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Heiliger Chlaus! Nr. 264 | 2. bis 15. Dezember 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass. Im Internetcafé zu Hause – immer mehr junge Japaner sind obdachlos Messies: wenn Fremde das eigene Hab und Gut entsorgen Müslüm liest uns die Leviten

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Surprise Strassenmagazin

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Page 1: Surprise Strassenmagazin

Heiliger Chlaus!

Nr. 264 | 2. bis 15. Dezember 2011 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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Messies: wenn Fremde das eigene Hab und Gut entsorgen

Müslüm liest uns die Leviten

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www.strassenmagazin.ch

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Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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EditorialZu Hause?

Wer ist der Samichlaus, respektive, in Basel, der Santiglaus? Eine mit furchteinflös-sender Erscheinung, Zuckerbrot und Peitsche ausgestattete Erziehungshilfe für Elternmit eigenwilligen Kindern? Eine Verkaufshilfe für Kaffeemaschinen, schwarz-brauneSprudelgetränke und alles, was man in Einkaufszentren in der Vorweihnachtszeitsonst noch in grosser Anzahl kaufen soll? Die volkstümliche Reinkarnation des St.Nikolaus, dem die katholische Kirche nachsagt, dass er zahlreiche Wunder voll-bracht habe wie die Rettung und Erweckung von Kindern oder die Bekämpfung vonGöttern Ungläubiger? Wir führen den guten Chlaus zurück zu seinen Wurzeln undhaben noch eine etwas andere Interpretation. Und die lautet: Der Samichlaus ist eintürkischer Migrant mit grosser Klappe und noch grösserem Herz, der uns auf hu-morvolle Art einen Spiegel vorhält. Wir haben diesen machohaft-gutmütigen Chlausgetroffen und ihm auf den Zahn gefühlt.

Als Mann mit Migrationshintergrund, so wurde im Gespräch klar, fällt es dem Samichlaus nicht einfach, sichin der Schweiz zu Hause zu fühlen. Mein Kollege Reto Aschwanden hat eine Frau getroffen, der es zu Hauseauch nicht ganz wohl ist. Wobei das bei ihr ganz andere Gründe hat: Sie entwickelte in ihrer Kindheit eineSammelleidenschaft, die sich ins Krankhafte auswuchs und dazu führte, dass sie sich irgendwann kaum nocheinen Weg durch ihre Wohnung bahnen konnte. Die Behörden griffen ein und ein Aufräumkommando fing an,ihre Habseligkeiten wahllos wegzuwerfen. Lesen Sie die Geschichte einer Frau, die sich in ihrem Zuhause zwarnicht mehr wohlfühlt, sich aber dagegen wehrt, dass Fremde darin eindringen und es komplett zerstören.

Unser langjähriger freier Mitarbeiter Oliver Zwahlen hat sein Zuhause schon seit vielen Jahren in China. Vondort aus ist er nach Japan gereist, acht Monate nachdem die Insel von der grossen Katastrophe heimgesuchtwurde. Er hat Menschen besucht, die schon vor Erdbeben, Tsunami und Atom-GAU kein Zuhause hatten – zu-mindest keines mit Dach und Wänden – und deren Lage sich seither noch verschlimmert hat. Und er hat ob-dachlose «Internetcafé-Flüchtlinge» gefunden – was es damit auf sich hat, lesen Sie in Zwahlens Bericht.

Ich wünsche eine anregende, bewegende und auch erheiternde Lektüre,

Florian Blumer

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FLORIAN BLUMER

REDAKTOR

Page 4: Surprise Strassenmagazin

4 SURPRISE 264/11

Inhalt03 Editorial

Zu Hause05 Basteln für eine bessere Welt

Bart und Schnauz06 Aufgelesen

Fluch des Goldes06 Zugerichtet

Posträuber07 Surprise Strassenchor

Auf der Strasse!07 Starverkäufer

Peter Conrath08 Porträt

Hebamme mit Hingabe20 Gesellschaft

Scheidungsschule22 Wörter von Pörtner

Sieben Milliarden Menschen23 Musik

Reggae aus Zürich24 Kulturtipps

Papst haut ab26 Ausgehtipps

Mord und Totschlag 28 Verkäuferporträt

Zusatzfamilie Surprise29 Programm SurPlus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

Er ist der wohl beliebteste Ausländer mit Integrations-problemen in der Schweiz: Kinder umringen ihn aufder Strasse und belagern sein Haus, sein «Sami -chlaus»-Song ist das meistgesehene Mundartvideoüberhaupt. Müslüm ist Kult, und sein Wort zählt. Auchdieses Jahr ist er wieder als Samichlaus unterwegs.Wir wollten von ihm wissen: Wer bekommt diesesJahr Nüssli, wer die Rute? Was hält er vom Atomaus-stieg? Und warum um alles in der Welt heisst seingfürchiger Kumpan ausgerechnet Schmutzli?

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MJapan kämpft noch immer mit den Folgen von Erdbe-ben, Tsunami und Super-GAU im vergangenen März.Besonders hart trifft es die Obdachlosen. Die Verkäufedes Strassenmagazins «The Big Issue Japan» sind rück-läufig, obwohl immer mehr Menschen auf Unterstüt-zung angewiesen sind. Obdachlose übernachten inInternetcafés, doch statt zu helfen, schönt die Regie-rung die Betroffenenzahlen mit statistischen Tricks.Einblicke in ein Land, dessen Sozialsystem weder aufAbsturz noch auf Wiedereingliederung ausgerichtet ist.

14 MessiesOrdnung ohne ZwangFür Messies ist es der Horror: Werden Vermieter oderBehörden auf das Chaos in ihrem Daheim aufmerk-sam, drohen Freiheitsentzug und Zwangsräumung.Betroffene werden traumatisiert, manche reagierenmit Gewalt gegen sich oder andere. Das muss nichtsein. Professionelle Aufräumhilfen vermitteln zwi-schen den Parteien und unterstützen Messies beimselbständigen Ordnung Schaffen. Die Geschichte ei-ner Messiefrau, die dank geschicktem Eingreifen vordem Selbstmord bewahrt werden konnte.

10 SamichlausMüslüm chommt

17 Japan Nachhaltig erschüttert

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Basteln für eine bessere WeltDie Idee kommt aus Kanada und eignet sich sowohl für Milchbubis auf dem Snowboard wie für Möchtegern-Samichläuse (und na-türlich für Frauen, die das Feeling auch mal haben möchten): ein gestrickter Bart gibt warm und verpasst einem den perfekt chlausi-gen Look. Unser heutiger Tipp bedingt bereits etwas Vorwissen im Stricken und Häkeln – die ideale Gelegenheit, sich in dieser Kunstweiterzubilden (Nachhilfe gibts auf einschlägigen Websites wie www.brigitte.de/wohnen/selbermachen/stricken-lernen-520379/)oder sich von der Grossmutter mal etwas anderes als Socken zu Weihnachten zu wünschen.

1. Man nehme einen Knäuel dicke Wolle (z.B. Sport-wolle für Stricknadeln Nr. 4), je nach Vorliebe in braun,grau oder weiss.

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2. Schlagen sie circa 40 Maschen an (Distanz vom einenOhr zum anderen).

3. Stricken Sie im Grundmuster (eins rechts, eins links)circa fünf Runden (Distanz von den Nasenlöchern zurOberlippe; eine Runde = hin und zurück).

4. Ketten Sie für die Mundöffnung in der Mitte circazehn Maschen ab, stricken die Nadel fertig und schla-gen bei der Rückrunde die zehn Maschen wieder an.Stricken Sie mit der Anfangsmaschenzahl weiter.

5. Beginnen Sie auf Kinnhöhe mit seitlichem Abneh-men. Ketten Sie am Nadelanfang fünf Maschen ab,stricken die Nadel fertig und ketten zu Beginn derRückrunde wieder fünf Maschen ab. Dieses Abnehmenmit vier und dann mit drei Maschen wiederholen. Ket-ten Sie die letzten 16 Maschen ab.

6. Zu einem strammen Bart gehört auch ein fescherSchnauz! Also: Häkeln Sie eine Luftmaschenschnur,formen sie zu einem Schnauz nach Wahl und nähendiesen oberhalb der Mundöffnung an.

7. Häkeln Sie zwei weitere Luftmaschenschnüre undnähen sie seitlich als Ohrhenkel an.

8. Sie werden sehen: Mit einem Bart ist der Winter nurnoch halb so hart.

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AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Der Fluch des Goldes

Berlin. Der «Strassenfeger» befasst sich in deraktuellen Ausgabe mit der Gier. Es wird er-klärt, dass dieses aktuell vor allem Bankernnachgesagte Übel oft Menschen befällt, die inihrer Kindheit zu wenig Liebe erhalten ha-ben. Es wird vor dem Irrglauben gewarnt,dass die Wirtschaft ewig wachsen könne.Und zu unguter Letzt wird die griechische Sa-ge von Midas erzählt, der sich wünschte,dass alles, was er berührt, zu Gold wird. Erbegriff, dass er sich einen Fluch aufgeladenhatte, als er einen Braten essen und ein GlasWein trinken wollte.

Hakenkreuz-Blumen

Graz. «Graffiti sind wie ein Buch an derWand, nur steht halt jede Seite woanders»,sagt Thomas Northoff, wichtigster Graffitifor-scher Österreichs. Er misst den Wandspraye-reien grosse Bedeutung zu: «Was an derWand steht, kommt bald in die Köpfe.» In den70er-Jahren hätten noch linke Botschaftendominiert, in den 80ern hätten sich dann dieHakenkreuze gemehrt. Dennoch bezeichnetNorthoff das Wegmachen solcher Graffiti als«völligen Blödsinn». Denn es verhindere,dass jemand kreativ darauf antworte – undetwa aus dem Hakenkreuz eine Blume werde.

Kupfermuckn jubiliert

Linz. Die «Kupfermuckn» feiert dieses Jahrihr 15-jähriges Bestehen, ein Jahr, bevor auchwir dieses Alter erreichen. Im Gegensatz zuSurprise wird die österreichische Strassenzei-tung von Obdachlosen selbst verfasst. Sie er-zählen in der Jubiläumsaussgabe, warum siedabei sind. Markus (29) schreibt: «Hier kannich so sein, wie ich bin, ohne Spott und De-mütigung zu erfahren.» Georg (58) sagt gar:«Die ‹Kupfermuckn› ist für mich ein ‹Antide-pressivum›. Seit ich dabei bin, sind meine De-pressionen verflogen.» Wir gratulieren unse-ren österreichischen Kollegen!

ZugerichtetDie Bügeleisen-Sache

Der Postraub ist so was sie ein eigenes«Genre». Die Post hievt ständig grössereSummen von A nach B – während die Si-cherheitsvorkehrungen nicht immer auf demletzten Stand sind. Das schafft Gelegenhei-ten, die immer wieder gerne wahr genom-men werden: Ronnie Biggs und seine Bandeüberfielen 1963 den königlichen Postzug underbeuteten 2,63 Millionen Pfund, die legen-dären Posträuber von Zürich fuhren 1997 garmit 53,1 Millionen Franken aus der Frau-münsterpost.

Posträuber werden allerdings überdurch-schnittlich oft gefasst. Und wenn sie abhau-en, tauchen sie irgendwann von selbst wie-der auf. Biggs wurde zu 30 Jahren verurteilt,machte sich aber aus dem Staub und spielte35 Jahre lang Katz-und-Maus mit der Poli-zei. Schwer erkrankt, kehrte er 2001 freiwil-lig von Brasilien nach England zurück undkam so sofort in den Genuss medizinischerVersorgung im Gefängnis. Wegen seinerschweren Krankheit wurde Biggs 2009 be-gnadigt.

Anders liegt der Fall von Zoran V., einerder Deppen der Fraumünsterbande. Er legtedamals eine so eindeutige Fährte, dass sichdie Fahnder gut amüsiert haben dürfen. Aufseiner Flucht gab er pro Stunde im Schnittumgerechnet 1500 Franken aus (Angabe oh-ne Gewähr), in Spanien klickten schliesslichdie Handschellen. In den Knast wollte er of-fenbar dennoch nicht – er tauchte unter. Undaus eigenen Stücken wieder auf. Er sass einpaar Jahre, bis er ausgeschafft wurde. Wiede-rum kehrte Zoran zurück in die Schweiz –und wurde beim Hehlen erwischt, verurteiltund wieder abgeschoben.

2008 zeigt Zoran V. dem Schweizer Fernse-hen seine Holzkistenfirma in Serbien. «Einengrossen Raub mache ich nicht mehr, aber viel-leicht einen kleinen», grinst er. Kleiner Scherz... dem Verbrechen habe er entsagt. Bis zumnächsten Mal. 2011 steht er wieder vor dem Be-zirksgericht Dietikon, er ist hier Stammgast.Diesmal gehts um diese Bügeleisen-Sache.

Unerlaubterweise reiste er 2010 in dieSchweiz ein – er vermisste seine ZürcherFreun de. Er besorgte sich umgehend Kokainund zog es sofort mit seinem Schwager in dieNase. Dem Dealer überliess er 1800 Frankenfür eine grössere Menge Koks. Man würde dieLieferung morgen abholen. Während ihresRausches wurde ihnen plötzlich etwas unwohlbeim Gedanken an die 1800 Franken. Als derDealer nicht ans Telefon ging, war den Män-nern klar: «Der Typ will uns verarschen!»

Als der Dealer seine Wohnungstür öffnete,wurde er von einer Pfefferspraywolke umhülltund gefesselt. Zoran V. bedrohte ihn mit einerBrechstange – und eben, einem heissen Bügel-eisen. «Ich dachte, ich müsse sterben, und gabden PIN zur Bankkarte preis», sagte das Opferspäter. Die Räuber packten alles ein. Ringe,Feuerzeuge, einen kaputten Computer und,sehr bizarr, Einzahlungsscheine. Am Banco-maten hoben sie 300 Franken ab – sie wolltennicht zu viel Bargeld auf sich haben. Man sollja aus seinen Fehlern lernen …

Vor Gericht bettelt Zoran V. um eine aller-letzte Chance. Aber es gibt zwei Jahre. Danachgehts zurück nach Serbien, zu Kistenfabrikund Familie. Und wenn er dort aus seinemKopf keine Holzkiste macht, dann hören wirbestimmt bald mal wieder von ihm.

YVONNE KUNZ ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

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7SURPRISE 264/11

Starverkäufer Peter ConrathCarole Lanners aus Schwerzenbach nomi-niert Peter Conrath als Starverkäufer: «PeterConrath seht am Zürcher Hauptbahnhofbeim Aufgang zum Sihlquai. Er grüsst jeden,auch wenn er nicht verkaufen kann, undwünscht allen einen schönen Tag. Gerührthat mich, als ich neulich das neue Surprisekaufen wollte und ich nur eine Fünfzigerno-te hatte, auf die er nicht herausgeben konn-te. Er hat mir das Magazin gegeben und ge-sagt, ich solle es beim nächsten Mal bezah-len. Als ich ihn wieder getroffen habe, hatteer es bereits vergessen. Das nenne ich Ver-trauen und einen superguten Service.»

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GNominieren Sie IhrenStarverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

Am 6. Dezember kommt der Santiglaus. Ein Festtag für alle Kinder! Auch die Sängerinnenund Sänger des Surprise Strassenchors möchten diesen Tag feiern. Zum ersten Mal in der dies-jährigen Weihnachtszeit gehen sie in Basel auf die Strasse, um für die Leute zu singen und siemit ihrer Begeisterung anzustecken.

Die ersten Töne erklingen um 17.00 Uhr auf dem Barfüsserplatz. Anschliessend geht es dieFreie Strasse hinunter. Das Strassenkonzert dauert voraussichtlich bis 18.30 Uhr. Dabei werdenLieder aus aller Welt vorgetragen. Der Surprise Strassenchor ist nicht nur zum Zuhören gedacht.Alle, die Freude am Singen haben, sind herzlich eingeladen mitzumachen. Der Chor und die Pro-jektleitung freuen sich über jeden Besuch und wünschen Ihnen einen schönen Santiglaus-Tag! ■

Surprise StrassenchorSüsser die Kläuse nie klingen

Dein Freund, der ChorDer Surprise Strassenchor möchte einenFreundeskreis bilden. Während des Konzertsam Santiglaus-Tag wird der Chor seinen neu-en Flyer verteilen. Er informiert Sie über dieTätigkeiten des Chors und über Ihre Mög-lichkeiten, die Sängerinnen und Sänger zuunterstützen. Der Chor sucht Freunde – undfreut sich schon jetzt auf Ihre Mitgliedschaft! Weitere Informationen: Paloma Selma, 061 564 90 40

oder: www.strassenmagazin.ch/strassenchor/

Der Surprise Strassenchor: Laila, Wolfgang, Eva, Paloma, Claudia, Maria Jesus, Emsuda, Ariane, Sokha und Alok.

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VON DIANA FREI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILD)

Wenn sie auf ihrem Velo – ihrem «Firmenfahrzeug», wie sie selbersagt – angeradelt kommt und ihr ledernes Hebammenköfferchen ablädt,dann kommt Barbara Schwärzler genauso daher, wie man sich eine He-bamme vorstellt: Bodenständig, zupackend und lebhaft zugleich. «Es istwichtig, wie wir geboren werden», steht auf ihrem Hebammenkoffer.Seit neun Jahren ist Schwärzler frei praktizierende Hebamme, begleitetFrauen durch die Schwangerschaft, bei Hausgeburten, im Wochenbettund bei Schwangerschafts- und Rückbildungskursen – wobei die Haus-geburten das «bestimmende Element» in ihrem Leben sind. «Das spe-zielle an unserem Beruf ist, dass die Hebammen die einzigen Fachleutesind, die sich sowohl um die Mutter als auch ums Kind kümmern», sagtSchwärzler. Vielleicht liegt es daran, dass Frauen auf diversen Blogs er-eifert darüber diskutieren, was Hebammen vertreten: natürliche Gebur-ten, keine eingeleiteten Wehen, Stillen. «Es ist tatsächlich so, dass wirdie Frauen ermuntern, beim natürlichen Prozess zu bleiben», sagtSchwärzler, und sie hat dazu eine klare Haltung: «Eine zurückhaltende,respektvolle Geburtshilfe bringt sehr gute Ergebnisse für Mutter undKind. Das zeigen schon alte Aufzeichnungen von preussischen Hebam-men. Frauen auch heutzutage zur natürlichen Geburt zu ermutigen, isteine wichtige Aufgabe.»

Hebammen praktizieren Geburtshilfe, keine Geburtsmedizin. Unddabei trifft ihre Berufserfahrung auf empfindliche Stimmungen, auf Un-sicherheiten und auf Frauen, die ohnehin schon von überall her wohl-meinende Tipps bekommen. Die Mutterschaft ist ein hoch anspruchs-volles Berufsfeld, findet die Hebamme – weil es nicht nur medizinischesWissen braucht. Nichts ist so delikat wie der Umgang mit dem eigenenKind – und dem eigenen Körper. Trotzdembleibt Schwärzler immer ehrlich: «Wenn ichnicht direkt bin, habe ich das Gefühl, ich ver-kaufe meine Seele. Ich finde, das ist eine Qua-lität in einer Zeit, in der die Leute einfach al-len nach dem Mund reden. Wer sagt heute noch, was Sache ist?»

Gleichzeitig hat sie viel Humor und lacht oft. Sie kann einen verhei-lenden Dammschnitt kontrollieren und dann trocken finden: «Es siehtalles gut aus. Morgen muss ich den nicht schon wieder sehen. Es heiltauch nicht schneller, je öfter ich mir das anschaue.»

Eigene Kinder haben sich für Barbara Schwärzler einfach nicht er-geben. Manche Frauen fragen danach. «Ich bin nicht sicher, ob eineFrau die Gynäkologin fragen würde: ‹Haben Sie Kinder?›», sagt sie, «dahat Professionalität einen ganz anderen Touch.» Die Erlebnisse rundum die Mutterschaft sind im Grunde zutiefst menschliche Erfahrungen,findet sie. Es geht darum, etwas hinzunehmen und auch ein Stück Kon-trolle abzugeben, weil etwas ins Leben tritt, das zwangsläufig eine Zeitlang sehr bestimmend ist. Auch wenn das für viele eine ungewohnteund häufig anstrengende Erfahrung ist in einer sonst so selbstbe-stimmten Welt.

PorträtMit Nestwärme unterwegsIhre Freiheit ist ihr wichtig, und trotzdem wird sie auch an Weihnachten tun, was sie immer tut: für Haus-geburten zur Verfügung stehen. Barbara Schwärzler, frei praktizierende Hebamme, kann auch auf Pikettentspannen.

Nächstes Jahr wird Barbara Schwärzler 50. Schwangerschaft, Geburtund Stillen findet sie nach wie vor spannend – nur schon allein als kör-perlich-seelische Erfahrung, aber sie trauert nichts nach. Kinder mag siesehr. Und die Beziehung ist ihr wichtig; ihr, die sich als junge Frau ge-sagt hat: «Die Jahre zwischen 20 und 30 gehören mir. Die will ich mitniemandem teilen.» Als 16-Jährige sollte sie in einem Workshop für Ju-gendgruppenleiterinnen «ihre Zukunft» zeichnen. Sie hat etwas Symbo-lisches gezeichnet, eine Kuppel, die für Verbindlichkeit stand, aber siewar gläsern, durchsichtig. Ihre Kolleginnen haben ein Häuschen ge-zeichnet, einen Zaun, Männchen, Weibchen, zwei oder drei Kinder. «Dawurde mir erstmals bewusst, dass ich offenbar andere Vorstellungenvom Leben habe als das Gros.»

Rund zehn Jahre arbeitete sie als Pflegefachfrau, bevor sie auf einezweijährige Reise ging: in die Karibik, dann mit der Transsibirischennach China, wo sie fast sieben Monate blieb, dann nach Nepal, Indienund zum Schluss nach Australien. Als sie zurückkam, merkte sie, dasssie sich als Mitbringsel von ihrer Reise eine geradezu selbstverständlicheUnpünktlichkeit bewahrt hat. Aber die Hebamme hat eine Gegenleistungdafür zu bieten: Wenn sie dann da ist, ist sie ganz da. Wenn etwas zweiStunden dauert statt einer Dreiviertelstunde, guckt sie nicht auf die Uhr.«Von mir wird viel Hingabe erwartet, ich muss disponibel sein, zur Ver-fügung stehen. Und ich bin bereit, das zu geben», sagt sie, auch wenn ihrmanchmal schmerzlich bewusst wird, dass Hingabe und Unabhängigkeitan sich Widersprüche sind. Trotzdem wird sie über Weihnachten aufHausgeburtenpikett sein, Musik hören, «in Erwartung der Dinge, die dakommen» etwas Gutes kochen und die Welt wunderbar finden.

In ihrer Hebammenpraxis im Zürcher Kreis 4 stehen zwei gerahmteschwarzweisse Babyfotos von ihr, die aussehen, als ob sie aus dem

Brockenhaus stammten, genauso wie einige andere Dinge hier: der Pup-penwagen mit ihren eigenen alten Puppen drin, die Holzanrichte mitden Glasscheiben oder sogar das weibliche Becken, das zwecks De-monstrationszwecken für die Kurse im Gestell steht.

Im Privaten ist ihr dasselbe wichtig wie in der Praxis: «Ich habe lie-ber weniger, dafür gute Qualität. Das gilt für Materialien, das gilt aberauch für Beziehungen. Ich muss nicht 100 Leute um mich herum haben.Aber die, die ich habe, sind mir ganz viel wert.»

Sieht man Barbara Schwärzler auf ihrem Velo vorbeifahren, so ist sieentweder unterwegs zu den Frauen, auf dem Weg in den Hamam oderin ein Erholungswochenende im historischen Hotel. «Ich arbeite draus-sen», sagt sie oft, wenn sie über sich als selbständige Hebamme spricht,und es klingt befreit. Es klingt nach Unabhängigkeit genauso wie nachHingabe, nach Freiheit wie nach Nestwärme. Es klingt nach einer Kup-pel der Verbindlichkeit, die durchlässig bleibt. ■

«Es ist wichtig, wie wir geboren werden», steht aufihrem Hebammenkoffer.

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Der SamichlausMigrant mit gutem HerseliWir haben Müslüm, den Samichlaus getroffen – direkter Nachfahre des heiligen Nikolaus vonMyra aus Anatolien. Er hat uns erzählt, mit welchen Problemen er als Türke in der Schweiz zukämpfen hat, wie er von Coca Cola übers Ohr gehauen wurde und wo er Schmutzli fand (in Ni-geria). Seine Botschaft: Wir sollen aufeinander zugehen und mehr Liebe machen.

VON FLORIAN BLUMER UND RETO ASCHWANDEN (INTERVIEW)

UND PHUONG LAM (BILDER)

Lieber Samichlaus, Du hast uns ein Verslein mitgebracht?Wer den Menschen nicht EhrtDer isch die Geschenkli nicht Wert

Schön! Wir haben gehört, dass Du einen Migrationshintergrundhast, also aus der Südtürkei stammst. Stimmt das?Richtig, aber chaine Panich, ich bin ich nicht aus wirtschaftlichenGründen hier. Vielmehr im Zaichen der Liebe. Darum habe ich auchden holprigen Weg mit dem Schlitten von der Südtürchai in dieSchwaiz auf mich genommen. Und glaubt mir es war aine turbulenteReise, denn wenn man den türchischen Pass hat und mit sovielen Ge-schenkli am Schweizer Zoll angehalten wird, chan es schnell mal un-angenehm werde.

Sag mal, als türkischer Samichlaus – bist Du nun Muslim oderChrist?Um Menschen zu lieben muss man nicht Chatholich oder Moslem sain,man muss zuerscht Mensch sain. Aber wenn wir schon beim Widersch-pruch sind, chann ich Öich gerne vom grössten Widerspruch des Chlau-sentums ersählen.

Bitte!Damals als die Marchetingabteilung von Cho-cha Chola uns zufällig am SüdtürchischenStrand endechte. Hätte unser Chefchlaus beiden Vertragsverhandlungen aufgepasst unddas chlaingedruckte auch gelese, dann müssten wir heute nicht dieHaare blaichen und sinnlos mit dem Laschtwagen die Umwelt ver-schmutzen.

So bist Du also quasi Amerikaner geworden. Hat dies Dein Lebenstark verändert? Das ainsige das mich mit dem heutigen ‹americhanischen› Territöriumverbindet sind die Indianer. Mit denen habe ich und der Schmusli malaine Friedenspfaiffe geraucht. Die Indianer haben mir früher viele Brie-fli geschriebe und sich über die Americhaner beschwert, darum habeich letschtes Jahr auch das Angebot vom americhanischen Chlausen-verband danchend abgelehnt.

Wir haben auch den Eindruck, Du müsstest seither viel mehr inEinkaufszentren stehen und die Leute zum Kaufen animieren?Bei mainen hailigen Nüssli, ich würde nie in ain Einchaufssentrum ge-hen. Der Samichlaus liebt die Nätür.

Dann bist das gar nicht Du, den man im Dezember in allen Ein-kaufszentren stehen und von Plakatwänden neben Kaffeema-schinen grinsen sieht?Ain Samichlaus der im Einchaufsentrum steht, hat selber die grösste Ru-te verdient. Diese vom chapitalismus bestiegenen Chläuse das! Die ain-sige Werbung die ich je gemacht habe isch für dieses Magasin Sürprise(Müslüm spielte diesen September an den Surprise StrassensportSchweizer Meisterschaften im All-Star-Team mit, die Red.) und das weilihr sosial said und den bedürftigen Menschen mit viel Herseli helft.Chompliment!

Danke, Samichlaus. Zurück zu Deiner Herkunft: Du hast als Samichlaus ja einen Sonderstatus als Migrant …Was für ain Sonderstatus? Letschtes Jahr wurden wir in der 30ger Zonegeblitzt. Wir chönnen von Glück reden dass wir nicht ‹ausgeschlittelt›wurden! Wegen diesem Vorfall hat uns die Fremdenpolisai dieses Jahrnur ainen befrischteten Aufenthalt gegebe.

Aber vom Volk wirst Du doch gefürchtet und verehrt. Wie fühltsich das an?

Wer ainmal maine Rute gesehen hat, überlegt sich bei der nächsten Ge-legenhait zwaimal ob er jemanden ‹henselet› oder in den Würgegriffnimmt. Ansonschten fühlt es sich wunderschön an. Bei ainigen Jugend-liche verstehe ich zwar manchmal die Verseli nicht genau, aber das ischja bei der Rap-Musich genau gleich und trosdem hören wir sie gerne.

Wir haben gelesen, Du sollst ein wahrlich braver Mann sein: Duseist schon als Säugling so fromm gewesen, dass Du an Fasten-tagen die Mutterbrust bloss einmal genommen hast. Ist daswirklich wahr?Die Hauptnahrung eines richtigen Chlausenchindes besteht aus pürrier-ten Mandarinli überdeckt mit fein geriebenen anatolischen Nüssli. Die

«Ain Samichlaus der im Einchaufsentrum steht,hat selber die grösste Rute verdient.»

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Muttermilch war für mich nur aine art Ergän-sungsnahrung. Maine Vater sagte immer ‹AinePorsion Muttermilch pro Tag. und das Chlau-senchind isch parat!›

Wie bist Du eigentlich zu Deinem Job als Samichlaus gekom-men? Oder ist es gar eine Berufung?Auch wenn ainige Inschtitusionen Chlausenchurse anbieten und Diplo-me auschtellen, jeder Mensch hat den Samichlaus bereits in sich. Dazubraucht ihr chaine Diplom das viel Geld chostet. Das Geld regiert viel-laicht die Welt, aber das Herz von ainem richtigen Samichlaus wird vor-allem von der Liebe regiert.

Was gefällt Dir an Deinem Job?Die Arbaitsbedingungen sind genau auf mich zugeschnitten. 364 TageFrai und dann 1 Tag arbeiten. Da fällt es mir dann auch nicht schwerden Chindern am Chlausentag ain lachen zu schenken. Der ainsigeNachteil mit dem ich und der Schmusli wriklich zu chempfen haben ist,das wir wirklich viel Zeit bei der Suche nach dem Kamin verlieren. Diemaischten Bestellungen chommen ja heute von Kindern die in ainemPlattenbau wohnen.

Apropos Schmutzli, das haben wir uns schon immer gefragt: Wohast Du ihn kennen gelernt?Ich habe mainen Schmusli letschtes Jahr beim «Welt Chlausen Forum»in Nigeria chennen gelernt. Für mich war sofort chlar, wenn ich so ai-nen Schmusli neben mir habe, dann überlegen sich die Menschen zwai-mal ob sie was Unrechtes tun.

Wieso heisst er eigentlich Schmutzli?Bechantlich sind Nigerianer gut im ‹Schmüselen›, da war für mich so-fort chlar das er ‹Schmusli› heissen muss.

Aha! Aber Ihr habt eine platonische Beziehung, das sehen wirschon richtig?Diskression wir bei uns Samichlöisen gross geschriebe!

In Ordnung, wir fragen nicht weiter nach. Lieber Samichlaus,sags uns: Was hat Dir an der Schweiz dieses Jahr gar nicht ge-passt, wer war denn am unartigsten?Wenn der Hansueli-Normalverbraucher sain Schlitten falsch parchiert,dann wird er mit ainer Busse bestraft, wenn der chriminelle sain Geldin Schwaizer Banken parkiert, dann wird er mit ainem saftigen Zins be-lohnt. Darum bechommen dieses Jahr vorallem die kriminellen Finan-sinschtitusione in diesem Land aufs Füdeli.

Die Politiker streiten sich momentan ganz fürchterlich, werBundesrat werden soll. Könntest Du da nicht mal vorbeischauenund auf den Tisch klopfen?Das ainzige das ich den Politichern viellaicht auf den Weg geben chönn-te isch maine radichale Ideologie; «Wir müssen wieder Inveschtiere,nicht in de Geld sondern in Liebe!».

Denkst Du, es ist ein Vorteil, dass wir mehr Frauen als Männer inder Regierung haben, soll das so bleiben?Alles was die Welt verändern chann soll blaiben.

Lieber Samichlaus, ein paar Dinge haben uns besonders be-schäftigt letztes Jahr. Kannst Du uns jeweils etwas dazu sagen?Ich chann euch den Weg saige, aber Schlitteln müsst ihr ihn selber.

Gut, machen wir. Also: Atomausstieg?Meine Devise; Stromverbrauch minimiere – Bevölkerungswachstum

maximiere. Wir müssen wieder in natürliche Energien inveschtiere, wiesum Beischpiel in de Liebe. Wenn wir uns mehr mit der Paarung be-schäftigen würden, statt vor dem Fernseher zuzuschauen wie sich an-dere Paaren, dann würden wir Strom sparen und glaichsaitig dafür sor-gen, dass der Bevölcherungswachstum gesichert ist. So chönnten wirzwei Probleme auf ainmal lösen.

Occupy-Bewegung?Der Chonsum isch im Chapitalismus wie de Muttermilch, wen man siebechommt dann gibt man Ruhe. Diese Ochupai-Bewegung hat sich jetztfescht vorgenommen chaine Muttermilch mehr zu Chonsumiere. Dafürbechommen sie von mir sicher viele Manderinli und Nüssli. So chönnendiese Achtivischten wenigschtens ihren Nahrungshaushalt entspre-chend chompensieren.

Arabischer Frühling?Wenn Menschen ain Leben lang nur Herbscht hatten, dann erscheint derFrühling besonders schön. Aber bei all den Frühlingsgefühlen darf mannicht vergessen, dass gerade während der Paarungssait immer diegröschte Vorsicht geboten isch, sonscht heisst es dann Alimente besahle.Da muss man sich gut überlege mit wem man ins Bettli hüpfen will.

Masseneinwanderung?Wenn die erschten Menschen damals von Africha nicht Massenhaft ineure Chlimasonen eingewandert wären, dann wärt ihr heute nicht daswas ihr seid. Darum würde ich Vorschlagen, dass ihr gerade jetzt wo das«Fescht der Liebe» vor dem Türli steht, den africhanischen Birüdern undSchiwester was chlaines spendet. Glaubt mir, das Problem liegt nicht inder Masseneinwanderung, sondern in der Gier der unersättlichen. Oderglaubt ihr, jemand würde von Masseneinwanderung sprechen, wennzehntausende von wirtschaftschriminellen in die Schweiz immigrierenwürden? Dann hättet ihr euch aber schon lange über die «chriminelleWirtschafts-Masseneinwanderung» beschweren müssen.

Danke, Samichlaus, wir hoffen, wir werden uns bessern. HastDu zum Schluss noch einen letzten Tipp, wie wir uns nächstesJahr mehr Mandarinen und Nüssli verdienen können?Die Menschen müssen vorallem aus ihrer Passivität erwachen, und dennatürlichen Chontacht unterainander wieder achtivieren. Es gilt nicht,sich damit zu begnügen was man sich alles angelesen hat. Chaine Lite-ratur dieser Welt chann dem Gefühl einer Begegnung nachkommen.Vielmehr gilt es sich von feschtgefahrenen Denchmuschtern zu lösenum so dazu beizutragen, als ‹CHollektiv› einen besseren Umgang mitai-nander zu finden. Denn von der Natur haben sich die maischten Men-schen bereits entfremdet, wenn sie sich nun noch unterainander ent-fremden und physiognomische Unterschiede werten, dann muss ichnächschtes Jahr mit richtigem Geschütz auffahre. ■

In Liebe Deine BirüderDer Samichlaus

Danke, Bruder Samichlaus!

P.S.: Wir haben ihn auf orthografische Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen,

aber der Samichlaus ist stolz auf seine Herkunft und wollte nicht, dass wir den Kor-

rektor an seine Antworten heranlassen. Wir unterwerfen uns natürlich der Autorität

seiner Heiligkeit.

«Es gilt, als ‹CHollektiv› einen besseren Umgangmitainander zu finden.»

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Verzweifelte Suche nach einem Kamin: Müslüm unterwegs in Ostermundigen bei Bern.

Der heute 31-jährige Semih Yavsaner, Berner mit türkischen Wurzeln,kreierte die Figur des etwas tölpel- und machohaften, dafür umso lie-benswürdigeren türkischen Einwanderers Müslüm vor vier Jahren fürTelefonscherze auf dem Alternativsender Radio Rabe in Bern. Im Som-mer 2010, gerade Vater geworden und auf Jobsuche, machte Yavsanerauf Anfrage ein Video gegen die SVP-Initiative zur Abschaffung desautonomen Kulturzentrums Reitschule. Er tritt dort als Müslüm auf, derden SVP-Exponenten Erich Hess fragt, warum er denn «so viel Stress»mache, ob er «chaine Liebe becho» habe. Semih/Müslüm startete durch:Der Song wurde ein Youtube-Hit, bis heute rund 900000 Mal angeklickt.Im Dezember schlüpfte Müslüm dann in die Rolle des Samichlaus undtoppte damit den Erfolg von «Erich, warum bisch du nid ehrlich» nocheinmal. Im Musikvideo sucht er unter Migranten nach schwarzen Schä-fli, die er ausschaffen will. Er findet diese aber nicht und landet statt-dessen in einer fröhlich feiernden Runde, der er sich schnell anschliesst.

Das gibt jedoch Ärger mit dem griesgrämigen Nachbarn Herrn Mörger-li, der ausser Argwohn gegenüber den gut gelaunten migrantischenNachbarn keine anderen Sörgeli hat. «Samichlaus» erreichte Platz 18 derSchweizer Single-Charts und ist bis heute der meistgesehene SchweizerMundartclip überhaupt. Auch diesen 6. Dezember ist Müslüm als gut-mütiger Samichlaus in Bern unterwegs. Im Sommer und Herbst diesesJahres spielte Yavsaner als Müslüm im Meret-Matter-Stück «Stadtrand-fahrt» im Schlachthaus Theater Bern die Hauptrolle, für nächstes Jahrist die Herausgabe einer CD geplant. Der heilige Nikolaus wurde übrigens tatsächlich im vierten Jahrhundertnach Christus in der Region Lykien im Gebiet der heutigen Südtürkei ge-boren, wo er später als Bischof wirkte. Dort vollbrachte er seine zahl-reichen Wunder, die ihn zu einem der populärsten katholischen Heili-gen machten. (fer)Videos auf www.youtube.com: Stichwörter «Müslüm Erich» und «Müslüm Samichlaus»

«Samichlaus» – meistgesehener Mundart-Clip aller Zeiten

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Kein Durchkommen: Küche einer Messie-Wohnung in Deutschland.

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VON RETO ASCHWANDEN

Dies ist die Geschichte einer Frau, der ihre Habseligkeiten buch-stäblich über den Kopf gewachsen sind. Bis eines Tages die Behördeneinschreiten und ihre Wohnung zwangsräumen wollen. Und es geht indieser Geschichte darum, wie sich Ordnung ins Chaos eines Messiesbringen lässt, ohne seine Existenz zu zerstören.

1977 mietet Annemarie Grunder* eine kleine Wohnung in einer Ber-ner Gemeinde. Bis zu ihrer Pensionierung vor einem Jahr geht sie mor-gens zur Arbeit und kommt abends wieder heim. In der Nachbarschaftfällt sie nicht auf. Hinter ihrer Wohnungstür schafft sie Schicht umSchicht ein eigenes Reich. Bücher, Fotoalben und Andenken. Wie dasangefangen hat, kann Frau Grunder nicht genau sagen, aber es hängewohl mit einer Prägung aus der Kindheit zusammen: «Meine Eltern hat-ten im Krieg geheiratet und kannten den Mangel. Wir wurden zur Spar-samkeit erzogen. Der Vater brachte von den Baustellen, auf denen er ar-beitete, immer Sachen heim, die man noch brauchen konnte.» In derSchule fand Annemarie nie recht Anschluss, blieb auch als Teenager ei-ne Aussenseiterin. Andere Mädchen hatten einen Freund, sie begann,Zündholzbriefchen zu sammeln. «Das habe ich dann als Hobby betrie-ben. Später kamen Rahmdeckelchen dazu. Irgendwann begann ich mitFotografien und für die Bilder braucht man auch wieder Alben. Ich ha-be mein Leben lang immer irgendetwas gesammelt.»

Die Fenster im KellerFrau Grunder ist alleinstehend. Deshalb merkt lange niemand, wie

die Stapel in ihrer Wohnung Jahr um Jahr wachsen. Bis der Hausbesit-zer neue Fenster einbauen will. «Man kam schlicht nicht an die Wände.In der ganzen Wohnung gab es nur noch kleine Gänge, ansonsten waralles überstellt», erinnert sich Hansmartin Merz, der Geschäftsführer derHausverwaltung. Zunächst ist er einfach erstaunt, dass jemand so lebenkann. Und froh, dass die anderen Mieter nie reklamieren. «Wir hatteninsofern Glück, dass es nie Geruchsemissionen oder so etwas gab. Er-schrocken sind wir beim Anblick der Wohnung trotzdem. Und wir ha-ben uns gefragt: Was machen wir jetzt?»

Annemarie Grunder versucht ein Wochenende lang, so weit Ord-nung zu schaffen, dass die Handwerker zu den Fenstern kommen. Alssie am Montag zur Arbeit geht, hinterlegt sie den Schlüssel. «BeimHeimkommen fand ich einen Zettel: So können wir nicht arbeiten.» Su-sanne Wenger arbeitet in Merz’ Firma als Im-mobilienverwalterin und wird mit der ZeitFrau Grunders Ansprechpartnerin. Sie ist es,die nach der gescheiterten Fenstererneuerungden Sozialdienst von Grunders Wohngemein-de informiert: «Wir wollten sichergehen, dass die Gemeinde Bescheidweiss – damit wir beim weiteren Vorgehen Unterstützung bekommen,denn alltäglich war diese Situation für uns nicht.» Etwas später meldetsich auch die Polizei bei der Gemeinde – bei einer Verkehrskontrollewar den Beamten aufgefallen, dass sich in Frau Grunders Auto Kartonsstapelten.

Messies«Sie räumten einfach alles weg»Für einen Messie gibt es nichts Schlimmeres als eine Zwangsräumung. Doch genau das ist oft die ersteMassnahme von Vermietern und Sozialbehörden, die mit einem krankhaften Sammler konfrontiert wer-den. Wie es anders geht, zeigt die Geschichte von Annemarie Grunder.

Die Gemeindebehörden reagieren massiv. Sie inspizieren die Woh-nung und wollen sie anschliessend räumen lassen. Als sich Frau Grun-der wehrt, droht der Sozialdienst der Gemeinde mit einem fürsorgeri-schen Freiheitsentzug, um eine Zwangsräumung durchzuführen. FrauGrunder lenkt ein, um nicht in die Psychi zu müssen. Man versprichtihr, bei der Räumung behutsam vorzugehen. «Doch als sie dann losleg-ten, warfen sie einfach alles der Reihe nach weg. Auch Kleider und Win-terstiefel, einfach schön der Reihe nach, was gerade am Nächsten lag.Ich fand die Art und Weise total zynisch: Das brauchen Sie im Momentja nicht – und weg. Die Behörden wollen einfach alles wegräumen, wasnicht ganz normal ist. Es ist dasselbe wie mit den Verdingkindern da-mals.» Die Situation eskaliert, die Räumung wird unterbrochen. FrauGrunder droht mit Selbstmord und wendet sich an die Selbsthilfegrup-pe lessmess. Über diese gelangt sie an eine Ergotherapeutin, die beimSozialdienst der Gemeinde interveniert und Alexander Frommherz ein-schaltet, der mit der Firma Praxas Aufräumhilfe anbietet.

Es wird ein runder Tisch einberufen, an dem Frau Grunder, die Haus-verwaltung, der kommunale Sozialdienst und ein Vertreter von Praxaseine Lösung suchen. Die Gemeinde betrachtet den überfüllten Balkonund die Wohnungsböden als einsturzgefährdet, da laut der Muldenfir-ma elf Tonnen Material in der Zweizimmer-Wohnung lagern. DochHansmartin Merz gibt Entwarnung: «Ich bin Bauingenieur und habe dasnachgerechnet: Da kann nichts passieren, auch wenn wir den Balkon imAuge behalten müssen.» Der Hausverwalter betrachtet die Sache prag-matisch: «Was hätten wir davon, auf Konfrontationskurs zu gehen? Ei-ne Zwangsräumung mit unschönen Szenen, alle regen sich auf und esgibt ein Riesenpuff. Das steht in keinem Verhältnis zu diesen Fenstern.»Also kommen die vorläufig in den Keller. Die Gemeinde ist einverstan-den, dass Frau Grunder die Möglichkeit erhält, gemeinsam mit Praxasselber Ordnung zu schaffen.

Der Traum vom BauwagenEs ist ein langer Prozess. Der Frust über den Verlust der Dinge beim

Räumungsversuch der Gemeinde sitzt tief bei Annemarie Grunder: «Dasblockiert mich irgendwie, deshalb komme ich bis heute nicht richtig vor-wärts.» Trotzdem hat sie es geschafft, einen Teil ihrer Bücher in eine Ga-rage und einen alten Stall auszulagern. «Ich bin ein Bücherwurm und esfällt mir schwer, meine Bibliothek nicht bei mir zu haben.» Frau Grunderkann nicht einfach Dinge wegwerfen. Oft ist es schon ein Schritt, die Sa-

chen neu zu ordnen. Die Rolle von Praxas sieht Frau Grunder so: «Manräumt zusammen Sachen weg, putzt und schaut, was ich entbehrenkönnte. Und manchmal reden wir auch einfach darüber, wie wir vorge-hen wollen und wie es sich anfühlt, Dinge zu entsorgen.» Praxas ist nichtder verlängerte Arm von Vermietern oder Sozialämtern, die eine Woh-nung geräumt haben wollen.

Andere Mädchen hatten einen Freund, AnnemarieGrunder begann, Zündholzbriefchen zu sammeln.

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xander Frommherz erlebt selten so viel Verständnis von Hausbesitzernund Verwaltungen. Oft ist das Verhältnis zwischen den Parteien bereitszerrüttet, wenn er auf den Plan tritt. «Ist bereits eine Kündigung ange-

droht oder ausgesprochen, ist es schwierig, die Situation noch zu retten.Je früher wir beigezogen werden, desto eher können wir helfen.» Istaber Druck von aussen da, helfen sie dem Betroffenen auch notfallmäs-sig beim Aufräumen.

Verwalter Merz aber übt sich in Geduld. Schmunzelnd sinniert er,dass ein Messie je nachdem ein recht angenehmer Mieter sein könne,weil er nämlich nie anruft und nach einem Handwerker verlangt, der et-was in der Wohnung reparieren soll. Mit anderen Mietern hat er mehrProbleme: «Wenn jemand regelmässig nach zehn Uhr abends laute Mu-sik hört, verursacht er viel mehr Ärger als ein Messie, der sich in seineWelt zurückzieht und sich still verhält.» Frau Grunder macht keinen Är-ger. Sie will nur ihre Ruhe und in ihrem eigenen Tempo Ordnung schaf-fen. Und Praxas ist ihr dabei eine Hilfe und gleichzeitig ein Druck, densie im Hintergrund spürt. Manchmal überlegt sie sich, was es dennbräuchte, damit sie all ihre Habseligkeiten loslassen könnte. AnnemarieGrunder sagt: «Ich könnte es leichter akzeptieren, wenn meine ganzenSachen bei einem Erdbeben oder einem Brand zerstört würden. Daswäre dann höhere Gewalt. Aber die Brutalität einer Zwangsräumung,wenn Wildfremde finden, das brauchst du nicht, das muss weg, die er-trage ich nicht.» ■* Name geändert

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Kein Erbarmen: Behördliche Entsorgung der Habseligkeiten eines Messies.

Aussenstehende haben Mühe zu verstehen, weshalb es fürs Aufräu-men professionelle Hilfe braucht. Das könnten doch Freunde und Ver-wandte ebenso gut – und günstiger. Doch Alexander Frommherz sagt:«Angehörige als Aufräumhilfe, das funktioniertfast nie.» Wer nicht selber betroffen ist, kannkaum nachvollziehen, wie schwer es einemMessie fällt, sich von seinen Sachen zu tren-nen, was bei allem guten Willen fast zwangs-läufig zu Konflikten führt. Am Willen fehlt es Frau Grunder nicht. Undsie gehört auch nicht zu jenen Messies, denen es in ihrem Tohuwabohupudelwohl ist. «So richtig wohl fühle ich mich nicht, wenn ich heim-komme. Ich möchte ja Ordnung schaffen, aber manchmal bleibts beimWollen. Meine Therapeutin spricht von einer Erledigungsblockade. Ichwill und probiere auch, aber wenn es nicht geht, dann war es halt wie-der nichts.» Es kam schon vor, dass Frau Grunder das Chaos daheimnicht mehr ausgehalten hat und über Nacht zu Freunden geflohen ist.

Manchmal träumt Frau Grunder von einem Bauwagen oder einem al-ten Eisenbahnwaggon. Der böte Platz für ihre ganzen Bücher und viel-leicht könnte sie ja auch gleich dort wohnen. Vorerst aber versucht sieweiter, ihre Wohnung in Ordnung zu bringen. Denn schliesslich sind daimmer noch die Fenster, die irgendwann eingebaut werden sollen. FrauGrunders Ziel ist der nächste Frühling. Eine Garantie, dass sie dasschafft, will sie nicht abgeben, es ist einfach das, was sie sich wünscht.Dabei muss sie auch mit Rückschlägen umgehen können: «Im Momentsieht es wieder mal grässlich aus. Ich bin auf der Suche nach etwas Be-stimmtem und dabei fällt halt einiges durcheinander.»

Verwalter Hansmartin Merz erinnert Frau Grunder dann und wannan die Fenster, die noch auf den Einbau warten. Und er versucht, seineMieterin mit der Aussicht auf einen neuen Boden zu motivieren. Ale-

Wenn Frau Grunder das Chaos daheim nicht mehr aushält,flieht sie über Nacht zu Freunden.

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JapanDas Beben auf der StrasseAls im März die Erde zitterte, ahnte keiner, wie sich die Naturkatastrophe auf das Leben derLangzeit-Obdachlosen in den japanischen Grossstädten auswirken würde. Nun zeigt sich: Diewirtschaftlichen Folgen stellen die schwachen Sozialsysteme des Landes auf eine harte Probe.

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VON OLIVER ZWAHLEN

«Es ist schwerer geworden, seit dem Erdbeben», sagt Yuji Yamamoto.Der 56-jährige Langzeit-Obdachlose mit der modischen Brille und dermarkanten Zahnlücke hat seine selbst gemalten Zeichnungen und Skiz-zen auf dem Boden ausgebreitet. Ihr Markenzeichen sind die bitterenWorte, welche die Rückseite in Form von Kaligrafien zieren: «Tod auf Ra-ten» oder «Schmerz ist ein Lehrmeister» heisst es dort. Seit Jahren ver-sucht Yamamoto, solche Arbeiten vor dem Westausgang des BahnhofsShinjuku zu verkaufen. Noch im vergangenen Winter hat ihm eines sei-ner Bilder mit etwas Glück hier, vor der geschäftigsten Bahnstation in derInnenstadt von Tokio, umgerechnet 50 Franken eingebracht. «Aber nunsparen die Leute», klagt Yamamoto. «Sie haben kein Geld mehr für Men-schen wie mich.» Sein letztes Bild hat er für nur gerade 500 Yen an einenTouristen verhökert. Das sind knapp sechs Franken.

Sparsam in der KriseWas Yamamoto erzählt, erleben derzeit in Japan viele Menschen am

unteren Ende der sozialen Leiter. Geld für Soziales fehlt. Auch beimStrassenmagazin ohne «The Big Issue Japan» spürt man einen strenge-ren Wind wehen. Nachdem die Auflage der voracht Jahren gegründeten Strassenzeitung stän-dig gestiegen war, erlebte das Projekt in die-sem Sommer zum ersten Mal einen markantenRückgang der Verkaufszahlen. Innert kürze-ster Zeit veräusserten die 150 vorwiegend in Osaka und Tokio tätigenVerkäufer zehn Prozent weniger Hefte. Die Auflage des zweiwöchent-lich erscheinenden Magazins sank auf 30000 Exemplare. «Wir wissennicht genau, woran das liegt», erklärt Miku Sano, Chefredaktorin und

Mitbegründerin von «The Big Issue Japan». «Aber wir vermuten, dassbei den Spendenaktivitäten eine gewisse Akzentverschiebung zugun-sten der Erdbebenopfer stattgefunden hat.» Der hohe Yen-Kurs, die Aus-wirkungen des Strommangels und eine allgemein geringe Konsumfreu-de hätten das ihrige beigetragen, um die bereits zuvor angeschlageneWirtschaft im Reich der aufgehenden Sonne weiter ins Stottern zu brin-gen. «In Krisenzeiten sind die Leute eben sparsamer», meint Sano.

Für sozial schwache Gruppen wie die Obdachlosen, die zu einem be-trächtlichen Teil von der Hilfe nichtstaatlicher Organisationen abhän-gen, verheisst das wenig Gutes. Doch es könnte noch schlimmer kom-men, warnt Toshio Mizuuchi, Professor für Geografie an der StädtischenUniversität Osaka. «Niemand weiss, was mit all den Menschen passiert,die ihr ganzes Hab und Gut verloren haben oder wegen der Verstrahlungnicht mehr in ihre Heimat zurückkehren können», sagt der Wissen-schaftler und Berater des Ministeriums für Soziales. Für die nächstenzwei Jahre seien sie zwar dank Spezialprogrammen der Regierung ver-sorgt. Doch wer sich bis dann kein neues Leben aufgebaut hat, läuft Ge-fahr, durch die grob gestrickten Maschen der staatlichen Hilfe zu fallenund auf der Strasse zu landen. Die Folge: Immer mehr Menschen müs-sen sich weniger Ressourcen teilen.

Damit wiederholt sich ein Stück weit, was vor 17 Jahren nach demverheerenden Erdbeben in Kobe passiert ist. Auch damals hatten die Fol-gen der Erdstösse die sozialen Probleme verschärft. Nachdem 1990 diesogenannte Bubble-Economy geplatzt war, brach der japanische Aktien-

Das japanische Sozialsystem beruht auf Lebensstellen.Doch viele Branchen stellen nur noch Tagelöhner ein.

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Schlafen unter Brücken und in Internetcafés: Obdachlose in Japan.

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und Immobilienmarkt zusammen. Als Reaktion wurden Arbeiterrechteaufgeweicht und immer mehr Branchen begannen, nur noch Tagelöhnereinzustellen. Das japanische Sozialsystem, das auch heute noch weitge-hend auf dem längst veralteten Konzept einer Anstellung auf Lebzeitenberuht und nur diejenigen zum Bezug von So-zialhilfe berechtigt, die länger als ein halbesJahr an der gleichen Stelle gearbeitet haben,wurde mit der neuen Situation nicht fertig. Im-mer mehr Menschen konnten keine Arbeit fin-den und verloren damit auch die Möglichkeiteine Unterkunft zu mieten. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklungim Jahre 2003, als landesweit fast 26000 Obdachlose registriert wurden.

Auch der obdachlose Maler Yamamoto ist ein Opfer jener Zeit. «Ichwar ein Playboy», erzählt er nicht ohne Stolz und sortiert seine ausge-legten Bilder neu. Seit seiner Ausbildung habe er im Baugewerbe gear-beitet. Er konnte von Stadt zu Stadt reisen und ein abenteuerliches Le-ben führen. Doch nach der Asienkrise musste er sich auf dem Arbeits-markt zunehmend gegen jüngere und kräftigere Konkurrenten durch-zusetzen. Der Zeitraum zwischen den Arbeitseinsätzen wurde längerund das Geld reichte für immer weniger aus. Vor etwa zehn Jahrenübernachtete Yamamoto das erste Mal draussen. Zuerst nur für einigeTage, das nächste Mal ein bisschen länger. Seit fünf Jahren hat er sichfest unter einer Brücke eingerichtet, denn dort, so sagt er, gebe es imGegensatz zu den Stadtparks kaum Probleme mit Zwangsräumungen.Klagen will Yamamoto indes nicht: «Ich wollte schon immer Künstlerwerden», sagt er. «Jetzt habe ich die Freiheit, das zu tun, was ich wirk-lich gerne tue.»

Obdachloser ArchitektObwohl das Durchschnittsalter der Obdachlosen bei der jüngsten Er-

hebung aus dem Jahre 2007 bei 57,5 Jahren lag und 15,6 Prozent vonihnen bereits seit über zehn Jahren ein Leben auf der Strasse führten,sind inzwischen zunehmend auch junge Menschen betroffen. Wie vie-le das sind, weiss keiner genau. Der Geograf Mizuuchi schätzt, dass diestaatliche Statistik nur etwa jede zehnte Person erfasst, die tatsächlichüber keine geregelten Wohnverhältnisse verfügt. Tendenz steigend.Grund dafür ist, dass wegen der eng gefassten Definition nur die soge-nannten «rough homeless» in der Statistik auftauchen, also Menschen,die tatsächlich auf der Strasse oder in temporären Zeltsiedlungen in denParks oder entlang der Flüsse übernachten. «Doch gerade die jungenLeute bauen keine festen Zeltsiedlungen mehr auf, sondern übernach-

ten hauptsächlich in Internetcafés», so Mizuuchi. Die japanischen Me-dien haben für diese Erscheinung bereits einen Namen gefunden: Inter-netcafé-Flüchtlinge oder auf Japanisch: netto kafe nanmin. So sind dannauch die statistischen Erfolge mit Vorsicht zu geniessen, wonach sich

die Zahl der Obdachlosen seit dem Höhepunkt vor acht Jahren auf rund13000 Menschen halbiert hat. «Wenn man die Zahlen der Wohnungslo-sen statt jene der Obdachlosen betrachtete, würde sich zeigen, dass sichnicht viel verändert hat», ist Professor Mizuuchi überzeugt.

«Viele unserer Verkäufer sind Internetcafé-Refugees», erklärt «BigIssue»- Chef redaktorin Sano. «Sie können bei uns genügend Einkommengenerieren, um es sich zu leisten, hauptsächlich in den Internetcafés zuleben.» Einer von ihnen ist Hideki Hamano, der nur wenige HundertMeter von Yamamoto vor einem anderen Ausgang des Bahnhofs vonShinjuku «Big Issue» anbietet. Der 44-Jährige, der mit dem Verkauf derStrassenzeitung ein Monatsgehalt von umgerechnet etwa 300 Franken er-wirtschaftet, lebt seit acht Monaten bei gutem Wetter in einem nahege-legenen Park in einer Kartonschachtel; bei Regen und Kälte übernachteter in einem Internetcafé. Dort gibt es einen abtrennbaren Raum mit ei-nem Sofa, auf dem man sich hinlegen kann. «Das ist ganz gemütlich.»

Von Wohnqualität hat Hamano tatsächlich eine Ahnung: Er war vorseinem Absturz einmal Architekt im südjapanischen Kumamoto. Denhohen Druck bei der Arbeit hatte er versucht, mit Alkohol zu bewälti-gen – bis das irgendwann einmal nicht ging, er seine Stelle und Freun-de verlor und sich schliesslich in eine Entzugsklinik begab. Als er dieKlinik verliess, stellte er fest, dass er nicht für Sozialhilfe qualifiziertwar – er hatte sich zu spät gemeldet und wichtige Fristen versäumt. Ei-gentlich würde Hamano gerne wieder hinter dem Zeichenpult sitzen.«Aber ich habe weder einen festen Wohnsitz noch einen Telefonan-schluss. Bewerbungen von solchen Leuten landen gleich im Papier-korb», weiss er. Hamano hofft nun, dass er mithilfe von «Big Issue»irgendwann wieder ins alte Leben zurückfindet: «Leicht wird das nicht.»Wie Tausende andere ringt Hamano um eine würdige Existenz. Es ist einKampf gegen soziale Strukturen, die weder auf Absturz noch aufWiedereingliederung ausgerichtet sind. ■* Name geändert

Der Strassenverkäufer Hideki Hamano übernachtetbei Regen und Kälte in einem Internetcafé: «Das istganz gemütlich.»

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PartnerschaftDie ScheidungsschuleNicht immer hält das Heiratsglück, was es verspricht. Inzwischen wird in der Schweiz bereitsmehr als jede zweite Ehe geschieden. Ein schmerzhafter Prozess, auf den niemand wirklich vor-bereitet ist. Dem will in Basel eine «Scheidungsschule» entgegenwirken.

VON MICHAEL GASSER (TEXT) UND PATRIC SANDRI (ILLUSTRATION)

Heiraten ist nicht schwer, Scheiden dagegen sehr. Wer sich zum Stan-desamt begibt, glaubt selbstredend an eine gemeinsame rosige Zukunft.Auch wenn die Zahlen noch so dagegensprechen: Laut Bundesamt fürStatistik wurde 2010 in der Schweiz 43257 Mal geheiratet und 22081 Malgeschieden. Eine Heiratsschule anzubieten, wäre also nicht das Schlech-teste, wie auch Josef Hänggi, Leiter des Zentrums für Agogik (zak),meint. Doch stattdessen bietet das in Basel beheimatete Institut seit2009 eine Scheidungsschule an. «Wir setzen also erst ein, wenns Pro-bleme gibt.» Und somit eigentlich zu spät. Es glaube eben keiner daran,

dass ausgerechnet seine Ehe scheitern könnte. «Dementsprechend ge-ring ist auch die Motivation, schon im Vorab etwas zu unternehmen.»

In Hollywoodstreifen älteren Datums fuhren Trennungswillige kurznach Reno, Nevada, und konnten schon binnen Minuten und scheinbarohne weiteren Aufwand getrennte Wege gehen. Sich in der Schweizscheiden zu lassen, war hingegen noch nie eine schnelle oder simpleAngelegenheit. Woran sich auch mit dem revidierten, seit dem Jahr 2000geltenden Scheidungsrecht, das immerhin keine Schuldfrage mehrstellt, nichts geändert hat.

Dennoch versprechen Websites wie www.onlinescheidung.ch, dieVorbereitung auf eine Scheidung sei «noch nie so einfach und billig» ge-

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wesen, natürlich dank ihres Angebotes. Gerade mal 760 Franken kostetder Nicht-Spass, exklusive Gerichtskosten. Ein gangbarer Weg – abernur, wenn die Verhältnisse zwischen den beiden Scheidungswilligenkomplett geklärt und bereinigt sind. Was eher die Ausnahme sein dürf-te. Wenn zwei voneinandergehen, fliegen bekanntlich öfters die Fetzen.Vor allem, wenn sich die Diskussionen um gemeinsame Kinder oder ei-ne zu teilende Pensionskasse drehen.

Laut ihrer Website eignet sich Hänggis ziemlich anders gelagerteScheidungsschule – die Idee dafür stammt aus den Niederlanden – iners ter Linie für Menschen, die «erwägen, sichzu trennen oder scheiden zu lassen». An vierThemenabenden werden Interessierte, respek-tive Betroffene, mit Hinweisen zu den prakti-schen, juristischen, sozialen und psychologi-schen Seiten einer Trennung «gefüttert». Füreinen überaus bescheidenen Betrag. Josef Hänggi nennt die Abende «In-formationsveranstaltungen». Und will damit ausdrücken, dass dabeiweniger in die Tiefe als in die Breite gegangen wird. Kein Anspruch aufAllumfassendes also, dafür Aussicht auf einen möglichst guten Über-blick. Geleitet werden die Abende von in der Praxis tätigen Dozenten.Fachleuten, die sich seit Jahren mit ihrer Materie auseinandersetzen.Trotzdem wurde die Scheidungsschule keineswegs im Schnellschuss-verfahren aus dem Boden gestampft, hält Hänggi fest. Man habe x Kon-zepte angefertigt, unglaublich viel diskutiert. «Nun verhebt das Pro-gramm.» Auch wenn es zahlenmässig noch keine Erfolgsgeschichte seiund bis auf Weiteres durchs zak querfinanziert werden müsse. DieSchwellenangst der Betroffenen ist offensichtlich um einiges höher, alsursprünglich vermutet. An die 40 Menschen – in der Regel ohne ihrenPartner – hätten die fünf bis dato durchgeführten Kursblöcke besucht –wesentlich weniger, als erhofft. Fallen lassen wolle man das Programmaber auf keinen Fall. Zu fest ist man von dessen Wichtig- und Richtig-keit überzeugt.

Anregung zur SelbstreflexionAm Kursabend «Scheidung anders anpacken – Psychologische Tipps

zur Bewältigung einer Scheidung» befindet sich kurz vor 19 Uhr einzigDr. Eberhard Frey, Psychotherapeut und Mediator, im nüchtern gehalte-nen Schulungsraum. Ob ausser dem angemeldeten Paar noch jemandkommt, kann er nicht vorhersagen – denn eine Voranmeldung für dieeinzelnen Abende ist nicht zwingend; selbst Kurzentschlossene sindwillkommen. In fast letzter Minute erscheint das besagte Paar, eigensaus der fernen Zentralschweiz angereist. Frey lässt die beiden an einemPult vor sich Platz nehmen, startet den Hellraumprojektor, ordnet seineFolien und beginnt auszuholen. Dass er sich nicht nach den näherenEheumständen des Paares erkundigt, ist ganz bewusst – die Privatsphä-re der beiden soll möglichst geschützt werden. Um so mehr, als das Paarerst vor Ort von der Anwesenheit eines Journalisten erfährt. Einzig dieFrage, ob Kinder mit im Spiel sind, möchte er im Vorab beantwortet ha-ben – es sind.

«Eine Trennung oder Scheidung geht nicht ohne Konflikte ab, nie»,sagt Frey. Er arbeitet sich mit hoher, aber beinahe beruhigender Kadenzdurch Themen wie «Trennung als Besinnungspause», «Konflikt lässt sichnicht vermeiden, aber Gewalt» und Fragen wie: «Wo stehen wir gegen-wärtig?» oder «Was macht einen Streit so schwierig?» Nicht, weil er dieDinge nur oberflächlich benennen möchte, sondern weil es innerhalbzweier Stunden möglichst vieles abzudecken gilt. Und Frey, wie er spä-ter sagt, die aktuelle Situation der Teilnehmenden jeweils von verschie-densten Seiten beleuchten möchte.

Von vielen der genannten Brennpunkte hat schon ein jeder vernom-men, egal ob man nun verheiratet ist oder nicht. Für die Betroffenen sol-le es, so Frey, vor allem darum gehen, ihren eigenen Standpunkt zu er-kennen. Weshalb man für sich überlegen solle, wie objektiv man seineeigene Situation denn wirklich einschätzen könne. Aber auch, wie stark

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das Verhalten des Partners bei einem selbst ganz bestimmte Verhaltens-weisen hervorrufe. Anders gesagt: jede Menge Informationen, die zumSelbstreflektieren anregen mögen.

Der Teufel steckt bekanntlich in den Details. Und für diese bleibtnicht immer Zeit, auch wenn Frey das Paar immer wieder dazu auffor-dert, nachzufragen. Vor allem gegen Ende des Abends werden Fragenformuliert. Und zwar in den Momenten, als die Rede auf die Kinder undderen künftigen Kontakt zum Vater kommt. Im Nu sprühen die Funken,die Worte sprudeln aus den beiden nur so heraus und der zwischen ih-

nen liegende Graben wird augenscheinlich. Frey versucht die Gemüterwieder zu beruhigen, dabei versucht er nicht etwa, fixfertige Antwortenzu liefern, und schon gar nicht, Partei zu ergreifen.

Vielmehr weist Frey darauf hin, dass es hilfreich sein könne, zu hö-ren, was der andere einem mit seinen Vorwürfen sagen will. Dass sichdie zwei übers eigene Verhalten ihre Gedanken machen und sich einenSchritt näher kommen. Bevor sich das Paar auf den Heimweg begibt,überreicht Frey ihnen diverse Kopien zuvor gezeigter Folien. Mit ihnensollen sich die Teilnehmer daheim die wichtigsten der aufgeworfenenFragen nochmals vor Augen führen können.

Die Sache mit den EmotionenZwei Wochen darauf: ein Telefongespräch mit Eberhard Frey, um

nachzuhaken. Aus seiner Sicht bietet der vorgegebene Rahmen der Ver-anstaltungsreihe «Vorträge mit Diskussionsmöglichkeiten» den Teilneh-mern viel Schutz. Sie müssen sich nicht zu ihrer Situation äussern, son-dern können so anonym bleiben, wie sie wollen. «Wer will, kann sichaber einbringen – ganz so, wie es für ihn stimmt.» Frey gibt zu beden-ken, dass der Abend ohne Anwesenheit des Journalisten «sehr viel per-sönlicher verlaufen wäre. Ich hätte mehr ihre aktuelle Situation als Paarin den Mittelpunkt gerückt, ganz sicher.» Zu den Hauptlinien seiner Ver-anstaltung zähle es, klare Informationen zu liefern und den Betroffenenaufzeigen zu können, in welchem Dilemma sie stecken. Häufig wisse ei-ner der beiden Partner gar nichts von den Trennungsabsichten des an-deren. «Da gilt es unbedingt, für Transparenz zu sorgen.» Erst dann kön-ne sich ein bestehender Knoten zu lösen beginnen. «Viele glauben, mankönne alles mit dem Kopf lösen, die Sachfragen machen aber nur gute20 Prozent aus.» Der ganze Rest seien Schwierigkeiten, die über dieEmotionen gesteuert werden. Aus Freys Sicht eignet sich die Schei-dungsschule vor allem für Menschen, die noch unentschlossen seien, obsie sich scheiden lassen wollen. «Aber auch für Leute, die sich dessenbereits absolut gewiss sind und sich fragen: Was folgt jetzt?» Die sim-plifizierte Antwort: die nächsten Schritte, natürlich.

Und genau auf diese fokussiert die Scheidungsschule. Sie ist ein Aus-gangspunkt, eine Wegkreuzung, nicht mehr und nicht weniger. Lösun-gen werden weder versprochen noch auf dem Silbertablett serviert. DieKnochenarbeit und die nötige Selbsterkenntnis liegen ganz in der Ver-antwortung der Betroffenen. Sie sind es, die sich das Leben gegenseitigerleichtern oder weiter verkomplizieren können. «Man sollte nicht dieErwartung hegen, dass man durch die Scheidungsschule von allen Pro-blemen ‹geheilt› wird», sagt Institutsleiter Josef Hänggi. «Dass man mitweiterhelfenden Informationen ausgestattet wird, das darf man hinge-gen erwarten.» Womit auch klar sein dürfte, dass das Heiraten wohl aufewig einfacher bleiben wird als das Scheiden. ■

www.scheidungsschule.ch

«Man sollte nicht die Erwartung hegen, dass mandurch die Scheidungsschule von allen Problemen‹geheilt› wird.»

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Ehe), die nicht mehr, wie noch vor ein paarJahren, als anschmiegsame und anspruchsloseGefährtinnen gelten, sondern als Garantinnen,dass der Nachwuchs in den Genuss einer zu-kunftstauglichen Erziehung kommt. Und die scheint wichtiger denn je. AsiatischeUniversitäten sind nicht schlechter als unsere.Ganz im Gegenteil. Unser einstiger Vorsprungkönnte sich in einen Nachteil verkehren, wennwir uns erlauben, den Pool der Talente auf Per-sonen mit reichen Eltern zu beschränken. Diezehn besten einer Disziplin sind auch bei sie-ben Milliarden Menschen nur zu zehnt, alleindas Feld, gegen das sie sich durchgesetzt ha-ben, ist viel breiter. Das heisst auch, dass estrotz chinesischen Erziehungsmethoden, deut-scher Arbeitsmoral, amerikanischem Unter-nehmergeist, indischer Gelassenheit undSchweizer Präzision viel mehr Menschen ge-ben wird, die die Besten sein wollen, aberscheitern. Mehr Menschen bedeutet eben auchmehr Verlierer.

STEPHAN PÖRTNER

([email protected])

ILLUSTRATION: MILENA SCHÄRER

([email protected])

Seit ein paar Wochen gibt es offiziell siebenMilliarden Menschen auf der Erde. Wederweiss ich, wie man die Menschen zählt, nochkann ich mir unter sieben Milliarden irgendet-was vorstellen. So wenig wie unter 3,5 Milliar-den, so viele waren es, als ich geboren wurde.Es gibt Berechnungen, die besagen, dass dieErde gut zehn Milliarden Menschen vertragenwürde, vorausgesetzt, diese würden sicheiniger massen vertragen. Es mangelt natürlichauch nicht an Untergangspropheten, aber dadiese sich bisher stets irrten, habe ich aufgege-ben, mich von ihnen erschrecken zu lassen.Obwohl man im Schnellzug Zürich–Bern ei-nen anderen Eindruck gewinnt, leben die we-nigsten dieser Menschen bei uns, und mit unsmeine ich den Kontinent Europa. Dem es auchschon besser ging. Am G-20-Gipfel in Cannes

Wörter von PörtnerSieben Milliarden et moi etmoi et moi

schaute die Welt zwar auf Merkel und Sarkozy,aber die wichtigen Entscheidungen trafen dieBric-Staaten Brasilien, Russland, Indien undChina, die Geld haben. «Wir haben das Geldunter Blut und Tränen verdient», sagte die bra-silianische Staatspräsidentin Dilma Roussef,«wir wollen nicht, dass es verschleudert wird.» Das wäre vor zwanzig Jahren undenkbar ge-wesen. Damals wusste jeder Brasilienurlauberam Stammtisch zu berichten, dass es «det une»nie funktionieren werde. Ich weiss nicht, ob esin Indien, China und Brasilien Stammtischegibt, doch wenn es sie gibt, wird man dort dergleichen Meinung sein, nur das «det une» jetztwir sind. Natürlich ist die Schweiz nicht dieEU, aber wenn sich immer weniger Nationendamit abfinden, dass das ausser Landes ge-schaffte Vermögen ihrer Elite ziemlich genauden Staatsschulden entspricht, könnte unserErfolgsrezept unter Druck geraten.Selbst dem Sorgenkind Afrika wird eine besse-re Zukunft vorhergesagt, befinden sich dortdoch riesige Vorräte an Rohstoffen, Ackerlandund Arbeitskräften. Die ausländischen Direkt-investitionen übersteigen inzwischen die Ent-wicklungshilfe und die Geldsendungen derDiaspora. Vielleicht suchen in 100 Jahren Eu-ropäer Arbeit auf Afrikas Feldern. Dass dieIdee der europäischen Vorherrschaft schonlänger bröckelt, lässt sich auch daran ablesen,dass erfolgreiche weisse Männer heute asiati-sche Frauen haben (oft in zweiter oder dritter

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Schweizer ReggaeEiland und mein Land

VON OLIVIER JOLIAT

Mit einem heiseren «Hallo» öffnet Phenomden die Tür zum One DropStudio. Obwohl erst Mittag, hat er mit der Basler Band The Scrucialistsbereits drei Stunden geprobt, sechs waren es am Tag davor. Die Stimmedes Zürcher Reggae-Sängers leidet. Dass ihm für das Interview GitarristLuc Montini zur Seite steht, hat jedoch andere Gründe. Nach zwei Al-ben und etlichen Konzerten sind Band und Sänger seit 2005 immer mehrzur Einheit gewachsen. Die Songs von «Eiland» schrieben sie nun erst-mals komplett gemeinsam. Montini: «Entgegen der im Reggae üblichenTrennung von Sänger und Riddim-Produzenten haben wir für, nun eherwie eine Rockband funktioniert.»

Eigentlich erstaunlich, hat Phenomden das neue Album ‹Eiland›nicht auf Jamaika aufgenommen. Schliesslich hat er der Insel, wo er ein-einhalb Jahre gelebt hat, den Albumtitel gewidmet. «Ich hab dort extremviel gelernt, hab Gesangs- und Gitarrenunterricht genommen und sogarSongs auf Englisch geschrieben. Aber ich wollte wieder ein Mundartal-bum machen. Ich will verstanden werden und schon beim Schreiben einFeedback bekommen. Darum kamen eigentlich nur die Scrucialists fürdas Album infrage.»

Die Band zeigt, dass sie nicht nur als Backing-Band für die Europa-touren jamaikanischer Sänger erste Wahl ist. «Eiland» schlägt den Bogenvon klassischem Roots-Sound zu modernem Dancehall und mit «Bandi-te und Gängschter» auch über die gängigen Reggae-Stränge. Die Pro-duktion hat internationales Format und die Songs sind mit Bläsern undChörli aufwendig arrangiert. Montini: «Dank dem eigenen Studio kann-ten wir keinen Zeitstress und konnten auch mal eine sechste oder sieb-te Keyboardspur ausprobieren. Nicht alles ist jedoch aufwendig produ-ziert. Songs wie ‹Nur Muet› haben wir so stehen gelassen wie hinge-schissen.»

Verstanden wird Phenomden bestimmt nicht nur von den Scrucia-lists. Seine Texte sind direkt und frei von Metaphern, selbst bei sehr per-sönlichen Songs wie der «Zögere nöd»-Offerte an die Jugendliebe oder«Fearless», dem Nachruf auf einen verstorbenen Freund. Phenomden:«Eine Homestory fände ich viel entblössender. Wenn ich persönlicheThemen einbringe, so werden die Personen zu Protagonisten in einemSong und ich habe die nötige Distanz. Dann versuche ich möglichst un-verschlüsselt, klar und verständlich zu sein.»

Auf wieviel Gehör züridütsche Reggae in der Schweiz stösst, ist über-raschend. Mit über 20000 verkauften Exemplaren des Vorgängeralbums«Gangdalang» gehört Phenomden trotz Spartenmusik zu den Arriviertender Schweizer Mundartszene. Da scheint es beinahe ein Affront, wenner im Titelsong, in «Mystisch das gseh» oder «Reis» von der Ferneschwärmt, während er in «Oh was für en Tag» das politische System und

in «Meh Liebi» die zwischenmenschliche Kälte der heimischen nörd-lichen Hemisphäre anprangert. Phenomden: « ‹Eiland› ist für mich eineLiebeserklärung an einen Ort, wo ich eine wunderbare Zeit hatte. So,wie ‹Wiedike› (vom Debütalbum ‹Fang Ah›) eine Ode an den Ort ist, woich aufgewachsen bin. Klar könnte ich über all das Üble in Jamaika sin-gen. Aber als Gast zeige ich lieber Respekt. Ausserdem hört mir dort jakeiner zu, während ich hier mit Kritik hoffentlich etwas bewirkenkann.» Montini ergänzt: «Mir ist auch lieber, wenn vor der eigenenHaustüre gekehrt wird. Spielen wir als Backing-Band für irgendwelcheSänger, kümmern mich die Texte weniger. Aber mit Phenomden sind wireine Band, da müssen auch wir Musiker dahinter stehen können.»

Die Frage, warum bei all der Einheit vorn auf dem Album bloss Phe-nomden steht, die Scrucialists dagegen nur auf dem Backcover erwähntsind, und das noch falsch geschrieben, löst allgemeines Gelächter aus.Montini: «Das haben wir gemeinsam entschieden, um es einfach zuhalten. Kaum ein Radiomoderator kann unseren Namen aussprechen.The Scrucialists ist schlicht zu kompliziert. Der Cover-Fehler beweist eseinmal mehr …»

Damit es die einzige Panne bleibt, wird kräftig weitergeprobt. 20Shows in renommierten Schweizer Clubs stehen auf dem Programm. ■

Phenomden «Eiland» (One Ton/Nation Music)

Live: Fr., 9. Dezember, Plattentaufe, Rote Fabrik; Zürich,

Fr., 16. Dezember, Schüür, Luzern; Sa., 17. Dezember, Bolgenschanze, Davos.

Weitere Tourdaten: www.phenomden.ch

Von Jamaika nach Basel: Phenomden (vorn) mit den Scrucialists.

Der erfolgreichste Schweizer Reggae-Sänger Phenomden schwärmt nach langem Jamaika-Aufenthalt von derFerne. Ans Gemüt geht es jedoch, wenn er von heimischen Gefilden singt.

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Kulturtipps

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BuchSelbsterkenntnis zum Schmunzeln

Krisen, Kämpfe, Katastrophen … Kolumnist Axel Hacke hat tief inder Beziehungskiste gewühlt und dabei allerlei – für Aussenste-hende – Vergnügliches ans Licht befördert.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Rührt man an das dankbare und unerschöpfliche Thema Beziehungen,löst dies nicht selten eine Welle von Klischees aus. Klischees, die als Puf-fer dienen, um vor Tiefgang zu schützen. Klischees aber auch, in denenKörnchen der Wahrheit wie Sand am Meer stecken. Geht man hier wiebei Träumen mit Analyse ran, verwandelt sich das Oberflächliche insTief-, wenn nicht gar Abgründige. Wem aber der Sinn nicht nach See-lenklempner steht, dem sei ein lustvollerer Hebel ans Paarungsherz ge-legt: Humor. Axel Hacke, Schriftsteller und Kolumnist, Autor von Bestsellern wie «Derkleine Erziehungsberater», «Der weisse Neger Wumbaba» oder «Der klei-ne König Dezember», ist in Sachen Humor ein ausgewiesener Spezialist.Einer, der mit Klischees zu spielen versteht und in seinen Kolumnen zurSelbsterkenntnis mit Schmunzelfaktor einlädt. Knapp vierzig dieser Ko-lumnen hat er nun zu einem Beziehungsberater versammelt.Von kleinen und grossen Kämpfen und Krisen liest man darin, von blan-ken Nerven und Do-it-yourself-Katastrophen, von Gewittern, die sich anBanalitäten entzünden, und nervtötenden Angewohnheiten, die einenungewollt belebenden Beitrag zur Dramatisierung des Alltags leisten.Sei es die Zahnpastatube aus Plastik, die er (immer!) auf den Kopf stellt,damit die Paste der Schwerkraft folgen kann, wogegen sie die Tube (im-mer!) (grundlos!) flach hinlegt. Oder die Schlüssel, die er (jedes Mal!)am selben Ort aufbewahrt, während sie diese (jedes Mal!) mit steigen-der Panik in den Tiefen einer ihrer vielen Taschen sucht.Gründe, die gegen den Fortbestand einer Beziehung sprechen, findensich zuhauf, sodass jedes trotzdem dauerhafte Zusammenleben an einWunder zu grenzen scheint. Doch eben nur «scheint», denn in densel-ben Gründen findet sich sonderbarerweise auch gerade der Kitt, der dasDisparate zusammenhält. Weil das, was uns am anderen stört, uns ammeisten fehlen würde, wenn es plötzlich nicht mehr da wäre. Weil ebendas den anderen zu etwas Besonderem macht, so einmalig wie das Le-ben, das man miteinander teilt. Wer sich darin wiedererkennt, musssich nicht wundern: Denn wir alle sind Bewohner des Planeten Bezie-hungskiste.Axel Hacke: Das Beste aus meinem Liebesleben.

Verlag Antje Kunstmann 2011. 17.90 CHF.

KinoEin Papst brennt durch

Regisseur Nanni Moretti lässt in seinem neusten Werk «HabemusPapam» seine Hauptfigur zweifeln. Nicht an Gott, aber an seinerBerufung zum Papst.

VON MICHAEL GASSER

Der Papst ist tot, lang lebe der Papst. Doch erst muss ja ein neuer her.Regisseur Nanni Moretti beginnt seinen neuen Film «Habemus Papam»mit viel Gravität. Das Kameraauge brennt sich regelrecht auf den Ge-sichtern der Kardinäle auf ihrem Rückzug in die Konklave ein: ein Rei-gen faltiger alter Männer, müde und gebannt zugleich, ob der ihnen be-vorstehenden Aufgabe. Ihre Wahl fällt auf keinen der Favoriten, sondernauf Kardinal Melville (Michel Piccoli). Der scheint bloss verdutzt,nimmt aber das Amt wie in Trance an. Als der neue Papst jedoch auf denBalkon der Peterskirche und vor die Gläubigen treten soll, macht er ei-nen Rückzieher, schreit: «Ich schaffe es nicht!» Während die im Dunklenbelassene Öffentlichkeit nach seinem Namen giert, bestellt der Vatikaneinen Psychologen, «den besten». Doch selbst dieser (Nanni Moretti)schafft es nicht, dem zunehmend desorientiert wirkenden Melville zuhelfen. Der Pontifex nutzt die erste sich bietende Gelegenheit undnimmt Reissaus. Fährt mit dem Tram durch Rom, führt Selbstgesprächeund landet in einem Hotel voller Theatermimen. Was Melville dazubringt, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, mitseinem früheren und längst verdrängten Wunsch, selbst Schauspieler zuwerden. Der aus Geheimhaltungsgründen im Vatikan festgesetzte und entspre-chend gelangweilte Psychologe mischt sich derweil unter die Kardinäle,spielt mit ihnen Karten, schilt sie für die Einnahme horrend starker Be-ruhigungstropfen und beginnt, ein Volleyballturnier für sie zu organi-sieren. Womit «Habemus Papam» einen unerwarteten Dreh ins Groteskeerhält. Was dem Film ein unnötiges Klamaukkleid überwirft und vonPiccolis Spiel ablenkt. Denn auf dem Antlitz des 85-Jährigen lassen sichVerwirrung ebenso wunderbar lesen wie Unsicherheiten und Reue.Nach und nach findet Melville wieder zu sich selbst und er kehrt –wenngleich nicht ganz freiwillig – in den Vatikan zurück, bis auf Weite-res. Einmal mehr war es Nanni Morettis oberstes Anliegen, Komödieund Drama miteinander zu vermählen. Mit respektablem Ergebnis. Hät-te der Italiener nur aufs Drama und Piccoli gesetzt, wäre das Resultatwohl gar grossartig ausgefallen.Nanni Moretti: Habemus Papam, 105 Min., mit Michel Piccoli, Nanni Moretti u. a.

Der Film läuft ab dem 8. Dezember in den Deutschschweizer Kinos.

«Ich schaffe es nicht!» – Michel Piccoli als überforderter Papst.

Sie legt die Zahnpastatube flach hin.

Immer! Grundlos!

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Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

werden?

Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel

Zahlungszweck:

Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag.

Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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ratatat – freies Kreativteam

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Scherrer & Partner GmbH, Basel

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Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

Augusta-Raurica-Loge Druidenorden Basel

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Stellenwerk AG, Zürich

www.bauernschlau.ch, Hof, Web, Kultur

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Niederer, Kraft & Frey, Zürich

Gemeinnütziger Frauenverein Nidau

Knackeboul Entertainment, Bern

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AusstellungWort-be-deutungen

Vieldeutigkeiten, Wortspielereien und Konkrete Poesie: Eine Aus-stellung im Forum Schlossplatz in Aarau thematisiert das Wort alsmächtige Einheit und schöpferisches Prinzip.

VON MONIKA BETTSCHEN

Es ist schon erstaunlich, welch ungeheure Informationsflut ein einzigesWort zu transportieren vermag. Vor allem, wenn man es aus jeglichemKontext herauslöst und für sich selbst stehen lässt, wie dies zurzeit imAarauer Forum Schlossplatz geschieht. Der Einheit Wort wird hier eineschier unendliche Vielzahl an Assoziationen entlockt.«Face» steht da etwa auf eine kleine Leinwand geschrieben. Um die

Buchstaben herum weisse Leere. Eine herausfordernde, fast schon pro-vozierende Leere, die schonungslos mit der eigenen Ungeduld und Er-wartungshaltung konfrontiert. Aber auch eine Leere, die zum Verweilenund Nachdenken einlädt. Das Wort «Face» hat im Englischen, Französi-schen und Italienischen eine ganze Reihe von Bedeutungen. Welche Be-deutung man selbst in dieses Werk von Stephan Gritsch hineinlesenmöchte, bleibt offen. Überhaupt besticht die ganze Ausstellung durchWörter, die manchmal unschuldig, manchmal fast schon monumentalsich selbst genügen. Für die Toninstallation «Calme étendue», die auf ei-ner Performance basiert, hat es sich der niederländische Komponist An-toine Beuger zur Mammutaufgabe gemacht, alle einsilbigen Wörter ausSpinozas «Ethik» in der Reihenfolge ihres Auftretens abzuschreiben unddanach auf Band zu sprechen. Beeindruckende 40000 Wörter sind sozusammengekommen. Beuger liest sie mit ruhiger Stimme in einemlangsamen Tempo; alle acht Sekunden ein Wort. «Speziell an dieser Ar-beit ist, dass beim Hören ein intuitiver Zugang zum Werk Spinozas mög-lich wird, selbst wenn man das Buch zuvor noch nie gelesen hat», sagtManuela Casagrande, Co-Kuratorin der aktuellen Ausstellung. «Alle hiergezeigten Werke lassen ganz bewusst viele Leerstellen, die der Besuchermit eigenen Gedanken füllen kann; der spielerische Umgang mit demWort gegen die Regeln ist ein schöpferisches Prinzip.»Ob Beispiele der Konkreten Poesie oder Sprachpannen und Spielereienaus der Alltagswelt: Die Ausstellung präsentiert das Wort raffiniert alsmächtige Einheit, die Emotionen wecken, zum Lachen bringen, aberauch aufhetzen oder schockieren kann; je nach dem, in welchem Zu-sammenhang es gebraucht oder verstanden wird. Wort – Kabinettstücke einer sprachlichen Einheit, Forum Schlossplatz, Aarau,

4. November 2011 bis 30. Januar 2012.

www.forumschlossplatz.ch

Wortmaterial als Spielzeug: Anton Bruhins «Palindrom», 2010.

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Ausgehtipps

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Deutliche Worte in federnden Popsongs: Nneka.

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Auf TourHerzklopfen

Am Anfang war der Refrain: Ratternde Break-beats und dazu dieser Gesang – als würde eineFrau verschiedene Vokale per Stossatmung aus-stossen. Liest sich schräg, ging 2008 aber ge-schmeidig ins Ohr und seither nie mehr raus.Die Frau heisst Nneka und das Lied «Heartbe-at» – ein Hit, den es mittlerweile in unzähligenRemixes gibt. Die Presse greift bei den Verglei-chen unisono ganz hoch: Lauryn Hill, ErykahBadu und Neneh Cherry. Es geht aber auch be-scheidener: Die Sängerin aus Nigeria, die mit18 nach Deutschland kam, bewegt sich zwi-schen Afrobeat, Reggae, Soul und HipHop. Stil-fragen sind allerdings sekundär, denn Nnekasingt mit dem Herz auf der Zunge. Sie findetdeutliche Worte für die Zustände in ihrer altenHeimat wie auch im Westen und verpasst dochauch ihren intensivsten Stücken einen federn-den Popappeal, der auch tendenziell mürrischeMenschen hüftschlenkernd Richtung Winterwackeln lässt. (ash)Sa, 3. Dezember, 19.30 Uhr, Bierhübeli, Bern;

Mo, 5. Dezember, 20.30 Uhr, Kaserne, Basel;

Di, 6. Dezember, 19 Uhr, Kaufleuten, Zürich.

Boxen wie kleine Strolche: geräuschvoller als im Film.

BaselFilmgeschichte live

Zuschauer imitieren Autohupen, die der Schau-spieler auf Band aufnimmt und wiederum zuFilmeinspielern abspielt. Dazu kommen Slap-stick- und Tanzeinlagen, und die Regieanwei-sungen liest ein Mädchen aus dem Publikumgleich selbst: So erfinderisch kann Mitmach-Film-Musik-Theater für Kinder ab sechs Jahrensein. Grundlage für das sinnenfreudige Büh-nenspektakel des Tastentheaters Schweiz istdie Stummfilmserie «Die Kleinen Strolche –The Little Rascals» aus der 20ern. (dif)Die Kleinen Strolche – Kino für die Ohren und Musik

für die Augen, Sonntag, 11. Dezember, 16 Uhr,

Gare du Nord, Basel.

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Wer das wohl war? Ratlosigkeit im Orient-Express.

BernMord und Totschlag

Die Kinos rüsten auf, landauf landab: Digitalmüssen die Filme heute abgespielt werden,dreidimensional müssen dem Zuschauer blaueUrwaldmenschen, Tintin und Schlümpfe ent-gegenfliegen, -fahren und -rennen. Den umge-kehrten Weg geht seit nunmehr elf Jahren dasLichtspiel in Bern: Bei seinen Vorstellungenknistert das Bild und rattert im Hintergrund derProjektor. Der Verein sammelt altes Filmmateri-al, das er vor Zerfall und Vergessen rettet, in-dem er es repariert, aufarbeitet und in einem ei-gens dafür eingerichteten Kühlraum lagert –über 14000 Filmrollen sind es bis heute. Einpaar davon sind ab Dezember unter dem Mot-to «Mord und Totschlag» zu sehen. Von Dr. Ca-gliari über den Orient-Express bis zu Volvervon Almodóvar – Hauptsache, es wird gemor-det. Denn, so stellt Lichtspiel in der Ankündi-gung der Reihe fest: Auf der Leinwand fandenvermutlich mehr Morde als Geburten statt.Deshalb, weils so schön klingt noch einmal imO-Ton von Lichtspiel: «Im Mittelpunkt der Fil-me stehen unfreiwillige Täter, tödliche Rache-gefühle und unliebsame Leichen, welche esmöglichst diskret zu entsorgen gilt.» Und sollteIhre Lust am Morbiden damit noch nicht ge-stillt sein: Es besteht keine Not, in von Hagens’geschmacklose Körperwelten-Leichenfledde-rei-Schau zu gehen. Im Historischen Museumlässt sich der Neigung nämlich auf kultivierteund aufschlussreichere Art frönen: in dergleichnamigen Ausstellung, zu deren Beglei-tung Lichtspiel die Reihe aufgestellt hat. (fer)Mord und Totschlag: Das Kabinett des Dr. Cagliari,

Mo, 5. Dezember, Murder On The Orient Express,

Mo, 19. Dezember, weitere Filme bis Februar,

Programm siehe www.lichtspiel.ch, Lichtspiel,

Bahnstrasse 21, Bern.

Ausstellung bis 1. Juli 2012 im Historischen Museum

Bern.

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Wie einst im Jugi: Crank. Leben zwischen Weiss getünchten Mauern: «Diamonds #2».

LuzernAuf der Schaukel

«Connections» ist die erste von mehreren Ausstellungen mit Kunstschaf-fenden aus der Region Luzern, die über längere Zeit im Ausland gear-beitet haben. In Südafrika ist so die Fotoserie «Diamonds» entstanden,die schwarze Dienstboten im Wohnviertel der reichen Weissen porträ-tiert, oder die Videoarbeit «The Swing (after Fragonard)», die von derSchaukel aus die Betriebsblindheit der Kunst wie die Diskriminierung derFrauen gleichermassen kritisiert. (dif)«Connections», 9. Dezember 2011 bis 8. Januar 2012, Kunsthalle Luzern.

ZürichNoch einmal 16

Rockbands sind wie Zombies: Sie kommen immer wieder. Im Fall vonCrank ist das gut so. Vor 20 Jahren waren die Zürcher der heissesteScheiss. Mit blauen Haaren und wilden Grimassen verwandelten die da-mals 16-Jährigen jeden Klub in ein Tollhaus. Über zehn Jahre entwickel-ten Crank ihren Stil weiter – von Skate-Punk und Crossover zu psyche-delischen und zunehmend melancholischen Stücken, denn Liederschreiben konnte Adi Weyermann schon vor seiner Solokarriere. 2001gab das Quartett sein letztes Konzert. Und zwar im El Lokal, wo nunauch die zwei Reunion-Shows über die Bühne gehen. Und weil das eineReise in die Vergangenheit wird, spielen sie die Songs chronologischrückwärts: Von den Pophymnen zurück zu den durchgeknallten Kür-zestnummern aus den Anfangstagen. Ziel: Am Ende des Konzerts sindalle Anwesenden wieder Teenies. Hinein in den Jungbrunnen! (ash)Crank live: Sa, 10. Dezember, 21:21 Uhr, So, 11. Dezember, 20:20 Uhr, El Lokal, Zürich.

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AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

«Ich verkaufe schon seit ein paar Jahren Surprise – wenn auch mit ei-nigen Unterbrüchen wegen der Ausbildung. Dazu gekommen bin ichüber meinen Vater Tinu Jost, der ein paar Monate vor mir angefangenhat. Anfangs verkaufte ich in der Christoffel-Unterführung im BahnhofBern. Als ich dann die Ausbildung zur Pflegeassistentin in Langenthalangefangen habe, schlug mir Fredu vom Vertriebsbüro Bern vor, ich sol-le es doch dort versuchen. Aber Langenthal ist ein hartes Verkaufspfla-ster. Ich verkaufe das Magazin ja gerne und mit Überzeugung, schätzeauch den Kontakt zu den Leuten sehr, aber am Schluss sollte doch auchfinanziell ein bisschen etwas herausschauen. Mittlerweile ist mein Platzwieder in der Christoffel-Unterführung, wo ich mir einen Zustupf zumeinem anderen Job verdiene.

Ich arbeite seit Kurzem in einer Telefonmarketingfirma, weil ich ausgesundheitlichen Gründen aus der Pflege aussteigen musste. Ich habedie Ausbildung zwar abgeschlossen, musste aber während der Lehre einhalbes Jahr pausieren, weil ich der psychischen Belastung nicht ge-wachsen war. Den Rest gegeben hat mir die Arbeit auf einer Demenz-abteilung nach der Lehre – was einem da die Patienten alles an den Kopfwerfen! Auch wenn ich wusste, dass sie es nicht aus bösem Willen tun,konnte ich es nicht verkraften. Auch der Umgang mit dem Tod ist fürmich schwierig. Deshalb war für mich nach drei Jahren in der Pflegeklar, dass es kein Zurück mehr gibt. Viele Temporärbüros, die ich da-nach aufgesucht habe, hätten mich noch so gerne in die Pflege ver-mittelt. Freie Stellen gäbe es viele, aber es geht einfach nicht mehr.

Dafür habe ich über eine der Stellenvermittlungen die Arbeit imCallcenter gefunden. Und mit diesem Verdienst und dem Heftverkaufbezahle ich jetzt die Miete meiner Zweizimmerwohnung und die lau-fenden Rechnungen. Für irgendeine Aus- oder Weiterbildung, die ja inmeinem Fall sinnvoll wäre, kann ich mir zurzeit kein Geld auf die Sei-te legen. Wenn es so weit ist, fange ich an, für die Kunstgewerbeschulezu sparen, oder vielleicht zuerst für Zeichnungs- und Malkurse an derVolkshochschule. Am allerliebsten würde ich nämlich in einem künstle-rischen Bereich arbeiten, wo ich meiner Kreativität freien Lauf lassenkönnte. Zu Hause, in meiner freien Zeit, zeichne und male ich sehr oft.Manchmal kreiere ich auch etwas aus farbigen Bügelperlen. Die stecktman so auf eine Platte, legt am Schluss ein Backpapier drauf und ver-bindet die Kunststoffperlen dann mit der Hitze des Bügeleisens. Das gibtdann so Untersätze oder Bilder zum Aufhängen.

Zu meinen weiteren Hobbys gehören das Kochen von allerlei Menüsund meine Tiere. Ich habe eine Schlange und drei Bartagamen, so eine

Wie schon ihr Vater verkauft auch Corinna Nyffenegger (19) Surprise in Bern. Ihr ist der Zu-satzverdienst genauso wichtig wie der Kontakt zur Kundschaft und die Zugehörigkeit zur«Surprise-Familie».

Art Echsen. Dann habe ich noch Ratten – ehrlich gesagt, züchte ich diefür die Schlange, die muss sich ja auch von irgendetwas ernähren. DreiZwergsiebenschläfer, die auch noch bei mir wohnen, gehören meinemFreund Andreas. Er hat übrigens kürzlich auch angefangen, nebenbeiSurprise zu verkaufen. Damit wir günstiger wohnen können, ziehen wirvielleicht bald zusammen.

Ich verkaufe gerne Surprise, das bietet mir Kontakte zu Kunden undanderen Verkäufern und einen guten Ausgleich zum Callcenter-Job, woich nonstop am Telefon hänge. Weiter vorne im Bahnhof stehen zumBeispiel Kumar oder Lisbeth, manchmal kommt Res vorbei oder derehemalige Verkäufer Roger. Und auch mit den Leuten vom Vertriebsbü-ro Bern habe ich ein gutes und freundschaftliches Verhältnis. Surpriseist für mich wie eine zusätzliche Familie.» ■

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Verkäuferporträt«Wie eine zusätzliche Familie»

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Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben undihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf desStrassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. IhrAlltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Ver-dienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkau-fende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Pro-gramm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Ver-antwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für dieWelt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

1 Jahr: 6000 Franken 1/2 Jahr: 3000 Franken 1/4 Jahr: 1500 Franken 1 Monat: 500 Franken

Ja, ich werde Götti/Gotte von:

Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

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Eine Chance für alle!Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte

Ausserdem im Programm SurPlus:

Marlies DietikerOlten

Peter GammaBasel

Andreas AmmannBern

Marika Jonuzi, BaselFatima Keranovic, BasellandBob Ekoevi Koulekpato, BaselJovanka Rogger, Zürich

Jela Veraguth, ZürichWolfgang Kreibich, BaselKurt Brügger, BaselAnja Uehlinger, BadenPeter Hässig, Basel

Tatjana Georgievska, BaselRené Senn, ZürichJosiane Graner, Basel

Page 30: Surprise Strassenmagazin

30 SURPRISE 264/11

Impressum

HerausgeberStrassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden, Florian Blumer (Nummernverant -wortlicher), Diana Frei [email protected]ändige Mitarbeittexakt.ch (Korrektorat), Yvonne Kunz, Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Priska Wenger, Christopher ZimmerMitarbeitende dieser AusgabeMonika Bettschen, Michael Gasser, Olivier Joliat, Phuong Lam, Isabel Mosimann, Patric Sandri, Roland Soldi, Oliver ZwahlenGestaltung WOMM Werbeagentur AG, BaselDruck AVD GoldachAuflage23500, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 61Theres Burgdorfer, [email protected]

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected] T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chTrägerverein Strassen magazin Surprise Präsident: Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird vonder Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Post-sendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeich-nete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag vonCHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehendeBeträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oderdem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozi-ale Institution. Die Geschäfte werden von derStrassenmagazin Surprise GmbH geführt, dievom gemeinnützigen Verein StrassenmagazinSurprise kontrolliert wird. Surprise ist führen-des Mitglied des Internationalen Netzwerkesder Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glas-gow, Schottland. Derzeit gehören dem Ver-band über 100 Strassenzeitungen in 40 Län-dern an.

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24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

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Page 31: Surprise Strassenmagazin

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Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.Alle Preise exkl. Versandkosten.

264/11

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

rot blau schwarz

Surprise Rucksäcke(32 x 40 cm); CHF 89.–

schwarz rot

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Schön und gut.Grosses Badetuch 100 x 180 cm aus sehr langlebigem Zwirngarn, 100% handgepflückte Baumwolle. Mit Surprise-Logo eingewebt und vonA bis Z in der Schweiz hergestellt. Vorder- und Rückseite verschieden-farbig: vorne kühles Aquablau, hinten heisses Rot.

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HerrenCHF 25.–

S(schmal geschnitten)

Dazu passend: Leichtes T-Shirt, 100%Baum -wolle, für Gross und Klein.

KinderCHF 20.–

XS S

Alle Preise exkl. Versandkosten.

Strandtuch (100 x 180 cm) CHF 65.–

50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.

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Page 32: Surprise Strassenmagazin

Von Aarbergbis Zuoz.

www.strassenmagazin.ch, www.strassensport.ch, Spendenkonto PC 12-551455-3Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99

Surprise gibt es beim Strassenhändler Ihres Vertrauens. Oder im Abo per Post.

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