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ORFF SCHULWERK INFORMATIONEN Von der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik zur Modernen Kunst? From Elemental Music and Dance Pedagogy to Modern Art? Winter 2005/2006 75

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ORFFSCHULWERKINFORMATIONEN

Von der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik zur Modernen Kunst?From Elemental Music and Dance Pedagogy to Modern Art?

Winter 2005/2006 75

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International Symposion Orff-Schulwerk

Elemental Music and Dance Educationin Interdisciplinary Contexts

“IN DIALOGUE”July 6th – 9th, Salzburg

Contact Symposion 2006Orff-Institute, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Austria

Tel: +43-(0)662-6198-6100, Fax: +43-(0)662-6109E-mail: [email protected], www.orff-schulwerk-forum.org/symposion

Internationales Symposion Orff-Schulwerk

Elementare Musik- und TanzpädagogikIm interdisziplinären Kontext

„IM DIALOG“6.–9. Juli 2006, Salzburg

Kontakt Symposion 2006Orff-Institut, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich

Tel: +43-(0)662-6198-6100, Fax: +43-(0)662-6109E-Mail: [email protected], www.orff-schulwerk-forum.org/symposion

Ankündigung Symposion

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Herausgegeben von Universität Mozarteum Salzburg,Institut für Musik- und Tanzpädagogik – „Orff-Institut“Frohnburgweg 55, A-5020 SalzburgundOrff-Schulwerk Forum, SalzburgFrohnburgweg 55, A-5020 SalzburgTelefon +43-(0)662-61 98-61 00Telefax +43-(0)662-61 98-61 09E-Mail: [email protected]

Redaktion Barbara Haselbach

Redaktionelle Assistenz Esther Bacher

Übersetzungen / Barbara HaselbachZusammenfassungen Esther Bacher

Verena MaschatShirley SalmonMiriam Samuelson

Fotos Corinna Enßlin, Nicola Mittermayr, Margit Türk,Manuela Widmer und privat

Satz Werbegrafik Mühlbacher, 5082 Grödig

Druck Druckerei Roser, Salzburg-Mayrwies

Diese Publikation wird Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ermöglicht durch in Österreich

MUSIK + TANZ + ERZIEHUNGDeutsche Orff-Schulwerk GesellschaftSchweizer Orff-Schulwerk Gesellschaft, FlawilStudio 49 – Musikinstrumentenbau Gräfelfing

Nr. 75 Winter 2005/2006 Alle Rechte vorbehalten – Nachdruck und Übersetzungnach Rücksprache mit der Redaktion

Orff-Schulwerk Informationen

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INHALT /CONTENT

Barbara Haselbach Editorial / Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Themenschwerpunkt: Von der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik zurModernen Kunst?

Main Theme: From Elemental Music and Dance Pedagogy to Modern Art?

ARTIKEL ZUM THEMENSCHWERPUNKT / ARTICLES RELATED TO THE THEME

Wolfgang Hartmann In Fragen leben können … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Being able to exist with questions … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Hermann Regner Von der Offenheit, der Einfachheit und der Kraft des Orff-Schulwerks . . . . . 10About the Openness, Simplicity and Strength of Orff-Schulwerk . . . . . . . . . . . 14Improvisation, um neue Klangwelten zu entdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Improvising in order to discover new worlds of sound . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Klaus Feßmann . . , bit ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

. . , bit ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Fernando Palacios Kunst erleben – in Kunst erziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Living the arts – educating through the arts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

AUS DER PRAXIS / FROM PRACTICAL WORK

Nicola Mittermayr Durch Sehen zum Hören: Kandinsky meets Penderecki . . . . . . . . . . . . . . . . . 29From seeing to hearing: Kandinsky meets Penderecki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Birgitta Mooslechner Hören und Gestalten von Neuer Musik am Beispiel der „Living Room Music“ von John Cage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34Listening and creating new music with the example of “Living Room Music” by John Cage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Vadim Kanevsky Orff Schulwerk und Musik des 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Orff Schulwerk and music of the 20th century . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

James Harding The Lumière Project: A Journey into the Art of Film Music . . . . . . . . . . . . . . . 47Andrea Sangiorgio Ideas from Contemporary Music: “Parametrical Motifs” . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Anregungen aus der zeitgenössischen Musik: parametrische Motive . . . . . . . 56

AUS ALLER WELT / FROM AROUND THE WORLD

Deutschland 10 Jahre musik- und tanzpädagogische Arbeit in Flüchtlingsheimen (Corinna Enßlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Zur Entstehung eines Musik-Tanz-Theaterstückes mit Flüchtlingskindern (Christa Coogan) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60PRO MERITO für Insuk Lee. Laudatio (Coloman Kallós) . . . . . . . . . . . . . . . 62

Guatemala Reiseeindrücke (Christa Geißdörfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65(K)ein Schulprojekt im Maya-Hochland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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Italien Zusammenarbeit zwischen Orff-Schulwerk Italiano und der Musikschule Donna Olimpia (Giovanni Piazza) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Richtigstellung (Giovanni Piazza) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Der Beitrag des Centro Didattico Musicale, Rom zu den Orff-SchulwerkFortbildungen in Italien (Andrea Sangiorgio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Japan Jahresversammlung und 18. Sommerkurs(Thoru Iguchi, Junko Hosoda, Wakako Nagaoka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Kanada Carl Orff Canada – Summary of Activities (Lucie Allyson) . . . . . . . . . . . . . . . 71Österreich Alter ist das Meisterstück des Lebens (Christine Schönherr) . . . . . . . . . . . . . 72

Musik belebt – Musik bewegt (Monika Sigl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Rumänien Musiktheaterwoche auf der „Farm der Kinder“ (Manuela und Michel Widmer) 73Schweiz 25 Jahre Orff-Schulwerk Gesellschaft Schweiz (Bernadette Rickli) . . . . . . . . 76

AUS DEM ORFF-INSTITUT / FROM THE ORFF-INSTITUTE

Barbara Haselbach Internationales Orff-Schulwerk Symposion 2006: „Im Dialog“ . . . . . . . . . . . 77Shirley Salmon Postgraduate University Course “Advanced Studies in Music and Dance

Education – Orff-Schulwerk” 2006/07 “Special Course” . . . . . . . . . . . . . . . . 79Ulrike E. Jungmair Universitätslehrgang: „Elementare Musik- und Bewegungspädagogik

in der Grundschule“ 2006/07 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

AUS DEM ORFF-SCHULWERK FORUM / FROM THE ORFF-SCHULWERK FORUM

Einladung zur Generalversammlung 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

PUBLIKATIONEN / PUBLICATIONSJohannes Beck- Zwi-Zwa-Zwergenmatze, Lieder für Kinder … Neckermann (Manuela Widmer). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81Jürgen Zimmermann Charivari – Trommeln aus der Provinz (Florian Müller). . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Theo Harthog Musikgeragogik (Shirley Salmon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

KURSE / COURSES . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

ADRESSEN DER MITARBEITERINNEN UND SPONSOREN DIESER AUSGABE /ADDRESSES OF CO-AUTHORS AND SPONSORS OF THIS ISSUE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

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Editorial

Von der Elementaren Musik-und Tanzpädagogik zurmodernen Kunst?

lehnung und Geringschätzung,• dann eine aktive Auseinandersetzung im eigenen

Erproben, Gestalten und Nachgestalten, Betrach-ten, Vergleichen, Nachsinnen und Nachdenken,

• und schließlich, inspiriert und ermutigt durchdiese Erfahrungen, die Bereitschaft zur selbst be-stimmten, vertieften Auseinandersetzung mit denKünsten, mit Künstlern und Kunstwerken und dievielleicht daraus entstehende lebenslange Bezie-hung zu den Künsten als Hörer, Zuschauer, Leser,Betrachter und Teilnehmer,

• oder die Entscheidung, selbst den Weg der Kunstzu gehen, nun nicht mehr spielend, aufnehmend,als Publikum, sondern mit dem schwierigen Ziel,den eigenen künstlerischen Ausdruck und dessenForm zu finden und in der Welt zu behaupten.

Wenn nun diplomierte Absolventen des Orff-Insti-tuts in ihrem Unterricht nicht nur mit dem traditio-nellen Instrumentarium sondern auch mit dem Mobi-liar des „living room“ Musik machen, wenn Kindervoll Fantasie und Begeisterung Stimmklänge à la„Stripsody“ erzeugen oder zu Filmausschnitten „Be-wegungsbegleitung“ erfinden, wenn sie Beziehun-gen zwischen Bild und Klang in Werken von Kan-dinsky und Penderecki entdecken und nachvollzie-hen, so handelt es sich hier wie im „originalen“Schulwerk um einen kreativen Lernprozess in derGruppe, der vom künstlerischen Modell inspiriertzur eigenen Improvisation und Gestaltung führt. Insolcher Art des Unterrichts ist das Kunstwerk nichtmehr nur Inhalt von Kunstbetrachtung und -analyse,sondern vor allem Inspiration und Modell für grup-pendynamisches, kreatives Tun geworden.Durch solche „Spielereien“ würde man aber dochdem Ernst und der Komplexität der zeitgenössischenKunst nicht gerecht? Mag sein, vielleicht nicht! Aberist es nicht entscheidender, durch Neugierde, Ent-deckerlust und eigenes Erproben Interesse an dieserKunst zu erwecken, als durch Erklärungen ihrerkomplexen Strukturen junge Menschen schon beider ersten Begegnung in die Flucht zu schlagen?Niemand behauptet, dass pointillistische Klangim-provisationen schon Kompositionen von Weberngleichen, dass die zeichnerische Interpretation derMusik von Penderecki die Qualität eines Kandinskyhat. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht vielmehr um das Erbauen eine Brücke, über

In Vorbereitung auf das kommende InternationaleOrff-Schulwerk Symposion „IM DIALOG“ ist dieseAusgabe der Orff-Schulwerk Informationen derFrage gewidmet, ob es zwischen Elementarer Mu-sik- und Tanzpädagogik und Neuer Kunst eineBrücke geben kann und wenn ja, wie diese zu be-schreiten sei.Begegnung und Erfahrung der Welt im Spiel, unvor-eingenommene Auseinandersetzung mit den Phä-nomenen des Lebens schließt auch die Annäherungan Kunst mit ein.

Annäherung an die Künste

Unter Annäherung könnte man verstehen:• zunächst ein Zugehen auf Werke und Erschei-

nungsformen der Kunst, neugierig und mit allenoffenen Sinnen, ohne Berührungsangst, anerzo-gene, aber unverstandene Ehrfurcht, vorgelebtesMisstrauen und Ignoranz oder übernommene Ab-

Barbara Haselbach

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Editorial

die man schon in ganz jungen Jahren zur Kunst ge-hen kann um sie nicht nur gelegentlich zu konsumie-ren sondern um sie letztendlich als Teil unserer selbst und unserer Welt zu begreifen, um mit ihr zuleben. Wir wünschen Ihnen interessante Anregungen beimLesen und würden uns wie immer über Rückmel-dungen freuen.

Barbara Haselbach

PS.: Anstelle des Sommerheftes wird nach den Feriendie Dokumentation des Symposions 2006 erscheinen.Das Winterheft 2006 widmet sich dem Thema „Bil-derbücher“. Wenn Sie dazu Ideen haben, bitte schrei-ben Sie uns bald.

Die einzelnen Beiträge stellen die individuellen An-sichten und Erfahrungen der Autorinnen und Autoren,nicht eine offizielle Meinung des Orff-Instituts dar.

In preparation for the forthcoming international Orff-Schulwerk Symposium “IN DIALOGUE” thisissue of Orff-Schulwerk Informationen is dedicated tothe question of whether there is a bridge betweenelemental music and dance pedagogy and contempo-rary arts and, if there is, how we can cross it.Meeting and experiencing the world in play and inunprejudiced encounters with the phenomena of lifealso include approaching the arts.

Approaching the arts

can be understood as:• firstly, making toward forms of art with curiosity,

with all senses open, without reserve, without ac-quired but misunderstood awe, without distrust andignorance or imitated rejection and disdain

• next, active encounters in one’s own experiment-ing, creating, interpreting, contemplating, compar-ing, meditating and reflecting

• and then, inspired and encouraged by these experi-ences, the readiness for independent, deeper en-counter with the arts, with artists and works of art,perhaps leading to a life-long relationship with thearts as listener, viewer, reader, spectator and par-ticipant

• or the decision to go along the road of the arts, nowno longer playing or being part of the audience butwith the difficult goal of trying to find one’s ownartistic expression and form and to assert these inthe world.

From Elemental Music and Dance Pedagogy to Modern Art?

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When certified graduates of the Orff-Institute notonly teach using the traditional Orff-Instruments butalso using furniture to make “Living Room Music”,when children produce vocal sounds full of imagina-tion and enthusiasm to “Stripsody” or invent “move-ment accompaniments” to film-strips, when they dis-cover and understand the relationships between pic-tures and sounds in the works of Kandinsy and Pen-derecki, then these are creative group learningprocesses – as in the “original” Schulwerk – that areinspired by an example of art and lead to one’s ownimprovisations and compositions. In this type ofteaching the work of art is no longer only the centreof inspection and analysis but above all the inspira-tion and model for dynamic, creative group work.Can one appreciate the seriousness and complexityof contemporary arts using these “diversions”?Perhaps or perhaps not! But is it not more significantto awaken interest in the arts through curiosity, en-joyment of discovery and one’s own experimentsrather than through explanations of complex struc-tures that alienate children at their first meeting withthe arts?Nobody maintains that pointillistic improvisationsapproach the compositions of Webern or that thegraphic interpretation of Pendercki’s music has thequality of a Kandinsky. This is not the point.The point is building bridges to the arts that one cancross, even when very young, not only to enjoy as anoccasional consumer but ultimately in order to un-derstand the arts as a part of ourselves and ourworld and to live with them.We wish you stimulating reading and, as always,would be grateful for your feedback.

Barbara Haselbach

PS. The documentation of the Symposion 2006 willappear after the summer holidays instead of thesummer issue of the Orff-Schulwerk Informationen.The following winter edition will be devoted to thetheme of “Picture Books”. Please contact us soon ifyou have any ideas.

The individual articles represent the personal opin-ions and experiences of the authors and not an offi-cial opinion of the Orff-Institute.

Artikel zumThemenschwerpunkt

Articles relatedthe Theme

In Fragen leben können …

Wolfgang Hartmann

Bei einem Besuch im Museum of Modern Art inNew York sah ich mich – inmitten von aufregenden,teils bekannten, zum großen Teil mir unbekanntenKunstwerken – plötzlich einem besonderen Bild ge-genüber. Es war groß, seine gesamte Fläche einfachblau, von oben bis unten. Blau, ohne Schattierung,vom Lichteinfall einmal abgesehen. Die Wirkungwar eigenartig: Plötzlich fühlt man sich aus seinerStimmung zwischen Entdeckerfreude und kontem-plativer Ruhe gerissen: Gleichgültig weitergehenscheint nicht möglich. Man fühlt sich unweigerlichprovoziert, sieht sich gezwungen, in irgend einerWeise Stellung zu beziehen. Der handwerklich-tech-nische Aufwand des Bildes erscheint so minimal,dass man es erst einmal lächerlich findet, nach einer„Aussage“ zu suchen. Sätze wie „das kann ichauch“, und „das soll Kunst sein“, Sätze, die man infragwürdigen Kunstdiskussionen bei anderen verab-scheut, finden erschreckend leicht ins eigene Hirn.Fragen drängen sich auf: Warum lassen wir uns vonKunst, speziell von moderner Kunst so leicht provo-zieren? Warum werden Reaktionen erkennbar, dieeindeutig auf eine unbestimmte Form von Angst

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schließen lassen? Und dann weiter im pädagogisch-beruflichen Kontext: Kann man dieser dumpfen Ab-wehrhaltung entgegenwirken? Kann mein Arbeits-feld, die „Elementare Musik- und Tanzerziehung“dazu beitragen, eine positive Form von Neugier undAufgeschlossenheit zu erzeugen, die es den Men-schen erlaubt, sich neuen Kunstformen offener undweniger aufgeregt zu stellen?Es gab einmal eine Zeit in Deutschland, da wusstenbestimmte Leute genau, wie Kunst zu sein hatte: ide-alisierte Proportionen, heroischer Blick, Stärke undFestigkeit, vaterländisch …Waren Pferde dagegen blau oder gelb, Gegenständein sich gebrochen und verfremdet, Gesichter fratzen-haft ihre Spießigkeit entlarvend, dann war das nichtnur unerwünscht, es war verboten, wurde verfolgt,galt als „entartet“ … Leider sind solche Denkmuster nicht auf dieseschwarze Zeit beschränkt. Faschistoide Reaktionendieser Art gibt es immer wieder. Da wird schon maleine Fuhre Mist vor einem Museum mit modernenWerken abgeladen, da werden Künstler verunglimpftund populistische Medienkampagnen appellierendabei an den „gesunden Menschverstand“. Etwas,das nicht verstanden wird, macht offenbar Angst, esstört die bequem ausgetretenen Denkpfade. Das istnicht nur im Bereich der Kunst so, aber dort wird dieganze Palette des Nichtverstehens, des Lächerlich-machens, der Ablehnung, mitunter auch der Aggres-sion besonders deutlich.Es soll nicht unerwähnt sein, dass Kunst zu allenZeiten, in allen Epochen provozierte und Künstlernicht verstanden und nur zu oft verfolgt wurden.Dennoch begann um 1870 eine Entwicklung in derMalerei, die sich so stark von der fotografischenRealität löste, dass die Menschen auch eine neueForm des Sehens lernen mussten. Wer dazu nicht be-reit oder fähig war/ist, fühlt sich mitunter veralbert,nicht ernst genommen und somit bedroht.Die stilistische Vielfalt der heutigen Kunst macht –vor allem nach dem Einzug der Postmodernen – dieVerwendung des Begriffs der „ZeitgenössischenKunst“ problematisch, wenn er über das Zeitlichehinaus auch Stil definierend sein soll:Der Kubismus von Juan Gris – heuer zu sehen inMadrid – ist auch nach fast hundert Jahren noch auf-regend – und die amerikanischen Straßenkreuzer

von Robert Bechtle – heuer zu sehen im Museum ofModern Art in San Francisco – sind in ihrer foto-grafischen Mikrorealistik dagegen „leicht anzu-schauen“ (aber auch darin schon wieder provozie-rend). Aus diesem Grund möchte ich hier – in Bezugauf die anfänglichen Fragestellungen – nicht von„Zeitgenössischer Kunst“ sprechen, sondern lieberbei dem schon etwas angestaubtem Begriff „der Mo-derne“ bleiben, da er besser das erfasst, worum esgeht:Es gibt Kunstformen, die vom Betrachter im beson-deren Maße erwarten, dass er sich auf sie einlässt,dass er eigene Wege des Verstehens und der Interpre-tation wagt, dass er seine eigene Phantasie einsetzt,dass er die Einsamkeit des Vermutens und Rätselnserträgt und mitunter auch Ratlosigkeit in Kauf nimmt.Doch diese Bereitschaft des „Sich auf Moderne Kunst Einlassens“ setzt eine Neugier voraus und eine „Abenteuerlust im Hirn“, die in manchen Men-schen erst entwickelt und aufgebaut werden muss.Vielleicht sind dazu auch manchmal Umwege nötig– Brücken, um für Kunst Verständnis zu entwickeln.Hier wird nun die Frage gestellt, ob in einer kreati-ven Musik- und Tanzpädagogik eine solche „Brücke“ hin zur modernen Kunst gefunden werdenkann.Ich meine „ja“, nach meinen Beobachtungen und Er-fahrungen mit Schulkindern, vor allem dann, wenndies von klein auf geschieht. Kinder haben eineeigene Art zu sehen. Sie nehmen etwas ernst, wasErwachsene nur komisch finden und können dortlachen, wo die Großen Ernsthaftigkeit erkennen. Wosich für Erwachsene Fragen auftun, die Erklärungenfordern, reichen den Kindern schon die Flügel ihrerPhantasie. Rationales, sachliches Denken spieltkeine vordergründig wichtige Rolle.Der Schweizer Autor Peter Bichsel schreibt in seinen„Geschichten zur falschen Zeit“ über ein Kind, dasspielerisch eine unbeantwortbare Frage stellt:„… ich kann mir nicht helfen, ich halte sie (dieFrage) trotzdem für interessant, und ich habe dasKind in Verdacht, dass es wusste, dass es dazu keineAntwort gibt, und dass es froh darüber war, weil esin der Frage bleiben konnte.Kinder können in Fragen leben, Erwachsene leben inAntworten.“

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„Mit offenen Fragen leben zu können“ hat auch inder Kreativitätslehre eine große Bedeutung: DieHöhe der Ambiguitätstoleranz, also das Vermögen,sich in einem Schwebezustand der Mehrdeutigkeitzu erhalten, lässt Rückschlüsse auf das kreative Po-tential einer Person zu. Je leichter es gelingt, mit ei-ner offenen Problemstellung zu leben, man alsonicht gleich die erstbeste Lösung sucht, desto mehrOptionen können sich mit der Zeit ergeben. Das wie-derum lässt erwarten, dass das eigene Kreativseinauch zu einer größeren Offenheit gegenüber denschöpferischen Leistungen anderer führt. Wer aussich selbst heraus gestaltet, wer den Entscheidungs-druck und die Vielfalt der Möglichkeiten bei derFormfindung kennt, wird beim Betrachten von Wer-ken anderer eher neugierig und kollegial „verste-hend“ reagieren, denn „beckmesserisch“ einforderndund qualifizierend.Mit dem Kreativsein tut sich jedoch die Musikerzie-hung etwas schwer. Ein wichtiger Grund dafür liegtin der Absolutheit der wichtigsten musikalischen Pa-rameter. Tonhöhe und Rhythmus fordern einen ge-wissen Standard: Wenn jemand nicht „im Takt“spielt, nicht genau die Tonhöhe trifft, empfinden wirdas einfach als „falsch“ (Sicher, wir können tolerantsein! Dennoch wissen wir, „wie es eigentlichgehört.“). Bei einer Melodie erkennen wir aus derHörgewohnheit heraus schon nach wenigen Tönen,welche Skalentöne „erlaubt“, welche „nicht erlaubt“sind. Dies gilt natürlich vor allem für die traditio-nelle Musik. Dort gelten eben Tondauer und Ton-höhe als absolute Parameter.Auch in der Malerei gibt es solche absoluten Para-meter wie Perspektive oder Proportion. Aber, würdeman damit im Malunterricht beginnen? Dort freuenwir uns über die Freiheit, mit der Kinder zu Werkegehen. Und wenn auf einem Kinderbild ein Hausvon seinem Bewohner überragt wird, dann findenwir das unter Umständen besonders expressiv …Meine Erfahrung im Musikunterricht hat gezeigt,wenn wir auch dort die Parameter Tonhöhe und Ton-dauer freigeben, also auf unbedingte Einhaltung vonMetrum und definiertem Tonmaterial verzichten,Kinder zu ähnlich expressiven Ergebnissen kom-men, wie wir sie aus dem Kunstunterricht kennen.Im Bereich des Tanzens lässt sich ähnliches feststel-len. Auch dort fordern der konventionelle Tanz, der

Volkstanz und noch viel stärker das klassische Bal-lett ein Bewegungsrepertoire ein, das sich mit denoben genannten absoluten Parametern in Malereiund Musik vergleichen lässt. Und auch da zeigt essich, wenn man den Tänzern die Möglichkeit gibt,sich davon befreit zu bewegen, dass ein größererReichtum an Formen, eine größere Authentizität undExpressivität sichtbar werden. (Für Pädagogen: Da-mit ist nicht gemeint, dass man Kinder einfach nurtun lassen soll, ohne Vorgaben zu geben, ohne Ent-wicklungen zu beeinflussen. Den Kindern soll viel-mehr die Gelegenheit eingeräumt werden, aus sichheraus zu gestalten und sich auszudrücken ohnehemmende Reglementierung. Nicht der Lehrer-wunsch soll als Gestaltungsanlass dienen, sonderndie Vorstelungskraft und der Ausdruckswille derKinder. Die Aufgabe der Lehrerin / des Lehrers be-steht dann darin, zu erkennen, was das Kind oder dieGruppe darstellen wollen. Dies gilt es zu unterstüt-zen, zu hinterfragen, mitunter auch technisch zu ver-bessern. Gunild Keetman beschreibt diese förderndeEinflussnahme des Lehrers im Bereich der Elemen-taren Improvisation so: „Dabei wird ein meist unbe-wusster Bewegungsantrieb angesprochen, der vor al-lem beim Kind noch ungebrochen vorhanden ist.Dieser sollte gepflegt und gefördert werden. Dabeikommt es darauf an, das Intuitive, Ursprüngliche mitBehutsamkeit zu erhalten, gleichzeitig aber darauf,aus anfangs Ungeformtem und Zufälligem zu einerbewussteren Formung zu kommen … Der Lehrerkann hier durch ermunternden Zuspruch besondershelfen und fördern, wie überhaupt seine Kritik anImprovisationen nur das Positive hervorhebensollte.“1

Die Brückenfunktion der elementaren Musik- undTanzerziehung zu einem offenen Kunstverständnisergibt sich somit aus dieser Bereitschaft zur eigenenKreativität.Ich erinnere mich an Arbeitsituationen mit Schul-kindern, in denen Bilder von der klassischen Moder-nen bis hin zu aktuellen Kunstformen in Klänge undBewegung umgesetzt wurden. Die gleichen Kinder,die, wenn sie zum Malstift griffen, durchaus gegen-ständlich „so genau wie möglich“ zu zeichnen ver-suchten, hatten mit abstrakten Formen, gebrochenenund verfremdeten Darstellungen keinerlei Probleme.„Das Intuitive, Ursprüngliche mit Behutsamkeit zu

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erhalten“ (siehe Keetman) und „in Fragen leben“ zukönnen (siehe Bichsel) sind vermutlich Werte, derenWichtigkeit häufig unterschätzt werden. Geradedarin wird eine Problematik deutlich, die sich in jeg-licher Form von „Erziehung“ stellt: Während wirKinder in die Erwachsenenwelt hinauf- (?), besser,hinein-entwickeln, gehen manche Grundeinstellun-gen und manche Haltung verloren, deren Erhaltung –mitunter sogar Verstärkung – ebenso wichtig wärenwie das Aufnehmen neuer Informationen und dasLernen neuer Techniken und Verhaltensformen. Undhier schließt sich wieder der Kreis hin zu Orffs undKeetmans (musik-)pädagogische Prinzipien:Aufbauend auf Vorhandenes, nicht Neuanfang, son-dern Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Kin-des sind im Orff-Schulwerk maßgeblich. Vielleichtliegt gerade darin eine Chance, Antworten kennen zulernen, und dennoch „in Fragen leben“ zu können.

1 KEETMAN, GUNILD: Elementaria, S. 164 f, Stuttgart 1970

Wolfgang HartmannGrund- und Hauptschullehrer, B-Studium am Orff-Institut, Lehrer an einer Orff-Musikmodellschule inMünchen. Übersiedlung nach Österreich, zunächstLeiter einer Musikschule, dann Leiter der Studien-richtung Instrumental- und Gesangspädagogik amKärntner Landeskonservatorium. Seit 20 Jahren Au-tor von Schulfunksendungen am Bayerischen Rund-funk.

Summary

Being able to exist with questions …When he visited the Museum of Modern Art in NewYork, Wolfgang Hartmann was torn from his mood ofjoy in discovery and thoughtful quiet by a large pic-ture all in blue. Without hesitation this picture pro-voked a response – and moved him to thoughts like“I can do that, too” and “is that supposed to beart?”Hartmann asks why we are so easily provoked by(modern) art and whether he as a music and dancepedagogue can convey to others that new art formscan be encountered more positively and more openlyand thus work against oppressive aversion. He em-phasizes that art throughout the ages has been

provocative and artists have been persecuted all toooften. He remembers the time in Germany when artwas exactly defined and artistic freedom was forbid-den, and also sees the problem in present times –coming from fear – that art which is not understoodis perceived easily as disturbing, finds rejection andis made to seem ridiculous.According to Hartmann, certain forms of art demandthat the observer makes allowances for a high levelof interpretation and fantasy as well as, eventually,perplexity. Opening the door to modern art, however,demands curiosity and a desire for adventure in themind where it first has to be assembled. Can a cre-ative music and dance pedagogy help by building abridge to developing an understanding for art?On the basis of his experiences with school children,Wolfgang Hartmann affirms the question. Whereadults ask questions, children allow their imagina-tions to run freely. Rationality and objective thinkingare secondary for them. Hartmann cites the Swissauthor Peter Bichsel “Children can exist with ques-tions, adults exist with answers.” Hartmann statesfurther that to be able “to live with open questions”has an immense meaning in creative teaching. Beingcreative oneself leads to a better opening to theartistic achievements of others and as a result, to un-derstanding rather than assessing.In painting there are parameters like proportion orperspective but one does not begin by teaching these.The self-determination of the child is the first goal.In the area of music, Hartmann also encouragesleaving the parameters of pitch and duration openand to support creativity to allow the child to haveexpressive results similar to those in painting. Alsoin dance, the teacher should give preference to thepresentations and expressive desires of the childrenbefore a definite movement repertoire, for example,ballet. Her pedagogical task lies more in supporting,questioning and correcting technical stuff. Hart-mann refers to Keetman who describes the stimulat-ing influence of teachers in the area of elementaryimprovisation who are called upon to hold on towhat is intuitive and original and to help bring whatis shapeless and random into a conscious form. Wolfgang Hartmann sees the link between elementalmusic and dance pedagogy and an open understand-ing of art through this readiness for personal cre-

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ativity. “To maintain what is intuitive and original”and “to exist with questions” are in his opinionvalid. Their importance is greatly underestimated. Ifchildren are to be developed into an adult world onemust take care that important foundations are notlost. Supporting and strengthening their behavior isjust as important as learning new information andtechniques. In Orff-Schulwerk these (music) peda-gogical principles – building on what is alreadythere, not beginning a new but developing the per-sonality of the child further – are decisive. Hartmannsees in this the chance to learn the answers andnevertheless to be able to live with questions.

Wolfgang HartmannElementary and high school teacher, “B” course atthe Orff Institute, teacher in a model school for Orff-Schulwerk in Munich. Moved to Austria as directorof a music school and later director of the field ofstudies in instrumental and vocal pedagogy at theCarinthian State Conservatory. For 20 years he hasbeen author of school broadcasts of the BavarianBroadcasting Company.

Hermann Regner

Von der Offenheit,der Einfachheit und der Kraftdes Orff-Schulwerks

In der Geschichte des Orff-Schulwerks hat es eineReihe von Missverständnissen gegeben. Manche da-von gibt es heute noch. So zum Beispiel, dass dieMusik des Schulwerks der Vorbereitung auf diegroßen Werke von Carl Orff diene. Sozusagen: werbrav die Bände der „Musik für Kinder“ gespielt hat,wird auch den „Prometheus“ verstehen und mögen.Da wird das Schulwerk als Sackgasse verstanden.Nie hat Carl Orff so etwas behauptet oder auch nurgemeint. Er war der Meinung, dass das SchulwerkMaterial bietet, das im lebendigen Umgang denGrund legt für ein Musikverständnis allgemein. Dasist etwas anderes als die „Kleinen Stücke großerMeister“, die es von Bach über Mozart bis zu Bartókgibt. Natürlich sind die Instrumente, ist derKlangcharakter, Melodie und Rhythmus des Schul-werks eigenartig. Sie möchten gar nicht so ähnlichsein wie die „klassischen“ Instrumente, die Geigeund das Cello, das Klavier. Unsere Instrumente wol-len einen Anfang provozieren, der offen ist und nichtan bestimmte Stufen der Geschichte der abendländi-schen Musik erinnert. Diese Offenheit ist es, die dieArbeit mit dem Schulwerk als Vorstufe und Hin-führung, zur intensiven Beschäftigung mit aller, deralten, der klassischen und der neuen Musik qualifi-ziert.Wer das Werk von Carl Orff gut kennt, wird einse-hen, dass seine besondere Stärke darin liegt, Zeit alsKontinuum zu empfinden, Altes und Neues mitein-

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ander zu verknüpfen. Der Künstler hat sich von dergriechischen Mythologie ebenso wie von Märchenaus seiner Heimat anregen lassen, hat aus Stoffenund der darin gespiegelten Zeit Werke gestaltet, dieden Zuhörer und Zuschauer heute bewegen. Alt undNeu hat er als einen großen Fluss erlebt, der vomGestern ins Heute fließt. Steckt da nicht auch dieHoffnung dahinter, dass dieser Fluss ins große Meerder Zukunft strömt? Diese Erkenntnis scheint mirwichtig: in allen seinen Werken hat Carl Orff Alt undNeu miteinander verbunden, hat keine zeitlich befri-stete Mode mitgemacht, sondern den Menschen an-gesprochen, der weiß und fühlt, dass Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft keine abgeschlossenen Ka-pitel sind, sondern Gegenwart aus der Vergangenheitlebt und jeden Augenblick Zukunft wird.Schon 1937, nach der Uraufführung der „Carminaburana“ in Frankfurt, hat ein Rezensent der Tages-zeitung „Völkischer Beobachter“ kritisch ange-merkt, dass Orff auf Urelemente des Musizierenszurückgreift. „Heißt solch ein Musizieren nicht dieMusikentwicklung gerade um die Epochen zurück-schrauben, die als Höhepunkte abendländischer Kul-turentwicklung gelten müssen?“1

Wo sollen wir anfangen, möchte ich fragen. Bei derpostseriellen Musik des vergangenen Jahrhunderts,oder bei der Beliebigkeit der Stille unserer Gegen-wart? Fängt das Kind nicht auch heute noch, trotzRechenmaschine und PC damit an, die Finger seinerHand zu zählen und stolz aufzusagen „Eins, zwei,drei, bigge bagge bei“? Und die Sprache, die Wortfür Wort, Laut für Laut gelernt wird? Natürlichwächst es in die Welt von Heute hinein, aber jederMensch muss elementare Erfahrungen machen, dieihn befähigen, heute und morgen sinnvoll zu leben.Tempo und Richtung des menschlichen Lernens ha-ben sich geändert. Vorn anfangen aber müssen wiralle!

Noch eine wichtige Beobachtung: die Musik desSchulwerks ist nicht kulturell auf eine bestimmteRegion eingeschränkt. Sicher haben Orff und Keet-man auch bayerische Lieder und Tänze in die Bändeaufgenommen. Der Stil aber, das klangliche Erlebnisder Sätze, ist nicht kulturell auf Mitteleuropa be-schränkt. Dass es so ist, können wir daran erkennen,dass die Sätze, der Stil und die Instrumente inzwi-schen in vielen Teilen der Welt heimisch gewordensind. Dabei weiß und spürt jeder, dass die Instru-mente nicht aus der Musizierpraxis der Gegenwartstammen, sondern an ferne Zeiten erinnern, in denenMenschen auf der ganzen Welt auf Steinen und Höl-zern musiziert haben.Durch die Glockenspiele und Xylophone möchtenwir im Kind den Wunsch hervorrufen, ein Instru-ment zu lernen, das die Musik unserer Kultur ermög-licht. Also nicht Bach auf Xylophonen, sondern derMusik von Mozart sich mit der Geige in der Handoder dem Cello annähern. Wie ja überhaupt in allerDeutlichkeit gesagt werden muss, dass das Schul-werk musikalische Bindung initiiert. Das Schul-werk-Musizieren und -Tanzen ist der Anfang musi-kalisch-tänzerischer Enkulturation, nicht End- undZielpunkt!Das Schulwerk will elementare Erfahrungen auslö-sen2, die Grundlagen von Musik und Tanz auf-schließen. Diese elementaren Erlebnisse sind dannder Ausgangspunkt für das Erkunden aller ästheti-scher Erscheinungen. Auch die der Gegenwart.Vor allem zwei Charakteristika sind es, die dasSchulwerk befähigen zu den elementaren Erkennt-nissen und Erlebnissen. Das eine ist die Einfachheit.Nicht nur technisch, sondern auch in den verwende-ten Satztechniken. Ein Ostinato zum Beispiel istnicht langweilig. Er kann, richtig erlebt, zu einemvollkommenen Eintauchen in Musik und Bewegungführen.

Musik für Kinder, Bd. IV, S. 69 „Abendsegen“

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Plötzlich gewinnt der Text an Bedeutung. Er formtsogar das Metrum. Auch die Melodie beschränktsich auf zwei Töne. Erst in der letzten Phrase werdenzur Markierung der Worte zwei weitere dazu genom-men.„O sancta simplicitas!“ hat ein Rezensent der „Rhei-nischen Landeszeitung“ am 11. Juni 1937 anlässlichder Uraufführung der „Carmina burana“ geschrie-ben. Er übersetzt dann im ersten Satz seines Berichtsselbst das lateinische Zitat: „Oh heilige Einfalt!“ Dasist sicher falsch. Simplicitas, so steht es in jedemguten Wörterbuch, heißt „Einfachheit, Offenheit,Aufrichtigkeit, Natürlichkeit“. Das ist etwas anderesals Einfalt. Leider hat sich auch dieses Wort in letzterZeit in der Bedeutung sehr geändert. Aus der „Ein-

falt des reinen Herzens“ wurde bald der „Einfalt-spinsel“. Heute zählt das Komplizierte, regiert dieVielfalt. Wer etwas auf sich hält, spricht mehrdeutig.Weil es so ist, erscheint mir die Begegnung mit deneinfachen Klängen, Rhythmen und Melodien desSchulwerks besonders wichtig. Viele Komponisten,Dichter, Architekten und bildende Künstler, ja sogarSchauspieler und Regisseure, drängen sprudelndeEinfälle zurück, verzichten auf jedes nicht notwen-dige Ornament und bemühen sich um Einfachheit.Nicht nur weil sie dann von Zuhörern und Zuschau-ern besser und schneller verstanden werden, sondernauch, weil bewusst komponierte Einfachheit beson-dere Kraft entfaltet.Damit bin ich beim zweiten Charakteristikum des

“Allegro in a Lydian Mode”, Music for children, American Edition, Vol. 3, pg. 284

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Schulwerks, bei der Kraft, die alle (fast alle) Stückeder Musik für Kinder ausstrahlen. Es ist eine Emp-findung, die schwer mit Worten zu beschreiben ist,die aber Spieler, Tänzer und Zuhörer von der „Auf-richtigkeit“ (so hieß vorher eine Wortbedeutung)überzeugt. Sie zwingt den Menschen zu einemÜben, zu einem Immer-noch-schöner-Spielen, zumSich-selbst-Zuhören. Und der Zuhörer ist immerwieder betroffen und gepackt von der unmittelbarenWirkung der Musik und des elementaren Tanzes.Ein einfacher Reigentanz, in dem die Kinder, sich anden Händen gefasst, im Kreis gehen, richtet die Auf-merksamkeit auf die Mitte, auf unsere und meineMitte. Zu früh gestellte Zusatzaufgaben, ein Anstell-schritt, oder ein Übertreten, lenken ab. Dieses einfa-che Musizieren und Tanzen führt von selbst zur Va-riation, zur Improvisation. Einer fängt an, den Kreisaufzulösen, eine Kette, eine Schlange zu gehen, dieanderen folgen. Am Ende schließt sich wieder der

Kreis. Ein Menuett lernt man, wie es die historischenVorbilder zeigen und die Ordnungen sind so vielfäl-tig, dass unsere ganze Aufmerksamkeit nötig ist.Aus einer Begleitung mit reinen Quinten, leer, offen,rein, wird nach und nach ein Satz, der auch Disso-nanzen, hier zum Beispiel große Sekunden, nutzt.Notenbeispiel siehe Seite 12.Das sind bereits Ansätze zu einem Klang, den auchNeue Musik nutzt. Spiele mit fünf und sieben Tönenführen zur Verwendung aller zwölf Töne der chro-matischen Leiter. Auf dem Weg, Ordnungen zu su-chen, rückt auch die Zwölftonmusik in die Aufmerk-samkeit des Blickes und des Ohrs.Auch die Verwendung der grafischen Notation bauteine Brücke zur Musik der Gegenwart. Kinder bewe-gen sich im Auf und Ab der Melodie, zeichnen dieSpuren der Musik mit ihren Händen in die Luft, aufdas Papier. Dann erkunden sie Notationen und zeich-nen eigene Gestalten auf das Papier.

Hermann Regner, Chorstudien, S. 5

Grafische Notation überträgt größere Verantwortungan den Einzelnen und die Gruppe. Auch wenn eineErklärung abgedruckt ist und Zeichen beschriebenwerden, entscheidet die Gruppe nach einer Reihevon Versuchen über Tempo, Tonhöhen, Lautstärke.

Dieses „Werken“ an den einzelnen Aufgaben ist es,das dem Schulwerk den Titel gegeben hat. Es willnicht ein „Werk“ sein, ein opus, das „werkgetreu“abzuspielen ist, sondern Stoff, Anregung, Motivationfür das Werken in Musik und Bewegung.

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Nach den Eindrücken und Erfahrungen mit elemen-tarer Musik und Tanz beginnt eine neue Stufe der Ar-beit und des Spiels mit alter Musik, mit Werken derKlassik und der Musik der Gegenwart. Ein Wegmuss gesucht und gefunden werden.

1 Völkischer Beobachter (Berliner Ausgabe) 16.6.19372 Zum Begriff siehe Ulrike E. Jungmair, Das Elementare, Mainz

1992

Summary

About the Openness, Simplicity and Strength ofOrff SchulwerkThe misunderstanding still exists that the music ofthe Schulwerk serves as preparation for the greatworks of Carl Orff. That was, however, never the in-tention of Carl Orff who wanted to create a basis fora general understanding of music through the activehandling of the material of the Schulwerk. TheSchulwerk places itself apart from the “little piecesof the great master” for “classical” instruments,likes to remain open with unique sound characters,melodies, rhythms and instruments, and not be remi-niscent of western music. This openness is that whichqualifies the Schulwerk as a preliminary step andguide to the intensive business of dealing with every-thing – early, classical and new music.Carl Orff’s strength lies in being aware of time as acontinuum and to combine the old with the new. Hefound the stimulus for this in Greek mythology aswell as in the folklore of his homeland. He experi-enced old and new as flowing from yesterday into to-day.Orff does not create any time limited style but ad-dresses people who know and feel that the presentlives from the past and every moment becomes thefuture.In 1937, after the premier of Carmina Burana, acritic remarked that Orff grasped hold of the origi-nal elements of making music and posed the questionwhether, in that case, the development of musicwould be turned back epoch for epoch.Where should one begin? With the post-serial musicof the last century or with the arbitrary styles of ourtimes? Doesn’t a child begin by counting with the

fingers on her hand, in spite of calculators, andlearn the language syllable by syllable? Everyonehas to begin at the beginning.The style of the Schulwerk and experiencing thesound of the settings is not limited to Middle Euro-pean culture. Settings, styles and instruments havemeanwhile become indigenous in many parts of theworld. Because of this everyone senses that the in-struments are reminiscent of a time in which peopleall over the world made music with stones and wood.By using glockenspiels and xylophones, the wish canbe evoked in a child to learn an instrument that facil-itates the music of our culture. Schulwerk music-making and dancing initiates musical connectionsand is the beginning of an ultimate culture of musicand dance. Elementary personal experiences are thestarting point for investigating all aesthetic forms in-cluding those of present times. Two characteristics ofthe Schulwerk qualify it for elementary acknowl-edgements and experiences:• Its simplicity, both technically and in the technique

of the settings — for example that of the ostinatowhich, if correctly experienced, can lead to a com-plete immersion in music and dance. Today, what iscomplicated counts and variety reigns. More im-portant is encountering the simple sounds, rhythmsand melodies of the Schulwerk. Consciously com-posed simplicity displays very special strength.

• This strength which (almost) all of the pieces inMusic for Children radiate, convinces players,dancers and listeners of its straightforwardness. Itpersuades people to practice, to play “even morebeautifully” and the listener is moved again andagain being filled with the immediate effect of themusic and elementary dance.

In “Allegro in a Lydian Mode”, playing with five andseven tones leads to using all twelve tones of thechromatic scale and twelve-tone music catches theattention of the eye and ear. Even the use of graphicnotation builds a bridge to contemporary music.Children move up and down with the melody, drawthe paths of the music in the air and on paper withtheir hands.Graphic notation carries with it a tremendous re-sponsibility because the group decides, after a seriesof trials, the tempo, the pitch and the volume. Thisoccupation with single tasks is the substance that

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gives the Schulwerk its name: the stimulus and moti-vation for working with music and movement. Afterthe impressions and experiences with elemental mu-sic and dance, a new level of work and play beginswith early music, with the classics and with contem-porary music. Ways must be sought and found.

Improvisation, um neue Klang-welten zu entdecken

Hermann Regner

Es ist viel gesagt und geschrieben worden über denpädagogischen Sinn der Improvisation. Es ist nichtleicht, wissenschaftlich nachzuweisen, dass Kinder,die in Musik und Tanz improvisieren, auch in ihremLeben einfallsreicher, fantasievoller, kreativer sind.Gerade aber in einem Alter, in dem das Kind vor al-lem durch Nachahmung lernt, scheint mir diese Her-ausforderung, selbst zu erfinden, zu singen wie es ei-nem ums Herz ist und nicht nur nachzusingen, wasuns die Medien vorzaubern, nicht nur die Gesten,Haltungen und Bewegungen der TV-Stars anzuneh-men, sondern zu „meiner“ Bewegungsform zu kom-men, besonders wichtig.Heute soll von einer anderen Bedeutung der Impro-visation die Rede sein. Wir haben bei vielen Versu-chen erlebt, wie Kinder, kleine und größere, durchimprovisiertes Singen, Tanzen und auf InstrumentenSpielen in Klangwelten geraten, die der „Schulmu-sik“ immer noch fremd sind, die aber Ohren, Herzund Sinne öffnen für die Neue Musik. Oft geben wir,didaktisch begründet, Tonräume vor oder den To-numfang, legen Takt und die Taktart fest. Wenn wirauf Entdeckungsreise gehen wollen, vermeiden wiralle Vorabsprachen, jede Einengung, lassen das Kindallein, lenken durch Verwendung ungewöhnlicherInstrumente mit nicht vorgegebener Stimmung sogarvon der Imitation bekannter Kinderlieder ab. Auchwer mit den Grundlagen des Orff-Schulwerks arbei-tet, tut gut daran, gelegentlich „auszubrechen“, nichtnur Klarheit und Klangcharakter der Pentatonik mitden Kindern zu ergründen, sondern den ganzenKlangraum zu erproben, nicht nur „schön“ zu sin-gen, sondern auch zu flüstern, zu sprechen, zu

schreien, zu rufen, auf Instrumenten „schräg“ zuspielen, ungewohnte Klänge zu suchen.An drei Beispielen aus der Praxis will ich Möglich-keiten beschreiben.Erstens: Es ist Nachmittag. Der Himmel hat sich be-zogen. Trotzdem Sommer ist, wird es dunkler. Wirerwarten Regen. Die Kinder schauen hinaus, erin-nern sich an den letzten Regen. Wie könnten wir mitunseren Instrumenten das Geräusch der ersten Trop-fen darstellen? Die Kinder probieren leise Schlägeauf Trommeln. Fritz hat einen Tischtennisball dabeiund lässt ihn unregelmäßig, aus unterschiedlicherHöhe auf das Fell der vor ihm stehenden Trommelnfallen. Manuela organisiert die Versuche. Sie erklärt,dass der Regen leise und mit einzelnen Tropfen be-ginnt, dann aber immer lauter wird. Es ist gut, wennder Lehrer / die Lehrerin schon vorher ein Zeichenvereinbart hat, bei dem alle Kinder zu spielen auf-hören. Denn für sie kann so ein Regen gar nicht lautund stürmisch genug zugehen. Da ist es nicht weit zueinem Gewitter. Blitze? Wie geht das? Tatü-tatü, dieFeuerwehr muss eingreifen. Es wird wohl die Lehre-rin sein, die durch deutliche Gesten das Ende desGewitters, das Nachlassen des Regens und die dannfolgende Stille markiert. In die Stille hinein Eva:„Schaut mal raus!“ Da fängt es gerade an zu regnen.Alle schauen und horchen.Das nächste Unterrichtsbeispiel beginnt vokal. Wirhören einen Text. Zum Beispiel (Don Bosco):

Gutes tunfröhlich seinund die Spatzenpfeifen lassen.

Was bedeutet dieser Spruch? Selbst sprechen, ein-zeln und dann zusammen. Von selbst stellen sichRhythmus und Metrum ein. Die Stimme geht aufund ab. Kann daraus eine Melodie werden? Die Leh-rerin vermeidet das Vorsingen, Instrumente mit fest-gelegter Tonhöhe bleiben weg. Wird das Singen ausdem Sprechen entwickelt, ergeben sich ungewohntemelische Spuren. Später können Schlaginstrumentedazu kommen. Eine Tanzmusik, in der Spatzen pfei-fen, kann sich anschließen. Sollte eine Strophe nichtreichen, müssen wir andere erfinden. Nicht nur dieSpatzen pfeifen, sondern die Kühe muhen, dieMäuse piepsen, die Löwen brüllen, die Schafeblöken …

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Drittes Beispiel: für manche Kinder ist das Klavierim Unterrichtsraum ein Magnet. Gelegentlich brau-chen wir es, um ein Lied oder ein Blockflöten-stückchen zu begleiten. Wir können auch darauf im-provisieren. Drei oder vier Kinder spielen (oft nurmit einem Finger am Anfang) ein kleines Ostinato-motiv. Melodien darüber kann man singen. Heute istdie Aufgabe, sowohl die weißen, als auch dieschwarzen Tasten nacheinander, später auch gleich-zeitig erklingen zu lassen. Zwei Kinder: einsschwarze Tasten, das andere weiße. Wechsel (Zeit-punkt selbst finden). Gitta und Heinz sitzen am Kla-vier. Nach dem Schluss dreht sich Gitta um: „Weißtdu, was wir da spielen?“ Ich antworte zögernd:„Nein – “. Gitta: „Wir spielen Zebra!“

o. Univ. Prof. em. Dr. Hermann RegnerMusikpädagoge und Komponist, langjähriger Leiterdes Orff-Instituts, internationale Lehrtätigkeit, Initi-ator und Betreuer von Orff-Schulwerk Adaptationenin anderen Sprachen und Kulturen, langjähriges Vor-standsmitglied und ehem. Vorsitzender der CarlOrff-Stiftung.

Summary

Improvising in order to discover new worlds ofsoundEven if it is scientifically difficult to prove that chil-dren who improvise in music and dance are moreimaginative, have more ideas and are more creative,it seems to be important, that exactly at the age whenlearning is mostly imitative, children should be en-couraged to discover things for themselves: to singto their hearts desire and not to repeat what the me-dia conjures up, to find “my own” dance form in-stead of using the gestures and postures of TV stars.Many attempts have shown that children improvisingmusically with weird and wonderful sounds, ratheralienated by “school” music, opens the ears, heartand other senses for new music. It does good occa-sionally to “break away”, (also from the Schulwerk),to go on a journey of discovering and narrowingdown how to avoid such things as pitches and me-ters. The goal should be not only to sing beautifully,

but also to whisper or shout, to play obliquely on in-struments and to look for unusual sounds.Three practical examples describe possibilities:• A summer afternoon, rain is threatening. Children

try to let it rain with instruments. The sound of thefirst drop? They try soft mallets on drums. Fritz letsa ping-pong ball fall randomly on a drum from dif-ferent heights. The rain becomes louder andstormy. Lightening. A fire truck comes howling. Theteacher indicates with a gesture, the end of thestorm – in the stillness that follows, Eva cries:“Look outside!” It has begun to rain. All look andlisten …

• The beginning of a game with a vocal saying. Whatdoes it mean? Speak it alone to yourself, together;give it your own rhythm, meter – does a melodyhappen to come? The teacher should avoid “echosinging” and playing with definite pitches. Singingfrom speaking leads to unusual paths of melismata.Percussion instruments can be added later and newverses can be written for them.

• The piano is often a magnet in the classroom. Threeor four children can play an ostinato motive at thesame time. A melody can be sung above it. Ormaybe two children play: one on the black keys theother on the white keys. They change when theywant to. Gitta says afterwards. “You know whatwe’re playing? – We’re playing zebra!”

o. Univ. Prof. Emeritus Dr. Hermann RegnerComposer, music pedagogue and director of theOrff-Institute for many years. Has given seminarsand courses all over the world and has initiated andbeen a consultant for international Orff-Schulwerkadaptations. He was member of the Carl Orff Foun-dation for many years and also chairman of theboard.

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Klaus Feßmann

Motto:Die Kunst ist eben keine hübsche Zugabe – sie ist dieNabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet,sie garantiert unser Mensch-Sein.

Nikolaus Harnoncourt

In Momenten so genannten wirtschaftlichen Nieder-gangs einer Gesellschaft erfährt die Finanzierungvon Kultur, sei es im künstlerischen oder künstle-risch-pädagogischen Feld umgehend eine zumeistexistenzgefährdende Reduktion. Die Begründungfür diese Vorgehensweise wird in den letzten Jahrengar nicht mehr für nötig erachtet, sie findet inzwi-schen einfach statt. Dieser Vorgang sollte einem dieFrage aufnötigen, ob künstlerische Aktivitäten in deraktuellen Überflussgesellschaft überhaupt noch fürnotwendig erachtet werden, überhaupt noch regi-striert, wahrgenommen werden.Andersherum gefragt, wäre es nicht nötig, ist esnicht nötig vom Standpunkt des Künstlers, deskünstlerisch-pädagogisch tätigen Menschen aus,sich dies nicht länger in diesem Ausmaß bieten zulassen, darauf solidarisch zu reagieren, indem zumBeispiel alle Kunsttätigen an einem bestimmten, de-mokratisch festzulegenden Tag im Jahr sämtlicheAktivitäten künstlerischer Art konsequent einstellen,kein Ton erzeugt, kein Klang vermittelt, keine Bewe-gung – reiner Stillstand – vollzogen, nicht einmalerwogen wird, alle Museen geschlossen werden,die Rundfunkanstalten den Betrieb, die Fernsehan-stalten ihre Programme einstellen, die Kirchen ge-schlossen bleiben, alle denkbaren Veranstalter nichtsveranstalten?

Am besten sollte dies im November geschehen, aneinem fürchterlich trüben Tag, wenn die Wolken sotief hängen, dass man die Füße fast nicht aus demBett bringt, wenn auch die Straßenlampen nichtmehr leuchten, weder hell-weiß noch grell-orange,noch milchig-dubios, einfach gar nicht mehr. Undauf jeden Fall Schnürlregen, auf jeden Fall.Was wäre dann? Was würde geschehen? Würde sichhier ein Bewusstsein ausbreiten, welches die Kunstin den Mittelpunkt rückt? Ist es auch vorstellbar,dass gar nichts geschieht?Muss man zu noch radikaleren Methoden greifen,das Menü, welches den Vorstandsherren einer dergroßen, weltumfassenden Konzerne zu Mittag beider Aufsichtsratssitzung kredenzt wird, einförmiggrau einfärben? Vom Spargel bis zu den Tournedos àla Rossini einförmig grau? Das Tischtuch in dersel-ben Farbe, grau, die Teller, das Besteck, die Serviet-ten grau, einfach nur grau? Auch der Geschmack desEssens, einfach, einheitlich grau, angefangen mit derSuppe, auch das Wasser und der anschließendeWein, einfach, simpel: grau?Wäre dies eine Möglichkeit oder Notwendigkeit, dieBedeutung allen Künstlerischen, allem künstlerischGestalteten ins Bewusstsein zu bringen?„Wir gehen mit unseren Kindern seit ihrer frühenKindheit in die für uns verfügbaren Museen dieserWelt. Wir haben dies auch in den schwierigen Pha-sen der Pubertät durchgehalten und denken, dass dieVermittlung künstlerischen Denkens in visuellenWerken notwendig, wichtig und bedeutungsvoll fürihre Entwicklung ist.“ (Aussage von Eltern)Die Frage ist zu stellen: Hat ein künstlerisches Bildmehr als einen feinen Sinnesreiz, mehr als die Anre-gung menschlicher Emotionen? Ist es in der Lage,durch die Besonderheit der eigenen künstlerischenDarstellung, Ethik und Moral zu vermitteln, psychi-sche Konstellationen grundlegend, dauerhaft zu be-einflussen?„Meine Tochter war eine fanatische Anhängerin derfür uns künstlichen Welt der Barbie-Puppen. Sämtli-che Modelle waren im Kinderzimmer versammelt,alle Kleider, die dazugehörenden Bauwerke, Autos.Die Puppen waren geschminkt, gewaschen, herge-richtet. Die für uns schwer nachvollziehbare Ästhe-tik dieser künstlichen Welt wich eines Tages dervollständigen Destruktion derselben. Aus Barbie-

. . . , bit?

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Puppen wurden Punk-Töchter, die Frisuren wurdenschwarz eingefärbt, statt den silbernen Armreifenstrotzten stachlige Lederkorsette, der Hahnenkammverbreitete sich, die teuer erkaufte Villa wurde abge-fackelt und von wilden Gesellen bewohnt, wir warensprachlos und entsetzt, nicht nur ob der Verwandlungder Barbie-Puppen, sondern auch ob dem paralleldazu sich verändernden Aussehen unserer Tochter,die seitdem der Punk-Kultur angehört.“ (Aussage ei-nes Rundfunkreporters)Bewirkt eine Ästhetik wie diejenige der Barbie-Welt, welche solch einen hohen Grad von Künstlich-keit enthält, welche so weit entfernt ist von durchreale Erfahrungen gewonnenen Erlebnisbereichen,den elementaren Formen denkbarer Existenz, denUmschlag in ähnliche Bereiche extremer, völlig an-derer Art? Kann eine logische Beziehung zwischendiesen Positionen hergestellt werden?Jegliches künstlerische Wirken bewirkt. Worinsich konkret dieses Bewirken äußert, ist nicht inwenigen Worten zu beschreiben, zumal die Spra-che künstlerischen Wirkens nur zum Teil derWortsprache entspricht.Auch die B-u-c-h-s-t-a-b-e-n der Sprache sindStäbe (Zitat Th. Heuer), aus dem Material der

Buche, die Symbole darstellen für Realitäten undEmpfindungen.Festhalten jedoch kann man, dass ein künstleri-sches, kreativ geschaffenes Werk niemals vollen-det ist, vielmehr immer Teil einer kreativen Kom-munikation ist, im Gegenüber seine eigene Krea-tivität hervorruft, sein eigenes Schöpferische.Hier wird der Prozess des eigenen künstlerischenArbeitens ausgelöst, welcher sich an der Fragedes Sinns des Gegenübers entzündet.

„Die etwas ungewöhnlich festgehaltene Musik vonLogothetis führte in einem Universitäts-Seminardazu, dass, nach dem Überwinden der Suche nachBekanntem, die Studierenden sich in das Blatt ver-tieften, den Gedanken an Musik in den Hintergrundstellten, nicht nach speziellen ins Auge fallendenKlangeffekten suchten, sondern sich auf die Wahr-nehmung der Innenstruktur der Klänge einließen.Dieses Sehen ist geprägt von der zu entwickelndenFähigkeit von visuellem Empfindungsvermögen,nicht wissenschaftlich ausgerichtetem rationalen Er-kenntniswahrnehmens. Die Partitur von Logothetiseröffnete im geschilderten visuellen Wahrnehmungs-vermögen die kreativen Potentiale der Studierenden.Die Partitur, zunächst ausschließlich zweidimensio-nal, wurde durch diese Verfahren in unterschiedli-chen Formen zur Dreidimensionalität, zum Tunnel,zur Halbkreisform, zum griechischen Amphitheater,zur sich nach oben schraubenden Bewegungsbahnund mehr “. (Aussage Musikprofessor 1)Sinnesschulung, Sinnesbewusstmachung, den diver-sen Verkümmerungen der Sinne auf die Spur zukommen, dies ist eine der bedeutenden Aufgaben derZeit, gerieten doch einige Sinne im Laufe der Ge-schichte vehement unter die Räder. Die verküm-merte Empfindung des Sehens, des emotionalen Er-kenntnissehens, mit welchem wirtschaftlich gespieltwurde, ist einer der hervorstechendsten Sinne, derkulturell schon sehr lange unterdrückte Sinn derHaptik, den u.a. die Kirche lange zu vermeidentrachtete, der bei den antiken Griechen jedoch anzweiter Stelle rangierte, der Sinn, welcher imBerühren Entscheidungskompetenz vermittelt, rücktlangsam wieder ins Bewusstsein (momentan um-fangreich bei der Autoindustrie angesiedelt in eige-nen Haptiklabors) die Ausprägung der Erkenntnisse,die durch das Hören möglich sind, das reine auditive

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Klängen gestört, die ich unmittelbar erkenne, ob-wohl sie entsetzlich verzerrt sind, elektronisch bear-beitet. Ich nehme in der Folge ungewollt an diversenprivaten Unterhaltungen teil, muss mir Aktienver-käufe, öffentliche Liebesbekundungen anhören,ohne dies nur im geringsten zu wollen. Das entsetz-lichste sind jedoch die Klänge, durch welche dasHandy auf sich aufmerksam macht. Diese erschüt-tern mich nach wie vor.Aber es sind nicht nur die Klänge, die dieses Instru-ment der allgegenwärtigen Kommunikation zumProblem werden lassen, es ist die Handhabung, wel-che inzwischen Folgeerscheinungen zeitigt. ErsteUntersuchungen zeigen bei Kindern und Jugendli-chen eine extreme Zunahme der Daumendominanz,verursacht durch das Handy.Diese Dominanz drängt in neuronalen Netzen dieAktivitäten der anderen Finger zurück, eine Genera-tion von Däumlingen droht sich auszubreiten.Die Auswirkungen der SINN-lichen Wahrnehmunghat tiefgreifendere Bedeutungen als allgemein ange-nommen, auf jeder erreichten, angesprochenenEbene gibt es eine neue entsprechende Ebene, eineneue menschliche Reaktion zur Welt, ein neues Be-denken derselben. Die Vorstellung, Denken voll-ziehe sich unabhängig von Wahrnehmungserfahrun-gen, ist Geschichte.Es ist die Einheit des Sensorischen, Gefühlsmäßi-gen und empfindend Sehenden, die die Formenkünstlerischen Wahrnehmens sowohl im aktivenwie auch im rezipierenden Bereich zum wesen-haft bedeutenden Bestandteil der menschlichenKultur macht. Es ist der alte Begriff der MU-SIKÉ, der der Einheit von Musik, Sprache undBewegung, welcher sich hier herausbildet, wel-cher die elementare Grundlage allen Ausdrucks,aller Zeichen, aller Punkte, aller Komata, allerStriche ist.Ehrenzweig sagt in Bezug auf das visuelle Denken:Die schöpferischen Eigenschaften des Menschenentwickeln sich auf der bewussten Ebene formellerDisziplinen und professioneller Fähigkeit, und aufder unbewussten Ebene des erfinderischen Denkens,das bisher ungeahnte Formkombinationen von Se-hen und Fühlen eröffnete.Sprachlich können wir immer nur eine Ebene nachder anderen realisieren. Im Musiké-Denken errei-chen wir mindestens drei gleichzeitig.

Wahrnehmen, fallen offensichtlich immer noch be-vorzugt den Walkmans zum Opfer, werden jedochauch immer häufiger bewusst bedacht.„Die Logothetis-Partitur entwickelte sich in den da-mit Beschäftigten weiter. Die zumeist abstrakten,freieren Zeichen wurden zu Gesten, zu Bewegungender Hände, der Arme, während die Studierenden dar-über sprachen, nach und nach in einer immer poeti-scher werdenden Sprache, sie standen auf, öffnetenden Raum, ließen diese Zeichen in ihrem Körpersich weiter ausdehnen, durchquerten, sich langsamdort einfühlend, das Atelier, ihre Gesten verbandensich mit den Gegebenheiten, den Stühlen, Tischen,Wänden, Flügeln, Tafeln, elementaren Instrumenten,wurden Teil dieser ihrer eigenen neuen Wirklichkeit,ausgelöst durch die Partitur, verursacht durch dieempfindende visuelle Sinnlichkeit.“ (Aussage Mu-sikprofessor 2)Die Freiräume der Erfahrungen unserer Sinne istausschließlich umfassend im künstlerischen Feld, zuwelchem ich auch die künstlerisch-pädagogische Ar-beit rechne, sinnlich denkbar und erfahrbar, dort woMenschen sich bewegen, die, gemeinhin Künstlergenannt, einen ungleich höheren Empfindungsgradbesitzen als andere Menschen. Dies macht sie an-greifbar in ihrer „verrückten“ Welt, da sie gleichzei-tig die Innenstruktur der sie umgebenden Menschenwahrnehmen, spüren und die Dimension erkennen.Diese Erkenntnis ist eine sinnliche, nicht primär ra-tional-verstandesmäßig geprägte, eine Erkenntnis,die unmittelbar, direkt sich ereignet. Sie ereignetsich auf diversen Ebenen, entwickelt sich, geht mitden Realitäten immer neue Beziehungsstrukturenein und bildet Vernetzungen.Diese Vernetzungen finden auf allen Ebenen statt,die gemeinhin verwendete Dualität zwischen Emo-tionalität und Rationalität ist viel zu primitiv, umhier die Komplexität des eigenen inneren Lebens zudefinieren. Jegliche Kunst wird direkt von den Sin-nen erfasst, die ein noch nicht annähernd erforschtesNetz aller Bereiche des eigenen Inneren aufbaut. Ca.8 Strukturen, heißt es in der Musikforschung, kön-nen wir gleichzeitig wahrnehmen und realisieren,eine mehrstimmige Fuge problemlos durchführen,spielend und hörend.Im Zug sitzend wird meine Konzentration immerwieder überraschend von diversen Motiven und

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PS.Werter Leser, ich habe in meinem Artikel nicht kon-kret beschrieben, welche Bedeutung die elementareMusik- und Bewegungserziehung in unserer aktuel-len Welt besitzt.Ich versuchte Ihnen darzulegen, warum es aktuellnotwendig ist, den Fokus auf alles künstlerische, seies in der Produktion als auch in der Vermittlung imLeben zu lenken, auf die Kunstformen, welche sichmit den grundlegenden Zeichen beschäftigen, dieimmer, in jeder dieser Ausprägungen wahrgenom-men werden, den abstrakten Zeichen von . . , –und sich inzwischen in bits komprimieren.Hierin zeigt sich die Notwendigkeit, aus welchersich die Bedeutung von Musik- und Bewegungs-/Tanzerziehung ableitet. Versuchen Sie sich am obengezeichneten Gedankengang und sie werden sichdem angestrebten Sinn nähern.

o. Univ. Prof. Mag. Klaus FeßmannGermanist, Musikpädagoge und Komponist. Bewegtsich in den Grenzbereichen von Musik, BildenderKunst, Bildhauerei und multimedialem Denken. Ent-decker und Weiterentwickler von Klangsteinen. Seit1983 Dozent der Musiktheorie an der Musikhoch-schule in Stuttgart, seit 1997 Lehrtätigkeit an derUniversität Mozarteum. Internationale Ausstellun-gen, Konzerte und Vorträge.

Summary

. . , bit?Because of the current economic decline, we are ex-periencing for no given reason, a reduction in the fi-nancing of culture that is dangerous to our existence.That should provoke the question whether artisticactivities in a wealthy community are being givennecessary attention or if they are even apparent. Is itnecessary that artists, people involved in cultu-ral/pedagogical activities, react with solidarity, forexample on a particular day during the year — ifpossible on a rainy, foggy day in November — bycanceling every activity? No melodies, no sounds, nomovement, no productions in museums, radio, televi-sion — no events at all! What then? Would it broadena consciousness that places art in the foreground? Isit imaginable that nothing would happen? Must one

grab hold of radical methods, something akin to anoontime menu for a World Leader giving credenceto an advisory sitting, which is monotonously gray incolor including the tablecloth, the dishes and the sil-verware — everything uniformly gray including thetaste? Would this be a possibility for bringing themeaning of all artistic creations to consciousness?We think that the transmitting of artistic thought invisual works is necessary and meaningful for the de-velopment of our children and take them to assortedmuseums. Does an artistic image have more to itthan the stimulation of human emotions? Is it able,through the special nature of one’s own artistic pre-sentation — transmitting ethics and morality —, toinfluence fundamental psychic constellations contin-ually?Every artistic work has an effect. An artistic, cre-atively produced work is never complete, but rathera part of a creative communication that in turnevokes creativity from the observer. The process ofone’s own artistic endeavors is stimulated by search-ing for the meaning of the work.The unusually composed music of Anestis Logothetisguided students in a seminar about his works, to in-tensify their studies on paper, place thoughts of mu-sic in the background and allow their perception ofthe inner structure of sound to enter. This vision isimprinted by the growing aptitude of visually inven-tive abilities and not scientifically oriented rationalrecognition. The creative potential of the studentswas opened; abstract symbols became hand and armmovements. They permitted the signs to extend to thebody and their gestures were bound up with chairs,tables, walls, windows and elementary instruments.The freedom of experiences with senses is above allin the artistic (pedagogical) field, sensually imagin-able and observable where “artists” possess a dis-proportionately higher degree of inventiveness thanother people. At the same time they perceive the in-ner makeup of the people surrounding them, areaware of them and acknowledge their dimensions.This recognition is sentient, suitable at different lev-els, bound up with the realities of new relationshipsand builds associations. The electronically producedand immediately recognizable distorted motives andsounds of cell phones are ugly. The handling of thiscontemporary means of communication in the mean-

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time has shown the appearance of an extreme domi-nance of the thumb in children and young peoplewhich represses the activities of the other fingers inthe neurological system. The effect of sensual per-ception has deep-rooted meanings accepted gener-ally and reaching every possible level. There is anew human reaction to the world, to its presentation.Ideas are fulfilled independently of perceptual expe-riences. It has become history.It is the unity of sensory, feeling-oriented and sensi-tive visions that the forms of artistic perceptionmake, in the active as well as receptive area, to theessential meaningful objects of human culture. Theearlier concept of musiké — the unity of music,speech and movement — is the elemental basis of allexpression, all symbols, points, commas and lines. Interms of musiké, as opposed to linguistics, not onlyone but also three levels can be reached at the sametime.

P.S. Dear readers, I attempt to present in this articlereasons why it is actually necessary to focus oneverything that is artistic in life, to the art formswhich deal with basic signs and with abstract sym-bols . . , – which have meanwhile been compro-mised into bits.

o. Univ. Prof. Mag. Klaus FeßmannGerman philologist, music pedagogue and com-poser. Is active on the cutting-edge of music, thegraphic arts, sculpture and multi-media ideas. In-ventor and developer of “Sound Stones” (Klang-steinen). Since 1983 on the faculty of the College ofMusic in Stuttgart and since 1997, at the UniversityMozarteum. International exhibits, concerts and lec-tures.

Fernando Palacios

Kunst erleben – in Kunst erziehen

Leben, Kunst und Erziehung

Sind zwar die Begriffe „Leben, Kunst und Erzie-hung“ offenbar verschieden, da sie unterschiedlichenUrsprungs sind, so handelt es sich doch um die glei-che Essenz. Soviel wir auch versuchen sie zu trennenund ihnen Eigenleben zu geben, beeinflussen undbestärken sie sich doch gegenseitig: wenn eine derKomponenten fehlt, verkümmern unweigerlich dieanderen beiden. Wir erleben es dauernd: wir wollen über das einesprechen und gehen unwillkürlich in den anderenBereich hinüber. Was haben sie also miteinander zutun, wenn sie doch eigentlich unterschiedliche Be-deutung haben? Die Antwort liegt in ihrer eigentli-chen Substanz. Versteht man ein Leben ohne Kunst,Kunst ohne Leben? Versteht man Kunst ohne Erzie-hung, Erziehung ohne Kunst? Versteht man Erzie-hung ohne Leben, Leben ohne Erziehung? Unvor-stellbar: Leben, Kunst und Erziehung äußern sichunweigerlich und parallel im gleichen Raum, sie ver-stärken sich gegenseitig um ein gemeinsames Ziel zuerreichen: die Bildung eines Menschen.Eine Symphonie, ein Roman, eine Choreographieoder ein Gemälde sind Ausdrucksformen des Le-bens; eine Unterrichtsstunde, eine Improvisation, einMärchen, eine einfache Kinderzeichnung sind demKunstbereich angrenzende Strukturen, ebenso wieeine Reise, ein Dialog, ein Traum oder eine Liebes-beziehung. Oft haben wir Ausdrücke gehört wie„sein Leben war sein bestes Kunstwerk“, „ihre Stun-den sind echte Meisterwerke“, „sein Kunstschaffenist untrennbar mit seinem Leben verbunden“, „ihre

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Erziehung schuf die Basis ihrer Werke“, „das Lebenselbst formte seine Erziehung“ … Tatsächlich sind Leben, Kunst und Erziehung aufdas engste miteinender verbunden, nahezu aus-tauschbare Begriffe sogar im Lexikon. Wenn wireine klassische Definition lesen wie „menschlicheAktivität die sich der Schaffung schöner Dinge wid-met“ oder „Ausdruck von Emotion und Form“, han-delt es sich um Erziehung oder um savoir vivre?Wenn wir im Lexikon folgende Definition finden:„Fähigkeit zu wachsen und die eigene Substanz zuerneuern“, beschreibt sie Erziehung oder künstleri-sches Schaffen? Wir erreichen wenig im Leben, inder Kunst oder in der Erziehung, wenn eine der dreiKomponenten fehlt. Sie müssen sich zugleich undzusammen entwickeln, nur so erreichen wir ein kon-tinuierliches Wachstum in Zeit und Raum, das unsWissen, Gleichgewicht und Glücksgefühl verschafft.Auf eine Formel gebracht, ist das logische Ergebnisunserer drei Begriffe:Leben und Kunst, Kunst und Erziehung = Leben undErziehungKunst und Erziehung, Erziehung und Leben = Kunstund Leben

Kunst erleben – in Kunst erziehen

Santiago de Compostela, die Stadt in Galizien, in derder berühmte Pilgerweg endet, hat eine Kathedralemit einem gotischen Säulengang unübertrefflicherPerfektion, ein Schatz der Bildhauerkunst, der jedenzum Erstaunen bringt, der sich Zeit nimmt, ihn ge-nauer zu betrachten. Nun besagt die Tradition, dassman dort an einem bestimmten Punkt die Hand aufle-gen soll während man sich etwas wünscht und gleich-zeitig mit der Stirn eine andere Stelle berührt, waseinem Weitblick verschaffen soll. Während der vielenStunden, die ich bei zahlreichen Besuchen in denletzten dreißig Jahren dort verbracht habe, um dieseseinzigartige Kunstwerk zu betrachten, fiel mir dasVerhalten der Pilger auf. War es das Gefühl, den Ri-tus nicht korrekt zu vollziehen oder den Wunsch nichtrichtig zu formulieren, war es Unwissen oder einfachder Mangel an Gewohnheit, Kunst zu betrachten,viele der Pilger erheben gar nicht den Blick, um dasWunderwerk anzuschauen, das sich still über ihnenausbreitet. So merkwürdig das auch scheint, tausendevon Menschen befinden sich zum ersten Mal unter

einem unvergleichlichen Kunstwerk und bewegenkeinen Muskel, um es zu betrachten.Eine Reflexion darüber bringt uns zu einem Aus-gangspunkt, einer Forderung: die nötigen Medienum solche Situationen in Zukunft zu vermeiden. EinHauptziel jeglicher Allgemeinbildung muss die Ver-fügbarkeit von Kunst sein, die Entwicklung des Be-dürfnisses, Kunst zu suchen und zu brauchen, undWege der Kommunikation mit ihr zu bereiten. Manmuss die Konfrontation herbeiführen. Die Begeiste-rung für Kunst als unverzichtbarer Teil unseres Le-bens soll sich selbstverständlich und natürlich ent-wickeln, so wie wir atmen oder Nahrung zu uns neh-men: Klänge, Worte, Bewegungen oder Farben ord-nen muss nicht exotischer sein als die Blumentöpfeim Garten ordnen, Kleidungsstücke zusammenstel-len oder ein Menü planen.

Suchen – Entdecken – Kennenlernen – Genießen

Das Schöne begegnet uns manchmal auf unseremWeg, kann sich aber auch in den entferntesten Win-keln verbergen. Wir müssen lernen es zu suchen, zuentdecken, es kennen zu lernen und zu genießen. Wirbrauchen eine Bildung durch Kunst, die konstantnach ästhetischem Ausdruck sucht. Wer sich inkünstlerischen Medien bewegt, lernt seine Umweltbesser kennen und verstehen. Kunst ist Leben im Le-ben. Sie gibt einer Existenz schwacher Intensitätmehr Watt, sie verschafft uns die Möglichkeit, dieKraft der Form von Innen heraus zu spüren, sie gibtuns neue Ideen und Denkanstöße. Die Kunst hilftuns zu leben. Ihre Energie reißt uns mit, ihre kreativeKraft steckt uns an und inspiriert uns zu eigenenKreationen. Das künstlerische Schaffen bringt uns indie Welt des Künstlers, wir spüren seine Zweifel undnehmen an seinem Schaffensprozess teil. Sich in einKunstwerk einzufühlen, entwickelt unsere Kreati-vität und somit die Unabhängigkeit vom allgemei-nen Weg. Die Kreativität ist unser Werkzeug gegendie leider unaufhaltsame Entfremdung der Welt.Kunst ist Kommunikation, sie bewirkt eine Begeg-nung zwischen Künstler und Betrachter. In der Kraftkünstlerischer Form teilt sich uns seine Idee mit.Das Kunstschaffen bringt zwei fundamentale Aspek-te des menschlichen Wesens in Dialog: die sozialeund die emotionale Komponente. Die Gesellschaftentwickelt sich nicht weiter, wenn wir Pädagogen

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die Bildung durch Kunst nicht weiterentwickeln undverankern. Kunst ist eine besondere Sprache, einRaum der Begegnung und ein Instrument für die Zu-kunft (der Dichter Celaya nannte die Poesie „eineKanone geladen mit Zukunft“). Diese Zukunft müs-sen wir heute bauen und nicht morgen, und dieKunst kann dabei eine bedeutenden sozialen Beitragleisten, nicht nur theoretisch eine bessere Welt zuschaffen. In seinem letzten Werk „Sechs Vorschläge für dasnächste Jahrtausend“ erklärte Italo Calvino „Wasmich stört ist der Formverlust in unserem Leben“.Wir sehen uns gezwungen, in der Bildungsphase die-sen Mangel an Form durch eine kontinuierlichekünstlerische Tätigkeit zu kompensieren. In diesemBestreben helfen uns die Musik, das Theater, derTanz, die Bildende Kunst und die Poesie, alle dieseDisziplinen, die dem Formprinzip entspringen.

Zeit, Raum und Bewegung

Zeit, Raum und Bewegung, drei Parameter auf diesich Leben, Kunst und Erziehung stützen. Wie allesExistenzielle sind sie einfach zu benennen aberschwer zu beschreiben. Wir erleben sie, aber mansoll besser nicht verlangen, dass wir sie erklären.Trotzdem das menschliche Wesen auf diesen Para-metern aufbaut, gibt es nur ein Phänomen das uns er-laubt in sie einzudringen und Antworten auf unsereFragen zu finden: die Kunst. Sie ist es, die diese Pa-rameter entwickelt und mit ihnen spielt, mehr noch,sie ermöglicht uns die Annäherung an die Tiefgrün-digkeit des Lebens jenseits der Vernunft. Das künst-lerische Werk, unabhängig von seiner Herkunft, ani-miert uns dazu, in sie einzudringen und sie als Ein-heit zu genießen. In ihrer Gesamtheit und ihrer Aus-einandersetzung verschmelzen diese Parameter, Zeit,Raum und Bewegung verlieren ihre Grenzen und lö-sen sich in einer unerklärlichen Einheit auf.Das Kunsterleben befindet sich im Schnittpunkt die-ser Parameter. Die Skulptur, aus dem Raum geboren,hat auch ihre Zeit, ebenso wie die Musik, die sich imZeitablauf bewegt, ihren Raum hat. In unseremEmpfinden findet ein Austausch der Parameter statt:obwohl jede Kunstform sich in einem oder mehrerenvon ihnen bewegt, teilen sie sich durch die anderenmit. Um ein Beispiel zu nennen: eine Suche nachZusammenhängen zwischen Musik und Tanz ist rei-

ner Zeitverlust. Man muss sie nicht suchen, sie sinddas gleiche. Das Wichtigste von beiden, die Defini-tion ihrer Identität, ist die Bewegung. Wenn wir demUrsprung der Bewegung nachspüren so tun wir dasin beiden künstlerischen Ausdrucksformen. Eine Er-ziehungsaufgabe ist also, von Anfang an diesen Kon-flikt der Parameter zu erarbeiten, folglich muss inRichtung einer breit gefächerten ästhetischen Bil-dung gearbeitet werden. So lernen wir, den Zeit-ablauf zu lesen, die Raumformen zu hören, die Far-ben zu schreiben. Wir müssen die Musik der Worteund Formen finden, die Räume der Klänge, die Ge-schichten, die uns die Werke der Bildenden Kunst er-zählen. Die interdisziplinäre Arbeitsweise in der Er-ziehung ist von überwältigender Logik, denn der in-terdisziplinäre Aspekt findet sich im Ursprung derKünste.

Die Musik: eine Wegkreuzung

Zeit und Raum, Erinnerung und Umfeld, das sind dieKoordinaten in denen sich die Musik manifestiert.John Paynter schreibt in seinem Artikel „Musik alsGedanke“: „Die Musik ist für die meisten Menschenein notwendiger Teil des Lebens […] (denn) die Re-lativität der psychologischen und der realen Zeit (derMusik, Anm. F. P.) ermöglicht uns einen Begriff vonden Kräften, die unsere Existenz bewegen“. Deramerikanische Komponist Elliot Carter sagt: „DieMusik ist die einzige Welt in der wir die Zeit frei ma-nipulieren können. Sowohl der freie Fluss desKlangstroms als auch die Hindernisse, durch die wirseinen Weg ändern, sind dabei von fundamentalerBedeutung.“ Die letzten analytischen Strömungenauf der Suche nach dem tiefen Sinn der Musik ver-stehen diese als ein lebendes Wesen mit Entwick-lungsstufen wie Geburt, Wachstum, Sehnen, Ver-zicht, Triumph und Vergehen. Die Musik, zusammenmit ihren Schwesterkünsten, hat so lange Sinnbilddes Lebens sein wollen, bis sie ganz mit ihm ver-schmolzen ist. Nicht zum ersten Mal hat man festgestellt dass diezeitgenössische Musik vielen Zuhörern geholfen hat,sich in andere aktuelle Kunstformen einzufühlen.Die neue Klangsprache hat also dazu verholfen, an-dere Kunstaussagen zu erklären. Dasselbe geschiehtmit allen Künsten und ihren vielfältigen Ausdrucks-formen, die sich gegenseitig befruchten und er-

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klären. Der Schritt von Picasso zu Bartók ist nicht sogroß, ebenso wenig wie der von Bartók zu Picasso.So entstehen Kommunikationsnetze und Annäherun-gen zwischen Künstlern und deren Ausdruckswelt:von Nijinsky zu Stravinsky, von Mondrian zuBeckett, von Italo Calvino zu Ligeti, von OctavioPaz zu Cage … Es ist wie die Gänge eines Laby-rinths, man geht in einen Kunstbereich hinein undkommt in einem anderen wieder heraus ohne dieUmgebung zu wechseln. Die Künstlerin Laure Terrésagte in einem Kurs zur Integration von Musik undBildender Kunst Die Zeichnungen der Klänge: „Diemusikalische Notation kann eine Verbindung bzw.ein Vorwand sein, die klangliche und die bildlicheAusdrucksform zu verbinden. Die Partitur ist einBild und alle Bilder können klingen“. Und späterfügt sie hinzu: „Es ist wichtig zu beobachten dass diemeisten Verbindungen zwischen Klang und Bild,zwischen Bildender Kunst und Musik, ihren Ur-sprung in einer verbalen Formulierung haben. Es istdie Poesie – als Suche und als Umsetzung innererBilder die zusammenfassend eine nicht auszu-drückende Erfahrung wiedergeben – die uns Mög-lichkeiten bietet, die ästhetische Erfahrung aus demGemälde in musikalischen Ausdruck umzusetzenund umgekehrt.“Ein ebenso zu bedenkender Aspekt ist die schnelleEntwicklung der Musikpädagogik im Vergleich zumallgemeinen Erziehungswesen. Viele andere Diszi-plinen hinkten oft in ihrer didaktischen Entwicklungder Musik hinterher. Denn die Musik, Wegkreuzungsowie Kunstform der Synthese und Kommunikation,hat einen Vorzugsstandort zur Betrachtung der Welt.Von ihrem Beobachtungsturm aus bleibt nichts un-bemerkt.

Der Teil und das Ganze. Elementar und komplex.

Die Alchimisten ahnten es schon, die Mystiker pre-digten es, die Künstler leben es, und endlich habenes auch die Wissenschaftler bewiesen: in einem Teilkönnen wir das Ganze sehen. In einem Takt vonBrahms liegt die gesamte Symphonie, durch einenBlick kennen wir das ganze Portrait, die Pirouette ei-nes Tänzers beinhaltet die ganze Choreographie.Dieses Prinzip, Thema einer andauernden Reflexionin der gesamten Kunstgeschichte, ist heute zumGroßteil Fundament des Kunstgedankens.

Die Kunst drückt sich ebenso in monumentalen Wer-ken wie in Miniaturen aus, in komplexen wie ele-mentaren Strukturen. Eine Symphonie von Mahlerübertrifft nicht ein Lied von Schubert, seine Parame-ter äußern sich nur in unterschiedlichen Proportio-nen. Eine kleine Form ist viel mehr als nur ein Mi-niaturmodell einer großen Form, sie ist seine Essenz:eine Miniatur von Webern ist ein „Bonsai“ eines gi-gantischen Werks von Schönberg, ebenso wie diekleinen Skulpturen von Oteiza seine Formsprachekonzentrieren und mit gesammelter Intensität dieAufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen,stärker als seine grandiosen Werke. Alles kann aufdie jeweilige Essenz reduziert werden, obwohl dabeimanchmal auch Elemente verloren gehen. Und indiesem Schmelztiegel, im Wesentlichen, vereinigensich die Künste.Ebenso eignet sich die Pädagogik diejenigen Kunst-werke an, die zugänglich und konzentriert sind(nicht simpler, sondern elementarer) um sie schätzenzu lernen sowie als Modelle für eigene Kompositio-nen zu verwenden, aber auch um später komplexereWerke verstehen und genießen zu können. Wenn wirerst einfachere Formen und Prozesse bearbeiten,dann können wir die daraus gewonnene Erfahrungauf komplizierte Modelle anwenden. Wir müssenuns nur an die erweiterten Parameter gewöhnen, unsbesser konzentrieren und schneller die vom Künstlerbenützten Elemente kombinieren. Wenn die Kunstunser Leben intensiviert, so ist es die Erziehung inder Kunst die uns diese Intensität erleben lässt. Bil-dung ist ein Weg und hat deshalb auch zwei Richtun-gen: wenn die zeitgenössische Kunst uns zu eigenenKreationen anregen kann, so können auch kreativeUnterrichtsprozesse den Weg zur Freude an zeit-genössischer Kunst ebnen. „Wir sind alle Künstler“wäre unser Slogan für neue Unterrichtsprojekte.

Aktuelle Kunst:die Welt von einer anderen Seite sehen

Ein Großteil der aktuellen Kunst mit ihren zuneh-mend elementaren Formen hat in besonderer Weisezu einer größeren Publikumsnähe geführt. Trotz sei-ner weiten Streuung kann man sagen, dass die heu-tige Kunst „verständlicher“ ist als die vergangenerEpochen. Der Künstler ist allmählich hinter seinemKunstwerk verschwunden, hat so lange den Kern

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seines Ausdrucks gesucht bis er das Wesentliche ge-funden hat: Musik mit wenigen Klängen, einfarbi-gen Bildern oder solchen aus nur einem Strich,Skulpturen direkt aus dem Steinbruch oder von derMüllhalde, Umgangssprache in Gedichtform, Instal-lationen, die einen einzigen Gegenstand wiederho-len, Performances von Theater des Absurden, Videosaus dem Alltagsleben, Fotos die geschickt unscharfgemacht sind … Die Kunst hat sich noch nie so wie-derholt, war noch nie so anekdotisch, so nahe. Wirsind von den verschlüsselten Bildern der erstenAvantgardisten zu einem gewissen Geheimnis derEinfachheit und Wiederholung gekommen. EineAusstellung aktueller Kunst ist viel „unterhaltender“für einen Neuling als die eines früheren bedeutendenKünstlers. Eine aktuelle Installation ist für einen Be-sucher, dem zeitgenössische Kunst ungewohnt ist,näher als ein eine Ausstellung abstrakter Malerei.Satie, Vater aller avantgardistischen Strömungen undgrößter Visionär der modernen Kunst, hat ein Kla-vierwerk geschrieben in dem hunderte Male ein klei-ner Ablauf wiederholt wird. Er hat uns vor einemJahrhundert angekündigt was uns erwartet: Kunstwird für alle sein.Ohne Zweifel hat uns die Moderne Kunst gelehrt,die Welt mit anderen Augen anzuschauen. Wenn Ar-chimboldo Gesichter aus Gemüse oder Fischenmalte, so gingen die avantgardistischen Collagendazu über diese direkt aufzulegen. Wolf Wolstel gingnoch weiter und erklärte zu „Kunstwerken der Na-tur“ Steinhaufen die keiner menschlichen Hand be-durften, um schön zu sein und Gefühle hervorzuru-fen. Natur und Objekte sind ästhetische Normen ge-worden während der Künstler immer mehr in denHintergrund tritt. Die abgebröckelte Stelle in einerWand oder ein feuchter Fleck an der Decke werdenanders interpretiert, nachdem man ein Bild von Ta-pies gesehen hat; die Stille ist ein ästhetisches – undleider seltenes – Element seit Cage; Pina Bausch hatuns gezeigt, wie man Alltagsbewegungen anders se-hen kann; und Ähnliches haben Künstler andererSparten erreicht. Sie alle haben uns geholfen, dieästhetischen Strömungen des vergangenen Jahrhun-derts zu verstehen, insbesondere aber zum besserenVerständnis unserer Welt.„Es gibt zu viel Kunst auf der Welt“ höre ich vieleheutige Künstler sagen. Ich finde das nicht. Richtig

ist, dass es zu viel Trivialität gibt, ein großes Durch-einander, alles geht rasend schnell, aber so ist unsereWelt. Jedenfalls hat die Geschwindigkeit der Infor-mation die aktuelle Kunstlandschaft in einen unüber-schaubaren Katalog verwandelt. Die Pädagogikmuss aus diesem Wirrwarr das Wesentliche heraus-holen und uns Werkzeuge zu dessen Verständnis zurHand geben.

Der Zuschauer verschwindet

Aber wir dürfen nicht naiv sein, die Neue Kunst pro-duziert auch unvermeidlichen Unsinn. Heutzutagescheint eine gute Hülle wichtiger zu sein als einguter Inhalt: das Gebäude zieht uns an, die Ausstel-lung interessiert weniger; die neuen Museen umhül-len leeren Raum und die Besucher wollen kaummehr als diese Leere sehen; die Kommentare übereine Opernaufführung sind größtenteils über die Ins-zenierung, das Äußere, während die Musik – Ur-sprung und Daseinsberechtigung dieses Genres – so-wie das Libretto in den Hintergrund treten. Wenn esauch stimmt, dass die Kunst alle Voraussagen über-troffen hat, ist sie doch auch nachlässig, und wirmüssen auf Trivialisierung achten. Ja, die Grenzenzum Publikum sind definitiv aufgelöst, aber dasbringt wieder neue Fragen: Zeigt die aktuelle Kunstbösartige Naivität? Ist sie dem Prozess der Gleich-macherei der Gesellschaft ausgeliefert? Muss mangewisse Mechanismen in ihrer Darstellung ändern,um das Publikum anzuziehen? Sind homöopathischeFormeln nötig um die Überdosis an Abfall zu ver-dauen?Die Musik als beständige Gesellschafterin um sichzu haben, bewirkt ein immer schwächer werdendesInteresse an Musik. Sie ist so allgegenwärtig, dasssie verschwindet. Das andauernde Zusammenlebenmacht unsensibel, ihre Nähe macht sie für unsereAugen unsichtbar, ihre Trivialisierung gleicht sieden übrigen Produkten des Großmarktes an, wo sieuns unaufhörlich berieselt, ein uninteressantes Fließ-bandprodukt, dessen monotoner Widerhall sich inunserem Gehör festsetzt. Und während uns die Mu-sik überallhin verfolgt, bleibt das Publikum denKonzertsälen zusehends mehr fern. Ähnliche Wider-sprüche gibt es auch in anderen Bereichen: vieleLichtspieltheater müssen schließen, während einigewenige Filme die Kassenschlager sind; der visuelle

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Beschuss ist unbarmherzig während die Erziehungzum Schauen durch Abwesenheit glänzt. Die visu-elle Sinneserfahrung ist zwar dominant, aber dasProblem liegt eben gerade in dieser Überreizung, dieeine visuelle Erziehung erschwert. Alles wird auf-gesogen von denselben Fernsehprogrammen undSportarten. Es gibt zwar immer wieder originelleInitiativen kleineren Ausmaßes, die Werke von hoherQualität mit dementsprechendem Risiko fördern,aber das große Publikum bleibt in seiner vorgegebe-nen Schiene und besucht die wenigen, aber dafürblendenden Spektakel. Wir leben in einer Welt derGegensätze. Während immer mehr Konzertsäle ge-baut werden sitzen immer weniger Menschen im Zu-schauerraum. An diese Tendenz schließen sich an-dere Bereiche an. Der Buchverkauf geht in besorg-niserregender Weise zurück, die Plattenproduktionsteht kurz vor dem Verschwinden, die Tanzkompa-nien haben kaum männlichen Nachwuchs und dieFernsehkanäle haben offenbar für immer ihr früheresInteresse an Bildung aufgegeben. Es ist paradox dassall dies stattfindet, während gleichzeitig neue Kul-turzentren geschaffen werden und man von Bil-dungsreform spricht. Ein perverses Trugbild.Kein Erziehungssystem kann sich diesen Tatsachenverschließen, keine Methode darf stehen bleiben,ohne auf die soziale Entwicklung einzugehen. DasOrff-Schulwerk, bis heute das beste Beispiel eineroffenen Arbeit allen Tendenzen gegenüber, die sicham Horizont abzeichnen, muss mehr als je Wege su-chen die zur Verbindung der Künste führen, die dieKreativität entwickeln, um durch unsere eigenen ele-mentaren Kompositionen die Kunst besser zu verste-hen. Der Zuschauer verschwindet? Der Lärm ist aufdem Vormarsch? Das Fernsehen überschwemmtuns? Lasst uns die Möglichkeiten schaffen, diese wi-dersprüchliche Welt auf unsere Art ins Lot zu brin-gen und erinnern wir uns noch einmal an den Gedan-ken, der all unsere Kommentare bestimmt: „Wirmüssen ein zukünftiges Publikum für die Künsteheranbilden, denn ohne Betrachter hat die Kunst –und damit das Leben – keinen Sinn.“

Kinder und Jugendkonzerte:ein Ort der Begegnung

Das Konzert ist eines der Kunsterlebnisse, die amstärksten begeistern. Das Erlebnis des live ist die Ba-

sis der künstlerischen Kommunikation. Ein Kinder-und Jugendkonzert ist viel mehr als die Summe ver-schiedener Musikstücke mit der dazugehörigen Er-klärung. In ihm vereinen sich alle Ziele der ästheti-schen Erziehung und sollten sich auch mehr oderweniger alle Erwartungen und Wünsche erfüllen, diehier bisher angesprochen wurden:– Es ist ein Ort der Begegnung mit dem Leben, der

Kunst und der Bildung; mit Zeit, Raum und Bewe-gung. Unabhängig von seinem Inhalt sollte dasKonzert ein Kunstwerk in sich sein.

– Es fördert die Konfrontation mit der Kunst und dieBegeisterung darüber. Und mit der Freude amWerk schließt sich der Kreis, der mit der Suche,der Entdeckung und dem Verstehen begann.

– Es führt uns in das Umfeld und das Gefühlslebendes Künstlers. Indem wir in das Kunstwerk ein-dringen entwickeln wir unsere Kreativität, es istder Höhepunkt einer Beschäftigung mit der Form.

– Es schafft einen Schnittpunkt zwischen zwei zu-tiefst menschlichen Eigenschaften: dem Sozialenund dem Emotionalen. Aber es ist gleichzeitigauch ein Weg durch unterschiedliche Gänge zwi-schen dem Einstieg und dem Ausgang.

– Durch das Verständnis und den Genuss seiner For-men und Prozesse können wir später komplizier-tere Klangsprachen verstehen.

– Es ist notwendig zum Verständnis unserer Zeit undbildet den Zuhörer von Heute und Morgen.

Das wirkungsvollste didaktische Konzert in dem dieSinne in ausgeglichener Form angesprochen werdenund die verschiedenen Kunstformen Hand in Handgehen – Quintessenz einer interdisziplinären künst-lerischen Erziehung – findet seine konzentrierteForm in der Musikalischen Erzählung.

Die musikalische Erzählung:Treffpunkt der Künste und der Sinne

Erzählung und Musik wirken auf vielfältige Weisezusammen, beide haben formale Aspekte, sind einelogisch geordnete Aufeinanderfolge von Begeben-heiten, die auf interessante Weise vorgetragen wer-den. Es sind mitteilungskräftige Formen, die nachund nach neue Mitspieler einführen, sie interagierenlassen und endlich die Aufeinanderfolge von immerspannenderen Situationen in einer Schlussszene lö-sen. Die Personen kommen immer wieder vor, wir

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erkennen sie in der Erzählung an ihrem Namen, ihrerStimme und ihren Taten, in der Musik an ihren Rhy-thmen, Klangfarben und Melodien. Diese so be-kannte und beliebte Entsprechung hat in der Pro-grammmusik ihre Früchte getragen, in der sich dieAkteure und ihre Ideen sowohl in der Geschichte alsauch in der Musik durch das sich wiederholendeLeitmotiv äußern. Aber diese Form von Entspre-chung findet sich auch in weniger konkreten Werkenwie Sonaten, Suiten, Liedern, Konzerten und freienFormen, deren Klangstrukturen auf eine andere Artvon dramatischen Abläufen aufbauen, mehr abstraktals konkret beschreibend. Eine Eigenschaft der Zeit ist die Unaufhaltsamkeit,und so spielen Erzählung und Musik mit dem Kom-men und Gehen der Ereignisse. Eine der überliefer-ten Erzählformen sind die Reihengeschichten, dieimmer neue Ereignisse an die vorherigen anhängenund auf die Zuhörer eine nahezu hypnotische Wir-kung haben, ein faszinierendes Spiel in dem logi-sches Denken und Gedächtnis gleichermaßen gefor-dert sind. Viele Musikstücke funktionieren in ähnli-cher Weise: Melodielinien, die sich erweiternd wie-derholen, Melodien die oft und oft wiederkommen,Strophen etc., alle diese Komponenten beider Aus-drucksformen fließen im Lied zusammen.Auf einen einfachen Nenner gebracht können wirenge Zusammenhänge zwischen den beiden Aus-drucksformen feststellen. Eine natürliche Reihen-folge setzt den Klang an erste Stelle: die Stimmewechselt das Register, um die verschiedenen Perso-nen darzustellen, in der Musik wechseln die Instru-mente und Klangfarben; die Intensität in crescendiund diminuendi, Akzente und Hervorhebung einesbestimmten Punktes sind ebenso vergleichbar. Anzweiter Stelle die Pausen: heiter, angstvoll, drama-tisch, geheimnisvoll oder als Übergang. Drittens derRhythmus: Tempo, schneller und langsamer werden.Viertens die Phrase: Dauer und Intonation, Höhe-punkt und Ende, ihre „Absicht“. Und zuletzt dieForm, wie alles Vorherige in logischer Abfolge zu-sammenspielt und wo ihr dramatischer Hoch- bzw.Tiefpunkt liegt. Musik und Erzählung kommen nicht nur am Punktder gemeinsamen Struktur zusammen, sie bedienensich auch der gleichen Ausdrucksmedien, benützensogar dieselben Begriffe um den Charakter des je-

weiligen Moments zu beschreiben: leidenschaftlich,liebreich, verwegen, pathetisch, fein, energisch, aus-drucksvoll, einfach, spielerisch, wütend, süß, melan-cholisch, ländlich … Es ist wichtig, dass der Künst-ler die Grammatik derjenigen Ausdruckssprache,derer er sich bedient, sowie die notwendigen Techni-ken beherrscht, um seine Ideen und Gefühle demPublikum mitteilen zu können.

EPILOG

Es ist möglich dass der vorliegende Artikel die Neu-gier des Lesers nicht voll befriedigen konnte. DerAutor dieser Seiten ist jedoch davon überzeugt dassdie Kapitelüberschriften („Leben, Kunst und Erzie-hung“, „Kunst erleben – in Kunst erziehen“, „Su-chen – Entdecken – Kennenlernen – Genießen“,„Zeit, Raum und Bewegung“, „Die Musik: eineWegkreuzung“, “ Der Teil und das Ganze. Elementarund komplex“, “ Aktuelle Kunst: die Welt von eineranderen Seite“, „Der Zuschauer verschwindet“,„Kinder- und Jugendkonzerte: ein Ort der Begeg-nung“, „Die musikalische Erzählung: Treffpunkt derKünste und der Sinne“) einen schematischen Führerdurch die Themen darstellen die wir bedenken müs-sen im Sinne einer Erziehung zur Kunst und durchdie Kunst in unserer heutigen Zeit.

Fernando Palacios

Fernando PalaciosMusikpädagoge und Komponist. Autor und Modera-tor diverser Radio- und Fernsehreihen (Radio Nacio-nal de España) über Musik und Musikerziehung. In-ternationale Kurstätigkeit. Zahlreiche Publikationen.Berater der Musikpädagogischen Abteilung der Fun-dación Orquesta Filarmónica de Gran Canaria.

Summary

Living the arts – educating the arts

Life, art and education

Three apparently different concepts which essen-tially are one. They are inevitably interrelated, onecannot be explained or understood without the othertwo. Life, art and education together form our per-sonality.A symphony, a novel, a choreography or a picture

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are a metaphor of life itself; a class, an improvisa-tion, a fairy tale or a simple children’s drawing arestructures on the boarder line of art. Little we canachieve in life, in art or in education if they do notact together so that we can grow in space and time inorder to gain knowledge, balance and enjoyment.

Living the arts – educating in the artsMany times we observe people who are in presenceof a wonderful work of art and do not even look at it,unaware or simply not educated for an encounterwith the arts. We have to develop an enthusiasm forthe arts, they have to form an essential part of ourlives in the most natural way: working with sounds,words, movements or colours should not be anymore exotic than arrange the flower pots in our gar-den, combining different garments or designing amenu.

Search. Discover. Appreciate. Enjoy.We have to learn how to search for and discover thebeauty of art, how to appreciate and enjoy it. Artisticcreation unites two fundamental aspects of our hu-man condition: the social and the emotional part ofour being. Society will not advance unless we aseducators advance by extending and assuring arteducation. There is an increasing lack of form in ourlives, which needs compensation through continuouswork with music, theatre, dance, fine arts and poetry.

Time, space and movementLife, art and education are based on these three pa-rameters. An example: it is a waste of time to lookfor the connection between music and dance, bothare really the same thing, both are based on move-ment. Any aesthetic education needs an ample base.We have to learn how to read the time, to listen to thespace and to write down the colours.

Music, a cross-roadContemporary music has helped many people to ap-proach new art forms. From Picasso to Bartók andvice-versa is but a small step. Networks of communi-cation develop between artists and their particularworlds of expression.

A part and the total. Elementary and complex.There is evidence that we can perceive the whole inone of its parts: in one bar of Brahms lies the entire

symphony. In education, we introduce works of artthat are accessible and concentrated, we can usethem as models for our own compositions, but theyalso help us to understand and appreciate morecomplex works.

Modern art: the world from another point of viewModern art is for everyone. An installation is closerto the average visitor than an exhibition of abstractart. There is too much triviality in artistic produc-tion, everything moves too quickly and superficially.Education has to filter the essential and teach us tounderstand it.

The spectator disappearsNowadays often the content seems less importantthan the wrapping. We are constantly over-stimu-lated, both by images and sounds. Orff-Schulwerk istoday the most effective example of an open conceptcapable of opening doors towards a greater sensitiv-ity and creativity. We have to create a public for thearts, since without it there is no sense in either art oflife.

Concerts for children and young people:a meeting placeAll the goals of aesthetic education come together ina live concert with its different artistic expressions,its emotional and social components.

The musical tale: the arts meet the sensesMusic and narration have a common structure anduse the same media of expression, but only an artistwith the knowledge of the necessary vocabulary willsuccessfully transmit his ideas and feelings to the lis-teners.

Fernando PalaciosMusic educator and composer. Author and presenterof many radio and TV programs on Music and MusicEducation (Radio Nacional de España). Freelancelecturer and author of numerous publications onMusic Education. Advisor for the educational pro-gramme of the Gran Canaria Philharmonic Orches-tra.

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Kann man Hauptschüler für „Neue Musik“ begei-stern? Oder stellt die Klangwelt eines Krysztof Pen-derecki oder eines György Ligeti einen allzu schrof-fen Gegensatz zu den musikalischen Vorlieben derheutigen Kinder und Jugendlichen dar, die geprägtsind von der Allgegenwart kurzlebiger Unterhal-tungsmusik?Der folgende Artikel soll anhand eines Unterrichts-beispieles Möglichkeiten aufzeigen, wie Schülerüber den Weg eigenen bildnerischen Gestaltens Zu-gänge auch zu Kompositionen des 20. Jhdts. findenkönnen.

Musik als „Schwester der Malerei“

Bereits Leonardo da Vinci bezeichnete Musik als die„Schwester der Malerei“ und wies damit auf grund-legende Entsprechungen zwischen den beiden künst-lerischen Ausdrucksformen hin. Musik löst beim Zuhörer räumliche Assoziationenaus. Töne werden als „hoch“ oder „tief“ empfunden,der Melodieverlauf als Auf- und Abwärtsbewegungwahrgenommen.

Ebenso weckt das Hören von Musik bei manchenMenschen farbliche oder bildhafte Vorstellungen.Man bezeichnet dieses Phänomen als „Synästhesie“,was übersetzt „Mitempfindung“ heißt. Synästheti-sche Wahrnehmung bezeichnet Sinneseindrücke, diedurch nicht spezifische Reize erzeugt werden, bei-spielsweise die Wahrnehmung von optischen Ein-drücken, die durch akustische Ereignisse stimuliertwird. So können Töne, Klänge oder Tonarten mitFarben oder Bildern in Verbindung gebracht werden,die allerdings bei verschiedenen Personen stark sub-jektive Färbungen aufweisen.

Entsprechungen zwischen Musik und Bild

Welche Parallelen können wir zwischen Musik undBild finden?Häufig sind die Entsprechungen zwischen beidenKunstgattungen inhaltlicher Natur; das bildhaft dar-gestellte Geschehen wird musikalisch nachvollzo-gen. Inhaltliche Übereinstimmungen finden sich oftbei Gemälden, die in Programm-Musik übersetztworden sind, wie z.B. Victor Hartmanns „Gnom“,der in den berühmten „Bildern einer Ausstellung“von Modest Mussorgsky vertont worden ist.

Parallelen zwischen einer Komposition und einemWerk aus der Bildenden Kunst können sich aberauch auf Stimmungsgehalt, Form und Struktur sowiestilistische Merkmale beziehen. Paul Klee ist bekannt geworden durch seine mit mu-sikalischen Titeln überschriebenen Bilder wie z.B.„Die Zwitschermaschine“, die zahlreiche Komponi-sten zu Vertonungen angeregt hat.

Vernetzung von Musik und Bild im Musikunter-richt

Wie kann nun die „Verwandtschaft“ zwischen Musikund Bildender Kunst im Bereich der schulischenHörerziehung sinnvoll eingesetzt werden?Bildnerisches Gestalten zu Musik erleichtert einer-seits den emotionalen Zugang zu einer Komposition,indem der vermutete Inhalt bzw. der wahrgenom-mene Stimmungsgehalt, die „Atmosphäre“ einesMusikstückes bildlich umgesetzt werden. Visuelle Darstellungsformen eignen sich aber auchhervorragend, um musikalische Formen und Struktu-ren zu veranschaulichen. Motive werden durch Sym-

Aus der Praxis

From Practical Work

Durch Sehen zum Hören: „Kandinsky meets Penderecki“

Nicola Mittermayer

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bole dargestellt und machen durch richtige Aneinan-derreihung den musikalischen Ablauf erkennbar.Ebenso können einzelne Stimmen oder Klängedurch bildhaftes Gestalten charakterisiert oder inihrem Verlauf mitgezeichnet werden.

Gegenüberstellung von Musik und Bild: „Kandinsky meets Penderecki“

Wassily Kandinsky: „Gegenklänge“ (aus: Maur, 1985, S. 191)

Nicht nur das eigene künstlerische Gestalten zu Mu-sik führt zu einer vertieften Begegnung mit demGehörten, auch die Gegenüberstellung von einerKomposition mit einem Werk der Bildenden Kunstkann sowohl für die musik- als auch für die kunst-pädagogische Arbeit sehr befruchtend sein und zu ei-ner differenzierteren Wahrnehmung beider Kunst-werke hinführen.Das folgende Unterrichtsbeispiel, das ich mitSchülern einer 4. Klasse Musikhauptschule durchge-führt habe, beschreibt die Gegenüberstellung derKomposition „De natura sonoris-1“ von Krysztof

Penderecki (*1933) mit dem Bild „Gegenklänge“von Wassily Kandinsky (1866–1944).Obwohl Penderecki und Kandinksy weder Lands-leute noch unmittelbare Zeitgenossen waren, weisenihre Kunstwerke Strukturparallelen auf, die einenpädagogisch sehr interessanten Vergleich ermög-lichen.Inspiriert wurde ich zur folgend beschriebenen Un-terrichtssequenz durch den Artikel „Unterricht alsKomposition aus Punkten, Linien und Flächen“ vonMonika Niermann (in: Niermann, Franz: Elementaremusikalische Bildung, Wien 1997, S. 133–156).

„Punkt und Linie zur Fläche“Wassily Kandinsky prägte die Kunstgeschichte vorallem durch seine abstrakten, streng geometrischenFormen. Seine Schrift „Punkt und Linie zur Fläche:Beitrag zur Analyse der malerischen Elemente“ istdas grundlegende Werk zum Schaffensprozess ab-strakter Kunst. Die aus Punkten, Linien und Flächenaufgebauten Bildkompositionen Kandinskys findenihr „musikalisches Pendant“ in der KlangtechnikPendereckis, in der ebenfalls Klangpunkte, -linienund -flächen zu erkennen sind.Die strukturelle Verwandtschaft beider Kunstwerkeliegt demnach in der kompositorischen Zusammen-setzung elementarer Formen und Klänge zu einemGanzen. Die Einfachheit der Ausgangselemente inspiriert zuvielfältigen Handlungsmöglichkeiten in der Ver-klanglichung von Bildelementen sowie im gestalteri-schen Umgang mit grafischer Notation.

Verklanglichung des Bildes „Gegenklänge“In einer Einführung werden die Schüler durch eige-nes Experimentieren mit Orff-Instrumenten zur aku-stischen Differenzierung von Punkt-, Linien- undFlächenklängen in ihren unterschiedlichsten Varian-ten hingeführt. Ebenso werden Möglichkeiten ge-sucht, Punkt-, Linien- und Flächenklänge durch gra-fische Darstellungsformen zu notieren.Anschließend erhalten die Schüler in Kleingruppenje einen Bildausschnitt aus dem Bild „Gegen-klänge“. Jede Gruppe findet ein zu ihrem Bildteilpassendes musikalisches Motiv und präsentiert esvor der Klasse. Die Mitschüler versuchen, zur gehör-ten Klanggestaltung den jeweils passenden Bildaus-schnitt zuzuordnen.

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In weiterer Folge wird Kandinskys Bild in einerGruppenimprovisation durch die ganze Klasse musi-kalisch umgesetzt. Ein „Dirigent“ mit Zeigestab ent-scheidet, in welcher Reihenfolge die einzelnen Bild-elemente gespielt werden. Schließlich wird das ge-samte Bild zum Klingen gebracht, indem ein Leitermit dem Zeigestab am Rand des Bildes entlangfährt.Alle Bildelemente erklingen synchron zum wan-dernden Stab. Auf diese Weise wird das Bild vonoben nach unten, von links nach rechts und umge-kehrt musikalisch dargestellt.Die Schüler erleben durch das eigene Tun, dass opti-sche und akustische Elemente einander zugeordnetwerden können. Bildnerische und musikalischeStrukturen werden in der direkten Entsprechung er-fahrbar.

Bildnerische Umsetzung von Pendereckis „De natura sonoris-1“Erst jetzt, nachdem die Schüler mit der Unterschei-dung von Punkt-, Linien- und Flächenklängen ver-traut gemacht worden sind, erklingt erstmals Pende-reckis Musik. Durch ihre eigenen Klangexperimentemit Orff-Instrumenten sind die Schüler mit abstrak-

ten Klängen bereits vertraut. Sie lauschen mit ge-schlossenen Augen und versuchen das Gehörte ge-danklich mit den Elementen Punkt, Linie und Flächein Verbindung zu bringen. Beim zweiten Hördurch-gang werden jene Elemente, die deutlich wahrge-nommen wurden, durch grafische Symbole festge-halten und danach mit den notierten Zeichen derMitschüler auf Übereinstimmungen untersucht.Nachdem die Schüler in einer ersten Übungsphasemit der Übertragung klanglicher in bildhafte Ele-mente vertraut gemacht worden sind, erhalten sie dieAufgabe, mit Wachsmalstiften zur laufenden Musikein Bild aus den geometrischen GrundelementenPunkt, Linie und Fläche zu gestalten. Es geht dabeiweniger um eine synchrone Übersetzung der gehör-ten Einzelklänge als vielmehr um eine durch die Mu-sik inspirierte bildnerische Gestaltung, die einzelneElemente aus dem Gehörten aufgreift.

Erste zeichnerische Assoziationen zu Pendereckis „Denatura sonoris-1“

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Die Schülerarbeiten werden gemeinsam betrachtetund sowohl unter ästhetischen Gesichtspunkten alsauch in ihrer Beziehung zur Musik besprochen. Als interessanten Vergleich bietet sich auch eine Ge-genüberstellung der Schülerarbeiten mit dem zuvorverklanglichten Bild „Gegenklänge“ von WassilyKandinsky an.

Arbeit mit grafischer Partitur

Als Abschluss der Einheit werden die Schüler aufge-fordert, den mittlerweile sehr oft gehörten Anfangdes Stückes möglichst genau mitzuzeichnen. Zu meiner eigenen Überraschung gelingt es einer be-trächtlichen Anzahl von Schülern, den Musikaus-schnitt bis ins Detail mitzuverfolgen und in Form ei-ner Verlaufsgrafik zu Papier zu bringen.Die Aufmerksamkeit und Konzentration, mit der dieSchüler der gesamten Klasse das Unterrichtsgesche-hen mitverfolgen und mitgestalten, zeigen mir, dass

Kann man Hauptschüler also doch für „Neue Musik“begeistern?

sowohl Kandinskys Bild als auch Pendereckis Musikihr Interesse gefunden haben.

Schülerarbeiten zu „De natura sonoris-1“ (Krysztof Penderecki)

Verlaufsgrafiken zu den ersten Takten von „De natura so-noris-1“ (Penderecki)

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Sicherlich sind Projekte wie das eben beschriebenenicht der berufliche Alltag eines Musikerziehers.Dennoch halte ich die Erkenntnis für bedeutend,dass wir Kinder und Jugendliche in ihrer Offenheitfür Neuartiges oder Fremdes nicht unterschätzendürfen. Es liegt an uns Musikerziehern, die richtigen Wegezu finden, um ihnen Augen und Ohren für die Kunstzu öffnen – auch für die Kunst des 20. Jahrhunderts.

ZusammenfassungDer Artikel zeigt anhand eines UnterrichtsbeispielesMöglichkeiten auf, wie Schüler über den Weg eige-nen bildnerischen Gestaltens Zugänge auch zu Kom-positionen des 20. Jhdts. finden können.Der erste Teil weist auf die „Verwandtschaft“ zwi-schen Musik und Bildender Kunst hin und zeigtgrundlegende Entsprechungen zwischen den beidenkünstlerischen Ausdrucksformen auf. Musik kannbeim Zuhörer räumliche Assoziationen von „hoch“und „tief“ sowie farbliche oder bildhafte Assoziatio-nen wecken. Dieses Phänomen der Wahrnehmungvon optischen Eindrücken, die durch akustische Er-eignisse hergerufen werden, bezeichnet man alsSynästhesie.Entsprechungen zwischen Musik und Bild sind in-haltlicher Natur, wenn das bildhaft dargestellte Ge-schehen wie im Falle von Programm-Musik musika-lisch nachvollzogen wird. Parallelen zwischen einerKomposition und einem Werk aus der BildendenKunst können sich aber auch auf Stimmungsgehalt,Form und Struktur sowie stilistische Merkmale be-ziehen.Die Vernetzung von Musik und Bild im Bereich derschulischen Hörerziehung erleichtert den emotiona-len Zugang zu einer Komposition, eignet sich aberauch zur Veranschaulichung musikalischer Formenund Strukturen.Im zweiten Teil des Artikels wird die Gegenüberstel-lung von Krysztof Pendereckis Komposition „De na-tura sonoris-1“ mit Wassily Kandinskys Bild „Ge-genklänge“ in einer 4. Klasse Musikhauptschule be-schrieben. Beide Kunstwerke weisen Parallelen inder kompositorischen Zusammensetzung elementa-rer Formen und Klänge (Punkte, Linien undFlächen) zu einem Ganzen auf. Diese strukturellenÜbereinstimmungen ermöglichen den wechselseiti-

gen Transfer der beiden künstlerischen Ausdrucks-medien. So werden die Schüler zunächst durch dieVerklanglichung von Kandinskys Bild, anschließenddurch die bildnerische Umsetzung von PendereckisKomposition zu einer vertieften Begegnung mit bei-den Kunstwerken geführt.

LITERATURDE LA MOTTE-HABER, HELGA: Musik und Bildende Kunst. Von derTonmalerei zur Klangskulptur, Regensburg 1990FINK, MONIKA: Musik nach Bildern. Programmbezogenes Kompo-nieren im 19. und 20. Jahrhundert (Innsbrucker Beiträge zur Musik-wissenschaft Band 13), Innsbruck 1987MAUR, KARIN V.: Vom Klang der Bilder. Die Musik in der Kunst des20. Jahrhunderts, München 1985NIERMANN, MONIKA: Unterricht als Komposition aus Punkten, Li-nien und Flächen, in: Niermann, Franz: Elementare musikalischeBildung, Wien 1997, S. 133-156

Mag.a Nicola MittermayrAusbildung zur Volks- und Hauptschullehrerin, IGP-Studium am Brucknerkonservatorium Linz in denHauptfächern Orgel und Musikalische Elementar-Erziehung, Magisterstudium „Elementare Musik-und Bewegungspädagogik“ am Orff-Institut Salz-burg. Unterrichtstätigkeit im oö. Landesmusikschul-werk, derzeit Musiklehrerin an der Musikhaupt-schule Hellmonsödt (OÖ).

Summary

From seeing to hearing: Kandinsky meets PendereckiThis article shows how students in a sample lessoncan find an approach to art forms of the 20th centurythrough their own artistic creations in the visual artsand musical compositions.The first part of the article points out the relation-ship between music and other art forms showing fun-damental analogies in both forms of expression. Mu-sic can awaken spatial associations of high and lowas well as of colour or images. This phenomenon ofthe perception of optical impressions that are pro-duced through acoustical happenings is known assynesthesia.Analogies between music and images are naturalwhen the experience is presented as a picture, as inthe case of program music, and is illustrated in mu-sic. Parallels between a musical composition and a

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work in the area of the visual arts can also find cor-relations in the atmosphere or mood, form and struc-ture as well as stylistic features. The linking of musicwith picture in the area of ear training classes,makes it easier to understand a composition andalso is valid for illustrating musical forms and struc-tures.In the second part of the article the comparison be-tween Krzysztof Penderecki’s composition “naturasonoris-1” and Wassily Kandinsky’s picture“Gegenklänge” (opposing sounds), is described aspresented in a 4th class at a music high school. Bothworks show parallels in their compositional struc-tures and elementary forms and sounds (points, linesand spaces). These structural concordances enable amutual transfer of both artistic media. The studentscan thus be guided to a deeper encounter of bothworks of art by expressing Kandinsky’s work insound and Penderecki’s composition in pictures.

Mag.a Nicola MittermayrElementary and high school teacher, instrumentaland voice studies at the Bruckner Conservatory inLinz with a major in Organ and Elementary MusicEducation, Master’s degree in Elementary Musicand Dance Pedagogy at the Orff Institute inSalzburg. Has taught at the Upper Austrian statemusic school and presently teaches music at the mu-sic high school in Hellmonsödt, Upper Austria.

Hören und Gestalten von NeuerMusik am Beispiel von John Cages „Living Room Music“

Neue Musik im Unterricht

Musik des 20. Jahrhunderts und von zeitgenössi-schen Komponisten spricht Kinder und Jugendlichespontan nur selten an, weil ohne Heranführung dasVerständnis für die Struktur und das Gestaltungs-prinzip meist nicht vorhanden ist. „Sowohl die Ab-senz von Regelkanons und allgemeinen Normen alsauch die herrschende Unübersichtlichkeit in derNeuen Musik bereiten vielen Rezipienten (auch Er-wachsenen, Anm. des Verfassers) Schwierigkeiten“(Schneider 2002, S. 7). Es fehlen „Umzäunungen“,die die Beurteilung der Beschaffenheit dieser NeuenMusik nach begrifflich vorgegebenen Regeln undGestaltungsprinzipien ermöglichen würde. „Diessollte aber nicht nur als Mangel empfunden werden,sondern auch als Chance für vielfältige und neue Er-fahrungen mit und an Neuer Musik (…)“ (Schneider2002, S. 7).Im Unterricht kann die Vermittlung eines Bewusst-seins für Strukturierung, Gestaltung und Materialbe-schaffenheit von gegenwärtiger Musik dazu beitra-gen, sich dem Neuen, Unbekannten und wahrschein-lich Ungewohnten zu öffnen. Werden die Schüler inspielerischer, experimenteller und auch kognitiverArt und Weise herausgefordert, „(…) musikalischUngewohntes, Fremdes, Neues zu entdecken bzw.Vertrautes mittels kleiner Veränderungen, unge-wohnter Spielweisen anders und neu zu hören,Klang in seinen vielfältigsten Formen wahrzuneh-men und damit eine eigene Musik zu gestalten (…)“,

Birgitta Mooslechner

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erhalten sie gleichzeitig die Chance, „(…) sich inhörender Wahrnehmung für Alltägliches wie Unge-wöhnliches zu üben und in einem weiteren Schrittdas Neu-Gehörte originell und souverän zu struktu-rieren und zu arrangieren“ (Schneider 2002, S. 7).Die Erfahrungsmöglichkeiten sind vielfältig undstellen mitunter eine Alternative zur herrschendenReproduktion dar. Schneider nennt unter anderemdie aufregende Entdeckung des Ungewohnten, dieVielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten mit akusti-schen Alltagspartikeln, das Lauschen und Aushörender Stille, das Gestalten und Realisieren von eigenenPartituren, das von Intensität und Ausdruck geprägteMusizieren, das Erfinden und Realisieren eines Mu-sikstücks, bei dem jeder mitverantwortlich ist, dasReflektieren des Arbeitsprozesses und das Erkennen,dass sich der Hörhorizont verschieben kann, ver-schoben hat (vgl. Schneider 2002, S. 8).Im Vordergrund stehen dabei das Finden, Erfindenund das individuelle wie kollektive Gestalten.Wie ein solcher Prozess in der Sekundarstufe initiiertund weiterentwickelt werden kann, zeigt das fol-gende Unterrichtsbeispiel.Die Gruppe oder Klasse benötigt für dieses Projektkeine Erfahrung mit Neuer Musik, sollte jedoch mitfreien Improvisationsaufgaben umgehen können.

„Living Room Music“ von John Cage

John Cage (1912–1992) entwickelte in den dreißigerJahren die Vorstellung, dass alle Gegenstände, mö-gen sie der Natur oder der Kultur entstammen, Mate-rial für musikalische Klangkunst sein können.Außerordentlich experimentierfreudig war er immerauf der Suche nach neuen Instrumenten. In Trödel-läden kaufte er Bremstrommeln, Radkappen, Bett-federn und benutzte ebenso alte Küchengeräte undHolzblöcke als Schlaginstrumente. Cage experimen-tierte mit den „Instrumenten“, belauschte ihren je ei-genen Klang und entdeckte „(…) diverse Möglich-keiten der unkonventionellen und äußerst variablenKlangerzeugung – manuell durch Klopfen, Kratzen,Reiben, Schaben, Streichen oder mit verschiedens-ten Gegenständen wie Schlägeln, Nägeln, Bürsten,Stäben u.a.m.“ (Nimczik 2003, S. 64).Living Room Music (1940) ist ein Beispiel für freieKlangauswahl bzw. freie Klangnutzung. Die Aus-wahl der Schlaginstrumente und ihr Arrangement

sind vom Komponisten nämlich nicht festgelegt undwerden den Spielern überlassen. Wie schon der Titelanklingen lässt, sollen für das Instrumentarium Ge-genstände aus dem Wohnzimmer verwendet werden:z.B. Stühle, Tische, Porzellan, Gläser, Zeitungen,Bücher, Wände, Böden, etc. „Die Interpreten werdenso auf eine musikalische Entdeckungsreise gesandt,bei der es gilt, die Klangmöglichkeiten von Gegen-ständen des Alltags zu nutzen.“ (Nimczik 2003, S.65)Genau dieser Ansatz macht das Stück für die Arbeitmit Schülern so spannend, da das individuelle undkollektive Finden, Erfinden und Gestalten im Vor-dergrund steht.

Cages „Wohnzimmer-Musik“ hat vier Teile:

„To Begin“, „Story“, „Melody“ und „End“. DieRhythmusstruktur aller Teile ist patternartig aufge-baut und verläuft in motivisch-variativer Technik. In„Story“ und „Melody“ ist das rhythmische Spiel umeinen rhythmisierten Sprechvers bzw. um eine einfa-che, ständig permutierende Tonfolge erweitert.Das eigentlich sehr leise zu musizierende Schluss-stück „End“ umfasst insgesamt fünfzig 4⁄4-Takte, diesich in sieben siebentaktige Blöcke und einen an-gehängten Schlusstakt unterteilen. Abschnitt A(4 x 7) erfordert für jeden Spieler ein Instrument,Abschnitt B (3 x 7) hingegen je zwei Instrumente.Cage schrieb ausschließlich 2er- bzw. 3er-Achtel-kombinationen, die parallel geführt werden, nach-einander einsetzen, sich überlagern oder nach unter-schiedlichen Wiederholungsphasen wechseln.

Verlaufsskizze

Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, sich mit „Living Room Music“ zu beschäftigen. Mein Unter-richtsvorschlag setzt den Schwerpunkt weniger aufdie Reproduktion; vielmehr soll er eine Anregungzum eigenen Gestalten geben.

Hören und Analysieren

Ausgehend von John Cages Komposition „End“, daszu Beginn angehört wird, sollen die Schüler ihreHöreindrücke beschreiben und sowohl die „Instru-mente“ (Klangeigenschaften) als auch die Spiel-weise (Womit wird gespielt? Hand, Finger, Schlä-gel, …) erkennen.

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Nach einer Titelfindung für das eben gehörte Musik-stück und die darauf folgende Auflösung sind einekurze Einführung in „Living Room Music“ und In-formationen über John Cage (vor allem seine Idee,Gegenstände als Musikinstrumente umzufunktionie-ren) vorgesehen.Diese Darstellung könnte eine Diskussion mit fol-genden Fragestellungen initiieren:Was versteht „man“ bzw. jeder einzelne unter demBegriff „Musik„?

Gibt es überhaupt eine richtige Definition von „Mu-sik„?Können Gegenstände als Musikinstrumente bezeich-net werden und warum?Abgestimmt auf die musiktheoretischen Kenntnisseder Schüler könnte nun das Lesen der Notation undBesprechen der Rhythmusstrukturen folgen, welcheseinen weiteren Zugang zum Werk von John Cagedarstellen würde.

Erproben, Experimentieren, Nachspielen

Die zweite Phase umfasst das Suchen/Sammeln undSpielen der gehörten bzw. vermuteten Instrumenteder Aufnahme. Dabei steht eine klangliche Erpro-bung auch von anderen Einrichtungs- und Ge-brauchsgegenständen und das Ausprobieren von ver-schiedenen Anschlagsarten im Vordergrund.

Themenfindung für ein eigenes Musikstück

Ausgehend von dem Gehörten und Erprobten solldie Gruppe nun ein gemeinsames Thema für „ihr“Musikstück finden. Einerseits können Thema undInstrumentarium von „Living Room Music“ über-nommen, andererseits mit der Überlegung, wie meh-rere Gruppen ein Gesamtwerk schaffen können,

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durch eigene neue Ideen ersetzt werden. In Anleh-nung an John Cage, dessen „Wohnzimmer-Musik“aus vier Teilen besteht, könnte im Hinblick auf einunterschiedliches Instrumentarium der Titel „Woh-nung“ ein vielfältiges Stück ergeben. In Küche, Bad,Wohnzimmer, Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Werk-statt, Abstellkammer, Keller oder Garage befindensich viele klingende Gegenstände, die den jeweiligenBereich charakterisieren. Auch „Schule“ als Kompo-sitionstitel wäre denkbar: Klassenzimmer, Schulta-sche, Werkraum, Turnsaal, Bibliothek, Musikraum,Pausenhof, …Nach der Einteilung in Gruppen und dem Aufteilender Themen steht der Instrumenten- und Klangsuchenichts mehr im Weg.

Auswahl und Erprobung des Instrumentariums

Jede Gruppe begibt sich auf die Suche nach Instru-menten ihres „Spielthemas“ (je nach Thema in derSchule, im Freien oder zu Hause).Neben dem klanglichen Experimentieren und Erpro-ben von Gegenständen (pro Spieler ein bis drei In-strumente) sollte ein besonderes Augenmerk daraufgelegt werden, wie und womit angeschlagen werdenkann.

Erfinden / Erarbeiten von Rhythmus-Modellen

Cages Idee, 2er- und 3er-Achtelkombinationen zuverwenden, könnte dahingehend übernommen wer-den, dass sich jede Gruppe bestimmte Notenwert-Kombinationen (Rhythmus-Modelle) oder rhythmi-sche Patterns überlegt.

Entwickeln von Gestaltungsmöglichkeiten

Jeder Spieler hat seine eigenen rhythmischen Motiveoder jede Gruppe hat für sich festgelegte Rhythmus-Folgen, die versetzt gespielt, leicht verändert, vari-iert und erweitert werden können.

Gestaltungsbeispiele:

Tutti/Solo-Spiel: Ostinato mit wechselnden Solisten,abwechselndes Tutti-Solo Spiel (z.B. Rondo-Form)Mehrstimmigkeit: parallel geführte Stimmen, Ein-sätze nacheinander, Verdichtung – Ausdünnung,Schichtung / Überlagerung, Kanon / wechselnde Dy-namik und Agogik / Vorstellung / Festlegung des Ge-samtablaufs / Aufnahme

Sobald die einzelnen Gruppen ihre Kompositionenfertig ausgearbeitet und geübt (möglicherweise auchnotiert) haben, werden die Ergebnisse den anderenGruppen vorgestellt und ein Gesamtablauf festge-legt, um die einzelnen Teile des Gesamtwerkes gutaufeinander abzustimmen.Zum Abschluss wird das Schülerwerk aufgenom-men, analysiert und mit „Living Room Music“ ver-glichen.

ZusammenfassungZusammenfassend möchte ich nochmals auf dieWorte Schneiders eingehen, der im Entdecken vonmusikalisch Ungewohntem, Fremdem, Neuem einebesondere Herausforderung sieht und die aufregendeEntdeckung des Ungewohnten und die Vielfalt vonGestaltungsmöglichkeiten mit akustischen Alltags-partikeln hervorhebt.So wie er im Umgang mit gegenwärtiger Musik dieChance sieht, sich in hörender Wahrnehmung fürAlltägliches wie Ungewöhnliches zu üben und in ei-nem weiteren Schritt das Neu-Gehörte originell undsouverän zu strukturieren und zu arrangieren, sohoffe ich, mit dem beschriebenen Projekt die Schülerfür die Komposition von John Cage – als ein Bei-spiel von Neuer Musik – und deren kreative Verar-beitung begeistern zu können.

LITERATUR:SCHNEIDER, HANS: Wege zur Neuen Musik. Chancen für elementaremusikalische Erfahrungen, in: Musik Impulse Journal 3. Jahrgang(2002) [5], S. 6–11.NIMCZIK, ORTWIN: Musikalische Entdeckungsreise zu Alltagsgegen-ständen. Gestaltungsanregungen durch John Cages „Living RoomMusic“, in: Musik & Bildung 35. Jahrgang (2003) [1], S. 64–67.

Mag.a Birgitta Mooslechnergeb. 1979 in Salzburg, Ausbildung zur Volksschul-lehrerin an der Pädagogischen Akademie, Salzburg,Kurzstudium und Magisterstudium am Orff-Institut,Universität Mozarteum. Referentin auf Kindersing-wochen, Harfenistin und Chorleiterin.

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Summary

Listening and creating new music with the exam-ple of “Living Room Music” by John Cage.If we want to guide children or young adults to newmusic, we need a means that furthers the conscious-ness for the structure, form and nature of the mater-ial of contemporary music. Only then can an open-ing for what is new, unknown, and probably unusual,take place. There are a variety of experiential possi-bilities for such means:The exciting discovery of many different possibilitiesfor creating forms with everyday acoustical ele-ments, creating and realizing our own scores, mak-ing music imprinted with intensity and expression,inventing, realizing and reflecting about a piece ofmusic in which everyone has taken the responsibilityand thus acknowledging that the horizons of listen-ing can be modified.The project “Living Room Music” (John Cage,1940), shows how such a process can be initiatedand further developed at the secondary level (HighSchool).In Cage’s composition the choice and arrangementof percussion instruments is not specified and is leftup to the players. The single rule is that the instru-mentarium must come from those things found in aliving room (chairs, tables, glasses, books, walls, thefloor, etc.). For the project, the fourth part of thecomposition was chosen which carries the title,“End” and exists exclusively in using combinationof 2 Eighths or 3 Eighths in rhythmic pattern.The goal of the project is that children, starting withlistening and analyzing the composition (recogniz-ing the “instruments” and how they are played),through trying them out and experimenting with fur-niture and household items, arrive at their own com-position, influenced by Cage’s “Living Room Mu-sic,” with the theme of “Home” – (kitchen, bath-room, bedroom, workshop, cellar, etc.) – or evenabout another area of daily life like school or office.In group work suitable instruments are chosen forthe single rooms or living areas, rhythmic patternsare worked out and given a structure in order to ar-rive at a complete piece in which the individualgroups can present their own results. Recording thestudents’ compositions makes it possible to analyse

them and make a comparison with John Cage’swork. This should also make the working and cre-ative process conscious and point out the composi-tional techniques and musical instruments withwhich contemporary music can be written.

Mag.a Birgitta MooslechnerBorn 1979 in Salzburg. After attending the trainingcourse for primary school teachers at the Pedagogi-cal Academy Salzburg, absolved the short courseand masters course at the Orff Institute UniversityMozarteum Salzburg. Teaches at childrens’ singingweeks, is a harpist and choir director.

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Einführung

Etwas selbst zu tun ist der beste Weg, es zu lernen.Musik des 20. Jahrhunderts in einem kreativen Pro-zess zu studieren ist der beste Weg, um Form und In-halt zu erfahren. Nahezu alle Stilarten der Musik des20. Jahrhunderts (vielleicht mit Ausnahme des Jazz)sind notierte Musik. Was ich anbieten möchte ist einpraktischer Zugang über die Improvisation. DerCharakter der Musik bleibt derselbe, jedoch der Weghin zu ihr ist unterschiedlich. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurdenviele Entdeckungen gemacht, die das Gesicht derMusik veränderten. Viele davon waren nicht nur einezufällige Erneuerung sondern gaben einen neuenEinblick in menschliches Denken. Einige der neuenmusikalischen Stile zeigen eine klare konstruktiveIdee, die erfolgreich im Unterricht mit Schülern ver-wendet werden kann. So ein Konstruktionsmodellmöchte ich in diesem Kontext als „Abstraktions-modell“ bezeichnen. Abstraktionsmodell: was meint das?Als Abstraktionsmodell bezeichne ich eine Raum-Zeit-Struktur eines bestimmten Phänomens dermenschlichen Kultur, die Summe seiner wesent-lichen Merkmale, abgelöst von einem pragmatischenHier-und-Jetzt-Kontext.Zum Beispiel: ein Schamane in einem Tuva-Dorfbenützt einen pentatonischen Gesang zu seiner

Musik des 20. Jahrhunderts imOrff-Schulwerk Unterricht – EineAnnäherung über Improvisation

Vadim Kanevsky

Handtrommel. Das Dorfgeschehen, die Rolle desSchamanen und seine Handlungen sind der Kontext. Er singt in einer pentatonischen Skala ohne es zuwissen, ohne diesen Namen jemals gehört zu haben,ohne selbst an Musik zu denken. Seine Aufgabe istes, einen bösen Geist aus dem vor ihm liegendenKranken auszutreiben. Alles andere, die rituelleKleidung, der Gesang, die Trommel sind Zubehör,Werkzeug seines Berufes. Wenn wir im Schulwerkunterricht zum Handtrom-melspiel pentatonisch singen, so kann dies ursprüng-lich von der Musizierform eines Schamanen ange-regt sein, jedoch abgelöst von Kontext und Sachbe-zug (ebenso wie von Kontexten und Sachbezügenzahlloser anderer Beispiele, in welchen Menschendiese Elemente verwendeten und noch heute ver-wenden). Was wir übernehmen ist mehr als nur Pen-tatonik und Handtrommel, es ist die Raum-Zeit-Struktur eines Phänomens, die Summe seiner we-sentlichen Merkmale.Ein Abstraktionsmodell ist kein Bild der Wirklich-keit und ihrer Details. Tatsächlich existiert diesesBild gar nicht. So gibt es zum Beispiel in der Naturkaum rechte Winkel oder gerade Linien, diese sind abgeleitete Abstraktionen, die die verborgenen, invielen Phänomenen der Natur existierenden Struktu-ren reflektieren.

Wozu soll ein Abstraktionsmodell gut sein?

Die Menge der Information in der menschlichen Ge-sellschaft wächst in geometrischer Progression. Da-mit wächst auch die Notwendigkeit, sie zu konzen-trieren. Abstraktionsmodelle sind sozusagen Ver-dichtungen, Extrakte und dienen der Konzentrationvon Information. Sie sind unsere Instrumente, diewir zu dem von uns beabsichtigten Zweck benützen.Kulturelle Abstraktionsmodelle sind die Werkzeugejeder Generation, die eine neue Kultur schafft, alssolche sind sie seit Jahrhunderten in Verwendung.So benutzten z.B. in der Mitte des 16. Jahrhundertsdie Mitglieder der Florentiner Camerata ein Abstrak-tionsmodell, das sie „antikes griechisches Theater“nannten, In Wirklichkeit hatte es weder allzu viel mitdem antiken Griechenland noch mit dessen Theaterzu tun. Was sie benutzten war ein Modell, eine Vor-stellung, eine Abstraktion, die sich aus allen Infor-mationen, die sie bekommen konnten, zusammen-

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setzte. Was bei der von ihnen beabsichtigten „Re-konstruktion“ herauskam war jedoch eine neue kul-turelle Erscheinungsform: die Oper.Wenn Menschen versuchen, aus bestimmten kultu-rellen Phänomenen ein Abstraktes Modell zu ma-chen, dann vereinfachen und verarmen sie das Origi-nal (so wie ein gerader Strich einen vereinfachtenBaumstamm oder Blumenstängel darstellen will).Denn ein abstraktes Modell ist nichts anderes alseben nur ein abstraktes Modell. Es muss einfach,klar, umfassend und praktisch sein, sonst kann esnicht wirken. Aber andererseits inspiriert ein ab-straktes Modell dazu, vollkommen neue Phänomenezu schaffen wie dies beispielsweise mit der Oper ge-schah.

Abstrakte Modelle im Orff-Schulwerk

Ich wage zu behaupten, dass das Orff-Schulwerkeine Folge von grundlegenden Abstraktionsmodellenzur Musikkultur ist. Sie sind in eine ideale Abfolgegesetzt, in der eines aus dem anderen hergeleitetwird. Diese Aufeinanderfolge ist ein abstraktes Mo-dell in sich selbst. In der Realität hat sie nie in dieserWeise existiert, so wenig wie die geraden Linien inder Natur existieren. Aber es ist dieser hohe Abstrak-tionsgrad, die wissenschaftliche Vereinfachung diees erlaubt, mit Kultur als einer universellen Ganzheitzu arbeiten. Ich sehe dies als einen der größten Vor-züge des Schulwerks, aber auch als größte Schwie-rigkeit bei dem Versuch, diese Idee einem großenKreis von Musiklehrern in aller Welt verständlich zumachen. Viele Menschen nehmen es missverständ-lich als eine konkrete Anleitung, als Beschreibungvon Lern-Schritten. Und manchmal rufen leiden-schaftliche Vertreter des Schulwerks verzweifelt aus„Bitte, nicht! Es ist ja keine Wegbeschreibung imwörtlichen Sinne, es ist vielmehr … harte Arbeit!!!“Mit Abstraktionsmodellen zu arbeiten erfordert hoheabstrakte Denkfähigkeit und Kreativität.

Zur Intention dieses Beitrags

Ich möchte im Zusammenhang mit dem Thema die-ser Ausgabe ein abstraktes Modell zeitgenössischerMusik diskutieren, mit dem ich seit Jahren mit mei-nen eigenen Schülern gearbeitet habe. Das Thema dieses Artikels ist ganz allgemein ato-nale Musik mit dem Fokus auf einem Stilbereich, der

von den drei Komponisten der Neuen Wiener Schule(Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern)und deren zahllosen Nachfolgern nach dem 2. Welt-krieg geschaffen worden ist. Ziel dieses Artikels istes keinesfalls, Kulturforschung zu betreiben, son-dern eine Arbeitshilfe zu erstellen. Es ist beabsich-tigt, zur eigenen Musikgestaltung anzuregen unddazu ein Abstraktionsmodell eines bestimmten Stilszu verwenden. Die kreative Arbeit einzelner Kompo-nisten wird flüchtig angedeutet um ihre Entdeckun-gen in praktischer Form verwenden zu können undSchülern zu helfen, selbst in Anlehnung an einen be-stimmten Musikstil schöpferisch zu werden. Wennihnen dies gelungen ist, werden sie umso mehr Inter-esse entwickeln, Werke und Leben der Komponistenzu hören und zu studieren. Aber nun aus einer verän-derten Position heraus – nicht mehr als passive Kon-sumenten, sondern als inspirierte „Eingeweihte“.Was hier beabsichtigt ist, mag von Zwölftonspezialis-ten als Sakrileg empfunden werden, und bis zu einemgewissen Grad ist es das auch. Jedes Abstraktionsmo-dell vereinfacht und reduziert das Original, es „ent-heiligt“ es vielleicht, aber ohne diese „entheiligendeAnnäherung“ kann man Originale nur von Ferne ver-göttern, ohne die Freiheit und Kreativität zu ver-spüren, sich wirklich auf sie einzulassen, sie gewis-sermaßen „anzufassen“, sich zu eigen zu machen.

Ein wenig Geschichte

Das Ende des 19. und der Anfang des 20. Jahrhun-derts waren in der Musikgeschichte so etwas wieeine „Epoche der Destruktion“. Das Monumentalge-bäude der Tonalität mit all seinen Parafernalia (Me-lodiestrukturen, Dreiklangsbeziehungen, Kadenzen,Phrasierungen und formale Struktur) wurde inStücke geschlagen. Dies wurde, unbemerkt zur da-maligen Zeit, von vereinzelten Komponisten in ver-schiedenen Teilen der Welt vollbracht. Meist kann-ten sie sich gegenseitig nicht. Dennoch ist die Übe-reinstimmung, die wir heute aus dem zeitlichen Ab-stand beobachten können, fantastisch. Charles Ives (1874–1954) und später Edgar Varèse(1885–1965) in den Vereinigten Staaten, Debussy(1862–1918) in Frankreich, der Maler und Kompo-nist Mikhaloius Chiurlenis (1875–1911) in Litauen,Alexander Skriabin (1872–1915) und später IgorStravinsky (1882–1971) in Russland – es sieht so aus,

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als wären alle ihre tapferen Versuche etwa zeitgleichvon einer geheimnisvollen Macht dirigiert worden. Unter dieser Generation einsamer Individualistenwaren drei Freunde, die zusammen arbeiteten undgemeinsam eine neue Vision etablierten, nicht nur inForm einiger neuer Werke, sondern als ein neuesmusikalisches Denksystem, wunderbar erdacht undmit einer hoch entwickelten Kompositionstechnikausgestattet. Sie, Arnold Schönberg (1874–1951),Alban Berg (1885–1935) and Anton Webern (1883–1945) werden die Neue Wiener Schule genannt. AufGrund der neuen Kompositionstechnik, die sie ent-wickelten, heißen sie auch Zwölftöner. Nach demZweiten Weltkrieg kam die nächste Generation vonKomponisten, sie setzten die Forschung fort undschufen eine großer Reihe von atonalen Kompositio-nen. Unter ihnen waren Stockhausen in Deutschland,Boulez in Frankreich, Berio und Nono in Italien,Schnittke, Goubaidullina und Denisov in der Sowjet-union u.v.a.m. Arnold Schönberg war der Vater der Bewegung, erwar der Fruchtbarste, Arbeitsamste und am weite-sten Vorausdenkende unter ihnen. Webern und Bergwaren seine Schüler. Er verfasste viele theoretischeSchriften, die an der Praxis des Komponierens orien-tiert waren. Er war derjenige, der die Technik derZwölftonkomposition etablierte. Da es sich dabeium Anweisungen handelt, Musik zu „schreiben“,will ich in diesem Artikel jedoch nicht weiter daraufeingehen. Anton Webern hinterließ viel weniger Werke, allezusammen füllen nur etwa 4 bis 5 CDs. Da er derExperte in Musikgeschichte war, trug er auch zurTheoriebildung der neuen Richtung bei. Aber andersals Schönberg war er vorwiegend ein philosophi-scher Denker und besonders abstrakt und radikal inseiner Musik. Das machte ihn buchstäblich zum Pro-pheten für die Generation der Avantgarde-Kompo-nisten der Nachkriegszeit. Wie Kandinsky und Male-vitsch in der Malerei, so war Webern der erste unterdiesen Musikern, der das „Universum in einemPunkt“ sah. Sein Durchbruch lag in der Emanzipa-tion der Stille, der Pause. Von seinen Nachfolgernwurde er auch „Meister der Stille“ genannt.Während in der klassischen, und der romantischen,in der Volksmusik oder im Jazz die Pause – auchwenn noch so bedeutend – im Dienste des Klangs

steht, so ist sie in Weberns Pointillismus dem Klanggleichwertig. Die Klangwirkung seines Stils wirdhier später als „Abstraktionsmodell des Pointillis-mus“ skizziert.Alban Berg war weniger radikal und formal und kei-nesfalls ein Theoretiker. Er schrieb noch wenigerWerke als Webern, dafür aber in größeren Dimensio-nen. Die meisten sind – nach meinem Dafürhalten –die genialsten und brillantesten Beispiele atonalerMusik. Seine Oper Wozzek, das Violinkonzert u.a.zählen zu den größten Meisterwerken der modernenMusik überhaupt. Leider, von ihnen kann man keineabstrakten Modelle erstellen, solche Meisterwerkelassen sich weder formalisieren noch imitieren.

Warum Atonalität?

Der Zeitpunkt, in dem die Atonalität2 in Erscheinungtrat, war kulturhistorisch gesehen der Moment, indem etwas Altes zu Ende ging und etwas Neues be-gann. Das Elementare beginnt aus dem Chaos, vorjeder Struktur, die Atonalität markiert zugleich Endeund Anfang. Die Avantgarde-Komponisten des 20.Jahrhunderts kamen zu den allerersten Anfängeneiner neuen Periode musikalischer Entwicklungzurück. Wir können ihre Entdeckungen verwendenum mit unseren Schülern die Anfänge klanglicherOrganisation zu erfahren. Drei Aspekte reiner Atonalität sind:• das Experiment mit Tönen, abgeleitet von den ih-

nen innewohnenden Eigenschaften • Aleatorik: „vom Zufall gesteuert, unvorhersehbar“;

akzentuiert das Fehlen jeder Argumentation undKontrolle in der Wahl von Tonhöhe, Rhythmus,Klang (oder das Fehlen jeder bestimmten Tonhöheund -dauer überhaupt)

• Pointillismus: das kompositorische Prinzip, dieDenkweise, der Umgang mit dem Material (diesmögen Punkte, soundpatterns, cluster, Stimm-geräusche oder Bodypercussion sein).

Pointillismus3 in der Musik

„Pointillismus ist eine spezielle Kompositionstech-nik, bei der einzelne Geräusche oder Intervalle dieFunktion übernehmen, die vorher von Motiv, Themaoder musikalischer Phrase erfüllt wurde. Isoliert,oder zumindest nahezu isoliert wurde das Geräuschzum Träger eines musikalischen Ausdrucks oder ei-

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ner Idee. Die Form pointillistischer Musik ist nichtgenau fixiert, sie hat weder einen deutlichen Anfangnoch ein deutliches Ende. Die Folge der Geräusche,umgeben von einer Vielzahl von Pausen, erscheintohne Vorbereitung und verschwindet unerwartet. Estauchen manchmal ruhige, öfter nervöse, unregel-mäßige „Klang-Spritzer“, unzusammenhängendeGeräusche, Töne oder Intervalle auf, subtil vonein-ander unterschieden. Bevorzugt werden Instrumenteohne bestimmte Tonhöhe wie Trommeln, Gongs,Cymbel, Glocken etc. Diese Musik wird als Geräuschbewegung in stati-scher Form wahrgenommen. So führt pointillistischeMusik zur „Raum-Musik“, bei der die Interpreten oftauf verschiedenen Plätzen im Raum verteilt spielen.“ (C. KOHOUTEK. Novodobe skladebne smery v hudbe = „Kompositi-onstechniken in der Musik des 20. Jahrhunderts“, Praha, o. Jz.)

Hinweise zur ImprovisationspraxisDie Kunstmusik des 20. Jahrhunderts wurde mittelskomplizierter Kompositionstechniken in schriftlicheForm gebracht. Sie im Konzert aufzuführen erforderthohe professionelle Qualität. Sie zu improvisieren,wie dies hier vorgeschlagen wird, ist auf jedem tech-nischen Niveau möglich. Jedes Kind oder jeder Er-wachsene, mit oder ohne spieltechnische oder kom-positorische Erfahrung kann atonale Musik improvi-sieren. Wünschenswerte Voraussetzungen sind Ima-gination und Formgefühl.

Der Psychologische KontextPointillismus ist die abstrakteste Musik, die vorstell-bar ist. Es gibt praktisch keine Beziehungen zwi-schen Tönen, keine tonalen Verbindungen, keinenregelmäßigen Rhythmus. Total isoliert hängenGeräuschpunkte im unendlichen Raum. Die deut-lichste Analogie ist ein Sternenhimmel. Wenn wirnachts zu einem Sternenhimmel hochblicken, kön-nen wir über die Unendlichkeit meditieren. Eine andere Vorstellung ist Chaos, Komplexität, Un-vorhersehbarkeit. Pointillistische Musik führt uns indas Unbekannte, das Universum in uns und um uns. Die angesprochenen Vorstellungsbilder sind oft auchmit komponierter, niedergeschriebener pointillisti-scher Musik verbunden, improvisierte Musik dieserArt fügt das reine Hier und Jetzt des Entstehenshinzu, das Erlebnis eines Augenblicks, der sich nie-mals wiederholen lässt.

Zur Unterrichtsgestaltung

Atonale Musik ist sehr abstrakt und schwierig zuhören und zu verstehen. Improvisierte pointillisti-sche Musik hingegen ist relativ leicht zu gestalten.Sie wird der klangliche Spiegel des Hier und Jetztsein. Da die zu Grunde liegende Idee mit anfängli-chem Chaos, „dunklen Wassern“ zu tun hat, ent-spricht es auch dem Zustand einer Gruppe am An-fang ihrer Improvisationserfahrungen. Daher ist es inder Regel empfehlenswert, sie am Anfang eines Kur-ses (oder einer Stunde) einzusetzen und von solchenErfahrungen zu strukturierteren Beispielen fortzu-schreiten.Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt im Aufbau vonKontakten zwischen den Spielern. Die wichtigstenQualitäten, die dabei zu lernen sind, sind wenigermusikspezifische als allgemein menschliche: Kon-taktbereitschaft, Achtsamkeit, spontane Reaktion,ganzheitliches Fühlen. Entwicklung des ThemasDie Aktionen und Vorschläge des Lehrers hängenvon den Zielen und dem Schwerpunkt der Stunde ab.Wenn beispielsweise instrumentale oder vokaleTechnik im Vordergrund steht, wird die Improvisa-tion nur einen geringen Raum einnehmen, der Nameund der Kontext des Stils auch gar nicht unbedingterwähnt werden. Sollte die Stunde aber als Hin-führung zur Komposition geplant sein, dann sindgrundsätzlich zwei unterschiedliche Vorgehenswei-sen möglich:

Von der Perzeption zur Kreation1) Anhören charakteristischer Beispiele – Musik im-

provisieren – Reflexion und Diskussion2) Anhören charakteristischer Beispiele – zur Musik

malen oder sich zu ihr bewegen – Musik improvi-sieren – Reflexion und Diskussion

Dieser Weg unterstützt das bessere Verständnis desStils und seines Kontexts, führt aber durch das Vor-bild eher zur Imitation als zur eigenen Kreativität.

Von der Kreation zur Perzeption1) Musikalische Improvisation – Anhören charakte-

ristischer Beispiele – Information, Reflexion, Dis-kussion

2) Malen, Tanzen – Musikalische Improvisation –Anhören charakteristischer Beispiele – Informa-tion, Reflexion, Diskussion.

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Dieser Prozess lässt der eigenen Kreativität mehrSpielraum, mag aber ein wenig riskant sein in bezugauf Korrektheit des Stils.Sollte sich die Improvisa-tion der Schüler nicht im vorgeplanten Rahmen ent-wickeln, so muß sich der Lehrer entscheiden, ob erdiesen Ideen folgen oder zu seinem Thema des Poin-tillismus zurückführen will.

Zum Gestalten pointillistischer Musik

Ausführende: Instrumentalensemble, Streicher, Blä-ser oder alle Arten von Perkussion, mit bestimmteroder unbestimmter Tonhöhe, Klavier, Vokalensemble

Anweisungen an die Improvisierenden:

1. keine Melodien, Tonarten, Dreiklänge; nicht meh-rere Töne nur auf schwarzen oder weißen Tastenspielen; große Intervallsprünge bevorzugen

2. keinen regelmäßigen Rhythmus, keinen Ostinato,keinen kontinuierlichen Grundschlag

Die Aufgabe jedes Spielers könnte sein:

1. pointillistisch eine unregelmäßige Folge von kur-zen und langen Tönen, zufällig und in verschiede-nen Tonhöhenbereichen des Instruments spielen

2. jegliche Art von Instrumentalgeräuschen (glis-sando, tremolo, kratzen, schürfen etc.), von Kör-pergeräuschen (atmen, seufzen, husten, pfeifen,stöhnen, stampfen etc.) und Stimmgeräuschen(glissando, lach-ähnliches staccato, Imitationenvon Tier- und Naturgeräuschen, kreischen, flü-stern etc.)

Musikalische Textur

Unabhängig davon, welches Material benützt wird, sollte es homogen verwendet werden. BeiPunktklängen spielen mehrere Spieler Punkte, beiGlissandi viele Glissandi. Diese Gleichheit desMaterials erlaubt Möglichkeiten des Kontrastes (inBezug auf Dauer, Artikulation, Dynamik undRaum). Wenn wir mit Stimmen, Saiten- oder Blas-instrumenten improvisieren, haben wir wunderbareMöglichkeiten Dauer und Artikulation der Töne zuvariieren. Während die einen lange Töne aushalten,„tupfen“ andere punktuelle Geräusche dazwischen,so entsteht eine reichere Textur. Dadurch entsteht dieser für den Pointillismus so ty-pische statische Charakter, abstrakt und entspanntzugleich. Es eröffnet allerdings wenig bis keine

Möglichkeiten für individuelle Ausdrucksgestaltung,andererseits macht es Musik selbst organisierbar.

Hörbeispiele

– Anton Webern. Piano variations, op. 27– Anton Webern. Five pieces for orchestra, op. 10– Anton Webern. Five movements for string quartet – Igor Stravinsky. Movements for piano and orche-

stra, 1959

Reflexion mit der Gruppe – mögliche Fragen

Was hast du beim Anhören der Beispiele erfahren?Versuche es sachlich und ohne Wertung zu beschrei-ben.Sind dir beim Hören und Spielen innere Bilder undVorstellungen gekommen? Magst du davon er-zählen?Womit könntest du deine Eindrücke in der Kunstund/oder im Leben vergleichen? Fandest du diese Erfahrung bereichernd oder wiesonst?Was hast du konkret gelernt, wie kannst du dieseneuen Ideen musikalisch kreativ anwenden?

Die musikalische Form

Pointillistische Musik hat keinen wirklichen Anfangoder Ende, sie wird quasi einfach „eingeschalten“oder „ausgeschalten“. Trotz einer großen Breite dy-namischer Kontraste ist sie weder emotional nochindividuell, es gibt keine dynamischen Steigerungenund sehr wenig Höhepunkte. Ein pointillistischesStück sollte kurz sein, sonst wird es leicht zumChaos. Stille am Anfang und am Ende ist so sinnvollwie ein Rahmen für ein Bild. Ein Dirigent (einer der Spieler kann diese Aufgabeübernehmen) zeigt Anfang und Ende nach seiner ei-genen Vorstellung.Das Schlüsselwort für pointillistische Improvisationist Meditation, ihre wichtigste Dimension der Raum.

Zur Verwendung des Raumes

Pointillistische Musik ist ihrer Natur gemäß räum-lich. Wenn die Spieler sitzen, sollten sie weit vonein-ander entfernt im ganzen Raum verteilt sein. Wennsie singen oder tragbare Instrumente spielen, emp-fiehlt es sich, das Musizieren mit langsamer Bewe-gung im Raum zu verbinden.

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Beispiel 1 – „Bewegte Statuen“Die Spieler sind im Raum verteilt, sie verharren in ei-ner bestimmten Haltung und singen dabei einen langausgehaltenen Ton. Mit der neuen Einatmung verän-dern sie langsam die Position und den Ton, usw.Der Raumeffekt: eine Reihe von sich majestätisch inslow motion bewegenden Statuen. Der Klangeffekt: eine Kette „atonaler“ Akkorde.

Beispiel 2 – „Führen und Folgen“ (aus dem Unter-richt von Christiane Wieblitz, Orff-Institut)Paare gehen Schulter an Schulter, ohne sich anzuse-hen, frei im Raum umher. Partner A führt und singt lange ausgehaltene Töne, Partner B übernimmt so-wohl Ton als auch Raumweg. B kann dabei auch dieAugen geschlossen haben. Rollentausch.

Beispiel 3 – Mit Seifenblasen (aus dem Unterrichtvon Christane Wieblitz) Der Lehrer bläst einen Schwarm von Seifenblasen,jeder Teilnehmer begleitet „seine“ Seifenblase mitglissandi bis sie zerplatzt. Oder umgekehrt: Stillewährend die Seifenblasen durch die Luft gleiten,kurze Vokalgeräusche, wenn sie zerplatzen.

Wie geht es weiter?

Improvisation im „atonalen Stil“ ist keineswegs einEndpunkt. Ganz im Gegenteil, ich habe sie gewählt,weil sie ein sehr geeigneter Anfang für eine Reise inweiter entwickelte musikalische Organisationen dar-stellt. Hier einige weitere Möglichkeiten:

Sprache und Theater

In der Verbindung mit Aleatorik und Klangexperi-menten können pointillistische Fragmente zur Be-gleitung von Gedichten, Geschichten oder Theater-stücken eingesetzt werden. Die Prinzipien der Orga-nisation kommen vom Text oder der theatralen Idee,Grundschlag und Rhythmus bleiben unregelmäßig,die Klänge und Geräusche ordnen sich der Logik desTextes oder des Bühnengeschehens unter.

Unregelmäßige Ostinati

Viele Tiere verwenden eine besondere Sequenz vonRufen oder akustischen Signalen. Manche wie z.B.gewisse Vögel wiederholen sie in einer ostinato-ähn-lichen Weise. Man könnte also sagen, dass unregel-

mäßige Ostinati naturgegeben sind. Atonale Ostinatiohne regelmäßigen Grundschlag sind charakteri-stisch für den Stil Olivier Messiaens und sind in vie-len seiner Werke zu finden (La merle noire, Réveildes oiseaux, Un vitreil et des oiseaux u.a.), oft wer-den verschiedene unregelmäßige Ostinati von einerGruppe von Musikern nahezu polyphon gespielt underwecken den Eindruck eines Waldes voll von Vö-geln und anderem Getier.

Improvisationen über einen Grundschlag

Sobald ein regelmäßiger Grundschlag unterlegtwird, kann man nicht mehr von einem pointillisti-schen Stil sprechen, auch wenn die Improvisationsonst atonal ist. Dennoch ist es eine interessanteAufgabe, so kann eine Gruppe lange atonale Phrasenüber einem Grundschlag in 2er oder 3er Takt, kom-plizierter in 5er, 7er oder 9er improvisieren und da-bei wechselnde Akzente, Pausen und komplexe Zu-sammenklänge spielen. Das Klangbild wrd in Rich-tung Stravinsky und Bartók weisen.

Pointillismus in der Malerei und in der Musik

Es gibt zwei große Unterschiede zwischen demPointillismus in der Malerei und dem Pointillismusin der Musik:1. Die Bedeutung des leeren Raumes im Bild ist we-

niger gewichtig als die Pause in der Musik.2. In der Malerei des Neo-Impressionsmus ist das

Bild, die konkrete Landschaft, das Porträt oderdas Stillleben von größter Bedeutung. Der Punktist nur Mittel zum Zweck und erst die Seh-Logikorganisiert tausende von Punkten in einen Zusam-menhang.

Im musikalischen Pointillismus dagegen ist derPunkt ein Universum für sich, es gibt keine Logik,keine Melodie oder Harmonie, die die Punkte in einetonale Ordnung brächte). Alles ist reine Abstraktion.Daher entspricht in meinen Augen der abstrakte Stilvon Kandinsky oder Malevich, bei dem Punkte,Pfeile und Kreise scheinbar zusammenhanglos imleeren Raum schweben, dem musikalischen Pointil-lismus am meisten.Es scheint mir, dass der Pointillismus eines Seuratoder eines Webern auf unterschiedlichen Entwick-lungsstufen der Kunst stehen. Seurat will ein Bilddes Alltags mit seiner besonderen Atmosphäre und

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spezifischen Energie wiedergeben, während Webernsich auf das Spirituelle, das Jenseitige konzentriert,mehr auf den Tod als auf das Leben, jenseits aller ir-dischen Zeit.

1 Dodekaphonik: eine Serie (Reihe) von 12 Tönen in einer bestimm-ten Reihenfolge gesetzt, sind das einzige Material für das Werkdes Komponisten. Er kann die Reihe transponieren, sie in Teilen,im Spiegel oder im Krebs verwenden. Aber alle Noten des Stückesentwickeln sich aus der einmal festgesetzten Reihe.

2 ein Begriff, der sowohl von Schönberg als auch von Webern alssehr unglücklich und unpassend betrachtet wurde.

3 Der Terminus „Pointillismus“ wird im Westen vor allem im Zusam-menhang mit der Malerei verwendet und bezeichnet eine neue Mal-technik des Neo-Impressionismus (Hauptvertreter Georges Seuratund Paul Signac), bei der verschiedenfarbige winzige Punkte neben-einander aufgetragen wurden und eine flirrende Atmosphäre erzeug-ten. In der westlichen Musik wird dieser Begriff kaum je benützt,während er in Russland einen bestimmten Stil bezeichnete. Der rus-sische Autor Kanevsky stützt sich in seinen Ausführungen auf diebei uns fast unbekannte Definition von C. Kohoutek.

Vadim KanevskyStudium der Musiktheorie und Komposition (AlfredSchnittke Musik-Hochschule, Moskau), AdvancedStudies in Music and Dance Education, Orff-Institut,2005. Lebt in Moskau als Komponist und Lehrer fürKomposition, Klavier, Gitarre, Improvisation undMusikpädagogik. Schwerpunkte: Integration derKünste, Orff-Schulwerk, Blues, Rock und zeitgenös-sische Musik mit Teenagern.

Summary

Music of the 20th century in Orff-classesDoing it yourself is the best way of learning. Study-ing the 20th century music through creative undertak-ings may be a very good way to understand its formand content. Most of the styles of 20th century music,above all atonal music, appeared as written music,created with a very complicated compositional tech-nique. Performing it in concert requires a high pro-fessional qualification; understanding it by listeningneeds a very well-trained ear. Some modern music styles display a clear construc-tive idea which can be successfully used in musiclessons with pupils. Such a constructive scheme canbe described as an abstract model. An abstractmodel is the time-space structure of a certain phe-

nomenon of human culture, the sum of its essentialfeatures, free from its here-and-now context andpragmatics.Starting the encounter with atonal music by impro-vising it in a way shown here may help to open themind for this type of music. Any beginner, child oradult, with or without playing experience and abilitycan improvise in this way. The most desirable capac-ity for this activity is imagination and a sense ofform. My article seeks to be a working guide for experi-encing atonal music by live improvisation in thisstyle. It is meant to use abstract models to makeone’s own music. By this process students will de-velop a deepened interest to study more about atonalmusic, its composers and their lives. The chosen example to demonstrate this process isPOINTILLISM, a part of the inheritance of the NewVienna School (A. Schoenberg, A. Berg, A. Webern)and their followers. Anton Webern was called by his followers “maestroof silence”. The basics of his style are outlined herein the abstract model called Pointillism, which is de-fined as the special compositional method whereseparated sounds or intervals take the functionwhich before were performed by motives, themes ormusical phrases. The sound should carry a musicalexpression or idea. The form of pointillistic music isnot strictly shaped; it has neither a clear beginningnor an end. The sequence of sound dots, surroundedby a majority of pauses, appears without prepara-tion and disappears unexpectedly.

Improvisation in the pointillistic style– Performers:

Instrumental ensembles with all kinds of percus-sion, pitched and unpitched; piano; vocal ensem-ble

– Vocabulary:1. Without a given mode, without triads, no tonality;

playing several notes only on white or only onblack keys should be avoided; large intervalsjumps are preferable

2. Without a regular rhythm, or ostinato, no steadybeat.

– Musical texture:No matter what material is being played, it must be

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homogeneous, if dots, then everyone play dots, ifglissando, everyone plays glissando. This equalityof material opens possibilities for contrast, dura-tion, articulation, dynamics and spacing. It createsa specific static mood, relaxed and abstract, essen-tial for the pointillistic style. It offers rather poorpossibilities for expressing one’s individual artisticideas but, on the other hand, makes music self-or-ganizable.

– Form:A pointillistic piece does not begin and does notfinish: it just switches on and switches off. Despitea wide range of dynamic contrast within, it is nei-ther emotional nor individual in its content; thereare no waves of dynamics and very few culmina-tions. A pointillistic piece is better if it is short;otherwise it tends to become chaotic. Two bigpauses in the beginning and at the end are as use-ful as a frame is to a painting. A conductor (can beone of the performers), may give signs for startingand stopping in due time, according to how hefeels. The general dimension is “sounds in space”.

Improvising in a pointillistic style is one of the easi-est approaches to improvisation. That’s why it’sgood at the beginning of a course or a lesson. Impro-vised atonal music is the sound mirror of the HERE-AND-NOW. It reflects well the natural chaos of a be-ginning.On a higher level it should be combined with listen-ing to composed pointillistic music and discussing itto deepen the understanding of the compositionaltechnique. The teacher may choose between two possible waysof working with this idea:1. from perception to creation 2. from creation to perceptionHe also has to decide whether he would like to usethis theme after a soft and non-dominant warm-uponly as a short improvisation and as part of a musicclass or as a topic by itself for more than one meet-ing including improvisation, listening to a character-istic piece of pointillistic music, introducing for ex-ample Webern’s life and style of composition leadingto using the new experiences to create a possibletheme for further application like theatrical scenes,music for dance-improvisation, minimal music orimprovisation to a basic beat (free jazz) etc.

Vadim KanevskyDiploma in music theory and composition (AlfredSchnittke musical college, Moscow); Special CourseOrff-Institute, 2005. Lives in Moscow, works as com-poser and teacher of composition, piano and guitar,improvisation and pedagogy. Special interests: inte-grating arts; Orff Schulwerk principles in developedmusical training; blues, rock and contemporary mu-sic in working with teenagers.

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An Old Dream Made Possible By New Technology

Back in 1987 I was walking down a sidewalk in NewHaven, Connecticut and had a fantasy. Wouldn’t itbe a wonderful exercise to take a short piece of filmof a neutral scene (like one person walking along asidewalk) and try to color it with music in five differ-ent ways, just to show the power of music and soundto shape our experience. I wondered if that was howfilm composers were trained in their craft. At thetime, I had no access to film technology, and I put theidea away in a drawer marked “someday”.Cut to fifteen years later, 2002, and I am living in anage of DVDs, where with the push of a button on aremote control we can see the same scene repeatover and over again. Anyone with a laptop computercan now edit film footage in their home. I am teach-ing a seventh grade music class where compositionis the theme. Suddenly, the film music etude of myimaginings seems possible. As I thought it through, another idea for a film com-position exercise occurred to me. Instead of choosinga neutral scene, I would search out interesting, shortexcerpts of film for students to respond to with mu-sic, scenes that emphasized the expressive musicalelements. I started to make a mental list of scenes infilms that seemed to evoke music – an accelerando ofpunches on a punching bag in the movie “Hurri-cane” – a slow-motion work scene in “The PajamaGame”, the series of dramatic close-ups on the eyesof the three protagonists in the final showdown scenein the classic western “The Good, the Bad and theUgly”. I rented the film “Baraka” to look for short

The Lumière Project: A Journeyinto the Art of Film Music

James Harding

scenes with interesting subject matter from aroundthe world.

A Discovery

Cut to the San Francisco Public library, where I amlooking for short film collections with my friend andfellow film enthusiast Francisco Hernandez, the 5th

grade teacher at my school. Francisco comes out ofthe stacks with a treasure. “Lumière and Company”is a set of over 40 short films made in 1995 to com-memorate the 100th anniversary of the invention ofthe motion picture camera by the Lumière Brothersin France. The premise: over forty filmmakers fromall over the world were given the original Lumièrecamera and asked to make a film with it. As I viewed this collection, I realized that it con-tained the perfect material for my project:The films were short. Because of technological limi-tations, the original camera could only make filmsup to 50 seconds long. The films looked like old, silent films – the hand-cranked camera produced the flickering, black-and-white images which we associate with early, silentfilm. Although some of the films had soundtracks, Ichose to not play them for the students, and they eas-ily accepted that the films were silent. I liked espe-cially that these miniatures connected us to the verybeginnings of the art form, when live music was anessential part of the entertainment. The films were culturally varied – West Africa,Egypt, China, Greece, India and France were repre-sented in the films I chose. As I found out, this wasvery much in the spirit of the Lumière brothers, whovery soon after inventing the camera sent photogra-phers out to record moving pictures from exoticlands. With some help from my school’s technical special-ist, Steve Rubin, I was able to extract several of myfavorite films from this collection onto a DVD. I wasready to begin the project with the students.In the first class, I had the students imagine that theywere a panel of Hollywood composers, gathered tocreate new music to some newly discovered silentfilms. We would watch each film twice, once for ageneral sense and the second time to take notes onany opportunities for musical events suggested by

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the films. Some would watch for dynamic, tempo ortimbre changes. Others would think about the formimplied by the film. Others would look out pitch im-plications – would a melody make sense in thesoundtrack? A drone, perhaps? What kind of rhyth-mic feel was implied? After the second showing ofeach film I asked for some quick ideas relating tothese musical elements, and I was very pleased withthe level of compositional thinking I heard from thestudents. Once we had seen all the films, I asked the studentsto form groups by each choosing the film that mostinterested them. They had a few moments to gather

and discuss some initial ideas for a soundtrack, andthen the period ended.In the second class, each group received 10 minutesof “studio time” to watch their chosen film and tryout ideas. In the third class, each group again re-ceived 10 minutes to rehearse and record theirsoundtrack.Once the soundtracks were recorded, I returned toSteve to help me synchronize the sound with thesilent images of the film clips so that the studentscould enjoy their own creations. We made popcorn and watched our movies. For thepurposes of this article, I will share four:

Pyramids – Film by Youssef Chaine, Egypt. Two men in Victorian dress filming the Great Pyramids. A figure of a Beduin appears over the dunes, approaches, seizes and destroys the camera and then stomps off, leaving the film-makers bewildered.

Two groups chose this film and approached it in twodifferent ways. One group used only percussion fortheir soundtrack. One boy used a specially preparedratchet to imitate the sound of the cranking film cam-era. The others used drums to follow the figure of theBeduin, with an accelerando and crescendo up to

big cymbal crashes during the destruction of thecamera. The second group used piano. One girl played ahappy and old-fashioned sounding parlor pianopiece, accelerating up to the climactic moment, andher friend added some clusters during the momentsof destruction.

Two students made sounds of the waves using rain-sticks. Over this background, one girl played a de-scending minor melodic ostinato on an alto xylo-phone, and another accompanied her with a drone

Ulysses – Film by Theo Angelopoulis, Greece. Ulysses wakes up after a shipwreck on a strange new shore. Figureapproaches camera and stares into it in bewilderment for several seconds before blackout.

using an eerie, changing tone on an electric key-board. The ostinato grew louder and slower as thefigure approached the screen, ending with a sus-tained roll on one note, forte.

L’Amour – Film by Cedric Klapisch, France. A young man and woman enter the frame from opposite sides, walkingslowly and deliberately towards one another, staring into each others’ eyes. They meet in the center as if to dance, thewoman swoons back in the man’s embrace, and then she slowly rises to meet him in a kiss. Suddenly the two actorsbreak character, look at the camera, and seem to be arguing with one another and with a director out in the audience

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A group of boys created a clanging, noisy back-ground, with gongs, drums, cymbals and a chromaticglockenspiel. Two boys improvised dialogue for thetwo characters, using falsetto and saying things like

about exactly how to execute the moves of the scene. They go back off stage and then come on again, this time moving very quickly, as if just rehearsing or spotting the moves that they are about to perform. Finally they enter againas at the beginning of the film, ending with a long, sensuous embrace.

Great Wall – Film by Zhao Youli, China. On the Great Wall, a traditionally dressed woman performs a fan dance,accompanied by a man on erhu. Director enters with a clap-board, then the actors take off their traditional clothes,the dancer gyrates to an electric guitar and the two run wildly off.

“I love you, Victoria!” “I love you, too, Charles!”“Why? Why?” “I hate you!” Another boy cued theswooning embraces with a cymbal crash.

This group’s soundtrack began with a lilting melody,played “piano” on a glockenspiel, punctuated bygongs and cymbals, to accompany the traditionaldance. One girl shouted “cut!” when the director in-trudes in the frame with the clip-board. Then anothergirl played the same melody using a keyboard set toan electric guitar sound, accompanied by a powerfulrock beat on the drum set, ending with a power chordas the two actors run off.

Analysis: Some Functions of Film Music

The students thoroughly enjoyed each others’ sound-tracks, and had insightful comments. I brought to thediscussion five major functions of sound in film,which I had distilled from reading a film-composi-tion textbook by Larry Timm and talking to a filmcomposer friend. I asked them to describe momentsin our film soundtracks that matched the following.Foley – the term for sound-effects that accompanyevents on screen. Examples: the camera crank soundfor Pyramids, the sound of the waves in Ulysses.Paralleling or Underscoring the Action – Therewere many examples of the skillful use of musical el-

ements to match the action in the films- the ac-celerando and crescendo of the approaching figurein Pyramids, the ralentando and crescendo inUlysses, the cymbal crashes during the swoons inL’Amour, the change of timbre from glockenspiel toelectric guitar in Great Wall. Playing Against the Action – The clanging and de-cidedly un-romantic background for L’Amour was agreat example of the humor created by opposing theimagery of film with sound – the students found thisexample hilarious and wanted to see and hear itagain and again. Creating Atmosphere of Time and Place – Thechoice of gongs and cymbals for The Great Wall ex-emplified this function, as did the use of dumbekdrums in the Pyramid. The second group’s version ofPyramid evoked the old-fashioned feel of a live pi-ano accompaniment of a silent film. Reflecting Emotion – The Ulysses soundtrack effec-tively created an eerie and preoccupied mood. It was fun to contrast the two versions of Pyramids: thepercussion version setting an ominous mood; thepiano version setting a comic tone.

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Performance:As part of our Spring Concert, I selected for live per-formance three of the soundtracks that had settledinto original compositions – Ulysses, Pyramids (thepercussion version), and The Great Wall. Instead ofa video monitor we were able to project the filmsonto a movie screen above the musicians’ heads,making for an impressive spectacle.

Reflection: Connections to Modern Art?As I reflect now about this project, I realize that wetouched upon three major artistic themes related tofilm composition.The Craft – Sound is crucial to the effectiveness of afilm, and the majority of film music throughout thehistory of the form has been crafted to support theimages on screen. This project allowed the studentsto discover and practice elements of this craft, find-ing ways to underscore the action using tempo,dynamic, and timbre. The Art-Surrealism – Many composers and film-makers have experimented with deliberately oppos-ing images and sound for artistic effect. In theground-breaking Surrealist film “Un Chien An-dalou” (1929) Luis Buñuel and Salvador Dalì alter-nated Wagner’s “Tristan” prelude with a populartango as the accompaniment to a bizarre series ofimages. The student score for L’Amour touched onthis kind of relationship between film and music.

The Modern Score for Silent Film The past twenty years has seen the flourishing of anew art form, the composition and live performanceof contemporary scores for silent films. In San Fran-cisco, the Club Foot Orchestra, led by composersBeth Custer and Richard Marriot, has created andperformed scores for feature-length silent classicsincluding Fritz Lang’s Metropolis and RobertWeine’s The Cabinet of Dr. Caligari. In describingthe function of music and film in these performances,Richard Marriot confessed “I think of it as the movieaccompanying the music.” In playing their composi-tions live in the Spring Concert, the students weretaking part in this exciting new performance tradi-tion.

The Past and the PresentIn reviewing what made these films interesting inspi-rations for composition, the students agreed that all

contained at least one surprising moment. TheBeduin destroying the camera in Pyramids, the sud-den change of costume in Great Wall, the dancersbreaking character in L’Amour and the charactergazing directly into the camera in Ulysses. Each ofthese directors was in some way playing with theidea of the medium of film itself, and the changingrole of the Lumière brothers’ invention from a tool ofdocumentation to one of expressive creation. SOURCES:• TIMM, LARRY M.: The Soul of Cinema: An appreciation of Film

Music. Prentice Hall – Pearson Education 2003 – ISBN 0-13-030465-4

• CONVERSATION WITH RICHARD MARRIOTT – October 20th, 2005 –San Francisco

VIDEO:• LUMIÈRE AND COMPANY, Sarah Moon (and various directors) –

Wellspring Video 1995. CDU 122836

SummaryThe advances in digital image technology have madeworking with film in the music classroom much eas-ier. In particular, the DVD format makes it possibleto select short excerpts of film and repeat them, al-lowing students the time to study the images in themanner of film composers in a studio. In searchingfor inspiring short sequences of film, the author dis-covered the collection Lumière and Company, a setof over forty short films made in 1995 to commemo-rate the 100th anniversary of the invention of themoving picture camera by the Lumière brothers inFrance. Through the assignment of creating sound-tracks for these 50-second, silent films, groups ofseventh-grade students discovered and exemplifiedmany of the major principles of the art of film scor-ing. They also uncovered one of the most importantthemes of the commemorative project itself – theplay between past and present. Performing theirsoundtracks with their films in concert, the studentsjoined a current artistic movement – the compositionand live performance of contemporary scores forsilent films.

James Harding teaches music to children ages 3 through 13 at theSan Francisco School. After completing this projectwith children, he received the opportunity to com-pose an original score for a feature length documen-tary, Spit It Out!

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Andrea Sangiorgio

Ideas from contemporary music:“parametrical motifs”

rary music has created (for example, Ligeti’s Aven-tures or Berio’s A-Ronne, to cite only two of manyexamples), I have chosen a piece by Luciano Berio“Stripsody” (1966), written for Cathy Berberian asa model for a didactic development.The piece consists of a succession of onomatopoeias,gathered from comics-strips and written in a nota-tion that uses the same graphical style. A good inter-pretation of the piece requires a high degree of vocalvirtuosity. In the video recording of a concert, CathyBerberian accompanies the musical performancewith gestures that underline and visualize the move-ment of the voice. I use the compositional idea at the basis of this pieceof music, expand it and adapt it to a learning con-text. The essential elements are: 1) a sequence of 2)single motifs consisting in 3) meaningful associa-tions of voice and movement. Here is the didactic elaboration:

Playing with voicesGame form

Echo-Imitation (call and response): the teacher pro-poses a sequence of short motifs with voice andmovement, mostly associated with images that aredifferentiated in dynamics, pitch, duration, timbre,structure and corresponding movement parameters.The students repeat with echoing.Age: the game is suitable for children from five tonine years (and for grown-ups capable of beingplayful).Position: preferably standing in a circle

Definitions

Parametrical motifs are associations of voice andmovement that represent images and sounding ac-tions taken from the natural and human world, excla-mations and verbal expressions, onomatopoeia, lan-guage of comics, etc. (technically they may be definedas phonic symbols, realized also through movement). They are called “motifs” because they consist of mu-sical micro-themes, lasting some seconds, each onewith its own specific features; these motifs are“parametrical” because each one identifies and em-phasizes one or more musical parameters. Theremay be motifs that are centered on pitch (high/low,ascending/descending, inflexions, glissandos, melo-

Vocal sounds and onomatopoeias with movementAmong the fundamental characteristics of much ofcontemporary music is the aptitude for manipulatingsound material, researching uncommon sonorities,activating the interpreter as co-composer, improvis-ing, mixing different expressive languages and ex-ploring new horizons and perspectives in makingmusic. These characteristics offer the rich possibility oftranslating and re-adapting in an educational con-text some ideas concerning both the typology of mu-sical objects and the construction process. In particular, the open character of the process of mu-sical production, together with the possibility of in-venting sounds without the constraint of specific lis-tening expectations, make contemporary music an in-teresting source of models for those music educatorswho are oriented to the development of creativity.Regarding the sphere of vocalism, the expansion ofthe concept of music brought contemporary com-posers to experiment with further sound possibilitiesof the instrument “voice”, going beyond the usualnotion of the speaking or singing voice. The elements that determine a new conception of thevoice are, in the first place, timbre — the many soundqualities that the phonating apparatus can produce— and, in the second place, movement — understoodas gestural expressiveness, vocal action, posture, at-titude, corporeal-sounding expression, sound visual-ization and the dramatic use of voice.Among the many significant works that contempo-

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dic profiles, referring to a tonal centre), others onduration (free rhythm/ordered stressing, long/short,texture, structure, order of the elements), on dynam-ics (forte/piano, crescendo/diminuendo), on timbre(clear/dark, …), on phrasing (staccato/legato, stylis-tic references, …), etc.It is neither the “singing voice” in the strict sense ofthe term, nor the “spoken voice”, although it mayassume these forms in some cases. It may be moreproperly defined as “vocal timbre”, “informal” or“expressive voice”, that uses and activates thewhole sound spectrum produced by the human vocalorgan. It is an “onomatopoeic language” that imi-tates the sound of actions and situations. It is the continuation and the musical development ofchildren’s typical inclination to use their voice whileplaying, to imitate and invent a world of sounds, tofuse vocal expression with body action.

The sequence

The game consists of a succession of motifs per-formed by the teacher and imitated in echo by the stu-dents. The whole sequence may last some minutes. In the construction/improvisation of the sequence thebasic principle is the variety and differentiation be-tween the motifs. It is important to keep the processalive and amusing, constantly checking the level ofthe students’ attention, changing as soon as neces-sary, surprising with unexpected sounds, buildingcontrasts both in the music and in the movement. Thesequence may end with silence (only movement) orwith a deafening finale.

Variations of a motif

During the chain of calls the teacher can “jump”from one musical idea to the other proceeding withcontrasts. Another possibility is that the same motifbe repeated and elaborated through variations: theteacher can refer to music parameters and changethe pitch, timbre, dynamic, duration or structure ofthe motif. The movements that accompany the voicevary parallel to the music.

Movement

Movement is intimately connected with the voice, un-derlines it and interprets it, clarifies visually the mu-sical structure.

Each motif is accompanied by a body action, a posi-tion, an attitude, a specific gesture or a facial ex-pression. It is possible to stay on the spot, move sin-gle parts of the body, turn, jump, change level, shiftin space forwards or backwards (but staying in thecircle), and so on. Some motifs favour mimics, othersmay energetically involve the whole body.As for music, also for body language, it is importantto respect a principle of differentiation and contrast:the sequence of motifs should offer a wide range ofdifferent movement qualities and, consequently, theprocess should be fascinating. As references for the movement there are mimes (mo-tifs dealing with actions or situations), theatricalmotifs consisting of exclamations, verbal and emo-tional expressions), gestures based on conducting(motifs with a more specific musical character).

Imagery – Meanings

Usually a motif proposes an image, easily and imme-diately decipherable: it may be the vocal and corpo-ral imitation of an event of the natural or humanworld, an onomatopoeia (including the language ofcomic-strips), the representation of a communicativecontext, the description of a situation or a short ver-bal expression.In a series of motifs the teacher can create chains ofmany images that constitute a plot or a short story(for example, “the accident”: driving fast, braking,collision, angry people, ambulance). Furthermore there may be motifs that do not repre-sent any image. They are associations of physical ac-tion and phonation in which the main issue is thequality of sound or of movement. There is no mean-ing, only a purely kinesthetic-musical expression.

Goals

To activate the group: the imitation game is involv-ing, varied, entertaining; it is a good activity for thefirst sessions with a group of children, ideal toloosen up and to give students a rich series of ex-pressive possibilities. The game introduces the ac-tion form “echo-imitation”, fundamental for anysubsequent activities in which the teacher presentssomething for the students to repeat and to stimulatevocal as well as mimical-gestural expressiveness.The game releases tensions channels energy and

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stirs up emotions. It is a stimulus for shy studentsand an outlet for the exuberant ones. To favour the exploration of different sound possibil-ities of the instrument voice: initially, through imita-tion, students acquire many models that they can of-fer again or elaborate in the subsequent productivephases of the game. The goal is to master a startingrepertoire to be able later to create one’s own. Caution: in those explorations that bring the voice toits limits, the teacher must respect the basic criteriaof vocal hygiene: he or she has to avoid overloadingit or even damaging it. We want to teach the voice toassume many different colours and shapes in ahealthy way. To transmit through imitation a large number of mu-sical micro-structures: every motif is a short theme,pointing out some musical characteristics. The valueof the activity is in the variety of possible solutions. To promote and strengthen children’s typical ten-dency of using their voice in connection with move-ment: the vocal sound arises from the action of thebody and, vice-versa, the gesture “sounds”.To represent a sound configuration through move-ment: the fact of accompanying every motif with abody action, a gesture or a mimical expression givesthe students a visualization of the sound structure.They are given the possibility to “read” what theyare hearing through a sort of gestural notation. Inthis sense the game is preparatory for all subsequentgames that include following the teacher’s conduct-ing movements.To promote the ability of following the conductingsign for an entry: usually the teacher gives the groupa sign so that they can repeat in synchrony, guidedby his gestures and movements. To encourage synchrony in the group: the teacher,instead of directing the group response with hismovements, may simply not move and watch whathappens in the group imitation: it is interesting tosee how the group tries naturally to give the answerin unison both in regard to durations and to pitches. To warm up the voice: choosing accurately suitablemotifs, the echo-imitation may have the function of awarm-up. An appropriate sequence concerns pos-ture, breathing, phonation, up to vocal or tonal pat-terns, which may lead to learning a melody. Similarly, the game can be developed in a rhythmical

direction, drifting naturally to the imitation ofrhythm patterns, accompanied by movements and/orbody percussion. In this case the game can introducea subsequent activity with rhythm instruments.

Ideas from the alphabet

Through practicing the game with children theteacher acquires and expands his own vocabulary ofmotifs. From his point of view the musical exercise isto improvise a sequence that has to be of convenientlength, richly diversified, with a good “flow”. A good way to find ideas and to constitute a reper-toire of motifs is to go through the alphabet andsearch for assonances, images, suggestions, vocalsounds. Every letter or phoneme is only a startingpoint that can be worked out in different directions. Some examples:A – aaaah: amazement, sigh, relief, relax – aha!:finally understanding something – aaah: yawning –aaam: a child eating something – ahia, ahio, ahiaiai:pain – I: pointing at meB – boh: I don’t know – b, bleah: disgust, repug-nance, vomit – buuu: stadium – boing: the ball thatbounces – bbom!: bursting bomb – b b b (mute): thefish – brrm: the car, the motorbike – bl bl bl bl: boi-ling water – bla bla bla: people speaking – bang:shootingC – cuckoo: birds’ voices – co co co: hens – clickclack: mechanism – crash: something breakingdown – come on! e-cci!: sneeze – ch ch ch ch:crickets, cicadas – cheers! - ching chuang: Chinese –chaff: a big slap – chuf chuf: the train – ch: an angrycat – ch ch ch: scratching – ch(u): the coffeepot D – driiin: telephone – ding dong: bells – sdeng:knocking against something – doinnnng: spring –dum cha dum dum cha: drumset or percussion instru-mentsE – eh eh eh!: laughter – eh?: I have not understood– hey! — eh eh: reproaching someone — and then? –eeeeeeeh: I don’t find the word, I am confused F – fffff: according to the pressure being used, windor compressed air – ffff, uffa: boredom, irritation, an-ger – f f f f: inflating oneself like a balloon G – glu glu glu: drinking – go! — grrrr: growling –gong — nghe nghe: the newborn’s weeping – gnamgnam gnam: eating – gosh! — my God! — get out ofhere!

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H – ha ha ha: laughter – hic: drunk person – hhhhha:heavy breath – hu!: hit of karate – h h: cleaning aglass – h h h: panting – hip hip hip Hurray! I – i-o: donkey – me: pointing out myself – iiiiii: gig-gle – iiiiii (descending glissando) bom!: fallingbomb J – je suis Jean: French name – jum: passage of afast objectK – King Kong!: the biggest orango – kukurukuL – Lulù: beating the eyelashes – tl tl tl tl: the horse– la lara lalla la: fragment of little song – plim plimplim: the harp, pizzicato on string instrumentsM – mmmm: what a good person! – mmmuu: cows –mah: doubt, perplexity – meee (nasalized): cars –miaow: the cat – mamma mia! N – no!: various ways of saying „no“ – ni no ni no:ambulance – ninna nanna: lullaby – nnnnnniaun: thecar that draws near from far and it passes fast O – oooh: surprise – oh oh: excuse me – ops: tostumble – ola: spanish greeting – olé: el toreador –oplà — ohi ohi ohi: pain – ohm: meditation –ollallalla!P – pp: to spit – pe pe, popi popi (nasalized): horn –pappa: newborn asking to eat – ping pong — pum!pam!: shooting – puah: disgust – pio pio pio: chicks– pss pss: calling someone in a low voice – patapum-fete: falling to the ground – puf pof: bursting bubbles– plop: object falling in a liquid – perepepè: trumpet Q – qua qua: ducks R – brrrrrum: starting engine – rrrrr: ascending anddescending glissandos with r – rrrrrrrrin: the alarmclock – rock and roll: with strong American pronun-ciation – roar: an enormous motor – brrrrr: shiversof cold – cra cra: the frog S – ssss: silence! – yes: various ways of saying yes –sss: contempt, sufficiency – sss: hissing snake –splash!: falling into water – soto: movement of ka-rate – stop!: peremptory order – shh: silence – sh sh(in dynamic waves): the sea – shhhhh: the shower T – tick tack: the clock – toc toc: to knock to the door– too too: trains U – uuuu: howl – uuuu: surprise – uuuuu: ghost – ué:from the Neapolitan dialect – ue ue: child weeping –u u u u: the monkeysV – vvvvv (ascending glissando): airplane taking off– vrum vrum: heat the motor W – wow!: enthusiasm – woof woof: the old big dog

– what? who? when?: questions (with different emo-tional expressions) – we: pointing at the whole group– well!X – x x x: no good (shaking the head)Y – yes!, yeah!: with different inflections – yuenping: the chinese girl – yuppie! — yee-ha!: stoppingthe horse – you!: pointing at someone or to the wholegroup with different intonationsZ – zzzz: to sleep – zzzzz: the mosquito – zac: piercewith the sword – zorro! – zip: to open a zip – tz tz tz:denial with movement of the head

Furthermore, ideas can be taken from slang or fromexpressions in the local dialect: these forms are par-ticularly funny and emotionally involving. There are also other actions or events that may bereproduced with vocal sounds but are not referableto the phonemes of the alphabet:Sounds of the breath: extinguishing a candle, sniff-ing or breathing like a dog, enjoying the perfume ofa flower, puffing, being surprised (rapid inhalation),imitating the wind, yawning, sighing, blowing on hotsoup, blowing away crumbs, licking a wonderful icecream, etc. Other sounds: coughing, clearing the voice, sendingkisses to everybody, whistling, shooting in variousways, crashing a car, crushing a tomato, using for-eign pseudo-languages or nonsense-language, imi-tating music instruments, imitating various soundsof the natural and human environment, using allonomatopoeias of comic-strips. The model for these,as we have seen, is Berio’s Stripsody.Sounds can also be produced without directly refer-ring to an image: these types of motifs have a purelymusical value. The theme is sound just as sound, inassociation with a movement that visualizes its char-acter, structure and quality. These types of motifs canbe a bridge to warm-up exercises for the voice oralso to rhythmic or melodic fragments/patterns.

Possible developments of the game

This game with the informal voice (i. e. neithermelodic nor spoken), described above in the form ofecho-imitation, can be expanded in various direc-tions. The developments concern further ideas for activi-ties with voice and movement, dramatizations of se-

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quences of events, use of graphic notation and im-pro-compositions for vocal ensemble.

To invent one’s own motives

– In couples, freely moving in space, meet a partner,reciprocally imitate your motifs (AB, BA), thenpass to a new partner. This is the moment in which the participants canexperiment and propose their own motives,proposing or elaborating what they have acquiredfrom the teacher. The mutual imitation between themembers of the group and the possibility to havenumerous contacts during the game (5 to10) favorthe circulation of ideas and the socialization in thegroup.

– One after the other around the circle, the childrenpropose a motif. The group echos. The single students can now show one of the ideasthay have found during the phase of exploration.This structure of the game can be repeated manytimes.

Proceeding towards composition/Gestaltung, everychild can invent and fix a parametrical motif, evenusing graphic notation. The didactic process can be concluded with a perfor-mance of the informal voice inspired by contempo-rary music: children, standing in semicircle in frontof the public, present their own motifs one after theother; the group responds every time echoing. This is a type of didactic-musical product that con-stitutes within a whole performance a unique varia-tion in comparison with more traditional materials,for example melodies or rhythmic pieces.

Name-game

The form of the game is echo-imitation (standing ina circle). – Prepare the game with a series of parametrical

motifs that serve as warm-up and exposure of pos-sible ideas.

– The teacher presents his own name in differentways and associating it with different movements.The group imitates.

– One student at a time says his own name modulat-ing the voice and combining it with a movement.All imitate in echo.

For a performance with children: stand in a semicir-

cle in front of the audience ensuring that the se-quence results richly and diversified.

“Do it like me — follow the leader”

– Imitation with voice and movement in space: aparticipant claps her hands three times, says “do itlike me” and begins to move in space repeating avocal motif; all participants imitate her, until an-other participant proposes a new motif, all imitate,and so on. (Ulrike Jungmair)

– For a performance with children establish a se-quence and arrange it so that the various motifsare highly differentiated.

Graphic scores

– After having invented some parametrical motifs,every student represents them graphically. The mo-tifs are read and commented upon.

– The teacher proposes a score as a possible hypoth-esis for establishing a short piece with vocalsounds.

– Elaboration in small groups. Every group com-poses a piece and writes a graphic score.

– Presentation of the groups.

Sounds of events (from movement to sound)

– The teacher, later a participant, performs a spe-cific action, inspired by comic strips; the group vo-calizes (“make the sound of my movement”).

The movement has here the function, so to say, of asymbolic-gestural notation. The group “reads” themovement and interprets it with the voice, using ono-matopoeias of the comic strips. Some examples: mumble mumble, bang, passage of afast thing, hammering a nail and hurting oneself,eating, sleeping, diving and swimming, walking,scratching, knocking against a wall, drinking, laugh-ing, crying, kissing, etc.

Dramatization of a story

– The participants, divided in subgroups, dramatizea given story — rich with possibilities — sugges-tions using mimicry, movement and voice (ono-matopoeias and vocal sounds).

– Each group then prepares a graphic score of thestory, a sort of memo for the performance (writtenwords, graphic symbolizations of the sounds, other

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graphic elements that represent the salient mo-ments of the plot).

– Presentation of the groups.

Metamorphosis

Evolution of a homogenous mixture of timbres:(development of an idea of Lilli Friedemann) Group of about 7–15 people (adults), sitting in cir-cle. 1. Catalogue of many different possibilities for vocal

timbre. Exploration. A participant starts producing a vocal sound. Theothers imitate him. Short moment of silence. Anotherparticipant starts with a new sound (contrasting withthe precedent), the others imitate it, and so on. To ex-plore the complete range of vocal sounds, pay atten-tion to the differentiation of the proposals and avoidrepeating the same sounds. 2. Improvisation: “Metamorphosis.”The group starts with a common sound. The soundgradually develops with slight variations so that thetimbre of the group remains homogeneous (don’t“jump” to new timbres, change gradually staying to-gether as a whole). If the timbre of the group shouldsuddenly evolve in more directions, try to recover thehomogeneity of the resulting sound as soon as possi-ble. Differentiate the succession of sounds! Free end-ing. 3. Composition (Gestaltung)It is possible to go beyond improvisation and tostructure the improvised material by fixing a se-quence of passages that, through more cycles of per-forming-listening-evaluating-selecting and throughthe construction of a score, becomes a composition(characterized at any rate by some traits of alea-tory).

Andrea SangiorgioGraduated from the Orff-Institute. Vice president, di-rector of the teacher training courses and musicteacher at the CDM - Centro Didattico Musicale,Rome. Music training courses in Italy and abroadmainly with themes of: elemental music and move-ment education, voice training for children, ensem-ble music for percussion instruments, group improvi-sation, applications of cognitive psychology of mu-sic. www.centrodidatticomusicale.it

Zusammenfassung

Anregungen aus der zeitgenössischen Musik: parametrische MotiveStimmklänge und Lautmalereien mit Bewegung

Zu den Grundeigenschaften zeitgenössischer Musikzählen die Manipulation des musikalischen Materi-als, die Suche nach ungewöhnlichen Klängen, dieAktivierung des Interpreten als Ko-Komponist, dieImprovisation, die Mischung verschiedener Aus-drucksmittel im Prozess des Musizierens. DieseCharakteristika machen die Übertragung auf die di-daktische Ebene, sowohl bezüglich der Typologiemusikalischer Objekte wie auch des Konstruktions-verfahrens, besonders fruchtbar.

Die Erweiterung des Musikkonzepts brachte zeitge-nössische Komponisten dazu, weitere klanglicheMöglichkeiten des Instruments „Stimme“ zu erkun-den und den konventionellen Begriff Singen oderSprechen zu überwinden. Die Elemente, die eineneue Auffassung von Stimme bezeichnen, sind dieKlangfarbe – die vielen verschiedenen Lautqualitä-ten, die vom Stimmapparat produziert werden kön-nen – und die Bewegung – gesehen als Gebärde, vo-kale Tätigkeit, Haltung, körper-klanglicher Aus-druck, Klangvisualisierung, Theatralisierung derStimmbenutzung.

Unter den vielen Beispielen, die die Neue Musik derzweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts anbietet, wirdhier ein Stück von Luciano Berio Stripsody (1966)für Cathy Berberian, als Modell für eine didaktischeEntwicklung genommen. Die kompositorischeGrundidee des Stückes, eine Reihenfolge vieler ausden Comics entnommenen und mit Bewegung be-gleiteten Lautmalereien, wird ausgedehnt und aufeine Lernsituation mit Kindern angepasst.

Das Spiel

„Parametrische Motive“ sind Assoziationen vonStimme und Bewegung, die klingende Bilder und Si-tuationen darstellen. Es geht um Ereignisse dernatürlichen und menschlichen Welt, Ausrufewörter,kurze verbale Ausdrücke, Lautmalereien, Comics-Sprache, usw. (man könnte sie auch als fono-sym-bole bezeichnen, hier auch mit Bewegung ausge-führt).

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Es sind „Motive“, da sie musikalische Mikro-The-men darstellen, jedes mit seiner spezifischen Form.„Parametrisch“, weil jedes Motiv einen oder meh-rere musikalische Parameter betont: manche Motivebevorzugen Tonhöhe (hoch/tief, Glissandi, melodi-sches Profil, Bezug zu einem tonalen Zentrum), an-dere sind mehr auf die Ton-Dauer zentriert (a-met-risch/metrisch, lang/kurz, Entwicklung, Struktur,Ordnung der Grundelemente), oder befassen sichvorrangig mit Dynamik (forte/piano, crescendo/de-crescendo), Klangfarbe (hell/dunkel), Phrasierung(staccato/legato, Stil), usw.Die Spielregel basiert auf dem Imitationsprinzip: derLehrer schlägt eine Reihenfolge kurzer Motive vonStimme und Bewegung vor, die generell mit Bildernassoziiert und durch musikalische wie auch bewe-gungsmäßige Eigenschaften untereinander differen-ziert sind. Die Schüler antworten in Echo. In der Improvisation der Sequenz seitens des Lehrersist das Hauptkriterium die Vielfalt und der Kontrastunter den Motiven. Die Bewegung ist mit der Stimme eng verbunden,unterstreicht und interpretiert sie, klärt visuell diemusikalische Struktur auf. Jedes Motiv wird durcheine körperliche Aktion, eine Haltung, einen Ge-sichtsausdruck begleitet. Ideen für die Bewegungentstammen aus der Pantomime (Motive, die Ereig-nisse und Kontexte verklanglichen), aus dem Theater(verbale und emotionale Äusserungen), aus dem Be-reich des Dirigierens (Motive, die einen besonderenmusikalischen Inhalt haben). In den meisten Fällen schlägt ein Motiv ein Bild vor,das leicht und unmittelbar zu entziffern ist. In derReihenfolge der Vorschläge können auch Ketten vonMotiven eingebaut werden, die Fragmente einerHandlung erzählen.Dieses Spiel mit informaler Sprache kann in ver-schiedene Richtungen gebracht werden. Die mögli-chen Entwicklungen betreffen weitere Ideen fürSpiele mit Stimme und Bewegung (z.B. Namen-Spiele), Vertonungen und Dramatisierungen von Ge-schichten, Klangstücke mit grafischer Notation,Klanggestaltungen für Vokalensemble.

Andrea SangiorgioStudium am Orff-Institut. Vizepräsident und Verant-wortlicher der Aus- und Fortbildungskurse desCDM, Centro Didattico Musicale, Rom. Nationaleund internationale Lehrtätigkeit über elementareMusik- und Bewegungserziehung, Kinderstimmbil-dung, Percussionsensemble, Gruppenimprovisation,Anwendungen der kognitiven Musikpsychologie.www.centrodidatticomusicale.it

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Aus aller Welt

From around the World

beim Info-Seminar empfohlen wurde). Die Kinderrannten mir förmlich die Bude (Baracke Nr. 6) ein,beschimpften mich, hingen mir am Bein, beklautenmich und rannten mir, wenn ich wegging, winkendhinterher. Sie schafften es kaum einfache Instru-mente zu bauen, hatten Angst schmutzig zu werdenund konnten nicht zur Probe kommen, weil es geradewarmes Wasser gab. Die Eltern beäugten mich z.T.misstrauisch, waren enttäuscht, dass ich kein Geldund keine Kleidung mitgebracht hatte. Sie warenaber auch sehr dankbar, luden mich in ihren engenZimmern zum Kaffee ein, erzählten und philoso-phierten. Der Chef des Flüchtlingslagers war relativunfreundlich und ich fast übertrieben höflich, weildoch meine Möglichkeit mit den Kindern zu arbeitenvon ihm abhing. Abends, nachdem ich im Heim zuAbend gegessen hatte, ging ich erst einmal ins Fast-food-Restaurant und aß eine Portion Pommes Fritesund auf der Isomatte dann noch Schokolade (mit vielschlechtem Gewissen, weil ich doch wusste, dassnur sehr wenige von meiner Essensgesellschaft dasGeld hatten, selbiges zu tun). Manchmal habe ichgeweint, übermannt von den traurigen Geschichtenund meiner Hilflosigkeit. Nachdem ich von meinem ersten 5-wöchigen frei-willigen Einsatz zurück war (direkt in den Vor-Weih-nachtsstress in Deutschland), arbeitete ich ehrenamt-lich mit einem Helfervertrag in städtischen Flücht-lingsheimen in München (dazu musste ich einFührungszeugnis vorlegen). Im März/April 1996war ich noch einmal, allerdings zusammen mit ande-ren schon Erfahrenen, als Volontärin in Mazedonien.Im Sommer 1996 arbeitete ich bei einem Ferien-Pro-gramm für Flüchtlingskinder in Kroatien mit. Seit1996 leite ich Musik- und Tanzgruppen in Flücht-lingsheimen in München als Honorarkraft derKunstwerkstatt für Flüchtlingskinder (Refugio Mün-chen), wobei seit 2 Jahren meine Stunden von derCarl-Orff-Stiftung finanziert werden. Ich habe meine Zeit als Volontärin in Skopje deshalbso ausführlich beschrieben, weil vieles davon auchjetzt immer noch meine Arbeit in Flüchtlingsheimenhier in Deutschland prägt. Die äußeren Bedingungen sind je nach Unterkunftsehr unterschiedlich. In manchen Heimen z.B. kanndie Kunstwerkstatt keine Angebote anbieten, weil eseinfach keinen Raum gibt. In anderen wiederum gibt

Deutschland10 Jahre musik- und tanzpädagogi-sche Arbeit in FlüchtlingsheimenWas ich während des Studiums in den Semester-ferien nicht geschafft hatte, wollte ich im Herbst1995 endlich in die Tat umsetzen: als Freiwillige impsycho-sozialen Dienst in einem Flüchtlingsheim imehemaligen Jugoslawien arbeiten. Gesucht wurdenMenschen, die Erfahrung mit Kindern und mitkreativer Arbeit hatten. Vermittelt vom cfd (christli-cher friedensdienst deutschland) fuhr ich MitteOktober 1995 nach Skopje (Mazedonien). Vorherhatte ich mich einmal kurz mit einer anderen Frei-willigen getroffen, die im Sommer mit einer Kolle-gin dort gearbeitet hatte. Ich hatte keinerlei Sprach-kenntnisse und eigentlich keine Ahnung, was micherwarten würde.

Im Büro einer Partnerorganisation schlief ich auf derIsomatte auf dem Boden, ging jeden Tag in der Wo-che ins Flüchtlingslager (bis auf einen, den ich mirzur Erholung und Abgrenzung frei nahm – wie uns

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es sogar große Räume. Wenn man es nicht erlebt hat,kann man sich kaum vorstellen, wie entscheidenddie Raumsituation zumindest für die ersten Stundensein kann. Die Kinder haben ein solches Tempera-ment, dass es z.B. sehr wichtig sein kann, ob manden Raum abschließen kann, es keine Fenster nachdraußen gibt, welche Möbel im Zimmer stehen u.s.f.Die Räume sind meist schmutzig, was mich oft vonKörperarbeit auf dem Boden abhält.Als Instrumentarium stehen mir einige Trommeln,Handtrommeln, Boomwhacker, kleines Schlagwerkund z.T. 2 Stabspiele zur Verfügung. Wie in Skopjebaue ich manchmal mit den Kindern Instrumente.Das Personal, besonders die Pförtner und die sozial-pädagogischen Leiter (die es in den staatlichen Hei-men nie gab und die es in den städtischen leidernicht mehr gibt) haben meine Arbeit bisher immersehr unterstützt. Allerdings habe ich auch die Erfah-rung gemacht, dass ein Hausverwalter mich eherduldete und schikanierte als willkommen hieß.Umso wohltuender ist es dann, wenn ich merke, dassmeine Arbeit dennoch geschätzt wird, wie zum Bei-spiel von der Carl-Orff-Stiftung.Die Flüchtlingsfamilien haben hier immer warmesWasser und auch Waschmaschinen, aber die Kindermüssen oft als Dolmetscher ihrer Eltern oder Nach-barn fungieren (z.B. bei den vielen Behördengängenoder bei Arztbesuchen) und können daher manchmalnicht in die Stunden kommen. Kontinuierliche Pro-benarbeit für Auftritte wird durch die Unzuverlässig-keit sehr erschwert. Diesbezügliche Unterstützungvon den Eltern ist kaum zu erwarten. Manche Elternsind mit wichtigeren Dingen beschäftigt, andere ha-ben (sicher auch kulturell bedingt) ein anderes Zeit-verständnis. Wieder andere schätzen das kostenloseAngebot für ihre Kinder sowieso nicht. Für alle istnatürlich sehr belastend, dass viele Familien über-haupt nicht wissen, wie lange sie in Deutschlandbleiben können, dass die Heime häufig geschlossenwerden und sie dann wieder umziehen müssen …Manche Kinder haben schon in fünf Unterkünftengewohnt.In Mazedonien war ich manchmal froh, die unschö-nen Ausdrücke oder Beschimpfungen der Kindernicht zu verstehen. So konnte ich großherziger sein.Während meiner Arbeit hier in Deutschland ist esmir auch schon oft passiert, dass ich eine Diskussion

zwischen den Kindern zu lenken hatte, obwohl ichnur die Hälfte verstand. Die verschiedenen Kulturenund Sprachen der Kinder in den Heimen sindmanchmal Anlass für eine gespannte Atmosphärewenn z.B. eine Kind als einziges eine andere Spra-che spricht. Für mich ist es immer wieder schön,wenn ich teilhaben darf an den mir fremden Kultu-ren. Als ein wichtiges Ziel meiner Tätigkeit sehe iches auch an, den Kindern zu vermitteln, dass ihre ei-genen Kulturen etwas sehr Wertvolles und ihreZweisprachigkeit eine beachtliche Leistung sind.Sehr gefreut hat es mich daher, als bei den Probenfür das letzte Aufführungsprojekt die Kinder sehrstolz ein Gedicht in ihre Sprachen zu übersetzen ver-suchten und wir daraus eine Collage bauten. Es istauch schön, von kleinen Kindern daran erinnert zuwerden, bei dem Gestenlied Aramsamsam zu demWort arabi eine muslimische Gebetsbewegung zumachen („mein Papa betet so“).

Die Kinder und Jugendlichen in Skopje kamen mirvor wie Straßenkinder. So wild, oft in Gangs organi-siert, wegen der Enge der Zimmer fast nur draußenlebend. Ich hatte wirklich körperliche „Kämpfe“auszustehen, z.B. als sie mir Berge von Schnee in dieBaracke schoben und ich die Türe kaum zukriegte.Hier haben wir in unseren Supervisionsstunden der

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Kunstwerkstatt fast immer die Aggression der Kin-der und das Grenzensetzen zum Thema. Die Grenzeals Halt. Halt für die haltlosen Kinder, die sich im-mer wieder neu orientieren müssen, die stark sind,aber auch sehr stark sein mussten und müssen. DieGrenze als Halt auch für mich als Pädagogin. Dasind Türen, feste Zeiten und Regeln ein Halt, eineHilfe. Es ist sehr anstrengend den Kindern und Ju-gendlichen, die dauernd die Grenze suchen, diese zubieten und standzuhalten und gleichzeitig Vertrauenzu schaffen, sie zu verstehen, sich auf die Kinder undihre schweren Schicksale einzulassen. Mich beein-druckt immer wieder die Stärke der Kinder und ihregleichzeitige Kindlichkeit (wenn z. B. 11-jährige„mein rechter, rechter Platz ist leer“ spielen). Ich kann die Kinder meist nur ein kurzes Stück aufihrem Lebensweg hier in Deutschland begleiten.Dann müssen wir wieder Abschied nehmen und ver-lieren uns aus den Augen. Die Stunden, die ich mitden Flüchtlingskindern verbringe, sind für mich aberso eindrucksvoll, dass ich auch heute noch die mei-sten der Kinder vor mir sehe und mich an viele, auchlustige Situationen erinnere: In einer Unterkunftstand eine alte Heimorgel. Amila sagte, sie wollejetzt Klavier lernen und so versuchten wir einen er-träglichen Klavierklang einzustellen. Anschließendfragte ich sie, was sie denn lernen wolle (andereMädchen hatten schon einmal „Bruder Jakob“ odereinen Titel aus dem Film „Titanic“ versucht). Amilaantwortete: „Kennen Sie vielleicht etwas vonBeethoven?“ Ich war total baff und musste schmun-zeln. Als ich sagte, dass Beethoven ganz schönschwer sei, meinte sie „dann vielleicht Mozart?“

Corinna Enßlin

Zur Entstehung eines Musik-Tanz-Theaterstückes mit FlüchtlingskindernAls Tanzpädagogin wollte ich schon seit langem mitFlüchtlingskindern arbeiten, so fiel mir CorinnasAnfrage, sie während der Zeit ihres Mutterschutzur-laubs in einem Flüchtlingsheim zu vertreten, wie einGeschenk in den Schoß. Um den Übergang für unsalle leichter zu machen, nahm ich für einige Wochenan ihrem Unterricht teil, bevor ich die 29 alters-gemäß in drei Gruppen aufgeteilten Kinder schließ-lich alleine hatte. Die meisten Namen konnte ichnicht einmal aussprechen, wie sollte ich sie mir nuralle merken, die so fremd und ohne Assoziationenfür mich waren?Wir spielten mit den Rhythmen ihrer Namen und ichlernte allmählich, welches Gesicht zu welchem Na-men, welches Lächeln zu welchem Gesicht gehörte.In den folgenden Wochen erlebte ich die Kinder hin-ter den Namen: die stille, aufmerksame Nora, denimmer lächelnden, immer hungrigen, kuschelfreudi-gen Muhamad, den schelmischen Haarun, den streit-süchtigen, finster blickenden vierjährigen Ali, Ljin-dita, so lebendig in ihrem Körper …Im Laufe von drei Monaten erlebten die Kinder dieElemente der Zeit in Musik und Tanz: Grundschlag,Tempo, metrische und Atemrhythmen. Sie spieltenmit den Qualitäten von „plötzlich“ und „anhaltend“,„kraftvoll“ und „leicht“ und fanden dazu auch ent-sprechende instrumentale Töne und stimmlicheGeräusche. Sie liebten die ratternden, schüttelnden,zitternden, bebenden Bewegungen, die sie mit ihrenKörpern machten. Sie mochten auch das Gefühl, dasgewisse Wörter in ihrem Mund hinterließen, manch-mal begeisterte sie der Rhythmus eines Satzes, aufdie Handtrommeln übertragen oder der Klang einesbestimmten Instruments. Das Balance-Finden auf ei-nem Bein oder die tiefe Bedeutung jeder kleinstenBewegung forderte und ermutigte sie alle. Als Corinna im Spätherbst wieder kam, erfuhren wir,dass im Dezember eine Festveranstaltung im Kultur-zentrum am Gasteig stattfinden sollte: „10 JahreKunstwerkstatt für Flüchtlingskinder – Refugio(München)“. Dank der großzügigen Unterstützungder Carl Orff Stiftung konnte ich mit Corinna weiter-arbeiten. Zusammen mit den Kindern begannen wir

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ein Musik- und Tanzstück zu entwickeln, das imRahmen dieses Jubiläums aufgeführt werden sollte. Der Gestaltungsprozess war spannend. Vor allem,weil die Arbeit nicht frei von jenen Problemen war,die Corinna schon früher in Flüchtlingsheimen er-fahren hatte. Eltern benötigten ihre Kinder als Baby-sitter oder Dolmetscher; Schulaufgaben musstenvorbereitet werden und manchmal vergaßen die Kin-der einfach, dass es Dienstag war, ihr „Musik- undTanz-Tag“. Mit anderen Worten, Anwesenheit beider Entstehung und den Proben des Stückes warenunberechenbar. Aber dennoch wurde etwas Schönesvon diesen 8- bis 12-jährigen Kindern gestaltet, erin-nert und aufgeführt. Ich glaube, dass es daran lag,selbst Mitautoren des Stückes zu sein. Oft werdenKinder aufgefordert, ein Musikstück, einen Tanzoder eine Rolle in einem Theaterstück zu interpretie-ren. Hier wurden sie aufgefordert, an der Gestaltungvon Beiträgen zu einem Musiktheaterstück mitzuar-beiten, das eher eine assoziative als narrative Formhatte. Corinna und ich begannen ohne vorgegebeneMusik, ohne fixe Kombination von Schritten undohne Geschichte. Wir begannen vielmehr mit einerganz allgemeinen Idee: Träume. Einer Idee, die ganzorganisch in uns wuchs und sich entwickelte.Wir ermutigten die Kinder, ihren eigenen Gefühlenzu trauen und Teile ihrer schon beträchtlichenSammlung von Erfahrungen durch sprunghafte Ein-fälle zu verbinden. Dies half, ihrem Spielen, ihremTanzen und ihren Handlungen Bedeutung zu verlei-hen. Wir baten die Kinder um Ideen, die oft aus ihrenmusikalischen und tänzerischen Improvisationenentstanden. Wir luden sie ein, mit uns zu planen. Co-rinna und ich organisierten dann ihre – wie auch un-sere – Ideen dramaturgisch in Raum und Zeit. Während der ersten Probe machten die jüngerenKinder einen „Atemgeräusch-Rhythmus-Knödel“.Das wurde unser Anfang. ANI AHLEM (auf Ara-bisch: Ich träume), ein Theaterstück aus vielen Far-ben und Teilen nahm Form an und fand in seinemEntwicklungsprozess die richtige Struktur. Zu Beginn standen die Kinder in einem Klumpen ineiner Ecke nahe dem Bühnenrand, ihre Stimmen undKörper ein einziges Instrument. Sie lockten so dasPublikum in ihre Traumwelt hinein. Zwei Jungenbrachen aus, vorwärts und rückwärts über die Diago-nale taumelnd und springend. Ein anderer Junge

stürzte davon, ein anderer Traum, eine andere Diago-nale.

Die älteren Kinder hatten eine Musik-Collage gestal-tet und aufgenommen. Diese Collage, mit Orgel-pfeife und Handtrommel mit Reis (statt einer OceanDrum) und ihren eigenen, sprechenden, singenden,und Geräuschen produzierenden Stimmen, gründeteauf ihren Vorstellungen von Traum und Träumen.Der Anfangstext war Deutsch, aber die folgendenWörter und Sätze waren in ihren eigenen Sprachen.Dieser Klangteppich begleitete die Kinder nun,nachdem sich die enge Gruppenformation aufgelösthatte. Sie tanzten eine berührende Traumsequenz ausihrem eigenen Bewegungsmaterial in Solos undDuos, die sich in ihrer Intensität steigerten und inUnisono-Bewegung mündeten. Sie endeten alsTraum-Skulpturen, die die Bühnenlandschaft defi-nierten.

Kleine Hände in leuchtend farbigen Gummihand-schuhen führten in eine fröhlichere und witzigereTraumlandschaft. Eine Gruppe von Mädchen spielteeinen Rhythmus auf dem Boden, sie spielten ihn aufdem Rücken ihrer Partnerin, Gesicht zu Gesicht,Hand zu Hand, sie fanden drehend und hüpfend(fast) nahtlose Übergänge. Ein Gasttrommler, derVater von zwei Kindern, spielte mit einer Gruppevon jüngeren, Handtrommeln spielenden Kinderneine Frage- und Antwort-Form. Das erlöste die„Skulpturen“ aus ihrer Bewegungslosigkeit und feu-erte sie an, in schnelle, kraftvolle Duette auszubre-chen, die auch wieder in Unisono-Bewegung führ-

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ten. Die Musik endete ganz plötzlich, während dieTänzer in der Stille weitertanzten. Der „Handschuh-Rhythmus“ kehrte wieder undwurde auf blauen, grünen und orangen Plastikbe-chern gespielt. Diese Becher und die Jungen, die siespielten, bewegten sich im Zickzack, kreuz und quer,rauf und runter in Echomotiven.Zum abschließenden Finale von ANI AHLEM warendie Kinder auf der ganzen Bühne verteilt, eine großeTrommel in ihrer Mitte. Aus den Ecken kamen vierältere Mädchen, die mit langen, dicken Stöcken jedeihren eigenen Rhythmus spielten. Tempo und rhyth-mische Komplexität steigerten sich, es wurde auch

auf den Rand der Trommel und die Stöcke der ande-ren Spielerinnen geschlagen. Wie Träume sichmanchmal überlappen oder sich auflösen, so ge-schah es auch mit den Rhythmen. Sie verändertensich, wurden einfacher und ruhiger:Kinder saßen nun auf steinähnlichen Figuren, knie-ten oder krochen, klatschten leise und flüsterten undwarteten auf den letzten Schlag, der das Publikumwieder in den Alltag zurückführen sollte. Die Generalprobe war zum „Haare raufen“ und unsi-cher, die Aufführung fesselnd. Die Kinder warenaufmerksam und brachten sich selbst ein. Trotz derBelastungen ihres Alltagslebens erfüllten sie mit ih-rer Anteilnahme und ihrem Engagement die Auf-führung mit einer Frische und Lebendigkeit, die si-cher zum Teil daraus entstand, dass jedes einzelnevon ihnen mitgeholfen hatte an der Gestaltung ihreseigenen Stückes: ANI AHLEM. Christa Coogan

„Ein Wanderer zwischen den Kulturen“

Pro Merito 2005 für Insuk Lee

Insuk Lee wurde im November 2005 mit dem ProMerito Preis der Carl Orff-Stiftung für seinen jahr-zehntelangen Einsatz und seine großen Verdiensteum das Orff-Schulwerk ausgezeichnet.Wie bringen einen Auszug aus der Laudatio von Co-loman Kallós.

Vielen Menschen, die sich mit dem Schulwerk undder elementaren Musik- und Bewegungserziehungbeschäftigen, ist Insuk Lee, Dozent am Richard-Strauss-Konservatorium in München, sehr vertraut. Überall dort, wo er mit seiner Fröhlichkeit undLeichtigkeit unterrichtet, improvisiert, spielt undtanzt, verbreitet er menschliche Wärme, entsteht Be-geisterung und tiefe Empathie auf Grund seiner ho-hen sozialen, musikalischen und pädagogischenKompetenz.Insuk Lee ist seit vielen Jahren ein bekannter und be-liebter Lehrer bei Fortbildungsseminaren, nicht nurim deutschsprachigen Raum, sondern auch auf inter-nationaler Ebene.Er leitet Orff-Schulwerk-Seminare und Workshops

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für verschiedene Lehrerfortbildungseinrichtungenund für internationale Orff-Schulwerk Organisatio-nen. Sein beruflicher Schwerpunkt liegt in der Ausbil-dung von Studierenden am Richard-Strauss-Konser-vatorium in München in den Fachbereichen Metho-dik des Schlagwerkunterrichts und Grundlagen derElementaren Musikpädagogik. Hinter seinem künstlerisch-pädagogischen Schaffensteckt eine ganz besondere Persönlichkeit und einaußergewöhnlicher Lebensweg.Insuk Lee ist 1949 in Kwangju in Korea geboren.Seine Kindheit und Jugend erlebte er in der Obhutseiner koreanischen Großfamilie mit vier weiterenGeschwistern. Sein Vater war noch unter der japani-schen Okkupation aufgewachsen und durch dieseSprache und Kultur und deren besondere Affinitätzur europäischen Kultur geprägt. Das wirkte sichauch auf die Familie und die Erziehung der Kinderaus. Sein Vater beschäftigte sich mit der deutschenGeisteswelt, Kunst und Philosophie und im elterli-chen Haus hörte Insuk Lee schon als Kleinkind sehrviel klassische Musik. Im elterlichen Hause gab esein Grammophon und so kam es, dass Insuk diedeutsche Kunstmusik schon als kleines Kind hörteund verinnerlichte. Nach dem Besuch der Grund-und Mittelschule in Kwangju kam Insuk Lee in eineBerufsschule, genannt „Hohmaneum“, in Naju, dieein deutscher Entwicklungshelfer und Ingenieur auf-gebaut hatte. In dieser Privatschule wurde vor allemDeutsch, aber auch deutsche Kultur und Musik ge-

lehrt. Ingenieur Hohmann, der Leiter der Schule, un-terstützte damals viele seiner Absolventen seinerSchule und verschaffte ihnen Stipendien für ein Stu-dium in Deutschland. Insuk entwickelte damalsgroße Ambitionen für den Musikunterricht, ohnedass er irgend ein Musikinstrument erlernt hätte.Hohmann entdeckte seine Musikalität, die damalsweit mehr als andere schulische Leistungen ausge-prägt war.

Dazu kamen weitere besondere Zufälle in der Kettevon Entwicklungen, die Insuks Lebensverlauf ent-scheidend verändern sollten. Hohmann hatte beieinem Besuch in Tokio im Jahr 1962 Carl Orff per-sönlich kennen gelernt und war von ihm begeistert.Aus dieser ersten Begegnung erwuchsen weitereKontakte, die schließlich dazu führten, dass Insuk im Alter von 16 Jahren die Möglichkeit erhielt, amOrff-Institut zu studieren.

Das Fremde im Eigenen und das Eigene imFremden! Kulturelle Migration. Erinnerungen an die Ausbildung in Salzburg

Insuk Lee studierte von Oktober 1966 bis Juni 1969am Orff-Institut in Salzburg.

Damals war das Orff-Institut gerade fünf Jahre alt,eine neue Sonder-Abteilung der damaligen Akade-mie Mozarteum. Insuk kam ans Institut wie ein un-geschliffener Diamant; er hatte viel musikalischeBegabung und Kreativität, aber noch keinerlei Aus-bildung und Schliff in irgend einer Richtung undspielte bis dahin auch noch kein Instrument. Durchdie väterliche Erziehung hatte er mehr westliche eu-ropäische Kunstmusik gehört und verinnerlicht, alseigene koreanische Musikkultur kennen gelernt, mitder er als Junge kaum in Berührung gekommen war.Carl Orff, Lieselotte Orff und Gunild Keetman nah-men den jungen Insuk in ihre persönliche, ja mankann fast sagen familiäre Obhut und stellten keinefachlichen Vorbedingungen. Sie hatten einfach Ver-trauen in den unverbildeten, besonders begabtenJungen aus Korea und mit ihnen auch seine Lehreram Orff-Institut u.a. Hermann Regner, Lotte Flach,Wilhelm Keller und Barbara Haselbach.

Für Insuk Lee war alles, was er am Orff-Institutlernte und erfuhr, grundlegend neu, die Sprache, die

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Kultur, der Umgang mit Menschen und vor allem dieArt und Weise wie mit Musik, Sprache, Rhythmusund Bewegung kreativ und experimentell gearbeitetwurde. Er sog alles auf, wie er sagte, genoss die Viel-falt des Neuen und Unbekannten, ohne in diesemStadium seines Lebens wesentlich über das Gelerntezu reflektieren. All das kam erst viel später mit derberuflichen Praxis.Salzburg wurde seine neue, vorübergehende Heimatund der Ausgangspunkt für seine persönliche Ent-wicklung und pädagogisch-künstlerische Karriere.

Studium und weitere Ausbildung in München –Verwurzelung in Deutschland

Nach der 3-jährigen Ausbildung am Orff-Institutentschied sich Insuk sein Studium in München fort-zusetzen. Das bewahrte ihn davor, nach Korea zumMilitärdienst zurückkehren zu müssen. Von 1969 bis1974 studierte er an der staatlichen Hochschule fürMusik in München Schlagzeug und absolvierte mitder künstlerischen Staatsprüfung. Während des Stu-diums und darüber hinaus unterrichtete er an Musik-schulen und entschloss sich schließlich, endgültig inDeutschland zu bleiben. Bald schon lernte er seinezukünftige Ehefrau Helga kennen, gründete mit ihreine Familie und schlug Wurzeln in München, derStadt, die von nun an seine neue Heimat und Lebens-welt bilden sollte.

Beruflicher Werdegang

30 Jahre Unterricht an der Musikschule Ottobrunnbei München.Von 1969 bis 1999 unterrichtete Insuk Lee an derMusikschule in Ottobrunn und übernahm zwischen-zeitlich auch weitere Lehraufträge an der Kreis-musikschule in Fürstenfeldbruck und an der Volks-hochschule München in den Fächern musikalischeFrüherziehung, Grundausbildung und Schlagwerk.Darüber hinaus war und ist er vielseitig als Musikerund Künstler tätig. Durch sein hohes Engagementals Pädagoge und Musiker trugt er wesentlich dazubei, das künstlerische und musikalische Niveau derMusikschule zu heben und viele Konzerte und Ver-anstaltungen durchzuführen. Die vielseitige musika-lische Ausbildung und die lange und intensive Arbeitmit Kindern und Jugendlichen befähigten ihnschließlich, 1979 einen Lehrauftrag am Richard-

Strauss-Konservatorium in München zu überneh-men, für die Bereiche Orff-Schulwerk, Grundlagender Elementaren Musikpädagogik und Methodik desSchlagzeugunterrichts.

Dozent bei internationalen Fortbildungskursen

Seine berufliche Tätigkeit im Bereich der Fort- undWeiterbildung weitete sich immer mehr aus. Im Jahr1986 wurde er erstmals zu einem Sommerkurs nachTaiwan eingeladen. Damit begann ein neues Kapitelin seiner beruflichen Laufbahn, das bis heute einganz besonderer Schwerpunkt in seiner pädagogi-schen Arbeit geblieben ist. Er leitete zahlreiche Se-minare und Workshops für die deutsche und öster-reichische Orff-Schulwerk Gesellschaft und unter-richtete bei den internationalen Sommerkursen amOrff-Institut in Salzburg ebenso wie für die staatli-che Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingenund das Bodenseeinstitut in Bregenz. Es folgtenKurse in der Schweiz, bei den Internationalen Som-merkursen der Begegnung in Slavonice, Tschechienund auch in Krakau, Polen. Im Sommer 2002 wurde Insuk Lee zum ersten Malzu einem Fortbildungsprojekt nach Korea eingela-den. Natürlich war er mehrmals zu familiären Besu-chen in seiner ursprünglichen Heimat Korea gewe-sen. Diesmal sollte er aber als Fachmann für dasOrff-Schulwerk in Korea auftreten und für die Leh-rerfortbildung unterrichten. Das war für ihn eine auf-regende und spannende Herausforderung, hatte erdoch noch nie in seiner eigenen Muttersprache un-terrichtet. Das ganze Repertoire von Ausdrücken undBegriffen seiner musikpädagogischen Arbeit warihm nur in deutscher Sprache geläufig. Darüber hin-aus musste er sich mit den Verschiedenheiten derbeiden Kulturen auseinandersetzen. Es wurde ihmsehr stark bewusst dass das ursprünglich kulturellEigene in 40 Jahren zum Fremden und das ursprüng-lich Fremde zum Eigenen geworden war. Die neuenberuflichen Kontakte in Korea bedeuten für InsukLee eine besondere Verantwortung, weil die musik-pädagogische Arbeit mit dem Orff-Schulwerk auchin diesem kulturell so andersartigen Land einenneuen Stellenwert bekommen soll und es für ihn einegroße Aufgabe und Verpflichtung geworden ist, mitden Menschen und der Kultur seiner ursprünglichenHeimat wieder in engeren Kontakt zu treten.

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Neue pädagogische Arbeitsfelder

Musikpädagogik mit Senioren – ein Pilotprojekt desRichard-Strauss-Konservatoriums:1994 übernimmt Insuk Lee ein musikpädagogischesProjekt für Senioren, das vom Richard-Strauss-Kon-servatorium als ein neues Studienfach „ElementareMusik und Bewegung für Senioren“ installiertwurde. Diesem Projekt liegen Ansätze einer interge-nerativen Musikpädagogik zugrunde, die vor 10 Jah-ren noch wenig erprobt und noch nicht in daspädagogische Ausbildungsprogramm integriert wor-den waren.Im Seniorenheim St. Josef in München hat InsukLee einmal wöchentlich eine Musikstunde für Heim-bewohnerInnen eingerichtet. Die ca. 15 Teilnehmerder Musikstunde kommen aus dem Wohn- und Pfle-gebereich des St.-Josef-Heimes und sind meist Da-men ab 70 Jahren mit unterschiedlichen körperlichenund geistigen Voraussetzungen, die Musik hören,Lieder singen, auf verschiedenen Instrumenten spie-len und im Rahmen ihrer Möglichkeiten tanzen odersich bewegen. Die Studierenden nehmen an den Un-terrichtsveranstaltungen aktiv teil, gestalten den Un-terricht mit und halten eigene Lehrversuche. Überdieses Projekt wurde im Auftrag der Carl Orff-Stif-tung eine Video-Dokumentation, mit Unterrichtsaus-schnitten, Reflexionen und Interviews erarbeitet, diefür Interessenten zu erwerben ist.

Ein Bogen beruflicher Entwicklungen und Wan-derschaft schließt sich

Im Studienjahr 2002/2003 wurde Insuk Lee einLehrauftrag am Orff-Institut der Universität Mozar-teum in Salzburg für die Dauer von zwei Jahren an-geboten. Obwohl er mit allen seinen vielseitigen be-ruflichen Aufgaben in München voll ausgelastet war,nahm er dieses Angebot mit großer Freude an. Wares doch eine Gelegenheit, nach 33 Jahren in einerreifen Lebensphase und erfüllt mit Erfahrungen undEinsichten an die Stätte zurückzukommen, wo fürihn all das begonnen hatte, was sein späteres Lebenwesentlich geprägt und erfüllt hat.Er unterrichtete am Orff-Institut im zentralen Haupt-fach „Musik – Sprache – Bewegung als persönlicheAusdrucks-Medien“ und übernahm eine Lehrpraxis-gruppe „Elementare Musik und Bewegung mit Er-wachsenen und Senioren“.

Am Orff-Institut wurde Insuk empfangen wie je-mand, der nach Haus zurückkehrt, einige Kollegin-nen und Kollegen kannten ihn noch aus der Studien-zeit oder haben später mit ihm beruflich zusammengearbeitet. Insuk Lee hat Einblick genommen in dieveränderten Strukturen und Tendenzen des Instituts.Vieles hat sich verändert seit seinem Studium vor 33Jahren. Viel Neues und Interessantes ist dazu ge-kommen und hat sich den Veränderungen in der Mu-sik- und Tanzpädagogik angepasst. Und in Vielemwar das Orff-Institut ein wesentlicher Vorreiter in derEntwicklung von pädagogischen Konzepten undProgrammen, die heute an vielen Ausbildungsein-richtungen selbstverständlich sind. Insuk Lee hat sich sein Leben lang intensiv der Ele-mentaren Musik- und Bewegungs-/Tanzerziehunggewidmet. Sein Werk ist geprägt von der Idee desOrff-Schulwerks, aber auch er hat diese Idee aufseine Weise mit geprägt. Ich weiß nur wenig Men-schen zu nennen, die sich wie er mit so großer Liebeund Hingabe dem Elementaren verschrieben haben,an erster Stelle wohl Gunild Keetman, die auch seingroßes Vorbild war. Coloman Kallós

GuatemalaReiseeindrücke …Marimbaphone, 4 Meter lang, stehen vor dreckigenWellblechhauswänden. Die Stäbe aus Zedernholz,Mahagoniholz wurden vom tropischen Regenwaldgeschlagen, der das gesamte Land grün bedeckt. ZurKlangverstärkung hängen an Drahtseilen großeKalebassen, die ringsum noch an den Bäumen wach-sen. Werden die Kalebassen nicht geerntet, um dasMarimbaphon zu verstärken, dann benutzen es dieMayas als Trinkbehälter oder machen Maracas dar-aus, die sie von Kindern anmalen lassen.Drei Männer in bunt gewebter Kleidung spielen mitjeweils drei Schlägeln das scheppernde Marimba-phon. Disharmonisch klingt es schon ein wenig. Essind in jedem Ort, wo ich Marimbaphon höre, immerdie gleichen Klänge (I, IV, V). Manchmal – selten –spielt ein Kontrabass dazu, öfter ein Schlagzeug.Immer die gleichen Vierer-Rhythmen, immer diegleiche Begleitung.

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Frauen, die spielen, sehe ich nie, Kinder sowiesonicht.Dieser Musik fehlt etwas. Ich kann es nicht benen-nen, nehme es nur wahr. Zwei mit mir gereiste Musi-ker empfinden das Gleiche. Unterdrückt wie ihreigenes Land – nicht frei – kämpfend und leidend –gezwungen – unfröhlich wirken die Maya-Marimba-phon-Spieler.Kein Funke springt über auf den Zuhörer.Unser zögernd, unsicherer Tanz dazu fühlt sich eheran, als ob wir Zementfüße hätten, oder als ob es ver-boten wäre, die Musiker durch unseren Tanz ermuti-gend zu dirigieren.Keine Antwort auf die Frage, warum die Musik, diewunderschönen gewaltigen Instrumente nicht wirk-lich leben, atmen.Aber dann der gewaltige Gegensatz:Nach einer gefährlichen Busfahrt durch das paradie-sische Tropenland (… vor einer Woche wurde aufdieser Straße in diesem Bus eine Touristengruppevon guatemaltekischen Kindern erschossen, die sichals „Skorpion“ Bande immer so verhalten und um zuGeld zu kommen Menschen erstechen oder er-schießen) kommen wir in das Nachbarland Belize,das direkt an der Karibikküste und nur 150 km vonGuatemala entfernt liegt.Eine völlig andere Welt!Wie von der Angst zur BefreiungWie von der Nacht ins LichtWie aus der Unterwelt frei atmen könnenso klingt hier die Musik.Warum nur dieser große Unterschied, wo die Land-schaft die gleiche ist, und nur 150 km dazwischenliegen?Hier: keine Nachwehen der Guerillakämpfe, sondernehemalige afrikanische Sklaven, kaffeebraun, ohneÜberlebenssorgen, immer ein Lied singend, bei jederArbeit tanzend.Hier die Marimbaphone!Es ist, als ob die Instrumente selbst tanzen, lachen,juchzen.Es geht hier nicht, nicht zu tanzen. Die Füße sind fe-derleicht. Die Musiker sind frei.Die Musik ist frei.Musik kann nur leben in Freiheit.Musik ist Freiheit.

Christa Geißdörfer

(K)ein Schulprojekt im Maya-HochlandEin Koffer voller Instrumente aus Deutschland,Trompeten, Blockflöten, eingebettet in Orff-Schul-werk Noten und Volksmusik aus Bayern – das warmein schwerer Wegbegleiter durch Guatemala.Von Guatemala-City aus reiste der Koffer auf demDach des „Chicken“-Busses durch die größte Hitze,aber auch durch Regenwald-Regengüsse geduldigmit. Immer wieder kontrollierte ich, ob meine Mu-sikgeschenke für die Schule noch am Dach waren,was nicht gerade einfach war, denn ich teilte mirmeinen verklebten Sitz in dem nach mitfahrendenZiegen und Schweinen riechendem Bus mit einerMaya- Frau, die zwei ihrer Kinder im gewebten Tra-getuch an sich hatte. Jedenfalls hatte ich mit dem„Sitzplatz“ großes Glück! Andere Reisende standenzehn Stunden in den überfüllten Gängen, wo Umfal-len unmöglich ist, da es einfach zu eng ist.Ein von deutschen Spenden finanziertes Schulpro-jekt im Maya-Hochland wollte ich besuchen. AlteMaya-Lieder und Indianer-Rituale wollte ich vondort mit nach Hause bringen, und ihnen dafür eu-ropäische Musik und Instrumente mitbringen.Eine Utopie!Im Hochland angekommen musste ich feststellen,dass in dem aus Wellblech gebauten Schulgebäudeselten Unterricht stattfindet – obwohl in privatenSchulen Unterrichtspflicht herrscht. Keiner der Leh-rer war die Tage zu sehen, Kinder traf ich nur arbei-tend in Kaffeeplantagen.Meine Trompeten fanden deshalb auch noch keinenwürdigen Empfänger.Sehr gespannt war ich deshalb auf den deutschenKoordinator des Projekts, den ich am nächsten Tagin der ehemaligen Hauptstadt Antigua treffen sollte.Ihm wollte ich die Instrumente geben, damit er sieden Lehrern geben könnte.Ein etwas eigenartiger Mensch, der versuchte mir zuerklären, wo die Spendengelder überall hinfließen,warum mal gerade kein Unterricht sei. Er fand essehr schlecht von mir, dass ich selbständig ins Hoch-land gefahren bin. Er hätte mir viel mehr zeigen kön-nen.Letztendlich blieb für mich der Eindruck, den ichnicht beweisen kann, dass dieses Projekt nur auf demPapier existiert, dass die Maya-Kinder dort fast nie

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Unterricht bekommen, dass das Geld irgendwo an-ders hin fließt.Die Korruption treibt ihre Blüten, und macht erstRecht nicht halt vor Kindern, die neben Nahrung,Gesundheit und Mutterliebe auch ein Recht auf Bil-dung, Kultur oder Musik haben. Niedergetrampeltund gar nicht erst wachsen gelassen werden dieseSehnsüchte.Meine Vorstellung, ich könnte in einem Land vollerArmut kurz nach dem Bürgerkrieg, wo gerade dieMayas viele Opfer zu beklagen haben, Musik unter-richten, ist gestorben. Krankheit, Hunger, Angst umsÜberleben kommen vor dem Bedürfnis der Musik.Den Koffer ließ ich bei dem Mittelsmann. Nun hatteer eine so lange Reise hinter sich, war an sein Zielgeraten. Hoffen konnte ich nur, dass zufällig einLehrer den Koffer bekommt.Letzte Woche hier in Deutschland traf ich den „Mit-telsmann“, da „Das Projekt“ ein Jubiläum feierte.Traurig war ich schon, dass er kein Foto von Trom-pete blasenden Maya-Kindern hatte.Verkauft hat er die Instrumente, ich will nicht wis-sen, was aus dem Geld geworden ist.Sammler oder Händler werden sie weiterhin zu Geldmachen, denn die Mayas haben kein Geld, um sichInstrumente zu leisten.Vielleicht werden die Instrumente ja gespielt, undnicht nur gesammelt. Vielleicht werden Menschendurch die Klänge ein wenig getröstet, können ihrLeid für Momente vergessen.Ich hoffe es, und kann leider nichts über ORFF INGUATEMALA schreiben – NOCH nichts!

Christa Geißdörfer

ItalienZusammenarbeit zwischen Orff-SchulwerkItaliano (OS) und der Musikschule „DonnaOlimpia“ in RomKurse und Seminare Mit Oktober 2005 startet in Rom der vierzehnte Na-tional-Kurs des „Progetto Orff-Schulwerk“, das dieOSI in Zusammenarbeit mit „Donna Olimpia“ orga-nisiert. Während im vorigen Jahr einige 1. Level-Kurse außerhalb Roms gehalten worden sind, hatsich dieses Jahr die Dezentralisierung der Tätigkeit

auf die Sonderseminare gerichtet, die ein wesent-licher Teil des Progettos darstellen. Zu diesemZweck hat die OSI ein Organisations-Forum versam-melt, an dem sich gegenwärtig sieben Gruppierun-gen beteiligen. Außer „Musicanto“ aus Piossasco(Turin), die zusammen mit der örtlichen Carl OrffMusikschule in die OSI-Grundstruktur einbezogenist, gehören diesem kleinen Netz die Gruppierungen„ARS Centro Studi Musicali“ aus Fondi (Latina),„Ameria Umbra“ aus Amelia (Terni), „Amici DelloSpettacolo“ aus Neapel, „Gabriel Marcel“ aus Cata-nia, „Giglio Blu“ aus Revere (Mantua) und „Aulos“aus Noci (Bari) an. Auf diese Weise ist die OSI insieben italienischen Regionen sozusagen in „offiziel-ler“ Weise anwesend: Apulien, Kampanien, Latium,Lombardei, Piemont, Sizilien und Umbrien. Insge-samt wer-den im nächsten Kursjahr vierzehn Son-der-Seminare außerhalb Roms veranstaltet.

RitMozart

Vollen Erfolg hat die Konzert-Vorstellung gehabt,die innerhalb der öffentlichen Jugend-Saison der rö-mischen „Accademia Santa Cecilia“ am 8., 9. und10. Mai 2005 im „Auditorio di Roma“ aufgeführtworden ist. Die mit den Mozart-Feiern verbundenemusikdidaktische Veranstaltung, die die OSI und„Donna Olimpia“ in Zusammenarbeit mit der Stadt-musikschule „Carl Orff“ aus Piossasco und mit derElementarschule Alessandro Manzoni aus Rom or-ganisiert haben, hat dem zahlreichen Publikum vonKindern und Erwachsenen (insgesamt mehr als2.000 Zuschauer) ein Programm angeboten, in demverschiedene (rhythmische, populare, choreographi-sche usw.) Interpretationen und Bearbeitungen voneinigen Stücken und Fragmenten Mozarts enthaltenwaren. Showmaster der Vorstellung war AlbertoConrado alias „Mozart“, der das Publikum durch sti-listische Konflikte zwischen Bläser-Oktett und JazzBand, rhythmisch-choreographische Bearbeitungvon „Alla Turca“, Sprachspiele mit Papagenos Stot-tern, „Eine kleine Nachtmusik“ für Streich-Quartettund Body Percussion, spielerische Analogien zwi-schen Mozarts „Musikalisches Würfelspiel“ und diePlaystation geführt hat, bis zum „Gran Finale“ indem „Ah, vous dirais-je Maman“ gesungen, gespielt,gepfiffen und mit Klang-Rohren (Tuboing) aufge-führt worden ist.

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Sommerkurs in Assisi Einen 1. Level- und zwei Spezialisierungs-Kurse(„Kinderkrippe“ und „Vom Kindergarten zur Ele-mentarschule“) und dazu ein Seminar über „Tänzeaus den Mittleren Osten“ hat dieses Jahr der zum„Progetto Orff-Schulwerk“ gehörende Sommerkursangeboten. Mehr als einhundert Teilnehmer, darun-ter einige aus Kroatien, Israel und Palästina, habendie Kurse, die von Dozenten aus Italien, den USAund Palästina geführt worden sind, besucht. Die As-sisi-Cittadella hat wie immer eine sehr freundlicheStimmung und die Neigung zu einem sehr gemütli-chen Zusammensein gefördert und ermöglicht. EineStimmung, die sich während der vielen gemein-samen Abenden und Abschluss-Performances sehrspontan verbreitet hat. Giovanni Piazza

www.orffitaliano.it

Richtigstellung Zum Beitrag von Manuela Widmer: Kurse am Cen-tro Didattico Musicale, OSI 74, S. 45 erreichte unsaus Rom folgende sachliche Richtigstellung vonGiovanni Piazza:Seit über 20 Jahren gibt es in den italienischen Kon-servatorien (unsere Musikhochschulen) die Stu-dienrichtung „Musikdidaktik“, die selbstverständ-lich auch das Fach Musikpädagogik enthält. Die Stu-dienrichtung entstand damals, um Musiklehrer fürdie Mittelschule auszubilden.Trotz der Kritik, die manchmal gegen einige Teiledes Kursprogramms und teilweise auch zu Recht er-hoben worden ist, wirken – und haben gerade in demFach Musikpädagogik viele der besten italienischenMusik-Pädagogen und Didaktiker gewirkt, u. a.Carlo Delfrati (Mitbegründer der Italienischen Ge-sellschaft für Musikerziehung und Befürworter derEinführung der Musikerziehung in den italienischenSchulen), Johannella Tafuri (einige Jahre lang Koor-dinatorin internationaler ISME Kommissionen) undFranca Ferrari.Dazu muss man auch sagen, dass gerade dank dieser Dozenten die Programme der Studienrichtung Mu-sikdidaktik im Laufe der Jahre besonders in Bezugauf die Musik in der Grundschule verbessert und er-weitert worden sind. Jetzt, da durch die neueste Reform dem italienischen

Konservatorium Universitäts-Niveau zuerkanntwurde, wird auch die Didaktik-Schule völlig neukonzipiert und ihr Abschluss zu einem Universitäts-Diplom zweiten Niveaus führen. In der Übergangs-phase hatten auch die italienischen Universitätenzweijährige Spezialisierungs-Kurse in Musik-pädagogik eingeführt, innerhalb deren ich Orff-Schulwerk Seminare (in Rom und Neapel) gehaltenhabe. Darüber habe ich in den OS-Informationen be-richtet. Giovanni Piazza

Ausbildungsmöglichkeiten für das Orff-Schulwerk in Italien: Der Beitrag des CDM – Centro Didat-tico Musicale – Rom Ich danke Manuela Widmer, die in der letzten Aus-gabe der Orff-Schulwerk-Informationen (Nr.74 „Ausaller Welt“) die Situation der musikpädagogischenAusbildungsmöglichkeiten in Italien angesprochenhat. Ihre anfängliche Behauptung allerdings stimmtso nicht, denn man kann in Italien durchaus musik-pädagogische Seminare besuchen und diesbezüg-liche Fachstudien absolvieren. Allerdings möchteich auch die Gelegenheit nutzen, um über unsereSchwierigkeiten zu sprechen, die diesbezüglicheAusbildungsgänge im Zusammenhang mit der Mu-sik- und Tanzerziehung im Sinne des Orff-Schul-werks haben. Die Universitäten selbst haben Seminare angeboten,die zur Musikpädagogik befähigten (S.S.I.S. Scuoladi Specializzazione all’Insegnamento Secondario),zurzeit allerdings gibt es solche Kurse nicht mehr. In den italienischen Conservatori (Musikhochschu-len), die heute den Universitäten gleichgestellt sind,gibt es seit über zwanzig Jahren das Seminar „Didat-tica della Musica“ (Musik-Didaktik): diese Ausbil-dung dauert 4 Jahre (zwei Tage wöchentlich) und be-fähigt zum Musikunterricht in der Sekundarstufe,vor allem von der 6. zur 8. Klasse (anzumerken ist,dass im Kindergarten und in der Grundschule keinMusiklehrer gesetzlich vorgesehen ist). Die Situation ist nicht gerade viel versprechend. AlsVergleich kann die Tatsache gelten, dass z.B. amMozarteum Salzburg das Angebot an musikpädago-gischen Ausbildungen viel reichhaltiger und diffe-

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renzierter ist: man kann unter drei verschiedenenStudienmöglichkeiten (4 bis 5 Jahre) wählen, näm-lich Schulmusik (Lehramt), Instrumental- und Ge-sangspädagogik sowie Elementare Musik- und Tanz-pädagogik (Bakkalaureat- und Magisterstudien). Aus meiner persönlichen Perspektive erweisen sichdie Musik-Didaktik-Kurse an den Konservatorien,noch als viel zu eurozentriert und an der musikali-schen Hochkultur orientiert, um für einen Musik-und Bewegungserzieher, der vornehmlich mit Kin-dern im Alter zwischen 3 und 10 Jahren tätig ist,zielführend zu sein. Zur Prüfung muss man ein drei-stimmiges Stück mit Instrumentalbegleitung über ei-nen dichterischen Text komponieren; in den Studien-plänen gibt es wohl Musikgeschichte, aber keineMusikethnologie oder Musikanthropologie; es siehtso aus, als gäbe es in der Musikerziehung keinen Be-zug zu Bewegung oder Tanz, was merkwürdig an-mutet, da die ganze Welt sich beim Singen oderSpielen bewegt, vor allem Kinder; es wird viel mehrmit dem Klavier als mit anderen Instrumenten, wiez.B. dem Orff-Instrumentarium gearbeitet und vielmehr von notierter als von mündlich übermittelterMusik gesprochen; die Integration mehrerer Künstewird nicht zum Thema gemacht (vor allem in Bezugauf die Arbeit mit Vor- und Grundschulkindern); vonMusiktherapie oder sozialpädagogischen Wirkungenund Anwendungen der Musik ist keine Rede. Hängt es vom Gesetzgeber und von Politikern ab,dass die alten Auffassungen von Musikerziehungnach wie vor in den Ausbildungsgängen so fest ver-ankert sind? Ist es Unfähigkeit oder einfach Desin-teresse, neue Wege zu gehen? Hängt es von denKompetenzen derer ab, die Ausbildner der Auszubil-denden auswählen? Hängt es von der Trägheit desSystems ab? Musikpädagogik in Italien ist im Allge-meinen noch mit diesem mühsamen Erneuerungs-prozess beschäftigt. Der Vergleich mit den Institutio-nen des Auslandes ist oft – meines Erachtens nach –enttäuschend. Was die elementare Musik- und Tanzpädagogik be-trifft, ist die Einbeziehung des Orff-Schulwerks aufinstitutioneller Ebene eher nebensächlich – meistenslaufen die Ausbildungskurse auf privater Basis.Durch ein großes Angebot an (kostenpflichtigen) ein-zelnen Workshops, Intensiv-Wochenenden und auchlängeren Lehrgängen, wurde in den vergangenen Jah-

ren zunehmend versucht, eine Auffassung von Musikund Musikpädagogik in Italien zu verbreiten, die die-ses institutionelle Manko ausgleichen soll.Die Grundprinzipien des Orff-Schulwerks – die Ein-heit von Sprache, Musik und Bewegung, das ganz-heitliche Ansprechen des Menschen, die schöpferi-sche Aktivierung der Schüler, das Lernen in unddurch die Gruppe – tauchen immer expliziter in derdidaktischen Debatte und in der Strukturierung derAusbildungsprogramme auf. Man wünscht sich,dass die Einrichtung von Orff-Schulwerk-Kursen immusikpädagogischen Bereich an den Konservatorienoder Universitäten zur Regel wird. Zurzeit sind die wichtigsten Verbreiter des Orff-Schulwerks in Italien:die S.I.M.E.O.S., Società Italiana di Musica Elemen-tare Orff-Schulwerk, Verona (Präsident: RaffaelloMenini), seit 1970; das OSI, Orff-Schulwerk Italiano, Rom (Präsident:Giovanni Piazza), gegründet 2001;das CDM onlus – Centro Didattico Musicale, Rom,dessen Vizepräsident und Leiter der Ausbildungs-kurse ich bin. In den Orff-Schulwerk-Informationen sind mehr-mals Berichte über die Aktivitäten der S.I.M.E.O.S.und des OSI erschienen. Was mich persönlich be-trifft, arbeite ich seit einigen Jahren gelegentlich mitder S.I.M.E.O.S. zusammen. Von 1997 bis 2003hatte ich die Ehre, mit Giovanni Piazza, der meinWegbegleiter zum Orff-Schulwerk gewesen ist, zu-sammen zu arbeiten und war einer der Mitbegründerdes OSI.Hier möchte ich gerne das CDM vorstellen, und waswir seit einigen Jahren im Bereich der Orff-Schul-werk-Ausbildungen tun. Das CDM, 1993 gegründet und seit 1999 von MarcoIadeluca, Valentina Iadeluca und mir selbst geleitet,ist ein Zentrum, wo sich das musikalische Wachstumvon Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Zu-sammenklang mit ihrer ganzen Persönlichkeitsent-wicklung verwirklichen kann.Außer Instrumental- und Ensembleunterricht im ei-genen Haus, schickt das CDM Lehrer in die öffentli-chen Kindergärten und Grundschulen, um den Kin-dern die Möglichkeit anzubieten, Musik mit einemFachlehrer in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit

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der Klassenlehrerin zu erleben (15–20 Musiklehrerarbeiten pro Jahr mit etwa hundert Klassen). Um die eigenen Lehrer speziell für diese Arbeit aus-zubilden, organisiert das CDM seit 2002 den Grund-ausbildungskurs für Musiklehrer in Grundschuleund Kindergarten „Elementare Musik- und Tanzer-ziehung im Sinne des Orff-Schulwerks“. Der Kursumfasst 230 Unterrichtsstunden (60 min) und 40Praktikumsstunden mit Kindern und bietet folgendeFächer an: Musikpädagogische Grundlagen, Päda-gogische Grundlagen des Orff-Schulwerks, Tanzdi-daktik, Kinderstimmbildung, Frühkindliche Musi-kerziehung, Integrative und integrierende Aktivitätenim Kindergarten, Materialien für die Grundschule,Spielpraxis der Instrumente, „Musikalische Alpha-betisierung“ (nach der „Music Learning Theory“von E. Gordon, integriert in die Ausbildung), Ele-mentare Komposition, Grundlagen der Musikthera-pie, Pädagogische Psychologie (u.a. Carl Rogers undThomas Gordons Ansatz des „Teacher EffectivenessTraining“, Psychodynamische Aspekte der Gruppen-arbeit), Kommunikation – Unterrichtsplanung und -gestaltung – Leitungsmodelle, Supervision des Prak-tikums. Am Ende des Kurses legen die Kandidaten eine Prü-fung ab, die aus einer Lehrprobe mit eigenen Mate-rialien und aus der Diskussion einer schriftlichen Ar-beit über die Erfahrung des Praktikums besteht. Je-des Jahr sind zwei Seminare mit Dozenten des Orff-Instituts eingeplant: in den vergangenen Jahrenhaben wir Andrea Ostertag, Christa Coogan, UlrikeJungmair, Werner Beidinger und Manuela Widmereingeladen. Dieses Jahr werden Michel Widmer(„Zirkus“), Shirley Salmon („Soziales Lernen durchMusik und Bewegung“) und auch Christoph Mau-bach zu uns kommen. Aus meiner Sicht ist dieserKurs einer der strukturiertesten Ausbildungsgänge,die es heute in Italien für die Elementare Musik- undTanzpädagogik im Sinne des Orff-Schulwerks gibt.Neben diesem längeren Kurs organisiert das CDMseit Jahren Seminare und Weiterbildungskurse fürKindergarten- und Grundschullehrer. Außer einer in-tensiven Arbeit in der römischen Region hat dasCDM seit diesem Jahr eine Zusammenarbeit mitSchulen anderer italienischer Regionen gestartet(Kurse in Prato/Toscana – und Imola/Emilia Ro-magna) und will auch in diesem Sinne weiter arbei-

ten. Alle oben erwähnte Kurse sind vom Unterrichts-ministerium offiziell anerkannt.Beziehungen zum Ausland bestehen ebenfalls. ImRahmen eines Praktikums hat das CDM Studentenaus europäischen Ausbildungsstätten (Orff-Institut,Hochschule Hannover mit einem Leonardo Projekt)zu Gast gehabt, die an der Forschungsarbeit des Zen-trums interessiert waren. 2002 und 2004 stellte sichdas CDM mit einer performing group von Jugendli-chen bei den XXV. und XXVI. ISME World Confe-rences for Music Education (Bergen/Norwegen undTeneriffa/Spanien) vor.Meine persönliche Tätigkeit als Orff-Schulwerk-Lehrer in ganz Italien und im Ausland (Österreich,Deutschland, Finnland, Frankreich, England, Liba-non, Russland, Irland, Süd-Korea) basiert vollstän-dig auf der am CDM realisierten Arbeit. Wir sinddabei, ein Team von Forschern und Multiplikatorenzu gründen, die die musikpädagogischen Ideen unse-rer Arbeit am CDM verbreiten sollen: ValentinaIadeluca war vor kurzem in China und wird nächstesJahr mit mir in Großbritannien sein. Eine mögliche Entwicklungsperspektive, vorgedachtvon Manuela Widmer in ihrem Artikel, könnte einenengeren Kontakt mit bedeutenden ausländischenAusbildungsstätten, im besonderen mit dem Orff-Institut und der Universität Mozarteum, betreffen. Aber das ist noch Zukunft. Wir werden davon be-richten. Andrea Sangiorgio

JapanJahresversammlung der japanischenOrff-Schulwerk Gesellschaft Am 29. Mai 2005 fand die ordentliche Generalver-sammlung der japanischen Orff-Schulwerk-Gesell-schaft an der Tokyokasei-Universität statt.Kiyoshi Hoshino, Lehrer an einer zur Yokohama-shoka-Universität gehörenden Höheren Schule hieltin diesem Rahmen einen Workshop zum Thema:„Orff-Schulwerk-Musik für Kinder“ nach Carl Orff /Gunild Keetman. Anschließend folgte ein kleinesKonzert mit den Ausführenden Yoshie Matsuno (So-pran) und Masazuki Nakaji (Klavier); zu hören wa-ren Ausschnitte aus Orffs „Carmina burana“.

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18. Sommerkurs der japanischen Orff-Schulwerk-Gesellschaft

Der 18. Sommerkurs der japanischen Orff-Schul-werk-Gesellschaft fand am 29. und 30. Juli 2005 ander Tokyo Gakugei-Universität unter dem Motto„Neue Überlegungen zum Thema Bewegungsaus-druck“ statt.

Am ersten Tag referierten Mamiko Mumaki, Lehre-rin an einer zur Tsukuba-Universität gehörendenGrundschule, Minoru Yoshizawa, Blockflötist undDozent an der staatlichen Yokohama-Universität,Masazuki Nakaji, Assistenzprofessor an der TokyoGakugei-Universität, Kiyoshi Hoshino, Lehrer aneiner zur Yokohamashoka-Universität gehörendenHöheren Schule und Mino Toki, Tänzerin an derDance Company Unit Little Stars. Sie alle vermittel-ten den TeilnehmerInnen viele wertvolle neue Erfah-rungen. Das anschließende wunderbare Konzert derKINSEI (Venus) Improvisationsband mit den Aus-führenden Seiko Abe, Takashi Kogawa, Shizue Te-rada, Yoshino Toki, Mikako Yamashita, MasayukiNakaji und dem Seminar für Musik- und Kunsterzie-hung an der Tokyo Gakugei-Universität: HitoshiMatsuoka, Sayaka Uto, Asuka Takahori, NatsukoIwahori, Yuki Morijiri stand unter dem Motto „Spra-che-Ton-Bewegung“.

Der zweite Tag des Sommerkurses begann mit einemWorkshop unter der Leitung der führenden japani-schen Barocktanz-Spezialistin und Dozentin an derToho Gakuen-Universität, Yasuko Hamanaka, zumThema „Barocktanz und das Konzert“, an dem auchYasuko Hamanaka (Tanz), Takao Hojo (Tanz), Ma-koto Ito (Barockgeige), Hiroshi Fukuzawa (Viola daGamba), Naotaki Ueo (Violoncello), Toshio Naka-jima (Tenor) und Minoru Yoshizawa (Blockflöte)mitwirkten.

Danach gab es ein kleines Symposion zum Thema„Orffs Pädagogik. Musik- und Bewegungsaus-druck“. Die Moderation übernahm Tohru Iguchi, derVorsitzende der japanischen Orff-Schulwerk-Gesell-schaft und Professor an der Tokyo Gakugei-Univer-sität. ReferentInnen waren Tomoko Nasukawa, Pro-fessorin an der Hyogo-Pädagogischen Universität,weiters Junko Kawaguchi, Dozentin an der zwei-jährigen Aichi Gakusen-Hochschule sowie AkikoIizuka, Lehrerin an derAllku-Schule für Behinderte.

So endete auch der 18. Sommerkurs sehr erfolgreich.Tohoru Iguchi, Junko Hosoda

und Wakako Nagaoka

Kanada2004 — 2005 Annual Review

Advocacy

Carl Orff Canada has distributed a second informa-tion tool, this year, a brochure. Our goal is to pro-mote the Orff philosophy and thus promote musicaleducation to teachers, headmasters, schoool boardadministrators as well as local and regional educa-tion authorities. This tool is available for the Presi-dents of our 11 chapters throughout Canada.

Communications

Our Web site has been rejuvenated in order to an-swer our needs regarding communications and linkswith our chapters. The Web site is also used to sim-plify access to various documents such as forms,schedules of courses all over Canada, report tem-plates and reviews.To maintain efficient communications between Chap-ters, reinforce the sense of belonging and offset theeffect of estrangement that can occur given the greatsize of our country, we held two meetings with the na-tional president in Ottawa, on October 23, 2004 forthe Eastern Chapters presidents and in Calgary, onMarch 19, 2005 for the Western Chapters presidents,so they can meet and discuss face to face. These meet-ings are really appreciated by all participants.We held, on November 24, 2004, a National Telecon-ference for all members of our Executive to discussthe ongoing Carl Orff Canada’s affairs. These tele-conferences are necessary to accelerate the processof decision and to maintain the good health of ourorganism.We also cultivate strong relations with our Americancounterparts and share with them ideas on issues ofcommon interest such as training courses, assess-ments and member services. The joint committee heldits meeting in November 2004, during the NationalConference of AOSA, in Long Beach, California.

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New Developments

Carl Orff Canada continues to offer three traininglevel courses in several Canadian Universities overthe Summer months as well as during the schoolyear. Teachers may apply and obtain a Carl Orff en-dorsement for these training courses that complieswith Carl Orff Canada guidelines. We have createdcertificates to give to the students in order to attesteach level course endorsement.We maintained our Post Level III training programfor Orff specialists who are looking for perfectingtheir skills in a related field (choral technique, or-chestration, recorder). The program includes threeCarl Orff Canada approved 30-hour lecture coursesthat must be taken over an indefinite period of time.The candidates will be responsible for attending theclasses given at the dispensing institutions. Upon thesuccessful completion of all courses in the program,candidates will receive official certification fromCarl Orff Canada. Two or three of these courses areoffered by different chapters each year.In several areas of Canada, many musical specialistpositions have been abolished. Classroom teachershave been given the task of giving music classes.Carl Orff Canada has developed a special trainingprogram to help these teachers achieve a certainlevel of competency and to ensure that the quality ofmusic teaching is consistently maintained at a highlevel in Canada. This course was offered in Yukon, inCalgary and in Lethbridge, this year.Furthermore, we are implementing a mentorshipprogram with the help of University professors tosupport new teachers that are about to complete orhave recently completed their Orff training.We have a new editor for the Ostinato, LannieMesservey, who is also working on the Web site. HerInternet address is [email protected] accepted the position for one year, so we are stilllooking for a longer term editor for our journal.A dynamic team of the Ontario Chapter is preparingour next National Conference that will be held inToronto on April 27– 30, 2006. They want to reflectthe cultural life of Toronto and to answer the teach-ers as well as the students expectations in offering alarge possibility of sessions, performances, concerts,in both languages. Lucie Allyson

ÖsterreichAlter ist das Meisterstück des LebensBericht über die 3. Salzburger Geron-tologiegespräche im BildungszentrumSt Virgil, SalzburgMit obigen Worten schloss Prof. Dr. Kalbermatten,Schweiz, seinen sehr anregenden Vortrag „Mit wel-chen Werten begegnen wir dem Alter“ und damitauch die Tagung, zu der rund 200 Teilnehmer zusam-mengekommen waren. Vor dem Hintergrund neuester Erkenntnisse der Ge-hirn-, Kompetenz- und Handlungsforschung ging esdarum, durch Workshops mit vorangehender Kurz-präsentation sowie durch Vorträge zu „innovativen,kreativen, erfrischenden und achtsamen Begeg-nungsformen mit (älteren) Menschen einzuladen“.Da wurde über Möglichkeiten und Grenzen von Ak-tivierunsprogrammen und Gedächtnistrainings refe-riert, in Workshopform Anregungen zu multimoda-lem, biographieorientiertem Aktivierungstraininggegeben, es wurden unter anderem die Projekte„Selbstbestimmt und kreativ – Lebensqualität im Al-ter“ sowie „Montessori per Seniori“ vorgestellt. Ichwar eingeladen, in einer Kurzpräsentation und einemWorkshop am folgenden Tag mit dem Thema „Mu-sik verbindet und öffnet die Herzen – musikalisch-tänzerische Aktivitäten im Seniorenheim“ Einblickein meine Unterrichtsarbeit in einem Altersheim beiSalzburg zu geben. In der Kurzpräsentation, durchFotos veranschaulicht, konnte ich offensichtlich soviel Neugierde auslösen, dass mein Workshop diegrößte Teilnehmerzahl aufwies. In praktischem Tun,verbunden mit Reflexionen und Erfahrungsaus-tausch gelang es, deutlich werden zu lassen, wie tie-fenwirksam unsere Arbeit, basierend auf den musik-pädagogischen Konzepten von C. Orff und G. Keet-man gerade auch für die Gruppe alter und hochbe-tagter Menschen ist. Dass sich da ein großesArbeitsfeld für unsere Studierenden auftut, zeigtenim Anschluss an den Workshop die vielen Anfragennach Absolventen, die eine solche Arbeit in Alterhei-men übernehmen könnten.

Christine Schönherr

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Ein musikalisches Geburtstagsfest fürMozartAm Samstag, den 28. Januar 2006 ist es wieder soweit:„Musik belebt – Musik beWEGt“ wird das Fest ge-nannt, das alle zwei Jahre stattfindet und mittler-weile schon Tradition hat. Monika Sigl vom Musi-kum Salzburg und Christa Musger von der AGMÖ(Arbeitsgemeinschaft für Musikerziehung Öster-reichs) bringen wieder alle jungen MusikerInnen desLandes aus allen Schulen und musikpädagogischenInstitutionen vom Kindergarten über die Schulen bishin zur Musikuniversität Mozarteum auf die Bühne.In den schönsten Konzertsälen der Altstadt wird dieVielfalt eines kreativen und innovativen Musikunter-richts präsentiert. Dabei entsteht ein anregenderMusik-Mix aus allen Sparten: Volksmusik bisHardrock, Chöre und Tanzgruppen, JazzerInnen bisBarockmusikerInnen, Musiktheater und ElementareMusikpädagogik und vieles mehr.Wandern Sie zwischen 11 und 18 Uhr durch die In-nenstadt und lassen Sie sich auf die musikalischenGeschenke ein, die musikbegeisterte junge Menschenan unterschiedlichen Orten darbringen werden. Wir sind stolz, mit „Musik belebt – Musik bewegt“die Eröffnungsfeierlichkeiten des Mozartjahres inSalzburg mit zu gestalten und freuen uns ganz be-sonders auf internationalen Besuch in Salzburg.

Termin: 28. Januar 2006, 11–18 UhrOrt: Altstadt SalzburgInformationen: [email protected]

[email protected]

Am Veranstaltungstag liegt das Programm am Info-point Mozart 2006 Salzburg/Kaigasse und Residenz-platz, sowie an allen Veranstaltungsorten auf. Ab 1. Jänner 2006 finden Sie das Programm auch unterwww.agmoe.at und www.musikum-salzburg.at

Ein Projekt von AGMÖ Salzburg und MusikumSalzburg in Zusammenarbeit mit Mozart2006Salz-burg. Dachsponsor: www.mozartland.com

RumänienMusiktheaterwoche auf der „Farm der Kinder“Seit vielen Jahren haben wir – Manuela und MichelWidmer – Kontakt zu Rumänien aufgebaut. Den An-fang machten Kurse für deutschsprachige Erziehe-rinnen und Grundschullehrerinnen in Städten in Sie-benbürgen, wie Hermannstadt, Kronstadt, Schäß-burg und Temesvar. Wir veranstalteten diese Kurseim Auftrag des Instituts für Auslandbeziehungen derBundesrepublik Deutschland und Michel Widmererhielt darüber hinaus die Möglichkeit, im Jahr 2000mit seinem Clowntheater eine Tournee durch Sie-benbürgen zu machen. In diesem Jahr entstand dererste Kontakt zum Sozialprojekt mit Straßenkindernund anderen Sozialwaisen „Concordia“, das 1991der Jesuitenpater Georg Sporschill aus Wien begon-nen hatte aufzubauen. Concordia heißt „Einmütig-keit“ und steht für das Werk vieler Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter aus Österreich und Rumänien. Etwa80 Kilometer nördlich von Bukarest wurde nahedem Ort Aricesti u.a. ein Kinderdorf aufgebaut. Aufdieser „Farm der Kinder“ wohnen in zehn Häusernje sechs bis acht Kinder und Jugendliche, betreut vonrumänischen Erzieherinnen.Michel Widmer entschloss sich damals spontan, imAnschluss seiner Siebenbürgen-Tournee dieses Pro-jekt zu besuchen und dort kostenlos für die Kindereine Aufführung zu geben.Die Eindrücke, die Michel Widmer nach Österreich

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mitbrachte, bewogen dann uns beide Pläne zuschmieden, dieses Projekt nicht nur finanziell son-dern auch über unsere Arbeit zu unterstützen. Wirblieben in Kontakt und boten Concordia eine Mu-siktheater-Spielwoche für die Kinder und Jugendli-chen der verschiedenen Kinderhäuser in Bukarestund Umgebung an, die gleichzeitig aber auch eineWeiterbildung für die Erzieherinnen und Erziehersein sollte. Inzwischen hatten wir die Psychologin Frau Mag.Ulla Konrad aus Wien kennen gelernt, die seit einemJahr für die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen undMitarbeiter im Projekt Concordia zuständig ist. Undso entwickelten wir gemeinsam ein Konzept für un-ser Angebot, das wir in der Woche vor Ostern, vom19. bis 24. März 2005 durchführten.Drei Gruppen arbeiteten je zwei Tage lang mit uns.Begleitet wurde die Arbeit beobachtend und reflek-tierend von Ulla Konrad und für die Übersetzungstand uns die Praktikantin Clara Steinkellner ausGraz äußerst kompetent und engagiert zur Seite! Wirwählten einfache Spielstoffe und orientierten uns anden drei Bilderbüchern „Frederick“ und „Swimmy“von Leo Lionni sowie an dem Klassiker „Wo diewilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak. DerAblauf für die zwei Tage, die uns für jede Gruppezur Verfügung stand, war gleich strukturiert, auchwenn die jeweils andere Geschichte natürlich ver-schiedene Aktivitäten und Gruppenprozesse in Gangsetzte. Auch mussten wir uns jedes Mal von neuemauf die ganz eigene Gruppendynamik einstellen. Siewurde vor allem durch die spezifische Alters-mischung beeinflusst, da Kinder zwischen sechs undzwölf Jahren und Jugendliche ab zwölf bis siebzehnteilnahmen sowie auch die Erzieherinnen und Erzie-her, die ebenfalls ein breites Altersspektrum zwi-schen 20 und über 40 Jahren umfassten; darüber hin-aus wurde die Spiel- und Arbeitshaltung der Gruppedurch die individuellen Möglichkeiten und Fähigkei-ten aller Beteiligten geprägt, aber auch ihrer Pro-bleme und Hemmungen in persönlicher, sozialer wiefachlicher Hinsicht.Wir begannen am ersten Vormittag mit Begegnungs-spielen. Nicht das Kennenlernen war angesagt, dasich die meisten Gruppenmitglieder ja kannten, aberdie Begegnung in dieser für alle ungewöhnlichenGruppenkonstellation, in der sie noch nie an einem

gemeinsamen Thema gearbeitet hatten. Erzieherin-nen und Erzieher, die gewohnt waren, mit einer ge-wissen Autorität den ihnen anvertrauten Kindern undJugendlichen gegenüber aufzutreten, sahen sichplötzlich Situationen gegenüber, in denen sie nichtdie „Macher“ waren, sondern sich etwa der Führungoder dem Dirigat eines sechsjährigen Mädchens imRahmen eines Bewegungsspiels oder einer musikali-schen Improvisation unterordnen mussten! Den Kin-dern und Jugendlichen fiel der Rollenwechsel weni-ger schwer. Sie genossen die neuen Möglichkeiten,auch einmal „das Sagen zu haben“. Über ein Tanz-spiel und ein theaterpädagogisches Warm up, dasviel Anlass zu ungewöhnlichem Verhalten und damitauch zum Lachen schaffte, war die Stimmung gelöstund wir konnten im zweiten Teil des Vormittagsspezifischere Einführungen in musikalische und be-wegungsorientierte Ausdrucksmöglichkeiten geben.Dabei wurden auch die zur Verfügung stehendenInstrumente kennen gelernt und ausprobiert. ZumAbschluss des Vormittags stellten wir die jeweiligeGeschichte vor. Diese war im Vorfeld ins Rumäni-sche übersetzt worden. Zu den Hauptphasen derGeschichte hatten wir aus den Bilderbüchern jeweilseinige Bilder herauskopiert, die jetzt während desLesens der Geschichte durch die Gruppenmitgliedernach und nach aufgehängt wurden. So wurde sofortder Ablauf der Geschichte auch visualisiert, was be-sonders für die jüngeren Kinder eine wichtige Erin-nerungshilfe bedeutete und zugleich einen reizvollenBühnenhintergrund ergab, der im folgenden durcheigene Zeichnungen der Gruppenmitglieder noch er-gänzt wurde. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen des hand-

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werklichen Tuns. Für jede Geschichte hatten wir unsdie Herstellung einfacher Requisiten und Kostüm-teile überlegt, wie auch das Anfertigen verschiedenerInstrumente. Wir hatten dafür zwei kleinere Räumezur Verfügung, in denen wir auf Tischen die ver-schiedenen Materialien so verteilt hatten, dass dieTeilnehmer rasch erkennen konnten, was an den je-weiligen Tischen zu basteln, zu bauen oder zu malenwar. Je nach Interesse konnten sich alle ihr Betäti-gungsfeld suchen und ganz nach Wunsch, aber auchnach Fähigkeit, mehrere Dinge an diesem Nachmit-tag herstellen. Da wir ja nicht die einzigen Erwach-senen waren, ergaben sich viele Synergien durch dieverschiedenen Möglichkeiten und Motivationen derKinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die sich ge-genseitig unterstützten, halfen, anspornten aber auchmal einbremsten, wenn es im Interesse aller notwen-dig wurde. Der Vormittag des zweiten Tages gehörte nun ganzder Erarbeitung der Geschichte. Im Plenum wurdebegonnen, der Einstieg in die Geschichte oder aucheine andere passende Szene gemeinsam erarbeitet,gewissermaßen auch als Modell. Anschließend wur-den Gruppenaufgaben verteilt, wo jetzt Lieder undTexte, Tänze und Instrumentalgestaltungen ent-wickelt und geübt wurden. Wir beobachteten denFortgang der Gruppenarbeit und boten unsere Hilfeund Unterstützung dort an, wo sie gefragt war. AlleGruppen führten ihre Ergebnisse im Plenum vor, eswurden gegebenenfalls noch Verbesserungs- oderÄnderungsvorschläge aller Beteiligten eingefügt,bevor wir in die Mittagspause gingen. Danach blie-ben uns weitere 90 Minuten, um den Ablauf unseresSpiels genau zu klären und die Übergänge von Szene

zu Szene zu verabreden. Für einen, manchmal sogarfür zwei komplette Durchläufe blieb uns dann ge-rade noch Zeit.Um 16 Uhr traf unser Publikum ein. Alle Kinder, Ju-gendliche und Erwachsene von der Farm, die nichtmitspielten (also zwischen 40 und 50 Leuten) nah-men erwartungsvoll ihre Plätze ein und bekamen indieser Woche auf diese Weise drei Theateraufführun-gen zu sehen sowie noch einen Clownsauftritt vonMichel Widmer extra!Anschließend hatten wir jeweils eine intensiveNachbesprechung mit den Erzieherinnen und Erzie-hern die mitgewirkt hatten, um Eindrücke und Ge-danken auszutauschen. Diese Gesprächsrunde wurdevon Ulla Konrad geleitet und alle Beteiligten warenherausgefordert, etwas zu diesem Gespräch beizutra-gen. Es war für uns beglückend zu erfahren, wie sehrunsere Zielvorstellungen, die wir mit dieser integra-tiven Arbeitsweise verbunden hatten, ohne irgend-eine Form von Vorinformation jetzt durch die Be-schreibungen der Teilnehmerinnen und TeilnehmerBestätigung fanden! Sie betonten einerseits, wie ent-spannend und kontaktfördernd sie die gleichberech-tigte Arbeitssituation mit ihren Schützlingen erlebthatten; andererseits waren ihnen ihre eigenen Fähig-keiten sowie die der Kinder und Jugendlichenbewusst geworden, die sich in diesem gemeinsamentwickelten Spiel ohne Angstgefühle oder Hem-mungen entfalten konnten. Sie konstatierten er-staunt, wie hoch die Bereitschaft aller war, Verant-wortung für das gemeinsame Spiel zu übernehmenund sich ernsthaft und konzentriert darauf einzu-lassen. Sie formulierten auch eigenständig, dass dasgemeinsame Thema sowie das vereinbarte Ziel, eineAufführung zu gestalten dazu geführt hatte, dass sichdie Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die ausdrei verschiedenen Einrichtungen kamen und sichteilweise nur flüchtig kannten zu einer Gruppe ent-wickelten, in der sich die einzelnen gegenseitigakzeptierten und unterstützten.Erst kürzlich erzählte uns Ulla Konrad, dass die Be-teiligten heute noch, nach mehr als einem halbenJahr von ihren Erlebnissen innerhalb dieser zweiTage sprechen und mit Freunden vor dem Schauka-sten stehen bleiben, in denen die Fotos aus den Pro-jekten hängen, um stolz zu verkünden: „Weißt dunoch, ich war der Max!“ Wir freuen uns schon aufs

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nächste Jahr, wenn wir wieder in der Woche vorOstern auf die Farm fahren, um weiter zu spielen.Wer mehr über das Sozialprojekt CONCORDIA er-fahren möchte, kann sich unter www.concordia.ca.atinformieren. Manuela und Michel Widmer

Schweiz25 Jahre Orff-Schulwerk GesellschaftSchweizAm 23. April lud der Vorstand der Schweizer Orff-Schulwerk Gesellschaft zur Jubiläumsversammlunganlässlich des 25-jährigen Bestehens der Gesell-schaft in Flawil ein. Bereits ab 10 Uhr konnten die zahlreich erschiene-nen Mitglieder und Nicht-Mitglieder ein großes Sor-timent an geeigneter Literatur zur Musik- und Tan-zerziehung durchstöbern. Auch der vorhandene No-ten- und Bücherflohmarkt wurde rege genutzt. Die Musikschule Flawil begrüßte die Gäste mit einerMatinée. Sie gewährte dem Publikum einen Einblickin das umfangreiche Unterrichtsangebot im musik-und tanzpädagogischen Bereich der Musikschule. Um für das reiche Nachmittagsprogramm gewapp-net zu sein, wurden die Teilnehmenden mit einerMittagsverpflegung gestärkt, welche von HelenHeuschler, der langjährigen Präsidentin und AnitaWiniger, der Sekretärin der Gesellschaft, liebevollvorbereitet worden war.Zwei Workshops wurden den Teilnehmern von IngePilgram und Bernadette Rickli, Absolventinnen desOrff-Instituts angeboten, die Jubiläums-Hauptver-sammlung und ein feiner Apéro zur Feier des Tagesstanden am Nachmittag auf dem Programm.Interessant, lustvoll und heiter war die Atmosphärein den Workshops. Beide Angebote basierten deut-lich auf dem „Orffschen Dreieck“ von Musik, Spra-che und Bewegung und ließen doch die individuellenPersönlichkeiten der Leiterinnen spürbar werden.Nach diesem gemeinsamem Tun eröffneten Schüler-innen und Schüler der Musikschule Flawil die Ju-biläumsversammlung.Helen Heuschler begrüßte die Gäste, besonders dasEhrenmitglied, den Gründer und ersten Präsidenten

Nikolaus Keller. Nach den formellen Geschäftenwurde Ernst Weber, langjähriger Präsident, zur ZeitVorstandsmitglied und Protokollant der Orff-Schul-werk Gesellschaft Schweiz zum Ehrenmitglied er-nannt. Mit Helen Heuschlers herzlichen Worten, ei-ner Urkunde, Blumen und herzlichem Applauswurde sein Engagement gewürdigt.Der Abschluss dieses 25. Geburtstags wurde mit ei-nem opulenten Apéro gefeiert, bei dem es auch Zeitfür Gespräche gab, sich alte Bekannte finden undneue Bekanntschaften geschlossen werden konnten.Alle Teilnehmenden erhielten das Video „Orff-Schulwerk heute“ als „Geburtstagsgeschenk“. Be-schwingt, angeregt und zufrieden machten sich dieFreunde der Orff-Schulwerk Gesellschaft Schweizauf den Heimweg. Bernadette Rickli

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Aus dem Orff-Institut

From the Orff-Institute

Internationales SymposionOrff-SchulwerkElementare Musik- und Tanzpädagogikim interdisziplinären Kontext

„IM DIALOG“Orff-Institut, Universität Mozarteum Salzburg in Zu-sammenarbeit mit dem Orff-Schulwerk-Forum, derCarl Orff-Volksschule und der Musikschule Traun-walchen

Salzburg, 6. – 9. Juli 2006

Zum Thema

„IM DIALOG“ Weltweite Globalisierung scheintheute verschiedenste Lebensbereiche in einer bis vorkurzem nicht vorstellbaren Weise miteinander zuvernetzen, andererseits bringt die gleichzeitige Spe-zialisierung auf immer differenziertere Teilgebietedie Gefahr mit sich, dass wir über unser detailliertesFachgebiet hinaus das Verständnis für den großenZusammenhang und die Interdependenz der Einzel-bereiche aus den Augen verlieren. Eine Musik- und Tanzpädagogik des 21. Jahrhun-derts die aller Globalisierung zum Trotz immer nochden einzelnen Menschen im Mittelpunkt ihrerBemühungen sieht, darf sich Isolierung im Spezia-listentum nicht mehr erlauben oder sie ginge anihrem Auftrag vorbei. Dieses Symposion entstandaus der Notwendigkeit, neue Erkenntnisse aus demKontakt mit ausgewählten Disziplinen zu gewinnen,die jeweils auf ihre eigene künstlerische, wissen-schaftliche, soziale und/oder pädagogische WeiseEinfluss auf die Erziehung in unserer Zeit nehmen.Das Orff-Institut kann in diesen Dialog Erfahrungen

und empirisches Wissen einbringen, die aus jahr-zehntelanger Arbeit mit jungen und alten Menschenunterschiedlicher Begabungen und Fähigkeiten inverschiedenen Kulturen erwachsen sind.Die Begegnung im Dialog dient der Reflexion, Eva-luierung und weiteren Vernetzung einer zeitgemäßenMusik- und Tanzerziehung auf der Grundlage desvon Carl Orff und Gunild Keetman entworfenenSchulwerks. Sie soll ein Diskussionsforum für dasFachpublikum aus aller Welt anbieten, um wissen-schaftliche Forschungsergebnisse mit Entwicklun-gen im künstlerisch-pädagogischen Bereich zu ver-binden und anwendbar zu machen. Eine Herausfor-derung, die heute in Zeiten der verhängnisvollen Re-duzierung der Bildungsaufträge, vor allem auch imÄsthetischen Bereich, wichtiger denn je erscheint.

Veranstaltungen

Vorträge und Referate zum Thema „Im Dialog“ ausden Perspektiven der Erziehungswissenschaften, derNeurobiologie, der Säuglingsforschung, der Sozial-pädagogik, der Music Learning Theory, der MultipleIntelligences Theory und der Ästhetischen Erzie-hungPodiumsgespräche im Anschluss an die Hauptvor-träge mit aktuellen Fragestellungen zur Verknüpfungder Themen mit der Elementaren Musik- und Tanz-pädagogikDiskussionen zu unterschiedlichen künstlerisch-pädagogischen Bereichen und wissenschaftlichenForschungsfeldern und den daraus resultierendenImpulsen für die Elementare Musik- und Tanz-pädagogikWorkshops als künstlerisch-pädagogische Vertiefungdiverser Praxisfelder für verschiedene Zielgruppen.Demonstrationen und Aufführungen mit Kindernund Jugendlichen Konzerte und Performances als künstlerische Er-schließung des Dialogs mit Studierenden des Orff-Instituts und Künstlern aus dem In- und AuslandAusstellungen: Bücher, Noten, Videos, DVDs, CDsKonferenzsprache ist Deutsch. Plenumsveranstaltun-gen werden simultan ins Englische und Deutscheübersetzt. Praktisch orientierte Veranstaltungen fin-den in der im Programmheft vermerkten Sprachestatt. Schriftliche Inhaltsangaben in Deutsch undEnglisch vermitteln Kurzinformationen.

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Dokumentation: Der Gesamtablauf wie auch Inhaltevon Vorträgen, Dialog-Referaten, Workshops etc.werden in schriftlicher Form dokumentiert und alsVeröffentlichung ab Ende des Jahres 2006 erhältlichsein.

Mitwirkende

Internationale ReferentInnen erschließen unter-schiedliche Dialogfelder zur und innerhalb der Ele-mentaren Musik- und Tanzpädagogik in Vorträgenund Workshops.Erziehungswissenschaft: Prof. em. Dr. Horst Rumpf (Frankfurt) im Dialog mit Prof. Mag. Manuela Wid-mer (Salzburg)Integrative Musikpädagogik: Fernando Palacios(Madrid) im Dialog mit Verena Maschat (Madrid)Inklusive Pädagogik: Prof. Dr. Georg. Feuser (Bre-men) im Dialog mit Mag. Shirley Salmon (Graz-Salzburg)Neurobiologie: Prof. Dr. Eckhardt Altenmüller,(Hannover) im Dialog mit Prof. Dr. Regina Pauls (Leipzig-Salzburg)Säuglingsforschung: Prof. Dr. Karin Schumacher,(Berlin) im Dialog mit Prof. Werner Beidinger (Pots-dam); Soili Perkiö (Helsinki)Music Learning Theory: Prof. Dr. Edwin. Gordon,(New York) im Dialog mit Andrea Sangiorgio (Rom)Multiple Intelligences: Doug Goudkin (San Fran-cisco) und Christa Coogan (München)Museumspädagogik: N. N. Zentrum Paul Klee(Bern) im Dialog mit Prof. Barbara Haselbach (Salz-burg)Soziale Arbeit: Prof. Dr. Hans Hermann Wickel(Münster) im Dialog mit Michel Widmer (Salzburg)Musikethnologie: Dr. Polo Vallejo (Madrid) im Dia-log mit Sofia López-Ibor (San Francisco)Kinder- und Jugendgruppen zeigen Arbeiten zumSymposionsthema unter Leitung von Prof. KlausFeßmann, Prof. Thomas Heuer, Katharina Jankula,Susanne Rebholz, Josef Wörgötter, Mag. Manuelaund Michael Widmer (alle Salzburg), Markus Ku-chenbuch (Berlin), Andrea Sangiorgio (Rom), Rein-hold Wirsching (Traunwalchen) u.a. Performancegruppen aus Deutschland, Finnland,Frankreich, Italien, Österreich, Türkei, USA präsen-tieren künstlerische Produktionen zum Thema „ImDialog“.

Programm

Donnerstag, 6. Juli 2006Eröffnungsveranstaltung

Freitag, 7. Juli 2006Begrüßung, Plenumsvortrag und Podiumsgespräch,Referate und Diskussionen, Workshops, Aufführun-gen, AbendveranstaltungOrchesterhaus, Frohnburg und Orff-Institut, Salz-burg

Samstag, 8. Juli 2006Begrüßung, Plenumsvortrag und PodiumsgesprächReferate und Diskussionen, Workshops, Aufführun-gen, AbendveranstaltungOrchesterhaus, Frohnburg und Orff-Institut, Salz-burg

Sonntag, 9. Juli 2006„Klangspaziergang“ entlang der Hellbrunner AlleeAbschlusskonzert unter Leitung von Keith Terry(USA)Ausklang ab 15.00 Uhr in Traunwalchen

Als Veranstaltungsorte des Symposions sind zurzeitvorgesehen:Orff-Institut und Schloss Frohnburg, SalzburgOrchesterhaus, SalzburgSchloss Hellbrunn, Salzburg-Anif Carl Orff-Schule, Traunwalchen

Im Anschluss an das Symposion finden am Orff-Institut ab Sonntagabend 9. Juli 2006 einwöchigeInternationale Sommerkurse statt. Die Anmeldung dazu erfolgt gesondert.

Teilnahmegebühren€ 175,– / 95,– (erm. für Studenten) für die gesamteVeranstaltung (inklusive Dokumentation)€ 60,– / 35,– Tageskarte € 25,– / 15,– Abendkarte

Kontakt: Siehe 2. Umschlagseite

Unterkunft und Zimmerreservierungvermittelt die Salzburg-Information,Mozartplatz, A-5020 Salzburg oder www.salzburginfo.at

Stand November 2005 – Änderungen vorbehalten.

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Advanced Studies in Music and Dance Education – Orff-Schulwerk

The Department of Music and Dance Pedagogy“Orff Institute” of the University MozarteumSalzburg is pleased to announce a post-graduatecourse in Music and Dance Education: AdvancedStudies in Music and Dance Education – Orff-Schul-werk. This international university course, with atradition of nearly 30 years, takes place at the heartof European centers associated with Carl Orff. Itwill be held in English and will run from October2006 until June 2007.The course presents an intensive encounter with thepedagogical concepts of Orff Schulwerk and its in-ternational adaptations in over 35 countries of theworld. The course content is based on the pedagogi-cal concepts of Carl Orff and Gunhild Keetmann, oncontemporary developments and on new integrativeconcepts of aesthetic education.

Contents include:

Orff Schulwerk Sources and Adaptations, Didacticsof Elemental Music and Dance, Aesthetic Education,Pedagogy and Practice Teaching, Orff Schulwerk forPeople with Special Needs, Orff Schulwerk for Dif-ferent Age Groups, History of Music and Dance Ed-ucation, Ensemble and Improvisation, Composingwith and for Children, Percussion, Recorder and Vo-cal Ensembles, Instrument Building, Movement andDance Technique, Basic Choreography and Improvi-sation, Creative Dance for Children, Movement Ac-companiment, Elemental Music Theater.The course addresses music and/or dance peda-gogues who have completed undergraduate studiesand who have had a minimum of three years profes-sional teaching practice.The course encompasses two semesters with approx-imately 600–650 study hours (about 20–25 perweek). There will be a practical and theoretical ex-amination at the conclusion of the course. Graduateswill receive a certificate.Tuition costs are about € 4.500,– (subject to changeaccording to the number of participants).

For further information please write to:“Special Course”, Abteilung für Musik- undTanzpädagogik “Orff-Institut”Universität Mozarteum, A-5020 Salzburg, AustriaTel.: 0043-662-6198-6100Fax: 0043-662-6198-6109E-mail: [email protected]: www.moz.ac.at

Shirley Salmon (Course-Director)

Die Abteilung für Musik- und Tanzpädagogik „Orff-Institut“, Universität Mozarteum Salzburg veranstal-tet im Studienjahr 2006/07 einen postgraduiertenUniversitätslehrgang in englischer Sprache: Advan-ced Studies in Music and Dance Education – Orff-Schulwerk (Oktober 2006 – Juni 2007).Dieser internationale Lehrgang in englischer Spra-che hat eine Tradition von fast 30 Jahren und findetin europäischen Zentren statt, die mit Carl Orff ver-bunden sind.Der Lehrgang bietet eine intensive Auseinanderset-zung mit den pädagogischen Konzepten des Orff-Schulwerks sowie mit den internationalen Adaptio-nen in mehr als 35 Ländern. Inhaltlich basiert derLehrgang auf den pädagogischen Konzepten vonCarl Orff und Gunhild Keetman und deren zeit-gemäßen Entwicklungen. Darüber hinaus bezieht erneue integrative Konzepte der Ästhetischen Erzie-hung mit ein.

Lehrveranstaltungen sind u. a.:Orff-Schulwerk Sources and Adaptations, Didacticsof Elemental Music and Dance, Aesthetic Education,Pedagogy and Practice Teaching, Orff Schulwerk forPeople with Special Needs, Orff Schulwerk for Dif-ferent Age Groups, History of Music and DanceEducation, Ensemble and Improvisation, ComposingWith and For Children, Percussion, Recorder andVocal Ensembles, Instrument Building, Movementand Dance Technique, Basic Choreography and Im-provisation, Creative Dance for Children, MovementAccompaniment, Elemental Music Theater.Zielgruppe sind Musik- und TanzpädagogInnen mitabgeschlossenem Hochschulstudium und mindes-tens drei Jahren pädagogische Berufserfahrung.Der Lehrgang umfasst ca. 600–650 Unterrichtsstun-den (ca. 20–25 pro Woche) in 2 Semestern und

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schließt mit einer theoretischen und praktischen Prü-fung ab. Absolventen erhalten ein Lehrgangszeugnis.Studiengebühren: ca. € 4.500,– (abhängig von derZahl der Teilnehmer).

Kontaktadresse:„Special Course“, Abteilung für Musik- und Tanz-pädagogik „Orff-Institut“Universität Mozarteum, A-5020 Salzburg, AustriaTel. 0043/662/6198-6100Fax: 0043/662/6198-6109E-Mail: [email protected]: www.moz.ac.at

Shirley Salmon(Leiterin des Universitätslehrgangs)

Universitätslehrgang„Elementare Musik- undBewegungspädagogik in derGrundschule“ an der UniversitätMozarteum Salzburg

Das Orff-Institut führt im Studienjahr 2006/2007 ei-nen Universitätslehrgang „Elementare Musik- undBewegungspädagogik in der Grundschule“ durch.Mit diesem Angebot möchte das Orff-Institut vor al-lem Grundschullehrer und -lehrerinnen ansprechen.Zugelassen werden können jedoch auch PädagogIn-nen mit einem der Pädagogik nahe stehenden Hoch-schulabschluss, bzw. PädagogInnen mit einschlägi-ger Berufsqualifikation.Der Lehrgang ist einjährig, umfasst Pflichtfächer imAusmaß von 11 Semesterstunden (16,5 ECTS An-rechnungspunkte) und findet an 8 Wochenenden je-weils Freitag 16.00 Uhr bis Sonntag 13.00 Uhr statt.Der Universitätslehrgang bietet eine Erweiterung derberuflichen Qualifikation und nimmt im künstle-risch-pädagogischen Angebot Bezug auf die Lehr-pläne für Grundschulen und soll Pädagoginnen undPädagogen befähigen, die im Lehrplan für Musiker-ziehung angeführten Arbeitsbereiche – Singen, Ele-mentares Instrumentalspiel, Bewegen zur Musik,Musikhören – kompetent zu vermitteln, Musik, Be-

wegung und Kunst als Grundsätzliches zu verstehenund Inhalte auch Fächer übergreifend (in Verbindungmit Deutsch, Fremdsprachenunterricht/Englisch, Sa-chunterricht und Sport) zu unterrichten.Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen ange-regt werden, sich selbst wieder auf die Suche nachdem Künstlerischen zu begeben, das Kreative in sichentdecken, ihr Methodenrepertoire zu erweitern, umzunehmend fähig zu sein, mit kreativen Impulsen ih-rer Schülerinnen und Schüler kompetent umgehenzu können.

Prof. Dr. Ulrike E. Jungmair(Leiterin des Universitätslehrgangs)

Nähere Informationen bzw. Anmeldung bis 1. Oktober 2006 im Sekretariat des Orff-Institutes([email protected]).

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Johannes Beck-Neckermann:Zwi-zwa-ZwergenmatzeLieder für Kinder, Briefträger, Zwerge und andereLuftkünstler. Mit beiliegender Lern-CD. Klangsamboo GbR, Peter-Wagner-Str. 4,97230 Estenfeld, Deutschland (www.klangsamboo.de) 72 Seiten,

Gleich zu Beginn beschreibt Johannes Beck-Necker-mann im Abschnitt „… und vorneweg“ die Intentio-nen seines kleinen Liederbuches: „In meinem Kon-takt mit Kindern … erlebe ich immer wieder, wie ge-meinsames Singen einen reichhaltigen Kontaktschafft und lebendige, kreative Situationen ermög-licht. Wir singen mit- und füreinander, manchmalauch neben- oder gegeneinander. Dabei schaffen dieMelodien, Liedtexte, Stimmen, Bewegungen, Blickeden Kontaktraum und wir kommen ins Träumen,Nachdenken, Lachen, Feiern, Kämpfen, Trauern undTanzen. Weit ist die Erlebniswelt, die sich beim ge-meinsamen Singen auftut“ (S. 8). Die insgesamt 27Lieder sind – wie Beck-Neckermann schreibt, ledig-lich aus methodischen Gründen – in drei Gruppenaufgeteilt. Die erste Gruppe umfasst Kreislieder -Fantasielieder & gesungene Meditation und wirddurch einen kurzen reflektierenden Text „… und wasKreislieder anregen können“ abgeschlossen. Diezweite Gruppe versammelt Spiellieder – Dialoglie-der & gesungene Kommunikation und hier steht derabschließende Text unter dem Titel „… und wieSpiellieder Funken sprühen können“. Die dritteGruppe schließlich bietet Geschichtenlieder – Songs& gesungene Wirklichkeit und da macht sich amSchluss Beck-Neckermann Gedanken zu „… undwohin Geschichtenlieder führen können“.Johannes Beck-Neckermann ist Musik- und Bewe-

Aus dem Orff-Schulwerk Forum

From the Orff-Schulwerk Forum

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Einladung zur Jahreshaupt-versammlung 2006Die Jahreshauptversammlung für das kommendeJahr findet am Samstag, den 4. Februar 2006 um15.00 Uhr im Orff-Institut der Universität Mozar-teum Salzburg statt. Außer der Wahl des Vorstandesstehen vor allem das Symposion 2006, internationaleBerichte und die Weiterentwicklung der LevelCourse Curricula auf dem Programm. Eingeladen sind Vertreter der Orff-Institutionen, derInternationalen Orff-Schulwerk Gesellschaften so-wie Freunde und Gäste des Orff-Instituts.Wir bitten um schriftliche Nachricht über die Teil-nahme bis zum 15. Januar 2006 [email protected] oder [email protected] Barbara Haselbach

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gungspädagoge sowie Musiktherapeut, hat mit Kin-dern und Jugendlichen musiktherapeutisch, wie auchmusikpädagogisch gearbeitet und ist in der Aus- undWeiterbildung für ErzieherInnen sowie Musik- undSozialpädagogInnen tätig. Mit der Veröffentlichungdieses Liederbuches in einem eigenen „Kleinstver-lag“ erfüllt er sich einen persönlichen Herzens-wunsch. Das Liederbuch kreuzt sicher nicht als Luxusdamp-fer auf dem Liederbücher-Mainstream, sondernmöchte eher ein kleiner gemütlicher Holzkahn sein,auf dem sich Groß und Klein in überschaubarerRunde versammelt haben, um eine Reise auf Neben-flüssen anzutreten, wo man sich auch gerne noch da-von überraschen lässt, wie die Reise verläuft und wosie irgendwann endet. Denn diese Lieder sind „Re-aktionen und Antworten auf konkrete Kinder undBegebenheiten und trugen dazu bei, Erlebnisse zubegreifen, zu interpretieren und zu gestalten“ (S. 8).Johannes Beck-Neckermann möchte dazu einladen,mit diesen Liedern Spielräume zu betreten und auf-merksam zu werden für die Erlebniswelten der Kin-der, mit denen – jeder in unterschiedlichem Umfeld– singt, spielt, arbeitet – ja und lebt.In den kurzen Texten am Ende eines jeden Ab-schnitts gibt Johannes Beck-Neckermann prägnantedidaktische Begründungen, die zum Weiterdenkenund Integrieren eigener Arbeitsformen anregen kön-nen. Die Kreislieder beinhalten Lieder mit Fantasie-Klangsilben, die Übergänge nonverbal gestaltenkönnen, aber auch zur Ruhe führen. Sie schaffenKontakt und eignen sich so auch für Anfangs- undSchlussrituale. Die Spiellieder schöpfen ihre Inhalteaus der Tierwelt („Ein Bär muss her“, „Haha derHase und Huhu das Huhn“) wie auch aus der Um-welt der Kinder („So so so klingt die Sirene“), vorallem aber aus der Lust der Kinder an Wortspiele-reien und Fantasiegeschichten, die ohne jede Logikeinfach witzig sind: „Zwi-zwa-Zwergenmatze aufder Luftmatratze, paddelt in den Süden, will seinemüden Beine rütteln, Zipfelmütze schütteln. Dubidubidum bom bom bom, dubi dubidum bom bombom“ (S. 34). Die Geschichtenlieder schließlich sindrichtig lang, haben oft viele Strophen, Strophen, dieman verwenden kann oder auch um- oder neudich-ten, so wie eine solche Geschichte eben in die eigeneGruppe und Spielsituation passt. Johannes Beck-

Neckermann schreibt dazu: „Beim Zuhören, Singenund Imaginieren wird der Stoff der Geschichten le-bendig, erhält Farben, Räume, Gefühlswelten, unddie Reise auf den Flügeln der Geschichte wird zurErkundung der eigenen Lebenswelt“. Die beiliegende CD soll lediglich dazu dienen, sichin die Melodien der Lieder einzuhören. Es wird ein-dringlich darauf hingewiesen, dass das selber Singenkeinesfalls durch das Abspielen der CD ersetzt wer-den kann! Beck-Neckermann weist deshalb auchdarauf hin, dass die CD ohne großen Aufwand er-stellt wurde, da sie nicht zum Anhören durch dieKinder gedacht ist. Für Lehrende dagegen ist siewirklich eine Hilfe, um sich in die sehr persönlichesingend erzählte Welt von Johannes Beck-Necker-mann einzuhören und den Mut zu fassen, die Liederteilweise nicht unbedingt notengetreu auswendig zulernen, sondern einen ganz eigenen musikalischenErzählstil zu entwickeln und auch Kinder dazu anzu-regen, dies zu tun! Als Begleitinstrument kommt dieGitarre in Frage (vor jedem Lied sind in Tabulaturdie benötigten Griffe aufgezeichnet und über denNoten mit Buchstaben die Akkorde benannt), wobeiin diesem Fall die Latte allerdings ziemlich hochliegt, aber auch andere Instrumente nach Wahl undeigenem Können sind als Begleitinstrumente mög-lich, bis hin zur rein rhythmischen Gestaltung mitKörperinstrumenten. Konnte ich Ihre Neugier fürdieses neue Liederbüchlein wecken? Gut so!

Manuela Widmer

Jürgen Zimmermann:Charivari – Trommeln aus der ProvinzFidula-Verlag, Bestellnummer: 339ISBN: 3-87226-339-0224 Seiten mit vielen Fotos, Illustrationen und Noten

Was für ein schönes Buch! Endlich nicht mehr nurder Blick in die Ferne, zu exotischen Kulturen, dieeine so viel reichere rhythmische Tradition haben,dass man sich oftmals unserer Kulturgeschichte undihren rhythmischen Gepflogenheiten nur verschämtzu erwähnen traut. Doch wie viel gibt es da zu entdecken! Es ist JürgenZimmermann zu verdanken, in diesem Buch die vie-len Anlässe aufzudecken und wieder in Erinnerungzu bringen, bei denen auch in Mitteleuropa getrom-

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melt, gestampft, geklappert – und auch gelärmt wird.Es ist spannend und aufschlussreich zu lesen, welcheBedeutung die vielen Geräusche und „Lärm“-Ri-tuale bei uns hatten und noch haben. Das geht vomPolterabend über die Schützenvereine, bis hin zumKarneval und modernen Demonstrationen und Ge-werkschaftsaufmärschen, bei denen Trillerpfeifenoder – musikalisch durchaus reizvoller – immer öfterauch Samba-Gruppen für die nötige akustische Auf-merksamkeit sorgen.Doch Jürgen Zimmermann belässt es in seinem 220-seitigem Buch nicht bei wissenschaftlichen Analy-sen. Ausgehend von den traditionellen Ritualen ent-wickelt und beschreibt er Möglichkeiten, auch in un-serer heutigen Zeit das Musizieren mit Alltagsgegen-ständen zu erleben. Die Beispiele sind sehr konkretbeschrieben, sowohl was das Instrumentarium be-trifft als auch die Notation. Vorkenntnisse schlag-zeugtechnischer Art sind kaum nötig, um die Bei-spiele verstehen und spielen zu können. Sie eignensich sehr gut auch für große Gruppen und Ensem-bles, machen Spaß – und auch Lust, weiter zu for-schen und neue, eigene Klänge im jeweiligen Um-feld zu entdecken. Abgerundet wird das Buch von einem sehr guten Re-gister, das geordnet ist nach Instrumenten, Liedbei-spielen, Spieltechniken/Rhythmen und nach Spiel-ideen. So kann man gezielt nach passenden Stich-worten suchen und geeignete Spielstücke oder Tech-niken suchen. Nach „JUBA – die Welt der Körperpercussion“ istdies ein weiters Buch von Jürgen Zimmermann, dassicher auch große Beachtung finden wird. Es wäreihm zu wünschen. Florian Müller

Theo Hartogh: Musikgeragogik – ein bildungs-theoretischer Entwurf.Musikalische Altenbildung im Schnittfeld vonMusikpädagogik und GeragogikForum Musikpädagogik Band 68 Hrsg. Rudolf-Dieter KraemerWißner-Verlag, Augsburg 2005-09-20 ISBN 3-89639-475-4

Der Ausdruck „lebenslanges Lernen“ wird seit eini-gen Jahren auch im Bereich der Musikpädagogik

verwendet. Der Begriff „Musikgeragogik“ ist dage-gen neu. Obwohl musische Angebote in Bereichender Altenbildung zu finden sind, ist der Bedarf anPraxis und Forschung mit der wachsenden Zahl vonMenschen in dieser Altersgruppe gestiegen. Der Au-tor sieht es als Aufgabe der Musikpädagogik, Kon-zepte musikalischer Bildung im Alter zu finden undzu begründen. In diesem Buch (seiner Habilitations-schrift) stellt Hartogh seinen bildungstheoretischenEntwurf vor. Für den Autor, Professor für Musik und Musik-pädagogik an der Katholischen FachhochschuleNorddeutschland, waren die musikalische Arbeit mitalten Menschen und die große biographische Bedeu-tung von Musik Ausgangspunkte für diesen Entwurf.„Das enorme musikalische Erfahrungswissen ältererMenschen, die Musik als ‚Lebensmittel‘ für ein er-fülltes Leben zu nutzen wissen“ war Anstoß fürdiese Publikation, die einerseits eine Bestandsauf-nahme der musikalischen Altenbildung darstellenwill und andererseits nach der Bedeutung des Musi-zierens und Musikhörens in dieser Lebensphasefragt. Nach der Einleitung, in der Themenstellung und in-haltliche Schwerpunkte beschrieben werden, folgenKapitel über Phänomenologie des Alters, Geragogikund Bildung im Alter. Das Altern wird nicht defizitärbehandelt, sondern als Lebensabschnitt mit seinenvielen Facetten gesehen und näher beschrieben. DieBeziehung zwischen agogischen Disziplinen –Pädagogik, Andragogik und Geragogik – wird dar-gestellt und die Affinität von Geragogik zu Andrago-gik, sozialer Arbeit und Heilpädagogik aufgezeigt.Ein zentraler Begriff in diesem Buch ist „Lebens-welt“, der laut Hartogh widersprüchliche Bedeutungin der Sozialen Arbeit, Erwachsenenbildung, Schul-pädagogik und einzelnen Fachdidaktiken hat, abertrotzdem leitend für neue pädagogische Theorie- undHandlungsorientierung ist. Die Kategorien Lebens-welt und Biographie bilden für den Autor die „tra-genden Säulen“ einer subjektorientierten musikali-schen Altenbildung.Hinsichtlich der Ziele wie emotionale Aktivierung,Kommunikation, Gedächtnistraining, Steigerung desSelbstwertgefühls, Ausdrucksfähigkeit u.v.m. gibt eslaut Hartogh Überschneidungen zwischen pädagogi-schen und musiktherapeutischen Ansätzen. Hier

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werden ausschließlich nicht-therapeutisch ausge-richtete Ansätze behandelt, die ein breites Spektruman Inhalten und Vorgehensweisen haben. Musikge-ragogische Ansätze können altenpflegerisch, sozial-pädagogisch oder andragogisch orientiert sein. Neundieser Ansätze werden hier beschrieben. Durch dieKategorien konzeptioneller Ansatz, Altersbild, Mu-sizierpraxis, Institution und kritische Würdigungkönnen diese Ansätze sinnvoll miteinander vergli-chen werden. Musikbiographische Studien mit altenMenschen, die zwischen 1989 und 2001 publiziertwurden, werden in einem Kapitel über empirischeForschung zur musikalischen Lebenswelt und Bio-graphie alter Menschen vorgestellt. Daraus ergebensich didaktische Schlussfolgerungen, die für dasKompetenzprofil von Musikgeragogen bedeutend sind.Im letzten Kapitel wird Musikgeragogik als Diszi-plin beschrieben und „eine musikgeragogische Kon-zeption mit lebensweltlicher und biographischerAusrichtung“ vorgelegt. Der Autor geht auf dieKomplexität dieses Arbeitsfeldes ein und gibt einen

Überblick über musikgeragogische Kompetenzen,die er in musikbezogene, adressatenbezogene undorganisatorische/institutionsbezogene Kompetenzenunterteilt. Der Leser erfährt auch, welche diversenFähigkeiten ein zukünftiger Musikgeragoge habensoll.Alleine das Inhaltsverzeichnis durchzuschauenmacht Lust auf Blättern und Suchen. Unterkapitelz. B. „Bildung als Selbstbildung“, „Begegnung undIntergenerationalität“, „Musik als Lebenswelt“,„Biographie und biographische Bildung“ regen denLeser an, weiter zu suchen und vor allem weiter zufragen. Das Buch wendet sich an alle, die sich fürdieses neue Feld musikalischer Bildung interessie-ren wie Musik- und Tanzpädagogen, Schulmusiker,Fachdidaktiker, Instrumentallehrer, Heil- und Son-derpädagogen, Musiktherapeuten, Geragogen, Sozi-alpädagogen, Altenpfleger sowie auch ehrenamtlicheMitarbeiter und vermittelt einen intensiven fundier-ten Einblick in das neue Arbeitsfeld.

Shirley Salmon

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8.–11. 12. 2005 La danza y el movimiento en interacción con las demás artes

Referentin: Barbara HaselbachVitoria/Gasteiz, SpanienInstituto Música, Arte y Proceso

2.–4. 12. 2005 Symposion zum Thema „Orff-Schulwerk und Drama“

Leitung: Ali Öztürk, H. Ömer AdigüzelReferentInnen: H. Ömer Adigüzel,Ysmihan Artan, Fatos Auernig, Sonja Beck,Christa Coogan, Ulrike Jungmair, Ali Öztürk, Ayperi Siirtmaç, Ali Uçan,Nesrin Koyuncu, Sermin BilenAnkara, TürkeiATAUM Kongress Zentrum, Ankara, TürkeiAnkara Universität. Campus von Cebeci in Zusammenarbeit mit der türkischen Orff-Schulwerk Gesellschaft in Instanbul

27.–30. 12. 2005 Internationale Fortbildung für Elementare Musikerziehung

Leitung: Pierre van Hauwe, Peter SchuhmannReferentInnen: Manuela Widmer, Michel Widmer, Pierre van Hauwe, PeterSchuhmann, Angela Nasall u.v.a.Pierre-van-Hauwe-Musikschule, [email protected]

8.–13. 1. 2006 2006 ORFF Music and Movement Conference-Theme: „swell“

ReferentInnen: Barbara Haselbach, Sofia Lopez-Ibor Alino, Wolfgang Stange, RobynStaveley, Stephen Leek, u.v.a.Sydney, AustralienAustralian National Council of Orff Schulwerk Inc., www.ancos.org.au

17.–18. 1. 2006 The role of movement and dance in Orff-Schulwerk

Referentin: Barbara HaselbachAuckland, NeuseelandOrff-Schulwerk Association New Zealand

4.–6. 2. 2006 Zirkus – Impulse für die Musik und Tanzpädagogik

Referent: Michel WidmerRom, ItalienCentro Didattico Musicale

Orff-Schulwerk Kurse

Orff-Schulwerk Courses

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13.–17. 2. 2006 Elementares Musiktheater in Schulen, Musikschulen und in sozialpädagogischenArbeitsfeldern

ReferentInnen: Manuela Widmer, Michel WidmerTrossingen, DeutschlandBundesakademie für musikalische Jugendbildung

25.–27. 2. 2006 Apprendimento sociale attraverso la musica e il movimento

Referentin: Shirley SalmonRom, ItalienCentro Didattico Musicale

10.–12. 3. 2006 Frühlingserwachen – Lieder und Tänze zur Jahreszeit

Referentinnen: Micaela Grüner, Monika UnterholznerMarktoberdorf, DeutschlandMusikakademie Marktoberdorf/BayernOrff Schulwerk Gesellschaft Deutschland

18.–19. 3. 2006 Orff-Schulwerk in der Begegnung mit der Bildenden Kunst

Referentin: Barbara HaselbachRom, ItalienOrff-Schulwerk Italiano

24.–25. 3. 2006 Musik und Hörbeeinträchtigung – Workshops

ReferentInnen: Shirley Salmon, Eric Lebeau u.a.Graz, ÖsterreichArbeitsgemeinschaft Musik und Hörbeeinträchtigung

24.–25. 3. 2006 Im Rhythmuskreis getragenFür Lehrkräfte der Rhythmik, der musikalischen Grundschule, der Heilpädagogik, desKindergartens und der Primarschule

Referentin: Suzanne NketiaWittenbach/Sankt Gallen, SchweizOrff-Schulwerk Schweiz

1.–2. 4. 2006 Stimme und Sprache im Unterricht

Referentin: Christine SchönherrInnsbruck, ÖsterreichYoga-Zentrum Innsbruck

7.–9. 4. 2006 Musik und Tanz für Kinder – Früherziehung

Referentin: Micaela GrünerSchönburg-Oberwesel/Rhein, DeutschlandKolpinghaus SchönburgInstitut für Elementare Musikerziehung, Mainz, Deutschland

9.–13. 4. 2006 Orff-Schulwerk in der Schule

Leitung: Ulrike E. Jungmair, Rodrigo FernandezCarl Orff Schule in Diessen am Ammersee, DeutschlandCarl Orff Schule in Diesen am Ammersee, http://c-o-v.de

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22. 4. 2006 Vielseitiger Umgang mit Spielliedern

Referentin: Shirley SalmonLinz, ÖsterreichOrff-Schulwerk-Gesellschaft Oberösterreich

27.–30. 4. 2006 Collage 2006: Cultivate – Create – Celebrate19th National Conference – Carl Orff Canada

Leitung: Yana Ioffe, Beth KnoxReferentInnen: Doug Goodkin, Rick Layton, Sofía López-Ibor,Christiane Wieblitz u.a.Toronto, CanadaCarl Orff Canada, www.orffcanada.ca

28.–30. 4. 2006 Tanz und Bildende Kunst.Interdisziplinäre Ansätze in der Ästhetischen Erziehung

Referentin: Barbara HaselbachCalw, DeutschlandInternationale Hochschule Calw für Kreativpädagogik und Künstlerische Therapie

20. 5. 2006 Geschichten …Musikalische Aktionen mit dem Orff-Instrumentarium für Lehrpersonen imKindergarten, an der Unterstufe und der musikalischen Grundschule

Referentin: Inge PilgramAarau, SchweizOrff-Schulwerk Schweiz

25.–28. 5. 2006 Intensivkurs Musik- und Bewegungserziehung (Phase 3)

Referentinnen: Micaela Grüner, Manuela WidmerAlfter bei Bonn, DeutschlandAlanus Hochschule AlfterOrff Schulwerk Gesellschaft Deutschland

15.–18. 6. 2006 Intensivkurs Musik- und Bewegungserziehung (Phase 6)

ReferentInnen: Manuela Widmer, Werner StadlerHammelburg, DeutschlandBayerische MusikakademieMusik + Tanz + Erziehung, Orff-Schulwerk-Gesellschaft Deutschland

15.–18. 6. 2006 Bodypercussion und Boomwhackers

Referent: Michel WidmerTrossingen, DeutschlandBundesakademie für musikalische Jugendbildung

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9.–14. 7. 2006 Elementare Musik- und Bewegungserziehung

Leitung: Werner BeidingerStrobl/Wolfgangsee, ÖsterreichBundesinstitut für Erwachsenenbildung

Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ in Zusammenarbeit mit demPädagogischen Institut des Bundes

9.–15. 7. 2006 Internationaler Sommerkurs

Leitung: Ulrike E. Jungmair, Sabina KaiserReferentInnen: Christa Coogan, Onur Erol, Doug Goodkin, Ulrike Jungmair, KatjaOjala-Kocak, Andrea Ostertag, Soili Perkiö, Andrea Sangiorgio, Polo Valleio, AngelikaVögele-WolfSalzburg, ÖsterreichOrff-Institut „Musik- und Tanzpädagogik“

10.–14. 7. 2006 Música y Danza en la Educación. Curso international de verano

Leitung: Verena MaschatBarcelona, SpanienAsociación Orff España, www.orff-spain.com

13.–17. 7. 2006 Elementary music, danses and movement

Referenten: Eric Lebeau, N.N.Paris, FranceAssociation Carl Orff France

15.–22. 7. 2006 Stimme und Kommunikation

ReferentInnen: Christine Schönherr, u.a.Männedorf, SchweizInternationale Vereinigung für Atemrhythmisch Angepasste Phonation nachCoblenzer/Mulhar (IVAAP)

17.–21. 7. 2006 ISME biennal world conference27th International Society for Music Education World ConferenceKUALA LUMPUR, MALAYSIA

Leitung: Ramona Mohd. TahirReferentInnen zum Thema Orff-Schulwerk: Wolfgang Hartmann, Susie Davies-Splitter, Ulrike JungmairInternational Society for Music Education,http://www.isme.org/2006/CallsForPresenter.htm

17.–21. 7. 2006 Música y Danza en la Educación. Curso international de verano

Leitung: Verena Maschat, Mariana di FonzoMadrid, SpanienAsociación Orff España, www.orff-spain.com

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30. 7.–4 .8. 2006 XI. Internationaler Sommerkurs der Begegnung,

Leitung: Coloman KallósReferentInnen: Lenka Pospisilova, Andrea Sangiorgio, Alexandra ZachSlavonice (Süd-Böhmen), TschechienJarmila Kotulkova Czech Orff Society

16. 9. 2006 Tanz mit Eigen-SinnFür Lehrkräfte der 1.–3./4. Primarschulstufe und der musikalischen Grundschule

Referentin: Barbara Ehrenzeller-StieberRapperswil, SchweizOrff-Schulwerk Schweiz

21. 10. 2006 Kinder-Stimmbildung

Referentin: Caroline SteffenLuzern, SchweizOrff-Schulwerk Schweiz

8.–11. 11. 2006 Seed of Discovery – A Great Plains Harvest40th National Conference 2006, American Orff-Schulwerk Association

Leitung: Donna StatonOhama, Nebraska, USAAmerican Orff-Schulwerk Association

10. 11 .2006 Kreativer Umgang mit PopmusikMusizieren mit Kindern ab 8 Jahren und JugendlichenFür Lehrkräfte ab 1. Klasse

Referent: Michel WidmerOberwinterthur, SchweizOrff-Schulwerk Schweiz

Adressen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dieser AusgabeAdresses of Co-Authors of this issue

Allyson, Lucie 325 Hickson, Saint-Lambert, P. Q., J4R 2N9, CanadaE-Mail: [email protected]

Bacher, Esther Schranneng. 10e, A-5020 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Coogan, Christa Großfriedrichsburgerstr. 17, D-81827 München, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Enßlin, Corinna Trezzanostr. 20, D-85386 Eching, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Geißdörfer, Christa Rother Strasse 35, D-91161 Hilpoltstein, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Feßmann, Klaus Friedensstr. 2d, A-5020 Salzburg, ÖsterreichHomepage: www.klangsteine.com

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Hartmann, Wolfgang Moosstr. 9, A-9061 Wölfnitz, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Haselbach, Barbara Gfalls 5d, A-5061 Elsbethen, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Harding, James 46 Lloyd Street Apt. 4, San Francisco, CA 94117, USAE-Mail: [email protected]

Hosoda, Junko 1-18-1, Itabashi-ku Kaga, Tokio, 173-8062, JapanE-Mail: [email protected]

Iguchi, Tohru 4-1-1, Kita-machi, Nukui, Koganei-shi, Tokio, 184-8501, JapanE-Mail: [email protected]

Jungmair, Ulrike Johann Poger Str. 4, A-5026 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Kallós, Coloman Tannberg 16, A-5221 Tannberg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Kanevsky, Vadim Tvardovskogo st 18-4 ap 27, RUS-Moscow 123458, RussiaE-Mail: [email protected]

Maschat, Verena Calle Nueva 15-3, E-28230 Laz Rozas de Madrid, EspañaE-Mail: [email protected]

Mittermayr, Nicola Danreiterg. 7, A-50202 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Mooslechner, Birgitta Lederwaschg. 12, A-5020 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Müller, Florian Plainburgstr. 257, A-5084 Großgmain, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Nagaoka, Wakako 1-13-23 Hatago-machi, Yamagato-shi 990-0047, JapanE-Mail: [email protected]

Piazza, Giovanni Via Pineta Sacchetti Palme / B, 229, I-00168, Roma, ItaliaE-Mail: [email protected]

Palacios, Fernando Calle Gen. Asensio Cabanillas 9-9A, E-28003 Madrid, EspañaE-Mail: [email protected]

Regner, Hermann Bachweg 162, A-5412 Puch, Österreich

Rickli, Bernadette Lerchenweg 34, CH-4123 Allschwil, SchweizE-Mail: [email protected]

Samuelson, Miriam Fischbachstr. 5, A-5020 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Salmon, Shirley Floraweg 1, A-8071 Grambach, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Sangiorgio, Andrea Via Ettore Artini 16, I-00158 Roma, ItaliaE-Mail: [email protected]

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Sigl, Monika Hofhaymer Allee 6, A-5020 Salzburg, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Widmer, Manuela Salzburger Schützenweg 6, A-5400 Hallein-Neualm, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Widmer, Michel Salzburger Schützenweg 6, A-5400 Hallein-Neualm, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

Adressen der Sponsoren und HerausgeberAdresses of the sponsors and editors

Orff-Schulwerk Gesellschaft Deutschland e.V., MUSIK + TANZ + ERZIEHUNG, Scharnitzer Straße 1,D-82166 Gräfelfing bei München, Deutschland, E-Mail: [email protected],Homepage: www.orff.de

Orff-Schulwerk Gesellschaft Schweiz, Sekretariat, CH-9230 Flawil, Schweiz,E-Mail: [email protected]

Gesellschaft Förderer des Orff-Schulwerks in Österreich, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich,E-Mail: [email protected]

Studio 49, Musikinstrumentenbau GmbH, Lochhamer Schlag 2, D-82166 Gräfelfing, Deutschland,E-Mail: [email protected]

Orff-Schulwerk Forum Salzburg, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich,E-Mail: [email protected]

Institut für Musik- und Tanzpädagogik – „Orff-Institut“ der Universität Mozarteum Salzburg,Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich, E-Mail: [email protected]

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