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Kooperation Kinder- & Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe Workshop Nr. 13 der 17. Bundesfachtagung der BAG 20.09.2012 Stefan Grösch M.A. 12 Folien

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Page 1: Workshop Nr. 13 der 17. Bundesfachtagung der BAG 20.09 ... · (Richard Sennett, Zusammenarbeit, 2012) Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 8 Gelebte Kooperationsformen mit Alltagscharakter

Kooperation Kinder- & Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe

Workshop Nr. 13 der 17. Bundesfachtagung der BAG20.09.2012

Stefan Grösch M.A.

12 Folien

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 2

Inhalt der Präsentation

➲ 1. Rechtliche Kooperationsgrundlagen 1 bis 3➲ 2. Kooperation → Definitionsversuche➲ 3. Gelebte Kooperation mit Alltagscharakter ➲ 4. Kooperation im beruflichen Umfeld➲ 5. Kooperation: Differenzen und Fallstricke➲ 6. Kooperationsnotwendigkeit am Beispiel der Ulmer

Heimkinderstudie➲ 7. Verwendete Literatur / Quellenangabe

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 3

Rechtliche Kooperationsgrundlage 1

➲ Leistungen der Jugendhilfe gehen grundsätzlich den Leistungen der Sozialhilfe vor (§10 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII).

➲ Dies gilt auch für junge Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, oder die davon bedroht sind.

➲ Auch gilt dies für die Hilfen für junge Volljährige nach §41 SGB VIII

➲ Für ambulante und stationäre Leistungen der medizinischen Reha ist die GKV nach SGB V vorrangiger Leistungsträger

➲ Fälschlicherweise bei einem nicht zuständigen Leistungsträger eingegangene Anträge muss dieser sofort zum Zuständigen weiterleiten (§16 Abs. 2 SGB I)

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 4

Rechtliche Kooperationsgrundlage 2

➲ Leistungen über SGB VIII sind nur über Antragstellung und Bewilligung (seitens des Jugendhilfeträgers) möglich.

➲ §14 SGB I, in Verbindung mit §17 Abs. 1 Nr.1 SGB I fordert eine umfassende Beratung des jeweiligen Leistungsträgers, mit dem Hinweis, dass die zustehende Sozialleistung zügig und umfassend gewährt wird.

➲ Das Hessische Landessozialgericht unterstreicht dies mit einem entsprechenden Urteil vom 07.03.2006.

➲ Die im SGB I benannte Beratungsdienstleistung erfordert von den Leistungsträgern umfassende Kenntnis über sozialrechtliche Zusammenhänge, und begründet somit einen kooperativen Anspruch zum Wohl des Leistungsberechtigten.

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Rechtliche Kooperationsgrundlage 3

➲ §35a SGB VIII:Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn die seelische Gesundheit wahrscheinlich länger als 6 Monate vom typischen Lebensalterszustand abweicht. Eine diesbezügliche Stellungnahme erstellt ein Arzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie, oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, auf Grundlage des ICD-10. Die seelische Störung muss nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv sein, dass die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dies beinhaltet unter anderem Störungsbilder wie Schulverweigerung durch Versagensängste, oder Rückzug aus dem sozialen Kontakt und Vereinzelung in der Schule.In diesem Arbeitsfeld sind auch Sozialpädagogen / Schulsozialarbeiter tätig.

➲ §36 SGB VIII:Gefordert wird eine Kooperation zwischen o.g. stellungnehmendem Therapeut, „mehreren“ weiteren Fachkräften, Sorgeberechtigtem & Kind, und Jugendhilfeträger. Dieses Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte erfordert auf der Seite des Jugendhilfeträgers Kenntnisse im Case Management und Kooperationsbereitschaft!

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 6

Kooperation → Definitionsversuche

- Kooperation = Zusammenarbeit, besonders auf politischem oder wirtschaftlichem Gebiet (www.duden.de)

- Kooperation (lat.) = Zusammenarbeit mehrer Personen oder Gruppen mit unterschiedlichen Teilaufgaben zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles (Knaurs Lexikon, S. 3364)

- „Eine Kooperation liegt immer dann vor, wenn zwei oder mehrere rechtlich oder wirtschaftlich selbständige Unternehmen aufgrund freiwilliger vertraglich geregelter Zusammenarbeit gewisse Aufgaben gemeinsam erfüllen, in Erwartung, hierdurch einen – gegenüber dem jeweils individuellen Vorgehen – höheren Grad der Zielerfüllen zu erreichen.“ (Zitat aus Seminararbeit von Julia Lutz, FH Heilbronn, Tourismuswirtschaft)

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Kooperation → Definitionsversuche

- Eine anspruchsvolle und schwierige Art von Kooperation versucht Menschen zusammenzubringen, die unterschiedliche oder gegensätzliche Interessen verfolgen, die kein gutes Bild voneinander haben, verschieden sind oder sich einfach nicht verstehen.Die Herausforderung besteht darin, auf andere Menschen nach deren eigenen Bedingungen einzugehen. Wenn wir einen sittlichen Maßstab für unser eigenes Handeln finden wollen, müssten wir die Auswirkungen unseres Tuns auf Menschen ermessen, die ganz anders sind als wir. Und das heißt letztendlich, dass wir durch die anspruchsvolle Form der Kooperation Selbsterkenntnis zu erlangen vermögen. Dialogische Kooperation fußt auf Empathie.

(Richard Sennett, Zusammenarbeit, 2012)

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 8

Gelebte Kooperationsformen mit Alltagscharakter

- Eucharistiefeier / Abendmahl

- militärischer Gruß

- Begrüßung durch Handschlag

- „Lange Tische“ in Kaffeehäusern des 18.Jahrhunderts

- „Tag der offenen Tür“

- Aushandeln von Spielregeln (schon bei Kleinkindern)

- „Natürliche Kooperation“ als Notwendigkeit zum Überleben

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 9

Kooperationen im beruflichen Umfeld

Institutionsintern (Beispiele):

- Visite (Koop. versch. Berufsgruppen, diagnostisches Instrument)

- Qualitätszirkel (Koop. versch. Berufsgruppen, qualitativer Prozess)

- Teamsitzung (arbeitsgruppenintern)

- Kriseninterventionsteam (Fachgruppe mit Entscheidungsfunktion)

- Kollegiale Fallberatung (konkrete Fallanalyse und Klärungshinweise)

- Supervision (Fall- und Teamentwicklung)

Institutionsübergreifend (Beispiele):

- Hilfeplanung nach SGB VIII- Arbeitskreise (zB „AK

Gewalt“, AK „Jugend und Soziales“ ...)

- Fallkonferenzen (ständige Vertreter, anonym - arbeitsablauforientiert)

- Fallberatung (wechselnde Fachleute, konkrete Fallarbeit, nicht anonymisiert nach Klient-Einwilligung)

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 10

Kooperation: Differenzen und Fallstricke

- Psychiatrien behandeln Krankheitsbilder, dass Leiden soll gemildert werden. Krankheitsursachen sollen gefunden und geheilt werden.

- Pädagogische Einrichtungen gehen vom Gesunden im Menschen aus und arbeiten stark ressourcenorientiert. Hilfe zur Selbsthilfe steht im Vordergrund.

- Mangelnde Zeit und mangelndes Geld als („Totschlag“-)Argumente

- Undifferenzierte Netzwerkarbeit als ausschlaggebend für Desinteresse, Überforderung und Kontextverlust der involvierten Mitarbeiter

- Hierarchieunkenntnis- Ungeklärte Zielsetzung- Klient, Patient, Kunde (als nicht zu

unterschätzende institutionsabhängige Zuschreibung / Bedeutung des Gegenüber; siehe auch: „Leistungsberechtigter“, „Hilfebedürftigter“ usw.

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 11

Kooperationsnotwendigkeit – Grundlage:Ulmer Heimkinderstudie (eine Auswahl)

Ca. 700 befragte Heimkinder im Alter von ca. 14,4 Jahren (Ø 2 Jahre im Heim)

Ca. 60% dieser Kinder/Jug. haben mindestens eine diagnostizierte psychische Störung

ca. 70% davon haben eine hohe klinische Auffälligkeit, 30% haben eine starke klinische Auffälligkeit

Benötigt werden besonders abgestimmte Behandlungskonzepte – jugendhilfeintern, aber eben auch darüber hinaus!

Die bisher zumeist angewendete Heimerziehung in Form von Regelgruppen stößt bei psychisch beeintr. Ki. u. Jug. an ihre Grenze.

Mehr als 10% dieser Ki./Jug. hatten bereits mind. einen Aufenthalt in der Ki.-u.Ju.psych.

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Stefan Grösch M.A., Kooperation KJP-JH 12

In der Präsentation verwendete Literatur / Quellenangaben

- Becker, Ulrike/Sander, Uwe; in: Sozial Extra, „Heranwachsende zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie“, Heft 5/6 2011

- Fegert, Jörg; Vortrag in Viersen, „Die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie“, 08.2006

- Knaurs Lexikon; Fischer Verlag, 1972,- Lutz, Julia; Seminararbeit, FH Heilbronn, 2004- Reinhardt/Neumann; in: „Sozialgesetzbuch I – Lehr- und

Praxiskommentar“, Nomos, 2008- Sennett, Richard; „Zusammenarbeit – Was unsere

Gesellschaft zusammenhält“, Hanser Berlin, 2012- Wiesner (Hrsg.); „SGB VIII – Kommentar“, Beck, 2006- www.duden.de

• Ende der ersten Präsentation