interview bradley carnell juni 2010

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Bradley Carnell, Fußball-Profi in Diensten von Hansa Rostock, unterstützt die Kampagne „Weltmeister der Herzen“ des deutschen Hilfswerks ora inter- national. Ziel ist es, die Auf- merksamkeit für die Fußball- Weltmeisterschaft zu nutzen, um Aids-Waisen in Carnells Heimat Südafrika zu helfen. Kurz vor Beginn des großen Turniers stand der Fußballer im Inter- view Rede und Antwort. Das wichtigste zuerst: Wer wird Weltmeister? Und warum? Bradley Carnell: Das ist eine interessante Frage, vor allem weil von einigen Teams nun einige Weltklassespie- ler verletzt sind. Spanien ist sicher ein heißer Tipp, trotz des Ausfalls von Torres. Argentinien hat für mich im Moment die solideste Mannschaft. Mein Tipp lautet also Argentinien. Die deutsche Mannschaft zählt – wie eigentlich immer – zumindest zum erweiterten Favoriten- kreis. Einige Spieler sind allerdings in letzter Zeit verletzungsbedingt ausgefallen. Michael Ballack, Rene Adler und Träsch. Sie selbst wa- ren ja lange Zeit im erweiterten Kader der süd- afrikanischen National- mannschaft, bis auch Sie eine Verlet- zung zurück- geworfen hat. Was geht in den Spielern jetzt vor? Bradley Car- nell : Da muss man natürlich unterscheiden, ob ein Spieler schon längere Zeit verletzungsan- fällig ist und eine Teilnahme an einem großen Turnier immer frag- lich war oder, ob jemand wie Bal- lack ganz plötzlich ausfällt. Er hat ja erst noch im FA-Cup-Finale auf dem Platz gestanden und war top- fit. Da ist eine Verletzung doppelt bitter und die Enttäuschung und der Frust riesengroß. Fußballerisch traut man auch afrikanischen Mannschaften einiges zu. Bisher konnten sie dies bei Weltmeisterschaften aber noch nicht abrufen. Warum? Bradley Carnell: Bei den afrikanischen Mannschaf- ten fehlt oft noch die Konstanz, die letzte Dominanz im Abschluss. Ich muss allerdings auch sagen, dass gerade im taktischen Spiel die afrikanischen Mannschaften sich sehr verbessert haben. Besonders die Mannschaft aus der Elfenbeinküste ist sicher für eine Überraschung gut und spielt meiner Meinung nach den besten afrikani- schen Fußball, weil es viele Spieler gibt, die im Ausland spielen und so beispielsweise das Tempo und die Spiel- weise der europäischen Ligen kennen. Zur Person: Bradley Carnell, geboren am 21. Januar 1977 in Johannesburg, ist ein südafrikanischer Fuß- ballspieler, der zurzeit in Diensten von Hansa Rostock steht. Carnell wurde 42 mal in der Na- tionalmannschaft Südafrikas eingesetzt und nahm an der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea teil. Verletzungen verhinderten jedoch in diesem Jahr seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Erste Sta- tion des Linksverteidigers in Deutschland war 1998 der VFB Stuttgart. Auch bei Borussia Mönchengladbach und dem Karlsruher SC stand er unter Vertrag. Seit 2009 spielt Carnell bei Hansa Rostock, mit dem er nach der verlo- renen Relegation den Gang in die 3. Liga antre- ten muss. Ein Interview mit Bradley Carnell Bradley Carnell Carnells Heimat Südafrika ist nicht zu- letzt für ihre atembertaubende Natur bekannt. www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org

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Bradley Carnell, südafrikanischer Fußball-Profi in Diensten von Hansa Rostock unterstützt die Kampagne "Weltmeister der Herzen" von ora international. Im Interview spricht er über die Fußball-Weltmeisterschaft in seinem Heimatland, die Chancen der deutschen und der südafrikanischen Nationalmannschaft, Aids, das ora-Projekt in Nkobongo und die "Weltmeister der Herzen".

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Page 1: Interview Bradley Carnell Juni 2010

Bradley Carnell, Fußball-Profi in Diensten von Hansa Rostock, unterstützt die K ampagne „Weltmeister der Herzen“ des deutschen Hilfswerks ora inter-national. Ziel ist es, die Auf-merksamkeit für die Fußball-Weltmeisterschaft zu nutzen, um Aids-Waisen in Carnells Heimat Südafrika zu helfen. Kurz vor Beginn des großen Turniers stand der Fußballer im Inter-view Rede und Antwort.

Das wichtigste zuerst: Wer wird Weltmeister? Und warum?

Bradley Carnell: Das ist eine interessante Frage, vor allem weil von einigen Teams nun einige Weltklassespie-ler verletzt sind. Spanien ist sicher ein heißer Tipp, trotz des Ausfalls von Torres. Argentinien hat für mich im Moment die solideste Mannschaft. Mein Tipp lautet also Argentinien.

Die deutsche Mannschaft zählt – wie eigentlich immer – zumindest zum erweiterten Favoriten-kreis. Einige Spieler sind allerdings in letzter Zeit verletzungsbedingt ausgefallen. Michael Ballack, Rene Adler und Träsch. Sie selbst wa-ren ja lange Zeit im erweiterten Kader der süd-

afrikanischen N a t i o n a l-mannschaft, bis auch Sie e i n e Ve rl e t-zung zurück-geworfen hat. Was geht in den Spielern jetzt vor?

Bradley Car-nell: Da muss man natürlich unterscheiden, ob ein Spieler

schon längere Zeit verletzungsan-fällig ist und eine Teilnahme an einem großen Turnier immer frag-lich war oder, ob jemand wie Bal-lack ganz plötzlich ausfällt. Er hat ja erst noch im FA-Cup-Finale auf dem Platz gestanden und war top-fit. Da ist eine Verletzung doppelt bitter und die Enttäuschung und der Frust riesengroß.

Fußballerisch traut man auch afrikanischen Mannschaften einiges zu. Bisher konnten sie dies bei Weltmeisterschaften aber noch nicht abrufen. Warum?

Bradley Carnell: Bei den afrikanischen Mannschaf-ten fehlt oft noch die Konstanz, die letzte Dominanz im Abschluss. Ich muss allerdings auch sagen, dass gerade im taktischen Spiel die afrikanischen Mannschaften sich sehr verbessert haben. Besonders die Mannschaft aus der Elfenbeinküste ist sicher für eine Überraschung gut und spielt meiner Meinung nach den besten afrikani-schen Fußball, weil es viele Spieler gibt, die im Ausland spielen und so beispielsweise das Tempo und die Spiel-weise der europäischen Ligen kennen.

Zur Person:Bradley Carnell, geboren am 21. Januar 1977 in Johannesburg, ist ein südafrikanischer Fuß-ballspieler, der zurzeit in Diensten von Hansa Rostock steht. Carnell wurde 42 mal in der Na-tionalmannschaft Südafrikas eingesetzt und nahm an der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea teil. Verletzungen verhinderten jedoch in diesem Jahr seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft im eigenen Land. Erste Sta-tion des Linksverteidigers in Deutschland war 1998 der VFB Stuttgart. Auch bei Borussia Mönchengladbach und dem Karlsruher SC stand er unter Vertrag. Seit 2009 spielt Carnell bei Hansa Rostock, mit dem er nach der verlo-renen Relegation den Gang in die 3. Liga antre-ten muss.

Ein Interview mit Bradley Carnell

Bradley Carnell

Carnells Heimat Südafrika ist nicht zu-letzt für ihre atembertaubende Natur bekannt.

www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org

Page 2: Interview Bradley Carnell Juni 2010

Wie weit kommt die Mannschaft des Gastge-bers? Übersteht das Team Südafrikas die Vor-runde?

Bradley Carnell: Ich würde mir sehr wünschen, dass Südafrika die Gruppenphase übersteht. Ein Vorrunden-Aus wäre sehr schade, weil mittlerweile das ganze Land mitfiebert. Ein Weiterkommen wäre ein toller Erfolg und würde mich riesig freuen.

Fußball gilt in Südafrika als Sport der schwar-zen Bevölkerungsmehrheit. Ihre sportliche Karriere hat ja auch in Südafrika begonnen. Wie haben Sie dies in Ihrer Zeit als Fußballer in Südafrika erlebt? Welche Stellung hat der Sport zu normalen Zeiten, welche Stellung hat er nun, kurz vor der WM?

Bradley Carnell: Während einer normalen Fußball-Meisterschaftssaison gibt es nicht so einen großen Hype. Interesse ist zwar da, aber nicht vergleichbar mit der Situation vor dem großen Turnier. Einkaufszentren sind geschmückt, man sieht Menschen mit Trikots in den Straßen herumlaufen. In meinem ersten Profijahr 1992/93 hier in Südafrika lag Fußball in der Popularität weit hinter Cricket und Rugby. Mittlerweile gibt es auch im Fußball mehr Sponsoren und einheimische Fußballer können teilweise von ihrem Gehalt sogar leben. Sie bleiben manchmal ganz bewusst

im eigenen Land, anstatt in ausländische Ligen zu wechseln.

Die Welt wird nicht nur in die Stadien Südafri-kas schauen. Die Menschen interessieren sich auch für das Land. Zuerst die Frage: Was hat Südafrika außer der Weltmeisterschaft zu bie-ten?

Bradley Carnell: Südafrika ist bekannt für seine Gastfreundlichkeit. Aber auch die reiche Geschichte dieses Landes mit seinen verschiedenen Kulturen, die traumhaften Strände in Durban und Kapstadt und die Nationalparks sind Highlights dieses Landes.

Doch es gibt auch Negatives zu berichten. Viele sorgen sich wegen der großen Kriminalität, fürchten, dass Streiks das Land lahmlegen. Was heißt das für die Weltmeisterschaft und für die Zeit danach?

Bradley Carnell: Ich hoffe, dass es während der WM ruhig bleibt. Dieses Land ist sicher ein schwieriges Pflas-ter und es gibt zweifelsohne auch gesellschaftliche Spannungen. Doch ich denke nicht, dass es während der WM zu irgendwelchen Vorfällen kommen wird. Da ist der Druck auch von außen sehr groß und kein Afri-kaner möchte ein schlechtes Bild von seinem Land ab-geben.

ora‘s WM-Kampagne Vier Jahre lang haben Fußball-Fans aus aller Welt auf diese vier Wochen gewartet: Die WM in Südafrika. Doch nicht nur für die Milliarden Begeisterten in den Stadien und vor den Fern-sehschirmen soll das südafrikanische Winter-märchen wahr werden. Auch die Aids-Waisen im Land am Kap der Guten Hoffnung sollen profitieren. Dafür sorgt ora international mit der Kampagne „Weltmeister der Herzen“. Im Internet, auf

www.weltmeister-der-herzen.orgkann jeder Teil des Teams werden. Und kann als Pate, als Spender oder als Freund zum „Weltmeister der Herzen“ eines Kindes im ora-Projekt Nkobongo werden.

Fußballspiel im ora-Projekt in Nkobongo.

www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org

Page 3: Interview Bradley Carnell Juni 2010

Glauben Sie, dass der Fußball und insbesonde-re die Weltmeisterschaft dazu beitragen kann, die Gräben in der Gesellschaft des Landes zu überwinden?

Bradley Carnell: Nein, das glaube ich nicht. Da muss man schon realistisch bleiben. Sicher kann der Sport ein verbindendes Element zwischen Kulturen und Arm und Reich sein, doch sollte man nicht zu viel davon erwar-ten. Kurzfristig ja, langfristig muss die Politik Lösungen finden.

Die Zukunft Südafrikas wird auch und vor al-lem vom Umgang mit der Aids-Epidemie ab-hängen. Auch Ihnen liegt das Thema am Her-zen. Sie engagieren sich für die Kampagne „Weltmeister der Herzen“? Worum geht es da?

Bradley Carnell: Wer von Aids betroffen ist, steht in Südafrika wirklich am Rande der Gesellschaft. Und ge-nau da muss Hilfe ansetzen. 90 Prozent der Menschen, die von dieser Krankheit betroffen sind, leben in ärmli-chen Verhältnissen in den Townships. Für mich sind diese Menschen genauso Südafrikaner wie ich als weiß-häutiger Südafrikaner und deshalb setze ich mich für die Kampagne „Weltmeister der Herzen“ ein. Die Hilfsorganisation ora international unterstützt mit ihrem lokalen Partner Aids-Waisen in einem Township in der Nähe von Durban. Wir suchen in Deutschland

Menschen, die für ein solches Kind eine Patenschaft übernehmen und dadurch eine ergänzende Betreuung gewährleisten, Hausaufgabenhilfe und Sportangebote, zum Beispiel. Wichtig sind aber auch individuelle Ge-spräche über Aids und die allgegenwärtige Trauer.Es ist immens wichtig, diese Kinder zu unterstützen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Als Fußball-profi wünsche ich mir, dass einige Jungs aus diesem Township den Sprung in eine Profikarriere schaffen. Nichts hat mehr Kraft als ein Vorbild.

Über ora international ora international Deutschland e. V. ist eine christlich-überkonfessionelle Hilfsorganisati-on, die sich seit 29 Jahren weltweit für Men-schen in Not einsetzt. Die Aufgaben des Hilfs-werks teilen sich dabei in drei Hauptgebiete:

•Entwicklungszusammenarbeit•Katastrophenhilfe•Patenschaften

In Südafrika ist ora im Ort Nkobogo im Ein-satz, um Aids-Waisen zu helfen. Rund 1,4 Milli-onen leben im Land. Oft fehlt es ihnen am Nö-tigsten. ora schafft Abhilfe und sichert die Grundversorgung der Kinder mit Nahrung, Kleidung, Schuhen und stellt auch die medizi-nische Betreuung sicher. Blick auf Nkobongo. Die Menschen leben in kleinen Häu-

sern, die mit Hilfe der Regierung errichtet wurden.

Im ora-Projekt werden Mädchen und Jungen, die ihre Mut-ter, ihren Vater oder beide Elternteile an Aids verloren ha-ben, umfasend versorgt und liebevoll betreut.

www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org www.weltmeister-der-herzen.org

Page 4: Interview Bradley Carnell Juni 2010

Die Kampagne, die Sie unterstützen, wird von der deutschen Hilfsorganisation ora internati-onal durchgeführt. Wie sind sie auf ora auf-merksam geworden und welches Bild haben Sie von der Arbeit der Organisation – ganz allge-mein und in Nkobongo im Besonderen?

Bradley Carnell: Seit Beginn des Jahres unterstützt mein guter Freund Sean Dundee die Organisation. Er hat mir von der Kampagne erzählt und ich habe sofort zugesagt, weil mir am Herzen liegt, mein Heimatland zu unterstützen. ora macht auf mich einen sehr soliden und professionellen Eindruck. Anfang Juni werde ich meine Eltern in Johannesburg besuchen. Bei einem Ab-stecher nach Durban werde ich mich dann auch vor Ort von der Arbeit von ora überzeugen.

Noch einmal zurück zum Fußball: Ihre Eltern leben ja in Südafrika und haben die ganzen Vorbereitungen zur WM mitbekommen. In Deutschland war damals viel von Verzögerun-gen und sogar von einer möglichen Verlegung des Turniers die Rede. Was kam davon in Süd-afrika an? Wie haben die Menschen reagiert?

Bradley Carnell: Ich glaube nicht, dass es einen Plan B gegeben hat. Die Androhung einer Verlegung des Turniers sollte eher ein Ansporn sein und das haben die

Südafrikaner auch zu Herzen genommen. Alle Bauvor-haben sind geschafft.Meine deutschen Fußballkollegen haben ab und an da-rüber geflachst. Doch ich sah das ganz gelassen. Viele der Baufirmen wurden auch von Deutschen geleitet und so war ich mir sicher, dass alles rechtzeitig fertig werden würde.

Und heute? Freuen sich die Südafrikaner auf die Weltmeisterschaft?

Bradley Carnell: Die Freude ist riesig, weil es ein ein-zigartiges Ereignis ist. Es gibt aber auch immer wieder kritische Stimmen, die bemängeln, dass die vielen Milliarden, die in Infrastruktur und Sta-dien investiert wurden auch hätten besser an-gelegt werden können. D i e ü b e r w i e g e n d e Mehrheit freut sich aber auf vier Wochen Fußball.

Herr Carnell, vielen Dank für dieses In-terview.

Impressumora internationalAm Ziegelgrund 3134497 KorbachLayout: Samuel WaldeckText: Matthias BoosTelefon: 0 56 31/95 05-0Email: [email protected]

[email protected]

Spendenkonto Postbank Frankfurt, 50-609, BLZ 500 100 60oder online Spenden

FACEBOOKT w i t t e r

Die Tagesstätte NOAH in Nkobongo. Mit seinem Einsatz für ora‘s WM-Kampagne unterstützt Bradley Carnell die-sen Zufluchtsort für Aids-Waisen.

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Auch das ist Südafrika: Große Bürogebäude prägen die In-nenstadt Durbans, der Metropole am indischen Ozean.

Südafrikas Kinder sind unsere Herzensa

ngelegenheit!

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