwgen durch berlegen der Grnde, wieviele Vorteile und Nutzen mirerwachsen, wenn ich das vorgelegte Amt oder die Pfrnde annehme, einzig auf den Lobpreis

    Gottes Unseres Herrn und das Heil meiner Seele hin; dann umgekehrt erwgen die Nachteile undGefahren, die in der Annahme liegen. Gleicherweise auf der andern Seite verfahren: nmlich dieVorteile und den Nutzen des Nichtbesitzes betrachten und umgekehrt die Nachteile und Gefahrendesselben Nichtbesitzes.

    DER FNFTE: Nachdem ich so berlegt und die vorgestellte Sache nach allen Seiten hinerwogen habe, zusehen, wohin sich die Vernunft jeweils mehr hinneigt; und so soll nach derstrkeren vernunfthaften Regung, nicht aber nach irgendeiner sinnlichen Regung dieEntscheidung ber die vorgelegte Sache getroffen werden.

    183 DER SECHSTE: Ist so die Erwhlung oder Entscheidung getroffen, so soll der, der sie

    getroffen hat, sich mit groer Sorgfalt zum Gebet vor Gott Unsern Herrn begeben und ihm dieseWahl darbringen, damit Seine Gttliche Majestt sie annehme und bekrftigen wolle, sofern siezu Ihrem je greren Dienst und Lobpreis gereicht.

    DIE ZWEITE ART

    gesunde und gute Erwhlung zu treffen; enthlt vier Regeln und eine Bemerkung.

    DIE ERSTE REGEL ist, da jene Liebe, die mich bewegt hat, eine bestimmte Sache zu whlen,von oben herabsteige aus der Liebe Gottes, dergestalt, da der Whlende zuerst in sich sprt, wie

    die grere oder geringere Liebe fr die Sache, die er erwhlt, einzig seinen Schpfer und Herrnzum Grund hat.

    DIE ZWEITE: Einen Menschen sich vorstellen, den ich nie gesehen noch gekannt habe, und ihmalle erreichbare Vollendung wnschen. Dann erwgen, was ich ihm sagen wrde, da er tun underwhlen solle zur je greren Ehre Gottes Unseres Herrn und zur greren Vollendung seinerSeele: und ebenso handle ich selbst und halte mich an die Regel, die ich fr den anderen aufstelle.

    DIE DRITTE: Als wre ich in der Todesstunde, bedenke ich die Form und das Ma, das ich dann

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    hinsichtlich der jetzigen Wahl wnschte eingehalten zu haben; und danach richte ich mich undtreffe im ganzen meine Entscheidung.

    DIE VIERTE: Ich betrachte und erwge, wie mir am Tage des Gerichtes zumute sein wird, undich berlege, wie ich dann wnschte in der vorliegenden Sache entschieden zu haben; und dieRegel, die ich dann befolgt haben mchte, nehme ich jetzt an, um mich dann voller Freude undWonne zu finden.

    BEMERKUNG

    Nachdem ich diese Richtlinien zu meinem ewigen Heil und Frieden angenommen habe, treffe ichmeine Wahl und bringe sie Gott Unserem Herrn dar, entsprechend dem sechsten Punkt der erstenArt zu whlen.

    ZUR BESSERUNG UND NEUFORMUNG DES EIGENEN LEBENS UND STANDES

    Dies ist zu beachten: fr solche, die eine kirchliche Wrde bekleiden oder im Ehestand leben ob sie nun berflu haben an irdischen Gtern oder nicht und daher keine Zeit oder keinensehr bereiten Willen haben, eine Erwhlung ber Dinge zu treffen, die einer wandelbaren Wahlunterliegen, ist es von groem Nutzen, wenn man ihnen an Stelle einer Wahl eine Art und Weisevorlegt, wie jeder von ihnen sein Leben und seinen Stand bessern und neu formen kann. Manstellt dem Betreffenden also seine Geschpflichkeit vor, sein Leben und seinen Stand zurVerherrlichung und zum Lobpreis Gottes Unseres Herrn und zum Heil seiner Seele. Um zudiesem Ziel zu gelangen und es zu erreichen, mu er anhand der dargelegten bungen und derArten der Wahl viel nachsinnen und berlegen, wie gro der Haushalt und Hausstand sein soll,den er fhrt, wie er jenen lenken und leiten, diesen durch Wort und Beispiel lehren msse.

    Desgleichen bezglich seines Vermgens: wieviel er davon fr seine Familie und sein Hausverwenden soll und wieviel zur Verteilung an die Armen und fr andere gute Zwecke. Und erwnsche und suche dabei nichts anderes als im Ganzen und durch das Ganze den jeweilsgreren Lobpreis und die Verherrlichung Gottes Unseres Herrn. Denn es bedenke ein jeder, daer in allen Dingen des Geistes soweit gefrdert werden wird, als er herausspringt aus seinerEigenliebe, seinem Eigenwillen und seinem Eigennutz.

    [DRITTE WOCHE]

    [ERSTER TAG]

    DIE ERSTE BETRACHTUNG

    um Mitternacht ist: wie Christus Unser Herr von Bethanien nach Jerusalem ging zum letztenAbendmahl (Nr. 289).

    Sie enthlt ein Vorbereitungsgebet, drei Einstellungen, sechs Punkte und eine Aussprache.

    Das gewohnte Vorbereitungsgebet.

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    Die erste Einstellung ist die Erinnerung der Geschichte. Das ist hier: wie Christus Unser Herr vonBethanien aus zwei Jnger sandte, um das Abendmahl zu rsten, und dann selber mit den andernJngern dazu hinging; wie Er dann, nachdem Er das Osterlamm gegessen und das Mahl beendet,Seinen Jngern die Fe wusch und ihnen Seinen Heiligsten Leib und Sein kostbares Blut reichteund, nachdem Judas gegangen war, seinen Herrn zu verkaufen, an sie eine Rede hielt.

    Die zweite: Zurichtung des Schauplatzes. Hier den Weg von Bethanien nach Jerusalem sehen, obbreit, ob eng, ob eben usf. Entsprechend das Gemach des Mahles, ob gerumig, ob eng, ob sooder anders.

    Die dritte: Bitten um was ich begehre: hier Leid, Ergriffenheit und Beschmung, denn um meinerSnden willen geht der Herr zum Leiden.

    DER ERSTE PUNKT: Schauen die Personen beim Abendmahl, und mich in mir selbstbesinnend, Sorge tragen, einigen Gewinn aus ihnen zu ziehen.

    DER ZWEITE: Hren, was sie reden, und wieder suchen, daraus einigen Gewinn zu ziehen.

    DER DRITTE: Zusehen, was sie tun, und einigen Gewinn daraus ziehen.

    DER VIERTE: Erwgen, was Christus Unser Herr in Seiner Menschheit leidet oder leiden will,je nach dem Abschnitt, der zur Betrachtung vorliegt. Hier nun mit aller Kraft einsetzen und michanstrengen, zu leiden, zu trauern und zu weinen; und dieselbe Mhe mir geben bei den folgendenPunkten.

    DER FNFTE: Erwgen, wie die Gottheit sich verbirgt, da sie ihre Feinde vernichten knnteund es nicht tut. Und wie sie es duldet, da die heiligste Menschheit so bergrausam leidet.

    DER SECHSTE: Erwgen, wie [der Herr] das alles um meiner Snden willen leidet usf., und wasich fr Ihn tun und leiden soll.

    Beschlieen mit einer Aussprache zu Christus Unserem Herrn, und am Ende ein Vater Unser.

    Es ist zu beachten, wie schon frher zum Teil erklrt worden ist, da wir bei den Gesprchen unsunterreden und bitten sollen gem dem vorliegenden Stoff, das heit dementsprechend, ob ichmich nach dieser oder jener Seite zu disponieren wnsche, ob ich zu trauern oder mich zu freuenbegehre ber das, was ich betrachte. Schlielich bitte ich um das, was ich eindringlicher in Bezugauf bestimmte, besondere Dinge ersehne. So kann man ein einziges Gesprch mit ChristusUnserem Herrn halten, oder wenn der Stoff oder die Andacht dazu bewegt, drei Gesprche, daseine zur Mutter, ein anderes zum Sohn, ein weiteres zum Vater, in derselben Weise, wie in der

    zweiten Woche gesagt wurde bei der Betrachtung von den zwei Bannern und in der Bemerkung,die auf die Menschengruppen folgt.

    DIE ZWEITE BETRACHTUNG

    in der Frhe: geht vom Abendmahl bis zum Garten einschlielich.

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    Das gewohnte Vorbereitungsgebet.

    Die erste Einstellung ist die Geschichte. Hier wie Christus Unser Herr mit Seinen elf Jngernvom Berg Sion, wo Er das Abendmahl gehalten hatte, zum Tal Josaphat niederstieg, acht vonihnen an einem Ort des Tales und die drei andern an einer Stelle des Gartens zurcklie, wie Ersich dann zum Gebet begab, Schwei wie Blutstropfen schwitzte, wie Er dreimal ein Gebet anden Vater richtete und Seine Jnger aus dem Schlaf aufweckte, wie dann bei Seiner Stimme dieFeinde zu Boden fielen, Judas Ihm den Friedensku gab, Sankt Petrus dem Malchus das Ohrabhieb und Christus es wieder an seine Stelle setzte, wie Er gleich einem beltter gefangenwird und sie Ihn durch das Tal hinunter und den Hgel hinauf zum Hause des Annas schleppen.

    Die zweite ist die Zurichtung des Schauplatzes. Hier betrachten den Weg vom Sionsberg zum TalJosaphat, und in gleicher Weise den Garten: ob breit, ob lang, ob so oder anders.

    Die dritte: bitten um was ich begehre; um das, was in der Leidenswoche zu erbitten ansteht:Schmerz mit Christus dem Schmerzhaften, Zermalmung mit Christus dem Zermalmten, Trnen,inwendige Pein ber die so groe Pein, die Christus fr mich litt.

    Bei dieser zweiten Betrachtung soll, nach Verrichtung des Vorbereitungsgebets und der dreiangefhrten Einstellungen, fr die Punkte und das Gesprch auf gleiche Weise verfahren werdenwie in der ersten Betrachtung vom Abendmahl; zur Stunde der Messe und der Vesper werdenzwei Wiederholungen gehalten ber die erste und die zweite Betrachtung, dann vor demAbendessen die Anwendung der Sinne ber die vorgenannten Betrachtungen. Immer aber sollendas Vorbereitungsgebet und die drei Einstellungen vorausgeschickt werden, je nach demvorliegenden Stoff, auf dieselbe Weise, wie dies in der zweiten Woche gesagt und erklrt wordenist.

    [BEMERKUNGEN]

    Je nach dem Alter, der Verfassung und Anlage dessen, der sich bt, wird er an jedem Tag fnfoder weniger bungen vornehmen.

    Whrend dieser dritten Woche bedrfen der zweite und der sechste Zusatz einer nderung. Derzweite wird lauten: Gleich beim Erwachen stelle ich mir vor Augen, wohin ich gehen will undwozu, und fasse mir kurz die Betrachtung zusammen, die ich machen will. Und wie dasGeheimnis es verlangt, werde ich mich anstrengen, whrend des Aufstehens und Ankleidensmich in Trauer und Schmerz zu versetzen ber so groen Schmerz und so groes Leid ChristiUnseres Herrn.

    Der sechste wird also gendert, da man keine angenehmen Gedanken herbeizurufen sucht, auchnicht wenn sie gut und heilig sind, wie Auferstehung und Himmelsherrlichkeit, sondern michselber zu Schmerz und Pein und Zerbrochenheit hinlenken, indem ich hufig die Anstrengungen,Mhsale und Schmerzen Christi Unseres Herrn ins Gedchtnis ziehe, die Er litt vom AugenblickSeiner Geburt an bis zum Geheimnis der Passion, bei dem ich gerade stehe.

    Die besondere Prfung sei ber die vorliegenden bungen angestellt, wie sie in der vergangenenWoche gehalten wurde.

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    DER ZWEITE TAG

    Um Mitternacht wird die Betrachtung sein ber [die Geschehnisse] vom Garten bis zum Hausedes Annas einschlielich (Nr. 291), und in der Frhe ber die vom Hause des Annas bis zum Hause des Kaiphas einschlielich (Nr. 292), dann die beiden Wiederholungen und dieAnwendung der Sinne, in der Art, wie schon gesagt ist.

    DER DRITTE TAG

    Um Mitternacht vom Hause des Kaiphas bis zu Pilatus einschlielich (Nr. 293), und in der Frhevon Pilatuszu Herodes einschlielich (Nr. 294); dann die Wiederholungen und die Sinne in dergleichen Weise, wie schon gesagt ist.