m01 - magazin für destinationsmarketing

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Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol JANUAR / FEBRUAR / MÄRZ 2012 01 In caso di mancato recapito restituire al CPO di Bolzano - Bei nicht erfolgter Zustellung wird das Magazin an das OZP Bozen geliefert - Poste Italiane S.P.A. – Spedizione in A.B. – 70% NE/BZ, Tassa Pagata/Taxe Perçue BAUKULTUR IN SÜDTIROL Harmonie zwischen Architektur und Landschaft ist die große Herausforderung

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Magazin, Südtirol, Destinationsmarketing

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Magazin für Destinationsmarketing in SüdtirolJ A N U A R / F E B R U A R / M Ä R Z 2 0 1 201

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BAUKULTURIN SÜDTIROL

Harmonie zwischen Architektur und Landschaft ist die große Herausforderung

Gebäude wurden 2010 in der Bezirksgemeinschaft Pustertal neu gebaut

» Die Bezirksgemeinschaft Bozen brachte es im selben Jahr lediglich auf sieben Neubauten. (Quelle astat 2010)

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Bauen an der ZukunftRaum ist in Südtirol eine knappe Ressource. Nur sechs Prozent der Fläche unse- res Landes sind überhaupt besiedelbar. Wir müssen also mit diesem kostbaren Gut so sorgsam und umsichtig wie möglich umgehen. Das betrifft den Siedlungs-bau generell und speziell unsere Gewerbegebiete. Die Herausforderung ist, so we-nig wie möglich und nur so viel wie nötig Grün- und Kulturlandschaft anzutasten. Zersiedlung verhindern und Bestandsliegenschaften optimal nutzen, das gehört zu den Zielen, denen sich BLS verschrieben hat. Das geschieht durch Initiativen wie das Südtiroler Standortentwicklungsprojekt STEP, durch die Erarbeitung neuer Qualitätsstandards für Gewerbegebiete oder auch durch die Maxime

„Bestandsnutzung vor Neuausweisung“.

Es geht in Zukunft mehr als heute um die Frage, wo und wie Südtirols Landschaft verbaut wird und wo Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Es geht um die Frage der „Südtirol-Verträglichkeit“, der „Südtirol-Positionierung“, um das, was der gro-ße Terminus Nachhaltigkeit in sich vereint. Ein Land, zu dessen Hauptkapital die Landschaft zählt, darf sich da keine großen Fehler leisten. Tatsächlich stimmt Südtirols Richtung schon: Wir sind italienweit Spitzen- und Vorreiter bei erneu- erbarer Energie und Energieeffizienz. Das Thema „Green“ führt Fortschritt und Bewahren, Business und Umwelt zusammen. Hier hat das kleine Südtirol – auch dank hervorragender politischer Weichenstellungen – große Möglichkeiten. Der Standort Südtirol kann und muss Vorzeigeregion sein, wie in Zukunft und gleichzeitig an der Zukunft gebaut wird.

Ulrich Stofner, BLS-Direktor

EDITORIAL

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Inhalt

BLS – Business Location Südtirol A.G., Dompassage 15, 39100 Bozen EOS – Export Organisation Südtirol, Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen SMG – Südtirol Marketing K.A.G, Pfarrplatz 11, 39100 Bozen TIS – innovation park, Siemensstr. 19, 39100 Bozen

Verantwortlicher für den Inhalt: Reinhold Marsoner | Chefredaktion: Barbara Prugger | Redaktion: Maria C. De Paoli, Philipp Gonzales, Bettina König, Eva Pichler, Cäcilia Seehauser, Gabriela Zeitler Plattner | Koordination: Ruth Torggler | Layout: Lukas Nagler | Design-Consult: Arne Kluge | Fotografie: Architekturbüro Gamper, Arch. Arnold Gapp, Arno Balzarini/Keystone, Hubert Bernard, Alex Filz, Bundesdenkmalamt Innsbruck, Martina Jaider, Max Lau-tenschläger, Ernst Lorenzi, Laurin Moser, Helmuth Rier, René Riller, Othmar Seehauser, Shutterstock, Tappeiner, Ludwig Thalheimer, Alessandro Trovati Druckvorstufe: typoplus GmbH, Bozner Straße 57, 39057 Frangart | Druck: Karo Druck KG, Pillhof 25, 39057 Frangart | Zur Abbestellung dieses kostenlosen Magazin genügt eine E-Mail mit genauer Adressangabe an [email protected] | Eintragung beim Landesgericht Bozen Nr. 7/2005 vom 9. Mai 2005

TITEL: Architektur & Landschaft

8 Mehr Baukultur für SüdtirolDie Verschränkung von Architektur und Landschafts-gestaltung wird immer notwendiger.

13 Ein neues Haus für den WeinWeinarchitektur liegt im Trend. Hippe Kellereien bringen neue Kunden und Südtirol-Gäste.

14 Gute Spannung zwischen Alt und NeuArchitektin Susanne Waiz erklärt, warum mit Stolz und genügend Zeit gebaut werden soll.

16 Kulturerbe GsiesVon Kornkästen und Feldzäunen: Vieles verloren und noch Vieles zu retten.

17 Geschützte LandschaftWie in Südtirol die Fläche genutzt wird und wieviel davon noch besiedelbar ist.

18 Schönes Land, gute ArchitekturVier Beispiele dafür, dass Südtirol ein spannendes Architekturlabor ist.

20 Kooperation statt einsamer KirchtürmeSTEP heißt das Gebot der Stunde: Gemeinden tun sich zusammen und denken in funktionalen Einheiten.

22 Bespielte Straßen und entweihte Kirchen Wie Firmen und Institutionen im Ausland Gebäude und Landschaft gestalten.

MARKETING

25 Natururlaub ganz großDie Urlaubsbedürfnisse und das Markenimage Südtirols im Ausland.

30 Das EOS-Partnernetzwerk

Auch kleinere Firmen können den Markteinstieg in exotischere Märkte schaffen. Ein Fallbeispiel.

MATERIAL

32 Lang lebe das HolzEine Hymne auf die vielen guten Eigenschaften des Südtiroler Traditionsrohstoffes.

VERANSTALTUNGEN

34 Vier Preisträger, eine GalanachtAm 11. November wurden die Südtirol Awards der Wirtschaft im Stadttheater Bozen verliehen.

Rubriken

6 mailbox 7 made in südtirol24 Meinung28 menschen 37 im visier der medien38 marktplatz

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innovation park

Ideen-Telefon

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tage (19. – 22. April 2012) organisiert. Mit diesem 2011 lancierten Event will Südti-rols Standortagentur BLS länderüber-greifende Kooperationen in der Film-branche fördern und Südtirol nachhaltig als Filmland positionieren. Zur Teilnah-me eingeladen sind Film- und TV-Produ-zenten sowie Filmförderer aus Italien, Österreich und Deutschland. Bei dem Treffen werden konkrete Projekte vorge-stellt und verhandelt. Die Inhalte des Treffens sind ganz auf die Bedürfnisse der Teilnehmer ausgerichtet. Sie können

hier Infos zu den aktuellen Produktions- und Finanzie-rungsbedingungen einho-len, praktische Erfahrungen austauschen, gemeinsam neue Perspektiven für die Zu-sammenarbeit entwickeln, aber auch bereits geplante Projekte zur Sprache brin-gen. Zudem dürfen drei Teil-

nehmer der BLS-Drehbuchwerkstatt RACCONTI #1 erstmals ihre Projekte in diesem Kreis vorstellen und haben so die Chance, dafür einen interessierten Pro-duzenten zu finden. www.bls.info

TIS IDEEN-TELEFONHeißer Draht für Geschäftskonzepte

INNOVATION. Gute Ideen nicht versan-den lassen, dass ist das Ziel des Ideente-lefons des TIS innovation park. Anrufen kann jeder, der eine innovative, ausge-reifte Businessidee hat: Im Telefonge-spräch erhält der Anrufer erste Impulse, in einem nächsten Schritt erfolgt eine Einschätzung durch das Expertenteam

LEBENSART Das neue Südtirol-Magazin auf iPad

MARKETING. Das Südtirol Magazin ist ein multimediales Magazin, das alle Tools der Online-Welten nutzt: Bild-Ani-mationen, Integration von Videos, Mu-sik, social media und geo-referenzierte Daten gepaart mit klassischen Textbo-xen sowie Reportageseiten. 48.000 Kun-denadressen aus Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz erhalten vier Mal pro Jahr das Magzain. Auch Besu-cher der offiziellen Touris-muswebseite suedtirol.info haben die die Möglichkeit, das multimediale Magazin kostenlos zu abonnieren.

„Die durchschnittliche Ver-weildauer von vier Minuten zeigt, dass Inhalte und Auf-bereitung gut ankommen“, kommentiert SMG-Markt-leiter Martin Bertagnolli das neue Pro-dukt. Seit Kurzem gibt es das Magazin auch als iPad-Applikation und ist auf iTunes kostenlos downloadbar. Auch Ferienregionen und Partner nutzen das Lebensart-Magazin mit eigenen perso-nalisierten Seiten zur Beschickung ihrer Kundenadressen. www.suedtirol.info/lebensart

INCONTRI #2Treffen der Filmwirtschaft in Bozen

FILM. „Drei Filmländer. Zwei Sprachen. Ein Gipfeltreffen.“: Unter diesem Motto steht das zweite Koproduktionstreffen, das die BLS im Rahmen der Bozner Film-

des TIS, das individuelle Empfehlungen ausarbeitet. Willkommen sind alle Ar-ten von Ideen. „Südtirol hat Stärkefelder wie erneuerbare Energie, Alpine Kompe-tenz und die Lebensmittel- und Gesund-heitsbranche. Hier sind wir richtig gut und in diesen Bereichen sind die Mitar-beiter des TIS Experten“, erklärt die Lei-terin des Projektes Ideen-Telefon Mi-chaela Kozanovic. Gibt es vom TIS-Ex-pertenteam grünes Licht, kann die Idee gemeinsam weiterverfolgt werden. So können aus Ideen konkrete Produkte oder Dienstleistung werden. Das Projekt Ideen-Telefon wird aus Mitteln des Eu-ropäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Mo – Fr, 10 – 12 Uhr und 14 – 16 UhrTel. 800 892 872

GRAND TASTING TOURSüdtirol Wein in den USA

EXPORT. Mit Oktober 2011 ist das von der EU genehmigte Förderprogramm PROVINUS für den Südtiroler Wein D.O.C. in den USA gestartet. 500.000 Euro wurden bis Ende Dezember einge-setzt, um Konsumenten, Händler, Im-porteure, Restaurateure und Fachjour-nalisten in den USA über die Bedeutung der europäischen Gütesiegel zu infor-mieren und sie von der Qualität der Süd-tiroler Weine zu überzeugen. Die für Ap-ril 2012 geplante Grand Tasting Tour von San Francisco nach Portland und Seattle wird von PR-Aktionen und Medienwer-bung flankiert. www.eos-export.org

(gzp)

Impulse für die Weiterentwicklung ihrer Ideen erhalten Anrufer kostenlos

Kommt gut an: Südtirols neues Multimedia-Magazin

MAILBOX

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Anschein, als sei es immer schon da gewesen. Die Nähe zur Natur wird durch die Lichteinstrahlung sogar verstärkt: Den Hügel, der das Ortler-Museum verbirgt, durchschneidet ein Oberlicht in der gezackten Kontur einer Gletscherspalte. Tags bringt es Lichtstrei-fen in die Räume, im Dunkeln leuchtet es wie ein Blitz. Die Aus-stellungsräume aus Sichtbeton darunter sind passend dazu dem Thema Eis gewidmet. Skilauf, Eisklettern und Polfahrten sind hier thematisiert. Das Museum ist wie eine Grotte: Der Besucher geht förmlich in den Berg hinein. www.messner-mountain-museum.it

Unmittelbar unter den Eisfeldern des Ortlers gelegen, fügt sich das MMM Ortles vom Vinschgauer Architekt Arnold Gapp wie von selbst in den Hügel. Es wird eins mit der Landschaft und gibt den

Bauherr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhold MessnerArchitekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnold GappLage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . auf 1900 m in Sulden Besonderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . unterirdisch angelegt Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2004

Objekt: MMM OrtlesS T E C K B R I E F

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MADE IN SÜDTIROL

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TITEL: Architektur & Landschaft | Baukultur

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Dass Südtirol, architektonisch gese-hen, neu erwacht ist, bestätigt auch der in Dresden geborene und in Brixen lebende Architekt und Publizist Andreas Gottlieb Hempel. „Auf der Suche nach sich selbst hat man lange auf das Bauernhaus zu-rückgegriffen.“ Das Ergebnis war eine Mischung aus Costa Brava und falsch ver-standener Eleganz. Doch das war einmal. Heute könne das Land mit architektoni-schen Leuchttürmen wie der Residenz

„Pergola“ in Algund oder dem „Vigilius Moutain Resort“ am Vigiljoch, beide von Matteo Thun, aufwarten.

Lob den Bauherren

Der „Aufbruch hinterm Brenner“, wie die Münchner „Süddeutsche“ schreibt, wurde längst auch medial entdeckt. Im Herbst hat die „Neue Züricher Zeitung“ der „spannenden Szene“ im Land einen langen Artikel unter dem Titel „Wein-grotten und Museumstempel“ gewid-met – mit vielen herausragenden Bei-spielen und Tipps für eine Architektur-reise zwischen Reschenpass und Salurner Klause. Der Wiener „Standard“ spricht von den Perlen der Südtiroler Ar-chitektur, während in der italienischen

„La Repubblica“ regelmäßig über das Land, seine Bauten und seine Architek-ten geschrieben wird.

Die Festung Franzensfeste, renoviert von Markus Scherer und Walter Dietl, das futuristische Fern-heizwerk in Brixen aus der

Feder des Architekturbüros MODUS ar-chitects, eine Wohnanlage in der Bozner Kaiserau von Christoph Mayr Fingerle und die neue Europazentrale von Salewa, ebenso in Bozen, vom Mailänder Büro Cino Zucchi: Mit vier Objekten – mehr als jede andere Region in Italien – hat sich Südtirol 2010 auf der Architekturbi-ennale in Venedig präsentiert. Ausge-wählt wurden die Projekte von Luca Mo-linari, Kurator des italienischen Pavil-lons im Arsenal und großer Fan der zeitgenössischen Südtiroler Architektur.

„Eine Generation talentierter Architek-ten, eine Gesellschaft, die in der Archi-tektur eine Form der Selbstdarstellung sucht, eine starke Wirtschaft und, nicht zuletzt, eine solide Handwerkstraditi-on“, so beschreibt der Mailänder Archi-tekt und Universitätsprofessor die Vor-aussetzungen dafür, dass sich Südtirol in den letzten Jahren zum „ideenreichs-ten und spannendsten Architekturlabor Italiens entwickelt hat.“ Und auf den Einwand, dass nicht alles, was derzeit hierzulande gebaut wird, auch wirklich gefällt, antwortet Molinari, ohne zu zö-gern. „Ihr seid ein verwöhntes Land.“

Südtirol hat für sich den Anspruch erhoben, zum „begehrtesten Lebens-raum Europas“ zu werden. Eine ehrgeiziges Ziel, an dessen Verwirklichung Architektur und Landschaft einen beachtlichen Part leisten können.

Text: Maria Cristina De PaoliIllustration: Isabella Fabris/Lupe

MEHR BAUKULTUR FÜR SÜDTIROL

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det wurde, ob ihm diese Konstruktionen gefallen.“

Einen weiteren Aspekt bringt auch Andreas Gottlieb Hempel in die Diskus-sion ein. „Südtirol hat endlich die Angst vor der modernen Architektur verloren. Viel zu lange war diese stark ideologisch behaftet. Sie wurde als fremd und be-drohlich empfunden.“ Umso beharrli-cher hielt man an den eigenen Wurzeln fest. „Die Almhütten wurde ins Maßstab-lose aufgeblasen“, wie es Christoph Hölz, Leiter des Archivs für Baukunst der Universität Innsbruck formuliert. Die Überwindung der Berührungsängste ist laut Hempel vor allem einer jungen Ar-chitektenriege zu verdanken, die im Aus-land studiert hat.

Chronischer Platzmangel

In Südtirol gibt es aber nicht nur Bravour-stücke wie das Meraner Kunsthaus von Thomas Höller und Georg Klotzner, den unterirdischen Keller im Weingut Ma-nincor in Kaltern von Walter Angonese (siehe dazu auch eigenen Bericht), Wer-ner Tscholls Bürohaus für Selimex in Latsch oder die Seilbahn-Bergstation in

St. Martin am Kofel von Arnold Gapp – um nur einige zu nennen. Es gibt auch viele negative Beispie-le und gar manches Problem. Ein wesentlicher Faktor ist der chroni-sche Platzmangel. Almen und Wiesen nehmen 28 Prozent, Berge und Gletscher 17 Prozent und der Wald 42 Prozent der Landesfläche ein. Auf sieben Prozent wird inten-sive Landwirtschaft betrieben. Und nur die restlichen sechs Pro-zent sind besiedelt. Kein Wunder also, dass das bisschen Grund zum Objekt der Begierde vieler Häuslebauer und Unternehmer, aber auch ebenso vieler Spekulan-ten wurde. Unter dem Motto „Na-turlandschaft gibt es auf den Ber-gen genug, im Tal muss Platz fürs Wohnen und Wirtschaften sein“ wurde jahrzehntelang viel ge- und verbaut.

Dazu werden die unglaub-lichsten Anekdoten erzählt.

„Etwa als man Anfang der sechzi-ger Jahre den Tourismus am Ka-rerpass wieder ankurbeln woll-

Doch wenn es laut Molinari gleich mehrere und zum Teil gleichwertige Gründe für den Durchbruch der zeitge-nössischen Südtiroler Architektur gibt, so siedelt der Vinschger Architekt Wer-ner Tscholl den Erfolg primär bei den Auftraggebern an. „Ich glaube nicht, dass die Architekten früher schlechter waren als heute.“ Geändert hätten sich dagegen die Bauherren. Und darauf komme es an. „Denn ich kann 1000 gute Architekten haben, die alle nichts brin-gen, wenn niemand ihre Ideen umsetzt.“ Tscholl beschreibt die neue Generation der Bauherren als aufgeschlossen und bereist. „Und – sie haben genügend Geld.“ Dass das Niveau der anspruchs-vollen Neubauten im Land auf einen ver-stärkten Dialog zwischen Architektur und Landschaft zurückzuführen ist, schließt Tscholl dagegen kategorisch aus. „Das ist nur eine Frage des Betrach-ters.“ Eine These, die er gleich mit einem Beispiel untermauert: „Ich finde, dass die alten Bunker aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg heute perfekt in die Landschaft integriert, teilweise sogar schön sind. Doch fragen Sie einen ehe-maligen Soldaten, der im Krieg verwun-

te“, sagt die Bozner Architektin Susan-ne Waiz. Die Wiesen rund um das Grandhotel wurden parzelliert. Per Posteinsendung suchte man im Aus-land nach potentiellen Käufern, die an-schließend per Bus nach Südtirol ge-schleust wurden. Ein Abstecher an den Karerpass, ein Lichtbildabend mit Luis Trenker – alles gratis, wenn man einen Baugrund erwarb. Die Kurzsichtigkeit von damals hat tiefe Wunden ins Land geschlagen, die auch heute noch für je-den sichtbar sind. Man braucht nur im Sommer – im Winter zaubert der Schnee einiges weg – zur Paolina-Hütte zu gon-deln. Erst von oben ist die Baudichte der Siedlung gleich unter dem Rosen-garten erkennbar. Dach an Dach, fast wie auf einem Campingplatz, stehen die Ferienhäuser – dazwischen nur eini-ge Lärchen. „Der Fall Karersee sowie andere Bausünden in der freien Natur führten dazu, dass ab 1966 landesweit Bauleitpläne verordnet wurden. Sie sollten den Wildwuchs der Orte und eine Zersiedlung der Landschaft ein-dämmen“, sagt Susanne Waiz.

Vorreiter in Sachen gekonnte Verbindung von alt und neu: das Weingut Manincor in Kaltern

TITEL: Architektur & Landschaft | Baukultur

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letstücke der Landschaft besetzt, und zwar ohne jegliche Baukultur. „Und das ist ein gefährlicher Trend. Denn hinter-her kann man das Chaos und die Zerstö-rung kaum wiedergutmachen.“

Um so mehr ärgert sich der Münch-ner Landschaftsarchitekt über die vielen Prospekte und Broschüren, die „immer nur den Ausblick auf die umliegende Na-tur zeigen, und nicht umgekehrt.“ Für einen Wechsel des Blickwinkels plädiert auch Lilli Lička, Leiterin des Instituts für Landschaftsarchitektur der Universität für Bodenkultur in Wien. Der Ausblick auf die Berge sei erfreulich. Es sei aber auch der Blick zu berücksichtigen, den man von den Bergen aus auf das Land hat.

Erweiterungszonen

Peter Kluskas Tiraden gelten den Gewer-beparks. Der Bozner Architekt Luigi Sco-lari – er war von 2005 bis 2011 Präsident der Stiftung der Südtiroler Architekten-kammer – stellt aber auch die sogenann-ten Erweiterungszonen in Frage. „Wie kann auf einer Insel, auf der fast nur ge-

„Egal, wie wir bauen, die Landschaft verändern wir immer”, lautet das lapida-re Urteil des Münchner Landschaftsar-chitekten Peter Kluska, der die Frage nach der Belastbarkeit der Landschaft aufwirft. „Allein in Bayern werden täg-lich 20 Hektar Land neu verbaut. Der Nutzungsdruck ist enorm.“ In Bayern wie in Südtirol. Nur zum Vergleich: Laut Landesstatistikamt Astat wurden im Jahr 2002 landesweit Baugenehmigun-gen für nahezu 6,3 Millionen Kubikme-ter erlassen: ein Höhepunkt. Seitdem ist die jährlich neu gebaute „Kubatur“ zwar kontinuierlich geschrumpft, 2010 wa-ren es insgesamt aber immerhin noch über vier Millionen Kubikmeter.

Peter Kluska geht in seiner Überle-gung von der Tatsache aus, dass eine ver-dorbene Landschaft niemanden glück-lich mache: „Um so wichtiger ist es, die Entwicklungen zu hinterfragen, aber auch Pausen einzulegen, um neue Visio-nen auszuarbeiten.“ Kluskas größte Sor-ge gilt den Gewerbegebieten, „die wir irrtümlicherweise auch Gewerbeparks nennen.“ Damit werden allzu oft die Fi-

parkt und geschlafen wird, Dorfleben entstehen?“ Eine Auseinandersetzung mit den Fehlern, die hier gemacht wur-den, und ihren Ursachen scheine ihm um so wichtiger, „weil jede Erweite-rungszone das Bild eines Dorfes oder einer Stadt für immer verändert.“ Scolari fordert vor allem eine stärkere Einbin-dung aller Akteure und mehr Zeit für die Planung. „Nur so kann ein Projekt auch von allen richtig verstanden werden.“

Wie eine ursprüngliche Idee verzerrt werden kann, erklärt Walter Dietl am Beispiel der Wohnbauzone „Widum-acker“ in Jenesien: „Mitte der neunziger Jahre wurde ein Wettbewerb ausge-schrieben und dabei mein Konzept aus-gewählt. Der Plan sah die Entstehung eines zweiten Dorfzentrums samt Platz vor – mit einer hohen Dichte, wie wir sie von den alten Bergdörfern kennen, und einer verkehrsmäßig guten Anbindung an den historischen Ortskern.“ Dietl hat-te sehr rigide Durchführungsrichtlinien ausgearbeitet, die sogar die Dachland-schaft genau beschrieben. Außerdem sollte er vor jeder Entscheidung der Bau-

Die Obstgenossenschaft dominiert das Dorfbild von Schlanders

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ständnis unterlegen. Man glaubte zu wis-sen, was sich die Gäste – auch architekto-nisch – von einem Land wie Südtirol er-warteten. Und man hat ihnen genau das geboten. Eine solche Haltung führt not-gedrungen in eine Sackgasse.“ Mittler-weile sei gar mancher vom eingeschlage-nen Weg abgegangen. „Das sind diejeni-gen, die es verstanden haben, dass die Gäste einen oft kritischeren Blick besit-zen als wir selbst und dass sich diese Tou-risten auch kein Disneyland aufsetzen lassen.“ Deshalb plädiert Dorothea Aich-ner für ein grundlegendes Umdenken.

„Wir müssen uns um unsere Baukultur kümmern, und wenn es uns gefällt, dann wird es – wie es ein Vorarlberger Bürger-meister formuliert hat – auch unseren Gästen gefallen.“ An herausragenden Ar-chitekturbeispielen fehle es in Südtirol heute nicht mehr. „In den letzten zehn Jahren wurden viele interessante Projek-te umgesetzt“, sagt die Brunecker Archi-tektin. „Ich habe jedoch das Gefühl, dass sich die vorhandene Kreativität in den einzelnen Gebäuden widerspiegelt. Das Gesamte, das Zusammenspiel von Sied-lungen und Landschaft, wird noch ver-nachlässigt. Da gibt es viel zu tun.“

kommission eine Stellungnahme abge-ben. „Diese war allerdings nicht bin-dend.“ Und so entwickelte das Projekt eine starke Eigendynamik. Die Antrag-steller standen unter Zeitzwang und ga-ben den Druck an die lokalen Politiker weiter. Aus diversen Gründen wurden die Richtlinien gelockert, die Dichte re-duziert, die geplanten tertiären Einrich-tungen nicht zugelassen und die Anbin-dung an den Rest des Dorfes nur teilwei-se umgesetzt. Dass die vielen Häuser anschließend von ebensovielen Planern entworfen wurden, macht das Sammel-surium nur komplett. Dabei sei Jenesien keine Ausnahme, „sondern eher die Re-gel, wie hier vorgegangen wird“, sagt der Schlanderser Architekt. „Und was noch schlimmer ist, ist dass nur die wenigsten das Chaos auch als solches empfinden.“ Luigi Scolari sagt es gerade heraus: „Süd-tirol braucht mehr Baukultur.“

Umdenken im Tourismus

„Auch in der Tourismusarchitektur“, wie Dorothea Aichner, Präsidentin der Südti-roler Architektenkammer betont. „Viel zu lange ist man hier einem Missver-

Zin Senfter, Innichen: 21 Ferienwohnungen in vier modernen Bauernhäusern inklusive Piazza-Feeling

I N T E R N E T−P L AT T F O R M A L P I T E C T U R E

Mit alpitecture hat die Export Organi-sation Südtirol (EOS) 2009 eine Platt-form geschaffen, um Wissen und Er-fahrungen rund um die Themen Alpen, Technologie und Architektur auszutau-schen. Die Initiative bietet den Vertre-tern der heimischen Wirtschaft die Möglichkeit, geschlossen aufzutreten und international tätigen Architekten zu begegnen. Neben 30 ausländischen haben sich im Vorjahr auch zehn aus-gewählte Südtiroler Architekten an der Veranstaltung beteiligt. Vom 22. bis 25. März findet die diesjährige Auflage statt. Auf dem Programm stehen die Ausstellung "Moderne Architektur in Südtirol 2006-2012" im kunst Meran und ein Kongress der Architekten-kammern aus dem Alpenraum am 23. März im Veranstaltungs-zentrum KiMM in Meran. www.alpitecture.com

TITEL: Architektur & Landschaft | Baukultur

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und eben Walter Angonese anvertraut. Dabei sind die Ansätze grundverschie-den. „Es gibt Auftraggeber, die das Spek-takuläre suchen. Aber auch solche, die sagen: Ich mache keine schreienden Weine und will auch keine schreiende Architektur. Persönlich bin ich der Mei-nung, dass ein Projekt immer glaubwür-dig sein muss“, sagt Angonese. Von

„gleichgeschalteten“ Chardonnays, die von Kalifornien bis Australien über Neu-seeland und Südafrika alle gleich schme-cken, hält er ebenso wenig wie von einem globalen Weinarchitekturstil. „Jeder Winzer hat seine Philosophie, die in den Weinen, aber auch in der Kellerarchitek-tur wiedergefunden werden sollte."

Architektur bringt Gäste

Die Architektur bringt der Weinwirt-schaft Kunden – und dem Land Gäste. So hat etwa die „Neue Züricher Zeitung“ erst kürzlich in einem langen Artikel über „die spannende Architekturszene in Südtirol“ ihre Leser quasi zu einer Rundreise durch das Land animiert. Mit genauen Routen und vielen Abstechern, etwa nach Tramin zum Gartenbistrot

„Le verre capricieux“ des Weingutes Ele-na Walch nach einem Projekt des jun-gen Grödner Architekten David Stufles-ser oder zum Winecenter an der Kalterer Dorfeinfahrt von Feld 72.

„IN DEN ACHTZIGER Jahren war es der Wohnbau. In den Neunzigern musste jeder ein Museum bauen. Und jetzt sind die Weingüter und Kellereien dran.“ Für den Kalterer Architekten Walter Angone-se gibt es auch in der Architektur immer neue Perioden und Themen, mit denen sich selbst große Architekten messen wollen. „Weinarchitektur liegt derzeit im Trend – und zwar weltweit“, sagt An-gonese. Er spricht vom Weingut Adega Mayor von Alvaro Siza im portugiesi-schen Alentejo, vom „wunderbaren Pro-jekt“ von Valentin Bearth und Andrea Deplazes für die Starwinzer Daniel und Martha Gantenbein in Fläsch, aber auch von Bordeaux, wo der Schweizer Mario Botta die neue Kellerei der Weingüter Château Faurèges geplant hat. „Dabei geht es in der Weinarchitektur nicht nur um die Befriedigung des kulturellen An-spruchs eines Bauherren. Hier dient Ar-chitektur als Beschleuniger.“

Wesensverwandt

Was er damit meint, erklärt Walter Ango-nese am Beispiel Manincor in Kaltern. Vor knapp acht Jahren legte das 400 Jah-re alte Weingut einen betrieblichen Neu-start hin – unter anderem mit einer spek-takulären Kellerei tief unter einem Weinhügel, die Angoneses Handschrift trägt. Über 120 Mal wurde das Projekt

seit 2004 weltweit publiziert. Im selben Zeitraum wurden über 60.000 Besucher durch die Kellerei geführt. „Der enorme Werbeeffekt hatte zur Folge, dass der Be-trieb über Jahre auf ein Werbebudget verzichten konnte.“

Angonese beschreibt aber auch ein ganz besonderes Zusammenspiel, eine Wesenverwandtschaft zwischen Archi-tektur und Weinwirtschaft. „Die Winzer sprechen von Terroir und meinen damit das Zusammenspiel zwischen Reben, Böden und Bearbeitung. Wir Architek-ten sprechen von Kontext und meinen dabei gleichfalls die Zusammenhänge eines Ortes, einer Situation, eines Rau-mes.“

Den Anfang machte in Südtirol zu Be-ginn der neunziger Jahre Alois Lageder, der die Bozner Architekten Heiner Schnabl und Zeno Abram mit dem Pro-jekt für seine Kellerei in Margreid beauf-tragte. Fast zeitgleich entstand der Wein-turm von Hofstätter in Tramin. Es folg-ten die Kellereigenossenschaften von Nals/Margreid (in den Bildern), St. Mi-chael, Schreckbichl und Tramin – um nur einige zu nennen. Nach den Investi-tionen in Weinbau und Kellertechnik haben die Betriebe auf Architektur ge-setzt und sich dabei dem Talent heimi-scher Architekten wie Markus Scherer in Meran, dem Vinschger Werner Tscholl, dem Büro bergmeisterwolf aus Brixen (mdp)

Ein neues Haus für den Wein Das spannende Zusammenspiel zwischen Weinwirtschaft und Architektur. Spektakuläre Kellereien bringen den Betrieben viele Besucher und damit auch mehr Absatz.

TITEL: Architektur & Landschaft | Wein

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Mit Stolz gebaut. Die Wiener Architektin Susanne Waiz über eine regionale Architektur der Moderne, über die faszinierende Spannung zwischen Altem und Neuem und über die Zeit, die beim Bauen notwendig ist.

SUSANNE WAIZ

Susanne Waiz, geboren 1958 in Wien, lebt als freischaffende Architektin und Autorin in Bozen. Wiederkehrende Themen ihrer Arbeit sind „Architektur und Erinnerun-gen“ und „Regionalismus und Identität“.

Frau Waiz, was ist regionale Architektur?Grundsätzlich das, was an einem Ort gut funktioniert und einfach herzustellen ist. Die Ökonomie der Mittel war schon immer sehr wichtig. Das ist die Basis der regionalen Architektur, die stark von To-pografie und Klima, Gesellschaft und Wirtschaftsformen, aber auch von zwin-genden Umständen geprägt wird.

Ein Beispiel dazu?Nehmen wir den alten Ortskern von Laas mit seinen steinernen Stadeln. Am 4. Dezember 1861 hat ein Großbrand fast das ganze Dorf verwüstet. Die Kata-strophe zwang die Bevölkerung zur Im-provisation. Bis zur nächsten Ernte wurden die Stadel ja wieder gebraucht. Und so holten die Laaser lombardische Maurer über das Stilfser Joch in den Vinschgau. Ihre Handwerkskunst ist noch heute erkennbar. Dass bei den neu entstandenen Wirtschaftsgebäu-den auf einen Dachüberstand verzich-tet wurde, hat weniger mit den „Gastar-beitern“ aus der Lombardei, sondern vielmehr mit der großen Angst vor ei-nem neuen Brand zu tun. Regionale Ar-chitektur bedeutet immer auch, aus den Erfahrungen lernen.

Und was versteht man unter einer regio-nalen Architektur der Moderne? Stehen die beiden Begriffe nicht im Widerspruch?Ich sehe da kein Gegenspiel. Es war schon immer ein Kennzeichen der regi-onalen Architektur, sich dem Fort-schritt nicht zu versperren. Und warum auch? Wenn neue Techniken möglich sind, werden sie angewendet. Außer-

Architektur ist sekundär. Das ist das Ergebnis der starken Spekulationen der vergangenen Jahrzehnte. Vieles kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ich glaube aber auch, dass die Sensibilität für solche Themen heute stärker ausgeprägt ist als vor 20 Jahren.

Ich zitiere Sie: „Es sollte ohne übertrie-bene Eile und mit Stolz gebaut werden.“ Wie viel Stolz und wie viel Zeit braucht ein Bauherr eigentlich?Durch das Projektmanagement werden die Zeiten am Bau heute extrem ge-strafft. Dadurch entsteht Stress. Und ich bin der Meinung, dass sich der Druck nicht immer rechnet. Arbeitsun-fälle und schlechte Qualität sind die Folgen. Wenn ich ein Haus zur falschen Zeit verputze, wird der Putz bald wieder herunterbröckeln. Wenn ich die Mau-ern nicht genügend austrocknen lasse, muss ich mit Schimmelbildung und entsprechenden Folgekosten rechnen. Gerade in der Hotellerie ist das oft der Fall. Das Haus muss bis Weihnachten wieder bereit sein. Also werden die Ar-beiten in kürzester Zeit über die Bühne gebracht. Und dann läuft in den neuen Zimmern das Wasser an den Fenstern herunter. Wen wundert’s? Gute Hand-werksarbeit braucht Zeit. Die Sensibilität dafür müssen viele Bauher-ren erst wieder neu entdecken, ebenso wie den Stolz, nicht protzig, sondern hochwertig zu bauen.

Könnte die derzeitige Knappheit an Kredi-ten diesen „Lernprozess“ beschleunigen?Es wäre wünschenswert, dass dieser historische Moment als Chance ge-nutzt wird, um sich bestimmter Werte zu besinnen.

Und noch eine letzte Frage: Was ist regionale Architektur nicht?Alpiner Kitsch – gedankenlos und ober-flächlich, eine Perversion ursprünglich sinnhafter Formen. Der Lederhosenstil ist der Tod der regionalen Architektur.

dem finde ich die Kombination von Alt und Neu, das Spannungsfeld, das dabei entsteht, absolut positiv. Es wird sich kaum jemand daran stoßen, wenn ich ein modernes Sofa in eine alte Stube stelle, allerdings unter der Bedingung, dass beide auf demselben Niveau sind. Nur Qualität kann neben Qualität be-stehen. Ansonsten funktioniert es nicht.

Gilt dies auch für die Materialien?Da muss man eher aufpassen. Traditio-nell hat sich die regionale Architektur lokaler Materialien bedient. Mittlerwei-le ist das nicht mehr so, und so gilt es zu unterscheiden. Es gibt Trends wie etwa der Einsatz von Stahl und Glas, an denen man sich rasch ermüden wird. Wohl auch deshalb, weil sie wenig Sinn machen. Glas wird – um nur ein Bei-spiel zu nennen – nie die Qualitäten ei-nes Massivbaus haben. Es gibt aber auch gefährliche Entwicklungen. Wenn ich heute exotische Hölzer verwende, hat das nichts mit moderner Architek-tur zu tun. Es ist ökologisch bedenklich, da es durchaus einheimisches Holz mit sehr ähnlichen Charakteristiken gibt.

In welchem Verhältnis steht die regionale Architektur zur Landschaft?Die Beziehung zwischen Gebäuden und Kulturlandschaft war schon im-mer sehr eng. Heute stellt sich aller-dings die Frage, wer für den Erhalt die-ser Kulturlandschaft zuständig ist. Die Landwirtschaft ist nicht mehr in der Lage, diese Rolle allein zu überneh-men. Wo früher eine ganze Familie samt Knechten und Mägden zur Hand ging, wird heute rationalisiert. Nie-mand hat Zeit für die Erhaltung von Trockenmauern und Holzzäunen. Es müssen also neue Wege gesucht wer-den, um dieses Kulturgut zu erhalten. Dieselbe Diskussion bräuchte es aber auch in der Architektur und in der Ur-banistik.Wenn heute ein Bauherr zum Architekten kommt, will er wissen, wie viel „Kubatur“ er verbauen kann. Die

TITEL: Architektur & Landschaft | Interview

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„Nur Qualität kann neben Qualität bestehen.“Susanne Waiz, Architektin

Viel verloren, noch vieles zu retten. Die Initiative „Kultur-erbe Gsies“ sucht breiten Konsens, um Kleindenkmäler und Landschaftselemente im Tal zu erhalten. Die Finanzierung ist nur über europäische Projekte möglich. Ein Versuch.

ALTE BACKÖFEN, Kornkästen, Harpfen und Mühlen, Wassergräben, aber auch Hecken, Feldzäune und Trockenmau-ern – diesen Kleindenkmälern und Landschaftselementen gelten die Bemü-hungen der Initiative „Kulturerbe Gsi-es“. „Relativ viel davon ist bereits verlo-ren gegangen“, sagt der Brunecker Agro-nom Andreas Kronbichler. Um so wichtiger sei eine Aufwertung dessen, was noch vorhanden ist und zu erhalten gilt. Kronbichler, Stefan Burger vom Forstinspektorat und Alois Schwings-hackl von der Forststation in Welsberg sind die treibenden Kräfte hinter der Ak-tionsgruppe, die sich im November 2010 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt hat. „Zu unserer Überraschung war das Interesse relativ groß“, so Kronbichler. Hauptgrund dafür sei wohl der gewählte Ansatz. „Wir haben gemerkt, dass die Leute mit sich reden lassen, wenn man ihnen die Entscheidung nicht von oben aufzwingt.“ Als Beispiel nennt er die tra-ditionellen Feldhecken. „Wenn die ma-schinelle Bewirtschaftung weiterhin ge-

währleistet wird, haben die Bauern auch nichts dagegen, dass die alten Hecken gepflegt oder sogar neue gepflanzt wer-den – was zum Teil bereits geschehen ist. Dazu muss allerdings viel Sensibilisie-rungsarbeit geleistet und der Dialog mit den Betroffenen gesucht werden.“ Und genau das will die Arbeitsgruppe auch in Zukunft tun. Allerdings nicht ohne „Hin-tergedanken“. „Für die Arbeiten könn-ten Teilzeitarbeitslose rekrutiert wer-den“, erklärt Kronbichler. „Das ist ein wichtiger sozialer Aspekt. Daneben gibt es aber auch eine kulturelle Perspektive.“ Altes Handwerk könnte wieder belebt und dokumentiert werden.

„Übergesprungen ist der Funke eigent-lich von einer früheren Initiative auf der Versell-Alm“, sagt der Gsieser Bürger-meister Paul Schwingshackl. „Dort hat eine gleichnamige Interessensgemein-schaft vor einigen Jahren ursprüngliche Weideflächen wieder nutzbar gemacht und die Heuschupfen aus Rundholz sa-niert.“ Was in Versell funktioniert hat, könne aber im Tal nicht genau so umge-

setzt werden. „Die geplanten Maßnah-men sind kostenintensiv. Also müssen wir eine Finanzierung über europäische Projekte wie Leader oder Interreg anstre-ben. Und das ist nur für einen eingetrage-nen Verein möglich.“ Deshalb habe die Gemeindeverwaltung nun die Sache in die Hand genommen. „Aus der Initiative

,Kulturerbe Gsies’ wird ein Verein hervor-gehen“, so der Bürgermeister, der den neuen Akteur auf der Gsieser Szene nicht als Konkurrenten zum Heimatpflegever-band oder zum Landesamt für Land-schaftspflege sieht, sondern als zusätzli-che Kraft, die die Zusammenarbeit mit allen sucht.

Die Frage nach den Kosten wirft auch Landesrat Hans Berger auf. „Ich trage die Beweggründe der Gsieser Initiative voll und ganz mit. Sie ist lobens- und bewun-dernswert. Der finanzielle Aufwand ist allerdings groß und vor allem dauerhaft. “ Die Mittel für das Gsieser Vorhaben seien laut Berger nur über europäische Projek-te aufzubringen. „Die öffentliche Hand hat da kaum Möglichkeiten.“ (mdp)

WA N D E R A U S S T E L L U N G W E I T E R B A U E N A M L A N D

„Wer tut so etwas?“, fragt sich Christoph Hölz gleich im Vor-wort des Katalogs zu Ausstellung „Weiterbauen am Land“. Das Unverständnis des Leiters des Archivs für Baukunst der Univer-sität Innsbruck gilt dem Bild auf dem Deckblatt. Das Foto aus dem Jahre 1979 zeigt ein kleines Bauernhaus in Kleinsöll, rück-sichtslos eingequetscht zwischen dem bereits fertig gestellten Stall und dem Rohbau des neuen Wohnhauses. Das krasse Bei-spiel dient Hölz als Anlass zu einer Reflexion über den „Verlust und Erhalt der bäuerlichen Kulturlandschaft in den Alpen“, so der Untertitel von Katalog und Ausstellung. Beide sind aus einer grenzüberschreitenden Kooperation zwischen dem Archiv für Baukunst, den Denkmalämtern in Innsbruck und Bozen sowie weiteren Institutionen hervorgegangen. Derzeit ist die Ausstel-lung auf Wanderschaft in den heimischen Landwirtschaftsschu-len. Und das ist der Punkt. „Gerade die jungen Bauern müssen verstehen, dass sie mit den alten Höfen keine Last, sondern et-was sehr Wertvolles erben", sagt Christoph Hölz.

TITEL: Architektur & Landschaft | Sensibilisierung

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Wald (42%)

Almen & Wiesen (28%)

Berge & Gletscher(17%)

Landwirtschaft(7%)

besiedelt(2,85%)

besiedelbar(3,15%)

Geschützte Landschaft Die alpine Lage bedingt einen schonenden Umgang mit den Flächen. Von Südtirols 739.953 Hektar Fläche liegen 59,7 Prozent über 1.600 Meter Meereshöhe und stehen damit automatisch unter Landschaftsschutz. So steht es im entsprechenden Gesetz. Auch die sieben Naturparks und der Nationalpark Stilfserjoch, Wälder, Wasserflächen und Flüsse sind geschützt. Wenn alles abgezogen

wird, was sich wenig zur Besiedelung eignet wie jene Gebiete, die lawinen- und murengefährdet sind sowie die Eisenbahntrassen, Straßen und Güterwege, dann ergibt sich ein kleiner Wert: Nur sechs Prozent der Fläche Südtirols, also etwas mehr als 44.000 Hektar, sind potentiell besiedelbar. Derzeit sind davon 21.000 Hekt-ar besiedelt. Die BLS erhob 2010, dass 8,64 Prozent der genutzten Fläche Gewerbezonen sind. Damit machen die Gewerbegebiete einen viertel Prozentpunkt der Gesamtfläche Südtirols aus.

Die Nutzung der Fläche in Südtirol

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TITEL: Architektur & Landschaft | Infografik

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Schönes Land, gute Architektur Die Architekten Boris Podrecca, Luca Molinari, Luigi Scolari und der Direktor der KlimaHaus-Agentur Norbert Lantschner nennen ihre Favoriten unter den Neubauten im Land. Ein Streifzug durch die Südtiroler Architektur.

2002 wurde das Projekt KlimaHaus in Südtirol aus der Taufe gehoben, 2006 war dann die gleichnamige Agentur an der Reihe, die seitdem zu einem wichtigen Akteur in der heimischen Bauszene avanciert ist. Als gutes Beispiel für energieeffizientes Bauen im Land nennt Norbert Lantschner, Direktor der Agentur, den neuen Hauptsitz der Raiffeisenkasse Kastelruth. „Das schöne Gebäude ist ein KlimaHaus der Klasse A und damit bester Beweis da-für, dass eine Kombination zwischen anspruchsvoller Ar-chitektur und Inhalten wie Energieeffizienz und Nachhal-tigkeit sehr wohl möglich ist.“ Der neuen Raiffeisenkasse der Architekten Paul Senoner und Lukas Tammerle ge-linge es, Ökologie, Tradition und Kultur gleichermaßen zu berücksichtigen.

NORBERT LANTSCHNER | Raiffeisenkasse in Kastelruth

TITEL: Architektur & Landschaft | Südtiroler Vorzeigearchitektur

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2010 war er Kurator des italienischen Pavillons der Architekturbi-ennale in Venedig, auf der auch vier Südtiroler Projekte ausge-stellt wurden. Und gerade im Rahmen dieses prestigevollen Auf-trages hat sich der Mailänder Architekt und Universitätsprofes-sor Luca Molinari intensiver mit der neuen Architektur im Land befasst. „Derzeit ist Südtirol das wohl ideenreichste und span-nendste Architekturlabor in Italien“, urteilt Molinari. Auf die Fra-ge nach einem besonderen Projekt nennt er die Fernheizzentrale in Brixen. „Normalerweise sind solche Strukturen in der Periphe-rie einer Stadt angesiedelt und erlauben keinen Einblick in das Innere“, so Molinari. Das Brixner Architekturbüro MODUS habe hingegen eine völlig neue Interpretation eines Industriegebäu-des geliefert.. „Die Idee, das Dach der Fernheizzentrale als Ort der Begegnung für die Einwohner zu nutzen und darauf einen Skatepark zu setzen, gefällt mir unglaublich gut. Es ist eine Neu-interpretation des öffentlichen Raumes“, so Molinari.

LUCA MOLINARI | Fernheizzentrale Brixen

LUIGI SCOLARI | Gewerbezone WelschnofenAls Präsident der Stiftung der Kammer der Architek-ten saß der Bozner Luigi Scolari 2010 in der Jury der ersten Auflage des Südtiroler Bauherrenpreises. Die Auszeichnung für gute Architektur in Gewerbege-bieten wurde von der Stiftung mit der Business Loca-tion Südtirol-Alto Adige (BLS) ausgeschrieben. Der erste Preis ging an die Gewerbezone Welschnofen.

„Hier geht es nicht um spektakuläre Architektur, sondern um das Konzept hinter der gesamten Zone“, sagt Architekt Scolari. „Es handelt sich dabei um eine kompakte, einheitliche Lösung, die den einzelnen Betrieben zwar viel Freiheit gelassen hat – allerdings nur innerhalb genau abgesteckter Grenzen. Der Ge-werbepark ist optimal in die Landschaft eingebettet. Zudem wurde eine gute Anbindung an den Ort ge-währleistet. So sollte es eigentlich immer sein.“

„Mit einem elastischen Maßanzug für die Stadt“, so seine Worte, hat der in Wien lebende Achitekt Boris Podrecca im Februar 2011 den Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Bozner Bahnhofareals ge-wonnen und sich dabei gegen Kaliber wie Daniel Libeskind und Ben van Berkel durchgesetzt. Auf die Frage nach guter Architektur im Land nennt Podrecca das Seehotel „Ambach“ in Kaltern von Altmei-ster Othmar Barth, die Kellerei des Weingutes Manincor von Walter Angonese, diverse Gebäude aus der Feder von Oswald Zöggeler in Bozen, aber auch Werner Tscholls aufwändige Umwidmung von Schloss Sigmundskron zum Messner Mountain Museum. „Daran ge-fällt mir vor allem die Zurückhaltung und Homogenität der Materi-alien sowie die Kargheit der Formen, die harmonisch mit der umlie-genden Landschaft sind.“ Bemerkenswert sei weiters das Spiel mit der Vertikalität. „Als ob man das Museum erklimmen müsste.“

BORIS PODRECCA | MMM Firmian auf Schloss Sigmundskron

Kooperation statt einsamer Kirchtürme. Immer häu-figer tun sich Gemeinden zusammen, um Unternehmen Dienste und Dienstleistungen anzubieten. Süd-tirols Standortentwicklungsplan STEP schafft funktionale Einheiten und stößt auf positive Resonanz.

letztlich die gesamte regionale Wirt-schaft, da die Wertschöpfung erhöht werde und in der Region Arbeitsplätze erhalten bzw. sogar geschaffen werden. Zudem würden Ressourcen geschont und Eingriffe ins Landschaftsbild in Grenzen gehalten.

Oberösterreich ist nicht die einzige Re-gion, welche die Vorteile der gemeinde-übergreifenden Entwicklung von Ge-werbestandorten erkannt hat. „Vision Rheintal“ nennt sich ein großräumiges Entwicklungskonzept für das Rheintal in Vorarlberg. „Das Land Vorarlberg ist hier Partner der 29 Gemeinden des Rheintales, die miteinander eine ge-meinsame Entwicklung planen“, er-zählt Lorenz Schmidt von der Abteilung Raumplanung des Amtes der Vorarlber-ger Landesregierung. Die Planung be-trifft nicht nur den wirtschaftlichen As-pekt, sondern geht weit darüber hinaus. Auf Basis genauer Analysen wurde ein Leitbild für das Rheintal der Zukunft er-arbeitet. Die Vision: ein „durchgrünter Siedlungsraum mit außergewöhnlicher Lebens- und Wirtschaftsqualität“, heißt es auf der Homepage. Eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ist tragende

WIRTSCHAFTSRÄUME in den Alpen ha-ben mit vielerlei Problemen zu kämpfen: Starke Konkurrenz der Nachbargemein-den, Abwanderung qualifizierter Ar-beitskräfte, mangelnde Entwicklungs-potenziale auch für bereits angesiedelte Unternehmen, knappe Flächen und ein ausgeprägt touristisches Image sind nur einige der Herausforderungen, die be-wältigt werden müssen, will man seinen Standort für die Zukunft sichern. Im Al-leingang ist das für eine einzelne Ge-meinde schwer möglich. Deshalb haben viele Alpenkommunen erkannt, dass sie wirtschaftlich auf Dauer nur bestehen können, wenn sie sich mit ihren Nach-barn zusammentun, anstatt sich gegen-seitig Konkurrenz zu machen. „Man muss weg vom Problem einzelner Ge-meinden hin zur regionalen Lösung kommen“, sagt Dietmar Aigenberger von der oberösterreichischen Technolo-gie- und Marketinggesellschaft TMG. Die TMG ist die Standort- und Innovati-onsagentur des Landes Oberösterreich, die Förderung wirtschaftlicher Regio-nalentwicklung gehört zu ihren Agen-den. Die Mitte der 90er Jahre gegründete Agentur betreut kooperationswillige Ge-

meinden bei ihrer Zusammenarbeit. 2001 war TMG bei der Entstehung

des ersten sogenannten INKOBA in Grieskirchen beteiligt. „INKOBA steht für ‚Interkommunale Betriebsansied-lung‘, das heißt, mehrere Gemeinden arbeiten bei der betrieblichen Standort-entwicklung und der gemeinsamen Vermarktung ihrer Gewerbegebiete zu-sammen“, erklärt Aigenberger. Heute kooperieren fast die Hälfte der oberö-sterreichischen Gemeinden bei der Be-triebsstandortentwicklung. Zur ersten INKOBA sind noch 21 weitere hinzuge-kommen, eine ist in der Gründungspha-se und acht sind in Planung.

Niemand kann überall gut sein

„Ein Unternehmen schaut auf viele Fak-toren, wenn es eine Ansiedlung plant. Aber niemand kann überall gut sein. Wenn sich statt einzelner Gemeinden eine gesamte Region dem Wettbewerb am Markt aussetzt, erhöht sich die Qua-lität des Standortangebotes, und die Chancen der Anbieter steigen beträcht-lich“, so der Standort-Fachmann. Von den Zusammenschlüssen profitiere

Gespräche über künftige Zusammenarbeit: Die Gemeindevertreter des Oberpustertales

Oberer Vinschgau

MittlererVinschgau

UntererVinschgau

Ultental

TITEL: Architektur & Landschaft | Gewerbegebiete

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Säule dieser Vision. An besonders geeig-neten Standorten sollen attraktive Be-triebsgebiete entstehen, die Unterneh-men optimale Bedingungen bieten und durch die gemeinsame Nutzung von In-frastrukturen entscheidende Vorteile bringen. „Das wichtigste Ergebnis die-ses Projektes ist meiner Einschätzung nach die ‚Rheintalkonferenz‘, in der eine übergreifende Kommunikation zwischen den Gemeinden und Vertre-tern der verschiedenen Entscheidungs-ebenen stattfindet“, sagt Lilli Lička, Lei-terin des Instituts für Landschaftspla-

nung an der Universität für Bodenkultur in Wien, die an der Entwicklung der „Vi-sion Rheintal“ beteiligt war.

20 Einheiten für Südtirol

Auch in Südtirol arbeitet man bereits seit einiger Zeit an einem Projekt, das die Standortentwicklung in die richtige Richtung steuern soll. STEP heißt das Südtiroler Standortentwicklungsprojekt, das Anfang 2010 von Landesrat Thomas Widmann ins Leben gerufen wurde. Es ist ein gemeinsames Projekt des Landes mit dem Gemeindenverband und wird von der Business Location Südtirol – Alto Adige (BLS) operativ betreut. Nach der ersten Phase, in der wichtige Standortda-ten gesammelt und analysiert wurden und der Befragung von Gemeinden und Unternehmern in Phase 2 wurde eine Einteilung Südtirols in 20 übergemeind-liche funktionale Standorträume vorge-

nommen, die wirtschaftlich und geogra-fisch zusammenhängen.

In der dritten Phase wird das Projekt konkret: In jedem Standortraum werden in Workshops eine strategische Stand-ortpositionierung und das gemeinsame Flächenmanagement erarbeitet. „In Sa-chen Gewerbebauland ist künftig die Pla-nung für größere Räume unerlässlich“, betont Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann, „verschiedene Dienste und Dienstleistungen müssen übergemeind-lich geplant und organisiert werden. Es ist an der Zeit, in funktionalen Einheiten zu denken.“ Die ersten Workshops sind bereits über die Bühne gegangen, die Re-aktionen der Teilnehmer waren sehr po-sitiv, man sehe große Chancen und gro-ßes Potenzial in diesem Projekt, so der Grundtenor. Die vierte und letzte Phase nach Abschluss aller Workshop-Runden sieht schließlich die Umsetzung von kon-kreten Maßnahmen vor.

In den 20 Südtiroler step-Stand-orträumen sollen übergemeindliche Gewerbegebiete entstehen. Im Bild: Gewerbegebiet Lana

Passeiertal

UnteresEisacktal

BrixenEisacktal

Bruneck & Umgebung

Tauferer Ahrntal

Ober-pustertal

Gadertal

Meran & Umgebung

Etschtal

Über-etsch

Unterland

Schlern

Gröden

Salten

Wipptal

Bozen & Umgebung

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(bk)

URLAUB IN BAUMKRONEN Hochsitzarchitektur in Schweden

Die Schweden sind bodenständige Leute. Am Polarkreis aber sind sie richtig abgeho-ben und haben in den Wäldern über dem Lulea-Fluss ein Hotel hochgezogen, das sei-nesgleichen sucht. Es sind fünf hauptsäch-lich aus Holz gebaute Baumhäuser, die vier bis sechs Meter hoch über dem Boden zwi-schen Baumstämmen hängen und Platz für zwei oder vier Gäste bieten. Außerdem gibt es – ebenfalls in luftiger Höhe – eine Sauna und einen Konferenzraum für zwölf Perso-nen. Jedes Haus wurde von einem anderen Architekten entworfen und sieht komplett anders aus als die anderen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die Natur selbst thematisie-ren; ob als „Vogelnest“ oder durch verspie-gelte Außenwände. Einen guten Eindruck bekommt man unter www.treehotel.se. Die

„Financial Times“ kommentierte: „Im Hohen Norden, wo die Baumwipfel den Himmel be-rühren, gibt es einen Ort, wo Freundschaft spürbar wird und geniales Design magisch, perfekt und pur umgesetzt wird.“ Die Baum-häuser gehören zu „Brittas Pensionat“, ei-nem Hotel, das einmal ein Altersheim war.Fazit: Das gute alte Baumhaus wurde hier völlig neu interpretiert.

BESPIELTE STRASSEN Norwegen inszeniert Landschaft

Die norwegischen Landschaftsrouten, wie die attraktiven Panoramarouten heißen, ver-binden Architektur und Landschaft.. Die

„bespielten“ Straßen sind Teil eines Touris-muskonzeptes, das bis 2020 fertig gestellt wird. Die Routen zeigen Reisenden abseits der Hauptverkehrsstraßen das Beste der norwegischen Landschaft sowie sehenswer-te Landschaftsarchitektur in Form von at-traktiven Aussichtspunkten und Rastplätzen.

Hier wechselt die Landschaft auf der Pan-oramastraße zwischen sanften Schärengär-ten und fruchtbarer Kulturlandschaft, schroffen Geröllfeldern, steilen Felsen und tiefen Fjorden. Siehe dazu die Webseite www.turistveg.no. Weitere moderne Archi-tekturprojekte an der norwegischen Land-schaftsroute Ryfylke folgen in den kommen-den Jahren – darunter ein dokumentarisches Denkmal am ehemaligen Zinkbergwerk in der Schlucht Allamannajuvet, das der Schweizer Architekt Peter Zumthor entwirft. Fazit: Architektur und Landschaft fließen hier gelungen ineinander über.

HIGHTECH UND DESIGN Liftstationen mit Durchblick

Eine filigrane Konstruktion mit hauchdünner Haut, die mit dem Berg verschmilzt: Mit der Gaislachkoglbahn setzt die Tiroler Touris-musbranche einen wichtigen Schritt. Die Lö-sung für die drei Seilbahnstationen – Tal, Mitte und Berg – erinnert an die Leichtig-keit und zeitlose Eleganz einer riesigen, der Länge nach aufgeschnittenen Spiralfeder. Statisch sicher verankert, schmiegen die Tei-le sich an den felsigen Berg und wirken in der großartigen Landschaft so, als würden sie schweben. Das Fantastische ist das Mate-rial, das der Architekt Johann Obermoser für die Eindeckung seiner Stationen gewählt hat. Es ist eine Folie, die vollkommen durchsich-tig und hauchdünn (0,25 Millimeter), dabei brandsicher ist und auch Schneefälle über-steht. „Dieses Material wurde auch als Pols-ter für die Allianz Arena eingesetzt, ich set-ze es flächendeckend ein“, erklärt der Archi-tekt. Das Material sei wie Glas, aber doch ganz anders. Durch die filigrane Konstrukti-on und die durchsichtige Haut stellt die Sta-tion für den Ort jetzt eine Attraktion dar. Fazit: Manchmal sind neue Baustoffe per se eine Offenbarung.

PRÄMIERTER DORFKERN Schweizer Weinbaudorf

Um der schleichenden Verstädterung des Weinbaudorfs Fläsch im Churer Rheintal zu begegnen, beschloss der Gemeindevorstand vor einigen Jahren eine tiefgreifende Revisi-on der bestehenden Ortsplanung. Ein Leit-bild wurde erarbeitet, das vorsah, die weitge-hend intakte Dorfstruktur und die weit in den Dorfkern reichenden charakteristischen Obst- und Weingärten zu schützen. Die zu erhaltenden Flächen wurden ausgezont und gingen teilweise in Gemeindeeigentum über. Die Eigentümer erhielten dank Landumle-gung einen gleichwertigen Ersatz an anderer Stelle. Am Ost- und Westrand des Dorfes wurden Bauzonen mit höherer Überbau-ungsziffer definiert. Dies erlaubt ein kontrol-liertes Wachstum und das einmalige Ortsbild bleibt erhalten. „Das Konzept sieht die Ver-dichtung am Rande des Dorfes statt und nicht wie üblich im Ortskern“, erklären die Verantwortlichen. Dieses gezielte Umzonen zugunsten einer qualitätsvollen Entwicklung des Ortsbildes ist für die Schweiz einmalig. Der Schweizer Heimatschutz zeichnet Fläsch mit dem Wakkerpreis 2010 aus.Fazit: Durch gute politische Steuerung werden hier typische Ortskerne erhalten.

ENTWEIHTE KIRCHE Neu interpretiert und renoviert

Von außen sieht die St. Jakobuskirche in Utrecht mit der Backsteinfassade und dem Kreuz überm Portal noch unverändert aus. Doch öffnet man die schwere Eingangstür, steht man in einem hochmodernen Interi-or: Nachdem der Gemeinde jahrelang die Mitglieder fehlten, wurde die Kirche, wie in vielen Städten der Niederlande, entweiht und an das Architekturbüro Zecc verkauft. Dieses interpretierte die Kirche neu: Zu den alten Fenstern baute man Glasfronten in die Wände und zusätzliche Zwischenge-schosse ein. So entstanden lichtdurchflute-te Räume mit einem loftartigen Wohncha-rakter. Die neue Kirchenvilla steht zum Verkauf. Schöne Ansichten gibt es unter www.woonkerkxl.nlFazit: Von der Kirche zum Haus, vom Stall zum Parkhaus, vom ...

Wie andere das Thema Architektur besetzen

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TITEL: Architektur & Landschaft | Tellerrand

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Raumordnung. Es gibt Wörter, die gehören ei-nem. Wir Südtiroler behaupten das etwa von Autonomie, Minderheitenschutz, aber auch von Raumordnung. Wir sind überzeugt, sie ge-hören uns. Wir haben sie erfunden oder, weni-

ger selbstgerecht, sie wurden für uns erfunden, und wir ha-ben ein Patentrecht drauf. So wie in Wahrheit nur wir eine sprachliche Minderheit sind und eine Autonomie verdienen, genau so haben nur wir eine Raumordnung. Zumindest eine, die diesen Namen verdient. Gäbe es eine Rangord-nung von Südtiroler Markenwörtern, Raumord-nung würde gleich hinter oder sogar gleich-auf mit Autonomie und Minderheiten-schutz an oberster Stelle rangieren. Und Raumordnung trägt in diesem Land einen Namen. Er heißt Alfons Benedikter. Egal, ob wir an das eine oder an den andern den-ken, wir meinen dabei immer den einen und das andere. Mit Bene-dikter die Raumordnung und mit Raumordnung den Benedikter. Da-mit ist auch schon gesagt: Wir spre-chen von etwas, was war, und somit von Geschichte. Für Nachgeborene sei deshalb in Erinnerung gerufen: Alfons Benedikter war ein ziemlich mächtiger, manche behaupten allmächtiger Politiker aus der Gründerzeit des autonomen Südtirols. Sein Titel war, von Landeshauptmannstellvertreter abge-sehen, „Assessor für Raumordnung “. Heute wäre das ein Landesrat, was gemessen an der Bedeutung des Ehemaligen freilich schwer untertrieben klingt. Denn Alfons Benedikter war ein gewählter Despot, und die Raumordnung war sein Steuerknüppel. Sie war in den 70er- und 80-Jahren des ver-gangenen Jahrhunderts die einzige nennenswerte primäre autonome Befugnis dieses Landes, und also wurde das Land per Raumordnung regiert. Dressiert, müsste es heißen. Wer nur das durnwalderische Südtirol kennt, hat keine Vorstellung, was Raumordnung alles vermag; wie Raumord-nungsparagrafen imstande sind, nicht nur dem geografi-

schen Raum Fesseln anzulegen, sondern auch sämtliches Leben darin zu domestizieren. Es hieß Raumordnung, aber die verfolgten Zwecke waren Volksgruppen-, Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und – unvermeidlich –ein bisschen auch Siedlungspolitik. Volkstumspolitik durch Raumordnung – das war es. Und weil Raum-ordnen weitgehend Raum-spa-ren bedeutete, war Raumordnung letztlich Sparpolitik. Weniger zurückhaltend ausgedrückt: Verhinderungspolitik. Schaden vermeiden, Gefahren bannen, Fremdes verhin-dern, Bestehendes absichern. Südtirol wurde in Ordnung

gebracht.Spätestens damit ist es aber Zeit zu sagen: Es

war eine grandiose Raumordnung. Nicht al-les hatte eine edle Begründung, aber fast

alles, was schlecht begründet war, hatte positive Folgen. Südtirols Raumord-

nungsgesetze waren schlimme Straf-expeditionen mit guten Kollateralef-fekten. Sperren gegen den Genossen Trend. Mit dem Trend ist es wie mit einem Zug: Fährt er in die falsche Richtung, sitzt es sich im letzten

Waggon am besten. Und kehrt der Zug um, ist man als Letzter plötzlich

vorn. Südtirols Raumordnung war ein Glück, zu dem Alfons Benedikter sein

Land gezwungen hatte.Inzwischen ist das Geschichte. Benedikter wurde

entmachtet, bald 25 Jahre ist das her, letztes Jahr ist er gestorben, und Raumordnung heißt amtlich heute „Raum-entwicklung“. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt, aber dem Raum ist es anzusehen: Er entwickelt sich sehr. Und unver-meidlich eher ungeordnet. Drum, wer heut von Raumordnung spricht, tut dies in der Regel mit Wehmut in der Stimme und anklagend gegen herrschende „Entwicklungen“: Es war besser, als noch „Ordnung“ war. Doch die Vergangenheit zu verklären, wissen wir eh, ist ein Zeichen von Alter.

Florian Kronbichler, 60, ist freier Journalist in Bozen. Seine Kommentare und Glossen erscheinen in deutschen und italienischen Zeitungen.

Raum | ord | nung die; planmäßige Ordnung, Entwicklung und Sicherung von größeren Gebietseinheiten zur Gewährleistung der best-möglichen Nutzung des Lebensraumes. Als wissenschaftliche Grundlage dienen Erkenntnisse der Raumforschung. Zielsetzung der Raum-ordnung ist die Systematisierung der regionalen Entwicklung anhand raumplanerischer Leitbilder.

Als es noch Ordnung hießFlorian Kronbichler über die untrennbare Verbindung zwischen der Südtiroler Raum-ordnung und dem mächtigen Politiker Alfons Benedikter. Heute heißt das politische Steuerungsinstrument schlechthin Raumentwicklung. Ohne Ordnung.

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TITEL: Architektur & Landschaft | Meinung

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Natururlaub ganz groß. Alle drei Jahre prüft die SMG dasMarkenbild von Südtirol. Deutsche, Italiener und Schweizer haben nicht nur ganz unterschiedliche Urlaubsbedürfnisse, sondern nehmen Südtirol unterschiedlich wahr. Die aktuellen Ergebnisse.

DIE DESTINATIONS- und Absendermarke Südtirol ist 2005 in ihrem heutigen Look auf den Markt gegangen. Der Aufbau ei-ner Dachmarke ist ein ständiger Prozess, der laufend Kurskorrekturen unterliegt. Aber auch der Zeitgeist und die Anforde-rungen an Urlaube ändern sich im Laufe der Jahre. Die SMG lässt deshalb in regel-mäßigen Abständen die bevorzugten Ur-laubsarten und das Markenimage in den Hauptmärkten Deutschland, Italien und in der Schweiz erheben. „Diese Untersu-chungen helfen uns einzuschätzen, ob wir auf dem richtigen Weg sind und wel-che Inhalte und Botschaften für welche Zielgruppen erfolgsversprechend sind“, erklärt SMG-Direktor Christoph Engl.

Deutschland: Natur und Genuss

Zusammenfassend kann man sagen, dass Südtirol auf dem deutschen Markt zwei Bilder, nämlich das Bild von Natur-

urlaub, aber auch von Genuss auslöst. Das mediterrane Savoir vivre, das der deutsche Urlauber so sehr an Südtirol schätzt, ist allerdings stärker in den Köp-fen der Potentialurlauber ausgeprägt.

Südtirol hat mit seiner regionalen Kü-che ein eigenständiges kulinarisches Image, das stark mit der mediterranen Küche und einem hochwertigen Weinan-gebot verbunden ist. Urlaub in alpinen Bergregionen wird von den Deutschen stark mit sportlichen Aktivitäten in der Natur, insbesondere im Winter, gleichge-setzt. Weiters werden den Alpenregionen Attribute wie Tradition und Ursprüng-lichkeit zugeschrieben. Südtirol wird da-bei von Kennern als das „italienische Ti-rol“ gesehen. Für potentielle Urlauber, die noch nie da waren, sind alle Alpenre-gionen ähnlich. „Hier ist es wichtig, dass wir dem Aspekt des Südlichen, Mediter-ranen noch mehr Raum in unserer Kom-munikation geben“, unterstreicht Mar-

tin Bertagnolli. Nur so könne man sich differenzieren.

Die mediterrane, italienische Note auch dem Winter zu verleihen, ist Aufga-be eines durchdachten Produkt-bzw. De-stinationskonzeptes. Salopp gesagt: In Zukunft braucht es neben Knödel, Kai-serschmarrn und Bier auch verstärkt ita-lienischen Aperitif, mediterrane Häpp-chen und etwas mehr „Riviera-Stim-mung“ auf der Piste.

Bei der Befragung in Deutschland wurde deutlich, dass die Menschen ihren Alltag als zunehmend hektisch empfin-den. Kein Wunder also, dass der Deut-sche seine Urlaube am liebsten stressfrei verbringen will. Genuss ist dabei nicht mit Passivität zu verwechseln. Tatsäch-lich haben die Menschen sanfte Bewe-gung und erholsame Naturerlebnisse im Kopf. Der klassische Wellnessurlaub ist nur für eine kleine Zielgruppe relevant, wird aber dort überaus positiv bewertet.

Die Kenner unter den Deutschen sehen Südtirol auch im Winter als das "italienische Tirol"

MARKETING

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MARKETING

Gesundheits-Urlaub

Relax-Urlaub

Städte-reise

Rund-reise

Kultur-Urlaub

Fun-Urlaub

Aktiv-Urlaub

Wellness-Urlaub

Natur-Urlaub

Winter-Urlaubim Schnee

Familien-Urlaub

Genuss-Urlaub

HOHE BEWERTUNGVIELE NENNUNGEN

NIEDERE BEWERTUNGWENIGE NENNUNGEN

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Relevanz (Anzahl der Nennungen)

Natur und Genuss sind zentrale Motive DIE SYMBOLE in den vier Quadranten zeigen, wie die deutschen, italienischen und Schweizer Alpenurlauber die verschiedenen Urlaubsarten bewerten. Alle Urlaubsarten, die in den beiden oberen Quadranten verortet sind, werden von den Befragten sehr positiv bewertet. Alles, was in den beiden unteren Quadranten zu finden ist, wird im Moment als weniger attraktiv empfunden. "Es ist deutlich sicht-bar, dass für die Deutschen und Schweizer, aber auch für Italiener das Thema Natururlaub am besten abschneidet. Es gibt eine große Sehnsucht nach Kontakt mit der Natur, sie zu erleben und nicht nur als Kulisse für Aktivitäten zu sehen", heißt es im Abschluss-

bericht der Marktforschungsagentur Sturm und Drang. Südtirol hätte dort beste Chancen bei Südtirol-Gästen und Potentialurlau-bern zu punkten. Überraschend ist die hohe Bewertung, die der Wellnessurlaub durch die Deutschen erfährt - allerdings von einer kleinen Zielgruppe. Ganz anders das Thema Genuss- und Naturur-laub: Diese Urlaubsformen wird von vielen als "ideal" eingeschätzt. Auffallend ist, dass der Urlaub mit der Familie nur von den Italienern ganz allgemein als begehrenswerte Urlaubsform bewertet wird. Bei den Schweizern sehen das eher nur jene so, die selbst Kinder haben. Bei den Deutschen ist die Sichtweise auf Familie und Kinder am wenigsten entspannt; dies schlägt sich auch in der Bewertung die-ser Urlaubsart nieder. Hier können all jene punkten, die deutschen Familien gute Familienprogramme anbieten.

Vorlieben der Südtirol-Urlauber ITDE CH

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me Unternehmungen. Überaus positiv bewertet wird der Genussurlaub, aller-dings ist dies derzeit nur für eine eher kleinere Zielgruppe relevant. Im Genuss-urlaub spielen sinnliche Erlebnisse eine große Rolle, vor allem beim Erleben kuli-narischer Genüsse, aber auch durch kör-perliche Entspannung und geistiges Los-lassen. Urlaubsarten, die mit Kultur-Er-leben verbunden sind, werden am wenigsten postitv bewertet, da sie aus der italienischen Optik Hektik und Stress auslösen.

„Auf das Thema Familie in Kombina-tion mit Naturerlebnissen werden wir sicher setzen, weil die Italiener sehr po-sitiv darauf reagieren. Wir werden auch die Mehrsprachigkeit in unserem Land mehr thematisieren, weil es auf Interes-se stößt“, fasst Marktleiter Martin Berta-gnolli die Stoßrichtung für künftige Ak-tivitäten zusammen. Für die Produktent-wicklung bedeutet das, die Italiener im Urlaub so richtig an die Hand zu neh-men, um ihnen einen sorgenfreien, ge-nussvollen Urlaub zu ermöglichen.

Sportliche Schweizer

Sport ist für die Schweizer als Urlaubs-qualität zentral, während „Nichtstun“ kaum einer der Befragten als Urlaubsmo-tiv genannt wird. Familienurlaub hat ein sehr positives Image, wird aber ebenfalls

Der Aktivurlaub hat ebenfalls eine große Anhängerschaft, wird aber als anstren-gender empfunden und ist daher etwas weniger positiv bewertet. Am negativs-ten beurteilt werden von den Deutschen Städtereisen und Familienurlaube. Sie werden mit viel Hast und Organisations-aufwand verbunden.

SMG-Marktleiter Martin Bertagnolli analysiert: „Es gibt ein großes Bedürfnis nach Gemeinsamkeit bei Familien. Gleichzeitig wird das von Deutschen scheinbar als sehr anstrengend empfun-den. Es liegt an uns, Angebote zu bieten, die alle Familienmitglieder einbinden und sie entlasten. Gerade Urlaubsspezi-alisten wie die Familienhotels Südtirol oder spezialisierte Urlaub-auf-dem-Bau-ernhof-Betriebe haben gemeinsame Un-ternehmungen im Angebot, die sich gut für diese Zielgruppen eignen“.

Die „italienische Brille“

Die Italiener nehmen die Alpenregionen insgesamt als relativ ähnlich wahr. Ziem-lich schnell wird an Winter gedacht. Das Naturerlebnis und die Aktivität in der Na-tur stehen im Mittelpunkt. Südtirol wird als traditionsreich wahrgenommen, aber auch als fremd, abweisend und kühl. Die Idealurlaube für Italiener sind Natur- und Familienurlaube. Familie steht für Zusammensein, Spaß haben, gemeinsa-

nur von wenigen genannt. Interessant ist, dass die Schweizer die einzigen der be-fragten Alpenurlauber sind, die Rundrei-sen gut finden. Anders als die Deutschen und Italiener sind die Schweizer des Well-ness- und Gesundheitsurlaubes bereits überdrüssig. Ideale Urlaube sind für Schweizer Natur-, Genuss- und Winterur-laub im Schnee. Beim Natururlaub liegt die Betonung eher auf dem Erleben der Natur durch die körperliche Aktivität, während Natur im Aktiv-Urlaub eher als Kulisse für die eigentlichen sportlichen Urlaubsqualitäten steht.

Die Schweizer denken bei den Alpen-regionen in erster Linie ans Skifahren und an sehr viele verschiedene Winter-Sportarten, die man in den Bergen betrei-ben kann. Die Alpenregionen werden ge-nerell als traditionell wahrgenommen. Südtirol wird vereinzelt als anders, eben mediterraner in der Mentalität und ver-schieden von der Küche her wahrgenom-men. „Wir werden künftig den Aspekt der mediterranen Lebensart und des Südli-chen noch stärker thematisieren, weil wir damit effektiv dem Idealurlaub der Schweizer Berginteressierten sehr nahe kommen“, meint dazu Martin Bertagnol-li. Gefragt sind aktive Genussangebote oder auch eine Kombination aus kulina-rischen und kulturellen Angeboten. Po-tential besteht daher bei Angeboten wie Weinsafari oder Törggelen.

Bei Italienern gefragt: Familienurlaub mit authentischen Erlebnissen

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M A R K E N I M A G E D I E U N T E R S U C H U N G

Die Meinungsforschungsagentur Sturm und Drang befragte in 30- bis 40-minüti-gen Interviews jeweils 200 ausgewählte Probanden in den Ländern Deutschland, Italien und der Schweiz. Ein Teil der Be-fragten bestand aus faktischen Südtirol-Urlaubern (haben in den letzten 24 Mona-ten Urlaub in Südtirol gemacht), diese wurden überdies in Sommer- und Winter-urlauber unterteilt. Andere wiederum wa-ren Südtiroler Potentialurlauber (planen in den nächsten 12 Monaten Urlaub in Südti-rol). Und schließlich gab es die Gruppe der Urlauber aus anderen alpinen Regionen (haben in den letzten 24 Monaten Urlaub in einer anderen Alpenregion gemacht).

(gzp)

Die Behüterin. Andrea Leitner ist die Seele des modernen Naturparkhauses Puez-Geisler. Die Biologin schärft die Aufmerksamkeit der Besucher für Natur und Tiere. Und begeistert dabei Kinder wie Erwachsene gleichermaßen.

Text: Philipp GonzalesFoto: Max Lautenschläger

N A T U R PA R K H A U S P U E Z - G E I S L E R

St. Magdalena 114/a 39040 Villnöss Tel.: 0472 842 523 [email protected] www.provinz.bz.it/naturparke

SIE MACHT NUR drei große Schritte über den Sellastock, die Puezgruppe und die Geislerspitzen, und schon ist sie im Vill-nösstal. So einfach ist das für Andrea Leitner. Zumindest auf dem begehbaren Luftbild, über das sie gerade geht und nun genau auf ihrem Arbeitsplatz steht: dem neuen Besucherzentrum des Na-turparks Puez-Geisler in St. Magdalena im Villnösstal. Andrea Leitner, schwarze Haare, dunkle Augen, grau-grünes Hemd, 27 Jahre alt, ist die Betreuerin des Hauses und empfängt dort seit Anfang des Jahres Schulklassen, Vereine, Tou-risten und Einheimische, um ihnen die Welt der Dolomiten zu erklären.

Das Naturparkhaus steht seit De-zember letzten Jahres mitten in der Idyl-le von St. Magdalena, und auch wenn nicht alle Dorfbewohner den modernen zweigeschossigen Kubus aus papyrus-farbenem Beton mit den dunklen Schei-ben ins Herz geschlossen haben, so ist das Haus doch schnell zu einem festen Bestandteil der Dorfkultur geworden.

„Immer wieder kommen die Kinder vom Dorf mit irgendwelchen Fundstücken zu mir und fragen, was das ist“, erzählt Andrea Leitner. Die schnelle Integrati-on liegt auch an ihr. Sie ist „eine von hier“, ist im Hof neben dem Naturpark-haus aufgewachsen, in St. Magdalena zur Schule gegangen und hatte schon immer eine Verbundenheit mit den Menschen, der Natur und den Bergen vor der Haustüre. Das hat sie als Jugend-

liche einmal in ein wahres Dilemma gestürzt: „Ich war damals in einen Jun-gen verliebt, und als der auf einem Aus-flug eine Cola-Dose in die Landschaft geworfen hat, konnte ich das gar nicht fassen. Doch obwohl ich so verliebt war, habe ich ihn dafür geschimpft.“

Seit zwei Jahren führt Andrea Leit-ner, die 2008 ihr Biologiestudium an der Universität Innsbruck abgeschlossen hat, Besucher durch das Naturparkhaus, zeigt ihnen Computer-Info-Points, die die Geschichte des Parks erklären, das begehbare Luftbild, über dem digitale Textzeilen in deutscher, italienischer und ladinischer Sprache zum Beispiel

darüber informieren, dass „vier Adler-paare im Naturpark ansässig“ sind. „Die Dolomiten werden ja auch als Ge-schichtsbuch der Erde bezeichnet – hier kann man das gut erklären“, sagt Andrea Leitner im interaktiven Ausstellungsbe-reich „Berge anfassen“. Sie steht vor Felsbrocken, die mit „Bellerophon und Bozner Quarzporphyr“ überschrieben sind. Im ersten Stock dreht sich dagegen alles um die Tiere des Parks: Steinadler-federn und Vogelnester, Eier und Felle, Geweihe und Knochen sind dort ausge-stellt, und Andrea Leitner präsentiert all die Lärchenholz-Schubfächer und Schaukästen mit einer Mischung aus Stolz und Begeisterung. „Ich will hier die Aufmerksamkeit der Besucher schär-fen“, erklärt sie. „Man braucht nur eine gewisse Sensibilität für die Natur, dann

sieht man auf einer Wanderung im Na-turpark viel mehr. Wenn ich zum Beispiel wandern gehe, dann sehe ich fast jedes Mal einen Adler.“ Leider fügt sie dann noch hinzu: „Wie genau das funktioniert, weiß ich aber auch nicht.“ Nach einigem Nachdenken kommt sie auf den richti-gen Zeitpunkt zu sprechen: „Wer im Na-turpark Tiere sehen will, der sollte am besten ganz in der Früh oder spät am Abend eine Wanderung unternehmen. Da hat man die größten Chancen, Gäm-sen, Murmeltiere und vielleicht auch ei-nen Adler zu sehen.“

Schließlich sind wir an den vier gro-ßen Panoramaglasscheiben angekom-men. Man sieht auf die Schule und die spielenden Kinder nebenan, den Vill-nösser Bach, die Bauernhöfe im Dorf, die Wiesen, den dunklen Bergwald, die hellen Schneefelder und schließlich, im-posante 1.700 Höhenmeter über uns, die Spitzen der Geisler, Wahrzeichen des Parks. „Meiner Meinung nach sind die Geislerspitzen die schönsten Berge der ganzen Dolomiten. Vielleicht ja sogar der ganzen Welt,“ sagt Andrea Leitner. Sie steht neben der Sichtbetonwand un-ter der Aufschrift „Sehnsucht“ und schaut gemeinsam mit ihren Besuchern hinaus in die Berge. Es wird Zeit, sie zu erkunden.

„Es gilt das zu bewahren, was wir haben. Denn verbessern kann man im Naturpark eigentlich nichts mehr.“

MENSCHEN

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Andrea Leitner ist auf einem Hof neben ihrem Arbeitsplatz aufgewachsen

DIE TÜRKEI mit ihren 72 Millionen Ein-wohnern, ihrer strategischen Lage zwi-schen Europa und Asien und ihrer Annä-herung an die EU liegt an 16. Stelle der größten Volkswirtschaften weltweit und an 6. Stelle innerhalb Europas. Das Wachstum in diesem Markt ist anhal-tend. Das macht das Land wirtschaftlich zwar interessant; die kulturellen, sprach-lichen und rechtlichen Hürden sind für die Wirtschaftspartner aus dem Westen mitunter aber sehr groß.

Genau um diese Hürden gut zu meis-tern, gibt es für Südtiroler Firmen das Partnernetzwerk der EOS im Ausland. Partnerorganisationen wie die deut-schen und italienischen Außenhandels-kammern und ehemaligen ICE-Büros sind genauso Teil des Netzwerks wie pri-vate Beratungsfirmen. Peter J. Heidinger aus Istanbul mit seiner Firma FMCon-sulting gehört auch dazu. Er lebt und arbeitet in der Türkei, stammt aber ur-

sprünglich aus Deutschland. Nach er-folgreichem Vertriebsaufbau in der Tür-kei für seine damalige Firma hat er sich vor zehn Jahren selbständig gemacht und in Istanbul seine Beratungsfirma gegründet, die mit nunmehr 16 Mitar-beitern Dienstleistungen zum Marktein-tritt und zum Ausbau des Marktes für ausländische Unternehmen anbietet.

3. Februar 2011, 8:30 Uhr, Bozen, Südtiroler Straße 60 - Das „Exportfrüh-stück Türkei/Bausektor“ steht auf dem Programm. Herrn Heidinger spricht ein-führend über die wirtschaftliche Lage, die türkische Bauwirtschaft und die Möglichkeiten des Aufbaus einer Ver-triebsstruktur unter den gegebenen kul-turellen Voraussetzungen. Anschlie-ßend holen sich die Teilnehmer in indi-viduellen Gesprächen spezifische Marktinformationen für ihre Fima ein. Dass sich zum heutigen Beratertag welt-weit tätige Firmen wie Rubner und Wolf

System angemeldet haben, die bereits eigene Exportabteilungen haben, ver-wundert aufgrund der Exotik des Mark-tes nicht. Dass man den Markteinstieg aber durchaus auch als kleinere Firma schaffen kann, beweist TTM.

Erfolgreicher Markteintritt

Die Firma TTM aus Prad am Stilfser Joch war schon 2008 beim Beratertag mit Herrn Heidinger dabei. TTM hat sich auf die Produktion sowie den Exklusivver-trieb von verschiedenen Produkten für die technische Isolierung wie Umman-telungen, Klebebänder und Dämmma-terialien spezialisiert.

Der Exportleiter Leo Berger hatte sich nach einer Marktrecherche ent-schlossen, die Türkei als Markt anzuge-hen. Über die EOS stand FMConsulting dem Unternehmen dabei zur Seite. Die im Dezember 2008 durchgeführte Un-

Marktinformationen aus erster Hand. Die EOS pflegt ein Partnernetzwerk in über 50 Ländern. Monatlich kommen Partner zu Beratertagen nach Südtirol und bieten damit interessierten Unternehmen eine wertvolle Stütze.

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MARKETING

ternehmerreise in die Türkei zusammen mit anderen Unternehmern brachte aber mehr Ernüchterung als verhei-ßungsvolle Absatzmöglichkeiten. Da die Ergebnisse der Marktstudie aber so vielversprechend gewesen waren, ent-schloss sich Herr Berger, einen zweiten Versuch zu starten und brach im März 2009 erneut nach Istanbul auf. Dabei er-gaben sich tatsächlich interessante Kon-takte, die Geschäftsverhandlungen be-gannen.

Die erste Bestellung und Lieferung in die Türkei erfolgte schließlich im Mai 2010. „Die Recherchen zu Beginn und die Vermittlung verschiedener Kontakte durch den EOS-Partner waren eine gro-ße Hilfe, ohne die wir uns nicht in diesen neuen Markt gewagt hätten,“ sagt Berger rückblickend. Markus Walder, Bereichs-leiter International Trade Support der EOS, freut sich über den Erfolg von TTM:

„Dieses Beispiel ist sicherlich kein Ein-zelfall, was die Dauer der Marktbearbei-tung von der Kontaktaufnahme bis zur erfolgreichen ersten Lieferung angeht. FMConsulting hat bewiesen, ein kompe-

tenter Partner zu sein, andererseits war TTM konsequent hartnäckig genug, den Markteinstieg in einem für uns exoti-schen Markt zu schaffen.“

Partner nach Südtirol holen

Damit immer mehr Firmen den Schritt ins Ausland wagen, veranstaltet die EOS fast monatlich Informationsveranstal-tungen zu einem bzw. mehreren Län-dern. Die Mitglieder des Partnernetzwer-kes werden dazu nach Bozen eingeladen, interessierte Firmen können ein unver-bindliches Erstgespräch führen und sich über die allgemeinen Bedingungen im betreffenden Markt informieren. Be-sonders die nahen Märkte wie Deutsch-land, Österreich und die Schweiz stehen dabei im Fokus, da sie für Export-Ein-steiger besonders wichtig sind. Aber auch aus vielen anderen europäischen und nicht-europäischen Ländern wer-den regelmäßig Partner eingeladen, hei-mischen Firmen wird damit die Gele-genheit geboten, sich Marktinformatio-nen aus erster Hand zu holen.

N Ä C H S T E B E R AT E R TA G E

Die Termine für die nächsten Beratertage und Länderver-anstaltungen finden Sie auf der Homepage der EOS unter www.eos-export.org in der Rubrik Veranstaltungen.

Die Partner der EOS sitzen vor allem in Europa, aber auch in einigen exoti-scheren Ländern

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(cs)

ze während ihres Wachstums aufgenom-men hat. Holz hilft Energie sparen, weil man für die Herstellung von Holzpro-dukten wenig Energie benötigt. Holz ist außerdem brandsicher: Man weiß ge-nau, wie es sich im Brandfall verhält und kann daher damit umgehen. Holz ist erdbebensicher, hat gute statische Ei-genschaften und ist flexibel und im Bau-bereich somit ein hervorragender Ersatz für Beton und Ziegel. Holz ist wirtschaft-lich, weil es ein sehr gutes Preis-Leis-tungs-Verhältnis hat. Holz ist wetterfest und ermöglicht Holzbauten eine lange Lebensdauer.

Im Rahmen einer Studie, die vom Holzbaulehrstuhl der Universität Inns-bruck und dem Cluster Holz & Technik des TIS durchgeführt wurde, wurden vie-

OB IN FORM von Tischen, Schränken oder Stühlen, als Brennstoff für Öfen, verarbei-tet zu Schreibpapier und Zeitungen oder sogar in Speiseeis: Holz ist überall, auch dort, wo wir es nicht vermuten. Holz kann aber noch mehr: Mit Holz kann man gan-ze Hochhäuser und Brücken bauen. Grund genug, die vielen Vorzüge des Hol-zes genauer unter die Lupe zu nehmen.

Was Holz alles kann

Holz ist nachhaltig, weil es nachwächst. In Südtirols Wäldern wird im Sinne einer nachhaltigen Forstwirtschaft weniger abgeholzt als nachwächst. Holz ist aber auch CO2-neutral, das bedeutet, dass beim Einsatz von Holz nicht mehr Koh-lendioxid abgegeben wird, als die Pflan-

le Gebäude aus Lärchen- und Fichten-holz aus den Jahren 1250 bis heute im Passeiertal unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Holz ist extrem haltbar und belastbar.

Neben diesen tollen technischen Ei-genschaften ist Holz aber einfach auch wohltuend, gemütlich, warm und leben-dig. Es hat, ganz unbewusst, positive Auswirkungen auf unser Wohlbefinden: Holz trägt zu einem angenehmen Raum-klima bei, indem es die Luftfeuchtigkeit des Raumes reguliert und die Wärme nicht so schnell nach außen abgibt.

Holz als Bau- und Werkstoff zu ver-wenden, hat eine lange Tradition. Wo Holz zur Verfügung stand, wurde es im-mer genutzt. Auch das Holzhandwerk ist in vielen Teilen Südtirols tief verwurzelt.

Lang lebe das Holz. Traditioneller Werkstoff ganz groß: Holz hat viele tolle technische Eigenschaften und sorgt für gemütlichen Wohnkomfort. Designer und Architekten sind auf dem Holzweg also ganz richtig.

A U C H H I E R S T E C K T Ü B E R A L L H O L Z D R I N

Holzfasern: Zu Platten gepresst zeichnen sich Holzfasern durch eine hohe Bruch- und Biegefestigkeit aus und stecken unter anderem in:

• Schuhen • Kleidung• Tapeten • Kleister

Holzzucker entsteht bei der Spaltung des Holzzellstoffes und dient etwa der Herstellung von:

• Bier • Industriealkohol

Cellulose: Ein vielseitig einsetzbarer Lebensmittelzusatz der in der Nah-rungs- und Pharmaindustrie als Ver-dickungsmittel, Trennmittel oder Überzugsmittel verwendet wird.

• Säften • Speiseeis• Pillen • Kaugummi

Holz ist lebendig, warm und sorgt für ein angenehmes Wohnklima

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MATERIAL

ton-Kollegen mithalten. Hier beschrän-ken sich seine Vorzüge keineswegs nur mehr auf ökologische Aspekte und kurze Bauzeiten: Holzhäuser sind energiespa-rend, haben gute statische Eigenschaf-ten und erfüllen dieselben Brandschutz-bestimmungen wie konventionelle Bau-ten. Feuerwehrleuten sind Holzhäuser also gar kein Dorn im Auge: Tragende Holzbalken halten bei Bränden nämlich länger als Stahl, der in Hitze schmilzt und ohne Vorwarnung bricht.

Nachhaltiger Chic

„Im Bauwesen punktet Holz in Sachen Energieeinsparung doppelt“, so Bertoni. „Einmal beim Bau selbst, beginnend beim Rohstoff bis hin zu Bauweise und Planung. Aber auch der Betrieb und die Erhaltung von Holzhäusern sind energe-tisch nachhaltig, etwa beim Heiz- und Kühlenergiebedarf, Strombedarf, War-tungsaufwand und in Sachen Langlebig-keit.“ Holz erhöht also ganz nebenbei die Energieeffizienz.

Im Gegensatz zu anderen Baumateriali-en war die Innovationsbereitschaft in Sachen Holz lange Zeit – vornehm for-muliert – eher zurückhaltend: Vor allem im Bau- und Designbereich bevorzugte man Materialien wie Beton, Glas oder Kunststoffe. In den letzten Jahren hat sich dies aber schlagartig geändert: Heu-te erlebt Holz in vielen Bereichen eine neue Popularität. Gründe dafür sind das steigende Gesundheitsbewusstsein, das Bedürfnis nach Individualität und Au-thentizität sowie der Trend hin zu Nach-haltigkeit, mehr Umweltbewusstsein und eine umweltschonende Lebens- und Bauweise.

Auch im Baubereich erlebt Holz ei-nen Boom. „Bauen mit Holz ist einfach und anspruchsvoll zugleich, es erfüllt Ar-chitekten, Designer und Bauleute mit der Genugtuung, einen nachwachsenden, menschenfreundlichen Rohstoff verar-beiten zu können“, sagt Paolo Bertoni vom Cluster Holz & Technik des TIS. Vor allem im Wohnbau kann der zeitgenössi-sche Holzbau durchaus mit seinen Be-

Das Unternehmen „Holz Pichler“ aus Eggen setzte beim Bau des neuen Verwaltungsgebäudes ganz auf Holz

Holzhäuser sind heute aber auch einfach chic, und viele Architekten setzen verstärkt auf Holz als Bauma-terial. Brücken, Industriegebäude oder bis zu acht Stockwerke hohe Hochhäuser: Dem Einsatz von Holz sind heutzutage keine Grenzen mehr gesetzt.

In der Design-Szene ist man auch auf das Holz gekommen. Nicht nur Designermöbel, sondern auch Han-dys, Laptops, Brillen und Handta-schen aus Holz gibt es auf dem Markt. Dieses Potential noch weiter auszuschöpfen, das ist das Ziel eines Interreg IV-Projektes, das vom Clus-ter Holz & Technik betreut wird. Die „Designwerkstatt“ bringt Handwer-ker aus dem Alpenraum mit Desig-nern zusammen, damit sie bei der Produktgestaltung voneinander ler-nen und gemeinsam neue Produkte schaffen können. „Damit auch Desi-gner auf den Holzweg kommen“, sagt Bertoni. (ep)

Preisträger und Gastgeber (v.l.n.r.): Hubert Hofer (TIS Direktor), Christina Zuenelli (Loacker), Ulrich Stofner (BLS Direktor), Thomas Kohl (Kohl Obsthof Troidner), Christoph Engl (SMG Direktor), Heiner Oberrauch (Salewa), Markus Prugger (Nordpan), Roberto Bizzo (Landesrat für Innovation), Thomas Widmann (Landesrat für Wirtschaft)

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VERANSTALTUNG

Im vergangenen Jahr hat die Lan-desregierung entschieden, aus vier Preisen einen einzigen zu machen - den Südtirol Award. Dieser be-

steht aus dem ehemaligen TIS Innovation Award, dem EOS Export Award, dem SMG Marketing Award und dem neu dazuge-kommenen Investment Award von BLS. „Südtirol hat ein enormes Potential und tolle Unternehmen, auf die wir stolz sein können“, sagte Landeshauptmann Luis Durnwalder in der Eröffnungsrede des Abends. Fast 60 Unternehmen hatten sich beworben, vier Gewinner aus vier Ka-tegorien gingen hervor: Als Sieger der Ka-tegorie Marketing wurde Kohl Bergapfel-säfte vom Obsthof Troidner vom Ritten ausgezeichnet, den Export Preis erhielt das Unternehmen Loacker vom Ritten,

der Innovation Award ging an Nordpan aus Olang. Den Investment Award holte das Bozner Unternehmen Salewa. Die Landesräte Thomas Widmann, Roberto Bizzo und Hans Berger überreichten die Awards. Für die Gestaltung dieses Preises zeichnete der Südtiroler Designer Harry Thaler verantwortlich. Er zeigt die geogra-phischen Umrisse von Südtirol und drückt Innovation, Dynamik und Weltof-fenheit aus, jene Qualitäten, die Unter-nehmen brauchen, um erfolgreich zu sein. Der Moderator und Filmemacher Gustav Hofer führte durch den Abend. Mit einer filmreifen Licht- und Bühnen-show wurden die Preisträger gefeiert, ein-drucksvolle Szenen aus dem Tanzstück Dolomytica verliehen der Galanacht einen glanzvollen Rahmen.

Glanzvolle Galanacht. Was passiert, wenn Wirtschaft kunstvoll in Szene gesetzt wird? Davon konnten sich 700 Gäste am 11.11.2011 überzeugen. Im Stadttheater Bozen wurden im Rahmen einer Galanacht zum ersten Mal die Südtirol Awards der Wirtschaft in vier Kategorien vergeben.

Der Südtirol Award, der Oscar Südtirols, ist aus Aluminium gefertigt und beschreibt den geografischen Umriss Südtirols

Geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft tummelten sich im An-schluss an die Verleihung zum Get Toge-ther im Foyer des Stadttheaters Bozen

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1 | Gerhard Comper, Cellina von Mannstein und Michael Grosser 2 | Jasmin Mathà, Christine Lasta, Verena Lazzeri 3 | Alex Ploner, Michael Gaiser 4 | Erwin Lanzinger, Dado Duzzi mit Begleitung 5 | Michael Graf Goëss-Enzenberg, Sophie Gräfin Goëss-Enzenberg 6 | Karin Niederfriniger, Andreas Tschurtschenthaler, Tanja Mair 7 | Florian Pich-ler, Giuseppe Mele, Stephan Malfertheiner, Angelo Mele 8 | Heinrich Riffesser, Isabella Schwienbacher 9 | Michael Falk, Eleonora Corazza, Harald Plieger

Neben den Preisverleihungen, die ein wenig an die Oscar-Nacht erinnerten, gab es eindrucksvolle Atempausen mit Szenen aus dem Tanzspektakel Dolomytica, einer Produk-tion des Bozner Stadttheaters

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VERANSTALTUNG

Großbritannien: Good HousekeepingFrauenmagazin – Das renommierte, aufla-genstarke Frauenmagazin widmet Südtirol zwei eindrucksvolle Seiten. „Die Lebens-qualität hier ist die höchste der Welt“, en-det der euphorische Bericht der Redakteu-rin nach einem Aufenthalt im Villnösstal mit Kletterausflug, Spezialitätenverkos-tung- und Spa-Besuch. Ausgabe Juni 2011

Belgien: Grande ItalieReisemagazin – Zwölf Seiten Südtirol stecken im Italien-Heft. Große Bilder machen Lust auf Bewegung und Le-ben in den Dolomiten. Brei-ten Raum erhält die Kulinarik untermauert mit der Tatsa-che, dass Südtirol mehr Mi-chelin-Sterne als jede andere Provinz Italiens aufweist. Ausgabe Herbst 2011

Großbritannien: GlamourModemagazin - Das Heft im Pocket-Format empfiehlt

Südtirol als ideale Winterdestination. Beispielhaft werden Dörfer wie St. Vigil, die Tradition der Heubäder, die Ther-men und Sexten als Winteridyll besprochen. Gastroemp-fehlungen aus Meran zu Speck, Gnocchi und modernen

Desserts runden das Bild ab. Ausgabe November 2011

Deutschland: Lust auf Genuss

Food-Magazin - Neben fan-tastischen Food- und Land-schaftsaufnahmen hat das

Schwerpunktheft Südtirol jede Menge zauberhafter Detail-

fotos im Gepäck: Grandiose Berg-Szenarien, heimelige At-

mosphäre der Gasthäuser, die noble Eleganz der Restaurants

und typische Spezialitäten. Ausgabe September 2011

Italien: Io Donna/Corriere della SeraFrauenmagazin – Die Repor-tage beschäftigt sich anhand von fünf Beispielen weltweit mit der Frage nach besonde-rer und energiesparender Architektur für den nächs-ten Skiurlaub. Südtirol spielt mit der als „Bio“ betitelten Architektur des Residence Lagaciò in St. Kassian in dieser Liga mit. Ausgabe 26. November 2011

Über Südtirol geschrieben. Geschichten über das Land in Zeitungen und Magazinen: Die Dolomiten, Skifahren und Wellness, energiesparende und regionale Bauweisen und Kulinarik spielen tragende Rollen.

IM VISIER DER MEDIEN

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WAS TUT SICH, WER IST VORNE? Beim World Architecture Festival (WAF) in Barcelona tref-fen sich die besten Architekten der Welt. Es gibt Ausstellungen, Projektpräsentationen und Seminare. Herz des Festivals sind die WAF Awards – die begehrten Architekturauszeichnun-gen. Zwei Südtiroler Architekturbüros schafften es unter 700 Bewerbern in die engere Aus-wahl: das Büro Monovolume aus Bozen und das Studio bergmeisterwolf aus Brixen. „Das WAF ist nicht für Südtiroler Architekten interessant, sondern auch für international tätige Südtiroler Firmen zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen", erklärt EOS-Vizedirektor Markus Walder, der mit der Architektenkammer die Reise zum WAF organisiert hatte.

B A R C E L O N A , S PA N I E N

Award-Gewinner Kjetil Thorsen vom Architekturbüro Snohetta aus Oslo im Austausch mit Michael Purzer von Frener & Reifer aus Brixen

MARKTPLATZ

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„Architektur schlägt immer eine Stimmung, ein Lebensgefühl vor.“

Alain DeBottonPhilosoph mit Schweizer Wurzeln, *1969