uber ein neues insektizid mit breitem...

8
This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrum Von R. GASSER Aus den Forschungslaboratorien für Schädlingsbekämpfung der J. R. G e i g y A.G., Basel (Z. Naturforschg. 8 b, 225—232 [1953]; eingegangen am 18. März 1953) Es wird die Verwendung von Thiophosphorsäure-[2-isopropyl-4-methyl-pyrimidyl-(6)]- diäthylester (Diazinon) als Insektizid im Pflanzen- und Vorratsschutz und in der Hygiene be- schrieben. Die akute orale Toxizität, DL 50 in mm 3 /kg Körpergewicht, beträgt an der Maus 96, an der Ratte 235, am Meersdiweinchen 320, am Kanindien 130. Die chronische Toxizität liegt z. B. an der Ratte günstiger als jene von Dichlordiphenyl-trichloraethan. Diazinon zeigt, wie andere Phosphorsäureester, eine starke Hemmung der Cholinesterase. Auf Insekten und Spinn- milben hat es eine Kontakt-, Fraß- und Gaswirkung. Auf Pflanzen appliziert, weist es wohl eine Tiefen-, aber keine systemische Wirkung auf. Aus den verschiedenen Applikationsgebieten ist vor allem die gute Wirkung gegen Lepidopteren und Dipteren hervorzuheben. Letztere ermöglicht den Einsatz von Diazinon zur Bekämpfung der resistenten Fliegen. The use as an insecticide for the protection of plants and stores of thiophosphoric acid [2-isopropyl-4-methyl-pyrimidyl-(6)]-diethylester (Diazinon) is described. Its hygienic use is also described. The acute oral toxicity, DL 50 in mm 3 /kg body weight, is, for the mouse 96, for the rat 235, for the guinea pig 320, for the rabbit 130. The chronic toxicity is more favourable, for example in the rat, than that of Dichlordiphenyl-trichlorethane. Like other phosphoric acid esters, Diazinon greatly inhibits Cholinesterase. It acts as a contact, stomach and gas poison on insects and red spiders. Applied to plants it certainly has a deep, but not a systemic action. Of all the various possibilities for application, its good action on Lepidoptera and Diptera is of particular importance. Diazinon can thus be used for the control of resistent flies. S eit der Auffindung der insektiziden Eigenschaften des Dichlordiphenyltrichloräthans durch P. M ü 1 - ler im Jahre 1939 hat die Entwicklung der Insektizid- Forschung einen stürmischen Verlauf genommen. Aus der gleichen Gruppe der chlorierten Kohlen- wasserstoffe sind in der Folge weitere wirksame Insektizide entwickelt worden, wie z. B. Hexachlor- cyclohexan, Toxaphen, Chlordan, Dieldrin, Aldrin, Heptachlor, usw.die sich zum Teil im Wir- kungsmechanismus und im Anwendungsbereich von den DDT-Produkten unterscheiden. In ihrer akuten Toxizität sind sie meist ungefährlich, werden aber bei chronischer Applikation im Organismus gespei- chert. Für alle diese chlorierten Kohlenwasserstoffe ist charakteristisch, daß sie weitgehend Kontaktgifte sind und keine genügende akarizide Wirkung be- 1 A. S. B a l a c h o w s k y , La lutte contre les insec- tes, Principes-methodes-applications. Payot, Paris 1951, 380 pp. 2 A. W. A. B r o w n , Insect Control by Chemicals. John Wiley & Sons, Inc., New York 1951. 3 C. L. M e t c a I f, W. P. F 1 i n t u. R. L. Met- calf, Destructive and useful insects. Mc. Graw-Hill Book Comp. Inc., New York 1951. 4 R. W i e s m a n n , R. G a s s e r u. H. G r o b , Ex- perientia [Basel] 7, 117—120 [1951], 5 R. G a s s e r , Untersuchungen über selektive Insek- tizide mit Tiefenwirkung. Trans. Ninth Int. Congr. Ent. 1, 1037—1041 [1952]. sitzen; sie können sogar an Spinnmilben eine Be- schleunigung der Eibildung und -ablage hervor- rufen. Ihre Verwendung im Pflanzenschutz kann zu Verschiebungen des Zusammenspiels von Schädlingen und Nützlingen führen. Solche Störungen des „bio- logischen Gleichgewichts" können einerseits mit selek- tiven Mitteln durdi weitgehende Schonung der Nütz- lingspopulation oder anderseits mit noch umfassender wirkenden Präparaten, die eine Mitwirkung der Nützlinge überflüssig machen, verhindert werden. Selektive Schädlingsbekämpfungsmittel stellen z. B. die Aphizide Dimetan und Pyrolan aus der Gruppe der Urethane 4—8 , oder die Acarizide Etoxi- nol und Chlorbenzilat aus der Gruppe der Carbi- nole 9 - 10 dar. Die Entwicklung sehr umfassend wirkender Prä- e R. G a s s e r , Ber. Sdiweiz. Bot. Ges. 62, 66—79 [1952], 7 H. G r o b , Freilandversuche und -erfahrungen mit selektiven Insektiziden mit Tiefenwirkung. Trans. Ninth Int. Congr. Ent. 1, 1042—1046 [1952]. 8 H. G r o b , Experiences sur la lutte contre les Aphi- des avec de nouvelles substances ä base d'urethanes et d'esters phosphoriques. Communication au Ille Congres Int. de Phytopharmacie, Paris, Sept. 1952. 9 R. G a s s e r , Experientia [Basel] 7, 65 [1952], 10 R. G a s s e r , Experiences sur la lutte contre les araignees rouges avec de nouveaux acaricides. Communi- cation au Ille Congres Int. de Phytopharmacie, Paris, Sept. 1952.

Upload: vanbao

Post on 21-Aug-2019

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrum

V o n R . GASSER

Aus den Forschungslaboratorien für Schädlingsbekämpfung der J. R. G e i g y A.G., Basel (Z. Naturforschg. 8 b, 225—232 [1953]; eingegangen am 18. März 1953)

Es wird die Verwendung von Thiophosphorsäure-[2-isopropyl-4-methyl-pyrimidyl-(6)]-diäthylester (Diazinon) als Insektizid im Pflanzen- und Vorratsschutz und in der Hygiene be-schrieben. Die akute orale Toxizität, DL 50 in mm3/kg Körpergewicht, beträgt an der Maus 96, an der Ratte 235, am Meersdiweinchen 320, am Kanindien 130. Die chronische Toxizität liegt z. B. an der Ratte günstiger als jene von Dichlordiphenyl-trichloraethan. Diazinon zeigt, wie andere Phosphorsäureester, eine starke Hemmung der Cholinesterase. Auf Insekten und Spinn-milben hat es eine Kontakt-, Fraß- und Gaswirkung. Auf Pflanzen appliziert, weist es wohl eine Tiefen-, aber keine systemische Wirkung auf. Aus den verschiedenen Applikationsgebieten ist vor allem die gute Wirkung gegen Lepidopteren und Dipteren hervorzuheben. Letztere ermöglicht den Einsatz von Diazinon zur Bekämpfung der resistenten Fliegen.

The use as an insecticide for the protection of plants and stores of thiophosphoric acid [2-isopropyl-4-methyl-pyrimidyl-(6)]-diethylester (Diazinon) is described. Its hygienic use is also described. The acute oral toxicity, DL 50 in mm3/kg body weight, is, for the mouse 96, for the rat 235, for the guinea pig 320, for the rabbit 130. The chronic toxicity is more favourable, for example in the rat, than that of Dichlordiphenyl-trichlorethane. Like other phosphoric acid esters, Diazinon greatly inhibits Cholinesterase. It acts as a contact, stomach and gas poison on insects and red spiders. Applied to plants it certainly has a deep, but not a systemic action. Of all the various possibilities for application, its good action on Lepidoptera and Diptera is of particular importance. Diazinon can thus be used for the control of resistent flies.

Seit der Auffindung der insektiziden Eigenschaften des Dichlordiphenyltrichloräthans durch P. M ü 1 -

l e r im Jahre 1939 hat die Entwicklung der Insektizid-Forschung einen stürmischen Verlauf genommen. Aus der gleichen Gruppe der chlorierten Kohlen-wasserstoffe sind in der Folge weitere wirksame Insektizide entwickelt worden, wie z. B. Hexachlor-cyclohexan, Toxaphen, Chlordan, Dieldrin, Aldrin, Heptachlor, u s w . d i e sich zum Teil im Wir-kungsmechanismus und im Anwendungsbereich von den DDT-Produkten unterscheiden. In ihrer akuten Toxizität sind sie meist ungefährlich, werden aber bei chronischer Applikation im Organismus gespei-chert.

Für alle diese chlorierten Kohlenwasserstoffe ist charakteristisch, daß sie weitgehend Kontaktgifte sind und keine genügende akarizide Wirkung be-

1 A. S. B a l a c h o w s k y , La lutte contre les insec-tes, Principes-methodes-applications. Payot, Paris 1951, 380 pp.

2 A. W. A. B r o w n , Insect Control by Chemicals. John Wiley & Sons, Inc., New York 1951.

3 C. L. M e t c a I f , W. P. F 1 i n t u. R. L. M e t -c a l f , Destructive and useful insects. Mc. Graw-Hill Book Comp. Inc., New York 1951.

4 R. W i e s m a n n , R. G a s s e r u. H. G r o b , Ex-perientia [Basel] 7, 117—120 [1951],

5 R. G a s s e r , Untersuchungen über selektive Insek-tizide mit Tiefenwirkung. Trans. Ninth Int. Congr. Ent. 1, 1037—1041 [1952].

sitzen; sie können sogar an Spinnmilben eine Be-schleunigung der Eibildung und -ablage hervor-rufen. Ihre Verwendung im Pflanzenschutz kann zu Verschiebungen des Zusammenspiels von Schädlingen und Nützlingen führen. Solche Störungen des „bio-logischen Gleichgewichts" können einerseits mit selek-tiven Mitteln durdi weitgehende Schonung der Nütz-lingspopulation oder anderseits mit noch umfassender wirkenden Präparaten, die eine Mitwirkung der Nützlinge überflüssig machen, verhindert werden.

Selektive Schädlingsbekämpfungsmittel stellen z. B. die Aphizide Dimetan und Pyrolan aus der Gruppe der Urethane 4—8, oder die Acarizide Etoxi-nol und Chlorbenzilat aus der Gruppe der Carbi-nole 9- 1 0 dar.

Die Entwicklung sehr umfassend wirkender Prä-

e R. G a s s e r , Ber. Sdiweiz. Bot. Ges. 62, 66—79 [1952],

7 H. G r o b , Freilandversuche und -erfahrungen mit selektiven Insektiziden mit Tiefenwirkung. Trans. Ninth Int. Congr. Ent. 1, 1042—1046 [1952].

8 H. G r o b , Experiences sur la lutte contre les Aphi-des avec de nouvelles substances ä base d'urethanes et d'esters phosphoriques. Communication au Ille Congres Int. de Phytopharmacie, Paris, Sept. 1952.

9 R. G a s s e r , Experientia [Basel] 7, 65 [1952], 10 R. G a s s e r , Experiences sur la lutte contre les

araignees rouges avec de nouveaux acaricides. Communi-cation au Ille Congres Int. de Phytopharmacie, Paris, Sept. 1952.

Page 2: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

parate eröffnete S c h r ä d e r 1 1 mit den organischen Phosphorverbindungen, wie Parathion, T E P P , OMPA und 0 , 0 - D i a e t h y l -aethyl - mercaptoaethyl - thiophos-phorsäureester. Neben der Kontaktwirkung auf In-sekten und Spinnmilben weisen diese Substanzen auch eine Tiefenwirkung auf, OMPA und 0 , 0 - D i -aethyl-aethyl - mercaptoaethyl - thiophosphorsäureester sogar eine innertherapeutische Wirkung. Diese Pro-dukte vereinfachen die Schädlingsbekämpfung in verschiedenen Anwendungsgebieten, vor allem im Obstbau. Ihre Anwendung wird allerdings durch ihre starke akute Toxizität erschwert, welche be-sondere Vorsichtsmaßnahmen erfordert.

Im Rahmen der Forschungsarbeiten über Insektizide in den Laboratorien d e r j . R . G e i g y A.G. suchten wir neben selektiven Präparaten ebenfalls Produkte mit sehr weitem Wirkungsspektrum aber geringer Toxizi-tät zu entwickeln. Solch umfassend wirksame, aber wenig toxische Präparate geben nicht nur die Mög-lichkeit zum breiten Einsatz im Pflanzenschutz, son-dern auch in der Hygiene, wo das Bekämpfungspro-blem der gegenüber chlorierten Kohlenwasserstoffen resistenten Fliegen brennend ist. Wir hoffen, mit der nachfolgend beschriebenen Substanz Diazinon einen wesentlichen Schritt in dieser Richtung gemacht zu haben.

I. K o n s t i t u t i o n u n d p h y s i k a l i s c h e E i g e n s c h a f t e n

Diazinon oder G 24480 , das von H. G y s i n syn-thetisiert wurde, gehört zur Gruppe der Phosphor-säureester von enolisierbaren, heterocyclischen Sy-stemen und hat folgende Konstitution:

CH3

N CH I II

(CH3)2CHC C 0 P ( 0 C , H 5 ) 2

\ N / II s

Thiophosphorsäure-[2-isopropyl-4-methyl-pyrimidyl-(6)]-diäthylester12 ist eine farblose Flüssigkeit vom Sdp.0,002 8 3 — 8 4 ° C mit schwachem esterartigem Ge-ruch; Dichte 20° 1,116—1,118; Brechungsindex nl° 1 ,4978—1,4981. Der Dampfdruck und die „Flüchtig-

11 G. S c h r ä d e r , Die Entwicklung neuer Insektizide auf Grundlage organischer Fluor- und Phosphorverbin-dungen. Monogr. angew. Chemie und Chemie-, Ing.-Teehnik Nr. 62, Verlag Chemie, Weinheim 1951.

i-' Belg. Patent Nr. 510817, Dtsch. B. P. Anm. G 8657IV C/12p.

Stabilität einer m/20-wässerigen Lösung in

dest. H , 0 n/lOO-NaOH n/100-HCl

°lo Verseifung

TM* PM** TM* PM** TM* PM** nach 20° C 98° C 20° C 98° C 20° C 98° C

0 Stdn. 0 0 0 0 0 0 3 Stdn. 0,05 0,25 1,90 0,0 1,95 1,34 6 Stdn. 0,15 0,87 2,90 0,10 4,20 3,40 1 Tag 0,65 2,25 4,65 0,15 11,9 3,70 2 Tagen 1,90 5,14 4,90 0,20 23,7 9,00 4 Tagen 6,65 9,00 5,40 0,43 35,7 18,0 8 Tagen 20,4 22,0 5,65 0,56 44,7 36,0

12 Tagen 41,4 34,3 5,90 0,58 47,7 53,5 16 Tagen 46,1 44,0 — — 48,1 56,5 20 Tagen 47,9 48,6 7,40 — 48,7 57,0 40 Tagen 49,4 — 7,50 0,59 48,7 57,2

* Nach titrimetischer Methode ** Nach photometrischer Methode

Tab. 1. Prüfung der Stabilität wäßriger Diazinon-Lösungen 13.

keit" sind aus folgender Zusammenstellung ersicht-lich*:

Temperatur Dampfdruck „Flüchtigkeit" 5 C mm Hg mg/m3

10 4,6- 10~ 5 0,8 20 1,4- 10~ 4 2,4 40 1,1 • i o - 3 17,6 60 6,6 • 10~ 3

3,3 • 10~ 2 96

80 6,6 • 10~ 3

3,3 • 10~ 2 460

Der Dampfdruck von Diazinon ist etwa 5-mal größer als jener von Parathion. In Wasser (20° C) ist Diazi-non zu 0 , 0 0 4 % löslich, mit Äther, Alkohol, Benzol und ähnlichen Kohlenwasserstoffen, Spezialpetrol, Cyclohexan und Petroläther dagegen mischbar.

Bei alkalischer Reaktion ist die Substanz stabiler als bei neutraler oder saurer Reaktion, wie aus Tab. 1 hervorgeht.

Bei Zimmertemperatur wurde mit der titrimetri-schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während die Reaktion auf freie Phosphorsäure innerhalb der Beobachtungszeit von 40 Tagen nicht positiv wird. Es erfolgt somit nur eine partielle Verseifung der Ester. Bei Siedetempe-ratur ergibt sich dagegen eine Verseifung bis zur freien Phosphorsäure.

Das technische, etwa 95-proz. Diazinon stellt eine klare, gelbliche bis gelblichbräunliche, etwas ölige

13 Diese Bestimmungen verdanke ich Herrn Dr. P u l -ver, physiol.-chemisches Laboratorium der J. R. Geigy A.G.

* Diese Bestimmungen verdanke ich Herrn Dr. F. I r -m a n n , Physikal.-diem. Laboratorium der J. R. Geigy A.G.

Page 3: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

Flüssigkeit mit esterartigem Geruch dar. Der Gehalt an organisch gebundenem Chlor beträgt 0 , 1 % . Dichte 20° 1,11—1,12, Brechungsindex n2D° 1,4975 —1,4985.

II. T o x i z i t ä t

Die toxikologischen Untersuchungen von D o m e n -j o z 1 4 zeigten Ende 1952 folgende Ergebnisse:

a) O r a l e , a k u t e T o x i z i t ä t

Die Werte der D L 50 von Diazinon, mit der Schlundsonde in Gummi arabicum verabreicht, be-tragen: an der Maus 96 mm3/kg, an der Ratte 235 mm3/kg, am Meerschweinchen 320 mm3/kg, am Kaninchen 130 mm3/kg. Da Aktivsubstanz und Auf-arbeitungsform flüssig waren, wurde entgegen dem üblichen Vorgehen nicht abgewogen, sondern ab-gemessen; die Werte in mm3/kg können jedoch an Hand des spezifischen Gewichtes in mg/kg umgerech-net werden. In Form einer 20-proz., leicht netzen-den, emulgierbaren Lösung (G 24 525) wurden, be-zogen auf Aktivsubstanz, per os folgende D L 50 be-stimmt: Maus 70 mm3/kg, Ratte 220 mm3/kg.

In Form eines 25-proz. Spritzpulvers (G 24939) wurden, bezogen auf Aktivsubstanz, folgende D L 50-Werte erhalten: Maus 122,5 mg/kg, Ratte 712,5 mg/kg.

Während also der starke Lösungsmittelgehalt der emulgierbaren Lösung die Resorption von Diazinon begünstigt und dadurch die Giftigkeit gegenüber der Verabreichung in Gummi arabicum etwas erhöht, gibt das Spritzpulver besonders bei der Ratte eine deutliche Verminderung der oralen, akuten Toxizität.

b) C h r o n i s c h e T o x i z i t ä t

Die noch nicht abgeschlossenen Versuche werden mit der emulgierbaren Lösung G 24525 und dem Spritzpulver G 24 939 durchgeführt. In allen Ver-suchen erfolgte die Verabreichung per Schlundsonde täglich, mit Ausnahme des Sonntags.

In den chronischen Versuchen können je nach der Dosis bei Mäusen und Ratten Verschiedenheiten in der Empfindlichkeit der Geschlechter auftreten. Die erhaltenen DL 50-Werte werden deshalb nachfolgend getrennt aufgeführt. In Emulsionsform beträgt z. B . die tägliche Dosis, die von 5 0 % der Tiere minde-stens 30 Tage ertragen wird, bei Rattenmännchen 50 mm3 Aktivsubstanz (A.S.)/kg, bei Rattenweibchen

14 R. D o m e n j o z , Zur Toxizität von G 24 480. In-terner, nidit veröffentlichter Bericht der pharmakologischen Abteilung der J.R.GeigyA.G. vom 6.10.1952 und Er-gänzungsberichte.

70 mm3/kg oder bei einer täglichen Verabreichung von 50 mm3/kg konnte für Rattenmännchen eine mittlere Lebensdauer von 36 Tagen, für Rattenweib-chen von 85 Tagen bestimmt werden.

In Vergleichsversuchen mit der emulgierbaren Lö-sung G 24525 und einer entsprechend zusammen-gesetzten Lösung von Parathion betrug die mittlere Lebensdauer der Mäuse bei einer täglichen Ver-abreichung von 2 mm3 A.S./kg bei Parathion für Männchen 91,8, für Weibchen 99,6 Tage, während bei Diazinon nach 330 Tagen immer noch 2 von 10 Tieren am Leben sind. Für Ratten ergab eine tägliche Verabreichung von 10 mm3 A.S./kg bei Para-thion eine mittlere Lebensdauer von 0,4 Tagen für Männchen und 5,4 Tagen für Weibchen, während sie bei Diazinon für Männchen 250, für Weibchen 89 be-trug.

In Form des Spritzpulvers G 24939 liegt die chro-nische Toxizität von Diazinon bei der Ratte günstiger als bei Dichlordiphenyltrichloraethan.

Zusammenfassend kann über die chronische Toxi-zität ausgesagt werden, daß von einem bestimmten, verhältnismäßig großen Dosisbereich die mittlere Lebensdauer sprunghaft auf relativ hohe Zahlen geht. Dies bedeutet, daß von einer bestimmten täg-lichen Dosis an die kumulative Giftwirkung praktisch wegfällt, da sich offenbar Zufuhr und Elimination bzw. Abbau die Waage halten.

I I I . I n s e k t i z i d e u n d a k a r i z i d e E i g e n s c h a f t e n

Wir möchten hier vor allem an Hand von Labor-versuchen auf die Wirkungsart und das Wirkungs-spektrum dieser Substanz hinweisen. Eine endgül-tige Festlegung des Platzes, den Diazinon nach mehr-jähriger Erfahrung in der Großanwendung im Rah-men der Schädlingsbekämpfung einnehmen wird, ist auf Grund des heute vorliegenden Versuchsmaterials noch nicht möglich.

a) W i r k u n g s m e c h a n i s m u s

Soweit aus den Vergiftungserscheinungen geschlos-sen werden kann, scheint bei Diazinon der gleiche Wirkungsmechanismus vorzuliegen wie bei anderen Phosphorsäureestern. Der Vergiftungsablauf, z. B. an Fliegen, deckt sich weitgehend mit demjenigen bei Parathion15, nur daß er verkürzt ist und der charak-

15 R. W i e s m a n n , Z. Pflanzenkrankh. (Pflanzen-pathol.) Pflanzenschutz 58, 161—171 [1951],

Page 4: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

Konzentrationen, welche die Aktivität um 50°/o h e m m e n

Para-thion Diazinon Pyra-

zoxon18 Pyra-

zothion19

Cholin-esterase Pseudo-cholin-esterase

1.5 • 10~3-m.

9.6 10-5-m.

3,3- 10_5-m.

2 • 10_6-m.

1.3- 10~5-m.

6.4- 10_G-m.

4 • 10-"'-m.

3 • 10-6-m.

Tab. 2. Bestimmung der Hemmwirkung gegenüber Cholinesterase (nach P u l v e r 17).

teristische Tarsentremor in Rückenlage einige Stun-den länger dauert.

Für verschiedene Phosphorsäureester und auch Urethane1 6 ist bekannt, daß sie gegenüber Acetyl-cholinesterase eine Inhibitorwirkung ausüben. Aus den von P u l v e r 1 7 durchgeführten Bestimmungen der Aktivitätshemmung an Cholinesterase aus mensch-lichen roten Blutkörperchen und an Pseudocholin-esterase aus menschlichem Plasma seien in Tab. 2 die erhaltenen Werte für Diazinon sowie zwei weitere neuere Phosphorverbindungen (Pyrazoxon und Pyra-zothion) im Vergleich zu Parathion angeführt.

Wie Tab. 2 zeigt, verursachen alle 3 neuen Phos-phorverbindungen eine stärkere Cholinesterase- und Pseudocholinesterasehemmung als Parathion. Die Cholinesterase-Hemmwirkung von Diazinon liegt zwischen jener von Pyrazoxon und Pyrazothion, die Pseudocholinesterasehemmung ist am stärksten bei Diazinon.

b) K o n t a k t w i r k u n g

Die Kontaktwirkung scheint bei Diazinon die wich-tigste Wirkungskomponente zu sein. Obwohl auch eine deutliche Gaswirkung vorhanden ist, kommt ihr im Wirkungserfolg nur eine untergeordnete Bedeu-tung zu. So zeigte die Reaktionszeit von Fliegen in Kontaktversuchen auf Filterpapier in Nutschen, in denen die Gasatmosphäre dauernd abgesogen wurde, keine wesentliche Verlängerung, im Gegensatz z. B. von Hexachlorcyclohexan.

Die Kontaktwirkung erfaßt die verschiedensten Ordnungen der Hexapoden, sowie die Acari, dagegen

16 R . P u l v e r u. R. D o m e n j o z , Experientia [Ba-sel] 7, 306 [1951].

17 R. P u l v e r , Hemmung der Cholinesterase. Int., nicht veröffentl. Bericht von Ende Dezember 1952.

18 Pyrazoxon: Phosphorsäure-[3-methyl-pyrazolyl-(5)]-diaethylester (vgl. G a s s e r 1 0 , G y s i n 2<>).

ist sie ungenügend auf Nematoden. Innerhalb des Wirkungsbereiches treten aber Unterschiede auf in den Letaldosen und in der Raschheit der Wirkung. So genügen z. B., auf 100 cm2 Glas appliziert, fol-gende Mengen für eine vollständige Abtötung: 0 ,001mg für Musca domestica und Cimex lectularius; 0,01 mg für Formica rufa, Calandra granaria, Tribo-lium confusum, Bruchidius obtectus und Phyllodromia germanica; 0,1 mg für Larven von Musca domestica und Tenebrio molitor; 1 mg für Periplaneta ameri-cana, Raupen von Ephestia Kühniella und Argas re-ftexus. Die Dosis letalis (DL 100) für Weibchen der gemeinen Spinnmilbe, Tetranychus urticae, in Aceton-lösung dorsal aufgetragen, beträgt für Diazinon 0,002 y/9 bzw. 100 mg/kg, für Parathion 0,004 y/9 bzw. 200 mg/kg. Interessant scheint die Wirkung auf die ausgewachsenen Raupen von Lepidopteren sowie auf Fliegenlarven, ferner auf Blatt-, Blut- Schmier-und Schildläuse. Die Ovizidwirkung konnte an Eiern von Ephestia Kühniella und Tetranychus urticae fest-gestellt werden. Auf Cu/ex-Eilarven wirken wäßrige Verdünnungen bis 0,2 ppm tödlich.

Die W i r k u n g s d a u e r des Diazinonbelages ist wie bei anderen Insektizidbelägen neben den die Be-ständigkeit des Präparates beeinflussenden Faktoren abhängig vom Substanzgehalt des Belages, von den Inert- und Zusatzstoffen des Fertigproduktes und von der Unterlage. Auf Blättern und Früchten, auf die normalerweise Spritzbrühen mit 20 g Aktivsubstanz pro 100 l Wasser appliziert werden, ist mit einer Dauerwirkung von 10—-14 Tagen zu rechnen, also etwas länger als bei Parathion. Auf totem Material ist die Dauerwirkung länger.

c) F r a ß w i r k u n g

Neben der Kontaktwirkung kommt der Fraßwir-kung jedenfalls auch eine gewisse Bedeutung zu. So ergaben Fraßversuche21 mit Eulenraupen, Agrotis-c-nigrum, an Salat, dessen Blätter nur einseitig behan-delt waren und wo die Raupen zur Vermeidung des Kontaktes nur von der unbehandelten Seite her fres-sen konnten, eine gute Fraßwirkung des Diazinons. In niederen Konzentrationen war sie dem Parathion etwas unterlegen, dagegen besser als jene von Blei-

19 Pyrazothion: Thiophosphorsäure-[3-methyl-pyrazolyl-(5)]-diaethylester (vgl. G r o b » , G y s i n 20).

20 H. G y s i n , Un nouveau groupe de substances ä activite insecticide. Communication au Ille Congres Int. de Phvtopharmacie, Paris, Sept. 1952.

21 Herrn R. W y n i g e r danke ich für die Durchfüh-rung verschiedener Laborversuche.

Page 5: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

Behandlung mit 0,02% Diazinon

in Emulsionsform Beobachtete

Stadien

% T

24 Stdn.

abgetöt iere nac

3 Tagen

ete h

6 Tagen

Behandlung auf ] der Unterseite 1

Befall auf der f Oberseite

Behandlung auf ) der Oberseite (

Befall auf der Unterseite J

Bewegl. Stad. Ruhestadien

Eier

Bewegl. Stad. Ruhestadien

Eier

99 0 0

98 0 0

100 82 50

99 78 31

100 100

89

100 100 97

Tab. 3. Prüfung der Tiefenwirkung mit Tetranydius urticae an Bohnenblättern.

arseniat, Dichlordiphenyltrichloraethan und y-Hexa-chlor-cyclohexan.

Der Nachweis der Giftwirkung bei ausschließlich oraler Aufnahme läßt sich auch an Blattläusen er-bringen. So konnte W i e s m a n n an Aphis rumicis folgende orale Toxizität bestimmen: D L 50 0,12 y/g Körpergewicht, DL 100 0,18 y/g. Die Wirkung auf Blattläuse ist allerdings geringer als bei spezifischen Aphiziden, wie z. B. Isolan (Isopropyl-methyl-pyra-zolyl-dimethylcarbamat), wo die D L 100 0,025 y/g beträgt. Daraus läßt sich die in den Feldversuchen zum Teil festgestellte langsame Wirkung des Diazi-nons auf Blattläuse erklären, besonders in Fällen, wo diese nur oral, d. h. durch Tiefenwirkung zustande kommt.

22 H. G r o b , Bericht über die Freilandversuche in der Westschweiz 1951. Interner, nicht veröffentlichter Bericht der Abt. Sdiädlingsbek. / Biologie der J. R. Geigy A.G., Dez. 1951.

23 W. E. R i p p e r , R. M. G r e e n s 1 a d e u. G. S. H a r t l e y , Bull, entomol. Res. 40, 481—501 [1950],

24 G. U n t e r s t e n h ö f e r , Z. Pflanzenkrankh. (Pflan-zenpathol.) Pflanzenschutz 58, 268—275 [1951],

d) T i e f e n w i r k u n g

Für verschiedene Phosphorsäureester ist bekannt, daß sie bei der Applikation auf Blätter und Früchte nicht nur an der Oberfläche wirken, sondern in deren Zellen eindringen. So können Schädlinge, die die Zellen anstechen, abgetötet werden, ohne direkt mit dem Insektizidbelag in Berührung zu kommen. Auf diese Weise werden besonders Blattläuse auf der Unterseite von nur oberseits behandelten Blättern und auf eingerollten Blättern erfaßt. Ebenso gelingt es mit diesen Präparaten, Schädlinge im Innern von Blättern und Früchten abzutöten, z. B. Miniermotten-raupen, Fruchtfliegenlarven usw.

Auch dem Diazinon kommt eine solche Tiefenwir-kung zu. So ist es nach den Untersuchungen von G r o b 2 2 wirksam gegen Phylloxera vastatrix in Blattgallen, gegen die in Gallen lebende Ulmenblatt-laus, Ericosoma lanigunosum, oder gegen die Rau-pen von Lyonetia clerkella in Apfelblättern. Auch Tetranychus urticae auf der Unterseite von Blättern, deren Oberseite mit Diazinon behandelt wurde und umgekehrt, wird abgetötet, wie folgende Versuchs-resultate zeigen (Tab. 3).

e) I n n e r t h e r a p e u t i s c h e W i r k u n g

Gewisse Phosphorpräparate, wie OMPA 2 3 , 0,0-Diaethyl - aethyl - mercaptoaethyl - thiophosphorsäure -ester 24, 25, Pyrazoxon sowie einige Urethane, wie Di-

25 F. Z a t t l e r , Höfchen-Briefe Wiss. Prax. 4, 131—169 [1951],

26 Octamethylpyrophosphoramid. 27 Phosphorsäure-[3-methyl-pyrazolyl-(5)]-diaethylester

(vgl. Fußnoten 10 und 20). 28 Isopropyl - methyl - pyrazolyl - dimethylcarbamat (vgl.

Fußnoten 8 und 20).

Präparat 6 Tagen

Beobachtung de

7 Tagen

r Blattläuse nadi

10 Tagen 18 Tagen

Künstliche Neuinfektion

nadi 6 Wochen

OMPA20

0,0-Diaethyl - aethyl -mer-captoaethyl- thiophosphor-säureester Pyrazoxon'27

Isolan'2s

Diazinon

keine Wirkung

30% tot 10%, tot 90% tot

keine Wirkung

keine Wirkung

100% tot 90% tot

100% tot keine Wirkung

keine Wirkung

kein Befall 100% tot

kein Befall keine Wirkung

keine Wirkung

kein Befall kein Befall kein Befall

keine Wirkung

keine Wirkung

keine Wirkung kein Befall kein Befall

keine Wirkung

Tab. 4. Innertherapeutisdie Versuche. Stammbasisbehandlung von Apfelspalierbäumchen mit Aphis-pomi-BefaU. 2 cm3 einer 20-proz. Emulsion. Juni 1951.

Page 6: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

metan, Pyrolan und Isolan dringen in die pflanzlichen Gewebe ein und werden im Transpirations- und teil-weise auch im Assimilationsstrom in alle Pflanzen-partien verteilt. Werden z. B. von Aphis pomi befal-lene, etwa 1,8 m hohe Apfelspalierbäumchen an der Stammbasis je mit 2 cm3 einer 20-proz. Emulsion be-strichen, so zeigt sich, daß Diazinon, im Gegensatz zu den oben erwähnten Präparaten praktisch nicht ge-leitet wird (Tab. 4). Zu gleichen Resultaten führten auch innertherapeutische Versuche an Bohnen29 , so daß dem Diazinon keine innertherapeutische Wirkung zugeschrieben werden kann.

IV. A n w e n d u n g im P f l a n z e n s c h u t z

In den bisherigen Feldversuchen30, die zur Haupt-sache in Pfeffingen und Schweizerhalle (Basel-Land), in der Genferseegegend und im Wallis durchgeführt wurden, kam Diazinon in einer 20-proz., stark netzen-den, emulgierbaren Lösung (G 24525) zur Anwen-dung. In dieser Form war Diazinon mit den üblichen Fungiziden, Cu-, S- und organische Präparate, ohne Wirkungseinbuße mischbar. Auch konnten an den bisher behandelten Pflanzen in den verwendeten Konzentrationen keine Verbrennungen festgestellt werden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Zu-bereitung nicht für alle Anwendungsgebiete die beste Applikationsform darstellt und sich die Resultate, wie sie in der folgenden Zusammenstellung enthalten sind, in weiteren Versuchen durch Verwendung an-derer Aufarbeitungen noch ändern können. In Labor-versuchen hat sich gezeigt, daß Diazinon auch in Form von Spritzpulvern, Stäubemitteln, Aerosolen und in Rauchform sehr aktiv ist.

Obwohl die Diazinonpräparate einen für Phos-phorsäureester-Verbindungen charakteristischen Ge-ruch aufweisen, wurde in zahlreichen Degustations-proben mit behandelten Früchten weder eine geruch-liche noch geschmackliche Beeinflussung festgestellt.

Folgende Schädlinge konnten bisher in größerem Rahmen geprüft werden:

a) O b s t b a u

Sehr gute bis gute Resultate gegen: Aphis pomi, Yezabura malifoliae, Eriosoma lanigerum, Hyalopte-rus arundinis, Appelia Schwarztii, Aphis grossulariae; Psylla piri; Rhagoletis cerasi; Hoplocampa flava,

29 R. G a s s e r , Experiences sur la lutte contre les araignees rouges avec de nouveaux acaricides. Communi-cation au Ille Congres Int. de Phytopharmacie, Paris, Sept. 1952.

H. minuta; Lyonetia clerkella, Cydia pomonella, Hyponomeuta malinella; Metatetranychus ulmi, Bryo-bia praetiosa, Tetranychus urticae, T. fragariae. Ge-nügend bis mäßige Resultate gegen: Yezabura piri, Myzus persicae, Cryptomyzus ribis.

b) W e i n b a u

Sehr gute bis gute Resultate gegen: Phylloxera vastatrix; Clysia ambiguella, Metatetranychus ulmi.

c) F e l d - u n d G a r t e n b a u

Sehr gute bis gute Resultate gegen: Doralis rhamni, Macrosiphon solani, Brevicoryne brassicae, Doralis fabae, Aphis rumicis; Leptinotarsa decemlineata; Agrotis-c-nigrum, A. Ypsilon, Acrolepia ascetella.

Genügende Resultate gegen: Myzus persicae, Aulacorthum solani.

d) Z i e r p f l a n z e n :

Sehr gute Resultate gegen Macrosiphon rosae; Pseudococcus spec., Coccus hesperidum.

e) B o d e n s c h ä d l i n g e

Sehr gute Resultate gegen Maikäfer-Engerlinge und Elateridenlarven, dagegen eine ungenügende Wirkung gegen Aeichen.

Interessant dürfte jedenfalls die Wirkung gegen bodenbewohnende Dipterenlarven, wie Kohlfliegen, Möhrenfliegen usw. sein, da Diazinon nicht nur gegen Fliegen-Imagines wirksam ist, sondern auch die Larven und Puppen abtötet. Die Wirkung von emulgierten Diazinon-Lösungen im Boden nimmt nur langsam ab und ließ sich nach 2 Monaten noch nach-weisen.

Die Regenwürmer werden in mit Diazinon behan-delter Erde nicht geschädigt.

Diese Zusammenstellung zeigt, daß der Wirkungs-bereich des Diazinons jenem des Parathions ähnlich ist. In einzelnen Anwendungsgebieten scheint es die-sem aber überlegen zu sein, z. B. gegen die Blut-laus, die Gallenform der Reblaus, gegen Schildläuse, Dipteren (auch gegen Fliegeneier, -larven und -pup-pen), Engerlinge, Drahtwürmer und Lepidopteren-raupen. Die Larven der Kirschenfliege, Rhagoletis cerasi, werden schon in sehr geringen Konzentratio-nen abgetötet3 1 , so daß auch eine gute Wirkung

so Den Herren Dres. G a s t und G r o b sowie G. M ü l -l e r und R. W y n i g e r danke idi für die Überlassung der Resultate ihrer Freilandversuche.

31 E. H ä f 1 i g e r, Z. Pflanzenkrankh. (Pflanzenpathol.) Pflanzensdiutz 60 [1953], im Druck.

Page 7: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

gegen andere Fruchtfliegen, wie Ceratitis capitata, er-wartet werden kann.

Auf Grund erster Beobachtungen scheint auch die Annahme berechtigt, daß Diazinon für verschiedene Prädatoren weniger gefährlich ist als Parathion.

V. A n w e n d u n g im V o r r a t s s c h u t z

Diese Versuche beschränken sich auf Laborver-suche. Praktische Anwendungen in Lagerräumen wurden noch keine durchgeführt.

Gegen folgende Insekten konnten gute bis sehr gute Resultate erzielt werden: Phyllodromia germa-nica, Blatta orientalis, Periplaneta americana, For-mica rufa, Bruchus obtectus, Calandra granaria, Tenebrio molitor, Tribolium confusum, Ephestia Kühniella; nach K o c h e r 3 2 ferner: Tribolium na-vale, Attagenus piceus und Tineola biselliella.

Bei den Mehlmotten ist besonders hervorzuheben, daß auch ausgewachsene Raupen sowie Eier im Kon-takt mit Diazinon abgetötet werden.

Die bisherigen Laborversuche lassen vermuten, daß Diazinon auch im Vorratsschutz mit Erfolg ein-gesetzt werden kann.

VI. A n w e n d u n g in d e r H y g i e n e

a) L ä u s e , W a n z e n u n d Z e c k e n : Gegen Pedicidus humanus corporis und Cimex lectularius ergab Diazinon eine raschere Wirkung als Dichlor-diphenyl-trichlor-aethan. Bei den Zecken erstreckten sich die Versuche bisher nur auf die Argasidae, wobei auch gegen ausgewachsene Ornithodorus moubata und Argas reflexus gute, dem y-HCH und Parathion entsprechende Resultate erzielt werden konnten.

b) M ü c k e n : In den Laborversuchen zeigte sich ein Diazinon-Belag (100 mg/m2) auf Glas gegen Aedes aegijpti, Culex pipiens v. molestus und Ano-pheles stephensi während den ersten 14 Tagen einem Belag von DDT-Produkten überlegen. Je nach Unter-lage und Konzentration ist aber Diazinon gegen normal-sensible Mücken in der Dauerwirkung den DDT-Präparaten nicht ebenbürtig. Diazinon ist fer-ner auch verwendbar als Mücken-Larvizid, wie Ver-suche mit Larven von Aedes aegypti zeigen.

c) F l i e g e n : Während die Bekämpfung der Ma-laria und Gelbfieber übertragenden Mücken mit DDT-Produkten auch in Gebieten, wo diese Maß-

32 C. K o c h e r , Untersuchungen über die Wirkung des G 24 480 auf Hausinsekten. Int., nicht veröffentlichter Bericht vom 21.11. 1951.

Kontrolldaten

°!o Ställe

Kontrolldaten fliegen frei oder mit einzelnen Fliegen

mit schwachem

Befall

mit mittlerem

bis starkem Befall

Nach 2 Wochen 27. 5. 1952

Nach 4 Wochen 11. 6. 1952

Nach 6 Wochen 26. 6. 1952

Nach 8 Wochen 10. 7. 1952

100

100

83

80

0

0

17

17

0

0

0

3

Tab. 5. Versuche mit Diazinon-Spritzmittel gegen resi-stente Stubenfliegen in 35 Ställen des Dorfes Lalden (Wallis). Anwendungskonzentration 100 g AS/100 l Was-

ser. Behandlungsdatum 13.5.195234.

nähme seit Jahren durchgeführt wird, noch immer er-folgreich ist, treten dort resistente Stubenfliegen auf. Dort, wo man mehrere Jahre Behandlungen von Stäl-len und Wohnräumen mit DDT-Produkten gegen Flie-gen, vor allem gegen Musca domestica und Stomoxys calcitrans durchführte, wurden in vielen Fällen resi-stente Stämme selektioniert, die mit DDT-Präpara-ten praktisch nicht mehr bekämpfbar sind. In der Schweiz sind z. B. im Wallis, wo die Fliegenbekämp-fung mit Gesarol in Ställen und auf Miststöcken seit 1944 obligatorisch erklärt und gemeinde weise durch-geführt wurde, seit 1948 sehr stark resistente Fliegen-stämme bekannt. In den folgenden Jahren wurde ver-sucht, mit Chlordan, Hexachlorcyclohexan und Di-eldrin der Fliegen Herr zu werden. Wenn auch die resistenten Fliegen gegen diese chlorierten Kohlen-wasserstoffe eine geringere Reaktionsbereitschaft zeigten, so ergaben diese Produkte zu Beginn doch befriedigende Bekämpfungserfolge. 1951 wurde be-sonders Dieldrin auf breiter Basis verwendet. K o c h e r 3 3 konnte in Laborversuchen zeigen, daß diese Substanz schon nach wenigen Generationen zur Ausbildung nicht nur gegen Dieldrin, sondern auch gegen andere Insektizide stark resistenter Fliegen-populationen führt. Es war deshalb nicht erstaunlich, daß 1952 die Fliegenbekämpfung im Wallis mit den bisher verwendeten Präparaten vollständig versagte.

Nachdem auf Grund der Laborversuche die Mög-lichkeit der Bekämpfung dieser resistenten Fliegen mit Diazinon feststand, wurden im Herbst 1951 und Frühjahr 1952 im Wallis praktische Versuche durch-

33 C. K o c h e r , Untersudiungen über Resistenzent-wicklung bei Stubenfliegen. Int., nicht veröffentlichter Be-richt vom 15. 5. 1951.

Page 8: Uber ein neues Insektizid mit breitem Wirkungsspektrumzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/8/ZNB-1953-8b-0225.pdf · schen Methode eine langsam fortschreitende Zer-setzung gefunden, während

geführt, indem die Ställe ganzer Dörfer oder zusam-menhängender Dorfteile mit Diazinon-Spritzmitteln behandelt wurden. Die Versuche in Visp, Lalden (Tab. 5), Noes/Granges ergaben 3 4 , 3 5 j daß Diazinon-

34 C. K o c h e r , Stallfliegenbekämpfung mit Suspen-sions-Spritzmitteln auf der Basis von G 24 480. Zusammen-fassung der Resultate aus Visp und Lalden. — Versuche in Noes/Granges. Int., nicht veröffentlichter Bericht vom 21. 7. 1952. (2097)

Spritzmittel gegen die resistenten Walliser-Fliegen-stämme mit gutem Erfolg eingesetzt werden können und daß mit einer Dauerwirkung von 4 — 6 Wochen gerechnet werden darf. Aus verschiedenen ausländi-schen Versuchen liegen ebenfalls sehr positive Ergeb-nisse vor.

35 C. K o c h e r , H. R o t h u. J. T r e b o u x , Die Bekämpfung resistenter Stubenfliegen (Musca domestica L.) mit Diazinon. Im Druck.

Herstellung und Anwendung von Ionenaustauscher-Papier

V o n W . LAUTSCH, G . MANECKE u n d W . BROSER

Aus dem Institut für Organische Chemie der Freien Universität und dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie, Berlin-Dahlem

(Z. Naturforschg. 8 b, 232—236 [1953]; eingegangen am 14. März 1953)

Es werden ionische Gruppen in Filtrierpapier eingeführt. Mit dem so erhaltenen Filtrier-papier werden Trennungen von Aminosäuren nach Art der Papierchromatographie und der Papierelektrophorese durdigeführt. Dabei ergibt sich, daß diese Papiere in gewissen Fällen unter vergleichbaren Bedingungen bessere Trennungen ermöglichen als normales Chromato-graphie-Papier.

Das Problem der Spaltung von Racematen durch Adsorption stellt nur eine spezielle Form dar,

diese Spaltung durch „Wechselwirkung zwischen einem asymmetrischen Reagens und den optischen Antipoden" 1 herbeizuführen. Als erste berichteten wohl P o r t e r und I r i g 2 über die Spaltung eines racemischen Azofarbstoffes durch Adsorption an Baumwolle, Wolle, Seide usw., eine Arbeitsweise, in welche kürzlich von M a r t i n und K u h n 3 das Prinzip einer thermischen Multiplikation einbezogen wurde. Mit Hilfe der Papierchromatographie gelang es K o t a k e 4, durch zusätzliche Einführung saurer Gruppen in saure Aminosäuren die an sich winzigen Unterschiede in den RF-Werten beträchtlich zu er-höhen, so daß eine Anreicherung des einen Antipoden möglich war. Diese Art der Racematspaltung beruht vermutlich auf der Bildung labiler diastereomerer Zwischenverbindungen mit der Cellulose bzw. auf der Bildung von Einschlußverbindungen5, denn die Spaltung konnte auch mit optisch inaktiven Lösungs-mitteln herbeigeführt werden.

1 F. E b e l u. K. F r e u d e n b e r g Leipzig u. Wien 1933, S. 555.

2 W. P o r t e r u. H. K. I r i g 45, 1919 [1923].

3 H. M a r t i n u. W. K u h n Bunsenges. Bd. 16, 152 [1941],

Stereochemie,

J. Amer. chem. Soc.

Tagungshefte dtsch.

Wir befaßten uns ebenfalls seit längerer Zeit mit der Spaltung von Racematen und glaubten dieses Ziel erreichen zu können, indem wir Papiere mit ionischen Gruppen ausrüsteten. Die Cellulose-äther-glykolsäure, -butyläther-sulfonsäure und quartäre Ammoniumverbindungen bilden mit kationischen bzw. anionischen Racematen diastereomere, salzartige Verbindungen, deren verschiedenes physikalisch-chemisches Verhalten zu Trennungszwecken auf dem Papier verwendet werden könnte.

Wir berichten im folgenden zunächst über die Ver-wendung der genannten Cellulose-Derivate für üb-liche Trennungsverfahren, über die kürzlich auch W i e 1 a n d und B e r g 6 , und zwar unter Verwen-dung von Carboxylpapier zur chromatographischen Trennung von anorganischen und organischen Katio-nen, ihre Beobachtungen mitgeteilt haben. Ionen-austausch-Reaktionen an durch Oxydation mit Hypo-bromit erhaltenen Cellulosecarbonsäuren hat neuer-dings D a v i d s o n 7 an Baumwollcellulose studiert.

4 M. K o t a k e , T. S a k a n , N. N o k o m u v a u. S. S e n s u h , J. Amer. chem. Soc. 73, 2973 [1952]; vgl. auch S. B e r l i n g o z z i , G. S e r c h i , G. A d e m b r i , Sperimentale Sez. chim. biol. 2, 89 [19-51].

5 F. C r a m e r , Angew. Chem. 64, 136 [1952], 6 Th. W i e l a n d u. A. B e r g , Angew. Chem. 64,

418 [1952], 7 G. F. D a v i d s o n , J. Textile Inst. 39, T. 87 [1948].