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Die Rolle von Health Technology Assessment (HTA)
bei der Entscheidung über die Erstattung von
Medizinprodukten
Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH
FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management)
&European Observatory on Health Systems and Policies
Medizinprodukten
10. Mai 2017 1
Zulassung
Aufnahme in Leistungskatalog(Erstattungsfähigkeit)(Erstattungsfähigkeit)
Vergütungshöhe (Erstattungshöhe) + Steuerung
10. Mai 2017 2
Zulassung
Aufnahme in Leistungskatalog(Erstattungsfähigkeit)
Europäisch reguliert; Anforderungen
gemäß Risiko; Entscheidung basiert
auf Sicherheit und Funktions-
tauglichkeit, nicht Wirksamkeit oder
patienten-relevantem Nutzen (auch
wenn neue europ. Medizinprodukte-
Verordnung von „klinischem
Nutzen“ spricht)(Erstattungsfähigkeit)
Vergütungshöhe (Erstattungshöhe) + Steuerung
Nutzen“ spricht)
10. Mai 2017 3
Zulassung
Aufnahme in Leistungskatalog(Erstattungsfähigkeit)
National reguliert; mögliche Rolle
von HTA vor Entscheidung, aber (Erstattungsfähigkeit)
Vergütungshöhe (Erstattungshöhe) + Steuerung
von HTA vor Entscheidung, aber
Medizinprodukt ≠ Medizinprodukt
(z.B. diagnostisch vs. therapeutisch)
� besondere Herausforderung für
HTA-Methodik, da diese nicht
generell von Arzneimitteln nicht
übertragen werden kann
10. Mai 2017 4
HTA für Medizinprodukte hat die WHO auch schon „entdeckt“
10. Mai 2017 5
Herausforderungen …
für Medizinprodukte-Evaluationen aus Sicht von europäischen
HTA-Institutionen (n=16; u.a. NICE, IQWiG, KCE) I
Transparenz
10. Mai 2017 6
Quelle: Fuchs S et al., 2017
Koordination
Herausforderungen …
für Medizinprodukte-Evaluationen aus Sicht von europäischen
HTA-Institutionen (n=16; u.a. NICE, IQWiG, KCE) II
Evidenzbasis
10. Mai 2017 7
Quelle: Fuchs S et al., 2017
Geringe Anforderungen bei Zulassung
Was ist notwendig (bzw. was haben wir bereits gemacht)?
Entwicklung einer Taxonomie, die …
(1) … Medizinprodukte in Kategorien einteilt, basierend auf
relevanten Elementen von existierenden Klassifikationen
(2) … Eignung der unterschiedlichen Kategorien für HTA
hervorhebt
10. Mai 2017 8
hervorhebt
(3) … Hinweise liefern soll, ob und welche methodischen
Ansätze der Bewertung modifiziert werden sollten, um
adäquate Ergebnisse für Medizinprodukte einer Kategorie
zu schaffen
Taxonomie aus HTA Gesichtspunkten - Methodik
• Ausgewählte Klassifikationen, die auf unterschiedliche Charakteristika von Medizinprodukten zielen:
− EU Zulassungsprozess für MP (Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG, 98/79/EWG)
− Internationale Klassifikation für MP, genutzt in der Global Medical Device Nomenclature (GMDN)
10. Mai 2017 9
Medical Device Nomenclature (GMDN)
− Kategorisierung der OECD: Classification of Health Care Functions
-> Analyse dieser Klassifikationen/ Kategorisierungen in Kombination, um eine umfassende Taxonomie zu entwickeln
Basis: Ausgewählte Klassifikationen und relevante Elemente
1) Risikoelemente und Funktionalität
• Zulassungsprozess von Medizinprodukten:
− 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte)
Taxonomie aus HTA Gesichtspunkten - Methodik
10. Mai 2017 10
− 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte)
− 90/385/EWG (aktive implantierbare Medizinprodukte)
− 98/79/EWG (In-vitro-Diagnostika)
Implikation für HTA:
Risiko ist nicht die Hauptdimension für
HTA, aber relevant mit Blick auf
Patientensicherheit ���� Lenkungsfunktion
für den Selektionsprozess: Für welche
MP ist HTA von Bedeutung?
2) Internationales Bezeichnungssystem für Medizinprodukte (Global Medical
Device Nomenclature, GMDN)
• Klassifizierung in 17 Codes:
Implikation für HTA:
Kaum hilfreich; aber: sehr umfangreiche
Listen, geeignet im Sinne von „keine MP-
Kategorien zu vergessen“
Taxonomie aus HTA Gesichtspunkten - Methodik
10. Mai 2017 11
3) OECD Classification of Health Care Functions
• HC.5.2 Therapeutische Hilfsmittel und andere medizinische Produkte
− HC.5.2.1 Brillen und andere augenoptische Produkte, HC.5.2.2 Hörgeräte, HC.5.2.3 Other
orthopädische Hilfsmittel und Prothesen, HC.5.2.9 Alle anderen medizinischen
Gebrauchsgüter inkl. medizinisch-technischer Ausrüstungen
� Hilfsmittel (abgegeben an und genutzt von Patienten)
Implikation für HTA: hoch!
Hilfsmittel:
für HTA � „Produkt“ = „Technologie“ � am ehesten mit
AM vergleichbar (zumindest für therapeutische Produkte)
Taxonomie aus HTA Gesichtspunkten - Methodik
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� Hilfsmittel (abgegeben an und genutzt von Patienten)
(schließt Produkte ein, die Funktionstüchtigkeit steigern, erhalten oder
verbessern)
• HC.1 Kurative Versorgung
� Künstliche Körperteile (implantiert im Rahmen von Prozeduren)
• HC.4.1 Laborleistungen, HC.4.2 Bildgebungsverfahren
� Medizintechnik zur Arzt-Unterstützung
AM vergleichbar (zumindest für therapeutische Produkte)
Implantate & Endo-Prothesen (implantiert im Rahmen
einer Prozedur):
für HTA � „medizinische Prozedur“ (in der das
Produkt eine wesentliche Komponente ist)
= „Technologie“ (G-BA: „Methode“)
Medizintechnik zur Arzt-Unterstützung:
für HTA � unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten des
MP mit Schwerpunkt auf Prozedur (nach Indikation, nach
Körperteil etc.) = diverse „Technologien“ („Methoden“)
→ Bewertungen müssen
dies berücksichtigen (z.B.
MP-Arzt Interaktion;
Lernkurveneffekte)
Bsp.: 7 Indikat. hoch-
invasiver Ultraschall:
5 x kein Nutzen/ kein
Potential; 2 x Potential
• Standardprodukte, die einem individuellen Patienten verschriebenund gegeben werden
Kategorie I
HilfsmittelKategorie III
“Medizintechnik zur
Arzt-Unterstützung”
•Technische Geräte, die Ärztebei Diagnostik und
Kategorie II
Implantate & Prothesen
• Medizinprodukte, die einem individuellen Patienten implantiert oder angepasst werden
Medizinprodukte
und gegeben werden • z.B. Inkontinenzunterlagen,
Rollstühle• Produkt, nicht Dienstleistungsteht im Mittelpunkt
bei Diagnostik und Behandlung unterstützen
• z.B. Röntgengeräte, Endoskope
• Finanzierung in zwei Stufen:
werden• z.B. Gelenk-Endoprothesen,Stents, Herzschrittmacher
• zumeist steht die Dienst-leistung im Vordergrund
• IIIa: Investition• IIIb: Refinanzierung über
Dienstleistungen
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In Deutschland könnte man auch so gruppieren …
(ist aber sehr systemspezifisch)
10. Mai 2017 14
4) Unterscheidung in diagnostische und therapeutische Verwendung
• Implikation für HTA: wichtige Unterscheidung (siehe EUnetHTA Core
Model™), die in bestehenden Klassifikationen fehlt
Taxonomie aus HTA Gesichtspunkten - Methodik
10. Mai 2017 15
Entwicklung der Taxonomie in Form einer 2 x 3 x 6 = 36 Felder-
Matrix mit ihrer (angenommenen) HTA-Relevanz & Komplexität
10. Mai 2017 16
Quelle: Henschke C et al., 2015
Entwicklung der Taxonomie in Form einer 2 x 3 x 6 = 36 Felder-
Matrix mit ihrer (angenommenen) HTA-Relevanz & Komplexität
• Unterstützung bei der Entscheidung, ab
welchem Risiko ein HTA sinnvoll ist
10. Mai 2017 17
Quelle: Henschke C et al., 2015
welchem Risiko ein HTA sinnvoll ist
• Auswahl der Methodik & Abschätzung
der Komplexität eines HTAs abhängig von
der taxonomischen Position
Medizinprodukte mit einer diagnostischen
und einer therapeutischen Komponente
sollten sich evtl. zwei Bewertungen
unterziehen
Testung der Taxonomie
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Quelle: Henschke C et al., 2015
Dafür:
• Verwendung von 1.237 HTA Berichten (mit 1.396
Technologien) von 33 europäischen HTA-
Institutionen (NICE, HAS, KCE etc.) aus 17 Ländern
� Bewertete Technologie(n) im HTA- Bericht den
taxonomischen Position zugeordnet
• Zeitraum Berichte: 2004-2015
Testung der Taxonomie
4%, n=51
33%, n=466
Dg. 29% Th. 71%
10. Mai 2017 19
63%, n=879
33%, n=466
B: 23% A: 6% C: 71%
Vergleich: Anzahl Medizinprodukte (hier 2012 in Deutschland)
vs. HTA-Berichte
4%, n=51
33%, n=466
10. Mai 2017 20
63%, n=879
33%, n=466
10. Mai 2017 21
LoE 1a: 83
([PROZENTSATZ])
LoE 1b: 264 ([PROZENTSAT
LoE 4:425
([PROZENTSAT
Welche Evidenzbasis kann HTA bei Hochrisiko-MP nutzen?
10. Mai 2017 22
([PROZENTSATZ])
LoE 2a: 60 ([PROZENTSAT
Z])LoE 2b:
41 ([PROZENTSAT
Z])
LoE 3: 25
([PROZENTSATZ])
([PROZENTSATZ])
2010-2015;
erfüllt Kriterien
des § 137h
Basis: 898 Studien in 93 HTA-Berichten
Quelle: Olberg B et al., 2017
[WERT] (28%)
150
200
250
300
Num
ber
of s
tudi
es
38%
Welche Evidenzbasis kann HTA bei Hochrisiko-MP nutzen?
10. Mai 2017 23
[WERT] (17%)[WERT] (11%)
[WERT] (63%)
[WERT] (61%)
[WERT] (20%)
0
50
100
1a 1b
Num
ber
of s
tudi
es
Level of Evidence
Good quality Moderate/poor quality No information about quality
� 43 von 898 Studien (<5%) mit hohem Evidenzniveau und guter QualitätQuelle: Olberg B et al., 2017
2010-2015;
erfüllt Kriterien
des § 137h
Was heißt das?
Damit haben
10. Mai 2017 24
Damit haben
wir uns
beschäftigt:
<5% gute
Evidenz!
Das haben wir
noch nicht
systematisch
berücksichtigt!
Man könnte auch sagen: Frau Pfeiffer hat zu 5% Unrecht
10. Mai 2017 25
HTA Institutionen sagen/fordern für die Zukunft …
10. Mai 2017 26
Quelle: Fuchs S et al., 2017
z.B.
kanadisches
EXCITE
Programm
Fuchs S et al., 2016
Internationale Vergleich für
Medizinprodukte
Und was werden wir selbst als nächstes unternehmen?
10. Mai 2017 27
Zitierte Quellen
Busse R, Panteli D, Henschke C (2015): Arzneimittelversorgung in der GKV und 15 anderen
europäischen Gesundheits-systemen: ein systematischer Vergleich. Working Papers in Health Policy
and Management Vol. 11. Berlin: Universitätsverlag der Technischen Universität Berlin.
Fuchs S, Olberg B, Panteli D, Busse R (2016): Health Technology Assessment of medical devices in
Europe: processes, methods and practices. Int J Technol Assess Health Care 32(4): 1-10.
Fuchs S, Olberg B, Panteli D, Perleth M, Busse R (2017): HTA of medical devices: Challenges and
ideas for the future from a European perspective. Health Policy 121(3): 215-229.
Henschke C, Panteli D, Perleth M, Busse R (2015): Taxonomy of medical devices in the logic of Henschke C, Panteli D, Perleth M, Busse R (2015): Taxonomy of medical devices in the logic of
health technology assessment. Int J Technol Assess Health Care 31(5): 324-330.
Olberg B, Fuchs S, Panteli D, Perleth M, Busse R: Quality of scientific evidence in HTA reports of
high-risk medical devices in Europe. Value in Health (accepted)
Panteli D, Arickx F, Cleemput I, Dedet G, Eckhardt H, Fogarty E, Gerkens S, Henschke C, Hislop J,
Jommi C, Kaitelidou D, Kawalec P, Keskimäki I, Kroneman M, Lopez Bastida J, Pita Barros P,
Ramsberg J, Schneider P, Spillane S, Vogler S, Vuorenkoski L, Wallach Kildemoes H, Wouters O,
Busse R (2016): Pharmaceutical regulation in 15 European countries: Review. Health Syst Transit
18(5): 1–118.
10. Mai 2017 28
Folien und viele Publikationen unter www.mig.tu-berlin.de