enterprise social networks: status-quo und strategische perspektiven
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FORSCHUNGSBERICHT
Enterprise Social Networks:
Status-Quo und strategische Perspektiven
10. Juli 2014
von Andreas Bock und Alexander Rossmann
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Enterprise Social Networks
Status-Quo und strategische Perspektiven
Die Einführung von so genannten Enterprise Social Networks (ESN) ist in fast allen Großunternehmen
aktuell ein relevantes Thema. Enterprise Social Networks lassen sich wie folgt definieren:
„A set of technologies that creates business value by connecting the
members of an organization through profiles, updates, and notifications
(Altimeter 2012)”.
Grundsätzlich handelt es sich bei ESN um eine integrierte Nutzung unterschiedlicher Social Software
Anwendungen. Nach einer Prognose von Gartner (2013) werden bis 2016 über die Hälfte der
Großunternehmen auf globaler Ebene ein ESN einführen. Gut ein Drittel dieser Unternehmen wird die
interne Kommunikation über Blogs, Wikis und Instant Messaging als genau so wesentlich wie eMail
und Telefon bewerten.
„By 2016, 50 percent of large organizations will have internal Facebook-like
social networks, and that 30 percent of these will be considered as essential
as email and telephones are today”.
Ziele von Enterprise Social Networks
Die mit der Einführung von ESN verbundenen Ziele sind inzwischen durch unterschiedliche Studien
belegt. Eine entsprechende Darstellung findet sich in Abbildung 1. Dabei geht es v.a. um das Teilen
von Erfahrungen und Best-Practices, die Förderung einer unternehmensübergreifenden
Zusammenarbeit, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Employer Branding und v.a. um die Einsparung von
Zeit und die Gewinnung von Produktivität. In Summe wird damit eine neue Qualität der internen
Zusammenarbeit und Kommunikation adressiert. Die skizzierten Effekte sind für Unternehmen
besonders interessant, um weitere Produktivitätsvorteile im globalen Wettbewerb zu erschließen.
Aus dieser Perspektive hat das Research Center for Digital Business im Januar 2014 eine
Fokusgruppe zur Untersuchung des Status-Quo und der Perspektiven von Enterprise Social Networks
etabliert. Dabei wurden u.a. Unternehmensvertreter von Audi, BASF, BMW, Bosch, Daimler, Dekra,
Telekom und ZF in den Dialog integriert. Die vorliegenden Ergebnisse basieren daher auf einer
subjektiven Bestandsaufnahme einiger Innovationsführer bei der Nutzung von ESN in Deutschland.
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Abbildung 1: Ziele der Einführung von Enterprise Social Networks (Altimeter 2012)
Bei den beteiligten Unternehmen liegen zum Teil bereits umfassende Erfahrungen mit der Anwendung
von Enterprise Social Networks vor. Diese wurden durch Workshop-Formate sowie gezielte
Befragungen der dargestellten Unternehmen erhoben und lassen sich in folgenden Themenbereichen
zusammenfassen:
Erfolgsfaktoren für Enterprise Social Networks
ROI Untersuchungen für Enterprise Social Networks
Einführungskonzepte für Enterprise Social Networks
Förderung des Top Management Commitments für Enterprise Social Networks
Vitalisierung der Kommunikation
Relevante Use Cases für Enterprise Social Networks
Berücksichtigung des erforderlichen Kulturwandels
Einbindung des Betriebsrats
Fragestellungen der IT
Security und Datenschutz
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Erfolgsfaktoren für Enterprise Social Networks
In Bezug auf die Erfolgsfaktoren für die Anwendung von ESN werden unterschiedliche Aspekte
genannt. Diese beziehen sich beispielsweise auf die Aktivierung der Mitarbeiter/innen. Dafür ist aus
Sicht der befragten Unternehmen eine direkte und persönliche Ansprache von Multiplikatoren
erforderlich. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei das so genannte „On-Boardingkonzept“ für neue
Communitymitglieder. Dabei geht es um die Frage, wie neue Mitglieder der Plattform aufgenommen
und entsprechend in die Kommunikation innerhalb des Netzwerks integriert werden. Solche Konzepte
lassen sich durch einen zusätzlichen „Info-Point“ direkt auf der Plattform unterstützen. Dieser bietet
eine Anlaufstelle für interessierte Mitarbeiter/innen und liefert Lösungen bei aktuellen Fragen und
Problemen. Dabei gibt es sowohl „Sandboxes“ („Spielwiesen“ zum Testen) als auch dezidierte
Support-Communitys.
Wesentlich ist darüber hinaus die Qualität der internen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten
Fachbereichen. Eine reibungslose interne Zusammenarbeit fördert den Austausch innerhalb einer
unternehmensübergreifenden Community. Die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten
Fachbereichen ist darüber hinaus bereits bei der Einführung eines ESN wesentlich. Speziell in dieser
Phase ist die Unterstützung des ESN durch Offline-Events relevant. In „Barcamps“ und anderen
Formaten können sich Mitarbeiter/innen über das ESN austauschen. In der Regel bildet dies auch
einen idealen Rahmen zur Diskussion unternehmensinterner Fragestellungen. Diese wird später
innerhalb des ESN umgesetzt. Offlineformate unterstützen die Kommunikation in Onlineforen. Daher
sollten diese auch später in regelmäßigen Abständen umgesetzt werden.
Schließlich geht es darum, geeignete Use Cases für den Betrieb des ESN aufzubauen. Dabei geht es
weniger um die allgemeine und abstrakte Beschreibung der Nutzungsmöglichkeiten. Die Use Cases
sind im Idealfall direkt mit internen Stakeholdern abzustimmen und als Pilotprojekt umzusetzen. Über
eine derart umsetzungsorientierte Entwicklung von Use Cases werden darüber hinaus Multiplikatoren
für die Nutzung der Plattform aufgebaut. Diese sind für den weiteren Betrieb der Plattform wichtig, um
die Anwendungsmöglichkeiten breiter abzubilden und Schritt für Schritt weitere User für die Plattform
zu gewinnen.
Neben der Gestaltung von Use Cases spielt in dieser Hinsicht die Qualität der Inhalte des ESN eine
wesentliche Rolle. Die Anwendung des internen Netzwerks muss für die User Zusatznutzen schaffen.
Daher geht es darum, die Erzeugung von Inhalten durch ein geeignetes Content Management zu
unterstützen. Besonders geeignete Inhalte liegen aus Sicht der befragten Unternehmen in der
Dokumentation von Projekten und Projekteinsätzen, Prozessdokumentationen und/oder z.B. der
Information über Traineeprogramme.
Aus Sicht der Unternehmenspraxis ist schließlich die Berücksichtigung der internen
Ressourcensituation wesentlich. Dabei geht es auch um eine sinnvolle Verteilung der mit ESN
verbundenen Steuerungs- und Administrationsaufgaben. Entsprechende Ressourcen sind nicht nur
für den IT Betrieb, sondern v.a. für das Community-Management aufzubauen. Im Ergebnis entstehen
hier neue Rollenmodelle und Aufgabencluster, die sich nicht alleine als Querschnittsaufgabe durch
bestehende Strukturen gestalten lassen.
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Dies setzt in weiterer Konsequenz den Aufbau von dezidierten Personalressourcen für den
inhaltlichen Betrieb der Plattform voraus. Derartige Personalressourcen werden als Community-
Manager oder auch als „Guides“ oder „Coaches“ für die Anwendung des ESN genutzt. Durch eine
enge und dezentrale Anbindung an die eigene Organisation lassen sich auch im laufenden Betrieb
weitere Use Cases für die Anwendung des ESN entwickeln. In Summe entsteht damit eine Mischung
aus zentralen und dezentralen Rollenprofilen, die in der klassischen Aufbauorganisation in der Regel
nicht berücksichtigt ist.
Außerdem sollten Unternehmen darauf achten, die Dynamik der weiteren Entwicklung aus IT-
Perspektive frühzeitig zu berücksichtigen. Entsprechende Lösungen für ESN befinden sich aktuell
noch in einer dynamischen Entwicklungsphase. Mit einer Sättigung der Innovationsdynamik ist vorerst
nicht zu rechnen. Daher stellen sich umfangreiche Fragen in Bezug auf Ausbau und ggf. Ablösung
einer eingeführten Plattform. Beispielsweise sollte die Nutzung des ESN auch über mobile Devices
ermöglicht werden. Dies ist ggf. nicht immer direkt bei Einführung einer neuen Plattform möglich. Für
den späteren Betrieb und die Ausweitung des Nutzerkreises stellt dies jedoch einen absolut
zwingenden Erfolgsfaktor dar.
Weitere Erfolgsfaktoren beziehen sich auf das Ziel- und Erwartungsmanagement mit ESN. Die Ziele
und Erwartungen an das Netzwerk sollten vorab umfassend diskutiert und dokumentiert werden. Auf
dieser Grundlage lässt sich die Zielerreichung bei der Einführung eines ESN klar bestimmen.
Bewegliche Ziele gilt es zu vermeiden. Darüber hinaus sind alle relevanten Fachbereiche in den
Zielbildungsprozess einzubinden. Dabei spielt auch das „Wording“ rund um das ESN eine Rolle. Die
Bezeichnung als „internes Facebook“ sollte vermieden werden, um negative sowie positive
Assoziationen von Facebook mit der eigenen Plattform zu unterbinden.
ROI Untersuchungen für Enterprise Social Networks
Ein weiteres Kernthema bei der Umsetzung von ESN bezieht sich auf die Suche nach dem Return on
Investment (ROI). Aus Sicht der befragten Unternehmen lässt sich ein Ansatz für die Darstellung des
ROI aus der Konsolidierung der IT Infrastruktur ableiten. Dabei werden mit der Einführung eines ESN
in der Regel weitere Anwendungen im Bereich Social Software und Zusammenarbeit abgebaut. Durch
die Konzentration auf eine einzige Plattform lassen sich entsprechende Kosteneinsparungen
darstellen. Diese sind jedoch als einzige Berechnungsgrundlage in der Regel nicht ausreichend. Der
Kern eines ESN zielt auf die Förderung der Produktivität und Verbesserung der Zusammenarbeit ab.
Daher sollten sich entsprechende Wirtschaftlichkeitsmodelle an diesen Zielgrößen orientieren. Bei den
Referenzunternehmen der Automobilbranche sind in dieser Hinsicht jedoch noch keine
weiterführenden ROI Analysen umgesetzt. Die wirtschaftliche Analyse der Plattformen konzentriert
sich entsprechend v.a. auf allgemeine Studien und Referenzanalysen aus anderen Branchen.
Ausnahmen liegen in dieser Hinsicht beispielsweise bei Bosch und bei der Telekom vor. Hier finden
sich zumindest relevanten KPI-Modelle in Bezug auf die Messung der Vitalität des ESN. Zum Teil wird
auch der Einfluss auf finanzielle Kenngrößen dargestellt. Insgesamt ist jedoch der Reifegrad
entsprechender ROI-Modelle eher als schwach zu bewerten.
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Einführungskonzepte für Enterprise Social Networks
Bei der Gestaltung von Einführungskonzepten für Enterprise Social Networks sind unterschiedliche
Teilfragen relevant. Dabei geht es zunächst um die Schaffung eines hinreichenden Top Management
Commitments. Ohne einen Sponsor im oberen Management lassen sich entsprechende Systeme und
damit verbundenen Veränderungen in der internen Kommunikationskultur nicht umsetzen. Darüber
hinaus ist es wesentlich, einen Kreis interner Sponsoren und regionaler Ansprechpartner aufzubauen.
Die internen Sponsoren sind für eine positive Vermarktung des Themas in der eigenen Organisation
verantwortlich. Dezentrale Ansprechpartner in einzelnen Regionen und Funktionsbereichen bieten den
Mitarbeiter/innen lokale Ansprechpartner. Dies ist besonders während der Einführung eines ESN von
Bedeutung. Aus Sicht der Unternehmen in der Referenzgruppe ist es darüber hinaus wichtig, gerade
in der Einführungsphase eines ESN eine Diskussion über personalnahe Themen zu stimulieren. Dies
kann sich beispielsweise auf Programme zur Mitarbeiterentwicklung beziehen.
Allgemein geht es besonders darum, die Vision und den Sinn der Nutzung eines ESN zu
transportieren. Da die Nutzung entsprechender Plattformen kaum verordnet werden kann, ist es
wesentlich, die intrinsische Motivation der Mitarbeiter/innen zu wecken. Dafür ist ein dynamisches
Einführungskonzept wesentlich, welches flexibel auf Feedback aus dem Mitarbeiterkreis reagiert. Das
„Lernen aus Userfeedback“ ist in dieser Hinsicht eine wesentliche Leitlinie für ein gelungenes
Userfeedback. Die technische Plattform ist dabei idealerweise agil und passt sich so weit wie möglich
an die Wünsche und Anregungen der Mitarbeiter/innen an.
Förderung des Top Management Commitments
An unterschiedlichen Stellen wurde bereits auf das Top Management Commitment bei der Einführung
und Nutzung von ESN hingewiesen. Dabei lassen sich unterschiedliche Strategien identifizieren, um
das Top Management Commitment selbst zu stimulieren. Zunächst sind das mittlere Management und
die Einbindung von frühen Multiplikatoren wichtig. Diese können sich innerhalb der
Gesamtorganisation für die Erprobung eines ESN einsetzen. Dabei sollte sich das Engagement
zunächst auf die Gewinnung eines Sponsors im Top Management konzentrieren. Wenn dieser
gewonnen ist, lässt sich der Support im weiteren Verlauf schrittweise ausbauen. An dieser Stelle muss
das Commitment des Top Management aktiv eingefordert und unterstützt werden. Dabei dienen auch
Maßnahmen wie die vorliegende Vorstudie sowie die Beobachtung von Benchmarks in der eigenen
Industrie als Maßstab. Das Commitment der Führungskräfte fehlt schließlich häufig wegen
mangelnder Ressourcen und fehlender Use Cases auf Top Management Ebene. Daher kann auch der
Vorteil für Führungskräfte durch entsprechende Modelle betont werden. In einigen Fällen bietet sich
auch eine Integration von ESN in größere Projekte an (in der Regel in IT-Projekte). Auf diese Weise
kann häufig zumindest ein Testbetrieb für ESN realisiert werden. Die Erfahrungen und Ergebnisse bei
der Nutzung von ESN sind anschließend umfassend zu dokumentieren.
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Vitalisierung der Kommunikation
Aus Sicht der befragten Unternehmen liegt neben den bereits dargestellten Faktoren in der
Vitalisierung der Kommunikation innerhalb eines ESN ein wesentlicher Diskussionspunkt. Die Vorteile
von ESN kommen nur zur Geltung, wenn die entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten
ausreichend genutzt werden. Aktuell folgen alle befragten Unternehmen bei der Nutzung eines ESN
dem „Prinzip der Freiwilligkeit“. Daher ist der Vorteil der Nutzung eines ESN besonders wesentlich.
Ein wesentlicher Ansatz zur Vitalisierung liegt zunächst im Aufbau der erforderlichen
Mitarbeiterkompetenz. Diese kann z.B. in Form eines Online-Trainings umgesetzt werden, welches
sich mit hoher Skalierung kostengünstig auf breite Mitarbeiterschichten ausdehnen lässt. Darüber
hinaus ist wie bereits dargestellt die Einführung und Ausbildung von Community Managern relevant.
Diese dienen als dezentraler Ansprechpartner, Coaches, Trainer und Multiplikatoren für die
Anwendung. Aus der Diskussion mit relevanten Unternehmen der Automobilbranche kann
entnommen werden, dass im Aufbau eines entsprechenden Multiplikatorennetzwerks der wichtigste
Erfolgsfaktor für ESN liegt. Darüber hinaus lässt sich speziell im Automobilbereich die Emotionalität
der Produkte für die Vitalisierung nutzen. Daher sollten regelmäßig interne Berichte und
Diskussionsimpulse anhand von aktuellen Produkten und Dienstleistungen des eigenen
Unternehmens gesetzt werden.
Die Kommunikation zwischen Führung und Mitarbeiter/innen eignet sich ebenfalls zur Stimulierung
von Vitalität. Dabei ist die Vorbildfunktion der Führungskräfte wesentlich. Soweit ausgewählte
Führungskräfte das ESN als Lead User unterstützen, hat dies zwangsläufig positive Effekte für die
Nutzung durch breite Mitarbeiterschichten. Daher ist es besonders wichtig, Führungskräfte in einer
frühen Phase als Lead User zu gewinnen.
Von besonderer Bedeutung ist darüber hinaus der Umgang mit kritischen Themen. Diese führen zu
einer Emotionalisierung des Dialogs. Daher werden derartige Themen häufig nicht offen diskutiert. Im
Sinne eines ESN ist es jedoch wichtig, gerade die Diskussion von kritischen Themen zuzulassen.
Soweit diese auf einer offenen Plattform diskutiert werden, hat dies nicht nur Einfluss auf die
Unternehmenskultur. Gleichzeitig kann sich in diesem Sinne das ESN als vitales
Kommunikationswerkzeug entwickeln.
Grundsätzlich wurde bereits die Ressourcensituation für den Betrieb eines ESN diskutiert. Der Aufbau
entsprechender Ressourcen- und Servicestrukturen rund um die Einführung eines ESN ist absolut
erfolgskritisch. Dies betrifft zum einen den Aufbau und die Weiterentwicklung der Community
Manager. Darüber hinaus sind auch Supportstrukturen für die Community Manager selbst
aufzubauen. Insgesamt ist das Rollen- und Kompetenzmodell rund um die Nutzung des ESN
umfassend zu beschreiben. Dabei spielt es auch eine Rolle, ob dezidiert Redakteure für die Erstellung
von Inhalten und das Setzen erster Impulse verfügbar sind. Impulse können u.a. auch durch eine
Direktansprache von Mitarbeiter/innen erzeugt werden. Dies umfasst die direkte Auswahl und die
Motivation der Beteiligten zur Nutzung des ESN.
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Grundsätzlich ist es für die Vitalisierung wesentlich, das neue Portal bei den Mitarbeiter/innen bekannt
zu machen. Dies kann beispielsweise durch Mitarbeiterzeitschriften, das Intranet oder die Ansprache
der Mitarbeiter/innen per eMail umgesetzt werden. Besonders wesentlich sind drüber hinaus große
Mitarbeiterveranstaltungen. Hierbei ist es wichtig, die emotionalen Faktoren großer Events
mitzunehmen und auf das ESN hinzuweisen. Allgemein ist die Vernetzung mit anderen
Kommunikationsstrategien auch für den weiteren Betrieb relevant. Das ESN muss dabei immer in den
Alltag und in spezifische Kernprozesse eingebunden sein. Im Idealfall entsteht dadurch eine Mischung
aus rational/fachlichen (die Informationen sind nur hier verfügbar) und emotionalen (es macht Spaß
mit der Plattform zu arbeiten) Nutzungsmotiven. Dabei sollte das ESN einen echten Mehrwert für die
beteiligten User schaffen. Ein Beispiel bildet die „Suchen+Finden“ Funktion. Soweit relevante
Informationen auf dem ESN besonders einfach zu finden sind, werden sich auch mehr Nutzer aktiv an
der Kommunikation beteiligen. Eine wesentliche Rolle bei der Aktivierung spielt erneut das Community
Management. Die Unterstützung der Mitglieder des ESN bei der Erstellung und Verbreitung von
Inhalten muss sich als Regelprozess etablieren. Darüber hinaus geht es darum neue Mitglieder für
das ESN zu gewinnen. Die meisten befragten Unternehmen haben daher einen systematischen
Prozess zur Aus- und Weiterbildung der Community Manager etabliert. Diesen kommt eine
Schlüsselrolle bei der Vitalisierung eines ESN bei.
Relevante Use Cases für Enterprise Social Networks
Use Cases beziehen sich auf die Anwendung und Nutzung von ESN. Bei der Bestimmung relevanter
Use Cases ist es aus Sicht der Befragten wesentlich, diesen Prozess bereits bei die Entwicklung und
Einführung des ESN einzubeziehen. Auf diese Weise können mögliche Stakeholder für die Nutzung
des ESN bereits frühzeitig abgeholt werden. Allgemein können sich die konzeptionellen
Vorüberlegungen an folgenden Fragestellungen orientieren. Zunächst ist eine Ableitung von Use
Cases aus struktureller Sicht möglich. Dabei werden Beteiligte aus unterschiedlichen
Organisationseinheiten nach relevanten Use Cases gefragt. In der Regel ist für die Einführung des
ESN dann jedoch eine Änderungen der etablierten Arbeitsprozesse erforderlich. Daher muss das ESN
in diesem Fall bereits einen erheblichen Mehrwert liefern. Andererseits können Use Cases auch
themenorientiert entwickelt werden. Dabei werden Themen und Inhalte bestimmt, die für die
Mitarbeiter allgemein oder für bestimmte Teilgruppen besonders interessant sind. Bei dieser
Vorgehensweise ist eine Veränderung bestehender Prozesse zunächst nicht erforderlich. Dafür ist die
Vitalität der Community je nach Interessenlage und Emotionalität des Themas auch unterschiedlich
ausgeprägt.
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In jedem Fall müssen Use Cases aktiv identifiziert und durch die Community Manager getrieben
werden. Dafür sollte den Community Managern ein strukturierter Prozess zur Analyse und Bewertung
von Use Cases zur Verfügung stehen. Für die Use Cases ist entsprechend ein individueller
Einführungsprozess abzustimmen, der auch die Identifikation von Lead Usern und Multiplikatoren
beinhaltet. Daher sind Aktivierungs- und Vitalisierungselement eng mit der Entwicklung von Use
Cases verbunden. Aus Sicht der befragten Unternehmen sind Use Cases besonders dann erfolgreich,
wenn sie Basisprobleme lösen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Informationen bisher nicht oder nur
schlecht gefunden werden oder Kooperationsprozesse zwischen Teams, Regionen und Ländern nicht
gut funktionieren.
Generell sollten sich Unternehmen auf wenige gute User Cases konzentrieren und diese dann aktiv
treiben. In dieser Hinsicht ist es eher schädlich, wenn man gleichzeitig zu viele sehr komplexe Use
Cases aufsetzt. In dieser Hinsicht bietet sich eher ein sequentielles Vorgehensmodell an. Aus
Grasrootperspektive können sich damit einzelne Use Cases gut entwickeln und als Erfolgsbeispiel
kommuniziert werden. Häufig lassen sich einzelne Use Cases dann einfach auf andere Teams und
Bereiche übertragen. Die Community Manager sollten in dieser Hinsicht einen Lern- und
Übertragungseffekt anstreben und die Weiterentwicklung des ESN selbst zum Use Case machen.
Berücksichtigung des erforderlichen Kulturwandels
Aus Sicht der befragten Unternehmen ist allgemein zu berücksichtigen, dass die Einführung eines
ESN einen Kulturwandel adressiert. Dies ist in zweifacher Hinsicht relevant. Zum einen ist ein Wandel
der Kommunikation für die sinnvolle Nutzung eines ESN erforderlich. Zum anderen wird dieser
Kulturwandel durch das ESN bewusst unterstützt. Grundsätzlich kann der Kulturwandel durch
unterschiedliche Begleitmaßnahmen unterstützt werden. Dabei ist zunächst die Weiterbildung der
Mitarbeiter/innen relevant. Diese muss auf die Nutzung neuer Medien abgestimmt sein. Externe
Referenten können dabei Einblicke in aktuelle Trends sowie in Kommunikationsmuster anderer
Unternehmen geben. Dies führt über die Zeit zu langsamen Veränderungen am eigenen
Kommunikationsverhalten. In der Regel ist dabei eine zusätzliche Unterstützung durch die Führung
erforderlich. Führungskräfte agieren in dieser Hinsicht als Vorbild. Daher ist zunächst die Nutzung von
Social Software durch den Führungsbereich wesentlich, z.B. durch die Einführung eines Blogs auf
Führungsebene. Daneben sollten Führungskräfte die Nutzung neuer Medien kontinuierlich im Rahmen
des eigenen Mitarbeiter- und Führungsbereichs thematisieren. Damit wird für die Mitarbeiter spürbar,
dass das ESN nicht nur als abstraktes Konstrukt in Trainingsmaßnahmen existiert, sondern dass dies
auch im Alltag relevant ist.
Der kulturelle Wandel sollte als Ziel bei der Einführung eines ESN adressiert, dann aber nicht
permanent thematisiert werden. Im weiteren Verlauf nach der Einführung ist es vielmehr erforderlich,
erfolgreiche Use Cases aufzubauen, die den Erfolg eines Wandels bei etablierten
Kommunikationsmustern veranschaulichen. Dabei lassen sich beispielsweise einzelne Use Cases
durch das Top Management promoten, z.B. in Form von Video Botschaften. Schließlich ist für den
Kulturwandel ein geeignetes Governancemodell einzuführen. Dabei bleibt festzuhalten, welche
Zielbilder für den Wandel relevant sind und wie weit man insgesamt bereits gekommen ist.
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Einbindung des Betriebsrats
Der Betriebsrat (BR) muss bei der Einführung eines ESN grundsätzlich eingebunden werden. In der
Regel ist sogar der Abschluss einer Betriebsvereinbarung erforderlich. Daher ist eine frühe
Kommunikation über die Einführung eines ESN empfehlenswert. Je nach Qualität der Beziehung zum
BR kann dieser sogar als Impulsgeber und Multiplikator in Richtung Top Management genutzt werden.
Die Grenzen bei der Nutzung eines ESN sind dabei frühzeitig abzustecken. Dabei kann es durchaus
hilfreich sein, relevante Use Cases für den BR selbst darzustellen. Diese können z.B. im Bereich
„Gesundheitsmanagement“ angesiedelt sein. Dabei kann über das ESN ein Austausch zu
gesundheitlichen Fragestellungen, aktuellen Problemen und Lösungen angesetzt werden. In der
Diskussion mit dem BR ist es von wesentlicher Bedeutung, die „social features“ eines ESN zu erhalten
(z.B. Kommentarfunktionen, Shares, Likes, Ratings). Dies ist häufig ein wichtiger Gegenstand der
Diskussion. Daher sollten v.a. die positiven Aspekte der entsprechenden Funktionen herausgearbeitet
werden. Darüber hinaus geht es oft um die Frage, ob das ESN anonym, synonym oder mit Klarnamen
genutzt werden kann. Aus Sicht des intendierten Kulturwandel ist natürlich eine Lösung mit Klarnamen
zu präferieren. Speziell in der Einführungsphase kann jedoch auch die Verwendung von Synonymen
in Erwägung gezogen werden. Nicht zuletzt muss eine Regelung erfolgen, was mit den Mitarbeiter-
generierten Inhalten geschieht, wenn Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden. Eine
automatisierte Löschung nach einem dezidierten Zeitraum ist eine der vereinbarten pragmatischen
Lösungsvarianten.
Allgemein kann der Betriebsrat jedoch häufig auch als positiver Impulsgeber genutzt werden. Dies gilt
z.B. bei der Diskussion über den ROI und den Zeiteinsatz bei der Nutzung eines ESN. Der Austausch
über das ESN leistet einen positiven Beitrag zur Mitarbeiterzufriedenheit und Betriebsklima. Dies kann
besonders anhand vitalisierender Kommunikationsmuster dargestellt und gemessen werden. Die
private Nutzung des ESN kann analog zur Nutzung von Internet und eMail geregelt werden. Damit
lässt sich eine ausschließlich private Nutzung des ESN wirkungsvoll unterbinden und zugleich die
Vitalisierung der gesamten Community durch Themen unterstützen, die mit der Branche des
Unternehmens in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen, z.B. durch eine
„Oldtimer-Community“ in einem Unternehmen der Automobilbranche.
Fragestellungen der IT
Bei der Analyse aktueller Fragestellungen der IT muss berücksichtigt werden, dass bei den beteiligten
Unternehmen vorwiegend Executives aus dem Bereich Unternehmenskommunikation befragt wurden.
Daher ist die Perspektive auf die IT v.a. aus Anwendersicht geprägt. Grundsätzlich ist darauf
hinzuweisen, dass viele Fragestellungen der IT in dieser Hinsicht noch offen sind. Dies gilt
beispielsweise für die Nutzung des ESN auf mobile Devices, die private Nutzung von eigenen Devices
und die Integration externer Partner. Bei den befragten Unternehmen sind vorwiegend Lösungen im
Einsatz, die ausschließlich von Arbeitsplätzen innerhalb des Unternehmens bedient werden können.
Eigene Devices der Mitarbeiter/innen und v.a. mobile Lösungen sind damit noch nicht vorgesehen. Bei
einigen Unternehmen lassen sich immerhin „Blue Collar“ Mitarbeiter/innen durch eine eigene eMail-
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Adresse/Login und Terminals in der Produktion in das ESN integrieren. Zum Teil experimentieren
Unternehmen mit einer externen Anbindung des ESN, beispielsweise lassen sich Contents bei BASF
vom Smartphone durch Versand an die eigene eMail-Adresse in der Timeline des ESN posten. Bei
IBM Connections werden aktuell Prozesse und Verfahren für einen begrenzten Zugriff externer
Experten erprobt. Jedoch stellen sich besonders mit Hinblick auf den Datenschutz vielfältige
Fragestellungen, die in den aktuell eingesetzten Lösungen eher rigide gehandhabt werden.
Bei der Analyse der Erfahrungen einzelner Lösungen zeigen sich unterschiedliche Erfahrungen.
Yammer wird in den meisten Unternehmen geduldet, aber nicht aktiv unterstützt. Dabei liegt die
Vorgabe vor, keine internen Informationen auf Yammer zu teilen. Allgemein ist die Sicht auf
Cloudlösungen kritisch ausgeprägt. Jive besticht v.a. durch seine hohe Usability und gut ausgebaute
Schnittstellen zu anderen Systemen. Daher ist die Zufriedenheit der User mit Jive allgemein sehr hoch
ausgeprägt. Dies gilt m.E. auch für IBM Connections. Hier hat sich die Usability aus Sicht der User
erheblich weiter entwickelt. Dennoch sind IBM Lösungen im Bereich ESN überwiegend bei
Unternehmen mit einer starken IBM Strategie etabliert.
Security und Datenschutz
Die aktuell vorliegenden Problemstellungen im Bereich Security und Datenschutz werden aktuell von
allen befragten Anwendern, als auch von den Lösungsanbietern selbst adressiert. Dabei liegt das
Problem v.a. in der Einbindung externer User. Soweit ESN keine Anbindung externer User
ermöglichen, wandert nach wie vor ein Teil der businessbezogenen Kommunikation mit Partnern auf
externe Plattformen aus. Das Sicherheitsrisiko wird damit potenziert. Jive und IBM arbeiten in dieser
Hinsicht an technischen Lösungen, die eine Rechteverwaltung beinhalten. In dieser Hinsicht können
Sicht- und Nutzungsrechte für externe User eingeschränkt werden. Probleme entstehen in dieser
Hinsicht jedoch auch aus dem Arbeitsrecht. Externe User dürfen nicht auf interne Systeme zugreifen,
da dies zum Tatbestand der Arbeitsnehmerüberlassung führt.
Daher wird es zunehmend wichtiger, das interne Bewusstsein über das Problemfeld auszubauen.
Darüber hinaus werden weitere Monitoringmöglichkeiten mit Hinblick auf einen Missbrauch der
Nutzungsrechte bei ESN relevant. Dies steht im Widerspruch zum eben formulierten Anspruch nach
einer weitergehenden Öffnung von ESN. Eine externe Kommunikation über vertrauliche Daten ist
jedoch bei den gegebenen technischen Möglichkeiten noch nicht darstellbar.
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Fazit
In Summe weisen die skizzierten Erfahrungsberichte auf wesentliche Herausforderungen bei der
Nutzung von ESN hin. Aus kultureller Perspektive liegen diese v.a. in der Einführung von ESN sowie
in der Etablierung einer vitalen Kommunikation. Aus technischer Perspektive geht es v.a. darum, den
externen Zugriff auf ESN zu ermöglichen. Dabei treten etlichen Datenschutzfragen auf, die durch die
bestehenden Lösungen nur zum Teil bedient werden. Dennoch ist aus den Ausführungen erkennbar,
dass mittlerweile alle Großunternehmen in Deutschland mit der Nutzung von ESN experimentieren.
Daher ist in den folgenden Jahren mit einer deutlichen Erweiterung und Professionalisierung des
Themenbereichs zu rechnen.
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Über uns
Andreas Bock ist Managing Director und Partner der St.Gallen Institute GmbH,
eMail: [email protected]
Alexander Rossmann ist Professor für Marketing und Vertrieb an der Hochschule
Reutlingen und Research Associate am Institut für Marketing der Universität St.Gallen,
eMail: [email protected]
Next Corporate Communication is a partnership between research institutions and business partners
in order to shape the digital transformation. We live in an era of disruptive change - a time when
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both academically rigorous - but also relevant to business.
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