marketing-management wintersemester 2007-2008€¦ · prof. dr. hendrik schröder, universität...

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Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 1 Marketing-Management Wintersemester 2007-2008 1 Die Perspektiven des Marketing-Managements Literaturhinweise zu Gliederungspunkt 1 Homburg/Krohmer, Marketing-Management, 2006 1-16 Kotler/Keller/Bliemel, Marketing-Management, 2007 3-39 Meffert, Marketing-Management, 1994 3-37 Meffert, Marketing, 2000 3-18: Marketing als marktorientierte Unternehmensführung 19-27: Ansätze der Marketing- Theorie

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  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 1

    Marketing-Management – Wintersemester 2007-2008

    1 Die Perspektiven des Marketing-Managements

    Literaturhinweise zu Gliederungspunkt 1

    Homburg/Krohmer, Marketing-Management, 2006 1-16

    Kotler/Keller/Bliemel, Marketing-Management, 2007 3-39

    Meffert, Marketing-Management, 1994 3-37

    Meffert, Marketing, 2000 3-18: Marketing als

    marktorientierte

    Unternehmensführung

    19-27: Ansätze der Marketing-

    Theorie

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 2

    1.1 Marketing, Management und Marketing-Management

    Was ist Marketing ?

    Marketing

    Marketing – Was kann das sein ?

    strategisches

    taktisches

    kooperatives

    offensives

    globales

    u.v.a.m.

    Planung

    Entscheidung

    Kontrolle

    Organisation

    Controlling

    Strategien

    Instrumente

    Politik

    Führerschaft

    Forschung

    u.v.a.m.

    Erlebnis

    Relationship

    Permission

    Guerilla

    u.v.a.m.

    ist ein leidensfähiger,

    wehrloser Begriff

    Marketing – Was kann das sein ?

    2007-08-11

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 3

    Helfen diese Schlagworte weiter?

    Strategie-Innovation

    Kernkompetenzen

    eBusiness

    Lernende Organisation

    Vergessende Organisation

    Quelle: Fragebogen Zukunftsmanagement, Trends und Entwicklungen im Marketing und Management,

    Institut Absatzwirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien, März 2001

    Unternehmensinterne EntwicklungenUnternehmensinterne Entwicklungen

    Flexibilität und Geschwindigkeit

    Zukunftsgestaltung

    Schaffung neuer Märkte

    Marken-Management

    Relationship Marketing

    Customer Insight

    Permission-Marketing

    Quelle: Fragebogen Zukunftsmanagement, Trends und Entwicklungen im Marketing und Management,

    Institut Absatzwirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien, März 2001

    KundenbeziehungenKundenbeziehungen

    Erlebnis-Marketing

    Kundenloyalität

    Kunden-Profitabilität

    Individualisierung

    Branchenstruktur

    Hyperwettbewerb

    Wettbewerb zwischen

    strategischen Allianzen

    Unternehmensnetzwerke

    Erhöhte Transparenz

    Quelle: Fragebogen Zukunftsmanagement, Trends und Entwicklungen im Marketing und Management,

    Institut Absatzwirtschaft, Wirtschaftsuniversität Wien, März 2001

    WettbewerbsumfeldWettbewerbsumfeld

    Unternehmensfusionen

    BenchmarkingNeue

    Wettbewerber

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 4

    Ist Marketing ...

    ■ ein absatzsteigerndes Hilfsinstrument ?

    ■ der Aufgabenbereich einer besonderen Funktionsabteilung ?

    ■ hauptsächlich Werbung ?

    ■ etwas Verkaufsförderung? Und

    ■ ein wenig Trademarketing?

    (Zu der Ergebnissen der empirischen Untersuchungen vgl. Köhler/

    Habann/Hahne 1999, S. 48 f.)

    Definition Marketing

    Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen

    Märkte ausgerichteten Unternehmungsaktivitäten. (Meffert 1982)

    Ansatzpunkt für den Absatzmarkt: Bedürfnis Bedarf Nachfrage

    1. systematische Beeinflussung des Marktes zugunsten der Unternehmung

    2. Führung der Unternehmung vom Markt her

    Unternehmung AbsatzmarktBeschaffungs-

    markt

    22

    11

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 5

    Marktorientierungbei der Führung des gesamten Unternehmens

    Marktorientierungbei der Führung des gesamten Unternehmens

    Gewinnung umfeldbezogener Informationen,

    insbesondere über Kunden und Konkurrenten

    unternehmensinterne Verbreitung

    dieser Marktinformationen

    informationsgestützte interfunktionale

    Koordination aller Mitarbeiter und Maßnahmen

    Schaffung von Kundennutzen

    Erlangung von Wettbewerbsvorteilen

    Bild: Merkmale der Marktorientierung (Quelle: Köhler 2000, S. 257)

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 6

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 7

    Becker (2002, S. 1): „Marketing als die bewusste Führung des ganzen Unternehmens

    vom Absatzmarkt her ist nichts anderes als die rationale Antwort auf grundlegende

    Veränderungen der Markt- und Wettbewerbsbedingungen.“

    Bruhn (1999, S. 14): „Marketing ist eine unternehmerische Denkhaltung. Sie konkreti-

    siert sich in der Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher

    interner und externer Unternehmensaktivitäten, die durch eine Ausrichtung der

    Unternehmensleistungen am Kundennutzen im Sinne einer konsequenten

    Kundenorientierung darauf abzielen, absatzmarktorientierte Unternehmensziele zu

    erreichen.“

    Fritz/v.d.Oelsnitz (2001, S. 22): Marketing ist „das Management von Austausch-

    prozessen und –beziehungen mit unternehmensinternen und –externen Partnern,

    insbesondere mit Partnern auf Absatz- und Beschaffungsmärkten sowie im

    Bereich der allgemeinen Öffentlichkeit.“

    Homburg/Krohmer (2003): „a) In unternehmensexterner Hinsicht umfaßt Marketing

    die Konzeption und Durchführung marktbezogener Aktivitäten eines Anbieters

    gegenüber Nachfragern oder potentiellen Nachfragern seiner Produkte. ... b)

    Marketing bedeutet in unternehmensinterner Hinsicht die Schaffung der Voraus-

    setzungen im Unternehmen für die effektive und effiziente Durchführung dieser

    marktbezogenen Aktivitäten. Dies schließt insbesondere die Führung des gesam-

    ten Unternehmens nach der Leitidee der Marktorientierung ein. c) Sowohl die

    externern als auch die internen Ansatzpunkte des Marketing zielen auf eine im

    Sinne der Unternehmensziele optimale Gestaltung von Kundenbeziehungen ab.“

    Kotler/Bliemel (2001, S. 24): „Marketing ist ein Prozeß im Wirtschafts- und Sozial-

    gefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche

    befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erstellen, anbieten

    und miteinander austauschen.“

    Meffert (2000, S. 8, 9): „Marketing ist die bewußt marktorientierte Führung des

    gesamten Unternehmens oder marktorientiertes Entscheidungsverhalten in der

    Unternehmung. ... Die marktorientierte Unternehmensführung umfaßt ... einen ...

    unternehmensinternen als auch einen ... unternehmensexternen Prozeß.“

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 8

    Was ist Management ?

    Gestaltung und Lenkung des Unternehmens in seiner Umwelt (globale

    Umwelt, Aufgabenumwelt, interne Umwelt), mit dem Ziel die

    Lebensfähigkeit zu sichern.

    Marketing-Management

    Köhler (1993): Marketing-Management = Marketing-Konzeption

    ■ Marketing-Planung

    ■ Marketing-Organisation

    ■ Marketing-Kontrolle

    ■ Informationskoordination durch Marketing-Controlling

    ■ Mitarbeiterführung

    Homburg/Krohmer (2006, S. 12 f.): Perspektiven des Marketing

    ■ Theorie

    ■ Information

    ■ Strategien

    ■ Instrumente

    ■ Institutionen

    ■ Implementierung

    ■ Führung

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 9

    Zulieferer Hersteller Einzelhandel Konsument

    3 Interne

    Umwelt

    3 Interne

    Umwelt

    2 Aufgabenumwelt2 Aufgabenumwelt

    Warenströme

    Geldströme

    Informationsströme

    Technik Rechtsordnung

    GesellschaftPolitik

    Natu

    r

    Ku

    ltur

    1 Globale Umwelt1 Globale Umwelt

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 10

    1.2 Strategisches und operatives Marketing-Management

    (1) Strategisches und operatives Marketing-Management - eine Abgrenzung

    (Auszug aus Ahlert 1998)

    Abgrenzungskriterium für strategisches und operatives Management sind die Erfolgs-

    potentiale.

    Erfolgspotentiale sind die in einer bestimmten Unternehmung tatsächlich vorhan-

    denen Voraussetzungen, die es dieser Unternehmung erlauben, langfristig

    überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Es handelt sich um die spezifische

    Kompetenz, das unverwechselbare Unternehmungsprofil, die Unique Selling

    Proposition, den komparativen Wettbewerbsvorteil oder wie immer diese Potentiale in

    der Literatur und Praxis bezeichnet werden.

    Strategisches Management ist

    die Schaffung neuer Erfolgspotentiale und/oder

    der Ausbau vorhandener Erfolgspotentiale

    zur Zukunftssicherung der Unternehmung.

    Operatives Marketing-Management geht von den vorhandenen Erfolgspotentialen

    aus und versucht, daraus den bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

    Entsprechend richtet sich das Marketing-Management auf die Erfolgspotentiale im

    Bereich des Marketing.

    (2) Zum Grundverständnis strategischen Planens und Handelns

    Die strategische Unternehmungsführung hat in ihrer relativ kurzen Geschichte in

    Literatur und Praxis eine Vielzahl von Mißverständnissen erfahren. "Seitdem strate-

    gische Planung zum Modethema geworden ist, wächst leider auch die Gefahr eines

    oberflächlichen und unfachmännischen Umganges mit den neuen Lehren. Wie groß

    das Wissensdefizit ist, zeigt beispielsweise eine Umfrage ... unter größeren

    deutschen Unternehmen: Eine überwältigende Mehrheit verneint die Aussage,

    strategische Entscheidungen könnten auch von Geschäfts-Bereichsleitungen

    getroffen werden." (Link 1985, S. 248).

    Um dem Leser ein Grundverständnis strategischen Denkens zu vermitteln, erscheint

    es zweckmäßig, an diesen weit verbreiteten Mißverständnissen anzuknüpfen und die

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    Wesensmerkmale des strategischen Managements herauszuarbeiten (vgl. zu dieser

    Vorgehensweise Link 1985, S. 248 ff.).

    (3) Das Wesen der strategischen Planung

    Mißverständnis Nr. 1:

    Das Wesen der strategischen Planung liege in der Langfristigkeit.

    Diese weit verbreitete Ansicht läuft darauf hinaus, daß operative Planung kurzfristig

    sei und durch Ausdehnung des Planungshorizontes zur strategischen Planung

    würde.

    Tatsächlich ist die Unterscheidung zwischen lang-, mittel- und kurzfristiger Planung

    so sinnvoll und aussagefähig wie die Einteilung der Säugetiere in lange, mittellange

    und kurze Tiere (vgl. Gälweiler 1974; Link 1985, S. 248).

    Wie eingangs schon ausgeführt, unterscheidet sich strategische von operativer

    Planung dadurch, daß neue Erfolgspotentiale zur Zukunftssicherung der

    Unternehmung geschaffen und ausgebaut werden sollen, anstatt nur aus den

    vorhandenen Erfolgspotentialen den bestmöglichen wirtschaftlichen Nutzen zu

    ziehen. In der Unternehmungspraxis kommt es auf eine sinnvolle Kombination dieser

    beiden Ansätze im Rahmen des evolutionären Managements an: Die

    Perfektionierung des vorhandenen Geschäftes setzt überhaupt erst die Ressourcen

    frei, um den Vorstoß in neue, risikobehaftete Gefilde wagen zu können. Dabei kann

    die bestmögliche Ausschöpfung der vorhandenen Potentiale durch operatives

    Management durchaus auch langfristig angelegt sein, während der strategische

    Vorstoß in neue Marktfelder in relativ kurzer Zeit erfolgen kann. Die dadurch neu

    geschaffenen Erfolgspotentiale sind dann wiederum bestmöglich zu nutzen, d.h. die

    strategischen Grobpläne sind in operative (und dispositive) Detailpläne umzusetzen.

    Im Planungszeitpunkt befindet sich die Unternehmung in einer bestimmten

    Ausgangssituation ('Standort'; vorhandene Erfolgspotentiale). Strategisches Denken

    bedeutet, nach neuen Betätigungsfeldern zu suchen, für die bestimmte Wünsche und

    Anforderungen formuliert werden ('Wunschort'; strategische Zielkonzeption). Nur in

    Ausnahmefällen verfügt die Unternehmung bereits im Planungszeitpunkt über

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 12

    hinreichend präzise Vorstellungen über die anzustrebende Situation und den

    optimalen Weg dorthin.

    Wird die Abfolge geplanter Einzelmaßnahmen, die durchgeführt werden müssen, um

    unter Einwirkung der externen und internen Einflußgrößen vom Standort zum

    Wunschort zu gelangen, also die 'Route', als Strategie bezeichnet, so können nun

    drei verschiedene Ansätze der Strategieplanung unterschieden werden:

    Als synoptische Planung wird der Versuch bezeichnet, die komplette Route defi-

    nitiv vorauszubestimmen. Dies ist nur bei einem sehr weitreichenden Informations-

    stand über den 'Wunschort' und die Wirkungsweise der externen und internen

    Einflußgrößen möglich, über den gerade im Bereich strategischen Managements

    in der Regel niemand verfügt.

    Das andere Extrem besteht darin, sich auf die Wahl des ersten Schrittes zu be-

    schränken, d.h. auf langfristige Planung bewußt zu verzichten. In dieser Politik des

    'muddling through' (inkrementalistische Planung) ist u.E. keine

    ernstzunehmende Alternative zu sehen.

    Der geeignete 'Kompromiß' kann in dem Ansatz des evolutionären

    Managements gesehen werden. Danach wird die Schrittfolge, so weit es der

    Informationsstand zuläßt, vorausgeplant und dabei bereits eine lernorientierte

    Anpassung vorgesehen. Im übrigen besteht die Aufgabe der Geschäftsführung

    darin, die internen Voraussetzungen einer planmäßigen Evolution zu schaffen.

    Das bedeutet, die Unternehmung mit Fähigkeiten auszustatten, die diese in die

    Lage versetzen, auf dem Weg vom Standort zum Wunschort die zielführende

    Strategie evolutorisch fortzuentwickeln und an den ebenfalls evolvierenden

    Kontext (dynamische, ex ante nicht vorhersehbare Entwicklung der externen und

    internen Einflußgrößen) anzupassen. Dabei bleibt es häufig nicht aus, von Zeit zu

    Zeit auch die strategische Zielkonzeption gemäß den neuen Informationen zu

    revidieren. Das heißt, auch der 'Wunschort' ist keine feststehende, sondern eine

    sich dynamisch fortentwickelnde Kategorie strategischen Managements.

    Zusammenfassend bildet strategisches Planen keine Alternative zum operativen Pla-

    nen, sondern beide sind zu einem ganzheitlichen Management der strategischen

    Erfolgspotentiale zu verknüpfen. In Zeiten der Instabilität des Kontextes kann die

    Anpassungsfähigkeit als wichtigstes Erfolgspotential der Unternehmung angesehen

    werden: "Evolution beruht immer darauf, auf Vorhandenem aufzubauen, Bewährtes

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 13

    zu bewahren und vom jeweils erreichten Entwicklungsstand aus weitere Neuerungen

    auszuprobieren" (Malik/Probst 1981, S. 125). Dieses integrative Managementkonzept

    stellt hohe Anforderungen an die Führungskräfte:

    Verzicht auf zentrale Problemlösung und Implementierung radikaler Lösungen

    nach der Bombenwurfstrategie top to down und

    Verzicht auf streng hierarchische Organisationsstrukturen mit detaillierten Anwei-

    sungssystemen bei relativ geringen Handlungsspielräumen des Personals in den

    unteren Organisationseinheiten.

    Stattdessen ist eine dezentrale, partizipative Problembewältigung mit weiten

    Spielräumen zur eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung zu organisieren.

    Die Problemlösung sollte nicht von außen aufgezwungen werden, sondern unter

    aktiver Beteiligung des betroffenen Personals 'von innen heraus' wachsen.

    Die Partizipation ist nicht nur deswegen nützlich, weil die Mitarbeiter vor Ort über

    intime Sachkenntnisse verfügen, die sie in den kreativen Prozeß der strategischen

    Planung einbringen können. Vor allem kommt es darauf an, daß sich die Mitarbeiter

    mit dem gefundenen Konzept der gewählten Strategie persönlich identifizieren

    können.

    Diesen Ansprüchen kommt der evolutionäre Managementansatz entgegen. Er geht

    von der Einsicht aus, daß im Bereich komplexer sozialer Systeme (hier:

    Unternehmungen) niemand die jeweils optimale Lösung ('Wunschort' und 'Route')

    kennen kann. Vielmehr kommt es darauf an, geeignete Rahmenbedingungen zu

    gestalten, damit das System aufgrund der ihm innewohnenden

    Selbstorganisationsdynamik permanent in Richtung der unbekannten und sich

    ständig wandelnden Optimallösung evolvieren kann.

    Manager fungieren dabei nicht als 'Macher' oder Kommandeure, sondern als Kataly-

    satoren und Kultivateure eines selbstorganisierenden Systems in einem evolvieren-

    den Kontext.

    (4) Maßgrößen und Kriterien des strategischen Managements

    Mißverständnis Nr. 2:

    Auch bei der strategischen Planung stünden Aufwand und Ertrag im Mittelpunkt.

    Aufwand/Ertrag/Deckungsbeitrag/Return on Investment sind quantitative, statische

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 14

    Maßgrößen. Zur Beurteilung und Steuerung des operativen Verhaltens

    (Ausschöpfung vorhandener Erfolgspotentiale) sind sie hinlänglich geeignet.

    Warum sind diese Kennziffern nicht für strategische Entscheidungen geeignet?

    Erstens werden bei der Umrechnung des Totalerfolges einer Unternehmung in

    Periodenerfolge auch im 'modernen' internen Rechnungswesen, erst recht im

    konventionellen Rechnungswesen regelmäßig Fehler gemacht.

    Dies sei an einer Glosse verdeutlicht, der wir den Titel "Heiligenerzählung" geben

    wollen:

    In die Filiale eines Warenhauskonzerns wird ein junger Filialleiter entsandt mit dem

    Auftrag, 'den Laden auf Vordermann' zu bringen. Die Konzernleitung ist mit der

    Entwicklung des Filialdeckungsbeitrages unzufrieden. Der Neue schafft es innerhalb

    von nur zwei Jahren, den Deckungsbeitrag hochzupushen, indem er den gesamten

    Aufwand für Einkaufsstättenprofilierung (sprich Imagewerbung, Gebäudeerhaltung

    etc.) rigoros zusammenstreicht, das Bedienungspersonal radikal ausdünnt, unter

    Verzicht auf Vollständigkeit der Sortimente die Schnelldreher mit

    Sonderpreisaktionen forciert und die defizitäre Lebensmittelabteilung nach dem

    Store-in-the-Store Prinzip an eine Discountkette vermietet. Aufgrund der höchst

    beachtlichen Sanierungserfolge wird dieser Filialleiter in die zentrale Verkaufsleitung

    berufen, der Return on Investment in dem sanierten Haus geht in der Folgezeit

    drastisch zurück, und unser Manager genießt fortan eine Legende:

    "Die Filiale hatte Schieflage, bevor ER kam, sie blühte auf unter IHM, und sie ging

    nieder, nachdem ER sie verließ".

    Die Verwendung der falschen Maßgrößen für die Beurteilung des Unternehmungs-

    erfolges und insbesondere die fehlerhafte Periodenabgrenzung kommen im Bereich

    des Marketing besonders bei Investitionen in das Image, sogenannten

    Marktinvestitionen, darüber hinaus aber auch bei Investitionen in die

    Humanressourcen vor. Gerade in diesen Bereichen liegen die Erfolgspotentiale, auf

    die das strategische Augenmerk besonders gerichtet sein sollte.

    Zweitens läßt sich der Erfolg strategischer Entscheidungen nicht in eindimensio-

    nalen, quantitativen Größen ausdrücken. Die strategische Zielkonzeption

    umschließt eine mehrdimensionale Beschreibung des 'Wunschortes' insbesondere

    auch mit qualitativen Maßgrößen wie z.B.

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 15

    Firmenimage,

    Marktadäquanz der Leistungen,

    Technologische Überlegenheit,

    Kreativität, Flexibilität,

    Verfügung über rechtliche Schutzpositionen (Vertragssysteme, Patente, Marken

    etc.),

    Know-how, Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter

    etc.

    Drittens ist darauf hinzuweisen, daß der operative Bereich der Bereich harter wirt-

    schaftlicher Fakten, der robusten Maßnahmen und der hohen Prognosesicherheit

    darstellt. Demgegenüber spielen sich strategische Entscheidungen im Bereich hoher

    struktureller und substantieller Ungewißheit ab: Die Prognosen beruhen auf

    'schwachen Signalen'. Wird von dem aus der operativen Denkweise gespeisten

    'synoptischen Planungswahn' Abstand genommen, muß man sich stets darüber im

    klaren sein, daß niemand die optimale Route im Vorhinein kennt, und damit weiß

    auch niemand, ob man sich auf dem 'Holzweg' befindet:

    Die Unternehmung ist mit den Potentialen auszustatten, um sich 'evolutorisch' den

    Weg zum Wunschort durch alle vorausgesehenen und unerwartet eintreffenden

    Widerstände und Widrigkeiten zu bahnen. Dies setzt außer den erwähnten

    Fähigkeiten auch die Bereitschaft (Willigkeit) zum Aufbruch in unbekannte Felder

    voraus.

    Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, daß nicht Aufwand und Ertrag, sondern

    mehrdimensionale, qualitative Zielgrößen Maßstäbe der strategischen Planung sind.

    (5) Zur Frage des Marktbezuges strategischen Managements

    Wesentliches Kennzeichen der Marketingkonzeption ist die Formel: Führung der

    gesamten Unternehmung vom Markt her. Es liegt nun nahe, diese Orientierung auf

    die strategische Planung zu übertragen. Dies wäre aber verfehlt:

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 16

    Die Märkte sind nicht Ausgangspunkt, sondern Zwischenergebnis der strategischen

    Planung. Sind die Märkte erst einmal definiert, so ist ein wesentlicher Teil der

    strategischen Arbeit bereits getan.

    "Im Rahmen der Strategischen Planung wird nämlich darüber entschieden, welche

    Märkte überhaupt als relevant/interessant für das Unternehmen angesehen werden

    können und wie sie von anderen Märkten abgegrenzt oder auch mit anderen Märkten

    zu einem Gesamtmarkt verschmolzen werden sollen... Man nennt die solchermaßen

    abgegrenzten, eigenständigen Märkte üblicherweise 'Strategische

    Geschäftseinheiten'. Ausgewählt und bearbeitet werden nur jene 'Strategischen

    Geschäftseinheiten', bei denen Chancen und Risiken in Verbindung mit den eigenen

    Stärken und Schwächen Aussicht auf eine gute Wettbewerbssituation bieten" (Link

    1985, S. 250).

    (6) Der Stellenwert der Portfolio-Methode

    Diese Aussage ist offensichtlich verfehlt: Die Portfolio-Methode ist wohl der bekann-

    teste und von Dozenten und Beratern am besten "verkäufliche" Teil der strategischen

    Planung, aber sie ist ein Splitter im Gesamtkomplex der Problemstellungen: Die Port-

    folio-Methode ist nur eine unter zahlreichen Methoden, die im Bereich der strate-

    gischen Planung angewendet werden.

    Außerdem ist auf den folgenden Sachverhalt hinzuweisen:

    Die großen Probleme des strategischen Managements treten nicht im Zusammen-

    hang mit der Anwendung der Portfolio-Methode auf, sondern bestehen darin, für die

    einzelnen Märkte bzw. strategischen Geschäftseinheiten konkrete Produktangebote

    zu konzipieren, die sich unter den bestehenden Wettbewerbsverhältnissen am Markt

    durchsetzen. Von herausgehobener Bedeutung sind an dieser Stelle

    Marktkenntnisse, Produktkenntnisse, Kreativität und Risikobereitschaft: "Hier liegt in

    der Praxis die stärkste geistige und unternehmerische Herausforderung innerhalb der

    strategischen Planung. Wie sie zu bewältigen ist, ist weitaus schwieriger zu lehren

    und zu lernen als der Umgang mit den vielfältigen Portfolio-Varianten" (Link 1985, S.

    250).

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 17

    (7) Die Funktionen von Planungsstäben

    Strategische Planung sei primär eine Angelegenheit entsprechender Stabsstellen

    Strategische Planung ist Bestandteil eines umfassenden Aufgabenkomplexes,

    nämlich des strategischen Managements. Strategisches Management umschließt,

    wie gezeigt wurde, die Phasen der

    strategischen Willensbildung,

    strategischen Willensdurchsetzung und der

    strategischen Kontrolle.

    Es zeigt sich, daß das strategische Management eine ureigene Aufgabe der Linien-

    instanzen ist und Stäbe hier allenfalls unterstützend tätig werden können.

    Daß es gerade bei schwierigen Aufgaben selbstverständliche Pflicht ist, daß ein

    'Kapitän' die Schiffsführung und ein 'Chirurg' das Skalpell nicht an Gehilfen übergibt,

    steht außer Frage.

    Strategische Planung gehört zum harten Kern jener Führungsaufgaben, die von den

    Linienmanagern jeweils höchstpersönlich und mit größtem Engagement wahr-

    zunehmen sind.

    Stabsstellen leisten wichtige Vorarbeiten, bringen Methodenkenntnisse ein, können

    dafür sorgen, daß nach einer bestimmten Technologie geplant und daß die Teilpläne

    aufeinander abgestimmt werden (Koordinationsfunktion). Weder Stabsstellen noch

    neuerdings Controllingorganisationen sind berufen, die strategische Planung zu

    übernehmen. Ebensowenig kann dies an externe Berater übertragen werden.

    (8) Zur Frage der Partizipation an der strategischen Planung

    Ob die strategische Planung den obersten Führungskräften vorzubehalten ist oder ob

    mittlere und untere Führungskräfte an der Planungsarbeit zu beteiligen sind, ist eine

    weithin umstrittene Frage. Für die Beschränkung der strategischen Planung auf die

    oberste Führungsebene werden unter anderem folgende Argumente ins Feld geführt:

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 18

    'Frontoffiziere' dürfen nicht mit strategischen Zweifeln belastet werden, wenn sie

    ihre Tagesarbeit erfolgreich erfüllen sollen.

    Aufgrund der Betroffenheit der mittleren und unteren Führungskräfte durch

    strategische Entscheidungen können diese nicht in den strategischen Entschei-

    dungsprozeß einbezogen werden.

    Wegen der Geheimhaltungsproblematik ist der Kreis der Beteiligten möglichst

    klein zu halten.

    Je mehr Führungskräfte an der strategischen Planung beteiligt werden, desto

    größer ist der Zeitaufwand und desto weniger Zeit verbleibt für das wichtige

    operative Geschäft.

    Als Gegenargumente sind zu nennen:

    Die Beteiligung der mittleren und unteren Führungskräfte an den strategischen

    Entscheidungen ist eine conditio sine qua non für die Lösung der anschließen-

    den Umsetzungsprobleme.

    Auf die intimen Sachkenntnisse und den Einfallsreichtum der Basis kann bei

    strategischen Entscheidungen nicht verzichtet werden.

    Wenn man sich in Abkehr vom synoptischen Planungswahn dem Gedankengut

    des evolutorischen Managements verschrieben hat, ist die Beteiligung aller

    Führungskräfte an strategischen Entscheidungen eine unumstößliche Selbstver-

    ständlichkeit.

    Es ist gerade das Wesen des 'Konzepts der strategischen Geschäftseinheiten',

    daß mittlere und untere Führungskräfte als Verantwortliche für diese strategischen

    Geschäftseinheiten an dem Prozeß des strategischen Managements beteiligt sind.

    Dem Einwand Betroffenheit und Geheimhaltung kann entgegengehalten werden,

    daß natürlich in höchst sensiblen Bereichen Ausnahmen von dem allgemeinen

    Partizipationsgebot zulässig sind.

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 19

    (9) Zur Frage des Timing strategischer Planung

    Die strategische Planung ist Bestandteil des strategischen Managements, das durch

    einen 'kumulativen Zirkel' über die Zeitachse abgebildet werden kann.

    Wie die zweckmäßige Zeitstruktur (Timing) beschaffen ist, hängt von der Dynamik

    der Umwelt/der Märkte ab.

    Im Handel sind im allgemeinen kleinere Intervalle notwendig als in der Industrie, und

    im stationären Einzelhandel kleinere als im Großhandel. Nur in Ausnahmefällen ist es

    denkbar, daß eine strategische Planung jährlich einmal sinnvoll sein kann. Vielmehr

    ist dieser Planungsrhythmus eher ein Indiz für den mangelnden Willen, den

    verabschiedeten Plan überhaupt durchzusetzen. Der Nutzen einer guten

    strategischen Planung besteht gerade darin, einen Weg zur Schaffung ausreichender

    Erfolgspotentiale zu weisen, dessen Ziel und Richtung eben nicht jedes Jahr mit

    hohen Kosten und großen Reibungsverlusten neu gesucht und ausgehandelt werden

    müssen. Im übrigen widerspricht es dem Grundgedanken des evolutionären

    Managements, dem strategischen Denken eine starre Zeitstruktur zu verordnen.

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 20

    1.3 Die Prozessphasen des Marketing-Managements

    SituationsanalyseSituationsanalyse

    EntwicklungsprognoseEntwicklungsprognose

    ZielplanungZielplanung

    MaßnahmenplanungMaßnahmenplanung

    WirkungsprognoseWirkungsprognose

    EntscheidungEntscheidung

    DurchführungDurchführung

    KontrolleKontrolle

    Prozeß

    des

    Marketing-Management

    ZielplanungZielplanung

    Bestimmung der

    ZielgruppenBestimmung der

    Zielgruppen

    Bestimmung der

    ZielinhalteBestimmung der

    Zielinhalte

    Bestimmung der

    ZielausmaßeBestimmung der

    Zielausmaße

    Bestimmung des

    ZeithorizontsBestimmung des

    Zeithorizonts

    Bestimmung der

    RessourcenBestimmung der

    Ressourcen

  • Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen MM GP 1 - 21

    Die einzelnen Phasen können plakativ mit Fragen skizziert werden.

    ■ Situationsanalyse: Wo steht die Unternehmung, gemessen an bestimmten

    Erfolgsgrößen?

    ■ Entwicklungsprognose: Wohin geht die Entwicklung der Unternehmung, wenn

    keine neuen Maßnahmen geplant und umgesetzt werden?

    ■ Zielplanung: Welchen Erfolg strebt die Unternehmung an?

    ■ Maßnahmenplanung: Welche Strategien und Instrumente stehen zur Verfügung?

    ■ Wirkungsprognose: Inwieweit tragen verschiedene Strategien und Instrumente

    dazu bei, die gesetzten Ziele zu erreichen?

    ■ Entscheidung: Welche Strategie wird mit welchen Maßnahmen umgesetzt?

    ■ Durchsetzung: Was muß getan werden, damit der Marketingplan von allen

    Beteiligten akzeptiert und realisiert wird?

    ■ Kontrolle: Sind die gesetzten Ziele erreicht worden?

    Jede Phase des Marketing-Management-Prozesses ist ein komplexer Vorgang.

    Beispiel: Bei der Zielplanung sind die von dem Entscheider gewünschten zukünftigen

    Zustände nach mehreren Dimensionen zu operationalisieren, dabei sind konfliktäre

    und komplementäre Zielbeziehungen zu identifizieren und entsprechend zu

    behandeln (vgl. Meffert 1994, S. 102 ff.). Des weiteren können zwischen den

    einzelnen Phasen „Schleifen“ auftreten. Zeigt nämlich die Wirkungsprognose, daß

    sich die Ziele nicht mit den geplanten Maßnahmen erreichen lassen, sind die Ziele

    anzupassen oder neue Maßnahmen zu entwickeln.

    (Quelle: Schröder, H., Handelsmarketing, München 2002, S. 34 f.)