003-010 dpn-dossier 0614gut · methode in den fokus gerückt. vorher konnte man die mehr oder...

8
Roundtable 1 2 3 4 5 6 LDI Fotos: Norbert Bretschneider Juni / Juli 2014 dpn dossier 3 Sponsoren Teilnehmer 1 Pascal Bazzazi dpn-Korrespondent (Moderator) 2 Martin Thiesen Global Head of Liability Driven Solutions, Deutsche Asset & Wealth Management 3 Jeffrey Dissmann Senior Consultant, Mercer 4 Olaf Keese Vorstand der Sparkassen Pensionskasse AG 5 Christian Rouette Head of Pension Finance & Asset Strategy der E.ON SE 6 Anton Wouters Head of LDI and Fiduciary Management, BNP Paribas Investment Partners ••

Upload: others

Post on 03-Nov-2019

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

Roundtable

1 2

3

4

56

LDI

Fotos: Norbert Bretschneider

Juni / Juli 2014 dpndossier 3

Sponsoren Teilnehmer

1 Pascal Bazzazi dpn-Korrespondent(Moderator)

2 MartinThiesen Global Head of Liability Driven Solutions,DeutscheAsset &Wealth Management

3 Jeffrey Dissmann Senior Consultant,Mercer

4 Olaf Keese Vorstand derSparkassen PensionskasseAG

5 Christian Rouette Head of Pension Finance &AssetStrategy der E.ON SE

6 AntonWouters Head of LDI and Fiduciary Management,BNP Paribas Investment Partners

••

Page 2: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

Roundtable LDI

4dpndossier Juni / Juli 2014

dpn: Werte Herren, Liability Driven Investmentwird in Deutschland vielfältig angewendet undnoch vielfältiger diskutiert. Beginnenwirmit einerBegriffsbestimmung, und fragen wir zunächst denBerater. Herr Dissmann, wie definieren Sie LDI?

Jeffrey Dissmann: Für uns ist LDI eine direkte Konse-quenz einer Kapitalanlagestrategie, die sich an den Ver-pflichtungen orientiert. Das ist auch die Definition,wie wir sie für das Asset Liability Management undALM-Studien heranziehen. Die Ausprägungen könnendabei ganz unterschiedlich sein. LDI muss nicht nurEinsatz von Derivaten heißen, auch wenn das häufigmit dem Begriff impliziert wird. Denn LDI fängt schondamit an, meine Kapitalanlage aus Sicht des Risikosund der Wahl der Instrumente an den Verpflichtungenzu orientieren – sei es mit langlaufenden Staatsanlei-hen, sei es aber auch in der Steuerung der Aktienquote,die ich mir in Abhängigkeit meiner Verpflichtung leis-ten kann.

dpn: Herr Thiesen, was würden Sie – als Anbieterwie als Anwender – ergänzen?

Martin Thiesen: Für uns beginnt LDI bereits mit einerVeränderung der Denkweise, also der Abkehr von einer

rein auf die Kapitalanlagen fokussierten,renditeorientierten Denkweise hin zueiner verbindlichkeitsorientierten, in derdie Liabilities die ultimativen Benchmarkssind. Man muss also grundsätzlich akzep-tieren, dass die Verbindlichkeiten mit ih-ren Charakteristika, mit ihren Sensitivitä-ten das Maß der Dinge sind, auf das mandann die Kapitalanlage anpassen sollte,kann und muss. Es ist nicht nur eine Kapi-talanlagestrategie, sondern ein ganzheitli-cher Risikomanagement-Ansatz: Mankann auch unter LDI durchaus auf beidenSeiten der Bilanz arbeiten.

dpn: Aber die Passivseite ist dabei dieweniger beeinflussbare?

Thiesen: Ja, wobei man mittels Diskontra-te auch gestaltend auf der Verbindlichkei-tenseite wirken kann.

dpn: Herr Wouters, wie würden Sie ausniederländischer Sicht LDI abgrenzen?

AntonWouters: Nicht grundsätzlich anders als meinedeutschen Kollegen. Auch für uns heißt LDI zunächsteinmal, die Assets vor allem gegen die Sensitivitätenund die Restriktionen der Liabilities zu steuern. Früherbedeutete das ein Investieren gegen das Cashflow-Mus-ter der Verpflichtungen – heute ist klar, dass man dasganze Portfolio gegen die Liabilities als allgemeineBenchmark steuert, und zwar nicht mehr wie einst nurmit Fixed Income, sondern mit vielerlei Asset-Klassen.

dpn: Fragen wir jetzt die beiden Investoren nichtnach einer Begriffsbestimmung, sondern was sievon LDI erwarten? Und was ist Ihre Motivation,LDI-Strategien einzusetzen?

Christian Rouette: Wir differenzieren zwischeneinem Asset Liability Management, also einer grund-sätzlich an der Verpflichtungsseite orientierten Invest-ment-Strategie, und einem LDI-Portfolio, das eine spe-zifische Asset-Klasse innerhalb der Gesamt-Allocationdarstellt. LDI ist diejenige Komponente, die maßgeb-lich die Volatilität des Funded Status steuert, und zwarin einer Größenordnung, wie sie in einem vorgegebe-nen Risikobudget notwendig erscheint. Denn das Zieleiner an den Verbindlichkeiten orientierten Invest-

Life is risky?Pensions auch!Hedging und Sensitivitäten, Derivate und Cashflow: Kaum ein Aspektdes Asset Managements ist so vielfältig, so komplex und gleichzeitigderart im Gespräch wie die Strategie, die Aktivseite eines Versor-gungswerkes an den Verbindlichkeiten auszurichten. dpn spricht mitfünf Experten über LDI in den Zeiten des Niedrigzinses.

Page 3: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

Juni / Juli 2014 dpndossier 5

ment-Strategie ist immer, die zweckgebun-denen Mittel für den eigentlichen Zweckverwenden zu können, nämlich zeitkon-gruent die Verpflichtung zu bezahlen. Undda gibt es zwei Komponenten. Die eine istdie Reduzierung der Volatilität, und diezweite ist natürlich, eine adäquate Renditemit diesen Vermögen zu erzielen, um min-destens die Interest Costs zu verdienen.

dpn: Herr Keese, Sie vertreten hierneben einem Pensionsfonds auch einePensionskasse, also einen VAG-Anleger.Dort ist ein LDI in dieser Form,wie es ineinem CTA stattfindet, nicht ohne wei-teresmöglich. Ist LDI für Sie daher ehereine Denkweise?

Olaf Keese: Ja, LDI ist für uns eine Philoso-phie, welche die Aktiv- und die Passivseiteund die dafür Verantwortlichen zusammen-bringt. Das hat prozessuale und organisato-rische Konsequenzen. Früher legte die Pas-sivseite die Garantieverpflichtungen vor,der Vertrieb forderte eine bestimmte Über-schussbeteiligung, und die Aktivseite muss-te dann diese Vorgaben bedienen, was inden Zeiten höherer Zinsen kaum ein Prob-lem war. Heute müssen Aktuare, Vertriebler,Kapitalanleger und übrigens auch Rech-nungsleger gemeinsam die Steuerungsgrö-ßen analysieren und Entscheidungen tref-fen. Bei LDI geht es also um das Analysieren,das Diskutieren, das Austarieren.

dpn: Herr Wouters, in Großbritannien spielt LDIeine große Rolle. Wie ist der Stand der Dinge imniederländischen Pensionswesen? Immerhin 700Milliarden Euro gilt es zu verwalten, soweit ichweiß.

Wouters: Eine Billion.

dpn: EineBillionhabenwir schon.Oh, da lag ich ja300Milliarden zu niedrig.

Wouters: In den Niederlanden ist LDI bereits ein weit-gehend üblicher Weg des Steuerns und Investierens.Das geht einher mit dem bei uns etablierten FiduciaryManagement. Nahezu jede niederländische Pensions-einrichtung nutzt in irgendeiner Form LDI. Das hatauch mit der Bewertungsmethode zu tun, die auf derEuro Swap Curve basiert und die somit ein effizientesHedging der Zinsrisiken durch IR-Swaps ermöglicht. InGroßbritannien und in Deutschland haben Sie die

Inflationskomponente und die Credit-Komponente in den Verbindlichkeiten,das macht die Sache komplizierter.

dpn: Herr Thiesen, was treibt die Ent-wicklung in Deutschland?

Thiesen: Bei den größeren, IFRS-bilanzie-renden Unternehmen sind die Verbind-lichkeiten nach dem Wegfall der Korridor-methode in den Fokus gerückt. Vorherkonnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ichsage immer – schön verstecken. Zu Beginndieses Jahres musste dann erst mal der ge-samte Korridor aufgelöst werden. Die not-wendige direkte Buchung gegen das OCI,also das Other Comprehensive IncomeStatement, und damit gegen das Eigenka-pital hat die Wahrnehmung auch auf CFO-und CIO-Seite bei den Unternehmengeschärft, weil man jetzt die Volatilitätdirekt im Eigenkapital spürt. Wir sehendaher Anfragen insbesondere von größe-ren Unternehmen, die diese Volatilität ab-seits ihres Kerngeschäfts nicht mehr wol-len. Aber wie gesagt: Wir sehen LDI nichtnur als eine De-Risking-, also als eineHedging-Komponente. LDI ist eine echteManagement-Komponente. Allerdings istdas Feld heterogen. Es gibt auch durchausUnternehmen – wie in den USA –, diemöchten sich ein gewisses größeres Risi-kobudget geben und erlauben sich aucheine größere Aktienquote oder beispiels-

weise Alternatives ohne direkten Bezug zu den Verbind-lichkeiten. Mein eigenes Unternehmen wiederum zähltzu denen, die sehr nah an ihren Liabilities operieren. Dasliegt auch daran, dass eine Bank stets ihr Eigenkapital imAuge behalten muss. Versorger beispielsweise sind etwasweniger kapitalsensitiv, haben einen stetigeren Cash-flow, und somit ist die Auswirkung von Pensionsrisikenauf die Gesamtbilanz häufig geringer als bei einer Bank.

dpn: Welche Treiber gibt es in Deutschland nochfür LDI?

Dissmann: Nehmen Sie 2012, zinsbedingt ein sehrschmerzhaftes Jahr für die Unternehmen, in dem trotzguter Aktienmärkte der durchschnittliche FundingLevel im Dax-30 um circa fünf Prozent gesunken ist.Wir hatten jüngst einige gute Aktienjahre, besondersdas letzte. Gleichwohl mussten die Unternehmen fest-stellen, dass es dort mit dem Zins eine Komponentegibt, die über 70 Prozent des Risikos ausmacht, abernirgendwo vergütet wird. Auch das treibt den Wunschnach aktiverer Steuerung und höheren Hedging Levels.Letztes Jahr waren es 26 Prozent der europäischen Plä-ne, die ein dediziertes LDI Bucket hatten. Mittlerweilesind es schon 29. Ein Grund für das Zögern ist das aktu-ell niedrige Zinsniveau.

Rouette: Pensionszusagen sind ein Fremdkapitaltitellangfristiger Natur, de facto Finanzverbindlichkeitenund damit Teil der Gesamtverbindlichkeiten eines

„DienotwendigedirekteBuchunggegendasEigenkapitalhatdieWahrnehmungauchaufCFO-undCIO-Seitegeschärft,weilmanjetztdieVolatilitätdirekt imEigenkapitalspürt.“MartinThiesen DeutscheAsset&WealthManagement

AntonWouters ist Finanzmathematiker. FürdenNiederländer, Head of LDI and FiduciaryManagement bei BNPParibas InvestmentPartners inAmsterdam, ist LDI allgegenwärti-gerAlltag. Schließlich nutzen praktisch alleniederländischen Pensionseinrichtungen inirgendeiner Form LDI-Strategien und gehörendamit zu denVorreitern in Europa.Woutersrät, bei der Bewertung der Performance einerLDI-Strategie nicht die Höhe der Rendite imVerhältnis zumMarkt, sondern zu denVer-pflichtungen zu sehen.Gleichwohl betontWouters, dass LDI nicht immer einenVerzichtaufMehrertrag bedeutenmuss.Wer zumBei-spiel in derVergangenheit die Duration derAktivseite verlängert hat, kann sich heuteüber einenMehrertrag freuen.

Page 4: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

6dpndossier Juni / Juli 2014

Roundtable LDI

Unternehmens. Entsprechend müssen sieauch langfristig gesteuert werden. Daherist das Pensionsrisikomanagement bei unsTeil der Finanzstrategie und muss entspre-chend transparent sein, weshalb wir diePensionsverpflichtungen schon immer imOCI-Ansatz marktorientiert abgebildethaben. All das heißt am Ende nicht, sämtli-che Zinsrisiken zu eliminieren, sondern imRahmen eines ökonomischen und kauf-männischen Kalküls die ausfinanziertenMittel so einzusetzen, dass die Auswirkun-genaufdieNettoverschuldung soweitnötigreduziert werden.

dpn: Herr Keese, was ist für eine Pensi-onskasse die Motivation, zumindestElemente des LDI anzuwenden?

Keese: Allein schon die Erkenntnisse undKonsequenzen des Risikomanagements. Imbilanziellen Kontext macht die Kapitalanla-ge bezogen aufMarkt- und Bewertungsrisikoknapp 50 Prozent unserer gesamten Risiko-position aus, runde 46 Prozent kommen ausder Versicherungstechnik, und operationel-le Risiken bilden den Rest. Im ALM-Kontextkommen bei uns 88 Prozent vor allem ausZins-, aber auch aus Credit-Risiken. Bei derSteuerung unserer Risiken und operativenKapitalanlage sind also beide Seiten derBilanz zu berücksichtigen – und auch dieversicherungstechnischen, vor allemdie bio-metrischen Risiken. Das zeigt sich übrigens in der Indus-trie in demTrend, auf CTAs ausgelagerte Kapitalmarktri-siken bei einer weitergehenden Auslagerung auf einenPensionsfonds mit einer biometrischen Absicherungs-komponente zu vervollständigen.

dpn: Zu Ende gedacht ist also allein die Existenzeiner Pensionskasse respektive eines Pensions-fonds schon eine LDI-Maßnahme?

Keese: Das dürfte zumindest einer der Gründe für diezahlreichen bAV-Einrichtungen der Industrie sein.

dpn:Welche Rolle spielt der Niedrigzins?Macht erden Einstieg in LDI derzeit unmöglich?

Rouette: Wenn man nur über ein reines Zinsrisiko-Hedging spricht, ist der Niedrigzins als Folge derexpansiven Geldpolitik natürlich ein Problem. Aberist LDI eine Einbahnstraße? Grundsätzlich kann das

Ausmaß von Zins- und Inflations-hedging im Zeitablauf ausgesteuertwerden. Die Philosophie, LDI im Rah-men eines ganzheitlichen ALM-Ansat-zes zu sehen, ist hingegen immer not-wendig. Inwiefern man letztendlichZins- und Inflationsrisiken eliminiertoder die Sicherungsquoten flexibelanpasst, ist eine im Zeitablauf wichtigeManagement-Entscheidung.

Dissmann: Und wenn man sich für LDIentscheidet, heißt das nicht, dass manseinen Hedging Level von null auf 100Prozent hochfahren muss. Wir sehengroßes Interesse bei Kunden, differen-zierte Strategien aufzubauen und Trig-ger Level zu definieren.

Wouters: Hat man keine konkrete Mei-nung zur Zinsentwicklung, hat eine Ab-sicherung des Risikos in den Verpflich-tungen immer Sinn, weil diesem Risikokein Ertrag gegenübersteht. Bei einerkonkreten Zinsmeinung ist eine Teilab-sicherung durch das Matching-Portfolioebenfalls sinnvoll, insbesondere im Hin-blick auf ein limitiertes Risikobudgetfür das gesamte Portfolio.

dpn: Ist der Verzicht auf Rendite dergrundsätzliche Preis, der für einenLDI-Ansatz zu zahlen ist?

Thiesen:Nun,nurweilmanLDI-Gesichtspunkte inKapi-talanlagestrukturen einbezieht, muss es nicht unbe-dingt sein, dassman keinemarktübliche Rendite imVer-gleich zu den Peers mehr erwirtschaften kann. Wennman es als Risikomanagement-Ansatz sieht, wäre es imPrinzip auch möglich, bei einem Absolute-Return-An-satz zu bleiben, wenn man sich der Risiken gegenüberdenVerbindlichkeitenbewusst ist. Aber selbstwennmandie Kapitalanlage auf die Verbindlichkeiten ausrichtet,ist immer noch ein auskömmlicher Return möglich, daes in der Regel bedeutet, durch Erweiterung der Durati-on eine höhere Rendite zu erwirtschaften und über dieFokussierung auf die Kreditkomponente eine zusätzli-che Kreditrisikoprämie zu vereinnahmen.

Wouters: Ja, LDI führt nicht automatisch zu niedrige-ren absoluten Renditen. Insbesondere steht bei LDInicht die Höhe der Rendite im Verhältnis zum Markt,sondern in Relation zu den Verpflichtungen im Fokus.Und ein Mehrertrag relativ zur Entwicklung der Ver-pflichtungen führt zu höherem Risikobudget undhöherem Ausfinanzierungsgrad. Übrigens hat die In-vestition in Langläufer, die besser zurDuration der Ver-pflichtungen passten, den Versorgungswerken in denletzten zehn Jahren infolge der sinkendenZinsen sicht-lichen Ertrag gebracht. Aber natürlich gibt es immerauch das Risiko der steigenden Zinsen. Grundsätzlichwürde ich bei einem LDI-Ansatz nicht auf die Überren-dite gegenüber Cash, also auf Absolute Return, gucken,sondern auf eine Überrendite gegenüber dem Anstiegder Verpflichtungen. Denn das ist es, was am Ende des

„MitdemZinsgibteseineKomponente,dieüber70ProzentdesRisikosausmacht,abernirgendwovergütetwird.AuchdastreibtdenWunschnachaktivererSteuerungundhöherenHedgingLevels.“ JeffreyDissmann Mercer

Pensionsfonds und Pensionskasse steuertman nicht derart nach LDI,wie es bei einemCTAmöglich ist. DochOlaf Keese hat guteGründe, gleichwohl in Kategorien des LDI zudenken und zu handeln. Der Hamburger,Vor-stand der Sparkassen PensionskasseAG inKöln, sieht sich imALM-Kontextmit einerRisikoposition konfrontiert, die zu 88 Prozentvor allem ausZins-, aber auch aus Credit-Risi-ken stammt.Doch er weiß, dass sich auch beiVAG-Vehikeln ein hundertprozentiges Hedgingauf derAktivseite kaum abbilden lässt. Dafürsorgt allein schon derModified Duration Gap,der bei der Sparkassen Pensionskasse zwi-schen 7 und 17 Prozentpunkten liegt.

Page 5: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

Juni / Juli 2014 dpndossier 7

Tages zusätzlich Puffer und einen höheren Ausfinan-zierungsgrad bringt. Der Preis für einen Verzicht aufeinen LDI-Ansatz kann eine nachlassende FundingRatio sein. Andererseits kann LDI aus Sicht des Absolu-te Return auch eine geringere Rendite bedeuten.

Keese:Wir haben 2009 neben dem Replikationsportfo-lio ein explizites Risiko-Portefeuille eingeführt, mit ei-nem Masterfonds. Nach nun fünf Jahren hat sich derzum Vergleich herangezogene 15-jährige Swap rendite-bezogen etwas besser entwickelt, aber das Risiko-Porte-feuille weist eine wesentlich geringere Volatilität auf,und die Sharpe Ratio ist doppelt so hoch wie bei demSwap. Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass eine aus-kömmliche Rendite durch LDI nicht ausgeschlossen istoder sich sogar daraus ergibt.

dpn: Auch das Kerngeschäft eines Unternehmenskann schon quasi ein LDI-Element sein. Und eskann damit auchWirkung auf das konkrete AssetManagement des betreffenden Unternehmenshaben?

Rouette: Zumindest im weiteren Sinne, denn es exis-tiert eine Korrelation zwischen Kerngeschäft und Pen-sionsthemen. Die Fähigkeit, Renten aus einem bestän-digen Cashflow zu zahlen, ist grundsätzlich positiv.Aber zwecks Vorsorge ist eine Ausfinanzierung sach-gerecht: Wenn man in einem ersten Schritt die Ver-bindlichkeiten analysiert, sind die wesentlichen Risi-kofaktoren typischerweise Zins, Credit Spread undLanglebigkeit. Und je höher der Ausfinanzierungs-grad ist, desto eher ist ein explizites Hedging dieserFaktoren interessant, weil dann die notwendigen Mit-tel zur Verfügung stehen. Wenn manche Risikofakto-ren bereits im Kerngeschäft präsent sind, dann kön-nen diese ausgeschlossen werden. Wir schließen bei-spielsweise bewusst bestimmte Asset-Klassen aus, weiluns deren Korrelation mit unserem operativenGeschäft zu hoch ist.

dpn:Welche sind das bei Ihnen?

Rouette: Wir haben typischerweise keine Rohstoff-Ex-posures. Die haben wir schon im Kerngeschäft.

Thiesen:Wir sehen immer mehr Kunden, die ihr Kern-geschäft in ihre Strategie einbeziehen. Gutes Beispielsind Chemieunternehmen, die ihre Standardverpflich-tungen über Pensionskassen abgedeckt haben, aber dieInflationssensitivitäten weiter in ihren Büchern belas-sen müssen. Sie sehen dort trotzdem keine Notwendig-keit der Absicherung, da man als produzierendesUnternehmen die Inflation über das eigene Geschäfts-modell abdeckt: Steigt die Inflation, kann man auchhöhere Preise durchsetzen, über die man dann seinePensionslasten quersubventionieren kann.

dpn: Undwie ist das bei einer Bank?

Thiesen:Wir haben generell zu wenig Credit Exposureim Vergleich zu den Anforderungen, die sich aus derDiskontrate ergeben. Aber gerade auf der Credit-Seiteist das aus Sicht der Gesamtunternehmenssteuerungeigentlich kein Problem, denn wenn die Credit Spreads

sich einengen und damit die Liabilities über den Zinssteigen, profitieren unsere Bankbücher, die eher kre-ditlastig sind, davon ebenfalls. Das heißt, dass wir dasdann wieder über das Geschäftsmodell ein wenig kom-pensieren. Ich denke, man sollte ein CTA einerseitsseparat betrachten, andererseits aber immer auch dieUnternehmenssicht wahren und sich nicht zwingendin irgendein Konstrukt reinmanövrieren, obwohl mangenau weiß, dass das eigene Kerngeschäftsmodellschon einen Hedge darstellt.

dpn: HerrWouters, beziehenniederländische Pen-sionsfonds das Kerngeschäftmit ein?

Wouters: Unternehmenseigene Pensionsfonds gehenso vor, das gilt beispielsweise auch für Länder und Regi-onen, in die sie weniger investieren, wenn sie dort eingrößeres Exposure in ihrem Kerngeschäft haben. Wirhaben aber auch viele industrieweiteFonds, die keinen Sponsor und damitauch kein Kerngeschäft haben. Diesemüssen über entsprechende Puffer ver-fügen, deren Höhe sich nach ihrerRisikoorientierung richtet.

dpn: Eben fiel das Stichwort Sensiti-vität.BetrachtenwirdaherCashflow-Matching versus Sensitivitätsmat-ching. Für welche Unternehmensteht was imVordergrund?

Thiesen: Sensitivitätsmatching findetman in der Regel bei den IFRS- und Mark-to-Market-getriebenen Unternehmen,die hier mit geringen Risikobudgets vor-gehen. Unser eigenes Haus ist hierfürein gutes Beispiel. Viele Unternehmenwollen auch dem langfristigen Cash-flow-Matching genügen, wollen also diekünftigen Rentenzahlungen mit Zah-lungsströmen aus der Kapitalanlagedecken. Dann kommen Asset-Klassen insSpiel, die vielleicht gar keine direkte Be-ziehung zu den Sensitivitäten haben,kein direktes Zinsrisiko und kein direk-tes Credit-Risiko, vielleicht nicht maleine Inflationskomponente. Das besteBeispiel ist Infrastruktur, die einen Aus-zahlungsstrom hat, mit dem man Zah-lungen jenseits der zehn, zwanzig Jahredecken kann. Aber auch bei Aktien kannsich über die Dividenden ein gewissesCashflow-Matching ergeben. Wir sehendas häufig bei VAG-Anlegern, die defi-nieren, inwieweit sie über Bonds oderInfrastruktur zum Beispiel die erstenfünf oder zehn Jahre zu 100 Prozentabgedeckt haben wollen, die nächsten

„WennmancheRisikofaktorenbereits imKerngeschäftpräsentsind,dannkönnendieseausgeschlossenwerden.“ ChristianRouette E.ONSE

„Wennman sich für LDI entschei-det, heißt das nicht, dassman sei-nen Hedging Level von null auf100 Prozent hochfahrenmuss.“Und so trifft Jeffrey Dissmannmittlerweile häufiger auf Kunden,die Interesse anTrigger Levels zei-gen.Der Senior Consultant beiMercerMünchen betont außer-demden Spagat, den ein Unter-nehmen vollbringenmuss, das sei-neVerpflichtungen nach IFRSwieauch nach HGB steuern will. Dennschließlich ist die Zinssensitivitätnach IFRS siebenMal höher alsdie desmit einemDurchschnitts-zins arbeitendenHGB. Folge kannsein: Overhedging. Für die Zukunftdes LDI prognostiziert Dissmannden stärkeren Einsatz von Deriva-ten undAlternatives.

Page 6: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

8dpndossier Juni / Juli 2014

Roundtable LDI

Jahre dann mit einem geringeren Abdeckungsgradmanagen, bis vielleicht die letzten Cashflows gar nichtmehr abgedeckt werden sollen. Und mit dem über-schießenden Teil, den ich dann hinten nicht fürs Cash-flow-Matching brauche, gehe ich in das Return-See-king. Unternehmen, die kurzfristige Sensitivitätenund Schwankungen aushalten können, haben damitam Ende sichtlich mehr Möglichkeiten mit Asset-Klas-sen oder Liquiditätsprämien, als es jetzt zum Beispieldie Deutsche Bank als reiner IFRS-Investor mit hiereinem sehr, sehr niedrigen Risikobudget hat.

Wouters: Ich möchte ergänzen, dass es insbesonderefür die sehr langfristigen Cashflows schwierig seinwird, die richtigen Instrumente zum Hedging zu fin-den. Reines Cashflow-Matching bietet sich daher fürgeschlossene Pläne mit kurzer Duration und engemRisikobudget an. In den meisten anderen Fällen ist eineffizientes Sensitivitätsmatching mit relativ niedri-gem Risiko gegenüber den Verpflichtungen eine guteAlternative.

dpn:WidmenwirunsderWechselwirkungvonLDImit den Bilanzierungsfragen. So kennt das HGB janur auf der Aktivseite Mark-to-Market und ist aufder Passivseite verhältnismäßig starr durch denSiebenjahreszins. Der IAS 19 ist auf der Passivseitevolatiler. Beides kriegt man kaum unter einenHut.Was tun?

Dissmann: Das typische CTA eines Dax-Unternehmenshat zuvorderst seine IFRS-Verpflichtungen im Blick.Allerdings hat man in den BilMoG-Verpflichtungennur ein Siebtel der Zinssensitivität. Wenn man dann zu80, 90, vielleicht 100 Prozent eine Absicherung nachIFRS fährt, ist man auf der HGB-Seite natürlich totaloverhedgt. Das ist für die Unternehmen durchaus vonBedeutung, denn auch die HGB-Bilanz will gesteuertsein, die kann man nicht einfach laufen lassen. StellenSie sich einen Zinsanstieg vor: Dieser führt nach IAS 19zwar zu Verlusten auf Ihrer Aktivseite, diese sind aberin Einklang mit der Entwicklung der Passivseite. InIhrer HGB-Bilanz schlagen diese Verluste dagegen vollauf die GuV durch.

dpn: Folge ist, dass ichunter IAS 19nicht ohnewei-teres so starkhedgenkann,wie ich eswürde, wennich nur nach IFRS bilanzierenwürde?

Dissmann: Genau. Das hängt von der Governance-Struktur des Unternehmens ab. Manche Unternehmenhaben eine stärkere Restriktion auf ihre HGB-Bilanz,zum Beispiel infolge von Dividendenpolitik oderGewinnabführungsverträgen. Andere Unternehmensind freier und können sich ganz auf ihre IFRS-Bilanzkonzentrieren.

dpn:WiegehtdieE.ONSEdamitum,HerrRouette?

Rouette: Wir steuern nach IFRS, allein schon wegender klaren Stichtagsorientierung, weil ansonsten Akti-va und Passiva nie zusammenlaufen. Nach BilMoG istunser Ausfinanzierungsgrad aufgrund des hohen Bil-MoG-Zinses vergleichsweise hoch. Der BilMoG-Zinshinkt aber immer nach. Ende 2013 waren es knapp 5Prozent, und es ist absehbar, dass er über die nächstenfünf Jahre bis auf 3,5 Prozent abfällt und demzufolgedie Verpflichtung um rund 20 Prozent zulegen wird.Insofern ist der BilMoG-Zins unter LDI-Gesichtspunk-ten sehr schwierig zu steuern. Dennoch haben wirauch die HGB-Bilanz im Blick, da der HGB-Abschlussnatürlich eine eigene Relevanz hat. Stromnetzbetrei-ber unterliegen zum Beispiel der Anreizregulierungüber die Erlöse im Netzgeschäft, die auf BilMoG auf-setzt.

dpn: Und die Deutsche Bank?

Thiesen: Wir sehen in Konzernstrukturen in der Tat Ge-winnabführungsverträge der Töchter mit der Mutter,und diese basieren auf HGB-Bilanzen. Das heißt, dass dieEinheiten in den letzten Jahren Gewinne abgeführt ha-ben, die durch den Zinsrückgang aus Plan Assets kamen.Bei einem Zinsschwenk würden aber negative Erträge inder Gewinn- und Verlustrechnung entstehen, welche dieoperativen Gewinne deutlich belasten können. Daraufachten insbesondere auch die Tochtergesellschaften un-seres Hauses. Am Ende muss sich der Plansponsor aberentscheiden, nach welchem Rahmenwerk er steuernmöchte. Wichtig ist dann, die Kommunikation undTransparenz zu den Tochterunternehmen und deren Be-lange nicht aus den Augen zu verlieren.

dpn: Herr Rouette, Sie sind wie auch Herr Thieseneiner der Protagonisten in der IAS-19-Debatte umdas AA-Universum. Wie ist hier die Wechselwir-kung zwischen LDI-Steuerung und dem kleinerwerdenden AA-Universum?

Rouette: Bei einer verbindlichkeitsorientierten Invest-ment-Strategie ist der Diskontierungszins, der zurDBO-Bewertung herangezogen wird, immer die Aus-gangsbasis für das Asset Liability Management. Undnach IFRS erfolgt die Bewertung auf Basis der Zinskur-ve der sogenannten High Quality Corporate Bonds.Nach bisheriger Auslegung sind das typischerweisedie Renditen von AA-Corporates, faktisch also Staats-anleihen zuzüglich Credit Spread. Damit habe ichnicht mehr nur einen Risikofaktor in der Bewertung,nämlich die Entwicklung des Basiszinses, sondernzwei – die Entwicklung des Basiszinses und die desSpreads. Und diese beiden bewegen sich nicht eins zueins gleichgerichtet. Das perfekte Investment wärealso letztlich eine inflationsindexierte, bonitätsstarkeUnternehmensanleihe, die das Durationsrisikoberücksichtigt, den Spread sowie Inflationskompo-nenten, die ja ebenfalls in Pensionsverpflichtungenenthalten sind. Das wäre die optimale Anlage, unddavon würden möglichst viele benötigt, um ein diver-sifiziertes Portfolio zu bauen.

dpn: Emittieren Sie dochmal welche.

„ReinesCashflow-MatchingbietetsichfürgeschlossenePlänemitkurzerDurationundengemRisikobudgetan.“AntonWouters BNPParibas InvestmentPartners

Page 7: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

Juni / Juli 2014 dpndossier 9

Rouette: E.ON hat bereits viele gute Corporate Bondsemittiert.

dpn: Und die kaufen Sie dann selbst?

Rouette: Nein, die sind bei uns natürlich in der Kapi-talanlage ausgeschlossen. Aber das Geschilderte wäregedanklich das „sichere“ Matching-Portfolio für dieVerbindlichkeiten. Man muss immer wieder betonen:Die sichere Anlage im Pension Asset Management istnicht Cash. Nur: Dieses sichere Portfolio gibt es amMarkt nicht. Ergo muss aus allen anderen Asset-Klas-sen ein entsprechendes Proxy-Portfolio zusammenge-stellt werden, welches diese Komponenten adäquatdarstellt. Nun hatten wir aber in den letzten Jahren imMarkt Downgrades von AA zu A. Damit gab es jetzt aufeinmal noch einen weiteren Risikofaktor, den manhätte hedgen müssen, nämlich die Veränderung imCredit Spread als Folge einer systematischen Rating-Verschiebung im Anleihe-Universum. Doch das ist einunsystematisches Risiko, das de facto nicht hedgebarist. Denn selbst, wenn man zuvor alle AA-Corporate-Bonds erworben hätte, wäre aufgrund der Downgra-des die Verpflichtung deutlich stärker gesprungen alsdie Aktivseite. Allein damit existiert ein Risikofaktor,der de facto nicht steuerbar ist. Insofern wäre es auseiner Asset-Management-Perspektive wünschenswert,ein möglichst breites Universum zur Diskontierungzu verwenden. Nicht nur, weil es mehr Titel sind, dieman auch kaufen könnte, sondern weil die Risikofak-toren nicht mehr unsystematisch miteinander korre-lieren. Daher empfehlen wir den Einbezug auch von Agerateten Unternehmensanleihen in das„High-Quality-Universum“. Das ist ja auchauf Basis beobachtbarer Ausfallraten sach-lich richtig.

dpn: Weil sich dieses Universum dannauch niedrigvolatiler verhält?

Rouette: Genau. Es entfiele damit ein un-systematischer Risikofaktor. Es gibt auchnoch andere Aspekte, die da reinspielen,aber aus der Asset-Management-Perspekti-ve ist das der wichtigste. Auf der einen Seitefordert IAS 19 immer mehr Disclosures undAnhangsangaben, inwiefern eine Aktiv-Passiv-Steuerung – also LDI – durchgeführtwird, aber aufgrund der Interpretation desgleichen Standards wird eben diese Aktiv-Passiv-Steuerung erschwert.

dpn: Sie als Pensionskasse kann daskaltlassen, Herr Keese?

Keese: Nicht ganz. Wir weisen im übertra-genen Sinn eine Gemeinsamkeit auf. DieRegelungen zur Zinszusatzreserve ver-pflichten uns, zusätzlich Deckungsrück-stellungen aufzubauen. Und diese bemes-sen sich am Durchschnitt europäischerzehnjähriger AAA-Staatsanleihenrenditen.Wir legen aber über 15, 20, 25 Jahre an, undwir gehen in Pfandbriefe und Schuldschei-ne in AAA- und AA-Qualität – mit den ent-

sprechend höheren Spreads. Also müssen wir Rückstel-lungen mit einem Zins aufbauen, der circa 80 Basis-punkte unter unserem Anlagezins liegt. Die Regelungwird damit unserer Risikolage nicht gerecht.

Wouters: Wenn wir die drei Risiken betrachten, diewir haben – Inflation, Credit, Zins –, dann ist wegender Durationslücke der Zins das bedeutendste Risiko.Doch selbst wenn man dieses Risiko am Markt nichtperfekt hedgen kann – und das ist in den Niederlan-den nicht anders –, kann man wenigstens Schritte indiese Richtung unternehmen. Wir müssen nicht hun-dertprozentig hedgen, aber wenigstens müssen wiralle diejenigen Risiken adressieren, die wir adressie-ren können.

Keese: So ist es. Hundertprozentiges Hedging hatwenig Sinn. Bei uns liegt die Modified Duration aufder Passivseite – je nachdem, wie die Kapitalausübungstattfindet – zwischen 19 und 29 Prozent. Da gibt eskaum Instrumente, außer vielleicht wenige 100-jähri-ge Staatsanleihen mit ihren spezifischen Risiken. Wirversuchen, dem auf der Aktivseite so weit wie möglichzu entsprechen, und setzen uns dort als Ziel eine Modi-fied Duration von 12,5 Prozent. Die Kosten und Risi-ken, die wir eingehen müssten, um zu einer Durationvon 19 zu kommen, sind überhaupt nicht zu vertreten,weder gegenüber Kunden noch gegenüber Eigentü-mern.

dpn: Herr Thiesen, welche Zukunft hat LDI in derDeutschen Bank als Investor?

Thiesen: Wir werden auf absehbare Zeitden LDI-Ansatz weiterverfolgen. Ich sehebei uns im Haus keine Möglichkeit, wie-der zu Absolute-Return-getriebenenoder die Verbindlichkeiten nicht einbe-ziehenden Anlagekonzepten zurückzu-kehren. Die internen Governance-Pro-zesse zum Risikobudget, aber auch dieAufsichten und die Bankenregulierunglassen kaum noch etwas anderes zu alsein dezidiertes Risikomanagement undauch ein dezidiertes Hedging der Pensi-onsrisiken.

dpn: Wie sieht die LDI-Zukunft beiE.ON aus?

Rouette: VerbindlichkeitsorientiertesInvestieren bleibt die Basis für jeglichesPension Risk Management. Das habenwir implementiert, und das werden wirauch weiter nutzen. LDI ist dabei diejeni-ge Asset-Klasse beziehungsweise derPortfoliobestandteil, der die Risikofakto-ren der Verbindlichkeiten am bestenwiderspiegelt. LDI hat aber auch eineKorrelation zu anderen Asset-Klassenund Risikofaktoren, insbesondere zuAktienmärkten, Immobilien, PrivateEquity, dem Kerngeschäft et cetera. Wirwerden das weiterhin integriert betrach-ten. Der Grad der Hedge-Quoten oder der

Martin Thiesen ist als Global Head of Liabili-ty Driven Solutions bei der DeutschenAsset&WealthManagement in Frankfurt gleicher-maßenAnwender undAnbieter von LDI. Fürihn „beginnt LDI bereitsmit einerVerände-rung der Denkweise“. Denn LDI ist nicht nurDe-Risking-, sondern eine vollwertigeMa-nagement-Komponente der Unternehmens-steuerung.Aktuar Thiesen geht dabei nichtdavon aus, dass die Deutsche Bank in ab-sehbarer Zeit zu einemManagement derPlanAssets zurückkehrt, das sich nicht andenVerpflichtungen orientiert. Eine Bankmuss schließlich stets ihr Eigenkapital imAuge behalten.

Page 8: 003-010 DPN-DOSSIER 0614GUT · methode in den Fokus gerückt. Vorher konnte man die mehr oder weniger zykli-schen Schwankungen im Korridor – ich sage immer – schön verstecken

10dpndossier Juni / Juli 2014

Roundtable LDI

Anteil des LDI innerhalb der gesamtenAsset Allocationwird typischerweise dann steigen, wenn sich die Ausfi-nanzierungsquoten erhöhen.

dpn: Sie liegen heute bei?

Rouette: Unsere Ausfinanzierungsquoten liegen über80 Prozent im Inland und in UK höher.

dpn:Werden Sie weiter dotieren?

Rouette: Wir planen auch dieses Jahr, weitere Dotie-rungsmaßnahmen durchzuführen.

dpn: Herr Wouters, in welche Richtung wird sichLDIentwickeln?WirddieKomplexitätnochweiterzunehmen, oder werden einfachere Lösungen dieÜberhand gewinnen?

Wouters: LDI wird nicht komplexer werden, aber viel-fältiger. Die Aufsichtsbehörden achten verstärkt aufTransparenz und darauf, dass die Verantwortlichenunddie Trusteeswirklich verstehenundunter Kontrol-le haben, was in ihren Portfolios passiert. Das heißtalso, dass sie wirklich verstehen müssen, wie Infra-structure Loans oder Private Equity funktionieren undwas die dazugehörigen Risiken sind. Am Ende ist dasLDI-Portfolio ein relativ konservativer Teil des Gesamt-portfolios. Sie verdienen Ihr Geld mit den Return See-king Assets wie Aktien und High Yield Bonds. Daherwerden wir mehr Strategien sehen, um Pensionsrisi-ken zu managen. Gemacht werden kann hier schließ-lich noch viel. Weltweit, vielleicht nicht gerade in denNiederlanden, werden viele Pensionsfonds heuteimmer noch sehr traditionell gemanagt. Nötig ist vorallem die Fähigkeit, auf Marktveränderungen ebensoreagieren zu können wie auf Entwicklungen der Auf-sichtsregimes. Das heißt nicht, täglich handeln zumüssen, aber zumindest sollten Sie Ihr Portfolio gegendiewesentlichstenRisikenmanagen. In diese Richtungwird sich das Pensionswesen entwickeln.

dpn:Was heißt das speziell für Deutschland?

Dissmann: In Deutschland wird LDI derzeit vor allemdurch Cash-Instrumente wie Staatsanleihen und infla-tionsgelinkte Anleihenumgesetzt. Der deutscheMarkthat gesehen, was durch Zinsveränderungen passiert,und das Bewusstsein für diese Risikoquelle nimmt zu.Der nächste Schritt wird sein, das Kapital effizient ein-zusetzen und das Anlage-Universum zu erweitern, wegvon rein traditionellen Cash-Instrumenten hin zu dem

Einsatz von Derivaten, aber auch Alternati-ves wie zum Beispiel Infrastruktur.

dpn: Aber allerWeiterentwicklung zumTrotz: Manche Risiken bleiben immer?

Keese: Ja, und hinzu kommen neue techni-sche Risiken oder auch staatliche Interventi-onsrisiken. Denken Sie nur an Solarparksoder Pipelines, die dann auf einmal einer ver-änderten Ertragsmodellierung unterliegen.Infrastruktur erfordert eine umfassendeBetrachtung sehr vielfältiger Komponenten.

Thiesen: Immobilien sind ein gutes Bei-spiel. Wir hatten uns für unser CTA ent-schieden, einen größeren Teil in Immobili-en zu investieren, dann kam die Mietpreis-bremse, und einige Portfolios, die wir unsangeschaut hatten, entsprachen nichtmehr der Mindestrendite.

Rouette:AmEnde tauscht beziehungsweisediversifiziertman Risiken.Wichtig ist dabei,möglichst nur diejenigen Risiken zu tragen,die vomMarkt auch entlohnt werden.

dpn: Halten wir fest, dass schlussend-lich immer gilt: Life is risky, Pensionsauch.■

ChefredakteurMichael Lennert (ML)[email protected]. +49 (0) 69 156 85 117

Korrespondent Berlin,Pensions ManagementPascal Bazzazi (PBA)

MitarbeitEckhard Bergmann (BGM)Nikolaus Bora (NBO)Ulrich Buchholtz (UBU)Kirsten Kücherer (KK)Ina Lockhart (INA)Bernhard Raos (BRA)

ProduktionNorbert BretschneiderPaul Emmerton

Art DirectorJonathan Saunders

GroupManaging EditorFT Asset ManagementEduardo Llull

HerausgeberMatt Fottrell

AnzeigenEve [email protected]. +44 (0) 20 7775 6324

©Financial Times Limited, 2014. »dpn« und »dpn brief« sindWarenzeichen der Financial Times Limited. »Financial Times«und »FT« sind eingetrageneWarenzeichen undDienstleistungszeichen der Financial Times Limited.AlleRechte vorbehalten. KeinAuszug aus dieser Veröffentlichungdarf ohne vorherige schriftliche Genehmigung desChefredakteurs reproduziert oder in irgendeiner Form fürWerbezwecke verwendet werden.Wir übernehmen keineHaftung für Verluste, die Dritten dadurch entstehen, dass sieals Ergebnis von Informationen, die in dieser Veröffentlichungerschienen sind, gehandelt oder nicht gehandelt haben.Spezielle Fragen sind immermit dem entsprechenden Beraterzu besprechen.The Financial Times Limited ist in England undWales eingetragen: Nummer 227590.

RedaktionTel. +49 (0) 69 1568 5117Fax +49 (0) 69 1568 5155Grüneburgweg 16-1860322 Frankfurt/Main

VerlagFinancial Times LimitedOne Southwark BridgeLondon SE1 9HLGroßbritannien

ErscheinungsterminJuni 2014

ISSN1476-3028

AbonnementDer Bezug von dpn ist kostenfrei fürPersonen, die im institutionellenAsset undPensionsManagement arbeiten.Bestellungen im Internet unter: www.dpn-online.com/subscribe oder schicken Sie eineMail an: [email protected]

AboserviceBei Adressänderungen, Änderungen vonBezugspersonen,Abbestellungen usw.schicken Sie eineMail an: [email protected]

www.dpn-online.com

Der Head of Pension Finance &Asset Stra-tegy der E.ONSE in Düsseldorf interpre-tiert LDI als eigeneAsset-Klasse imRah-men desAsset LiabilityManagements. FürChristian Rouette sind Pensionszusagenein langfristiger Fremdkapitaltitel, der ent-sprechend langfristig gesteuert werdenmuss.Daher hat E.ON stets auf die Trans-parenz der PensionsverbindlichkeitenWertgelegt und folglich von Beginn an die OCI-Methode gewählt. Rouette geht davon aus,dass auch für sein Haus die Entscheidungfür LDI eine dauerhafte ist. Das gelte be-sonders bei steigender Funding Ratio. DerVersorger hat bereits angekündigt, seinePensionsverbindlichkeiten weiter ausfinan-zieren zu wollen.

„WirmüssenfürdieZinszusatzreserveRückstellungenmiteinemZinsaufbauen,dercirca80BasispunkteunterunseremAnlagezins liegt.DieswirdunsererRisikolagenichtgerecht.“ OlafKeese SparkassenPensionskasseAG