inhalt - audible · 2012. 2. 10. · 1 – x zweites kapitel: die reiter von rohan xx drittes...

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InhalT Kapitelaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX J. R. R. Tolkien – ein Leben für die Fantasie . . . . . . . . S. XX XXX – die deutsche Stimme Gandalfs ÜBERSICHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX ANHANG A Annalen der Könige und Herrscher . . . . . . . . . . . . . . . S. XX II Das Haus Eorl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX III Durins Volk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX ANHANG D Auenland-Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX ANHANG E Schrift und Lautung I Die Aussprache fremder Wörter und Namen . . . . . S. XX II Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX 3 J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

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  • InhalT

    Kapitelaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XXJ. R. R. Tolkien – ein Leben für die Fantasie . . . . . . . . S. XXXXX – die deutsche Stimme Gandalfs

    ÜBERSICHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX

    ANHANG AAnnalen der Könige und Herrscher. . . . . . . . . . . . . . . S. XXII Das Haus Eorl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XXIII Durins Volk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX

    ANHANG DAuenland-Kalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX

    ANHANG ESchrift und LautungI Die Aussprache fremder Wörter und Namen . . . . . S. XXII Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. XX

    3J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • ICD 1 Laufzeit ca. XX MinutenDRITTES BUCH

    1 Ansage2-X Erstes Kapitel: Boromirs Abschied

    CD 3 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Zweites Kapitel: Die Reiter von RohanXX Drittes Kaptitel: Die Uruk-hai

    CD 4 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Viertes Kapitel: BaumbartXX Fünftes Kapitel: Der weiße Reiter

    CD 5 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Sechstes Kapitel: Der König der Goldenen HalleXX Siebentes Kapitel: Helms Klamm

    CD 6 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Achtes Kapitel: Der Weg nach IsengardXX Neuntes Kapitel: Treibgut und Beute

    1 – X Zehntes Kapitel: Sarumans StimmeXX Elftes Kapitel: Der Palantír

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  • CD 7 Laufzeit ca. XX MinutenVIERTES BUCH

    1 – X Erstes Kapitel: Sméagols ZähmungXX Zweites Kapitel: Die Durchquerung der Sümpfe

    CD 8 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Drittes Kapitel: Vor dem Schwarzen TorXX Viertes Kapitel: Kräuter und Kaninchenpfeffer

    CD 9 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Fünftes Kapitel: Das Fenster nach WestenXX Sechstes Kapitel: Der bewachte Fischteich

    CD 10 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Siebentes Kapitel: Wanderung zur WegscheideXX Achtes Kapitel: Die Treppen von Cirith Ungol

    CD 11 Laufzeit ca. XX Minuten1 – X Neuntes Kapitel: Kankras LauerXX Zehntes Kapitel: Sam Gamdschies Entschlüsse

    5J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • CD 12 Laufzeit ca. XX Minuten

    CD 13 Laufzeit ca. XX Minuten

    CD 14 Laufzeit ca. XX Minuten

    CD 15 Laufzeit ca. XX Minuten

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  • 7J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • J.R.R. Tolkien – ein Leben für die Fantasie

    John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein in Süd-afrika geboren. Sein Vater Arthur starb, als er gerade vier Jahre jung war, undso musste seine Mutter ihn und seinen jüngeren Bruder Hilary in bescheidenenVerhältnissen in England aufziehen. Die Umgebung, in die die Familie Tolkienzieht, prägte den jungen John und während der vier Jahre Aufenthalt im klei-nen Dorf Sarehole nahe Birmingham lernt er das ländliche England lieben.Tolkiens Mutter, eine gläubige, konvertierte Katholikin, musste ihre beidenJungs gegen den Widerstand ihrer protestantischen Verwandten in der nurwenige Kilometer entfernten Großstadt erziehen lassen. Auch sie starb frühund hinterließ John und Hilary in der Obhut von Francis Xavier Morgan,einem Priester am Birmingham Oratory. Der frühe Tod seiner Mutter bestärkteTolkien für den Rest seines Lebens in seinem Glauben: Er sah seine Mutter alsMärtyrerin, die aufgrund der bitteren Umstände ihres Lebens ihre Gesundheitfür das Wohl ihrer Kinder opferte.

    Früh schon zeigte sich die Begabung, die später zu Tolkiens Weltruhm führensollte: Seine Liebe zu Sprachen, seine Fähigkeit, sich mit Begeisterung einemThema lange Zeit, wenn nicht lebenslang, zu beschäftigen; der Wunsch, einenneuen Mythos für England zu schaffen. Er erhält ein Stipendium für das ExeterCollege in Oxford, wo er 1915 seinen Abschluss mit Bravour besteht. In dieserZeit lernte er die Frau seines Lebens kennen, Edith Bratt. Während der jungeAutor in Birmingham logierte, wohnte im selben Haus dieses bezauberndejunge Mädchen, das auch bald seine Ehefrau werden sollte, seine „Luthien“, die

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  • J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

    er am 22. März 1916 heiratet, bevor er in den Krieg zieht. Tolkiens akademi-sche Laufbahn wird nur vom ersten Weltkrieg unterbrochen. Er wird den Lan-cashire Fusiliers, einer Fernmeldeeinheit, zugeordnet und verliert im Laufe derSchlacht an der Somme binnen eines Tages alle seine Freunde, bis auf einen.Diese Erfahrung prägt ihn in jungen Jahren für den Rest seines Lebens undwird als wiederkehrender Topos - der Auseinandersetzung mit dem Tod - Ein-fluss auf sein Werk nehmen.

    Tolkien durchläuft eine vorbildliche akademische Karriere. Nach Arbeitenam Oxford English Dictionary wird er zwei Jahre später Professor für Englischan der Universität Leeds. Weitere vier Jahre später wird ihm der Ruf als Rawlin-son und Bosworth Professor für Angelsächsisch am Pembroke College erteilt.Seine letzte Professur erhält er als Merton Professor für englische Sprache undLiteratur 1945 in seinem geliebten Oxford. Bekannt sind seine Übersetzungvon Sir Gawain und der grüne Ritter, sein Vortrag „Beowulf: Monster und ihre Kritiker“und seine Vortragsreihe „On Fairy-Stories“, die sich mit Mythologie, Phantasieund der Kreation sekundärer Welten beschäftigen.

    John Ronald Reuel und Edith Tolkien hatten vier Kinder: 1917 wurde Johngeboren, der später Geistlicher in der anglikanischen Kirche werden sollte;1920 kam Michael zur Welt. Der Verwalter seines Erbes und Herausgeber derkritischen Edition des Werks seines Vaters, Christopher, kommt 1924 zur Weltund das Nesthäkchen Priscilla wird 1929 geboren. Tolkien geht 1959 in Ruhe-

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    stand und ist überrascht, welchen Erfolg seine Neuschöpfung einer mythischenWelt hat, die im Silmarillion, dem Herrn der Ringe und dem Hobbit Ausdruck findensollte. Gerade in den Vereinigten Staaten wird der Brite in den 60ern zumKultautor einer Gesellschaft in Bewegung, die sich anscheinend in Zeiten dessozialen Umbruchs fantastische Welten zu Fluchtburgen ihrer Fantasie aufbaut.Dies hatte Tolkien nie bezweckt, aber seine Vorstellung von Fantasie undMythologie stand oft im Widerspruch zum allgemeinen Verständnis seinesWerks.

    Tolkien verbringt den Rest seines Lebens mit seiner geliebten Ehefrau Edith,die 1971 stirbt. 1972 wird er von der Queen mit dem Orden „CBE“ für seineherausragende literarische Bedeutung geadelt. Am Morgen des 2. September1973 stirbt der Schöpfer von Mittelerde nach kurzer Krankheit in einem Kran-kenhaus in Bournemouth, England.

    Marcel Bülles

  • J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme 11

    J.R.R. Tolkien © Ullstein

  • Sprecher:

    Biografie GerT Heidenreich: Gert Heidenreich, 1944 in Eberswald geboren, lebt als Schriftsteller und Sprecher bei München. Er hat zahlreiche Romane, Erzählungen und Essays veröffentlicht, so z. B. Die Steinesammlerin von Etrétat, Abschied von Newton, Der Geliebte des Dritten Tages und Im Dunkel der Zeit. Er hat u.a. in Die Zeit, Die Süddeutsche Zeitung,Merian und Geo publiziert. Er wurde u . mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Marieluise Fleisser-Preis ausgezeichnet. Er ist Mitglied der BayerischenAkademie der Schönen Künste und des Deutschen P.E.N.-Zentrums. Im Hör-verlag ist er u.a. in Michael Limberg Hermann Hesse. Leben und Werk, Die Kinder derManns und Tad Willams’ Otherland zu hören.

    Gert Heidenreich und Achim Höppner gründeten 1967 mit Freunden das„Theater in der Kreide“ in München. Für beide der Beginn einer langenFreundschaft, die mit dem Tod Achim Höppners im November 2006 ein jähes Ende fand. Auch die Stimmen des Herrn der Ringe erzählen also von einemlangen Bund …

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  • J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme 13

    Gert Heidenreich © XXXX

  • Dies ist der zweite Teil des Herrn der Ringe.Im ersten Teil, Die Gefährten, wurde erzählt, wie Gandalf der Graue herausfand,daß der Ring, den der Hobbit Frodo besaß, der Eine Ring war, der die anderenRinge der Macht beherrschte. Darauf mussten Frodo und seine Gefährten ausihrer Heimat, dem friedlichen Auenland, fliehen, verfolgt von den furchtbarenschwarzen Reitern aus Mordor, bis sie endlich mit Hilfe des Waldläufers Aragorn aus Eriador unter höchsten Gefahren Elronds Haus in Bruchtalerreichten.

    Dort wurde unter Elronds Vorsitz eine große Ratsversammlung abgehalten,die den Beschluss fasste, einen Versuch zur Vernichtung des Rings zu unterneh-men. Zum Träger des Rings wurde Frodo bestimmt. Dann wurden Gefährtenausgewählt, die ihm helfen sollten, seinen Auftrag zu erfüllen: sich, wennirgend möglich, ins Land des Feindes nach Mordor einzuschleichen und dortden Ring ins Feuer des Flammenbergs zu werfen, worin allein er zerstört wer-den konnte. Die Gefährten waren Aragorn und Boromir, Sohn des Statthaltersvon Gondor, stellvertretend für die Menschen; Legolas, Sohn des Elbenkönigsaus dem Düsterwald, für die Elben; Gimli, Sohn Glóins vom Einsamen Berg,für die Zwerge; Frodo mit seinem Diener Samweis und seinen zwei jungen Vettern Meriadoc und Peregrin für die Hobbits; und Gandalf der Graue.

    In aller Heimlichkeit zogen die Gefährten von Bruchtal weit nach Süden. EinVersuch, das Hochgebirge im Winter auf dem Pass am Caradhras zu überschrei-ten, misslang; und dann führte Gandalf sie durch eine Geheimtür in die weit-räumigen Minen von Moria, auf der Suche nach einem Weg unter den Bergenhindurch. Im Kampf mit einem entsetzlichen Unterweltwesen stürzte Gandalf

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  • J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

    dort in einen dunklen Abgrund. Doch Aragorn, der sich nun als der geheimeErbe der alten Könige des Westens zu erkennen gegeben hatte, führte dieGefährten weiter: vom Osttor von Moria in das Elbenland Lórien, dann dengroßen Anduinstrom abwärts bis zu den Rauros-Fällen. Schon da hatten siebemerkt, dass sie von Spähern beobachtet wurden und dass Gollum, eine Kreatur, die den Ring einmal besessen hatte und ihn immer noch begehrte,ihnen auf der Spur war.

    Nun wurde es notwendig, sich zu entscheiden, ob sie ostwärts nach Mordoroder mit Boromir nach Minas Tirith gehen sollten, um Gondors Hauptstadt im bevorstehenden Krieg verteidigen zu helfen. Oder sollten sie sich trennen?Als deutlich wurde, dass der Ringträger entschlossen war, das hoffnungsloseUnternehmen bis ins Feindesland fortzusetzen, versuchte Boromir, den Ringmit Gewalt an sich zu bringen. Der erste Teil endete damit, dass Boromir derVerlockung des Rings erlag, während Frodo und sein Diener Samweis sichheimlich davonmachten und die anderen Gefährten durch einen plötzlichenÜberfall von Orksoldaten getrennt wurden, die teils im Dienst des DunklenHerrschers von Mordor, teils des Verräters Saruman in Isengard standen. Das Unglück schien die Fahrt des Ringträgers schon ereilt zu haben.

    Der folgende Teil, Die zwei Türme, berichtet nun, wie es jedem der Gefährtennach der Auflösung ihrer Fahrtgemeinschaft erging, bis zum Anbruch der großen Finsternis und dem Beginn des Ringkrieges, von dem im dritten undletzten Teil zu berichten sein wird.

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  • Anhänge

    Angaben zu den Quellen für die meisten der in diesem und den folgendenAnhängen (besonders A bis D) zu behandelnden Stoffe finden sich in der Anmerkung über die auenländischen Geschichtsbücher am Ende des Prologs.

    Die in den Quellen enthaltenen Sagen, Erzählungen und Berichte sind sehrumfangreich. Nur Auszüge aus ihnen, zumeist stark verkürzt, werden hier wieder-gegeben. Unser Zweck dabei ist vor allem, den Ringkrieg und seine Ursprüngezu verdeutlichen und manche Lücken in der Haupterzählung zu schließen. Diealten Sagen aus dem Ersten Zeitalter, denen Bilbos besondere Aufmerksamkeitgalt, werden nur sehr kurz behandelt, da sie von den Vorfahren Elronds undder númenórischen Könige und Stammesfürsten berichten. Wörtliche Auszügeaus längeren Geschichtswerken und Erzählungen erscheinen in Anführungs-zeichen, Hinzufügungen von späterer Hand in eckigen Klammern. Auch Zitatein den Fußnoten, soweit in Anführungszeichen, stammen aus den Quellen.Andere Fußnoten sind vom Herausgeber.

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  • Die angegebenen Jahreszahlen beziehen sich auf das Dritte Zeitalter, soweitsie nicht mit Z. Z. (Zweites Zeitalter) oder V. Z. (Viertes Zeitalter) gekenn-zeichnet sind. Das Dritte Zeitalter galt mit dem Scheiden der Drei Ringe imSeptember 3021 als beendet; doch für die amtlichen Aufzeichnungen in Gondorbegann das erste Jahr des Vierten Zeitalters mit dem 25. März 3021. In den Listen der Könige und Herrscher bezeichnen die Zahlen nach den Namen,sofern nur eine angegeben wird, das Todesjahr. Das Zeichen † bedeutet vor-zeitiger Tod, in der Schlacht oder auf andere Weise, auch wenn keine Jahreszahlbekannt ist.

    Aus platztechnischen Gründen haben wir die Anhänge gedrittelt. Im ersten Teil Die Gefährtensind folgende Passagen zu finden:Anhang A, 1: Die núménorischen Könige 1-4Anhang F, 1: Die Sprachen und Völker des Dritten Zeitalters

    2: Zur Übersetzung

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  • Anhang A

    Annalen der Könige und Herrscher

    II Das Haus Eorl

    »Eorl der Junge war der Fürst der Menschen von Éothéod. Dieses Land lag nahbei den Quellen des Anduin zwischen den fernsten Ausläufern der Nebelbergeund den nördlichsten Teilen des Düsterwaldes. In dieses Gebiet waren dieÉothéod zur Zeit König Earnils II. aus den Landen im Anduintal zwischen Car-rock und Schwertel gezogen; und sie waren ihrer Herkunft nach den Beornin-gern und den Menschen an den Westrändern des Waldes nah verwandt. EorlsVorväter behaupteten, von den Königen von Rhovanion abzustammen, derenReich vor den Invasionen der Wagenfahrer östlich des Düsterwalds gelegen hat-te; und daher bezeichneten sie sich als Verwandte der Könige von Gondor, dievon Eldacar abstammten. Sie liebten die Ebenen und hatten Freude an Pferdenund allen Reiterkünsten; doch in den Tälern am mittleren Anduin lebtendamals sehr viele Menschen, und außerdem wurde der Schatten von Dol Guldurimmer länger. Als sie von der Niederwerfung des Hexenkönigs erfuhren, such-ten sie daher im Norden neuen Raum zu gewinnen und vertrieben die Überres-te des Volks von Angmar von der Ostseite des Gebirges. Doch zur Zeit von EorlsVater Léod waren sie schon wieder sehr zahlreich geworden und fühlten sichauch in ihrer neuen Heimat ein wenig beengt.

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  • Im zweitausendfünfhundertzehnten Jahr des Dritten Zeitalters sah sich Gondoreiner neuen Gefahr gegenüber. Eine große Schar wilder Menschen aus demNordosten verheerte Rhovanion, kam durch die Braunen Lande bis zum Anduinund setzte mit Flößen über. Zufällig oder auf Verabredung stiegen zur gleichenZeit die Orks (die damals, vor ihrem Krieg mit den Zwergen, sehr zahlreichwaren) von den Bergen herab. Die Eindringlinge überrannten Calenardhon,und Gondors Statthalter Cirion schickte nach Norden um Hilfe; denn eine alteFreundschaft verband die Menschen aus dem Anduintal mit denen von Gondor.Doch im Flusstal gab es nur noch wenige, und die wohnten verstreut und tatendas Wenige, das sie tun konnten, nur zögernd. Schließlich erreichte GondorsHilferuf auch Eorl, und obwohl es fast schon zu spät war, machte er sich miteinem großen Reiterheer auf den Weg.

    So kam er zur Schlacht auf dem Feld des Celebrant, wie man das Wiesenlandzwischen Silberlauf und Limklar nannte. Gondors Nordheer war dort in Nöten.Im Wold besiegt und vom Süden abgeschnitten, war es über den Limklar getriebenworden und wurde dort unversehens von einem Orkheer angegriffen und zumAnduin hingedrängt. Alle Hoffnung war schon dahin, als unerwartet die Reiteraus dem Norden kamen und sich auf die Nachhut der Feinde stürzten. DasSchlachtenglück wendete sich, und unter Gemetzeln wurden die Feinde überden Limklar zurückgetrieben. An der Spitze seiner Männer nahm Eorl die Ver-folgung auf, und der Schrecken, der den Nordmännern vorausging, trieb auchdie Eindringlinge im Wold in kopflose Flucht, und die Reiter hetzten sie überdie Ebenen von Calenardhon.«

    19J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • Diese Gegend hatte seit der Pest nur noch wenige Bewohner, und von diesenhatten die wilden Ostlinge die meisten niedergemetzelt. Daher trat Cirion nunCalenardhon vom Anduin bis zum Isen an Eorl und sein Volk ab, zum Lohnfür ihre Hilfe; und sie holten von Norden ihre Frauen und Kinder und ihreHabe herbei und ließen sich in dem Lande nieder. Sie gaben ihm einen neuenNamen, die Reiter- oder Riddermark, und sich selbst nannten sie die Eorlin-gas; in Gondor aber nannte man ihr Land jetzt Rohan und seine Bewohner dieRohirrim (»Pferdeherren«). So wurde Eorl der erste König der Mark, undzum Wohnsitz nahm er einen grünen Hügel am Fuß des Weißen Gebirges, dasden südlichen Grenzwall seines Landes bildete. Dort lebten die Rohirrim fortanals ein freies Volk mit eigenen Königen und Gesetzen, doch immer im Bündnismit Gondor.

    »Viele Fürsten und Krieger und viele schöne und tapfere Frauen werden inden Liedern von Rohan genannt, die ihrer Zeit im Norden gedenken. Frumgar,heißt es dort, war der Name des Häuptlings, der sein Volk nach Éothéod führte.Von seinem Sohn Fram wird berichtet, dass er den großen Drachen Scatha ausden Ered Mithrin tötete; und danach hatte das Land von diesen LangwürmernRuhe. Fram kam dabei zu großem Reichtum, aber auch zu einer Fehde mit denZwergen, die Anspruch auf den Drachenhort erhoben. Fram gönnte ihnen keinenPfennig und schickte ihnen dafür ein Halsband aus Scathas Zähnen, mit denWorten: ›Juwelen wie diese habt ihr nicht in euren Schatzkammern, denn siesind schwer zu bekommen.‹ Manche sagen, Fram sei für diesen Spott von denZwergen getötet worden. Zwischen den Éothéod und den Zwergen bestand keineFreundschaft.

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  • Eorls Vater hieß Léod. Er zähmte wilde Pferde, denn davon gab es damalsviele im Land. Er fing ein weißes Fohlen, und es wuchs rasch zu einem starken,stolzen und schönen Hengst heran. Niemand konnte ihn zähmen. Als Léod ihnzu besteigen wagte, ging er mit ihm durch und warf ihn schließlich ab, wobeiLéod mit dem Kopf auf einen Felsen prallte und starb. Er war erst zweiundvier-zig Jahre alt und sein Sohn ein sechzehnjähriger Jüngling.

    Eorl gelobte, seinen Vater zu rächen. Lange stellte er dem Hengst nach, undendlich bekam er ihn zu Gesicht. Seine Begleiter erwarteten, dass er versuchenwerde, sich ihm bis auf Bogenschussweite zu nähern und ihn zu töten. Doch alssie nah heran waren, stand Eorl auf und rief mit lauter Stimme: ›Komm her,Mannsfluch, und empfange einen neuen Namen!‹ Zu ihrem Erstaunen blicktedas Pferd zu Eorl hin, kam herbei und blieb vor ihm stehen. Eorl sagte: ›Fela-róf nenn’ ich dich. Du liebtest deine Freiheit, und daraus mach’ ich dir keinenVorwurf. Aber nun schuldest du mir Wergeld, und dafür sollst du mir bis andein Lebensende deine Freiheit preisgeben.‹

    Dann saß Eorl auf, und Felaróf ließ es sich gefallen; und ohne Zaum undZügel ritt Eorl auf ihm heim; und so ritt er ihn von da an immer. Der Hengstverstand alles, was Menschen sagten, ließ aber niemanden aufsitzen außer Eorl.Auf Felaróf ritt Eorl zum Feld des Celebrant; denn das Pferd erwies sich alsebenso langlebig wie die Menschen, und das galt auch für seine Nachkommen.Dies waren die mearas, die bis zur Zeit Schattenfells niemanden trugen außerdem König der Mark und seinen Söhnen. Von ihnen sagten die Menschen,Béma (den die Eldar Orome nennen) müsse ihren Stammvater aus dem Westenübers Meer gebracht haben.

    21J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • Von den Königen der Mark zwischen Eorl und Théoden wird am meistenüber Helm Hammerhand berichtet. Er war ein grimmiger Recke von großerKörperkraft. Zu seiner Zeit lebte ein Mann namens Freca, der sich rühmte, vonKönig Fréawine abzustammen, obwohl er, wie es hieß, viel dunländisches Blutin den Adern hatte und dunkelhaarig war. Er wurde reich und mächtig, denn erbesaß viel Land beiderseits des Adorn1. Nah an der Quelle des Flusses baute ersich eine Burg und schenkte dem König wenig Beachtung. Helm misstrauteihm, berief ihn aber zu seinen Ratsversammlungen; und Freca kam, wenn esihm passte.

    Zu einer dieser Versammlungen kam Freca mit vielen Männern und hielt fürseinen Sohn Wulf um die Hand von Helms Tochter an. Doch Helm sagte: ›Dubist groß geworden, seit du zuletzt hier warst; aber das meiste ist Fett, nehme ichan.‹ Und die Männer lachten, denn Freca war von stattlichem Leibesumfang.

    Da wurde Freca wütend, beschimpfte den König und sagte schließlich: ›AlteKönige, die eine angebotene Stütze abweisen, fallen am Ende auf die Knie.‹Helm antwortete: ›Hör auf! Die Heirat deines Sohnes ist Nebensache. Damitkönnen Helm und Freca sich später befassen. Einstweilen haben der König undseine Ratsherren Wichtigeres zu besprechen.‹

    Als die Beratung vorüber war, stand Helm auf, legte Freca seine schwerePranke auf die Schulter und sagte: ›In seinem Hause duldet der König keinenStreit, aber draußen ist man freier‹; und er zwang Freca, vor ihm herzugehen,aus Edoras hinaus aufs freie Feld. Zu Frecas Gefolgsmännern, die herbeieilten,sagte er: ›Bleibt fort! Wir brauchen keine Zuhörer. Wir haben eine rein per-sönliche Angelegenheit zu besprechen. Geht und redet mit meinen Männern!‹

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    1 Fließt von der Westseite der Ered Nimrais in den Isen.

  • Und sie schauten sich um und sahen, dass die Männer des Königs und seineFreunde weit in der Überzahl waren, und sie zogen sich zurück.

    ›Nun, Dunländer‹, sagte der König, ›jetzt hast du es nur mit Helm zu tun,allein und unbewaffnet. Doch du hast schon viel geredet, und nun habe ich dasWort. Freca, deine Narrheit ist mit deinem Bauch gewachsen. Du sprachst voneiner Stütze. Wenn Helm die Krücke nicht mag, die man ihm aufdrängen will,dann zerbricht er sie. Und zwar so!‹ Und damit versetzte er Freca einen solchenFaustschlag, dass er betäubt umfiel und bald darauf starb.

    Dann erklärte Helm Frecas Sohn und seine näheren Anverwandten zu Fein-den des Königs; und sie machten, dass sie fortkamen, denn Helm schicktesogleich viele Reiter zu den Westgrenzen.«

    Vier Jahre später (2758) kam Rohan in höchste Not, und Gondor konntekeine Hilfe entsenden, denn es wurde von drei Flotten der Korsaren angegrif-fen und lag an allen Küsten im Krieg. Zugleich hatte Rohan mit Eindringlingenvon Osten zu kämpfen, und nun sahen die Dunländer ihre Gelegenheit undkamen über den Isen und von Isengard herunter. Bald wurde bekannt, dassWulf ihr Führer war. Ihr Heer war sehr stark, denn die Feinde Gondors, die anden Mündungen des Isen und des Lefnui gelandet waren, stießen zu ihnen.

    Die Rohirrim wurden besiegt, ihr Land überrannt; und alle, die nicht getötetoder versklavt wurden, flüchteten in die Gebirgstäler. Helm wurde mit großenVerlusten von den Isenfurten vertrieben und zog sich in die Hornburg und diedahinter liegende Schlucht zurück (die später Helms Klamm genannt wurde).Dort wurde er belagert. Wulf nahm Edoras ein, ließ sich in Meduseld niederund rief sich zum König aus. Helms Sohn Haleth fiel dort als Letzter von allenbei der Verteidigung der Türen.

    23J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • Bald darauf setzte der Lange Winter ein, und Rohan lag fast fünf Monate langunter Schnee (von November bis März 2758/59). Die Rohirrim, aber auch ihreFeinde, litten schwer unter der Kälte und der Hungersnot, die noch längeranhielt. In Helms Klamm hungerten sie schon seit Jul; und aus Verzweiflungunternahm Háma, Helms jüngerer Sohn, gegen den Rat seines Vaters einenAusfall, um Nahrung zu erbeuten, doch er und seine Männer gingen im Schneezugrunde. Helm wurde hager und grausam vor Hunger und Schmerz; undallein die Furcht vor ihm war bei der Verteidigung der Burg viele Männer wert.Ganz allein ging er bisweilen hinaus, in weißer Kleidung, schlich sich wie einSchneetroll ins Lager der Feinde und tötete so manchen mit bloßen Händen.Man glaubte, keine Waffe könne ihn verwunden, wenn er selbst keine Waffetrug. Die Dunländer sagten, wenn er keine andere Nahrung finde, fresse erMenschen: eine Geschichte, die sich in Dunland lange hielt. Er hatte ein großesHorn, und bald wurde bemerkt, dass er vor seinen Ausfällen laut hineinstieß,sodass es aus der Klamm widerhallte; und die Feinde packte dann eine solcheFurcht, dass sie ins Tal hinabflohen, statt sich zu sammeln und ihn zu greifenoder zu töten.

    Eines Nachts hörten ihn die Menschen in der Klamm sein Horn blasen, aberHelm kehrte nicht wieder. Am Morgen brach ein Sonnenstrahl durch die Wolken,der erste seit vielen Tagen; und dann sahen sie eine weiße Gestalt reglos aufdem Damm stehen, ganz allein, denn kein Dunländer wagte sich heran. Dastand Helm, steif gefroren, aber ungebeugt in den Knien. Doch sagte man, dasHorn sei noch immer bisweilen in der Klamm zu hören, und Helms Geist gehedann unter Rohans Feinden um und töte Männer durch den Schrecken.

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  • Bald darauf ließ der Winter nach. Dann kam Fréaláf, Helms Neffe, der Sohnseiner Schwester Hild, von Dunharg herab, wohin sich viele geflüchtet hatten;und mit einem kleinen Trupp verwegener Männer überraschte er Wulf inMeduseld, erschlug ihn und gewann Edoras zurück. Dann gab es große Über-schwemmungen nach der Schneeschmelze, und das Tal der Entwasser wurde zueinem riesigen Sumpf. Die Eindringlinge aus dem Osten versanken darin oderzogen sich zurück; und endlich kam auch Hilfe aus Gondor über die Straßennördlich und südlich des Gebirges. Bevor das Jahr (2759) zu Ende ging, warendie Dunländer vertrieben, sogar aus Isengard, und Fréaláf wurde König.

    Helm holte man von der Hornburg und bestattete ihn im neunten Grabhügelbei Edoras. Stets wuchsen dann die weißen Simbelmyne dort am dichtesten,sodass der Hügel wie schneebedeckt zu sein schien. Als Fréaláf gestorben war,wurde sein Grabhügel der erste einer neuen Reihe.«

    Der Krieg und die Hungersnot, der Verlust von Vieh und Pferden hatten dieRohirrim bedenklich geschwächt; und es war ein Glück, dass nun viele Jahrefolgten, in denen keine größere Gefahr sie heimsuchte, denn erst zur ZeitKönig Folcwines hatten sie ihre frühere Stärke wiedererlangt.

    Zu Fréaláfs Krönung kam Saruman mit Geschenken und Lobsprüchen überdie Tapferkeit der Rohirrim. Allen war er ein willkommener Gast. Bald daraufnahm er seinen Wohnsitz in Isengard. Dazu hatte ihm Beren die Erlaubnisgewährt, Gondors Statthalter, denn noch immer betrachtete Gondor die Fes-tung als Teil seines Reiches und nicht von Rohan. Beren gab Saruman auch dieSchlüssel des Orthanc in Verwahrung. Kein Feind hatte diesen Turm je zu bre-chen oder zu erstürmen vermocht.

    25J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

  • Auf diese Weise begann Saruman als ein Fürst der Menschen aufzutreten;denn zuerst hatte er Isengard nur als Burgvogt und Lehnsmann des Statthaltersinne. Aber Fréaláf war es ebenso recht wie Beren, Isengard in der Hand einesmächtigen Freundes zu wissen. Als Freund betrug Saruman sich lange Zeit, undvielleicht war er zu Anfang aufrichtig. Später allerdings bestand kaum mehr einZweifel, dass er sich in der Hoffnung dort niedergelassen hatte, den Orthanc-Stein noch vorzufinden, und mit der Absicht, sich ein eigenes Reich zu schaf-fen. Nach der letzten Sitzung des Weißen Rats (2953) hegte er gegen Rohanjedenfalls tückische Pläne, auch wenn er sie wohl verborgen hielt. Damals nahmer Isengard zu eigen und begann es in einen Schreckensort zu verwandeln,einen Wacht- und Wehrturm, als wollte er mit dem Barad-dûr wetteifern.Unter allen, die mit Gondor und Rohan in Feindschaft lebten, warb er sichFreunde und Diener an, ob Menschen oder andere, noch schlimmere Kreaturen.

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  • Die Könige der Mark

    Erste Linie

    Jahr22485–2545 1. Eorl der Junge. So nannte man ihn, weil er seinem Vater schon als

    Jüngling nachfolgte und weil er bis zum Ende seiner Tage hellblond und rotwangig blieb. Sehr alt wurde er nicht, denn beieinem erneuten Angriff der Ostlinge fiel er in der Schlacht imWold. Der erste Grabhügel wurde aufgeworfen, in dem auch Felaróf liegt.

    2512–2570 2. Brego. Er vertrieb die Feinde aus dem Wold, und Rohan hatteviele Jahre lang Ruhe. 2569 wurde die große Halle von Meduseldfertig. Bei der Einweihung gelobte sein Sohn Baldor, er werde die»Pfade der Toten« beschreiten. Baldor kehrte nicht zurück3, undim Jahr darauf starb Brego vor Kummer.

    2544–2645 3. Aldor der Alte. Bregos zweiter Sohn. Der Alte nannte man ihn,weil er sehr lange lebte und 75 Jahre König war. Während seinerZeit vermehrten sich die Rohirrim und vertrieben oder unterwar-fen die letzten Dunländer, die noch östlich des Isen lebten. Das Hargtal und andere Gebirgstäler wurden besiedelt.

    27J.R.R. Tolkien Der Herr der Ringe – Die zwei Türme

    2 Jahreszahlen nach der Zeitrechnung von Gondor (Drittes Zeitalter). Die Zahlen am Rand bezeichnen Geburts- und Todesjahr.

    3 Vgl. III

  • Über die nächsten drei Könige wird wenig gesagt, denn unterihnen blühte und gedieh Rohan in Frieden.

    2750–2659 4. Fréa. Aldors ältester Sohn, doch erst sein viertes Kind; er warschon alt, als er König wurde.

    2594–2680 5. Freawine.2619–99 6. Goldwine.2644–2718 7. Déor. Zu seiner Zeit unternahmen die Dunländer oft Vorstöße

    über den Isen. 2710 besetzten sie den verlassenen Ring von Isen-gard und konnten nicht wieder vertrieben werden.

    2668–2741 8. Gram.2691–2759 9. Helm Hammerhand. Am Ende seiner Regierungszeit erlitt Rohan

    schwere Verluste durch Invasionen und den Langen Winter. Helmund seine Söhne Haleth und Háma kamen um. Helms NeffeFréaláf wurde König.

    Zweite Linie

    2726–2798 10. Fréaláf Hildesohn. Zu seiner Zeit kam Saruman nach Isengard,von wo die Dunländer nun vertrieben worden waren. In denTagen der Not und Schwäche nach dem Krieg kam den Rohirrimseine Freundschaft anfangs zugute.

    2752–2842 11. Brytta. Sein Volk nannte ihn Léofa, denn er war bei allen beliebt,freigebig und hilfsbereit gegen jeden Bedürftigen. Zu seiner Zeit gab es Krieg mit den Orks, die nach ihrer Vertreibungaus dem Norden im Weißen Gebirge Zuflucht suchten. Als erstarb, glaubte man, sie alle verjagt zu haben, aber das stimmte nicht.

    28

  • 2780–2851 12. Walda. Er regierte nur neun Jahre. Er wurde mit allen seinenBegleitern getötet, als er, von Dunharg über Gebirgspfade reitend,in einen Hinterhalt der Orks geriet.

    2804–64 13. Folca. Er war ein großer Jäger, schwor aber, kein wildes Tiermehr zu jagen, solange noch ein Ork in Rohan sei. Als die letztenOrks in ihrem Versteck aufgespürt und vernichtet worden waren,ging er auf Jagd nach dem großen Eber von Everholt im Firien-wald. Er erlegte das Tier, starb aber an den Wunden, die ihmdessen Hauer beigebracht hatten.

    2830–2903 14. Folcwine. Als er König wurde, hatten sich die Rohirrim wiedererholt. Er eroberte die Westmark zurück (zwischen Adorn undIsen), die die Dunländer besetzt hatten. In den schlimmen Zeitenhatte Rohan viel Hilfe von Gondor erhalten. Als er erfuhr, dassdie Haradrim mit starken Kräften Gondor angriffen, schickte erdaher dem Statthalter ein starkes Heer zu Hilfe. Er wollte es selbstanführen, ließ sich aber davon abbringen und schickte stattdessenseine beiden Söhne, die Zwillinge Folcred und Fastred (geboren2858). Sie fielen Seite an Seite in einer Schlacht in Ithilien (2885).Túrin II. von Gondor sandte Folcwine ein hohes Wergeld in Gold.

    2870–2953 15. Fengel. Er war Folcwines dritter Sohn und sein viertes Kind.Seiner wird nicht rühmend gedacht. Er war gefräßig und goldgie-rig, hatte Streit mit seinen Marschällen und seinen Kindern.Thengel, sein einziger Sohn und sein drittes Kind, verließ Rohanim ersten Mannesalter und lebte lange in Gondor, wo er in Tur-gons Dienst Ehren errang.

    29

  • 2905–80 16. Thengel. Er nahm lange keine Frau, aber 2943 heiratete er inGondor Morwen von Lossarnach, obwohl sie siebzehn Jahre jün-ger war als er. In Gondor gebar sie ihm drei Kinder. Das zweite,Théoden, war sein einziger Sohn. Nach Fengels Tod riefen dieRohirrim ihn zurück, und er kehrte widerstrebend heim. Doch ererwies sich als ein guter und kluger König; allerdings missfiel esmanchen, dass man sich in seinem Haus der Sprache von Gondorbediente. In Rohan gebar Morwen ihm noch zwei Töchter. Diejüngste, Théodwyn, obwohl sehr spät (2963) als Kind seinesAlters geboren, war die schönste und wurde von ihrem Bruderinnig geliebt.Bald nach Thengels Rückkehr erklärte Saruman sich zum Fürstenvon Isengard und fing an, Schwierigkeiten zu machen: Er verletz-te Rohans Grenzen und gewährte Rohans Feinden Unterstützung.

    2948–3019 17. Théoden. In der Überlieferung von Rohan heißt er ThéodenEdnew, denn unter Sarumans Zauber wurde er hinfällig; dochvon Gandalf geheilt, erstarkte er wieder, und in seinem letztenLebensjahr raffte er sich auf und führte sein Heer zum Sieg beider Hornburg und wenig später auf den Feldern des Pelennor, inder größten Schlacht des Zeitalters. Er fiel vor dem Tor vonMundburg. Eine Zeit lang ruhte er im Land seiner Geburt zwi-schen den toten Königen von Gondor, dann aber wurde er heim-geholt und in Edoras in den achten Hügel seiner Linie gebettet.Darauf begann eine neue Linie.

    30

  • Dritte Linie

    Im Jahr 2989 heirateten Théodwyn und Éomund von der Ostfold, deroberste Marschall der Mark. Ihr Sohn Éomer wurde 2991 geboren, ihre TochterÉowyn 2995. Zu der Zeit war Sauron wieder erstarkt, und Mordors Schattenreichte bis nach Rohan. Orks begannen die östlichen Gebiete zu überfallen, umPferde zu stehlen oder zu töten. Andere kamen vom Nebelgebirge herunter,viele davon große Uruks in Sarumans Diensten, wovon man freilich noch langenichts ahnte. Éomund hatte vor allem die Ostgrenzen zu bewachen. Er war einPferdenarr und ein erbitterter Feind der Orks. Wenn er Nachricht von einemÜberfall bekam, ritt er oft wutentbrannt gegen sie aus, ohne Vorsichtsmaßnah-men und mit nur wenigen Männern. Das kostete ihn im Jahr 3002 das Leben:Er verfolgte eine kleine Bande bis an den Fuß der Emyn Muil und wurde dortvon einem starken Trupp überrascht, der zwischen den Felsen auf der Lauer lag.

    Nicht lange darauf erkrankte Théodwyn und starb, zum großen Kummer desKönigs. Er nahm ihre Kinder in sein Haus und nannte sie Sohn und Tochter.Er selbst hatte nur ein Kind, Théodred, seinen damals vierundzwanzigjährigenSohn, denn Königin Elfhild war im Kindbett gestorben, und Théoden heiratetenicht wieder. Éomer und Éowyn wuchsen in Edoras auf und sahen, wie sich derSchatten auf Théodens Halle senkte. Éomer war wie seine Väter; doch Éowynwar groß und schlank, anmutig und stolz wie ihre Mutter Morwen von Lossar-nach, die von den Rohirrim Stahlglanz genannt worden war.

    31

  • 2991–V. Z. 63 (3084) Éomer Éadig. Schon als junger Mann wurde er Mar-schall der Mark, mit dem Aufgabenbereich seines Vaters an den Ostgrenzen. Im Ringkrieg fiel Théodred im Kampf gegen Sarumans Truppen an den Isen-furten. Daher benannte Théoden, bevor er auf dem Pelennor starb, Éomer alsseinen Erben und rief ihn zum König aus. An diesem Tag gewann auch ÉowynRuhm, denn sie war in Verkleidung mitgeritten und nahm an der Schlacht teil;und nachher nannte man sie in der Mark die Frau mit dem Schildarm.4

    Éomer wurde ein großer König, und weil er noch jung war, als er ThéodensNachfolge antrat, regierte er fünfundsechzig Jahre lang, länger als alle Königevor ihm bis auf Aldor den Alten. Im Ringkrieg schloss er Freundschaft mitKönig Elessar und mit Imrahil von Dol Amroth; und oft ritt er nach Gondor.Im letzten Jahr des Dritten Zeitalters heiratete er Imrahils Tochter Lothíriel.Ihr Sohn Elfwine der Schöne wurde sein Nachfolger.

    Zu Éomers Zeit hatten die Menschen in der Mark Frieden, wenn sie Friedenhaben wollten, und in den Tälern und Ebenen vermehrte sich das Volk, undauch die Pferde vermehrten sich. In Gondor regierte nun König Elessar, eben-so in Arnor; und in allen Landen des alten Reiches war er König, außer inRohan; denn er erneuerte Cirions Landabtretung, und Éomer erneuerte EorlsEid. Oft erfüllte er ihn. Denn zwar war Sauron nicht mehr da, doch das Unheilund die Feindschaften, die er gestiftet hatte, waren nicht erloschen; und der

    32

    4 Denn ihr Schildarm war unter dem Keulenhieb des Hexenkönigs gebrochen; dann aber machte sie ihren Feindzunichte, und so erfüllte sich, was Glorfindel einst zu König Earnur gesagt hatte: dass der Hexenkönig von keinesMannes Hand fallen werde. Und in den Liedern der Mark heißt es, Théodens Knappe habe Éowyn bei ihrer Tat beigestanden, und auch er war kein »Mann« – jedenfalls kein ganzer –, sondern ein Halbling aus einem fernenLand, obwohl ihm Éomer später hohe Ehren in der Mark erwies und ihm den Namen Holdwine beilegte.[Dieser Holdwine war niemand anders als Meriadoc der Prächtige, der spätere Herr von Bockland.]

  • 5 Vgl. Der Hobbit, S. 64.

    König des Westens musste noch viele Feinde unterwerfen, ehe der Weiße Baumin Frieden wachsen konnte. Und wann immer König Elessar in den Krieg zog,zog König Éomer mit ihm; und selbst jenseits des Meers von Rhûn und auf denfernen Ebenen des Südens hörte man den donnernden Hufschlag seiner Reiter;und bis Éomer alt wurde, flatterte das weiße Pferd im grünen Feld noch in vielenWinden.

    III Durins Volk

    Über die Herkunft der Zwerge werden seltsame Geschichten erzählt, sowohl vonden Eldar als auch von den Zwergen selbst; doch weil diese Ereignisse weit vorunserer Zeit liegen, sei hier nicht viel dazu gesagt. Durin ist der Name derZwerge für den ältesten der Sieben Väter ihres Volkes und den Vorfahren allerKönige der Langbärte.5 Er ruhte allein in den Tiefen der Zeit bis zum Erwa-chen seines Volkes und kam ins Azanulbizar, und in den Höhlen oberhalb desKheled-zâram, an der Ostseite des Nebelgebirges, nahm er seinen Wohnsitz,dort, wo später die aus den Liedern bekannten Minen von Moria waren.

    Er lebte so lange, dass man ihn weit und breit als Durin den Unsterblichenkannte. Tatsächlich aber starb er vor dem Ende der Ältesten Tage, und seinGrab war in Khazad-dûm; doch sein Geschlecht erlosch nie; und fünfmal wurdein seinem Hause ein Erbe geboren, der seinem Ahnherrn so ähnlich sah, dasser den Namen Durin erhielt. Die Zwerge glaubten, dass er wirklich der wieder-

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  • gekehrte Unsterbliche sei; aber sie behaupten viel Sonderbares über sich selbstund ihr Geschick in der Welt.

    Khazad-dûm gewann nach dem Ersten Zeitalter viel an Macht und Wohlstandhinzu, denn es wurde bereichert durch viele Zwerge und das Wissen und Kön-nen, das sie mitbrachten, als die alten Städte Nogrod und Belegost in den Blau-en Bergen bei der Zerstörung von Thangorodrim in Trümmer fielen. Moriawahrte seine Macht auch während der Dunklen Jahre unter Saurons Herrschaft,denn obwohl Eregion verwüstet war und die Tore von Moria verschlossen blei-ben mussten, waren seine Gewölbe doch zu tief und stark und von zu vielenstreitbaren Zwergen bewohnt, als dass Sauron sie von außen hätte erobern kön-nen. So blieben seine Schatzkammern lange ungeplündert, obwohl sein Volkallmählich dahinschwand.

    Und wie es sich traf, war um die Mitte des Dritten Zeitalters wieder ein DurinKönig, der sechste dieses Namens. Morgoths Diener Sauron erlangte damalsvon neuem Macht in der Welt; allerdings gab sich der Schatten in dem Wald,der Moris gegenüberlag, noch nicht zu erkennen. Alle Unwesen begannen sichzu regen. Die Zwerge schürften zu jener Zeit sehr tief unter dem Barazinbarnach Mithril, dem unschätzbaren teuren Metall, das mit jedem Jahr schwerer zufinden war.6 Dabei weckten sie einen Gräuel aus dem Schlaf 7, der sich seit sei-ner Flucht aus Thangorodrim hier auf dem Grund der Erde vor dem Heer desWestens verborgen hatte: ein Balrog aus Morgoths Gefolge. Durin wurde vonihm getötet, und im Jahr darauf Náin I., sein Sohn; und dann war es aus mitder Pracht von Moria, und sein Volk wurde vernichtet oder suchte das Weite.

    34

    6 I.7 Oder vielleicht befreiten sie es auch nur aus seiner Gefangenschaft; es kann sein, dass Sauron es in tückischer

    Absicht schon geweckt hatte.

  • 8 Vgl. Der Hobbit.9 Vgl. Der Hobbit.

    Die meisten, die entkommen waren, zogen nach Norden, und Thráin I.,Náins Sohn, kam zum Erebor, dem Einsamen Berg nah am Ostsaum des Düster-walds; und dort begann er zu graben und wurde König unter dem Berge. ImErebor fand er ein großes Juwel, den Arkenstein, das Herz des Berges.8 Dochsein Sohn Thorin I. zog weiter in den hohen Norden, ins Graue Gebirge, wosich die meisten von Durins Volk nun sammelten; denn die Berge waren erz-reich und wenig erforscht. Doch in den Einöden dahinter hausten Drachen,und nach etlichen Jahren wurden sie wieder stark und vermehrten sich; siebekriegten die Zwerge und plünderten ihre Werkstätten. Schließlich wurdenDáin I. und sein zweiter Sohn Frór vor der Tür ihrer Halle von einem großenKaltdrachen getötet.

    Nicht lange darauf verließen die meisten von Durins Volk das Graue Gebirge.Grór, Dáins Sohn, zog mit einem großen Gefolge zu den Eisenbergen; dochThrór, Dáins Erbe, kehrte mit Borin, dem Bruder seines Vaters, und dem Restdes Volkes zum Erebor zurück. Der Arkenstein kehrte heim in Thráins großeHalle, und Thrór und sein Volk machten sich an die Arbeit. Sie wurden reichund gewannen die Menschen, die in der Nähe wohnten, zu Freunden. Denn sieschufen nicht nur schöne und wunderbare Dinge, sondern auch Waffen undRüstungen von hohem Wert; und der Erzhandel zwischen ihnen und ihren Ver-wandten in den Eisenbergen florierte. So erstarkten die Nordmenschen, diezwischen den Flüssen Celduin (Eilend) und Carnen (Rotwasser) wohnten, undkonnten ihre Feinde in den Osten zurückdrängen. Die Zwerge lebten in Sausund Braus, und in den Hallen unterm Erebor wurde gezecht und gesungen.9

    35

  • Aber die Gerüchte, dass am Erebor viel zu holen sei, gingen weit herum undkamen auch den Drachen zu Ohren; und eines Tages stieg Smaug der Goldenein die Luft auf, der größte Drache seiner Zeit, und fiel unversehens Flammenspeiend über König Thrór und sein Reich unter dem Berge her. Nicht lange,und er hatte alles vernichtet, und auch die benachbarte Stadt Thal lag in Trüm-mern und war von ihren Bewohnern verlassen. Smaug aber kroch in die großeHalle und bettete sich auf einen Haufen Gold.

    Viele von Thrórs Volk retteten sich aus den Trümmern und Flammen; undals Letzte entkamen Thrór selbst und sein Sohn Thráin II. durch eine geheimeTür aus ihren Hallen. Sie zogen mit ihrer Familie10 nach Süden, zu einer langenobdachlosen Wanderschaft. Mit ihnen ging auch eine kleine Gruppe von ent-fernteren Verwandten und treuen Gefolgsleuten.

    Jahre später, als Thrór inzwischen alt, arm und verzweifelt war, gab er seinemSohn Thráin das einzige große Kleinod, das er noch besaß, den letzten der Sie-ben Ringe. Dann ging er fort, mit nur einem alten Gefährten namens Nár alsBegleiter. Über den Ring sagte er zu Thráin beim Abschied:

    »Der könnte für dich noch zum Grundstock neuen Reichtums werden, so wenigwahrscheinlich es auch sein mag. Aber er braucht Gold, um Gold zu hecken.«

    »Du willst doch nicht etwa zum Erebor zurückkehren?« sagte Thráin.»Nicht in meinem Alter«, sagte Thrór. »Unsere Rache an Smaug überlasse ich

    dir und deinen Söhnen. Aber ich habe die Armut satt und die Geringschätzungvonseiten der Menschen. Mal sehn, was ich finden kann!« Er sagte nicht, wo.

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    10 Darunter auch die Kinder Thráins II.: Thorin (Eichenschild), Frerin und Dís. Thorin war damals nach den Vorstellun-gen der Zwerge noch ein Jüngling. Später erfuhr man, dass sich von dem Volk unterm Berge mehr hatten rettenkönnen, als man zuerst zu hoffen gewagt hatte; aber die meisten waren zu den Eisenbergen gezogen.

  • Vielleicht hatten Alter und Unglück und das lange Grübeln über die Herr-lichkeit von Moria zur Zeit seiner Ahnen seinen Verstand ein wenig getrübt;oder vielleicht war es auch der Ring, der nun, da sein Herr sich regte, tückischwurde und Thrór zu Dummheiten und in den Untergang trieb. Aus Dunland,wo er damals lebte, ging er mit Nár nach Norden, und dann überschritten sieden Rothornpass und kamen hinunter ins Azanulbizar.

    Als er vor dem Tor von Moria stand, war es offen. Nár flehte ihn an, vorsich-tig zu sein, aber er hörte nicht auf ihn und ging hinein, ein stolzer Erbe, der zuseinem Besitz heimkehrt. Er kam nicht wieder heraus. Viele Tage lang hielt Nársich in der Nähe versteckt. Eines Tages hörte er lautes Rufen und einen Horn-stoß, und eine Leiche wurde auf die Stufen vor dem Tor geworfen. In derBefürchtung, dass es Thrór war, schlich er näher hinzu, aber gleich darauf riefihn eine Stimme von innerhalb des Tors an:

    »Komm nur, Bärtling! Wir sehn dich. Aber heute hast du nichts zu befürch-ten. Wir brauchen dich als Boten.«

    Da trat Nár heran und sah, dass es in der Tat Thrórs Leiche war, aber derKopf war abgehauen und lag mit dem Gesicht zuunterst. Als er sich hinkniete,hörte er die Orks hinterm Tor lachen, und die Stimme sagte:

    »Wenn ein Bettler nicht an der Tür wartet, sondern sich einschleicht, um zustehlen, dann ergeht es ihm so. Und mit jedem von euch, der noch mal seinenstinkenden Bart hier hereinsteckt, machen wir’s genauso. Geh jetzt und sag dasdeinen Leuten. Aber wenn seine Familie wissen will, wer hier König ist: DerName steht ihm ins Gesicht geschrieben. Von meiner Hand. Ich hab ihn getö-tet. Ich bin der Chef hier.«

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  • Nár drehte den Kopf um und sah auf der Stirn, in Zwergenrunen einge-brannt, den Namen AZOG.11 Der Name brannte sich ihm ins Herz, ihm undspäter allen Zwergen. Er bückte sich und wollte den Kopf aufheben, aber AzogsStimme sagte:

    »Lass die Finger davon! Verschwinde! Hier ist dein Botenlohn, Bettelbart.«Ein kleiner Beutel wurde ihm hingeworfen. Er enthielt ein paar Münzen vongeringem Wert.

    Weinend floh Nár am Silberlauf entlang talabwärts; aber einmal blickte ersich um und sah, dass die Orks nun aus dem Tor gekommen waren, die Leichein Stücke hackten und den Krähen vorwarfen.

    Und so erfuhr es Thráin, dem Nár alles berichtete. Er weinte und raufte sichden Bart; dann verstummte er. Sieben Tage lang saß er da und sagte kein Wort.Dann stand er auf und sagte: »Dies kann nicht hingenommen werden.« Unddamit begann der lange und blutige Krieg der Zwerge mit den Orks, derzumeist tief unter der Erde ausgefochten wurde.

    Thráin schickte sogleich Boten mit der Nachricht nach Norden, Osten undWesten; aber es dauerte drei Jahre, bis die Zwerge ihr Heer beisammen hatten.Von Durins Volk kamen alle Waffenfähigen, und auch aus den Häusern deranderen Zwergenväter wurden ihnen große Scharen zu Hilfe geschickt; denn die Schmach, die man dem Erben ihres ältesten Urahns zugefügt hatte, erfülltesie alle mit Zorn. Als alles bereit war, griffen sie alle Orkfestungen an, die siefanden, eine nach der andern, von Gundabad bis zum Schwertel, stürmten undzerstörten sie. Beide Seiten kannten kein Erbarmen, und es gab Gemetzel und

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    11 Azog war Bolgs Vater; vgl. Der Hobbit.

  • 12 Es heißt, Thorin habe seinen gespaltenen Schild weggeworfen und sich mit der Axt einen Eichenast abgehauen.Diesen hielt er in der linken Hand, um die Streiche der Feinde abzuwehren oder um ihn als Keule zu gebrauchen.So kam er zu seinem Namen.

    Gräueltaten im Dunkeln und am helllichten Tage. Die Zwerge aber siegten dankihrer Körperkraft, ihrer unvergleichlichen Waffen und ihrer glühenden Wut,denn in jeder Höhle unter dem Gebirge suchten sie nach Azog.

    Zuletzt hatten sich alle Orks, die vor ihnen geflüchtet waren, in Moria gesam-melt, und das Zwergenheer, das sie verfolgte, drang ins Azanulbizar ein, dasgroße Tal zwischen den Gebirgszügen um den See Kheled-zâram, das einst zumKönigreich von Khazad-dûm gehört hatte. Als die Zwerge das Tor zu ihrenalten Palästen am Berghang vor sich sahen, stießen sie einen lauten Kampfrufaus, der wie Donner durchs Tal hallte. Aber auf den Hängen über ihnen war ein großes Heer der Feinde aufgestellt, und Massen von Orks, die Azog für den äußersten Notfall in Reserve gehalten hatte, strömten zum Tor heraus.

    Zuerst sah es für die Zwerge nicht gut aus, denn es war ein trüber Wintertagohne Sonne, und die Orks wichen und wankten nicht; sie waren in der Über-zahl und hatten das höhere Gelände inne. So begann die Schlacht im Azanulbi-zar (oder Nanduhirion in der Elbensprache), bei deren Andenken den Orksnoch heute kalte Schauer und den Zwergen die Tränen kommen. Der ersteAnsturm der Vorhut, mit Thráin an der Spitze, wurde mit Verlusten zurückge-schlagen, und Thráin wurde in einen Wald von hohen Bäumen gedrängt, diedamals noch unweit des Kheled-zâram standen. Dort fielen sein Sohn Frerin,sein Vetter Fundin und viele andere; und sowohl Thráin wie Thorin12 wurdenverwundet. An den anderen Stellen wogte die Schlacht blutig hin und her, bisendlich die Zwerge von den Eisenbergen die Wende brachten. Náin, GrórsSohn, kam etwas später und führte seine gepanzerten Krieger frisch ins Feld.

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  • Mit ihren Breitäxten alles niederhauend, was ihnen im Weg stand, brüllten sie:»Azog! Azog!« und bahnten sich den Weg bis an die Schwelle von Moria.

    Dann stand Náin vor dem Tor und rief laut: »Azog, komm heraus, wenn du da drin bist! Oder ist dir unser Spiel hier im Tal zu raubeinig?«

    Und Azog kam heraus, ein großer Ork mit dickem, eisenbehelmtem Kopf,stark und wendig zugleich. Mit ihm kamen viele seinesgleichen, die Krieger seiner Leibwache; und als sie Náins Leute angingen, wandte er sich zu Náin hin und sagte:

    »Was? Noch ein Bettler vor meiner Tür? Muss ich dich auch brandmar-ken?« Damit ging er auf Náin los, und sie fochten. Náin aber war halb blindvor Wut und sehr müde vom Kampf obendrein, Azog dagegen frisch, mordlus-tig und voll kalter Tücke. Bald führte Náin, die letzte Kraft zusammenneh-mend, einen gewaltigen Hieb, doch Azog sprang beiseite und trat ihn gegen das Bein, sodass er vorwärts stolperte und seine Axt auf dem Stein zersplitterte,wo Azog eben noch gestanden hatte. Dann traf Azog mit einem raschen Streichseinen Hals. Náins Halsberge widerstand der Klinge, doch die Wucht des Schlagesbrach ihm das Genick, und er stürzte zu Boden.

    Da lachte Azog, hob den Kopf und wollte einen lauten Triumphschrei loslassen,doch der blieb ihm im Halse stecken. Denn nun sah er überall im Tal die Seinenin wilder Flucht, während die Zwerge, die das ganze Feld beherrschten, sieungehindert niedermachten. Alle, die ihnen entkommen konnten, ranntenschreiend nach Süden. Ganz in der Nähe lagen alle seine Leibwächter tot amBoden. Azog machte kehrtum und flüchtete die Treppe zum Tor hinauf.

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  • Ihm nach setzte ein Zwerg mit einer roten Axt. Es war Dáin Eisenfuß, NáinsSohn. Auf der letzten Stufe vor der Tür holte er ihn ein und hieb ihm denKopf ab. Das galt als Heldentat, denn für einen Zwerg war Dáin zu der Zeitnoch ein Grünschnabel. Doch ein langes Leben und viele Schlachten standenihm noch bevor, bis er alt, aber ungebeugt im Ringkrieg den Tod fand. Als eraber vom Tor herabkam, erzählt man, da war er trotz aller Kühnheit und allemKampfesmut grau im Gesicht wie einer, dem ein großer Schrecken begegnet ist.

    Als die Schlacht gewonnen war, sammelten die überlebenden Zwerge sich imAzanulbizar. Sie nahmen Azogs Kopf, stopften ihm den Beutel mit Kleingeld inden Mund und steckten ihn auf einen Pfahl. Doch kein Fest feierten sie, undkeine Lieder sangen sie in dieser Nacht; denn zu viele Tote hatten sie zu beklagen.Kaum die Hälfte von ihnen, heißt es, stand noch auf den Beinen oder konnteauf Heilung hoffen.

    Dennoch trat am Morgen Thráin vor sie hin. Er hatte ein Auge verloren und hinkte mit einer Beinwunde, aber er sagte: »Schön! Wir haben gesiegt.Khazad-dûm ist unser!«

    Aber sie antworteten ihm: »Durins Erbe magst du zwar sein, doch selbst miteinem Auge solltest du klarer sehen. Wir haben diesen Krieg um der Rache willengeführt, und Rache haben wir geübt. Aber sie ist nicht süß. Wenn dies ein Siegist, dann sind unsere Hände zu klein, ihn festzuhalten.«

    Und die Zwerge, die nicht von Durins Volk waren, sagten auch: »Khazad-dûm war nicht unserer Väter Haus. Was bedeutet es uns, abgesehen von derHoffnung auf Schätze? Jetzt aber, wenn wir schon ohne Lohn und Wergeld

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  • fortziehen müssen, die man uns schuldet, kehren wir je eher, je besser in unsereHeimatländer zurück.«

    Nun wandte sich Thráin an Dáin und sagte: »Aber ihr, meine Vettern, werdetmich doch nicht im Stich lassen?«

    »Nein«, sagte Dáin. »Du bist der Vater unseres Volkes, und wir haben fürdich Blut gelassen und werden es wieder tun. Aber Khazad-dûm betreten wirnicht. Auch du wirst Khazad-dûm nicht betreten. Ich allein habe durch denSchatten des Tors geblickt. Dahinter steht noch immer etwas und wartet nur aufdich: Durins Fluch. Erst muss die Welt anders werden und eine andere Machtkommen als die unsere, bevor Durins Volk wieder nach Moria hineingehenkann.«

    So kam es, dass sich die Zwerge nach der Schlacht wieder zerstreuten. Zuerstaber entkleideten sie mit viel Mühe alle ihre Toten, damit keine Orks kommenund sich der Waffen und Rüstungen bemächtigen könnten. Es heißt, jederZwerg sei auf dem Heimweg vom Schlachtfeld tief gebeugt unter einer schwerenLast gegangen. Dann errichteten sie viele Scheiterhaufen und verbrannten dieLeichen aller, die zu ihren Sippen gehörten.13 Dazu wurden viele Bäume im Talgefällt, das seitdem kahl geblieben ist, und die Qualmwolken der Feuer sah manbis nach Lórien.

    42

    13 So mit ihren Toten verfahren zu müssen, schmerzte die Zwerge, denn es war gegen ihren Brauch; aber Gräber zubauen, wie sie es sonst zu tun pflegen (denn sie betten ihre Toten nur in Stein, nicht in Erde), hätte viele Jahregedauert. Daher zogen sie es vor, ihre Verwandten zu verbrennen, statt sie den Vögeln oder den aasfressendenOrks zu überlassen. Doch aller, die im Azanulbizar gefallen waren, wurde ehrenvoll gedacht, und bis auf den heuti-gen Tag ist ein Zwerg stolz, wenn er von einem seiner Vorfahren sagen kann: »Er war ein verbrannter Zwerg.«

  • Als die traurigen Flammen in der Asche erstarben, zogen die Bundesgenossendavon, jeder in seine Heimat; und Dáin Eisenfuß führte das Volk seines Vaterszurück zu den Eisenbergen. Dann standen Thráin und Thorin Eichenschild vordem großen Pfahl, und Thráin sagte: »Teuer erkauft, dieser Kopf, könnte mansagen! Wenigstens haben wir unser Königreich dafür hingegeben. Kommst dunun mit mir zurück an den Amboss? Oder willst du an stolzen Türen dein Broterbetteln?«

    »An den Amboss«, antwortete Thorin. »Der Hammer wird wenigstens dieArme stark halten, bis sie wieder schärferes Gerät schwingen können.«

    Also kehrten Thráin und Thorin mit dem Rest ihres Gefolges (darunterBalin und Glóin) nach Dunland zurück, und bald darauf zogen sie weiter undwanderten in Eriador umher, bis sie schließlich an der Ostseite der Ered Luin,jenseits des Lhûn, eine Heimstatt im Exil fanden. Von Eisen waren die meistenDinge, die sie damals schmiedeten, aber dabei erlangten sie einen bescheidenenWohlstand, und langsam vermehrten sie sich wieder.14 Doch, wie Thrór gesagthatte, der Ring brauchte Gold, um Gold zu hecken, und davon, wie von denanderen edlen Metallen, hatten sie wenig oder nichts.

    Zu diesem Ring ist hier einiges zu sagen. Die Zwerge von Durins Volk glaubten,er sei von den Sieben als Erster geschmiedet worden; und sie sagen, KönigDurin III. von Khazad-dûm habe ihn von den Elbenschmieden selbst und nichtvon Sauron bekommen, obwohl zweifellos dessen böse Macht darauf wirkte,denn er war beim Schmieden aller sieben Ringe behilflich gewesen. Aber die

    43

    14 Bei ihnen waren nur sehr wenige Frauen. Eine war Dís, Thráins Tochter. Sie war die Mutter Fílis und Kílis, die inden Ered Luin geboren wurden. Thorin hatte keine Frau.

  • Besitzer des Rings trugen ihn nicht offen, sprachen nicht von ihm und gabenihn gewöhnlich erst weiter, wenn sie den Tod nahen fühlten, sodass anderenicht genau wussten, wo er sich befand. Manche glaubten, er sei noch in Kha-zad-dûm, in den geheimen Gräbern der Könige, sofern sie nicht entdeckt undgeplündert worden seien; in der Sippe von Durins Erben aber glaubten diemeisten (fälschlich), Thrór habe ihn mitgenommen, als er unvorsichtigerweisedort hinging. Was dann aus ihm geworden sein mochte, wusste man nicht. AnAzogs Leiche fand er sich nicht.15

    Dennoch kann es wohl sein, wie die Zwerge heute meinen, dass Sauron durchseine Künste herausbekommen hatte, wer diesen Ring, den letzten, der nochfrei blieb, besaß, und dass die sonderbare Häufung von Schicksalsschlägen, dieDurins Erben trafen, hauptsächlich seiner Tücke zuzuschreiben war. Denn dieZwerge hatten sich als durch dieses Mittel unbezähmbar erwiesen. Macht übersie hatte der Ring allein darin, dass er die Gier nach Gold und Kleinoden inihnen entfachte, sodass sie, wenn es ihnen daran mangelte, alle anderen gutenDinge wertlos fanden und jeden mit ihrer Wut und Rache verfolgten, der ihnenetwas von ihren Schätzen wegnahm. Ihre Art war von Anbeginn dazu geschaffen,sich jeder fremden Herrschaft auf das Beharrlichste zu widersetzen. Sie konntenzwar getötet oder zerbrochen, nicht aber zu Schatten erniedrigt und von einemfremden Willen unterjocht werden; und aus demselben Grund hatten die Ringeauch keinerlei Einfluss auf die Länge oder Kürze ihres Lebens. Umso mehrhasste Sauron ihre Besitzer und trachtete, sie ihnen abzunehmen.

    44

    15 Vgl. I.

  • Vielleicht kam es also teilweise von der Tücke des Rings, dass Thráin nacheinigen Jahren rastlos und unzufrieden wurde. Immerzu quälte ihn der Hungernach Gold, und schließlich, als ihm seine Armut unerträglich wurde, dachte eran den Erebor und beschloss, dorthin zurückzukehren. Zu Thorin sagte ernichts von dem, was ihn bewegte; aber mit Balin, Dwalin und einigen wenigenanderen machte er sich bereit, sagte Lebewohl und brach auf.

    Wenig ist darüber bekannt, was ihm dann zustieß. Heute scheint es, dass er,sobald er mit seinen wenigen Gefährten unterwegs war, von Saurons Sendlingengejagt wurde. Wölfe verfolgten ihn, Orks lauerten ihm auf, böse Vögel spähtenseinen Weg aus, und je weiter er nach Norden auszuweichen versuchte, destomehr Schwierigkeiten begegneten ihm. Es kam eine dunkle Nacht, als er undseine Gefährten durch das Land jenseits des Anduin wanderten und ein unge-heurer Regen sie am Saum des Düsterwalds Schutz suchen ließ. Am nächstenMorgen war er aus dem Lager verschwunden, und die Gefährten riefen verge-bens nach ihm. Viele Tage lang suchten sie ihn, bis sie die Hoffnung aufgebenmussten. Schließlich kehrten sie zu Thorin zurück. Erst viel später erfuhr man,dass Thráin lebendig gefangen und zu den Verliesen von Dol Guldur ver-schleppt worden war. Dort wurde er gefoltert, der Ring wurde ihm abgenom-men, und dort starb er.

    So wurde nun Thorin Eichenschild Durins Erbe, doch ein Erbe ohne Hoff-nung. Als Thráin verschwand, war Thorin fünfundneunzig, ein stattlicherZwerg von stolzem Gebaren; doch schien er in Eriador zur Ruhe zu kommen.

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  • Dort arbeitete er viele Jahre lang, trieb Handel und wurde halbwegs wohlhabend;und sein Gefolge vermehrte sich um viele von Durins Volk, die noch umher-wanderten und zu ihm kamen, als sie von seiner Niederlassung im Westen hörten.Sie hatten ansehnliche Hallen in den Bergen und volle Warenlager, und alles inallem lebten sie nicht unbehaglich. Dennoch kamen sie in ihren Liedern immerwieder auf den fernen Einsamen Berg zu sprechen.

    Die Jahre vergingen. Die Asche in Thorins Herzen erglühte wieder, wenn eran all das Unrecht dachte, das seiner Sippe geschehen war, und an die ererbtePflicht, es an dem Drachen zu rächen. Er sann nach über Waffen, Heere undBundesgenossen, wenn sein schwerer Hammer in seiner Schmiede dröhnte;doch die Heere und die Bündnisse hatten sich aufgelöst; und aus seinem eigenenGefolge bekam er nur wenige Äxte zusammen; und ein heißer Zorn ohne Hoff-nung brannte in ihm, wenn er auf das rot glühende Eisen auf dem Amboss ein-schlug.

    Doch schließlich kam es durch Zufall zu einer Begegnung zwischen Gandalfund Thorin, die das Schicksal von Durins Haus wenden und außerdem noch zuanderen, höheren Zielen hinführen sollte. Eines Tages 16, als Thorin von einerReise in den Osten zurückkehrte, blieb er über Nacht in Bree. Dort war auchGandalf, auf dem Weg ins Auenland, das er seit über zwanzig Jahren nicht mehrbesucht hatte. Er war müde und wollte dort eine Weile rasten.

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    16 Am 15. März 2941.

  • Unter den vielen Sorgen, die ihn plagten, beunruhigte ihn besonders diegefährliche Lage im Norden; denn da wusste er schon, dass Sauron auf Kriegsann und Bruchtal anzugreifen gedachte, sobald er sich stark genug glaubte.Aber einem Versuch, von Osten her die Gebiete von Angmar und die nörd-lichen Gebirgspässe wiederzugewinnen, konnten jetzt nur die Zwerge aus denEisenbergen entgegentreten. Und dahinter lag das vom Drachen verwüsteteLand. Des Drachen könnte Sauron sich mit entsetzlichen Folgen für seine Zwecke bedienen. Wie also wäre Smaug aus der Welt zu schaffen?

    Als Gandalf eben darüber grübelte, trat Thorin heran und sagte: »MeisterGandalf, ich kenne Sie zwar nur vom Sehen, aber nun würde ich sehr gern mitIhnen reden. Denn in letzter Zeit hab ich oft an Sie denken müssen, fast so, alswürde ich aufgefordert, mich an Sie zu wenden. Ich hätte es sicher schon getan,hätte ich nur gewusst, wo man Sie findet.«

    Gandalf sah ihn erstaunt an. »Das ist ja merkwürdig, Thorin Eichenschild«,sagte er. »Denn auch ich habe an Sie gedacht; und zwar will ich jetzt zunächstins Auenland, aber der Weg zu Ihren Hallen führt in dieselbe Richtung.«

    »Den Namen verdienen sie kaum«, sagte Thorin. »Sie sind nur ein schäbigesObdach im Exil. Doch Sie wären willkommen, wenn Sie mich dort besuchenwollten. Man sagt, Sie sind ein Weiser und wissen besser als jeder andere, was in der Welt gespielt wird; und mir geht vieles durch den Kopf, zu dem ich gernIhren Rat hören würde.«

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  • »Ich werde kommen«, sagte Gandalf, »denn ich vermute, wenigstens eineSorge haben wir gemeinsam. Der Drache am Erebor geht mir nicht aus demSinn, und ich glaube, auch Thrórs Enkel wird ihn nicht vergessen haben.«

    Anderswo ist erzählt worden, was diese Begegnung für Folgen hatte: Welchsonderbaren Plan Gandalf machte, um Thorin zu helfen, und wie Thorin mitseinen Gefährten vom Auenland die Fahrt zum Einsamen Berg antrat, die dannzu großen, unvorhergesehenen Ergebnissen führte. Hier sei nur an das erinnert,das Durins Volk unmittelbar betrifft.

    Bard von Esgaroth tötete den Drachen, aber dann gab es eine Schlacht inThal. Denn die Orks griffen den Erebor an, sobald sie von der Rückkehr derZwerge erfahren hatten; und ihr Führer war Bolg, der Sohn jenes Azog, denDáin in seiner Jugend erschlagen hatte. In dieser ersten Schlacht bei Thal wurdeThorin Eichenschild zu Tode verwundet; er starb und wurde in einer Gruftunter dem Berge mit dem Arkenstein auf der Brust bestattet. Dort fielen auchFíli und Kíli, seine Schwestersöhne. Dáin Eisenfuß aber, sein Vetter, der ihmvon den Eisenbergen zu Hilfe kam und der zugleich sein rechtmäßiger Erbewar, wurde nun König Dáin II.; und wie Gandalf es sich gewünscht hatte, wardas Königreich unter dem Berge wiederhergestellt. Dáin erwies sich als ein großerund kluger Herrscher, und zu seiner Zeit wurden die Zwerge wieder mächtigund reich.

    Im Spätsommer des gleichen Jahres (2941) hatte Gandalf endlich Sarumanund den Weißen Rat zu einem Angriff auf Dol Guldur bewogen. Sauron wichzurück und ging nach Mordor, wo er sich vor allen Feinden in Sicherheit glaubte.

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  • 49

    Daher richtete sich sein härtester Schlag, als es zum Krieg kam, gegen denSüden; aber auch sein weit nach Norden ausgestreckter Arm hätte viel Unheilanrichten können, wären ihm Dáin und König Brand von Thal nicht entgegen-getreten. Genau wie Gandalf nachher zu Frodo und Gimli sagte, als sie zusam-men eine Weile in Minas Tirith blieben. Kurz zuvor erst waren Nachrichten vonden Ereignissen in der Ferne nach Gondor gelangt.

    »Um Thorin habe ich getrauert«, sagte Gandalf; »und nun hören wir, dassDáin gefallen ist, wiederum in einer Schlacht in Thal, zur gleichen Zeit, als wirhier kämpften. Einen schweren Verlust würde ich es nennen, wenn es nicht einWunder wäre, dass er in seinem hohen Alter noch so gewaltig die Axt führenkonnte, wie er es getan haben soll, als er vor dem Tor des Einsamen Bergs überKönig Brands Leiche stand, bis es dunkel wurde.

    Und doch hätte alles auch ganz anders und viel schlimmer ausgehen können.Wenn ihr von der großen Schlacht auf dem Pelennor redet, dann vergesst auchnicht die Schlachten in Thal und die Tapferkeit von Durins Volk! Denkt nur,was hätte sein können! Drachenfeuer und Verheerungen in Eriador, Nacht inBruchtal. Gondor hätte vielleicht keine Königin bekommen. Nach unseremSieg hier fänden wir daheim nur noch Trümmer und Asche vor. Aber das wurdeabgewendet – weil ich an einem Abend im Vorfrühling in Bree Thorin Eichen-schild traf. Eine zufällige Begegnung, wie wir in Mittelerde sagen.«

    Dís war die Tochter Thráins II. Sie ist die einzige Zwergin, die in diesenGeschichten namentlich erwähnt wird. Gimli versichert, dass es noch einigeZwerginnen mehr gebe, wahrscheinlich aber nur ein Drittel ihrer Gesamtzahl.

  • Sie gehen selten auf Reisen, es sei denn in Notlagen, und dann sind sie denmännlichen Zwergen in Stimme, Erscheinung und Kleidung so ähnlich, dass siefür andere Völker von ihnen nicht zu unterscheiden sind. Unter den Menschenhat dies die törichte Meinung aufkommen lassen, es gebe überhaupt keineZwerginnen und die Zwerge würden »aus Stein hervorwachsen«.

    Weil es unter den Zwergen so wenige Frauen gibt, kann sich ihr Volk nurlangsam vermehren und gerät in Gefahr, wenn es keine sicheren Wohnstättenhat. Denn die Zwerge, ob Mann oder Frau, heiraten höchstens einmal imLeben und wachen dann eifersüchtig über ihre Rechte, wie es auch in anderenDingen ihre Art ist. Von dem weiblichen Drittel des Zwergenvolks nehmennicht einmal alle einen Mann: Manche wollen keinen, andere wollen einen, densie nicht bekommen können, und nehmen dann lieber keinen. Auch von denMännern wollen sehr viele gar nicht heiraten, weil sie ganz in ihren Geschäftenaufgehen.

    Gimli Glóinssohn ist berühmt als einer der Neun Gefährten, die mit dem Ringgingen, und er stand während des ganzen Krieges dem König Elessar zur Seite.

    Wegen der engen Freundschaft, die er mit König Thranduils Sohn Legolasschloss, und wegen seiner Verehrung der Frau Galadriel erhielt er den Beina-men Elbenfreund.

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  • Nach Saurons Sturz führte Gimli einen Teil des Zwergenvolks vom Erebornach Süden und wurde der Herr der Glitzernden Grotten. Er und sein Gefolgeleisteten große Arbeiten in Gondor und Rohan. Für Minas Tirith schmiedetensie Torflügel aus Mithril und Stahl, um die vom Hexenkönig zerbrochenen zuersetzen. Auch sein Freund Legolas holte Elben aus dem Grünwald nach Süden;sie wohnten in Ithilien, und es wurde wieder das schönste von allen Ländern desWestens.

    Als aber König Elessar aus dem Leben schied, gab Legolas endlich seinemHerzenswunsch nach und fuhr übers Meer davon.

    Hier folgt eine der letzten Eintragungen im Roten BuchWir haben Berichte gehört, wonach Legolas, weil ihre Freundschaft enger war

    als je eine zwischen Elb und Zwerg, Gimli Glóinssohn mit sich nahm. Wenn esstimmt, wäre es höchst seltsam: dass ein Zwerg, wem auch immer zuliebe, bereitsein sollte, Mittelerde zu verlassen; dass die Eldar ihn aufnehmen und dass dieHerren des Westens es erlauben sollten. Aber es heißt, Gimli sei auch aus demVerlangen mitgefahren, Frau Galadriels Schönheit noch einmal zu sehen; undda sie eine Mächtige unter den Eldar ist, kann es sein, dass sie diese Gunst fürihn erwirkte. Mehr können wir dazu nicht sagen.

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    Ahnentafel der Zwerge vom Erebor, für König Elessar aufgezeichnet von Gimli Glóinssohn

    Niederlassung am Erebor, 1999.Dáin I. von einem Drachen getötet, 2589.Rückkehr zum Erebor, 2590.Verwüstung des Erebor, 2770.Mord an Thrór, 2790.Sammlung des Zwergenheeres, 2790–93.Krieg der Zwerge und Orks, 2793–99.Schlacht im Nanduhirion, 2799.Thráin geht auf Wanderschaft, 2841.Thráins Tod und Verlust seines Rings, 2850.Schlacht der fünf Heere, Tod Thorins II., 2941.Balin geht nach Moria, 2989.

    * Die Namen derer, die als Könige von Durins Volk galten, sind mit einem Sternchen bezeichnet. Von Thorin Eichen-schilds anderen Gefährten auf der Fahrt zum Erebor kamen Ori, Nori und Dori ebenfalls aus dem Hause Durin.Bifur, Bofur und Bombur waren entferntere Verwandte Thorins und stammten von den Zwergen von Moria, abernicht von Durins Sippe ab. Das Zeichen † steht für gewaltsamen Tod.

  • Durin der Unsterbliche(Erstes Zeitalter)

    * Durin VI.1731–1980 †

    *Náin I.1832–1981 †

    * Thráin I.1934–2190

    * Thorin I.2035–2289

    * Glóin2136–2385

    * Óin2238–2488

    * Náin II.2338–2585

    * Dáin I. Borin2440–2589 † 2450–2711

    *Thrór Frór Grór Farin2542–2790 † 2552–2589 † 2563–2805 2560–2803

    *Thráin II. Náin Fundin Gróin2644–2850 † 2665–2799 † 2662–2799 † 2671–2923

    *Thorin II. Frerin Dís * Dáin II. Balin Dwalin Óin GlóinEichenschild 2751– 2760 Eisenfuß 2763– 2772– 2774– 2783–2756–2941 † 2799 † 2767–3019 † 2994 † 3112 2994 † V. Z. 15

    *Thorin III. GimliFíli Kíli Steinhelm Elbenfreund

    2859– 2864– 2866 2879–31212941 † 2941 † : (V. Z. 120)

    (Durin VII.& Letzte)

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  • Anhang DAuenland-Kalender

    (Zur Verwendung in allen Jahren)

    Jedes Jahr begann mit dem ersten Wochentag, dem Samstag, und endete auf denletzten, den Freitag. Der Mittjahrstag und in Schaltjahren der Überlithe hattenkeinen Wochentagsnamen. Der Lithe vor dem Mittjahrstag hieß der 1. Litheund der danach der 2. Lithe. Der letzte Tag des Jahres war der 1. Jul und dererste des neuen Jahres der 2. Jul. Der Überlithe war ein besonderer Feiertag,aber in den für die Geschichte des Großen Rings wichtigen Jahren kam er nichtvor. Er trat 1420 ein, im Jahr der reichen Ernte und des herrlichen Sommers,und das Fest in jenem Jahr soll das größte gewesen sein, von dem je ein Hobbitgehört oder gelesen hat.

    Die Kalender

    Der Auenland-Kalender unterschied sich von dem unsrigen in mehrfacherHinsicht. Natürlich war das Jahr ebenso lang 17, denn so weit jene Zeiten auchnach Jahren und Menschenleben gerechnet zurückliegen mögen, sind sie nachdem Gedächtnis der Erde noch nicht allzu fern. Die Hobbits berichten, sie hätten

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    17 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten, 46 Sekunden.

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    1) Nachjul (4) Astron (7) Nachlithe (10) Winterfilth

    2. Jul 7 14 21 28 1 8 15 22 29 2. Lithe 7 14 21 28 1 8 15 22 291 8 15 22 29 2 9 16 23 30 1 8 15 22 29 2 9 16 23 302 9 16 23 30 3 10 17 24 – 2 9 16 23 30 3 10 17 24 –3 10 17 24 – 4 11 18 25 – 3 10 17 24 – 4 11 18 25 –4 11 18 25 – 5 12 19 26 – 4 11 18 25 – 5 12 19 26 –5 12 19 29 – 6 13 20 27 – 5 12 19 26 – 6 13 20 27 –6 13 20 27 – 7 14 21 28 – 6 13 20 27 – 7 14 21 28 –

    (2) Solmath (5) Thrimidge (8) Wedmath (11) Blothmath

    – 5 12 19 26 – 6 13 20 27 – 5 12 19 26 – 6 13 20 27– 6 13 20 27 – 7 14 21 28 – 6 13 20 27 – 7 14 21 28– 7 14 21 28 1 8 15 22 29 – 7 14 21 28 1 8 15 22 291 8 15 22 29 2 9 16 23 30 1 8 15 22 29 2 9 16 23 302 9 16 23 30 3 10 17 24 – 2 9 16 23 30 3 10 17 24 –3 10 17 24 – 4 11 18 25 – 3 10 17 24 – 4 11 18 25 –4 11 18 25 – 5 12 19 26 – 4 11 18 25 – 5 12 19 26 –

    (3) Rethe (6) Vorlithe (9) Halimath (12) Vorjul

    – 3 10 17 24 – 4 11 18 25 – 3 10 17 24 – 4 11 18 25– 4 11 18 25 – 5 12 19 26 – 4 11 18 25 – 5 12 19 26– 5 12 19 26 – 6 13 20 27 – 5 12 19 26 – 6 13 20 27– 6 13 20 27 – 7 14 21 28 – 6 13 20 27 – 7 14 21 28– 7 14 21 28 1 8 15 22 29 – 7 14 21 28 1 8 15 22 291 8 15 22 29 2 9 16 23 30 1 8 15 22 29 2 9 16 23 302 9 16 23 30 3 10 17 24 1. Lithe 2 9 16 23 30 3 10 17 24 1. Jul

    Mittjahrstag(Überlithe)

  • keine »Woche« gekannt, als sie noch ein Wandervolk waren; und zwar hätten sie»Monate« gekannt, die ungefähr nach den Mondphasen bemessen waren, aberihre Angaben und Berechnungen der Zeit seien damals unbestimmt und unzu-verlässig gewesen. Als sie im Westen von Eriador allmählich sesshaft wurden,übernahmen sie den Königs-Kalender der Dúnedain, der letztlich von denEldar stammte; aber die Hobbits im Auenland führten mehrere kleine Abände-rungen ein. Dieser Kalender oder die »Auenland-Zeitrechnung«, wie man ihnnannte, wurde schließlich auch in Bree übernommen, abgesehen von demauenländischen Brauch, das Jahr der ersten Niederlassung im Auenland alsJahr 1 zu zählen.

    Es ist oft schwierig, aus alten Erzählungen und Überlieferungen genaueAngaben über Dinge zu gewinnen, die den Zeitgenossen allgemein bekanntoder selbstverständlich waren (zum Beispiel Namen von Buchstaben oderWochentagen oder Namen und Längen von Monaten). Doch dank dem verbrei-teten Hang zur Ahnenkunde und dem Interesse an alter Geschichte, das dieGebildeten unter den Hobbits nach dem Ringkrieg zu zeigen begannen, schei-nen sich die Auenland-Hobbits ausgiebig mit Daten beschäftigt zu haben; undsie stellten sogar komplizierte Tabellen auf, welche die Beziehungen zwischenihrem System und den anderen angaben. Ich bin in diesen Dingen wenigbeschlagen und habe vielleicht viele Fehler gemacht; aber zumindest die Chro-nik der entscheidenden Jahre 1418 und 1419 ist im Roten Buch so sorgfältigausgeführt, dass hier an den Tagen und Zeiten wenig Zweifel bleibt.

    Es ist wohl klar, dass die Eldar in Mittelerde, da sie, wie Samweis bemerkte,mehr Zeit zur Verfügung hatten, in langen Perioden rechneten, und das

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  • Quenya-Wort yén, das oft mit »Jahr« übersetzt wird (I), bezeichnet in Wirklich-keit 144 unserer Jahre. Die Eldar rechneten, wo immer es möglich war, inSechser- und Zwölfereinheiten. Einen »Tag« der Sonne nannten sie ré: denZeitraum von einem Sonnenuntergang bis zum nächsten. Das yén umfasste52 596 Tage. Aus rituellen eher denn praktischen Gründen hatten sie eineWoche oder enquië von sechs Tagen; und das yén hatte 8 766 solche enquiër, diedurch die gesamte Periode fortlaufend gezählt wurden.

    In Mittelerde beachteten die Eldar als Kurzperiode auch das Sonnenjahr,coranar oder »Sonnenrunde« genannt, wenn es mehr oder weniger astrono-misch betrachtet wurde, für gewöhnlich aber als loa, »Wuchs«, bezeichnet,wenn es hauptsächlich um die jahreszeitlichen Veränderungen der Vegetationging, die den Elben wichtig waren. Das loa wurde in Perioden gegliedert, dieman entweder als lange Monate oder als kurze Jahreszeiten betrachten könnte.Diese Einteilungen waren sicherlich je nach Gegend verschieden; doch gebendie Hobbits nur Auskunft über den Kalender von Imladris. Darin gab es sechssolcher Jahreszeiten, deren Quenya-Namen tuile, laire, yávië, quelle, hríve, coire lauteten,was mit »Frühling, Sommer, Herbst, Verblassen, Winter, Regung« zu übersetzenwäre. Die Sindarin-Namen waren ethuil, laer, iavas, firith, rhîw, echuir. »Verblassen«wurde auch lasse-lanta, »Blätterfall«, oder im Sindarin narbeleth, »Sonnen-schwund«, genannt.

    Laire und hríve hatten je 72 Tage, die anderen Jahreszeiten je 54. Das loabegann mit yestare, dem Tag unmittelbar vor tuile, und endete mit mettare, dem Tagunmittelbar nach coire. Zwischen yávie und quelle lagen drei enderi oder »Mitteltage«.Das ergab ein Jahr von 365 Tagen, das in jedem zwölften Jahr durch eine

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  • Verdopplung der enderi (drei zusätzliche Tage) ergänzt wurde.Wie mit den sich ergebenden Ungenauigkeiten verfahren wurde, ist nicht

    ganz klar. Wenn das Jahr genauso lang war wie heute, müsste das yén um mehr alseinen Tag zu lang gewesen sein. Dass eine solche Ungenauigkeit bemerkt wurde,verrät eine Anmerkung zu den Kalendern im Roten Buch, die besagt, dass inder »Zeitrechnung von Bruchtal« das letzte Jahr jedes dritten yén um drei Tageverkürzt wurde: die in diesem Jahr fällige Verdopplung der drei enderi unter-blieb; »doch das ist in unserer Zeit nicht vorgekommen«. Über den Ausgleichnoch verbliebener Ungenauigkeiten ist nichts bekannt.

    Die Númenórer änderten diese Einteilung. Sie gliederten das loa in kürzerePerioden von gleichmäßigerer Länge; und sie hielten daran fest, das Jahr mittenim Winter beginnen zu lassen, wie es bei den Menschen des Nordwestens, ihrenVorfahren im Ersten Zeitalter, der Brauch gewesen war. Später nahmen sie fürihre Woche außerdem sieben Tage an und rechneten den Tag von Sonnenauf-gang (aus dem Meer im Osten) bis Sonnenaufgang.

    Dieses System, wie es in Númenor und bis zum Ende der Königreiche auchin Arnor und Gondor galt, nannte man die Königs-Zeitrechnung. Das norma-le Jahr hatte 365 Tage. Es war in zwölf astar oder Monate eingeteilt, von denenzehn je 30 und zwei je 31 Tage hatten. Die längeren astar waren die beiden vorund nach Mittjahr und entsprachen ungefähr unserem Juni und Juli. Der ersteTag des Jahres hieß yestare, der mittlere (183.) hieß loende und der letzte mettare:diese drei Tage gehörten zu keinem Monat. Alle vier Jahre, außer im letztenJahr eines Jahrhunderts (haranye), wurden zwei enderi oder Mitteltage für deneinen loende eingesetzt.

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  • Die Zeitrechnung begann in Númenor mit 1 Z. Z. Das durch Abzieheneines Tages vom letzten Jahr eines Jahrhunderts entstandene Defizit wurde erstim letzten Jahr eines Jahrtausends ausgeglichen, wobei ein Jahrtausend-Defizit von4 Stunden, 46 Minuten und 40 Sekunden blieb. Diese Hinzufügung geschahin Númenor in den Jahren 1000, 2000 und 3000 Z. Z. Nach NúmenorsUntergang 3319 Z. Z. wurde das System von den Flüchtlingen beibehalten, dochmit starken Verschiebungen durch die neue Zählung zu Beginn des DrittenZeitalters: 3442 Z. Z. wurde zu 1 D. Z. Statt 3 D. Z. (3444 Z. Z.) wurde4 D. Z. zum Schaltjahr gemacht, womit ein zusätzliches Kurzjahr von nur365 Tagen entstand, das ein Defizit von 5 Stunden, 48 Minuten, 46 Sekundenzur Folge hatte. Der Jahrtausend-Ausgleich wurde 441 Jahre zu spät vorge-nommen, nämlich im Jahr 1000 D. Z. (4441 Z. Z.) und 2000 D. Z. (5441Z. Z.). Um die so entstehenden Abweichungen und die Häufung der Jahrtau-send-Defizite zu verringern, gab der Statthalter Mardil einen berichtigtenKalender heraus, der im Jahr 2060 in Kraft trat, nachdem 2059 (5500 Z. Z.)um zwei zusätzliche Tage verlängert worden war, die die 5 1 ⁄2 Jahrtausendeseit Beginn der númenórischen Zeitrechnung abschlossen. Dabei blieb aberimmer noch ein Defizit von 8 Stunden. Hador fügte daher zu 2360 D. Z.einen Tag hinzu, obwohl das Defizit dieses Ausmaß noch nicht ganz erreichthatte. Danach wurde kein Ausgleich mehr vorgenommen. (Im Jahr 3000 D. Z.wurden solche Dinge angesichts der drohenden Kriegsgefahr vernachlässigt.)Am Ende des Dritten Zeitalters, nach 660 weiteren Jahren, betrug das Defizitnoch nicht ganz einen Tag.

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  • Der von Mardil eingeführte berichtigte Kalender wurde Statthalter-Zeitrech-nung genannt und mit der Zeit von den meisten Westron sprechenden Völkernaußer den Hobbits übernommen. Alle Monate hatten 30 Tage, und zu denTagen außerhalb der Monate kamen zwei hinzu: einer zwischen dem dritten unddem vierten Monat (März und April) und einer zwischen dem neunten unddem zehnten (September, Oktober). Die fünf Tage außerhalb der Monate, yestare, tuilére, loende, yáviére und mettare, waren Feiertage.

    Konservativ, wie sie waren, hielten die Hobbits an einer ihren eigenen Bräu-chen angepassten Form des Königs-Kalenders fest. Ihre Monate hatten alle30 Tage, doch hinzu kamen drei Sommertage zwischen Juni und Juli, die manim Auenland Lithe oder Lithetage nannte. Der letzte Tag des alten und der ers-te des neuen Jahres hießen die Jultage. Die Jul- und Lithetage blieben außer-halb der Monate, sodass der 1. Januar der zweite und nicht der erste Tag desJahres war. Alle vier Jahre, außer im letzten Jahr des Jahrhunderts 18, gab es vierLithetage. Die Lithe- und Jultage waren die wichtigsten Fest- und Feiertage. Derzusätzliche Lithetag kam hinter dem Mittjahrstag, als 184. Tag des Schaltjahrs,der so genannte Überlithe, der ein Tag von besonderer Festlichkeit war. DieJulzeit dauerte insgesamt sechs Tage, nämlich die letzten und die ersten dreijedes Jahres.

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    18 Im Auenland, wo das Jahr 1 dem Jahr 1601 D. Z. entsprach. In Bree, wo das Jahr 1 dem Jahr 1300 D. Z. entsprach,war es das erste Jahr des Jahrhunderts.

  • Das Auenlandvolk führte eine kleine Neuerung ganz eigener Art ein, die mandie Auenland-Reform nannte (sie wurde schließlich auch in Bree übernom-men). Die Auenländer fanden es unordentlich und störend, dass dasselbeDatum in jedem Jahr auf einen anderen Wochentag fiel. Zur Zeit Isengrims II.richteten sie es daher so ein, dass der überzählige Tag, der die Reihenfolge ver-schob, keinen Wochentagsnamen bekam. Von da an hatte der Mittjahrstag (undebenso der Überlithe) außer dieser Bezeichnung keinen Namen und gehörte zukeiner Woche (I, 228). Infolge dieser Reform begann das Jahr immer mit demersten Wochentag und endete mit dem letzten; und jedes Datum fiel in allenJahren auf denselben Wochentag, weshalb die Auenländer sich bald nicht mehrdie Mühe machten, in Briefen oder Tagebüchern den Wochentag anzugeben.19

    Für den heimischen Gebrauch fanden sie das ganz bequem, nicht aber, wenn sieje weiter als nach Bree reisten.

    In diesen Anhängen wie in der Erzählung selbst habe ich unsere heute geläu-figen Monats- und Wochentagsnamen gebraucht, obwohl dies natürlich wederdie Eldar noch die Dúnedain oder die Hobbits taten. Um keine Verwirrung zustiften, schien es mir ratsam, die Westron-Namen zu übersetzen, umso mehr,als die jahreszeitlichen Bezüge unserer Namen mit ihnen ungefähr übereinstim-men, zumindest für das Auenland. Anscheinend sollte jedoch der Mittjahrstag

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    19 Wenn man einen Auenland-Kalender ansieht, wird man bemerken, dass Freitag der einzige Wochentag war, mitdem keiner der Monate begann. Daher sprach man im Auenland bald im Scherz von »Freitag, dem Ersten«, wennman einen Tag meinte, der nie einträte oder an dem etwas höchst Unwahrscheinliches geschehen würde, etwadass Schweine fliegen oder (im Auenland) Bäume laufen könnten. Vollständig hieß die Redensart »am Freitag demersten Sommerfilth«.

  • möglichst genau mit der Sommersonnenwende übereinstimmen. Demnachwären also die auenländischen Daten den unsrigen um etwa zehn Tage voraus,und unser Neujahrstag entspräche ungefähr dem 9. Januar im Auenland.

    Ähnlich wie heute noch die lateinischen Namen in vielen Sprachen geläufigbleiben, wurden im Westron die Quenya-Namen der Monate gewöhnlich beibe-halten. Sie hießen: Narvinye, Nénime, Súlime, Víresse, Lotesse, Nárië, Cermië, Urime, Yauan-nië, Narquelië, Hísime, Ringare. Die (nur von den Dúnedain gebrauchten) Sindarin-Namen lauteten: Narwain, Nínui, Gwaeron, Gwirith, Lothron, Nórui, Cerveth, Urui, Ivanneth,Narbeleth, Hithui, Girithron.

    In dieser Nomenklatur wichen jedoch die Hobbits sowohl im Auenland wie inBree von der im Westron gebräuchlichen ab und hielten an ihren landläufigenaltertümlichen Namen fest, die sie in früher Zeit anscheinend von den Men-schen im Anduintal übernommen hatten; jedenfalls fanden sich ähnlicheNamen in Thal und in Rohan (vgl. die Bemerkungen über Sprachen, Anhänge).Die Bedeutung dieser von den Menschen erfundenen Namen hatten die Hobbitsin der Regel längst vergessen, selbst in den Fällen, wo sie einmal bekannt gewesenwar; und die Formen der Namen waren infolgedessen stark verwischt; math zumBeispiel, als Endung mancher dieser Namen, ist eine Schwundform von Monat.

    Die auenländischen Monatsnamen sind im Kalender angegeben. Zu bemerkenist, dass Solmath gewöhnlich Somath ausgesprochen und manchmal auch geschriebenwurde; Thrimidge wurde oft Thrimich (altertümlich Thrimilch) geschrieben; und Blotmathwurde in der Aussprache zu Blodmath oder Blommath. In Bree lauteten die Namen

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  • anders: Frery, Solmath, Rethe, Chithing, Thrimidge, Lithe (die Sommertage), Mede, Wedmath,Erntemath, Wintring, Bluting und Julmath. Davon waren Frery, Chithing und Julmath auchim Ostviertel gebräuchlich.20

    Die Woche hatten die Hobbits von den Dúnedain übernommen, und dieTagesnamen waren Übersetzungen der im alten Nordkönigreich gebräuchli-chen, die sich ihrerseits von denen der Eldar herleiteten. Die Woche der Eldarhatte sechs Tage, die – in dieser Reihenfolge – den Sternen, der Sonne, demMond, den Zwei Bäumen, den Himmeln und den Valar oder Mächten gewidmetoder nach ihnen benannt waren, wobei der letzte Tag der wichtigste der Wochewar. Ihre Namen in Quenya waren Elenya, Anarya, Isilya, Aldúya, Menelya, Valanya (oderTárion); in Sindarin Orgilion, Oranor, Orithil, Orgaladhad, Ormenel, Orbelain (oder Rodyn).

    Die Númenórer behielten die Widmungen und die Reihenfolge bei, ändertenaber den vierten Tagesnamen zu Aldea (Orgaladh), was sich nur mehr auf den WeißenBaum bezog, für dessen Abkömmling Nimloth gehalten wurde, der im Hof desKönigspalastes in Númenor wuchs. Außerdem, weil sie einen siebenten Taghaben wollten und große Seefahrer waren, fügten sie nach dem Himmelstagnoch einen »Meerestag«, Earenya (Oraearon), hinzu.

    Die Hobbits übernahmen diese Woche, übersetzten aber die Namen und ver-gaßen alsbald die Bedeutungen oder beachteten sie nicht länger, und die Formenwurden besonders in der gewöhnlichen Aussprache stark verschliffen. Die erstenÜbersetzungen der númenórischen Namen stammten wahrscheinlich aus einerZeit zweitausend oder mehr Jahre vor dem Ende des Dritten Zeitalters, als die

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    20 In Bree sprach man im Scherz vom »Winterfilth im (matschigen) Auenland«, doch nach auenländischer Auffassungwar Wintring eine breeländische Abwandlung des älteren Namens, der ursprünglich die Erfüllung oder Vervoll-ständigung des Jahres vor dem Winter bezeichnet hatte und aus Zeiten vor der völligen Übernahme des Königs-Kalenders stammte, als das neue Jahr nach der Ernte begann.

  • Woche der Númenórer (der von anderen Völkern am frühesten übernommeneTeil ihrer Zeitrechnung) von den Menschen im Norden entlehnt wurde. Wiebei den Monatsnamen hielten die Hobbits auch hier an diesen Übersetzungenfest, obwohl anderswo im Westron-Sprachraum die Quenya-Namen gebrauchtwurden.

    Alte Urkunden waren im Auenland nicht viele erhalten. Die weitaus beacht-lichste war am Ende des Dritten Zeitalters die sogenannte Gelbhülle, oder dasJahrbuch von Buckelstadt.21 Die frühesten Eintragungen darin scheinen wenigs-tens neunhundert Jahre vor Frodos Zeit gemacht worden zu sein; und viele vonihnen werden in den Annalen und Ahnentafeln des Roten Buchs zitiert. DieWochentagsnamen erscheinen dort in altertümlichen Formen, von denen diefolgenden die ältesten sind: (1) Sterrendei, (2) Sunnendei, (3) Monendei, (4) Bomsdei,(5) Hemelsdei, (6) Meresdei, (7) Hohdei. Zur Zeit des Ringkriegs waren daraus Sterntag,Sonntag, Mondtag, Baumstag, Himmelstag, Meerstag und Hochtag geworden.

    Ich habe auch für diese Namen unsere Wochentagsnamen eingesetzt, naturge-mäß angefangen mit Sonntag und Montag, die im Auenland ähnlich sind wiebei uns, und die anderen in der gewohnten Reihenfolge. Dabei ist jedoch zubeachten, dass die Tagesnamen im Auenland mit ganz anderen Vorstellungenverknüpft waren. Der letzte Tag der Woche, Freitag (Hochtag), war der wichtigs-te, ein Feiertag (ab Mittag) mit abendlichen Festgelagen. Der