it's never too late to lie review by rotraut v.stromer-baumbauer
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7/27/2019 It's Never Too Late to Lie review by Rotraut v.Stromer-Baumbauer
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Welturauffhrung am 12.10.2013 auf Burg Grnsberg im Nrnberger Land
Das letzte Konzert fr dieses Jahr war der absolute Hhepunkt der diesjhrigen Grnsberger
Konzertreihe mit einer Welturauffhrung einer Kurzoper von einem portugiesiche-
amerikanischen Komponisten, Patricio da Silva.
Aber der Reihe nach:Der Liederabend begann mit den Wesendonck-Liedern von Richard Wagner. Julia Oesch,
Mezzosopran, und Jens Barnieck, Klavier, brachten einige der Lieder in der Sopran-, andere
in der Mezzosopran-Ausgabe dar, beides der wunderbaren Stimme der Sngerin hervorragend
angepasst. Von zartestem pianissimo bis krftigstem fortissimo erklang ihre Stimme
makellos, jede einzelne Silbe vllig verstndlich und mit einem wunderbaren Schmelz, vom
perfekten legato ganz zu schweigen. Ganz zarte bis schwlstig-erotische Stimmungen im
Treibhausklima waren zu hren, ein Engel stieg hernieder und Blumen rankten. Wenn
uns auch in der heutigen Zeit die Texte eher merkwrdig anmuten, spiegeln sie doch die
damalige Gefhlswelt genau wieder. Zwei der Lieder nehmen die Klangwelt des Tristan
bereits vorweg.
Jens Barnieck als hervorragender Begleiter holte alle Farben aus dem Flgel, wute genau,wann er sich gegenber der Sngerin zurckzunehmen, wann er vorzustrmen hatte und
erfreute besonders durch sein ganz dezentes Pedalspiel, nie zuviel, immer dem Raum und der
Gelegenheit angemessen.
Es folgte ein Liederzyklus des dnischen Komponisten Peter Arnold Heise, eines Wagner-
Zeitgenossen. Dieser Zyklus, auf Gedichten der Edda beruhend, ist in Deutschland
weitgehend unbekannt. Julia Oesch sang ihn im ursprnglichen Dnisch, sehr beeindruckend
und fremdartig. Der Liederzyklus erzhlt, wie Gudrun nach Sigurds Tod erst einmal unfhig
ist, ihre Trauer in Trnen aufzulsen, und wie die anderen Frauen am Hof versuchen, durch
die Erzhlungen ihrer eigenen tragischen Geschicke Gudruns Erstarrung zu lsen. Erst als derLeichnam ihres Geliebten enthllt wird, bricht sie in einen Trnenstrom aus, verflucht ihren
Bruder Gunnar und verlsst den heimatlichen Hof. All das konnten die Zuhrer, ohne die
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Worte zu verstehen, dem Gesang Julia Oeschs entnehmen, die die dnischischen Texte sang,
als sei es ihre eigene Muttersprache. Die Musik enthlt viele dnische Elemente, ist
andererseits deutlich von der deutschen Sptromantik beeinflut.
Nach der Pause folgte der Liederzyklus Die Entsagende von Hans von Blow. Dieser,
bester Freund von Wagner und erster Ehemann von Cosima Liszt-Blow-Wagner, schrieb denZyklus im selben Jahr, als seine Ex-Frau Wagner heiratete. Dieses Geschehen ist meinem
Empfinden nach deutlich Text und Musik zu entnehmen, Blow steht hinter Wagner zurck,
indem er der geliebten Frau entsagt, wenn auch der Text im Sinne einer Frau erdichtet wurde.
Leider ist der Zyklus wenig bekannt und wird nur selten aufgefhrt. Die beiden Knstler
vermittelten sehr verstndlich die Empfindungen von stiller Zurckziehung (und der Schuld
bei sich selber suchend), wildem Schmerz, dann sich Schicken in sein Schicksal und letztlich
sehnsuchtsvollen Erwartens des Todes .
Nach einer kurzen Unterbrechung, die Julia Oesch zum Kostmwechsel nutzte, und Jens
Barnieck, um den extra aus Amerika angereisten Komponisten und sein Werk vorzustellen,
wurde Never to late to lie nach einem Text von Irene Dische aus der Taufe gehoben.
Patricio da Silva hat die Oper Julia Oesch und Jens Barnieck gewidmet.Die Oper erzhlt die Geschichte einer Frau, die ihrem Ehemann berichtet, sie habe sich gerade
von ihrem Liebhaber getrennt. Sie sei ja so dumm gewesen, ihre perfekte Partnerschaft zu
riskieren. Sie verabredet sich zwar mit ihrem Mann, doch in diesem Augenblick erhlt sie
eine e-mail vom nchsten Liebhaber, mit dem sie sich ebenfalls verabredet, und dafr ihren
Mann belgt. Da fallen Schsse, sie ist schockstarr, da sie glaubt, ihre Liebhaber und ihr
Mann htten sich gegenseitig erschossen. Sie berlegt, wenn sie wohl am meisten vermissen
werde und welches Kleid sie nun tragen solle. Doch nein, der Schtze war einfach nur
irgendein Irrer auf der Strae. Da trauert sie um ihr verpasstes Date und um ihre
verblhende Jugend. Man hrt es klopfen und sie begrt, scheinbar freudig berrascht, ihren
Ehemann, dem sie, eine schwle Melodie der Oper summend, die Treppe hinauf
entgegengeht.
Patricio da Silva gibt genaue Kenntnis davon, wann die Akteurin sie selber ist und wann sie
lgt. Die Lge ist stes durch einen schwlen, schweren, sehr erotischen Blues gekennzeichnet.
Wenn die Figur sich aber mit ihren Liebhabern verabredet, gibt es schnellste Lufe, grte
Sprnge und ungeheuer vertrackte rhythmische Verschiebungen. Die ganze Oper ist
ausgesprochen sanglich und melodisch und verstrt das Publikum nicht, wie frhere neue
Musik.
Die Sngerin hatte ber Tage hinweg sich eine der Burgkapelle angepasste Inszenierung
ausgedacht und einstudiert, die nun zum Zuge kam.
Hier bewies es sich aufs Deutlichste, wie sehr Julia Oesch und Jens Barnieck auf einander
eingespielt und eingehrt sind, die verschiedensten Tempie und Tempo-Wechsel ohneBlickkontakt von einander abnehmen knnen und wie genau sie die Interpretation des Textes
miteinander vorgenommen haben. Auch das Timing der szenischen Darstellung,
beispielsweise das Zusammenklappen zahlreicher Notenstnder, um das Aufschlagen einer
neuen Seite im Lebensbuch der Protagonistin zu symbolisieren, klappte synchron zur Musik,
so dass die Sngerin am Ende rechtzeitig wieder bei ihrem Notebook ankam. Einfach total
begeisternd! Das Publikum dankte den beiden ausfhrenden Knstlern und dem Komponisten
mit frenetischem Beifall und erklatschte sich noch eine Zugabe in Form eines Liedes von
Samuel Barber. Ein hchst eindrucksvoller Abend!
Mein Dank gilt Julia Oesch und Jens Barnieck, Patricio da Silva, der der Stiftung noch
zustzlich CDs seiner Werke zum freien Verkauf schenkte, und dem Film-Team der Georg-
Simon-Ohm-Hochschule, die diesen Abend fr die Ewigkeit festhielten
Rotraut v.Stromer-Baumbauer