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1 Die Zukunft des Internet Spekulationen über die nächsten 10 Jahre Erfa-Gruppe Internet, Efficiency Club Zürich 4. Oktober 2005 Andreas Göldi Das mit den Zukunftsprognosen ist so eine Sache: Herbert N. Cassons Telefon-Visionen (1910) „Already the girl at the switchboard can find the person wanted in thirty seconds. [..] but it is still too long. It must be cut to twenty- five seconds, or twenty or fifteen.“ •„ All persons of importance in the United States shall have call- numbers by which they may instantly be located.“ „The distance over which conversations can be held has been increased to 2500 miles. But this is not far enough. I believe we will talk across continents and across oceans.“ Herbert N. Casson: The History of the Telephone, 1910 http://etext.lib.virginia.edu/toc/modeng/public/CasTele.html

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Die Zukunft des InternetSpekulationen über die nächsten 10 Jahre

Erfa­Gruppe Internet, Efficiency Club Zürich4. Oktober 2005Andreas Göldi

Das mit den Zukunftsprognosen istso eine Sache:Herbert N. Cassons Telefon­Visionen (1910)

• „Already the girl at the switchboard can find the person wanted inthirty seconds. [..] but it is still too long. It must be cut to twenty­five seconds, or twenty or fifteen.“

• „All persons of importance in the United States shall have call­numbers by which they may instantly be located.“

• „The distance over which conversations can be held has beenincreased to 2500 miles. But this is not far enough.I believe we will talk across continents and across oceans.“

Herbert N. Casson: The History of the Telephone, 1910http://etext.lib.virginia.edu/toc/modeng/public/CasTele.html

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Das Motto für heute:

„The future is already here, it’s justunevenly distributed“

–William Gibson

Agenda

• Die nächste Welle: Web 2.0• Businessmodelle für die Zukunft:

„Long Tail“und Hypermediation• Das verschwindende Internet:

Connectivity und Endgeräte

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Ein kurzer Blick zurück:Wie lang sind 10 Jahre?

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Internet vor 10 Jahren

Was alles zwar schon erfunden, aber noch lange nicht Mainstream war:– Suchmaschinen– Java– PDF– SPAM– Online­Auktionen– Instant Messaging– MP3– Voice over IP– Video­Streaming– ADSL– WLAN– Digitalkameras– SMS

Moore‘s Gesetz in der ganz konkreten PraxisVor 10 Jahren: Mein PC Heute: Mein Telefon

Typ

Gewicht

Prozessorleistung

RAM

Massenspeicher

Datenkommunikation

Batterielebensdauer

Preis

CompaqArmada 4100

2500 g

Ca. 100 MIPS (Dhrystone)

16 MB

810 MB Harddisk

max. 28.8 kBit/s

2 Stunden

6000 Fr.

NokiaCommunicator9500

222 g

Ca. 200 MIPS (Dhrystone)

80 MB

>1 GB Flash

200kBit/s Wireless / WLAN

2 Tage

1000 Fr.

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Die nächste Welle:Web 2.0

Die grossen Innovationswellen der IT­Industrie

Mainframe­System

IBMSystem/360

1965

MinicomputerDigital VAX/

Unix

1975

PC mit GUIApple Mac

1985

Web 1.0Mosaic

Web­Browser

1995

Web 2.0(?)

2005

?

2015

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Was wir bis jetzt hatten: Web 1.0

• Das Web besteht aus statischen HTML­Seiten, diepraktisch nicht interagieren, sondern nur mit Linksverbunden sind.

• Browser ist relativ dummes Anzeigeinstrument mit sehrbegrenzten Einsatzmöglichkeiten.

• Interaktivität: Primär simple Formulare

• Optimal für Informations­Konsum.

à Das Web als Schaufenster

Web 2.0

• Der Browser wird zur intelligenten Client­Plattform.Reichhaltige, nahtlose Interaktivität.

• „Contribution“steht im Vordergrund: User sind nicht passiveKonsumenten, sondern tragen überall etwas bei (bewusst oderunbewusst).

• Websites „sprechen miteinander“und „kollaborieren“.Informationen werden in ganz neuer Weise verbunden.

• Immer mehr Anwendungen sind web­fähig und können online„gemietet“werden.

à Das Web als dynamische Applikationsplattform

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Web 2.0Trend Nr. 1:

Dynamisches User­Interface im Browser

Dynamisches Userinterface und Infosaus anderen Quellen bei map.search.ch

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Benutzerinterfaces mit AJAX(Asynchronous JavaScript and XML)

Quelle: Jesse James Garett, Adaptive Path

Beispiel Gmail

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Start.com

Das heisst:

• Web­Applikationen mit ähnlicher Dynamik wie PC­Anwendungen

• à Neue Anwendungsfelder werden möglich

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Web 2.0Trend Nr. 2:

Der User als Networkerund Content­Produzent

Social Software, z.B. Networking

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Selbstpublikation: Blogs, Podcasts, Vlogs, …

Content Syndication mit RSS (Really SimpleSyndication)

Nachrichten­Website A

Nachrichten­Website B

Blog A

Blog B

Content­Aggregator RSS­Feeds

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Content­Aggregator

… auch mobil

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Tagging: Flickr, die soziale Foto­Plattform

Tagging: PragmatischeInformationsstrukturierung

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Tagging:Pragmatische Gruppierung ähnlicher Objekte

Tagging:Pragmatische Gruppierung ähnlicher Objekte

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Social Tagging: Kollaborative Bookmark­Strukturierung bei del.icio.us

Wikipedia

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Das heisst:

• Networking, Selbstdarstellung, private Content­Produktion werden zu einer wesentlichen Anwendungim Internet.

• Nutzung „kollektiver Intelligenz“zurInformationsstrukturierung.

Web 2.0Trend Nr. 3:

Offene APIs undSoftware als Service

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Mash­Ups:Verbundene Applikationen

www.housingmaps.com

Kampf der offenen APIs: Google, Yahoo, Micrososoftetc.

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Offene Programmierschnittstellen (APIs) alsBasis für eigene Applikationen

Meine Web­Applikation MeineDaten­bank

Karten­anbieter

Such­maschine

Produkt­datenbank etc.

Webservice­API

Webservice­API

Webservice­API

Webservice­API

InternetInternet

Web­service­

API

Mash­Ups: Internet­Dating 2.0

http://hotmaps.frozenbear.com/

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Mash­Ups und Tagging:Wo gibt‘s billiges Benzin?

http://www.mywikimap.com/

Web­Applikationen: z.B. Projektmanagement

www.basecamp.com

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Web 2.0­Applikationen:Software als Service

• Rein browserbasiert, keine lokale Installation, minimaleKonfiguration

• Sofort verfügbar, einfach nur registrieren und loslegen

• So einfach und modular wie möglich

• Kein Kauf, sondern Miete

Beispiel:Textverarbeitung im Browser mit Writely

www.writely.com

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Beispiel: CRM web­basiert mitSalesforce.com

Reines Mietmodell, ca. 65$ pro User und Monat

Lösungsmodule von Drittanbietern aufSalesforce.com

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Das heisst:

• Das Web wird zur offenen, geräteunabhängigenSoftwareplattform, auf der man eigene Applikationenmit reichhaltiger Funktionalität bauen kann.

• Web­basierte Applikationen könnten in vielenBereichen Desktop­Software und Enterprise­Paketeergänzen oder ablösen.

?Web 2.0: Es bleiben noch viele Fragen

• Standardisierung/Kompatibilität, v.a. beiBrowsern?

• Bandbreite?• Mobile Verfügbarkeit?• Stabilität?• Skalierbarkeit?• Security?• Kontinuität der Anbieter?

à Praktisch die gleichen Fragen hat man sich auch bei Web 1.0gestellt

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Ein paar Thesen zu Web 2.0

• Eine neue Generation von Web­Technologien undKonzepten hat jetzt einen Reifegrad erreicht, der einenbreiten Einsatz erlaubt.

• Das Web entwickelt sich dadurch (noch) stärker zumKommunikations­ und Applikationsmedium, weg vomdigitalen Schaufenster.

• Diese Technologien bieten viele Vorteile. Sie sind nichtperfekt, aber billig und relativ einfach.à wie der Web­Browser.

Businessmodelle für dieWeb 2.0­Zukunft:

Long Tail und Hypermediation

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„The Long Tail“: Beispiel Buchläden

Quelle: Chris Anderson / ChangeThis

Umsatzpro Titel

Anzahl TitelCa. 100‘000

Gewinngrenze fürklassische, physischeBuchläden

Ca. 2‘300‘000

Gewinngrenze fürhybride Händlerohne Laden(z.B. Amazon)

Gewinngrenze fürrein digitalee­Book­Händler

?

à Durch die Digitalisierung des Sales­Kanals und später auch desProduktes können auch noch kleinste Nischen lukrativ bedientwerden.

à Der Schlüssel: Wie kommt man an diese Nischen heran?

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Internet und Zwischenhandel

• 1995 dachte man, dass Internet den Zwischenhandelkillen wird („Disintermediation“).

• Hat es teilweise auch.• Aber es sind neue, sehr mächtige Händler bzw. Vermittler

entstanden:

à Die Wertschöpfungskette differenziert sich weiter aus undbegünstigt  eine neue Art von Zwischenhändler:„Hypermediation“

Vertical Search: z.B. Tickets

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Vertical Search: z.B. Reisetipps

Local Search

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Online­Werbung à la Web 2.0

Amazon.com: ein Ökosystem von Geschäftspartnern

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Affiliate­Programme

• Amazon: 1‘000‘000 Affiliate­Websites, die Traffic bringenund an Verkäufen mitprofitieren.

Affiliates mit voll eingebundenerFunktionalität

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Offene APIs für eCommerce: z.B. Amazon.com

Amazon E­Commerce Service

Partner können verschiedene Features in eigeneWebsites einbinden:

• Detaillierte Produktinformationen und Produktbilder• Kunden­Empfehlungen• Warenkorb­Funktionalitäten

Businessmodell:• Benutzung der Katalogdienste gratis, aber Amazon muss

immer verlinkt werden• Amazon betreibt einen Marktplatz und bekommt

Kommission

à Amazon steht im Prinzip in Konkurrenz mit den eigenen Partnernà Aber nur so können alle Marktnischen abgedeckt werden!à Lukrativ für Amazon: Umsatz ohne spezifischen Aufwand

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Sehr, sehr grosse,monolithische

Produktdatenbank

Grosse, monolithischeE­Commerce­Plattform

UserUser

User

User User

User

User

User

User

User

User

Web 1.0: MonolithischeMega­E­Commerce­Plattformen

Sehr, sehrgrosse

Produkt­datenbank

OffeneE­Commerce­Plattform

Produkt­daten von

Dritten

Web 2.0: Offene „Hypermediation“­Plattformen mit „Ökosystem“von Partnern

Nischen­anbieter

Nischen­anbieter

Nischen­anbieter

User

User

UserUser User

UserUser

User

User

UserUser

Das nächste Ziel: Die Kontrolle über die User Identityà Präferenzen, soziales Netz, Aktivitäten, …

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Ein paar Thesen zu Hypermediation• Das Internet erlaubt die Abdeckung auch kleinster Nischen, vor

allem bei rein digitalen Produkten.• Damit das geht, ist ein „Ökosystem“von Anbietern nötig, die ihre

jeweiligen Zielkunden optimal bedienen können.à Spezifisches Wissen über und Glaubwürdigkeit bei der

Zielgruppe ist entscheidend• Die E­Commerce­Giganten mutieren immer mehr zu

Infrastrukturprovidern für dieses Ökosystem.

• Die Gewinner werden vermutlich die ganz grossen (Ebay, Google,Amazon, … ) und die ganz kleinen, schlanken Anbieter („Tante­Emma­Online­Shops“) sein.

• Viele neue Chancen im Bereich Internet­basierte Software  undmodulare Services

Das verschwindende NetzConnectivity und User­Interfaces im

Steckdosen­Zeitalter

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„Die Technik entwickelt sich vom Primitivenüber das Komplizierte zum Einfachen.“

­ Antoine de Saint­Exupéry

1995: „Ich gehe fast täglich ins Internet“Modem­Epoche

2005: „Ich bin eigentlich meistens imInternet“Always­on­Epoche mit ADSL, GPRS,WiFi, UMTS etc.

2015: „Internet?“Steckdosen­Epoche: Einfach immer undüberall da

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Connectivity: Die Entwicklung geht weiter

Fixed Line:

• VDSL: bis 52 Mbit/sVDSL2: bis 200 Mbit/s

• Kabelfernsehnetz:bis 100Mbit/s

• Powerline?• Glasfaser bis nach Hause?• Satelliten­Internet?

Mobile:

• HSDPAca. 10 Mbit/s

• 4G (UMTS­Nachfolge)bis 40 Mbit/s

• Wimaxbis 70 Mbit/s

Was man mit all dieser Bandbreite macht:z.B. HDTV

• Sehr viel höhereAuflösung als heutigeFernsehnorm– Bis 1920x1080 Pixel

• Ausschliesslichdigitale Verarbeitungund Ausstrahlung– Pro Kanal ca. 25

Mbit/s

• Viel Rechenpower imWohnzimmer nötigàWeitereAnwendungsfelder?

Samsung:HDTV­Displaymit 102“Bildschirm­diagonale

2.5 m

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Konvergenz in der Praxis: z.B. Slingbox

Quelle: www.slingmedia.com

Was wir vor zehn Jahren dachten, wie User­Interfaces seinwerden

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… und was wir heute denken

Etablierte User­Interfaces sind erstaunlich stabil

Ford Model T, 1908

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Der gute alte Browser (mit AJAX natürlich):Here to stay?

Entwicklungsgebiet Mobilgeräte• Was sie schon sind:

– Telefon– Agenda– E­Mail­Client– Browser– Audio­ und Videoplayer– Kamera– Uhr– Spielkonsole

• Was sie bald noch sein könnten:– Fernsehempfänger– E­Book­ und Zeitungsreader– Bezahlinstrument– Scanner– GPS­Navigator– Fernbedienung– etc.

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Mobile Universalgeräte: vielleicht bald vollständigerPC­Ersatz?

Der andere Ansatz

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Ein Modell für die Geräte der Zukunft?

• Kann nur eine Sache, die aber gut.• Ist nicht in jeder Hinsicht perfekt, aber

– sehr einfach zu bedienen– winzig– schön

• Integriert in ein wesentlich komplexeres System,das dem Benutzer aber weitgehend verborgenbleibt– Musik­Shop mit Empfehlungenà Hypermediation

– DRM– Podcasts

Andere Beispiele dafür: Alles Marktleader

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Hier und heute: Digitalkamera mit WiFi

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Versuch eines Fazits

Versuch eines Fazits

• Nach Jahren der Krise kommt wieder Bewegung insInternet:– Neue Basistechnologien sind reif für den breiten

Einsatz: AJAX, Syndication, offene APIs etc.– Neue Anwendungsformen und Businessmodelle

etablieren sich– Die Entwicklung bei Connectivity und mobilen

Geräten geht mit hoher Geschwindigkeit weiter– Nicht zuletzt: Investitionsfreude ist wieder daà Bubble 2.0?

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Wo liegen die grössten Geschäftschancen?

• E­Commerce und Content für Nischenmärkte(„Long Tail“)

• Für grosse Player:Offene E­Commerce­Infrastruktur à la Amazon

• Internet­basierte Applikationen

• Schlaue Anwendungen (und Geräte) für den mobilenBereich

• Tools, um das alles zusammenzubauen

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeitund schöne Zukunft noch!

[email protected]