spm 5/00 24.5. - germanjournalsportsmedicine.com · among 34742 sports injuries (1972-1997), 701...

7
Among 34742 sports injuries (1972-1997), 701 (2%) Achilles tendon ruptures were observed. Overall, up to 1/2000, 911 cases were treated, with 791 of them analyzed retrospectively and 73 prospectively. High- risk types of sports are „faustball“ (14.6%), badminton (11.7%), gymna- stics, Squash and tennis. Men account for 86% of those affected. In 96%, injuries are indirekt, especially in stepping (33.6%), falls and twists (24.8%) sprint or running (15.8%). The diagnosis is often not made pri- marily – the most certain clinical signs are indentions (100%). Incapa- bility of standing on the toes with only one foot (97%) during the Thompson test (67%) and flexion against resistance (64%) are less cer- tain. In x-rays, the Karger triangle is positive in only 40%, while espe- cially ultrasound sonography in 91% and in special cases MRT are va- lent to 99%. Therapy was surgical in 97% – in recent years increasingly using mini- mally invasive percutaneous techniques (57.6%). End to end sutures we- re made in 19%, combined with plantaris meshing in 11%. Rehabilita- tion was initiated with combined early functional means, usually in Adi- promed-Vario-Stable shoes. A treatment algorithm is presented. Keywords: Achilles tendon rupture, diagnostics, percutaneous suture, functional treatment, special shoe Summary 154 DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 51, Nr. 5 (2000) Übersichten Achillessehnenrupturen im Sport K. Steinbrück Achillessehnenrupturen im Sport – Epidemiologie, aktuelle Diagnostik, Therapie und Rehabilitation Analyse von 791 Fällen Achilles tendon ruptures in sports – epidemiology, topical diagnostic, therapy and rehabilitation – analysis of 791 cases Sportklinik Stuttgart-Bad Cannstatt, Klinik für Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin (Chefärzte: Prof. Dr. K. Steinbrück, PD Dr. G. Bauer) Bei 34.742 Sportverletzungen (1972 – 1997) werden 701 (2,0%) Achil- lessehnenrupturen beobachtet. Insgesamt wurden bis 1/2000 911 Fälle behandelt, davon 791 retrospektiv, 73 prospektiv analysiert. Risikorei- che Sportarten sind Faustball (14,6%), Badminton (11,7%), Gymnastik, Squash und Tennis. Männer sind in 86 % betroffen. In 96 % handelt es sich um indirekte Verletzungen, insbesondere beim Antritt (33,6 %), Sturz und Verdrehtrauma (24,8 %), Sprint oder Lauf (15,8 %). Die Dia- gnose wird vielfach primär nicht gestellt – sicherste klinische Zeichen sind Dellenbildung (100%), Unfähigkeit des Einbeinzehenstands (97 %), während Thompson-Test (67 %) und Flexion gegen Widerstand (64 %) unsicherer sind. Apparativ ist röntgenologisch das Kargersche Dreieck nur in 40 % positiv, während vor allem die Ultraschall-Sonographie in 91 % oder in besonderen Fällen das MRT mit 99 % valent sind. Die Therapie war in 97 % operativ – in den letzten Jahren zunehmend minimalinvasiv in perkutaner Technik (57,6 %), End-zu-Endnähte folg- ten in 19 %, kombiniert mit plantaris Durchflechtung in 11 %. Die Re- habilitation erfolgt frühfunktionell im Adipromed-Vario-Stabil-Schuh. Ein Behandlungsalgorithmus wird vorgestellt. Schlüsselwörter: Achillessehnenriss, Achillessehnendiagnostik, perku- tane Naht, frühfunktionelle Nachbehandlung, Spezi- alschuh Zusammenfassung Achillessehnenrupturen werden vor allem durch die stetige Zunahme von Breiten- und Freizeitsport in steigender Ten- denz beobachtet (23) - in Deutschland schätzt man jährlich ca. 16.000 bis 20.000 Fälle. Arndt (2) beschrieb 1976 in der größten Sammelstatistik insgesamt 3.628 Fälle. Häufig tre- ten die Verletzungen in Ballsportarten auf (13). Während früher eine Pathomorphologie der Sehne vorausgesetzt wur- de, weiß man heute, dass auch eine gesunde Sehne durch plötzliche extreme Belastung reißen kann (10). Beim Brei- Einleitung und Problemstellung tensportler wird die Diagnose nicht selten primär übersehen, weshalb die Wertigkeit der verschiedenen klinischen Zeichen in unserer Studie überprüft wird. Die apparative Diagnostik hat deutlich an Gewichtung gewonnen (11, 15). Während in Deutschland ein Achillessehnenriss früher überwiegend ope- rativ versorgt wurde (2, 24), ging man vor allem durch die Studien von Zwipp und Thermann in den späten 80er Jah- ren auch zur konservativen Therapie über. Im angloamerika- nischen und skandinavischen Sprachraum herrscht letztere noch immer vor (8, 14, 25, 26, 7). In den letzten Jahren fin- det die minimal-invasive perkutane Nahttechnik zunehmend

Upload: vanbao

Post on 13-Aug-2019

213 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Among 34742 sports injuries (1972-1997), 701 (2%) Achilles tendon

ruptures were observed. Overall, up to 1/2000, 911 cases were treated,

with 791 of them analyzed retrospectively and 73 prospectively. High-

risk types of sports are „faustball“ (14.6%), badminton (11.7%), gymna-

stics, Squash and tennis. Men account for 86% of those affected. In 96%,

injuries are indirekt, especially in stepping (33.6%), falls and twists

(24.8%) sprint or running (15.8%). The diagnosis is often not made pri-

marily – the most certain clinical signs are indentions (100%). Incapa-

bility of standing on the toes with only one foot (97%) during the

Thompson test (67%) and flexion against resistance (64%) are less cer-

tain. In x-rays, the Karger triangle is positive in only 40%, while espe-

cially ultrasound sonography in 91% and in special cases MRT are va-

lent to 99%.

Therapy was surgical in 97% – in recent years increasingly using mini-

mally invasive percutaneous techniques (57.6%). End to end sutures we-

re made in 19%, combined with plantaris meshing in 11%. Rehabilita-

tion was initiated with combined early functional means, usually in Adi-

promed-Vario-Stable shoes. A treatment algorithm is presented.

Keywords: Achilles tendon rupture, diagnostics, percutaneous suture,

functional treatment, special shoe

Summary

154 DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 51, Nr. 5 (2000)

Übersichten Achillessehnenrupturen im Sport

K. Steinbrück

Achillessehnenrupturen im Sport – Epidemiologie, aktuelle Diagnostik, Therapie und RehabilitationAnalyse von 791 Fällen

Achilles tendon ruptures in sports –epidemiology, topical diagnostic, therapy and rehabilitation –analysis of 791 cases

Sportklinik Stuttgart-Bad Cannstatt, Klinik für Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin(Chefärzte: Prof. Dr. K. Steinbrück, PD Dr. G. Bauer)

Bei 34.742 Sportverletzungen (1972 – 1997) werden 701 (2,0%) Achil-

lessehnenrupturen beobachtet. Insgesamt wurden bis 1/2000 911 Fälle

behandelt, davon 791 retrospektiv, 73 prospektiv analysiert. Risikorei-

che Sportarten sind Faustball (14,6%), Badminton (11,7%), Gymnastik,

Squash und Tennis. Männer sind in 86 % betroffen. In 96 % handelt es

sich um indirekte Verletzungen, insbesondere beim Antritt (33,6 %),

Sturz und Verdrehtrauma (24,8 %), Sprint oder Lauf (15,8 %). Die Dia-

gnose wird vielfach primär nicht gestellt – sicherste klinische Zeichen

sind Dellenbildung (100%), Unfähigkeit des Einbeinzehenstands (97 %),

während Thompson-Test (67 %) und Flexion gegen Widerstand (64 %)

unsicherer sind. Apparativ ist röntgenologisch das Kargersche Dreieck

nur in 40 % positiv, während vor allem die Ultraschall-Sonographie in

91 % oder in besonderen Fällen das MRT mit 99 % valent sind.

Die Therapie war in 97 % operativ – in den letzten Jahren zunehmend

minimalinvasiv in perkutaner Technik (57,6 %), End-zu-Endnähte folg-

ten in 19 %, kombiniert mit plantaris Durchflechtung in 11 %. Die Re-

habilitation erfolgt frühfunktionell im Adipromed-Vario-Stabil-Schuh.

Ein Behandlungsalgorithmus wird vorgestellt.

Schlüsselwörter: Achillessehnenriss, Achillessehnendiagnostik, perku-

tane Naht, frühfunktionelle Nachbehandlung, Spezi-

alschuh

Zusammenfassung

Achillessehnenrupturen werden vor allem durch die stetigeZunahme von Breiten- und Freizeitsport in steigender Ten-denz beobachtet (23) - in Deutschland schätzt man jährlichca. 16.000 bis 20.000 Fälle. Arndt (2) beschrieb 1976 in dergrößten Sammelstatistik insgesamt 3.628 Fälle. Häufig tre-ten die Verletzungen in Ballsportarten auf (13). Währendfrüher eine Pathomorphologie der Sehne vorausgesetzt wur-de, weiß man heute, dass auch eine gesunde Sehne durchplötzliche extreme Belastung reißen kann (10). Beim Brei-

Einleitung und Problemstellung tensportler wird die Diagnose nicht selten primär übersehen,weshalb die Wertigkeit der verschiedenen klinischen Zeichenin unserer Studie überprüft wird. Die apparative Diagnostikhat deutlich an Gewichtung gewonnen (11, 15). Während inDeutschland ein Achillessehnenriss früher überwiegend ope-rativ versorgt wurde (2, 24), ging man vor allem durch dieStudien von Zwipp und Thermann in den späten 80er Jah-ren auch zur konservativen Therapie über. Im angloamerika-nischen und skandinavischen Sprachraum herrscht letzterenoch immer vor (8, 14, 25, 26, 7). In den letzten Jahren fin-det die minimal-invasive perkutane Nahttechnik zunehmend

Jahrgang 51, Nr. 5 (2000) DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN 155

Achillessehnenrupturen im Sport Übersichten

Anhänger (3, 4, 5, 7, 16, 18, 19, 20). Die postoperativ ruhig-stellende Therapie im Gipsverband ist weitgehend der früh-funktionellen Nachbehandlung im Spezialschuh gewichen(1, 9). Die moderne Biomechanik hat durch die Möglichkei-ten differenzierter Kontrollen vielfältige neue Rehabilitati-onsmaßnahmen ermöglicht (12, 17, 21). Vor allem für den inPraxis- und Klinik tätigen Arzt ist es wichtig ein befund- underfahrungsabhängiges Behandlungskonzept präsent zu ha-ben, welches wir aufgrund großer Fallzahlen und ausführli-cher Nachuntersuchungen beispielhaft erarbeitet haben (6,22).

I. EpidemiologieBei der Analyse von 34.742 Sportverletzungen bei 30.603Patienten haben wir in einem 25 Jahreszeitraum 701 Achil-lessehnenrupturen (2,0 %) beobachtet (72-97). Hinzu kom-men 210 Fälle (97-99), so dass wir bis 1/2000 insgesamt 911Rupturen behandelt haben, von denen 791 Fälle (von 1978bis 1999) genau ausgewertet wurden. Derzeit sehen wir 70-80 Achillessehnenrisse jährlich. Absolutprozentual führendie häufig betriebenen Disziplinen wie Fußball mit 183 (28,0%), Tennis 86 ( 13,2 %), Handball 67 (10,3 %) gefolgt vonVolleyball, Badminton und Squash. Relativprozentual habenjedoch andere Sportarten ein höheres Risiko für die Achil-lessehne (Tab. 1). Typisch in diesen Disziplinen sind „schnel-le Cuts“, kräftiger Antritt und häufiges Springen. 680 mal(86,5 %) waren Männer betroffen, das Durchschnittsalterliegt mit 35 bis 40 Jahren deutlich niedriger als bei anderenmehr degenerativen Sehnenverletzungen wie z.B. von Rota-torenmanschette oder Bizepssehne.

II. ÄtiologieNeben mechanischen und biologischen Ursachen werden en-do- und exogene Faktoren wie Infektionen, Stoffwechseler-krankungen, rheumatische Probleme, Arteriosklerose, gene-tische Faktoren und iatrogen Cortisoninjektionen oder par-enterale Einnahme genannt (2, 10). Im Sport sehen wir trotzeiner maximal dynamischen Belastbarkeit der Sehne von9000 bis 11000 N·cm-2 durch das ungünstige Kräfteverhält-nis Muskel / Sehnenquerschnitt von 120 - 150 : 1 weit über-

Material und Methode

wiegend mechanische Ursachen. Prinzipiell kommen 3Funktionsabläufe mit exzentrischen Muskelkontraktionenursächlich in Frage:• Absprung bei gestrecktem Kniegelenk mit maximal kon-

trahierter Wadenmuskulatur (Sprint, Antritt).• Unerwartete Dorsalextension im OSG mit reflektorischer

Wadenmuskelkontraktion (Sturz nach vorne).• Dorsalextension im OSG beim Aufkommen in Plantarfle-

xion (Sprung, Landung).

Die Analyse unserer Fälle zeigt, dass ein direktes Traumasehr selten ist (3,9 %), während die indirekte Verletzung beimAntritt, Sturz oder Verdrehtrauma sowie Lauf und Sprint un-gleich häufiger auftritt (Abb. 1).

III. Klinik und DiagnostikVielfach berichtet der verletzte Sportler über einen „peit-schenknallartigen Schlag“ im Achillessehnenbereich. Sub-jektiv hat er oft das Gefühl einen „Tritt in die Wade“ be-kommen zu haben. Die Patienten klagen über Kraftlosigkeitund Beschwerden vor allem beim Treppensteigen. DieseSymptomatik fehlt jedoch bei pathologischen oder zweizei-tigen Rupturformen, weshalb gerade diese Fälle wegen star-ker Schwellung und Schmerzen vielfach nicht diagnostiziertund als Phlebothrombose, Weichteilzerrung oder Lymph-ödem fehlgedeutet werden.

Neben der typischen Anamnese ist daher eine genaue kli-nische Untersuchung erforderlich. Bei der Inspektion fällt ei-ne deutliche Weichteilschwellung auf, gelegentlich ein Hä-matom, ein Hochstand der Wadenmuskulatur im Vergleichzur Gegenseite oder eine 90° Position des Fußes infolge To-nusverlust des M. Trizeps surae („Fallfuß“). Eine Delle imRupturbereich ist insbesondere bei Dorsalextension des

Abbildung 1: Verletzungsmechanismus bei 791 Achillessehnenrupturen

Sportart Verletzungsfaktor (%)

1. Faustball 14,62. Badminton 11,73. Gymnastik 15,54. Squash 15,15. Tennis 13,36. Volleyball 12,17. Leichtathletik 11,98. Handball 11,7

Tabelle 1: Verletzungsfaktor von Achillessehnenrupturen in einzelnen Sport-disziplinen (relativprozentual). n = 653 (Gesamt n = 791)

Diagnostik – klinisch• Zehenspitzenstand

einbeinig/langsam 99%• Thompson Test 89%• Sulcus Zeichen 68%• Plantarflexion

gegen Widerstandabgeschwächt 64%unmöglich 20%

• Hämatom 21%

Diagnostik – apparativ• MRI 99,5%• Ultraschall 95-98%• Röntgen/Karger-Z. 44%

Arner-Z. 32%

Tabelle 2: Klinische und apparative Diagnostik, Prozentuale Häufung beiAchillessehnenrupturen

156 DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 51, Nr. 5 (2000)

Übersichten Achillessehnenrupturen im Sport

Fußes typisch, meist 3 bis 6 cm proximal des Fersenbein-höckers. Ein einbeiniger, langsamer Zehenspitzenstand istnicht durchführbar, während die Plantarflexion gegen Wi-derstand abgeschwächt, meist aber noch möglich ist (additi-ve Flexoren wie m. plantaris, m. flexor hallucis links, flexordigitorum, m. tibialis posterior). Bekannt ist auch der Wa-denkneiftest nach Thompson oder der ähnliche Copelandtestmit Kompression durch eine Blutdruckmanschette (Tab. 2).

Im Rahmen der weiterführenden apparativen Diagnostikbringt die seitliche Röntgenweichteilaufnahme vielfach einverstrichenes Karger’sches Dreieck oder das Arner’sche Zei-

chen mit Wulstbildung am dorsalen kranialen Calcaneuszum Vorschein. Die Sonographie ermöglicht besonders diefunktionelle Untersuchung und zeigt die therapeutisch rele-vante Annäherung der Sehnenenden in Plantarflexion. Sieist rasch durchführbar, preisgünstig, aber vom Untersucherabhängig (Abb. 2). Die zeitaufwendige und teure Kernspin-tomographie, die das Ausmaß und die Lokalisation derRuptur vor allem bei einer starken Retraktion des Soleus dar-stellt, kommt in unklaren Fällen und bei alten Rupturen inFrage (Abb. 3).

IV. TherapieWir haben insgesamt 791 Behandlungsfälle ausgewertet, da-von 675 genau überprüft.

1. Konservative Behandlung: Wir haben in der konservati-ven Therapie Erfahrungen mit insgesamt 22 Fällen gesam-melt. Wir führen sie um 2 Wochen verzögert nach dem Sche-ma einer funktionellen Behandlung durch (s. unten).

2. Offene operative Behandlung: Bei der Operation mit ca.8-10 cm langem medialen Hautschnitt wird eine PE ent-nommen. Meist wird eine direkte Sehnennaht nachKirchmayr-Kessler als Rahmennaht mit langsam resorbier-baren Fäden durchgeführt. Anschließend erfolgt eineFeinadaptation der Sehnenenden. Zur Vermeidung von Ver-wachsungen und zur Verbesserung des Gleitverhaltens, wirdder oft nicht einfache Verschluss des Paratenons angestrebt.Besondere Techniken sind eine zusätzliche Plantarisdurch-flechtung mit Aufsteppung der aufgefächerten Sehne sowie

eine früher häufiger vorgenommene additive Fibrinklebung.Bei älteren Sehnenrissen oder großen Defekten wird eineUmkipp-Plastik, die Griffelschachtelplastik nach M. Langeoder die Peronaeus brevis-Plastik nach Blauth angewandt.Insgesamt 480 Fälle wurden operativ offen versorgt.

3. Minimalinvasive perkutane Technik.Wir führen diese Technik in der Sportklinik seit 1991 durch,anfänglich nur bei sonographisch guter Adaptation der Seh-nenenden in Spitzfußstellung (<5mm), heute vermehrt auchbei größeren Diastasen (10-20 mm).

„Auf Höhe der Ruptur wird dabei in der Hautfalte einekleine Querinzision gelegt, im Peritendineum erfolgt versetztein Längsschnitt und es wird eine PE entnommen. Ca. 6-8cm proximal werden 2 Stichinzisionen am medialen und la-teralen Rand des Sehnenspiegels durchgeführt sowie zweigleichgroße Inzisionen oberhalb des Fersenbeinhöckers. Pro-ximal - lateral muss entweder der Nervus suralis dargestelltoder die Inzision zu seiner Schonung etwas medial versetztwerden. Danach wird in Kessler-Technik eine doppelt ar-mierte, resorbierbare 1,2mm PDS-Kordel eingebracht, im Be-reich der Rupturstelle die Nadeln ausgeleitet und der proxi-male Gastrocnemius kräftig distalisiert. Der lateral ziehendeFaden wird achtertourmäßig nach distal weitergeführt unddie Sehne in Spitzfußstellung in Rupturhöhe medial gekno-

Abbildung 3: Achillessehnenruptur im MRI, Distanz und Retraktion des M.soleus

Abbildung 4 a: Technik der per-cutanen Naht mit doppelt armier-ter PDS-Kordel 1,2mm

Abbildung 4 b: SchematischeZeichnung

Abbildung 2: Achillessehnenruptur im Sonogramm

Jahrgang 51, Nr. 5 (2000) DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN 157

Achillessehnenrupturen im Sport Übersichtentet. Der Knoten muß unter dem Peritendineum versenkt wer-den (Abb 4 a+b)“. Wir haben bisher 207 perkutane Nähte durchgeführt.

4. Nachbehandlung:Seit 10 Jahren haben wir Erfahrung mit der frühfunktionel-len Nachbehandlung. Postoperativ legen wir kurzfristig einedorsale Gipsschale oder einen Steigbügelgips in 20° Spitz-fußstellung bis zur reizlosen Wundheilung an. Danach wirdein Adipromed-Variostabilschuh mit 3-4 cm Fersenerhöhungangepasst und die Belastung schmerzabhängig sukzessiv biszur Vollbelastung gesteigert. Nach 4 Wochen wird die Er-höhung wöchentlich um 1/2 cm reduziert, nach 8 Wochenwird 1 cm bis zur 12. Woche belassen. Nach 6 Wochen kön-nen die ventralen und lateralen Stabilisatoren weggelassen,nach 8 Wochen kann der Schuh gekürzt und nach 12 Wo-chen ein Konfektions- bzw. Sportschuh getragen werden(Tab. 3). Sonographische Kontrollen haben wir anfänglichnach 4, 8 und 12 Wochen vorgenommen, sie sind jedoch beioperativer Versorgung nicht erforderlich. Dieses Programm wird durch ein differenziertes physiothe-

rapeutisches Konzept ergänzt. In den Tagen 1-3 ist vorran-giges Ziel die Abschwellung, ab dem 4. Tag eine Adhäsions-prophylaxe. Von der 2. bis 4. Woche erfolgt eine Gangschu-lung und Weichteilmobilisation im Narbenbereich. In der 5.und 6. Woche steht die Kräftigung von Muskulatur und Seh-ne im Vordergrund, von der 7. bis 9. Woche die Propriozep-tion, von der 10. bis 12. Woche die muskuläre und koordi-native Leistungsfähigkeit. Nach 1/4 Jahr kann sportspezifi-sche Belastung in Abhängigkeit von der Disziplindurchgeführt werden. Wir empfehlen hierbei als Übergangeine Achillotrainbandage (Tab. 4). Arbeitsfähigkeit ist im all-gemeinen zwischen 3 und 6 Wochen gegeben, Sportfähigkeitnach 3 Monaten.

5. Behandlungsergebnisse:Insgesamt haben wir von 1978 bis 1999 675 Fälle bezüglichder Therapie analysiert. Dabei haben wir 228 (32,2 %) End-zu-End Nähte, 207 percutane Nähte (29,2 %) 133 (18,7 %)Nähte mit Plantarisdurchflechtung, 95 (13,4 %) Umkipppla-

stiken sowie 24 Griffelschachtel- bzw. peroneus brevis-Pla-stiken und 22 konservative Behandlungen durchgeführt(Abb. 5).

Im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie habenwir von 1994 bis 1996 73 Patienten vergleichend konserva-tiv, operativ offen und minimalinvasiv perkutan behandelt.Sonographisch wurde die Sehnendehiszenz in 0° und in 20°Plantarflexion überprüft und nur Patienten bis zu 10 mm Di-stanz in die Studie aufgenommen. Sonographische Kontrol-len haben wir nach 4, 8 und 12 Wochen sowie nach 1/2 Jahrund nach 2 1/2 Jahren durchgeführt. Insgesamt waren in deroffenen Gruppe 29, in der perkutanen 30 und in der konser-

vativen 14 Patienten - letztere Therapie haben wir aufgrundungünstigerer Resultate vorzeitig abgebrochen. Die Kompli-kationen bzw. Ergebnisse sind konzentriert der Tabelle 5 zuentnehmen.

Im Rahmen der Diagnostik erwähnt die typische Anamneseein peitschenknallähnliches Geräusch oder das Gefühl einesTritts in die Wade. Kraftlosigkeit bei Plantarflexion und beimTreppensteigen sind typisch. Die klinische Untersuchungzeigt häufig eine Schwellung, gelegentlich eine Konturver-änderung mit Dellenbildung und Wadenmuskelhochstand,ein Sulcuszeichen, selten ein Hämatom. Bei der Palpationkann die Delle verifiziert werden. Bei der Funktionsuntersu-chung ist vor allem der langsame, einbeinige Zehenspitzen-stand nicht möglich (klinisch wichtigstes Zeichen!), die Plan-tarflexion gegen Widerstand ist abgeschwächt oder unmög-lich. Der Thompson-Test (Wadenkompression) ist meistpositiv. Oft wird bei diesem die Nomenklatur (negativ) falschverwendet. Auch ein Mitbewegen des Fusses durch Ver-schieben der Haut oder Paratenonbrücken führt zur Fehlbe-wertung. Gleiches gilt für die Plantarflexion, die durch Syn-ergisten des M. triceps surae durchaus möglich ist (5, 25).Apparativ sollte zum Ausschluss von knöchernen Verletzun-gen eine Röntgenuntersuchung (Weichteilaufnahme seitlich)stattfinden. Hier können Kargersches oder Arnersches Zei-chen positiv sein. Die Ultraschalluntersuchung ist in derHand des Geübten sehr aussagekräftig und preisgünstig undzeigt vor allem die funktionelle Annäherung der Ruptur (11).In Zweifelsfragen, vor allem bei veralteten Rupturen, kann

Diskussion der Klinik

postop. Gipsschale dorsal o. Steigbügel 20° Plantarflexion5.-10. Tag Adipromed-Variostabilschuh

3-4 cm Fersenerhöhung4. Woche Reduktion 0,5 cm/Wo.6. Woche Stabilisation ventr.+lat. entfernen8. Woche Schuh kürzen12. Woche Konfektionsschuh + Achillotrain

Tabelle 3: Frühfunktionelle Nachbehandlung im Spezialschuh

Abbildung 5: Therapieformen vergleichend (78-93 und 94-99)

1.-3. Tag Abschwellungab 4. Tag Adhäsionsprophylaxe2.-4. Woche Gangschule = Weichteilmobilisation

Narbenbereich5.-6. Woche Muskelkräftigung (leg press, aquajogging, rebounder)7.-9. Woche Propriozeptionsschulung (Wackelbrett, Posturomed)10.-12. Woche Muskuläre und koordinative Leistungsfähigkeit1/4 Jahr Sportartspezifische Belastung und

Koordinationsschulung

Tabelle 4: Physiotherapie und Rehabilitation

158 DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 51, Nr. 5 (2000)

Übersichten Achillessehnenrupturen im Sport

eine Kernspintomographie, die zeitaufwendig und kostenin-tensiv ist, weitere Klärung erbringen (15).

Die Therapie wird unverändert kontrovers diskutiert. Zu-nehmende Fallzahlen, damit größere Erfahrungen und län-gere Beobachtungszeiträume sowie die Überprüfung des spä-teren Verlaufs in Alltag und Sport mittels moderner biome-chanischer Verfahren erbringen wichtige neue Erkenntnisse.Wir haben ein Kontingent von 791 Achillessehnenrupturennachuntersucht und dabei wegen der wechselnden Therapie-verfahren in zwei Zeitbereiche unterteilt.

• Viele Jahre war es üblich eine Gipsruhigstellung zunächstim Oberschenkelgips mit leichter Kniebeugestellung zur Ent-spannung des Trizeps surae einzuleiten und dann nach 2-4Wochen in einen Unterschenkelliegegips mit 20° Spitzfuß-stellung überzuführen (2, 12). Konservativ immobilisierendeVerfahren vermeiden zwar das Operationsrisiko, haben je-doch wegen der langen Immobilisation, erheblichen Muskel-atrophie und späteren Koordinationsstörungen heute nichtmehr zu verantwortende Nachteile (2, 14).

• Nach den Arbeiten von Thermann und Zwipp wurde einekonservative Therapie und funktionelle Behandlung im„Hannoveraner-Spezialschuh“, der 6 Wochen Tag und Nachtgetragen wurde, empfohlen. In 2wöchigen Abständen er-folgten sonographische Kontrollen, ab der 4. Woche begann

die krankengymnastische Übungsbehandlung (1, 25, 26). Wirhaben in der konservativen Therapie mit insgesamt 22 Fäl-len Erfahrung gesammelt.

Die konservative Therapie hat als Vorteile die ambulanteBehandlung, das fehlende Anästhesie- und Operationsrisikound nicht das in Sammelstatistiken mit 10-20 % angegebe-ne Problem der Wundheilungsstörungen. Sie kann sehr gutekosmetische aber auch funktionelle Resultate bringen. AlsNachteile haben wir jedoch eine im Gegensatz zu Thermannet al. (25) beträchtliche Zahl schlechter Endergebnisse – ins-besondere bei fehlender „Compliance“ – beobachtet. Hierbeikam es zu Diastasen mit Verlängerung der Sehne und damitmangelhaftem Abrollvorgang bzw. zur Sporteinschränkung,was sekundär eine Operation erforderlich machte (Abb. 6).Ein unzureichend verheilter Sehnenriss kann auch bei Baga-telltraumen leichter zur Re-Ruptur führen. Das nächtlicheTragen des Schuhs bzw. einer Vacuped-Orthese ist nicht an-genehm.

Die konservative Behandlung empfehlen wir daher beiOP-Kontraindikationen bzw. vorbestehenden Risikofaktorenund bei Patienten in höherem Alter mit geringeren funktio-nellen Ansprüchen bzw. sportlicher Aktivität. Auch Vorer-krankungen (z.B. chronische Achillodynie) oder primär über-sehene Rupturen mit ausreichendem Gehvermögen könneneine Indikation darstellen. Eine gute Annäherung der Seh-nenenden in Spitzfußstellung im Sonogramm ist Vorausset-zung. Zur besseren Compliance führen wir alle vier Wocheneine sonographische Kontrolle durch (6, 8, 14, 21).

• Eine offene operative Rekonstruktion nehmen wir beischlechter Annäherung der Sehnenenden im Sonogramm,bei über 5-7 Tage zurückliegendem Trauma, bei vorbeste-hender Peritendinitis bzw. sehr weit distaler Ruptur vor. Vor-teile sind die sichere Sehnenadaptation, die geringere Ratevon Re-Rupturen und die Möglichkeit einer frühfunktionel-len Nachbehandlung mit anschließender, guter Sportfähig-keit. Eine subtile Operationstechnik (z.B. Kirchmayr-Kessler-Naht) sowie Feinadaptation sind Voraussetzung. Nachteilesind jedoch das erhöhte Risiko von Wundheilungstörungen(4-10 %), tiefe Infekte (3 %), Fadenfisteln, Narbenprobleme,Dysästhesien, Schwellneigung, Wetterfühligkeit oder Phle-bothrombosen. Meist ist ein Krankenhausaufenthalt erfor-derlich. Die offene Naht hat jedoch nach biomechanischenStudien nur eine geringe Stabilität, außerdem das Problemder Wundheilung - dennoch wird sie vor allem in unfall-chirurgischen Kliniken noch mit Abstand am häufigstendurchgeführt (2, 6, 26).

• Bei veralteten Rupturen kommen nach entsprechenderVordiagnostik mittels Kernspintomographie besondere ope-rative Maßnahmen in Betracht. Ist die Lücke intraoperativverschließbar, kann eine Adaptationsnaht mit Plantaris-durchflechtung erfolgen, alternativ eine Umkipp-Plastik. Beinicht verschließbarer Lücke ist eine Griffelschachtelplastiknach Max Lange oder eine Peroneus brevis-Plastik angezeigt(2, 24).

Abbildung 6: Operationssitus einer primär konservativ behandelten Rupturmit Diastase

Konserv. Offen Perkutanoperativ minimalinv.

n=14 n=29 n=30

Re-Ruptur 1 (7,1%) 1 (3,3%) 1 (3,4%)Infekt 0 2 (6,7%) 0Wundheil. 0 1 (3,3%) 0Verwachsung 1 (7,1%) 1 (3,3%) 0Sensibilität 0 1 (3,3%) 3 (10,0%)Insuffizienz 2 (14,2%)

Arbeitsfäh. (Woche) 7,7 7,2 5,7Sportfäh. (Woche) 26 27,8 20,9

Gesamturteilsehr gut 71% 64% 80%gut 18% 19% 20%schlecht 21% 27% 10%

Tabelle 5: Prospektive Studie bei 73 Fällen, Komplikationen und Ergebnisse

• Ma und Griffith berichteten 1977 erstmals über diese mi-nimalinvasive perkutane Nahttechnik mit 8wöchiger Un-terschenkelgipsimmobilisierung. Pässler beschrieb 1988 die-se Naht mit anschließender funktioneller Nachbehandlung.Wir führen diese Technik in der Sportklinik seit 1991 durch,zunächst nur bei sonographisch guter Adaptation der Seh-nenenden in Spitzfußstellung, mit zunehmender Erfahrungauch bei Diastasen zwischen 1-2 cm bzw. darüber. DiesesVerfahren ist heute unsere Methode der Wahl. Bei einer aus-geprägten Schwellung müssen zunächst abschwellende

Maßnahmen (Hochlagerung, Lymphdrainage, intermittie-rende Kompressionen, Antiphlogistika) ergriffen werden. Be-reits am 3.-4. Tag beginnen Fibroblasten und Kapillaren vomParatenon ausgehend in die Regenerationszone und die Seh-nenstümpfe einzusprossen (12). Eine perkutane Naht musswegen dieser rasch einsetzenden Umbauvorgänge an derSehne daher in den ersten Tagen nach der Verletzung erfol-gen. Vorteile sind eine gute Distalisierung des proximalenSehnenstumpfes, eine ausreichend sichere Adaptation. Desweiteren gibt es nur sehr kleine Schnitte mit minimalem In-fektionsrisiko und einem kosmetisch sehr guten Ergebnis.Die Operationszeit ist sehr kurz, die Arbeit kann früh wiederaufgenommen werden und bei sicherem Ausheilungsergeb-nis kann eine frühe sportliche Wiederbelastbarkeit erfolgen.Der Eingriff kann gut ambulant durchgeführt werden. Feh-lerquellen sind eine Läsion oder Irritation des Nervus sura-lis, weshalb er proximal lateral entweder dargestellt oderbesser die Naht nach medial versetzt werden muss. Es ist dar-auf zu achten, dass ausreichend proximale Sehnenteile mitder Kordel gefasst wird, die Adaptation ausreichend ist undder PDS-Knoten gut versenkt wird. Die Meinung über die

Jahrgang 51, Nr. 5 (2000) DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN 159

Achillessehnenrupturen im Sport ÜbersichtenVorteile der minimalinvasiven Technik ist bei Beachtung desRisikos der Nervus suralis-Schädigung einhellig positiv (7,16, 19, 20, 22, 23).

• Die Nachbehandlung sollte nach einer kurzen primärenRuhigstellung in einer Gipsschale, im Steigbügelgips oderVacuped bis zur reizlosen Wundheilung funktionell erfolgen.Eine längerfristige Ruhigstellung im Unter- oder gar Ober-schenkelgips ist nicht mehr zeitgemäß - „Plaster is a disaster“(Cyriax) (1,5, 9, 12, 17, 24, 25).

Dieses erfolgreicheKonzept der frühenMobilisation, dassich im Bereich derSprunggelenks-und Knieinnen-bandverletzungenendlich zuneh-mend etabliert, istauf dem Gebiet derNachbehandlungder Achillesseh-nenruptur nochunzureichend ver-breitet.Wir haben sehrgute Erfahrungenmit dem Adipro-med-Variostabil-schuh mit 3-4 cmFersenerhöhunggemacht, wobei derSchuh wegen desRisikos einerfeuchten Kammererst bei völlig reiz-

loser Wunde ab dem 5.-10 Tag bzw. nach Wundheilung ge-tragen werden sollte. Im Rahmen der Physiotherapie sind dieZiele in den ersten Tagen die Abschwellung, dann die Adhä-sionsprophylaxe und ab der 2.-4. Woche Gangschulung undWeichteilmobilisation. Ab der 5. Woche steht die Kräftigungder Wade und ab der 7. Woche die Propriozeptionsschulungmit Aufbau der muskulären und koordinativen Leistungs-fähigkeit im Vordergrund. Die sportartspezifische Belastbar-keit bei guter Koordination ist im allgemeinen nach 1/4 Jahrerreicht. In diesem Schuh kann mit der Erhöhung sofort dievolle Belastung erfolgen. Ein nächtliches Tragen ist nach denoperativen Verfahren im Gegensatz zur konservativen Be-handlung nicht erforderlich. Der Schuh ist mit entsprechen-der Begründung rezeptierbar. Die Thrombo-Embolieprophy-laxe setzen wir mit Aktivierung der Wadenmuskulatur nach2-3 Wochen p.o. ab.

Aufgrund unserer umfangreichen Erfahrungen mit großenFallzahlen und retro- sowie prospektiven Analysen der Be-

Resumee

Abbildung 7: Algorithmus zur Behandlung von Achillessehnenrupturen

160 DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN Jahrgang 51, Nr. 5 (2000)

Übersichten Achillessehnenrupturen im Sport

handlungsergebnisse haben wir einen Algorithmus zur adä-quaten Diagnostik und Behandlung der Achillessehnen-ruptur aufgestellt (Abb. 7). Für die Anamnese sind peit-schenknallähnliches Geräusch und Kraftlosigkeit bei Plan-tarflexion typisch. Bei der klinischen Untersuchung ist vorallem die Unfähigkeit zum langsamen, einbeinigen Zehen-spitzenstand ebenso pathognomonisch wie eine deutlicheDellenbildung. Der Thompson-Test und die reine Plantarfle-xion sind unsicher. Apparativ zeigt die einfache und preis-werte Sonographie das Ausmaß der Ruptur und die Mög-lichkeit der Annäherung in Plantarflexion. Nur in Spezialf-ragen kommt eine Kernspintomographie in Betracht. Einekonservative Therapie ist beim Tennisleg und beim Risiko-patienten angezeigt und auch beim gering aktiven Patientenmit guter Sehnenadaptation und Compliance zu vertreten.Frische, komplette Rupturen sollten möglichst frühzeitigoperativ versorgt werden. Bei sonographisch guter Annähe-rung in Plantarflexion kommt vor allem zunehmend die mi-nimalinvasive perkutane Nahttechnik mit geringem Wund-heilungsrisiko und kosmetisch sehr guten Resultaten zuneh-mend zur Anwendung. Eine offene Naht ist bei etwas älterenRupturen, bei größerer Diastase oder Rerupturen von Vorteil.Veraltete Rupturen sollten mittels Kernspintomographie ge-nauer abgeklärt werden. Ist eine Adaptationsnaht mit Plan-tarisdurchflechtung nicht mehr möglich, kommt alternativeine Umkipp-Plastik, bei nicht verschließbarer Lücke eineGriffelschachtelplastik nach M. Lange oder eine Peronaeusbrevis Plastik in Betracht. Die Gipsruhigstellung sollte bis aufbesondere Fälle in der Wundheilungsphase der Vergangen-heit angehören. Die funktionelle Nachbehandlung im Spezi-alschuh hat eine viel geringere Muskelatrophie und Dankbesserer Propriozeptions- und Koordinationsschulung einesehr viel frühere Eingliederung in Alltag und Beruf ein-schließlich sportlicher Reaktivierung als wesentlichen Vor-teil. Eine Thromboembolieprophylaxe ist bei gut aktivierterWadenmuskulatur nicht mehr erforderlich.

1. Armbrecht A, Zenker W, Egbers HJ, Havemann D: Die gipsfreie, frühfunk-tionelle Nachbehandlung der operativ versorgten Achillessehnenruptur.Chirurg 64 (1993) 926-930.

2. Arndt KH: Achillessehnenruptur und Sport. JAB Barth Leipzig, 19763. Bauer G, Eberhardt O: Die frische Achillessehnenruptur – Epidemiologie –

Ätiologie – Diagnostik und aktuelle Therapiemöglichkeiten. Sportverl. –Sportschad. 13 (1999) 79-89

4. Bradley JP, Tibone AJ: Percutaneous and open surgical repairs of Achillestendon ruptures. A comparative study. Am J Sports Med 18 (2) (1990)188-195

5. Buchgraber A, Pässler HH: Percutaneous repair of Achilles tendon ruptu-re. Immobilization versus functional postoperative treatment. Clin Orthop341 (1997) 113-122

6. Cetti R, Christensen SE, Ejsted R, Jensen NM, Jorgensen AU: Operativeversus nonoperative treatment of Achilles tendon rupture. A prospective

Literatur

randomized study an review of the literature. Am J Sports Med 21 (6)(1993) 791-799

7. Delponte P, Potier L, de-Poulpiquet P, Buisson P: Treatment of subcuta-neous ruptures of the Achilles tendon by percutaneous tenoraphy. RevChir Orthop Repar Appar Mot 78 (1995) 404-407

8. Edna TH: Non-Operative treatment of Achilles tendon ruptures. Acta Or-thop scand 51 (1980) 991-993

9. Frisch W, Machens A: Die frühfunktionelle Behandlung der operativ be-handelten Achillessehnenruptur – ein neues Behandlungskonzept. AktTraumatol 25 (1995) 56-58

10. Józsa L, Kannus P: Histopathological findings in spontaneous tendonruptures. Scand J Med Sci Sports 7 (1997) 113-118

11. Kainberger F, Nehrer S, Breitenseher M, Seidl G, Baldt M, Rand Th, ImhofH: Die Sonomorphologie der Achillessehne und ihre Differentialdiagnose.Ultraschall im Med 17 (1996) 212-217

12. Kannus P, Józsa L, Natri A, Järvinen M: Effects of training, immobilizationand remobilization on tendons. Scand J Med Sci Sports 7 (1997) 67-71

13. Kvist M: Achilles tendon injuries in athletes. Sports Med 18 (3) (1994)173-201

14. Lea RB, Smith L, Elgin MD: Non-surgical treatment of tendon Achillesruptur. J Bone Joint Surg (Am) 54-A (1972) 1398-1407

15. Lehner K, Reiser M, Paar O, Hawe W: Läsionen der Achillessehne im MR-Tomogramm. Röntgenpraxis 40 (1987) 149-152

16. Ma GWC, Griffith ThG: Percutaneous repair of acute closed rupturedAchilles tendon. A new technique. Clin Orth Rel Res 128 (1977) 247-255

17. Mandelbaum BR, Myerson MS, Forster R: Achilles tendon ruptures. A newmethod of repair, early range of motion and functional rehabilitation. AmJ Sports Med 23 (4) (1995) 392-395

18. Motta P, Errichiello C, Pontini I: Achilles tendon rupture. A new techniquefor easy surgical repair and immediate movement of the ankle and foot.Am J Sports Med 25 (2) (1997) 172-176

19. Pässler HH: Trattomento funzionale della sportivo anziono dopo sutura diun tendine, allë esempio del tendine DíAchille, in: Piccho A (Hrsg): Appa-rato locomotore e terza. Pesaro Italia 1988.

20. Pässler HH: Die perkutane Achillessehnennaht. Sportorthop Sporttrau-matol 14 (1998) 93-95

21. Richter J, Pommer A, Hahn M, David A, Muhr G: Möglichkeiten und Gren-zen der funktionell-konservativen Therapie akuter Achillessehnenruptu-ren. Chirurg 68 (1997) 517-524

22. Schröder D, Lehmann M, Steinbrück K: Treatment of acute Achilles ten-don ruptures: open vs. percutaneous vs. conservative treatment. A pros-pective randomized study, in: Abstract Book, 2nd World Congress ofSports Trauma, Lake Buena Vista Florida, 1996, 584

23. Steinbrück K: Epidemiologie von Sportverletzungen – 25-Jahresanalyseeiner orthopädisch-traumatologischen Ambulanz. Sportverl. – Sport-schad. 13 (1999) 38-52

24. Steinbrück K: Achillessehnenruptur – operative Behandlung, in: Braun A(Hrsg): Praktische Orthopädie 39. Tagung des BV der Ärzte für Orthopä-die. Steinkopf Verlag, Darmstadt, 1999, 118-121

25. Thermann H, Zwipp H, Tscherne H: Funktionelles Behandlungskonzept derfrischen Achillessehnenruptur. Zweijahresergebnisse einer prospektiv-randomisierten Studie. Unfallchirurg 98 (1995) 21-32

26. Zwipp H, Südkamp N, Thermann H, Samek N: Die Achillessehnenruptur.10-Jahresspäterergebnisse nach operativer Behandlung. Ein retrospektiveStudie. Unfallchirurg 92 (1989) 554-559

Anschrift des Verfassers:Professor Dr. Klaus Steinbrück

Sportklinik Stuttgart-Bad CannstattTaubenheimstr. 8, 70372 Stuttgart

Tel. 0711/5535111, Fax: 0711/5535112E-Mail: [email protected]