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Neue Auskoppelverfahren und Sensoren zur Vor-Ort-Teilentladungsmessung an Hochspannungs-Kabelanlagen Dipl.-Ing. Kay Rethmeier Fakultät IV – Elektrotechnik und Informatik Institut für Energie- und Automatisierungstechnik Fachgebiet Hochspannungstechnik der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften - Dr.-Ing. - genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. G. Mönich 1. Berichter: Prof. Dr.-Ing. W. Kalkner 2. Berichter: Prof. Dr.-Ing. V. Hinrichsen Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 28.04.2006 Berlin 2006 D83

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Neue Auskoppelverfahren und Sensoren zur Vor-Ort-Teilentladungsmessung an Hochspannungs-Kabelanlagen

Dipl.-Ing. Kay Rethmeier

Fakultät IV – Elektrotechnik und Informatik Institut für Energie- und Automatisierungstechnik

Fachgebiet Hochspannungstechnik der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Ingenieurwissenschaften - Dr.-Ing. -

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. G. Mönich 1. Berichter: Prof. Dr.-Ing. W. Kalkner 2. Berichter: Prof. Dr.-Ing. V. Hinrichsen Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 28.04.2006

Berlin 2006 D83

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher

Mitarbeiter am Fachgebiet Hochspannungstechnik des Institutes für Energie- und

Automatisierungstechnik an der Technischen Universität Berlin.

Die gute Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des

Fachgebietes hat wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Mein Dank für viele

anregende Gespräche gilt unter anderem den Herren Dipl.-Ing. T. Kumm, Dipl.-Ing.

A. Obralic und Dipl.-Ing. S. Schaper, die ebenfalls auf dem Gebiet der TE-Messtechnik

forschend tätig sind.

Herrn Prof. Dr.-Ing. W. Kalkner danke ich für die Übernahme der Betreuung sowie die

kritische Begleitung und Unterstützung der Arbeit, ebenso wie den Herren Prof. Dr.-Ing. V.

Hinrichsen und Prof. Dr.-Ing. G. Mönich für die Übernahme der Berichte bzw. des

Vorsitzes des Promotionsausschusses.

Mein besonderer Dank gilt der Unterstützung durch Herrn Dr.-Ing. R. Plath, der die

vorliegende Arbeit zusammen mit Prof. Kalkner anregte und diese durch seine fachlichen

Diskussionsbeiträge und Berichte aus der Praxis stets weiter vorantrieb.

Berlin, im Januar 2006

Kay Rethmeier

Übersicht

Die vorliegende Arbeit beschreibt neue Auskoppelverfahren und Sensoren zur

empfindlichen Vor-Ort-Teilentladungsmessung an Hochspannungs-Kabelanlagen, ins-

besondere die induktive TE-Auskopplung an sensorlosen Kabelanlagen in Crossbonding-

Ausführung, sowie neue Möglichkeiten, die sich durch die Anwendung der digitalen

synchronen TE-Messung mit verteilter Sensorik ergeben.

Bei Energiekabelanlagen großer Länge führt eine klassische TE-Auskopplung mittels

Koppelkondensator am Kabelende zu keiner ausreichenden Messempfindlichkeit vor Ort.

Sind keine speziellen zusätzlichen TE-Sensoren im Muffen- bzw. Endverschlussbereich

implementiert, ist eine empfindliche TE-Messung nach bisherigem Stand der Technik nur

stark eingeschränkt oder gar nicht möglich. Neben der technisch und auch wirtschaftlich

nicht immer realisierbaren Sensornachrüstung ist jedoch für Kabelanlagen großer Länge

eine induktive TE-Signalauskopplung im Bereich der Crossbonding-Schirmauskreuzung

ohne größere Eingriffe in das Kabelsystem möglich. Erforderlich ist hierzu eine spezielle

Versuchstechnik und Sensorik, die in der vorliegenden Arbeit detailliert beschrieben wird.

Ein neuartiges digitales Mehrstellen-TE-Messsystem wurde diesbezüglich auf seine

Eignung zum wissenschaftlichen Messeinsatz untersucht und durch zusätzliche

Softwaretools weiterentwickelt bzw. ergänzt.

Einen Schwerpunkt der Untersuchungen zu den alternativen TE-Auskoppelverfahren stellt

der Einsatz spezieller induktiver Hochfrequenz-Transformatoren (RFCT) dar, deren

Eignung zur empfindlichen TE-Messung an gut zugänglichen Erdverbindungen von Kabel-

endverschlüssen untersucht wird, bevor deren Einsatzbereich auch auf die externe

Schirmverbindung einphasiger Trennmuffen ausgeweitet wird. Durch Messungen an ver-

einfachten Modellanordnungen, Labormessungen an Hochspannungskabelkomponenten

und letztlich durch Vor-Ort-Erprobungen an Energiekabelanlagen im Netzbetrieb wird die

Eignung des Messverfahrens und der verwendeten Sensorik zur empfindlichen TE-Mes-

sung an phasenübergreifenden Crossbonding-Verbindungen unter Berücksichtigung von

Besonderheiten bei der TE-Fehlerortung durch Echometrie nachgewiesen.

Abschließend wird die konsequente Ausweitung des vorgestellten sensorischen Kon-

zeptes zu einem synchronen, räumlich verteilten Erfassungsnetzwerk (synchrone Mehr-

stellen-TE-Messung mit verteilter Sensorik) dargelegt. Die daraus resultierenden Vorteile

für die TE-Fehlerortung und die erreichbaren Messempfindlichkeiten werden anhand von

Praxismessungen detailliert beschrieben.

Abstract

This thesis reports on new pd decoupling techniques and pd sensors for sensitive pd on-

site measurements on high voltage cable systems. In particular the thesis focuses on the

inductive pd decoupling on sensorless cross-bonded cable systems. Additionally, new

capabilities using an innovative digital synchronous pd measuring system with distributed

pd sensors are presented.

For power cable systems of long lengths, the classic pd decoupling method by means of

coupling capacitors at one cable end, results in insufficient on-site measurement results.

Given the state-of-the-art technology, a sensitive pd measurement is either limited or not

possible without special additional pd sensors at joints or terminations. However, besides

cost intensive and extensive technical sensor retrofitting, an inductive pd decoupling within

the cross-bonding link area of long length cable systems is feasible without greater

intervention in the cable system. This needs a special testing and sensor technology,

which is described in detail within this thesis, as well as the use of a new type of digital

multi-channel pd measuring system which was therefore checked for suitability and

improved, respectively, by additional software tools.

A main point of the investigations is the selection and the use of special inductive current

transformers (RFCT). The suitability of these RFCTs for sensitive pd measurements is

tested at accessible grounding links of cable screens, before the use is extended also to

screen links of insulating joints. Computer simulations, measurements on high voltage

cable components, as well as on-site cable system testing have been conducted to prove

the suitability of this innovative method and sensor technology for sensitive pd decoupling

and location at cross bonding joints.

Finally, a consequent extension of the presented method for on-site pd decoupling to a

synchronous, spatially distributed multi-site pd sensor network is explained. The resulting

advantages and improvements in pd fault location and pd detection sensitivity are

demonstrated by several actual examples of on-site pd measurements on long high

voltage and extra high voltage XLPE-cable systems.

Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG UND MOTIVATION .............................................................................1

2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT......................................................................................4

3 GRUNDLAGEN ZU AUFBAU UND BETRIEB VON ENERGIEKABELANLAGEN.....5

3.1 Aufbau und Eigenschaften VPE-isolierter Kabel............................................................................. 5

3.2 Aufbau und Eigenschaften von Garnituren ..................................................................................... 6

3.2.1 Verbindungsmuffen .......................................................................................................................... 7

3.2.2 Schirm-Trennmuffen......................................................................................................................... 7

3.3 Cross-Bonding-Betrieb ...................................................................................................................... 8

4 STAND DER TECHNIK BEI DER TE-MESSUNG .....................................................12

4.1 TE-Messsysteme............................................................................................................................... 12

4.2 Konventionelle TE-Auskopplung .................................................................................................... 13

4.2.1 Messkreise ..................................................................................................................................... 13

4.2.2 Messimpedanz ............................................................................................................................... 16

4.3 Nichtkonventionelle Feldkopplung................................................................................................. 17

4.3.1 Kapazitive Sensoren....................................................................................................................... 19

4.3.2 Richtkopplersensoren..................................................................................................................... 21

4.3.2.1 Induktive Richtkopplersensoren............................................................................................. 23

4.3.3 Induktive Sensoren......................................................................................................................... 25

4.4 Zusammenfassung ........................................................................................................................... 25

5 VERSUCHSTECHNIK ZUR TE-MESSUNG...............................................................27

5.1 Beschreibung des verwendeten TE-Messsystems ....................................................................... 27

5.2 Synchronitätstest der TE-Erfassungseinheiten ............................................................................ 29

5.3 Beschreibung der Software ............................................................................................................. 32

5.3.1 Bediensoftware............................................................................................................................... 32

5.3.2 Ergänzende Softwaretools zur komplexen Nachbereitung ............................................................ 32

6 NEUE AUSKOPPELVERFAHREN UND SENSOREN ..............................................35

6.1 Energiekabel als Koppelkondensator............................................................................................. 35

6.1.1 Verwendung einer Phase als Koppelkondensator CK .................................................................... 35

6.1.2 Synchrone Mehrstellenmessung an allen drei Phasen .................................................................. 35

6.2 Richtkopplersensoren für GIL / GIS-Kabeleinführungen.............................................................. 38

6.3 HF-Transformatoren zur TE-Auskopplung..................................................................................... 40

6.3.1 Ferrite ............................................................................................................................................. 41

6.3.2 Stromimpuls-Transformatoren (kommerziell) .................................................................................41

6.3.3 HF-Transformatoren für variablen Einsatz......................................................................................42

6.4 Induktive TE-Auskopplung an Endverschlüssen vor Ort..............................................................44

6.4.1 TE-Messung an 110-kV-Transformator-Einführungsendverschluss...............................................44

6.4.2 TE-Messung an 220-kV-GIS-Einführungsendverschluss ...............................................................46

6.4.3 TE-Messung an 10-kV-Mittelspannungskabel ................................................................................51

6.5 HF-Transformatoren zur TE-Auskopplung auf Potenzial ..............................................................52

6.6 Induktive TE-Auskopplung an Trennmuffen ..................................................................................55

6.6.1 Modellmessungen an einer Trennmuffe .........................................................................................55

6.6.1.1 Versuchsaufbau......................................................................................................................56

6.6.1.2 Einfluss der verwendeten Auskoppelvierpole auf die Messung.............................................56

6.6.1.3 Einfluss der Windungszahl auf den Frequenzgang im Versuchsaufbau ...............................57

6.6.1.4 Einfluss parasitärer Elemente ................................................................................................58

6.6.1.5 Messung von TE-Impulsen im Zeitbereich.............................................................................59

6.6.1.6 Zusammenfassung zur Modellmessung ................................................................................60

6.6.2 TE-Messungen an einer 110-kV-Kabelanlage mit Trennmuffe ......................................................61

6.6.3 TE-Auskopplung an Trennmuffen vor Ort .......................................................................................62

6.6.3.1 Kalibrierung der TE-Messung.................................................................................................63

6.6.3.2 Durchführung und Ergebnisse der TE-Messung....................................................................65

6.7 Induktive TE-Auskopplung an Crossbonding-Muffen ...................................................................67

6.7.1 Messtechnische Erprobung an Modellanlagen...............................................................................69

6.7.1.1 Konstruktion einer Modellanlage............................................................................................69

6.7.1.1.1 Konzeption der Modellanlage ............................................................................................70

6.7.1.1.2 Aufbauelemente der Modellanlage ....................................................................................72

6.7.1.1.3 Messungen an der Modellanordnung ................................................................................75

6.7.1.1.4 Transmissionsverhalten der Modellmuffen ........................................................................76

6.7.1.2 Messungen an der vollständigen Modellanlage.....................................................................85

6.7.2 TE-Auskopplung an den Crossbonding-Zuleitungen ......................................................................85

6.7.3 TE-Auskopplung an Crossbonding-Auskreuzkästen ......................................................................90

6.7.3.1 Kalibriermessung an einer 245-kV Kabelanlage....................................................................90

6.7.3.1.1 Auskopplung an Muffengruppe 3 .......................................................................................92

6.7.3.1.2 Auskopplung an Muffengruppe 6 .......................................................................................99

6.7.3.1.3 Auskopplung an Muffengruppe 6 bei linearer Schirmverbindung....................................103

6.7.3.1.4 TE-Auskopplung an der Crossbonding-Zuleitung vor der CB-Box ..................................105

6.7.3.2 Vor-Ort-TE-Messungen an Hochspannungskabelanlagen.................................................. 107

6.7.3.2.1 TE-Messung an einer 400-kV-Kabelanlage mit Muffenkammer ..................................... 107

6.7.3.2.2 TE-Messung an einer 220-kV-Kabelanlage mit externer Schirmauskreuzung ............... 109

6.7.3.2.3 TE-Messung an einer 132-kV-Kabelanlage mit externer Schirmauskreuzung ............... 117

7 TE-ORTUNG DURCH ECHOMETRIE .....................................................................121

7.1 Grundlagen der TE-Fehlerortung auf Energiekabelanlagen ...................................................... 121

7.2 Besonderheiten bei der Auskopplung an Crossbonding-Stellen.............................................. 123

7.2.1 Rechnersimulation verschiedener Beobachtungs- und Fehlerpunkte ......................................... 125

7.2.2 Wichtige Sonderfälle..................................................................................................................... 128

7.2.3 Modellmessungen an Messleitungen........................................................................................... 130

7.2.4 Modellmessungen an der Mittelspannungs-Versuchsanlage....................................................... 132

7.3 TE-Fehlerortung an Hochspannungskabelanlagen vor Ort ....................................................... 133

8 TE-ORTUNG DURCH VERTEILTE SENSORIK ......................................................136

8.1 Synchrone TE-Messung mit verteilter Sensorik.......................................................................... 138

8.1.1 TE-Fehlerortung durch Amplitudenvergleich................................................................................ 139

8.1.2 TE-Fehlerortung durch Echometrie .............................................................................................. 140

8.1.3 TE-Fehlerortung durch Laufzeitvergleich zwischen benachbarten Messorten ............................ 144

8.2 Zeitgleiche Messung durch nachträgliche Synchronisation ..................................................... 146

8.2.1 Synchronisation durch TTL-Signal ............................................................................................... 147

8.2.2 Synchronisation durch Pulsinjektion............................................................................................. 147

8.2.3 Versuchsstrecke zur Vor-Ort-Untersuchung ................................................................................ 148

8.2.4 Messverfahren.............................................................................................................................. 148

8.2.4.1 Grundgedanke der synchronen Mehrstellen-TE-Messung an Kabelanlagen ..................... 148

8.2.4.2 Synchronisierung mittels Trägersignal ................................................................................ 149

8.2.4.3 Ergebnisse der Vor-Ort-Erprobung...................................................................................... 151

8.2.4.4 Zwei-System-Messung mit Trägersignal-Synchronisation .................................................. 152

8.2.5 Fazit .............................................................................................................................................. 154

9 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ...............................................................155

10 LITERATURVERZEICHNIS..................................................................................159

Einführung und Motivation 1

1 Einführung und Motivation

Das Leben in den industrialisierten Ländern ist heute in einem hohen Maß von einer

zuverlässigen Energieversorgung abhängig. Neben den Privathaushalten und öffentlichen

Einrichtungen gilt dies vor allem für industrielle Stromkunden. An dieser Stelle seien

beispielhaft die chemische und die metallverarbeitende Industrie genannt, in der neben

Großstörungen auch ein kurzzeitiger Ausfall der elektrischen Energie zum Erliegen ganzer

Produktionsprozesse und damit zu hohen Folgekosten führen kann. Statistische

Aufzeichnungen der großen Versicherungsunternehmen belegen dabei die erheblichen

Folgekosten der von elektrischer Energie abhängigen und damit betroffenen

Industriezweige. So sind z. B. alleine in gastronomischen Betrieben des Großraumes New

York während des großen Blackouts 2003 im Nordosten der USA Lebensmittel im Wert

von ca. 100 Millionen US-Dollar wegen mangelnder Kühlung verdorben [Bra04],

Schätzungen für die gesamten Folgekosten belaufen sich auf mehrere hundert Milliarden

US-Dollar [OEC03] [NCE03].

Aufgrund der durch die Liberalisierung und fortschreitende Deregulierung veränderten

Strategien der Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Europa steigt die Auslastung

der Netze bei gleichzeitiger Reduzierung des Investitionsvolumens.

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Stromverbrauch

Investitionen

Abbildung 1: Entwicklung von Stromverbrauch und Investitionen in der Elektrischen Energieversorgung in Deutschland, 1991=100% [Ret04]

2 Einführung und Motivation

Während in Unternehmen der deutschen Stromwirtschaft 2003 noch über 50 % der

Investitionsmittel den Netzen zu Gute kamen, waren es 2004 nur noch gute 40 % [VDN04]

[VDN05]. Abbildung 1 verdeutlicht die daraus resultierende Investitionslücke.

Es wird daher für die EVU zunehmend wichtiger, genaue Informationen über den Zustand

und über die restliche Lebensdauer ihrer Betriebsmittel im Netz zu erhalten, um innerhalb

der angesprochenen geänderten Rahmenbedingungen die geforderte und für den Kunden

gewohnte Betriebssicherheit aufrecht zu erhalten [Smi05]. Für die Energiekabel als das

wertvollste Investitionsgut im deutschen Netz [Wec02] sind dabei neben den klassischen

Prüf- und Messverfahren vor allem die zerstörungsfreien dielektrischen Testmethoden von

großer Bedeutung. Die Messung von Teilentladungen (TE) in Energiekabelanlagen kann

dabei punktuelle Fehlstellen aufdecken, welche dann gezielt vor einem möglichen

Durchschlag und dem damit verbundenem Ausfall der Kabelstrecke beseitigt werden

können [Ele96] [Cha91]. Die rechtzeitige Erkennung von Fehlern im Frühstadium im

Rahmen eines zukünftig an Bedeutung gewinnenden Online-Monitorings ermöglicht

zudem ggf. ein kontrolliertes unterbrechungsfreies Umschalten auf alternative

Versorgungswege und verhindert so finanzielle Verluste des EVU aus potenziellen

Vertragsstrafen oder durch den Wegfall von Durchleitungsentgelten.

Neben der diagnostischen TE-Messung ist die TE-Messung an neu errichteten oder

instand gesetzten Kabelanlagen von großer Bedeutung. Da die zum Teil vorgefertigten

Einzelkomponenten wie Aktivteile von Muffen oder Endverschlüssen, aber auch die

Kabelteillängen, schon im Werk vorgeprüft wurden und als TE-frei eingestuft werden

können, ist bei der qualitätssichernden TE-Messung der einwandfreie Zustand des vor Ort

montierten Gesamtsystems nachzuweisen. Hier kann durch eine Abnahmeprüfung in

Form einer TE-Messung die Einhaltung der vom Kunden geforderten Qualitätsmerkmale

überprüft werden. Die Ergebnisse der TE-Messung dienen dabei neben anderen Prüf- und

Diagnoseverfahren als Forderungsgrundlage bei Garantie- oder Regressansprüchen im

Rahmen der Gefahrenübergabe vom Anlagenerrichter zum Anlagenbetreiber.

Eine große Schwierigkeit bei der Messung von Teilentladungen ist der Zugang zu den

Betriebsmitteln bzw. der Zugang zu den für die TE-Messung geeigneten Auskoppelstellen.

Dieses Problem stellt sich speziell bei direkt erdverlegten Energiekabelsystemen, bei

denen z. B. aus Kostengründen auf den Einbau geeigneter TE-Sensoren zum Zeitpunkt

der Errichtung der Kabelanlage verzichtet worden ist. Gut zugänglich sind in der Regel

Freiluftendverschlüsse in Umspannwerken. Jedoch führt die TE-Auskopplung am

Einführung und Motivation 3

Kabelende gerade bei langen Kabelstrecken zu sinkenden und unzureichenden

Messempfindlichkeiten [Pla03] und ist daher für sensitive TE-Messungen ungeeignet.

Eine weitere Möglichkeit ist die TE-Auskopplung durch spezielle, an die jeweilige

Kabelstrecke angepasste Sensoren. Sind diese Sensoren jedoch bei der Planung der

Kabelanlage nicht berücksichtigt worden, gestaltet sich eine Nachrüstung oft sehr

kostenintensiv oder, wie bei direkt erdverlegten Kabelsystemen, sogar unmöglich [Pla02].

In der vorliegenden Arbeit wird daher die Auskopplung von TE-Impulsen an Crossbonding-

Verbindungen als neuartiges und äußerst geeignetes Verfahren zur empfindlichen TE-

Messung beschrieben. Das Auskreuzen der Kabelschirme ist bei

Hochspannungskabelanlagen großer Länge üblich, zum Teil sogar zwingend notwendig,

um Schirmverluste zu minimieren und Berührungsspannungen innerhalb der

vorgeschriebenen Grenzwerte zu halten. Durch die Auskopplung von TE-Impulsen an

Crossbonding-Verbindungen können auch lange, sensorlose Kabelanlagen mittels

empfindlicher TE-Messungen überwacht werden, die sich in der Vergangenheit einer

sinnvollen TE-Diagnose entzogen haben. Durch die Verwendung von speziellen induktiven

Sensoren kann ein TE-Impuls in den Auskreuzungen der Kabelschirme potenzialfrei

ausgekoppelt und gemessen werden [Wei04].

Ein weiteres Problem bei der TE-Messung vor Ort sind das Erkennen und die Ortung von

Endverschlussfehlern an einer Energiekabelanlage, was jedoch im Fehlerfall durch die klar

abgegrenzten Zuständigkeiten verschiedener an der Errichtung der Kabelanlage beteiligter

Firmen zwingend notwendig ist. Bei der Beurteilung von Freiluftendverschlüssen ist oft

eine Unterscheidung von externen Störimpulsen (z. B. Korona oder Umrichterimpulse der

Prüfspannungserzeugung) und TE-Fehlern innerhalb des Endverschlusses nicht möglich.

Ebenso sind nach dem aktuellen Stand der Technik Einführungsendverschlüsse an

gasisolierten Schaltanlagen aufgrund der Systemschnittstelle von Kabelanlage und

Schaltanlage nicht gezielt überwachbar. In der vorliegenden Arbeit werden

messtechnische Lösungen für beide Arten von Endverschlüssen vorgestellt und

untersucht.

Unabhängig von den verwendeten Sensortypen wird als neuartiges Verfahren die

synchrone Mehrstellenmessung mit räumlich verteilter Sensorik untersucht, die gegenüber

den klassischen Messverfahren große Vorteile bezüglich Messempfindlichkeit und TE-

Ortungsschärfe aufweist. Gerade bei Kabelanlagen großer Länge mit einer Vielzahl von

Garnituren (z. B. 400-kV-VPE-Kabelanlage London Elstree nach St. Johns Wood: 20 km,

4 Einführung und Motivation

20 Crossbonding-Muffen, Inbetriebnahme 2005) ist eine zeitgleiche Überwachung

möglichst vieler oder sogar aller unter Prüfspannung stehender Komponenten zwingend

erforderlich, um das Risiko eines nicht zu beobachtenden und ungewollten Ausfalles

während der TE-Messung zu minimieren. Ein sequenzielles Prüfen aller Garnituren eines

solchen Kabelsystems würde hier zu einer erheblichen akkumulierten, nicht überwachten

Beanspruchungsdauer für einige Muffen führen und ist daher nicht zu vertreten.

2 Zielsetzung der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Untersuchung neuer sensorischer Konzepte und

Verfahren zur empfindlichen TE-Auskopplung an Energiekabelanlagen vor Ort. Hierbei gilt

es im Besonderen, die bisher nicht durch eine TE-Messung sinnvoll überwachbaren

Komponenten der Kabelanlage zu erfassen. Hauptsächlich sind dies sensorlose

Verbindungsmuffen direkt erdverlegter Hochspannungskabel, die in Crossbonding-Technik

ausgeführt sind. Als Sonderfall der Crossbonding-Muffen ist dabei auch die einphasige

externe Schirmverbindung bei Verbindungsmuffen zu berücksichtigen und auf ihre

Eignung zur empfindlichen TE-Auskopplung zu untersuchen.

Ein weiterer Aspekt der Untersuchungen soll sich auf Freiluftendverschlüsse und GIS-

Einführungsendverschlüsse einer Kabelanlage beziehen. Hier ist eine direkte

Unterscheidung zwischen TE aus den Endverschlüssen und externen Störern mit

bestehender Messtechnik noch nicht eindeutig möglich, so dass bisher auf indirekte

Verfahren, wie die Interpretation von TE-Mustern, zurückgegriffen werden muss.

Bei mehreren geeigneten Auskoppelorten zur TE-Messung sollen ferner die Vorteile

bezüglich Messempfindlichkeit und Ortungsgenauigkeit, sowie die technische

Realisierbarkeit einer synchronen Mehrstellenmessung unter Einsatz eines neuartigen

digitalen TE-Messsystems und neuartiger Auswerteverfahren untersucht werden. Hierbei

sollen im Besonderen der Einfluss des zur klassischen Messung veränderten

Beobachtungspunktes und die damit einhergehenden Unterschiede in der systematischen

TE-Fehlerortberechnung durch Echometrie und Laufzeitauswertung herausgestellt

werden.

Zusätzlich zu Rechnersimulationen und Messungen an Modellkabelanlagen sollen die zu

erarbeitenden sensorischen Konzepte und Verfahren vor allem auch bezüglich ihrer Vor-

Ort-Tauglichkeit an Hochspannungs-Kabelanlagen untersucht und erprobt werden.

Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen 5

3 Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen

3.1 Aufbau und Eigenschaften VPE-isolierter Kabel

VPE-isolierte Hochspannungskabel werden als Einleiterkabel ausgeführt und können

ihrem Aufbau nach als lang gestreckte zylindrische Kondensatoren mit Leiter und

metallischem Mantel als Elektroden und der VPE-Isolierschicht als Dielektrikum

angesehen werden. Der Strom führende Innenleiter wird in verschiedenen Kombinationen

als ein- oder mehrdrähtiger Massiv-, Hohl- oder Segmentleiter gefertigt. Als Leiterglättung

wird auf dem verseilten Leiter eine innere feldglättende Leitschicht extrudiert, die aus

Polyethylen mit Ruß- oder Grafitbeimengungen besteht. Zudem wird als Aderabschirmung

zur Erzielung eines radialsymmetrischen elektrischen Feldes auf die Isolierung eine

ebenfalls leitfähige Umhüllung (äußere Leitschicht) extrudiert. Zur Vermeidung von

Hohlräumen, Grenzflächen und auch Verschmutzungen zwischen den Schichten werden

innere Leitschicht, Isolierung und äußere Leitschicht in einem einzigen Arbeitsgang durch

Dreifachextrusion zeitgleich aufgebracht. Die anschließende Bewickelung mit leitfähigen

Bändern stellt sicher, dass bei Wärmeausdehnung die Kupferdrähte des Schirmes nicht in

die Leitschicht gedrückt werden können. Quellfähige Fließe oder Pulver gewährleisten

zudem eine Längswasserdichtigkeit im Schirmbereich. Ein geschlossener Metall-

Schichtenmantel dient als Diffusionssperre und bewirkt eine sichere

Querwasserdichtigkeit. Ein Kunststoff-Außenmantel aus Polyethylen oder PVC sorgt für

einen abschließenden mechanischen Schutz. Abbildung 2 zeigt den typischen Aufbau

eines 110-kV-VPE-Kabels in längs- und querwasserdichter Ausführung.

Abbildung 2: Aufbau eines VPE-isolierten Hochspannungskabels [Kiw85]

6 Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen

Die Isolation eines VPE-isolierten Hochspannungskabels ist empfindlich gegenüber der

Einwirkung von Teilentladungen und bezogen auf das Langzeitverhalten (Alterung) das

am schwierigsten zu kalkulierende Element eines Kabels. Abbildung 3 zeigt

mikroskopische Aufnahmen von durch TE-Aktivität an Nadelspitzen entstandenen

„Electrical Trees“, die den isolierenden Feststoff zersetzen und letztlich zum Ausfall des

Kabels führen [Pes98] [Kuh97].

a) bush-like-tree b) tree-like-tree

Abbildung 3: “Electrical Tree” in Polyethylen

Durch empfindliche TE-Messungen beim Kabelhersteller in gut geschirmten Laboren wird

bereits vor der Auslieferung der Teillängen gewährleistet, dass neu gefertigte VPE-Kabel

TE-frei sind. Diese Werksmessungen ersetzen jedoch nicht die TE-Messung vor Ort,

welche letztlich das Gesamtsystem Kabelanlage einschließlich der Garnituren und vor

allem auch der Montagearbeiten beurteilen kann.

3.2 Aufbau und Eigenschaften von Garnituren

Neben den Endverschlüssen sind vor allem die Muffen wichtige Aufbauelemente von

Energiekabelanlagen und sollen daher näher beschrieben werden.

Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen 7

3.2.1 Verbindungsmuffen

VPE-isolierte Hochspannungskabel können heute in sehr großen Längen produziert

werden, jedoch limitieren die durch die Transportbedingungen (Fahrzeugprofile,

Brückenprofile) gegebenen Maximalabmessungen und die Gewichte einer Kabeltrommel

die maximal handhabbare Länge auf etwa 1000 Meter. Daher werden für die Installation

einer längeren Kabelstrecke immer entsprechende Verbindungselemente, sog. Muffen,

benötigt. Neben der Verbindung zwischen zwei gleichartigen Kabeln (Verbindungsmuffe,

s. Abbildung 4 a) gibt es weitere Anwendungsfälle für Muffen. Hierzu gehört z. B. die

Verbindung von Kabel unterschiedlicher Bauarten (Übergangsmuffen). In Verbindung mit

den verschiedenen Dielektrika und unterschiedlichen konstruktiven Varianten ergibt sich

damit eine Vielzahl von Bauarten, die durch die Funktion und das verwendete Material

bestimmt werden. Die grundlegenden Bestandteile, Leiterverbindung, Isolation und

Feldsteuerelemente, sind jedoch in jeder Muffe zu finden. Als Beispiel zeigt Abbildung 4

den Querschnitt einer vorgefertigten Aufschiebemuffe für Kunststoffkabel.

Kabelgarnituren stellen bei der TE-Fehler-Überprüfung von Hochspannungs-

Kabelsystemen einen Schwerpunkt dar, da an ihnen die Mehrzahl aller Fehler auftreten.

Denn im Gegensatz zu Kabeln, welche noch im Werk nach der Fertigstellung auf

eventuelle Fehler geprüft werden, erfolgt die Muffenmontage vor Ort auf der Baustelle, so

dass die Montagequalität auch erst vor Ort mittels Spannungsprüfung und TE-Messung

überprüft werden kann.

3.2.2 Schirm-Trennmuffen

Für das Crossbonding (s. Kapitel 3.3) werden spezielle Muffen (Trennmuffen) verwendet,

bei denen die Kabelschirme beider Kabelseiten leitfähig herausgeführt werden. Dabei

ergibt sich eine Unterbrechung in der äußeren feldglättenden Schicht, die durch die

spezielle Konstruktion ausgeglichen wird. Der Querschnitt einer solchen Trennmuffe ist

schematisch in Abbildung 4 b) dargestellt.

8 Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen

a) Verbindungsmuffe b) Muffe mit Schirmtrennstelle

Abbildung 4: Schnittbild vorgefertigter Aufschiebemuffen für Kunststoff-Hochspannungskabel

Nach Aussage eines großen deutschen Herstellers und Montagedienstleisters für

Hochspannungsgarnituren werden Schirmtrennmuffen mit wachsender Häufigkeit auch als

Verbindungsmuffen eingesetzt. Die beiden Kabelschirme werden dazu wieder über dem

Muffenkörper miteinander verbunden, so dass die Schirmtrennung aufgehoben ist. Ein

Schrumpfschlauch oder ein spezielles Muffengehäuse versiegeln und schützen das

Gesamtsystem der Muffenkonstruktion nach außen hin. Der Vorteil für den Dienstleister

liegt dabei in der Reduzierung seines Produktspektrums und den daraus resultierenden

Einsparungen für Entwicklungs- und Typprüfungen.

Dieser Aspekt kann für die Vor-Ort-TE-Messtechnik von Interesse sein, sofern die externe

Schirmverbindung für eine TE-Messung bei der Inbetriebnahme noch kurzzeitig

zugänglich bleibt. Durch die Einbringung eines Hochfrequenztransformators in die

Schirmverbindung kann so auch an einer sensorlosen Muffe empfindlich ausgekoppelt

werden (s. Kapitel 6.6). Die endgültige Versiegelung der Muffe bzw. das Verschließen der

Muffengrube kann dabei nachträglich erfolgen.

3.3 Cross-Bonding-Betrieb

Neben den Leiterverlusten, die im Normalbetrieb den größten Teil der leitungsgebundenen

Verluste ausmachen, gibt es weitere stromabhängige Verluste in einer Kabelanlage. Die

größte Bedeutung haben hier die axialen Induktionsströme [Arn29] [Sch61]. Der in einer

Phase fließende Laststrom erzeugt ein magnetisches Feld, welches im eigenen

Kabelmantel (oder Drahtschirm) und in den Mänteln der parallel liegenden Phasen eine

Spannung Ui induziert (s. Abbildung 5). Diese Spannung ist dabei direkt proportional zur

Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen 9

Größe des verursachenden Leiterstromes und zur Länge des Kabels und kann in der

Praxis bei 50 V/km⋅kA bis 120 V/km⋅kA liegen [Kiw85]. Da die bei größeren Längen

auftretenden Schirmspannungen somit eine Gefahr für Personen und Geräte darstellen

[DIN0100], werden entsprechende Kabelanlagen zur Vermeidung von unzulässig hohen

Berührspannungen beidseitig geerdet. Dabei entsteht mit dem als Rückleiter fungierenden

Erdboden eine geschlossene Leiterschleife, die zum Fließen von Ausgleichsströmen führt

und damit erhebliche Stromwärmeverluste verursacht. Diese können im Extremfall die

Größenordnung der Leiterverluste annehmen.

Abbildung 5: Mantelspannungsinduktion durch das Magnetfeld in der Nachbarphase [nach Pes98]

Um diese Induktionsstromverluste zu vermeiden, wird bei längeren Kabelstrecken das

sog. Crossbonding durchgeführt. Dabei werden die Kabelstrecken in der Regel in drei

bzw. Vielfache von drei jeweils möglichst gleich lange Abschnitte unterteilt und die Mäntel

der drei Phasen zyklisch ausgekreuzt (s. Abbildung 6). Die nun in die einzelnen Schleifen

induzierten Spannungen addieren sich im Idealfall auf der Länge zwischen den

Erdungspunkten zu Null, so dass trotz starrer Erdung der Schirme an den Enden kein

Induktionsstrom auf den Kabelmänteln fließt.

Abbildung 6: Auskreuzen der Kabelschirme, schematische Darstellung

10 Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen

Neben dieser klassischen Art des Crossbonding sind weitere Auskreuzmethoden mit

Vorteilen bei den im Fehlerfall zu erwartenden transienten Überspannungen möglich

[Che05]. Beim modifizierten Crossbonding [ANS575] wird die Kabelstrecke nicht in drei

gleiche Teilstücke mit zwei Crossbonding-Muffen aufgeteilt, sondern in vier

Kabelsektionen mit drei Crossbonding-Muffen, wobei hier zwei der vier Teillängen

zusammen genauso lang sind, wie die jeweiligen übrigen Segmente (s. Abbildung 7).

Abbildung 7: Modifiziertes CB Typ 1 nach ANSI/IEEE Std. 575, mit L1 + L2 = L

Optimale Kompensationsergebnisse werden beim Crossbonding mit Transposition der

Leiter (s. Abbildung 8) erzielt [Bro73]. Dieses Verfahren ist jedoch u. a. wegen des hohen

Installationsaufwandes und der thermischen Probleme an den Überkreuzungsstellen der

Kabel (Bildung von Hotspots) nicht üblich.

Abbildung 8: Crossbonding mit Transposition der Leiter

Anmerkung: Eine IEC-Norm zum Crossbonding entsprechend der zitierten ANSI/IEEE-

Norm ist zurzeit nicht vorgesehen. Für den europäischen Raum existieren lediglich

Empfehlungen der CIGRE [Ele81], [Ele90], sowie eine Arbeitsgruppe „Special bonding of

HV cables“ [Ele05].

Zur Verbindung der in der Muffe unterbrochenen Kabelschirme mit der Crossbonding-Box

(s. auch Abbildung 57 auf Seite 68) kommen neben einfachen (Zweidraht-) Leitungen

Grundlagen zu Aufbau und Betrieb von Energiekabelanlagen 11

auch spezielle Mittelspannungskabel (s. Abbildung 9) zum Einsatz. Diese

Mittelspannungskabel unterscheiden sich von den gängigen Verteilungskabeln der

Energieversorgung durch einen deutlich vergrößerten Schirmquerschnitt. Im

symmetrischen dreiphasigen Betrieb ist der Schirm von Energiekabeln nicht vom

Laststrom durchflossen und dient lediglich zum Führen von Fehlerströmen und zum

Schutz bei mechanischen Beanspruchungen. Bei den Crossbonding-Kabeln muss der

Schirm (wie auch der Leiter) jedoch betriebsmäßig den Crossbonding-Strom tragen

können und ist daher als zweilagiger Drahtschirm größeren Querschnittes ausgelegt. Aus

Stabilitätsgründen sind diese zwei Lagen im Gegenschlag gewickelt.

Abbildung 9: Schematischer Aufbau eines CB-Zuleitungskabels

1: Innerer Leiter, 2: Innere LS, 3: VPE-Isolierung, 4: Äußere LS, 5: Äußerer Leiter, 6: Polster, 7: PE-Außenmantel, 8: Extrudierte leitfähige Hülle

12 Stand der Technik bei der TE-Messung

4 Stand der Technik bei der TE-Messung

4.1 TE-Messsysteme

Um TE-Impulse messen und beurteilen zu können, müssen diese aus dem Prüfling

ausgekoppelt und einem geeigneten Auswertesystem zur Signalaufbereitung,

Signalverarbeitung und zur Visualisierung bzw. Datensicherung zugeführt werden. Auf

dem Markt sind zu diesem Zweck verschiedene TE-Messsysteme unterschiedlicher

Hersteller verfügbar, die in der Regel einkanalige TE-Messungen in z. T. vordefinierten

festen Frequenzbändern erlauben. Diese Messsysteme sind jedoch überwiegend für den

Prüffeldeinsatz optimiert und ermöglichen u. A. keine ausreichende Flexibilität, um z. B.

unter Vor-Ort-Bedingungen temporär auftretenden frequenzstarren Störern durch Variation

der Messfrequenz oder Messbandbreite geeignet ausweichen zu können. Empfindliche

TE-Messungen vor Ort sind damit in der Regel nicht möglich. Ebenso sind diese Systeme

für zeitgleiche TE-Messungen an verschiedenen Auskoppelstellen ungeeignet, da bei

ihnen i. A. lediglich ein einzelner Messkanal zur Verfügung steht, der Teilentladungen an

mehreren Messstellen nur zeitlich nacheinander (unter Verwendung eines

Messumstellers) erfassen kann. Bei langen Hochspannungs-Kabelstrecken z. B. ist jedoch

gerade eine synchrone TE-Messung aller unter Prüfspannung stehender Garnituren zur

Reduzierung der Messzeit, aber vor allem auch zur Minimierung des Risikos eines sonst

nicht zu beobachtenden ungewollten Ausfalles dringend notwendig.

Im Rahmen dieser Forschungsarbeit bestand die Möglichkeit, ein neuartiges digitales

Mehrstellen-TE-Messsystem bereits im Prototyp-Stadium mit zu erproben, an der

Fortentwicklung z. B. der Auswertverfahren mitzuarbeiten und die Eigenschaften des fertig

gestellten Gerätes schließlich vor Ort zu untersuchen. Dieses Messsystem erlaubt einen

nahezu freien Zugriff auf alle Frequenzparameter und damit eine optimale Anpassung an

die gestörte Vor-Ort-Umgebung. Durch ein modulares Systemkonzept mit mehreren

synchron arbeitenden autonomen TE-Erfassungseinheiten ist zudem die neue

Möglichkeiten bietende zeitgleiche Mehrstellen-TE-Messung möglich (s. Kapitel 8). Dieses

Messsystem wird in Kapitel 5.1 detailliert beschrieben. Die oben angesprochenen

konventionellen TE-Messsysteme kamen daher im Rahmen dieser Arbeit nicht zum

Einsatz und werden an dieser Stelle nicht näher betrachtet. Ihre ausführliche

Beschreibung kann der Literatur entnommen werden [Hae04] [PDS04] [LDI05].

Stand der Technik bei der TE-Messung 13

Unabhängig vom verwendeten TE-Messsystem kommt der Auskopplung der TE-Impulse

aus dem Prüfling eine entscheidende Rolle zu. Zu diesem Zweck sind verschiedene

sensorische Konzepte bzw. Messverfahren etabliert, die z. T. bereits für bestimmte

Betriebsmittel optimiert bzw. spezialisiert sind (z. B. integrierte kapazitive Sensoren zur

TE-Messung an Muffen). Im Folgenden soll daher ein Überblick über die gängigen

Auskoppelverfahren an Hochspannungs-Kabelanlagen gegeben werden.

4.2 Konventionelle TE-Auskopplung

Nach der IEC 60270 (High-voltage test techniques – Partial discharge measurement)

erfolgt die Messung von Teilentladungen am Kabelende. Die Auskopplung der TE-Impulse

erfolgt dabei über eine Messimpedanz Zmi (Auskoppelvierpol CD), die den durch den

lokalen Isolationszusammenbruch im Prüfling verursachten impulsartigen Nachladestrom

[Cri89] des parallel zum Prüfling angeschlossenen Koppelkondensators CK in ein

ladungsäquivalentes Spannungssignal konvertiert. Dieses Spannungssignal wird dann von

einem TE-Messsystem erfasst und verarbeitet.

4.2.1 Messkreise

Mehrere Arten der Verschaltung von Prüfling (Ca), Koppelkondensator (Ck) und

Messimpedanz (Zmi, CD) sind möglich [IEC 60270]. Abbildung 10 zeigt den Messaufbau

bei geerdetem Koppelkondensator CK.

Abbildung 10: Messaufbau bei geerdetem Koppelkondensator CK (Sperrimpedanz Z, Prüfling Ca, Messimpedanz Zmi, Auskoppeleinheit CD, Messleitung CC, Messinstrument MI)

In diesem Fall liegt der Prüfling mit der Messimpedanz Zmi in Serie, was bei Prüflingen mit

kleinem Kapazitätswert zu einer guten Messempfindlichkeit führt. Bei einem Durchschlag

des Prüflings liegt allerdings die volle Prüfspannung an der Messimpedanz Zmi an, so dass

14 Stand der Technik bei der TE-Messung

die nachgelagerte Messtechnik durch entsprechende Überspannungsschutzeinrichtungen

abgesichert werden sollte.

Da bei den meisten Hochspannungsprüflingen eine isolierte Aufstellung oder eine

Auftrennung der Erdverbindung nicht möglich ist, muss die Messimpedanz Zmi in der

Regel in den Erdzweig des Koppelkondensators CK eingebracht werden. Hierzu muss

dieser isoliert aufgestellt werden, die Erdverbindung des Prüflings bleibt bestehen.

Abbildung 11 zeigt diese Anschlussvariante.

Abbildung 11: TE-Aufbau mit Prüfling auf Erdpotenzial

Die erreichbare Empfindlichkeit bei beiden genannten Varianten der TE-Messung wird

dabei in großem Maße von der Größe des verfügbaren Koppelkondensators CK, bzw.

durch das Verhältnis von CK zur Prüflingskapazität Ca bestimmt. Die messbare Ladung qm

eines TE-Impulses berechnet sich dabei aus der scheinbaren Ladung nach Gleichung 1.

ak

ksm CC

Cqq+

⋅= Gleichung 1

Abbildung 12 verdeutlich den Zusammenhang grafisch.

Stand der Technik bei der TE-Messung 15

0,0

0 ,2

0 ,4

0 ,6

0 ,8

1 ,0

0 ,001 0,01 0,1 1 10 100 1000

C k / C a

qm

/ q

s

Abbildung 12: Einfluss von Koppelkondensator CK und Kapazität des Prüflings Ca auf qm

Kabelanlagen stellen aufgrund ihrer großen Länge eine enorme kapazitive Last dar (z. B.

400-kV-VPE-Diagonale Berlin: ca. 11,5 km, ca. 2,2 µF; London 400-kV-VPE: 20 km,

4,4 µF; Augsburg 110-kV-VPE: ca. 3,8 km, ca. 700 nF). Mit den gängigen verfügbaren

Kapazitätswerten von vor-Ort-tauglichen Koppelkondensatoren für die geforderten

Spannungsebenen würde sich dadurch zwangsläufig eine erhebliche Reduzierung der

Messempfindlichkeit ergeben. Eine TE-Messung mit Koppelkondensator ist damit nicht

sinnvoll. Als Alternative ist bei einphasigen TE-Messungen an Kabelanlagen die

Verwendung einer Nachbarphase (oder beider Nachbarphasen, vgl. [Pla03]) als

Koppelkondensator möglich. An dieser Stelle wird die Forderung nach TE-Freiheit des

Koppelkondensators zu Gunsten einer deutlich erhöhten Messempfindlichkeit aufgegeben.

Bei auftretenden TE-Signalen kann durch den Vergleich der Messergebnisse aller drei

Phasen jedoch eindeutig geklärt werden, welche der Phasen TE-behaftet ist.

Eine weitere Variation bei der zeitgleichen Messung von zwei Phasen eines Kabelsystems

ist die Auskopplung von TE-Signalen über eine Brückenschaltung (s. Abbildung 13), die

ein hohes Maß an Gleichtaktunterdrückung ermöglicht.

16 Stand der Technik bei der TE-Messung

Abbildung 13: Brückenschaltung aus zwei gleichartigen Prüfobjekten bzw. Kabeln

Dieses Messprinzip basiert auf der Annahme, dass die messbaren Signale von

auftretenden TE-Fehlern aus dem Prüfling zeitlich nicht zu Impulsen aus der als

Koppelkondensator fungierenden Nachbarphase korreliert sind, wo hingegen Störimpulse

(hauptsächlich an den Kabelenden eingekoppelte Koronastörer von parallelen unter

Spannung stehenden Systemen) durch beide an der Messung beteiligte Phasen laufen

und zeitgleich (und polaritätsgleich) am Messort auftreten. Durch die Verwendung eines

Ferritübertragers bei der TE-Auskopplung können diese Gleichtaktstörer wirkungsvoll

unterdrückt werden. Bei diesem Messverfahren wird vorausgesetzt, dass die

Prüfspannungsquelle vor Ort ausreichend Leistung für mehrere Phasen bereitstellen kann.

4.2.2 Messimpedanz

Die Messimpedanz ist in der Regel als passiver analoger Bandpassfilter aufgebaut. Tiefe

Frequenzanteile, vornehmlich der Bereich in der Nähe der Prüf- bzw. Betriebsfrequenz,

werden zum Schutz der angeschlossenen Messtechnik hochgradig unterdrückt. In einem

breiten ungedämpften Bereich (<1 MHz) erfolgt dann die Auskopplung der TE-Impulse. In

diesem Auskoppelbereich können zusätzlich fest integrierte weitere Filter (Bandsperren)

vorgesehen sein, die bekannte schmalbandige frequenzstarre Störer, vornehmlich

amplitudenmodulierte Rundfunksender, unterdrücken. Hier ist darauf zu achten, dass sich

durch die Reduzierung des nutzbaren Frequenzspektrums folglich auch die auskoppelbare

Energie des TE-Impulses reduziert. Bei mobilen TE-Messsystemen ist zudem davon

auszugehen, dass durch regionale Unterschiede bei den terrestrischen Sendefrequenzen

fest implementierte Bandsperren nicht sinnvoll sind. Hier kann die Unterdrückung dieser

Störer durch programmierbare Filter auf der Softwareseite des TE-Messsystems, z. B.

durch adaptive Filteralgorithmen, erfolgen.

Stand der Technik bei der TE-Messung 17

Ein weiterer Zweck der Bandpassfilterung in der Messimpedanz ist eine Quasiintegration

des Messsignals im Zeitbereich zur Ermittlung der Impulsladung. Dabei berechnet sich

nach Fourier die spektrale Energie eines beliebigen Stromimpulses nach Gleichung 2:

∫+∞

∞−

− ⋅⋅= dtetijF tjωω )()( Gleichung 2

Bekanntlich ist das Stromintegral über die Zeit die gesuchte Impulsladung q

(s. Gleichung 3).

∫+∞

⋅=0

)( dttiq o Gleichung 3

Rechnerisch entspricht also der spektrale Signalanteil bei Gleichspannung (f = 0 Hz) dem

gesuchten Ladungswert q. Da jedoch, wie oben beschrieben, Frequenzen im Bereich der

Prüfspannung (und darunter) bei der Auskopplung unterdrückt werden, steht dieser

Frequenzanteil zur weiteren Auswertung nicht zur Verfügung. Unter der Annahme, dass

der Verlauf des Frequenzspektrums bis hin zu einer charakteristischen Grenzfrequenz fG

nahezu konstant verläuft, ist eine korrekte Ladungsbestimmung auch durch eine

Bandpassmessung im Bereich dieser konstanten Amplitude des Frequenzspektrums eines

TE-Impulses oberhalb von 0 Hz möglich. Die schmalbandige Bandpassmessung

ermöglicht zudem bei Kenntnis des aktuellen Störspektrums der Umgebung die gezielte

Auswahl eines Frequenzbereiches zur TE-Messung, der weitgehend frei von

frequenzstarren Störern ist.

4.3 Nichtkonventionelle Feldkopplung

Wie bereits im vorherigen Kapitel beschrieben, führt die klassische Auskopplung von TE-

Impulsen an den Kabelenden mittels Koppelkondensator und Messimpedanz oft nicht zu

den geforderten Messempfindlichkeiten von einigen Picocoulomb (pC). Eine Alternative zu

dieser klassischen galvanischen Auskopplung stellt die TE-Detektion mittels Feldkopplung

dar. Bei diesem Verfahren werden durch geeignete Feldsensoren die von TE-Impulsen

18 Stand der Technik bei der TE-Messung

erzeugten elektrischen und magnetischen Feldkomponenten erfasst und in messbare

Spannungssignale umgewandelt [Tia02] [Pla02] [Wie03b].

Feldsensoren arbeiten im Allgemeinen in einem Frequenzbereich oberhalb von 1 MHz und

sind daher nicht IEC-konform. Zudem gelten sie als im klassischen Sinne nicht kalibrierbar

(Ausgangssignal in mV statt in pC). Durch eine Vielzahl von erfolgreichen Messungen,

gerade auch unter gestörten Vor-Ort-Bedingungen, konnten sich diese Sensoren jedoch

bereits bewähren. In kommenden Normen bzw. Normanpassungen werden Feldsensoren

und deren Kalibrierung [Wan05] daher Berücksichtigung finden, jedoch noch nicht in der

aktuellen Neugestaltung der IEC 60060-3 zur Normierung der Vor-Ort-Prüf- und

Messtechnik [IEC60060]. Des Weiteren ist es im Prüfbetrieb für

Hochspannungskabelanlagen üblich, dass Absprachen zwischen Kunde und Prüfern

gültige Normen ergänzen bzw. ersetzen [Küc05]. Der Einsatz von Feldsensoren ist bereits

heute üblich und in vielen Fällen die einzig sinnvolle Methode zur Signalerfassung bei TE-

Messungen ausgedehnter Kabelanlagen.

Als sinnvoller Einbauort für Feldsensoren ist der Bereich um die Kabelgarnituren zu

nennen. Zum einen kann der Feldsensor bei der Garniturenmontage vor Ort mit geringem

zusätzlichem Arbeitsaufwand implementiert werden. Oft ist sogar die Integration von

Feldsensoren in Garnituren schon bei deren Herstellung im Werk möglich, so dass vor Ort

keine zusätzlichen Arbeitsschritte notwendig werden. Zum anderen ist der Sensor mit

seiner Anbringung in direkter Nähe zur Garnitur nahe der potenziellen TE-Fehlstelle

platziert, da das Hochspannungskabel (VPE) schon im Kabelwerk auf TE-Freiheit

untersucht worden ist, so dass in der Regel nur Komponenten, die vor Ort montiert werden

(Muffen und Endverschlüsse), als TE-Fehlstellen in Frage kommen.

Ein weiterer positiver Effekt bei der TE-Auskopplung mittels Feldsensoren ist die

störunterdrückende Wirkung des Prüflings selbst [Bog92]. Aufgrund der großen

Kabelkapazität wirkt der Prüfling als Tiefpassfilter und dämpft damit im relevanten

Frequenzbereich größer 1 MHz externe Störimpulse soweit, dass diese von den

Feldsensoren im Bereich der Muffen nur noch mit stark reduzierter Amplitude erfasst

werden können. Der Überwachungsbereich der Feldsensoren kann so auf die nahe

Umgebung der Garnituren beschränkt werden.

Stand der Technik bei der TE-Messung 19

4.3.1 Kapazitive Sensoren

Die Erfassung der elektrischen Feldkomponente eines TE-Impulses erfolgt durch

kapazitive Sensoren [Hei03], [Pla02]. Dabei kann die Sensorelektrode als leitfähiger

Streifen in Form eines Zylindermantels um die Kabelader realisiert werden (CCS, Coaxial

Cable Sensor, s. Abbildung 14). Die Sensorelektrode wirkt dabei zusammen mit dem

äußeren Kabelschirm als Kapazität. Es entsteht ein kapazitiver Spannungsteiler aus Kabel

und Sensor, der die Auskopplung von impulsartigen Signalen aus dem Energiekabel bzw.

der Garnitur ermöglicht [Hen96] [Che00].

Diese Ausführungsart des kapazitiven Sensors muss vor Ort montiert werden.

Infolgedessen müssen auch der geöffnete Kabelschirm und der schützende Kabelmantel

nach der Sensormontage wieder hergestellt und deren ordnungsgemäßer Zustand

nachgewiesen werden. Als zusätzliche Schwachstelle ist auch die Messleitung zu nennen,

die das Sensorpotenzial zur Messung aus dem Kabel nach außen führt. Diese durchstößt

zwangsläufig den Kabelmantel und muss daher gegen möglichen Wassereintritt

ausreichend geschützt werden.

Konstruktiv ausgereifter sind kapazitive Feldsensoren, die schon bei der Herstellung der

Garnituren direkt in diese implementiert wurden. Hier können die vorhandenen

feldsteuernden Deflektoren als kapazitive Sensorfläche genutzt werden [Gro99]. Dabei

wird der halbleitende und damit frequenzabhängige Charakter des Deflektorwerkstoffes

ausgenutzt. Während der Deflektor für die betriebsfrequenten Felder die feldsteuernde

Funktion innerhalb der Muffenkonstruktion übernimmt, können durch TE verursachte

hochfrequente Felder an diesem über einen Shuntwiderstand zur messtechnischen

Erfassung abgegriffen werden.

a) Koaxialer Kabelsensor (CCS) b) Deflektor als Sensorelektrode (schematisch)

Abbildung 14: Ausführungsformen kapazitiver Sensoren

20 Stand der Technik bei der TE-Messung

Da in den meisten Fällen lediglich ein einzelner kapazitiver Sensor je Muffe realisiert wird,

ist eine genaue Ortung eines TE-Fehlers durch Laufzeitauswertungen innerhalb der Muffe

nicht möglich. Eine cm-genaue Fehlerortung ist auch aufgrund der auf ca. 20 MHz

limitierten oberen Grenzfrequenz des Sensors selbst bei zwei Sensoren nur sehr

eingeschränkt möglich. Da jedoch bei Hoch- und Höchstspannungskabeln davon

ausgegangen werden kann, dass TE-Fehler lediglich in den erst vor Ort montierten Muffen

und Endverschlüssen auftreten, ist unter Verwendung des in Kapitel 5.1 beschriebenen

synchronen Mehrstellen-TE-Messsystems eine eindeutige Zuordnung von TE-Signalen zur

jeweiligen fehlerbehafteten Garnitur mit einer, in Kapitel 8.1.3 vorgestellten, an allen

Muffen gleichzeitigen, hochpräzisen Messung der Absolutzeit der TE-Signale möglich.

Bei dem für kapazitive Sensoren typischen Frequenzbereich von ca. 2 MHz bis 20 MHz

werden hochfrequente Impulse bei ihrer Ausbreitung im Kabel bereits so stark gedämpft,

dass die Abnahme der Impulsamplituten vom Entstehungs- zum Messort sowie die

Impulsverformung [Ben05] i. A. eine klare Unterscheidung des Impulsursprungs

ermöglichen (s. Abbildung 15).

Abbildung 15: Signaldämpfung in Abhängigkeit vom Messort (schematisch)

So können z. B. auch Koronastörer eindeutig von TE aus der Muffe unterschieden werden.

Unabhängig davon ermöglicht die hochpräzise Erfassung der Absolutzeit die Feststellung

der Richtung der Impulsausbreitung und damit ebenfalls eine sichere Unterscheidung des

Impulsursprungs.

Aus den oben genannten Gründen ist es jedoch nicht möglich, den kapazitiven Sensor

durch eine Einspeisung einer Referenzladung am zugänglichen Kabelende vor Ort zu

Stand der Technik bei der TE-Messung 21

kalibrieren [Azc05]. Der Kalibrierimpuls müsste das Kabel mehrere 100 Meter bis hin zum

Sensor in der ersten Muffe durchlaufen und wäre dort stark gedämpft. Die für eine

quantitative TE-Auswertung erforderliche Kalibrierung muss deshalb an einer zusätzlich

aufgebauten Muffe mit kurzen Kabeln im Labor stattfinden. Die Empfindlichkeit des

Sensors ist dabei ausschließlich vom System Kabel-Muffe abhängig (z. B. Geometrie,

Leitfähigkeit der Leitschicht). Bei zwei vorhandenen baugleichen Sensoren an einer Muffe

ist zudem eine Kreuzkalibrierung denkbar [Wan05]. Hier fungiert einer der Sensoren als

Kondensator zur Einspeisung des Kalibriersignals, während der andere Sensor als

Auskoppelkondensator dient. Nach Gleichung 4 entspricht aufgrund der Symmetrie der

Sensoren der halbe Wert der ermittelten Koppeldämpfung dem Dämpfungswert X eines

einzelnen Sensors.

out

in

UUdBX log20][2 ⋅=⋅ Gleichung 4

Auch auftretende Signalverluste durch Teilreflexionen innerhalb der Muffenkonstruktion

müssen dabei berücksichtigt werden.

4.3.2 Richtkopplersensoren

Ein Richtkoppler ist ein aus der Nachrichtentechnik bekanntes Bauelement [Mei86], mit

dem sich vor- und rücklaufende Signale getrennt auskoppeln lassen. Das Koppelverhalten

von Richtkopplersensoren beruht auf einer Überlagerung von induktiver und kapazitiver

Kopplung. Dadurch können Richtkopplersensoren in einem weiten Bereich abgestimmt

werden, d.h., es wird das Verhältnis von induktiver und kapazitiver Kopplung eingestellt.

Bei einem idealen Richtkoppler sind induktive und kapazitive Kopplung exakt gleich groß.

Abbildung 16 zeigt das Prinzip der konstruktiven und destruktiven Signalüberlagerung.

22 Stand der Technik bei der TE-Messung

Abbildung 16: Funktionsprinzip des RKS

Ein Signal auf Leitung 1 (in Abbildung 16 dargestellt durch den gerichteten Strompfeil I,

grün) hat auf Leitung 2 sowohl eine gleichtaktförmige induktive Koppelkomponente (IM,

blau), wie auch eine gegentaktförmige kapazitive Koppelkomponente (IC, rot) zur Folge,

die sich jeweils an den beiden Messwiderständen überlagern und zu den beschriebenen

Ausgangssignalen führen [Ret99].

Der Richtkopplersensor zeichnet sich durch eine eindeutige Anzeige der

Impulsherkunftsrichtung aus. Ein auf den Richtkopplersensor treffendes Signal ist jeweils

an der der Herkunftsrichtung zugewandten Seite der Richtkopplerausgänge (Koppelpfad)

messbar (konstruktive Superposition der induktiven und kapazitiven Signalkomponente),

während am anderen Ausgang (Sperrpfad) idealer Weise kein Ausgangssignal erscheint

(destruktive Superposition). Bei idealen Richtkopplern kommt es zu einer vollständigen

Auslöschung der Signale im Sperrpfad. In der Praxis erreichen reale Richtkopplersensoren

ein Koppelverhältnis (Signalverhältnis Sperrpfad zu Koppelpfad) in der Größenordnung

1:10. Bis hinunter zu einem Signalverhältnis von 1:2 ist eine gesicherte Aussage über die

Herkunftsrichtung der TE-Signale jedoch meist unproblematisch.

Die Richtkopplersensoren werden üblicherweise innerhalb des Muffengehäuses direkt auf

die hiervon nicht beeinflusste äußere Leitschicht des Kabels montiert. Abbildung 17 zeigt

die Ausführungsvariante einer Muffe in Aufschiebetechnik mit zwei Richtkopplersensoren.

Alternativ ist auch eine Montage außerhalb des Muffengehäuses möglich, was vor allem

bei der Nachrüstung von TE-Sensoren vorteilhaft ist.

Stand der Technik bei der TE-Messung 23

Abbildung 17: 400-kV-Aufschiebemuffe mit Richtkopplersensoren innerhalb des Muffengehäuses

Durch logische Verknüpfung der vier Ausgangssignale der beiden Richtkopplersensoren

an einer Muffe ist eine eindeutige Klassifizierung der Signale in „von links kommend“, „von

rechts kommend“ und „TE aus der Muffe“ möglich [Pom97]. Für maximale

Entscheidungssicherheit, d. h. großes Richtverhältnis, sollte der Richtkopplersensor für

jedes Kabel einmalig in seiner Geometrie speziell abgeglichen werden, da die

mechanischen und elektrischen Eigenschaften des Kabels, z. B. die Dicke der Isolierung

und die Leitfähigkeit der Leitschichten, in das Richtverhältnis eingehen [Hei01].

4.3.2.1 Induktive Richtkopplersensoren

Bei induktiv abgestimmten Richtkopplersensoren überwiegt induktive Kopplung [Hei03b].

Die Impulslaufrichtung wird beim induktiv abgestimmten Richtkoppler im Gegensatz zum

bisher betrachteten Richtkopplersensor über die Polarität der Ausgangssignale zweier

Sensoren bestimmt. Externe Störungen werden mit entgegengesetzter Polarität

ausgekoppelt. Signale mit dem Entstehungsort zwischen den beiden Sensoren, z. B. TE

aus der Muffe, werden dagegen mit gleicher Polarität ausgekoppelt und sind somit

eindeutig erkennbar (s. Abbildung 18).

24 Stand der Technik bei der TE-Messung

a) TE aus der Muffe b) Externer Störimpuls

Abbildung 18: Ausgangssignale induktiv abgestimmter Richtkopplersensoren

Die Funktionsweise der induktiv abgestimmten Richtkopplersensoren leitet sich aus dem

Grundprinzip eines Richtkopplers ab, bei dem die kapazitive Kopplung fehlt. Der Sensor

und der Innenleiter des Hochspannungskabels bilden ein System von zwei verkoppelten

Leitungen, die eine gemeinsame Induktivität MK besitzen. Der induktiv abgestimmte

Richtkopplersensor hat nur ein Ausgangssignal pro Sensor. Der bei den

Richtkopplersensoren notwendige zweite Ausgang entfällt, da er eine redundante

Information enthält. Zur Überwachung einer Muffe wird je ein Sensor links und rechts der

Muffe montiert.

Besonders vorteilhaft an induktiven Richtkopplersensoren ist, dass sie im Gegensatz zu

„normalen“ Richtkopplersensoren nicht für jedes Kabel in ihrer Geometrie speziell

abgestimmt werden müssen, und dass die Auswerteelektronik nur zwei Signale an einer

Muffe auswerten muss. Zudem kann die erforderliche Bandbreite der Auswerteelektronik –

abhängig von der geforderten Empfindlichkeit, die bei voller Bandbreite wie bei

Richtkopplern ist – deutlich reduziert werden, ohne dass die Entscheidungssicherheit über

die TE-Herkunft, d.h. TE aus der Muffe oder von extern, beeinflusst wird. Demgegenüber

steht der für die praktische Anwendung in vielen Fällen vertretbare Nachteil, dass mit dem

induktiven Richtkopplersensor die Herkunftsrichtung von externen Störsignalen nicht mehr

differenziert werden kann.

Stand der Technik bei der TE-Messung 25

4.3.3 Induktive Sensoren

Induktive Sensoren nutzen die magnetische Feldkomponente eines TE-Impulses [Xin04]

und können außen über dem Mantel des Energiekabels montiert werden. Durch geeignete

Schirmmaßnahmen ist dabei sicherzustellen, dass keine elektrischen Feldkomponenten

das Messsignal überlagern. Eine verbreitete Ausführungsform eines induktiven Sensors ist

die Rogowskispule. die aufgrund ihrer regelmäßigen geometrischen Eigenschaften und

der Abschirmung gegenüber den elektrischen Feldkomponenten zur Auskopplung von TE-

Impulsen an Energiekabeln vorteilhaft ist [Rog12] [Koh85] [Ber87] [Sch94].

Abbildung 19: Prinzip Rogowskispule [Wie05]

Rogowskispulen zeichnen sich durch eine große Messbandbreite und durch einen breiten

linearen Übertragungsbereich aus [Ray00]. Aufgrund der Verwendung von ausgedehnten

Leitungselementen als Sekundärwicklung des zusammen mit dem Hauptstrompfad

entstehenden Transformators müssen bei der Verwendung dieser Sensoren jedoch u. U.

Wanderwelleneffekte berücksichtigt werden [Bel85].

4.4 Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass nach dem aktuellen Stand der Technik eine

Vielzahl von unterschiedlichen Sensoren zur TE-Auskopplung verfügbar ist, die in

Kombination mit speziellen Messverfahren und konventionellen TE-Messsystemen für

kommerzielle Messaufgaben eingesetzt werden können. Diese Sensoren und Verfahren

decken dabei aber nicht alle denkbaren und auftretenden Einsatzfelder in ausreichender

Weise ab, so dass oft bzw. für spezielle Messsituationen die hohe geforderte

Kurzschluss Leiter Schirmunterbrechung

Messanschluss

26 Stand der Technik bei der TE-Messung

Messempfindlichkeit vor Ort nicht erreicht werden kann. So sind zwar z. B. in Muffen

integrierte Feldsensoren (kapazitive Sensoren oder Richtkopplersensoren) optimal zur

empfindlichen TE-Auskopplung und Beurteilung dieser Garnituren geeignet. Fehlen jedoch

diese Sensoren (bei älteren Kabelanlagen oder bewusstem Verzicht bei der Planung), ist

eine Nachrüstung oft nicht möglich oder zu aufwändig. Sensorlose Muffen, aber auch

verschiedene Arten von Kabeleinführungs-Endverschlüssen, sind somit nach aktuellem

Stand der Technik nicht ausreichend empfindlich auf ihre TE-Freiheit hin zu untersuchen.

Hier müssen daher neue und alternative Auskoppelverfahren und Sensoren bzw.

neuartige Messtechniken (Mehrstellen-TE-Messung) zum Einsatz kommen, deren Eignung

zur empfindlichen TE-Auskopplung und TE-Messung im Folgenden (s. Kapitel 6: Neue

Auskoppelverfahren und Sensoren) detailliert beschrieben wird.

Versuchstechnik zur TE-Messung 27

5 Versuchstechnik zur TE-Messung

5.1 Beschreibung des verwendeten TE-Messsystems

Für die Durchführung der TE-Messungen wurde ein neuartiges digitales Mehrstellen-TE-

Messsystem verwendet, welches dem systemkundigen Benutzer den Zugriff auf eine

Vielzahl von Programmparametern und gespeicherten Daten erlaubt und somit auch

weiterführende und über den Standardbetrieb hinausgehende wissenschaftliche

Untersuchungen ermöglicht. Im Rahmen dieser Arbeit bestand die Möglichkeit, bereits am

Prototyp dieses Gerätes die Eignung und Möglichkeiten der digitalen Messdatenerfassung

und komplexen Nachbereitung zu erproben und z. B. an der Entwicklung neuer

Auswerteverfahren mitzuarbeiten. Aufgrund der in dieser Arbeit durchgeführten TE-

Messungen konnte das Messsystem zudem entscheidend verbessert werden, z. B. bei der

Systemgenauigkeit der Absolutzeiterfassung von TE-Impulsen. Somit kann z. B. eine

hochpräzise TE-Fehlerortung an Hochspannungskabeln auch mit räumlich verteilter

Sensorik durchgeführt werden.

Abbildung 20: Komponenten des digitalen Mehrstellen-TE-Messsystems MPD 540

(v.l.n.r.: TE-Erfassungseinheit, Akku zum potenzialfreien Betrieb, LWL zur potenzialfreien Kommunikation, USB-Controller, Notebook)

Das PC-gestützte System (Fa. mtronix, aktuelles System: MPD 540 [Mtr04], s. Abbildung

20) besteht aus i. A. mehreren autonom arbeitenden, batteriebetriebenen

Erfassungseinheiten, die die messbaren elektrischen Signale (Teilentladungen und

Prüfspannung) erfassen, vorverarbeiten und zur potenzialfreien Übertragung optisch

umsetzen. Alle Erfassungseinheiten arbeiten dabei streng synchron, was eine Nutzung

28 Versuchstechnik zur TE-Messung

dieses Systems (im Gegensatz zu Multiplex-Systemen) für eine streng synchrone

Mehrstellen-TE-Messung qualifiziert. Die Einbindung dieser Messsysteme in ein

neuartiges komplexes Mehrstellen-Messverfahren ist auch Gegenstand dieser Arbeit und

wird u. a. in Kapitel 8 (TE-Ortung durch verteilte Sensorik) beschrieben.

Die TE-Signale werden mit einer Abtastrate von 64 MS/s und einer Quantisierung von

14 Bit digitalisiert. Durch die nahezu freie Wahl eines Filterbandes (digitaler Bandpass)

kann zur TE-Messung ein spektraler Bereich gewählt werden, der unter den jeweils auch

veränderlichen Vor-Ort-Bedingungen den günstigsten Signal-Rausch-Abstand (SNR) und

die beste Messempfindlichkeit erzielt. Unabhängig vom Signalpfad durch das Messfilter

wird zur visuellen Unterstützung zyklisch wiederholt eine Fourieranalyse (FFT) der

Eingangssignale mit der vollen zur Verfügung stehenden analogen Bandbreite von

20 MHz durchgeführt und dargestellt (s. Abbildung 21).

Abbildung 21: Blockschaltbild einer Erfassungseinheit des MPD 540

Nach einer Signalübertragung über LWL übernimmt ein USB-Controller am Messrechner

die notwendige optisch-elektrische Umsetzung der gewonnenen Daten. Die Online-

Visualisierung der TE-Daten erfolgt für alle verwendeten Erfassungseinheiten am PC in

Form von phasenaufgelösten Häufigkeitsdiagrammen der Impulsladung (q-H-φ-Diagramm,

im Folgenden als „Fingerprint“ bezeichnet). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einzelne

TE-Impulse oszillografisch darzustellen und zu vermessen. Speziell für die Fehlerortung in

Energiekabeln steht zusätzlich ein auf Reflektografie basierendes Auswerteverfahren zur

Verfügung. Zur weiteren Störunterdrückung ist eine Ausblendung von Störsignalen durch

Software- und Hardware-Gating möglich.

Versuchstechnik zur TE-Messung 29

Die Prüfspannung kann für jede Erfassungseinheit separat aufgezeichnet und in ihren

Momentanwerten oszillografisch dargestellt werden. Die Digitalisierung mit 24 Bit bei

100 kS/s ist dabei entschieden hochwertiger als bei vergleichbaren verfügbaren

Messsystemen [LDI05] [PDS04] [Hae04] und ermöglicht so die Erfassung kleinster

Schwankungen im Prüfspannungsverlauf, die bei verschiedenen Verfahren der Puls-

Sequenz-Analyse (z. B. Δ U- oder Δ φ-Methode) einen signifikanten Einfluss haben

können [Lap00]. Für eine Protokollierung des Messverlaufes in Form einer Trendkurve

sind zusätzlich der Effektivwert der Prüfspannung und der TE-Pegel über der Zeit grafisch

aufgetragen.

Unabhängig von der Visualisierung können alle gewonnenen Messdaten in Form eines

Daten-Streams digital gespeichert werden. Diese Stream-Datei beinhaltet den

vollständigen Datentransfer aller Erfassungseinheiten zum Messrechner und liefert so ein

vollständiges Abbild der gesamten Messung. Die Stream-Daten können für eine Offline-

Analyse (Replay-Modus) jederzeit wieder dem Messrechner zugeführt werden, um

gegebenenfalls den Schwerpunkt der Auswertung durch eine Variation der einstellbaren

Parameter zu verändern. Die Möglichkeit der Konvertierung des systemeigenen Stream-

Formates in offene Datenformate (MatLab, ASCII) ermöglicht speziell dem

wissenschaftlichen Anwender beliebige Freiheitsgrade in der weiterführenden Offline-

Analyse. An dieser Stelle sei beispielhaft die 3PARD-Visualisierung [Pla02b] genannt, die

für die im Folgenden beschriebenen Messungen im Rahmen dieser Arbeit (s. auch

Kapitel 5.3.2) vom Autor realisiert worden ist und in folgenden Programmversionen als

Online-Darstellung implementiert werden soll (Stand: Juni 2005).

Weitere speziell auf das MPD 540 abgestimmte Zusatzkomponenten sind der

Systemkalibrator MPD 501 und die auf 20 MHz Bandbreite optimierten Messimpedanzen

(Auskoppelvierpole) mit optionalen analogen Bandsperren für starke lokale

Rundfunksender.

Zu Beginn dieser Arbeit kam auch das Vorgängermodell MPD 520 zum Einsatz, welches

dem Institut als Prototyp zur Verfügung stand und prinzipiell eine vergleichbare

Funktionalität zum MPD 540 besitzt.

5.2 Synchronitätstest der TE-Erfassungseinheiten

Im Rahmen der Vorbereitung zu einem Großprojekt mit einer synchronen TE-Messung an

22 Garnituren einer Hochspannungskabelanlage wurde am Institut "Prüffeld für elektrische

30 Versuchstechnik zur TE-Messung

Hochleistungstechnik" GmbH (IPH-Berlin) erstmals ein Systemleistungstest mit

25 synchron arbeitenden Messstationen vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt handelte es

sich um die größte Anzahl jemals synchron messender autonomer Stationen dieses Typs.

Ziel dieses Systemleistungstests war zum einen auf Seiten der Hardware der generelle

Nachweis der Funktionsfähigkeit der entstehenden Messkette, hierbei insbesondere der

Nachweis der gleichzeitigen Impulserfassung aller Messstationen. Zum anderen sollte auf

Seiten der Software die sinnvolle visuelle Einbindung und Darstellung der Messergebnisse

der einzelnen Messstationen sowie die Übersicht über die Gesamtheit der Messdaten

verifiziert werden. Zu diesem Zweck wurden 25 Messstationen über das optische

Kommunikationssystem miteinander vernetzt und mit einem Messrechner verbunden.

Abbildung 22 zeigt den Testaufbau der Messtechnik.

Abbildung 22: 25 Messstationen beim Systemleistungstest

Anmerkung: Abbildung 22 zeigt nicht alle der beteiligten Stationen. Einige der 25 Stationen sind fest in einem räumlich ausgelagerten Prüfaufbau integriert, jedoch über LWL in die Messkette implementiert.

Mittels eines Kalibratorimpulses wurde über kurze koaxiale elektrische Verbindungen in

mehrere Messstationen zeitgleich ein Testsignal eingespeist. Abbildung 23 zeigt den

resultierenden Zeiterfassungsfehler exemplarisch für vier Messstationen der Messkette.

Versuchstechnik zur TE-Messung 31

-2,50

-2,00

-1,50

-1,00

-0,50

0,00

0,50

1,00

1,50

2,00

2,50

Messwert

Zeite

rfas

sung

sfeh

ler [

ns]

Station 2

Station 7

Station 9

Station 18

Abbildung 23: Zeiterfassungsfehler einzelner Messstationen bezogen auf Station 1

Der messtechnisch ermittelte durchschnittlich maximal auftretende Zeiterfassungsfehler

beträgt ca. 2 ns und liegt damit im Bereich der Herstellerangaben [Mtr04]. Zusätzliche

Systemkomponenten mit Einfluss auf die Absolutzeiterfassung, wie z. B. die zur optischen

Kommunikation benötigten Lichtwellenleiter, werden dabei durch interne Kalibriervorgänge

berücksichtigt und kompensiert. Bei dem ermittelten Zeitfehler von maximal 2 ns handelt

es sich um einen systeminternen Zeittakt in der Messhardware, der nicht weiter

kompensiert werden kann. Für den Anwendungsbereich der TE-Fehlerortung an

Energiekabelanlagen ergibt sich so eine theoretisch maximale Ortungsgenauigkeit von ca.

0,3 m (bei vc = 150 m/µs). Bei TE-Messungen vor Ort wurde bei der Verwendung eines

MPD 540 eine praktische Ortungsgenauigkeit von ca. 5 Metern erreicht [Kum05], die damit

immer noch weit über denen vergleichbarer Messsysteme liegt. Die nachgewiesene

nahezu synchrone TE-Erfassung aller beteiligten autonomen Messstationen unterstreicht

zusätzlich die Eignung des verwendeten Messsystems zur Mehrstellen-TE-Messung mit

verteilter Sensorik (s. Kapitel 8: TE-Ortung durch verteilte Sensorik). Im Gegensatz zu

anderen Mehrkanal-TE-Messsystemen (z. B. [Hae04b]) ist so eine präzise TE-

Fehlerortung durch Laufzeitmessungen benachbarter TE-Erfassungseinheiten möglich.

32 Versuchstechnik zur TE-Messung

5.3 Beschreibung der Software

5.3.1 Bediensoftware

Ein wesentlicher Bestandteil des TE-Messsystems MPD 540 ist der Messrechner mit der

zugehörigen Betriebs- und Verarbeitungssoftware. Diese übernimmt die Parametrierung

der autonomen Messstationen und bestimmt damit maßgeblich das Verhalten des

gesamten Messsystems. Als Online-Analysetools stehen die oben beschriebenen

phasenaufgelösten Häufigkeitsdiagramme, Oszillogramme der Einzelimpulse und

Frequenzspektren für jede Messstation zur Verfügung. TE-Ereignisse können als

Wertepaare von Absolutzeit und Impulsladung im MatLab-Format exportiert werden,

ebenso der Zeitverlauf der anliegenden Prüfspannung.

5.3.2 Ergänzende Softwaretools zur komplexen Nachbereitung

Für eine umfangreiche Offline-Analyse können, basierend auf den Export-Daten, beliebige

Auswertealgorithmen zur Anwendung kommen (z. B. [Cav03] [Che01]). Als Grundlage für

eine möglichst umfassende Analyse von TE-Daten wurde im Rahmen dieser Arbeit bereits

für das Basismodell MPD 520 (Vorgängermodell des aktuellen MPD 540) ein Analyse-Tool

in der Entwicklungsumgebung Visual-Basic erstellt, in welchem eine Vielzahl von

bekannten Visualisierungsmöglichkeiten implementiert ist und das zudem in seiner

Funktionalität beliebig erweitert werden kann. Das vom Autor entwickelte Programm stellt

dabei auf der Benutzeroberfläche drei Grafikfenster zur Verfügung, die vom Anwender

beliebig genutzt werden können. Zum einen kann eine bestimmte Art der Visualisierung

auf drei verschiedene Messstationen zur Anwendung kommen. Dies ist z. B. sinnvoll, um

räumlich getrennte Messorte (z. B. Muffen der Phasen L1, L2, L3) miteinander zu

vergleichen. Zum anderen können aber auch verschiedene Analysearten für einen

einzigen Messort verglichen werden, was die eindeutige Klassifizierung eines einzelnen

TE-Fehlers mit mehreren mathematischen Ansätzen erlaubt. Besonders zu erwähnen sind

hier die Möglichkeiten der Impulssequenz-Analyse. Bei dieser Art der Auswertung werden

aufeinander folgende TE-Impulse miteinander in Beziehung gebracht und visualisiert

[Hoo97]. Dieser Ansatz ist eine Grundlage für computergestützte Expertensysteme, die

viele Analyseverfahren koppeln, um Fehlertypen zu klassifizieren.

Abbildung 24 zeigt einen Ausschnitt der Benutzeroberfläche des Analyseprogramms und

beispielhaft verschiedene TE-Muster eines einzelnen TE-Fehlers in der gängigen

Versuchstechnik zur TE-Messung 33

Fingerprint-Darstellung (links), in der ΔU/ΔU+1 -Darstellung (mittig) und in der m/m+1 -

Darstellung (rechts) [Lap00].

Abbildung 24: Anwendung verschiedener Algorithmen der Impulssequenzanalyse auf den selben Satz von TE-Messdaten

Als weitere Zusatzfunktionen beinhaltet das Programm die 3PARD-Auswertung [Pla02b] in

der klassischen Form (Auswertung der Amplitudenverhältnisse von drei Impulsen), sowie

die 3PARD-ähnliche Vektoraddition von drei zeitgleichen TE-Signalen. Zusätzlich zur

Auswertung von drei zeitgleichen Impulsen ist hier auch die Berücksichtigung von nur zwei

zeitgleichen Impulsen realisiert worden. Diese Art der Auswertung nutzt auch Impulstripel,

bei denen einer der drei zur klassischen 3PARD-Darstellung erforderlichen TE-Impulse

nicht mehr aus dem Rauschen zu separieren ist und demnach nicht mehr für eine 3PARD-

Analyse zur Verfügung steht. Die so entstehenden Cluster liefern damit in einer stark

gestörten Messumgebung gegenüber der klassischen 3PARD-Auswertung einen

erheblichen Informationsgewinn. Als grafische Darstellungsart wurden farbkodierte Balken

zwischen den Phasenbezeichnungen im Sterndiagramm gewählt, die eine intuitive

Einordnung in das bestehende 3PARD-Diagramm gewährleisten.

34 Versuchstechnik zur TE-Messung

Abbildung 25: 3PARD-Visualisierung mit Zusatzfunktionen

Abbildung 25 zeigt anhand einer nicht näher beschriebenen Beispielmessung, dass in

diesem Fall nur 48 % aller aufgezeichneten Impulse als Tripel in die 3PARD-Analyse

eingehen, also in allen drei Phasen messbar sind. Zusätzlich gibt es mit einem Anteil von

17 % der verbleibenden tripelbereinigten Messdaten weitere Impulspaare der Phasen S

und T, die nicht in 3PARD visualisiert werden können, sondern die mit ihrer

Häufigkeitsverteilung als gesonderter Streifen unterhalb des 3PARD-Diagramms

dargestellt sind.

Ebenfalls wurde eine Fehlerortung für TE-Fehler auf Energiekabeln, basierend auf

Laufzeitmessung von Reflexionen, programmiert. Diese Option wurde jedoch nicht

perfektioniert, da sie mittlerweile in der kommerziellen Software der Fa. mtronix

implementiert ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit dem digitalen Mehrstellen-TE-Messsystem

der Fa. mtronix ein sehr gut geeignetes Werkzeug zur TE-Messung entwickelt worden ist,

welches zusätzlich zur implementierten Grundfunktionalität eine komplexe

Nachbearbeitung der Datensätze durch die Bereitstellung der gewonnenen Messdaten in

Standardformaten ermöglicht. Im Rahmen dieser Arbeit wurden speziell für die

verwendeten Systeme Algorithmen zur nachträglichen Störunterdrückung und zur

vielfältigen Visualisierung der Messdaten entwickelt, die neuartige Ansätze bei TE-Mess-

und Auswerteverfahren ermöglichen.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 35

6 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

6.1 Energiekabel als Koppelkondensator

Bei Kabelanlagen mit zugänglichen Freiluftendverschlüssen kann anstelle eines externen

Koppelkondensators eine zusätzliche parallele Kabelphase als Koppelkapazität zur TE-

Auskopplung verwendet werden.

6.1.1 Verwendung einer Phase als Koppelkondensator CK

Die Auswirkungen des konstruktiv bedingten ungünstigen Größenverhältnisses von

Prüflingskapazität und Koppelkondensator wurden bereits in Kapitel 4.2 beschrieben. Als

Alternative zu einem konventionellen Koppelkondensator ist daher prinzipiell die

Verwendung einer parallelen Nachbarphase möglich. Aufgrund der nahezu identischen

Eigenschaften zweier Phasen eines Systems sind Koppelkondensator und

Prüflingskapazität gleich groß und längenunabhängig.

Nachteilig hierbei ist die für die zusätzlich hinzugewonnene Kapazität erforderliche

Ladeleistung, die die Prüfspannungsquelle vor Ort in Form von zusätzlicher Blindleistung

bereitstellen muss. Hieraus ergibt sich für die Praxis eine Reduzierung der prüfbaren

Kabellängen. An dieser Stelle wird wie schon beschrieben die Forderung nach TE-Freiheit

des Koppelkondensators zugunsten einer deutlich erhöhten Messempfindlichkeit

aufgegeben. Bei auftretenden TE-Signalen kann durch den Vergleich der Messergebnisse

aller drei Phasen jedoch eindeutig geklärt werden, welche der Phasen TE-behaftet ist.

6.1.2 Synchrone Mehrstellenmessung an allen drei Phasen

Als logische Weiterführung der Verwendung einer einzelnen Nachbarphase als

Koppelkondensator ist die zeitgleiche TE-Messung an allen drei Phasen eines Systems

ohne zusätzlichen Koppelkondensator möglich. Neben der zeitgleichen Messung aller drei

Einzelphasen ist dabei vor allem die dreiphasige Brückentechnik mit zweifach verkoppelter

Auskopplung im Erdzweig zu nennen (s. auch Abbildung 26). Nach [Pla03] werden dabei

die Leiter der drei Energiekabel miteinander verbunden und mit Prüfspannung

beaufschlagt. Die Auskopplung der TE-Impulse erfolgt induktiv mit drei HF-

Transformatoren an den zugänglichen Erdverbindungen der Kabelendverschlüsse.

36 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 26: Prinzip der dreiphasigen Brückenauskopplung im Erdzweig

Dabei werden die Erdverbindungen zweier Phasen gegensinnig durch jeweils einen

Ringkern gezogen, so dass sich die Impulse von Gleichtaktstörern im magnetischen Kern

des HF-Transformators gegenseitig eliminieren. Dagegen werden TE-Impulse, die ihren

Ursprung in einer der Phasen haben, als sog. Gegentaktimpulse ausgekoppelt und

messbar gemacht. Als geeignetes Auswertetool steht die 3PARD-Visualisierung zur

Verfügung, die eine Phasenzuordnung der einzelnen TE-Impulse übernimmt und eine

selektive Rücktransformation einzelner TE-Quellen in ein gewohntes Fingerprint-Bild

ermöglicht. Da eine TE-Erfassungseinheit des Messsystems mit jeweils zwei Phasen der

Kabelstrecke verknüpft ist, liegen die entstehenden Cluster einer Phase nicht auf den drei

Hauptachsen des Diagramms, sondern in den Bereichen zwischen den Achsen. Eine

Kalibrierung an allen drei Phasen stellt dabei sicher, dass die Zuordnung der Segmente zu

den Phasen fehlerfrei erfolgt.

Zur Erprobung dieses Verfahrens wurden im Rahmen einer Spannungsprüfung

experimentelle TE-Messungen an einer VPE-isolierten 110-kV-Kabelanlage von

ca. 1080 Metern Länge innerhalb Berlins durchgeführt. Abbildung 27 fasst die Ergebnisse

mehrerer Kalibrier- und Messzyklen als Fingerprint und innerhalb einer 3PARD-

Darstellung zusammen. Abbildung 27 a) zeigt einen in gestörter Umgebung

aufgezeichneten Fingerprint mit einem künstlichen Koronastörer am Endverschluss der

Phase U bei 30 kV Prüfspannung.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 37

a) Fingerprint mit verschiedenen Impulsquellen b) 3PARD-Separierung aller Impulsquellen

Abbildung 27: Auswertung der Versuchsmessung

Die Fingerprint-Darstellung in Abbildung 27 a) verdeutlicht, dass sich bei TE-Messungen

vor Ort mehrere Signale aus verschiedenen Quellen überlagern können. Neben einem zur

Resonanzprüfspannungsfrequenz von ca. 37,3 Hz nicht korrelierten breiten Rauschband

(resultierend aus schwebenden 50 Hz-Koronastörern der Umgebung) sind die vier

symmetrischen Störimpulse der Thyristorsteuerung der Prüfspannungsquelle als

senkrechte blaue Linien zu erkennen. Aufgrund ihrer hohen Amplitude sind die aus den

Impulsladungen resultierenden Diagrammpunkte im gewählten Maßstab der Darstellung

nicht mehr zu sehen, bzw. am äußersten oberen Rand der Grafik aufgetragen. Die

künstliche TE-Fehlstelle hingegen ist mit einer sehr großen Häufigkeit als phasenstarres

Cluster konstanter Amplitude auszumachen.

In der 3PARD-Darstellung lassen sich diese Impulsquellen gut unterscheiden. In

Abbildung 27 b) fallen die regelmäßig auftretenden Thyristorstörimpulse aufgrund ihrer

nahezu gleich großen Amplitude auf einen Punkt (gelb) nahe dem Ursprung zusammen.

Im gleichen Bereich, jedoch mit einer größeren Streubandbreite, sind die Störimpulse des

Grundrauschens zu erkennen. Diese Impulse im Bereich des Diagrammursprungs

repräsentieren somit Störer, die mit keiner einzelnen Phase des Systems vorzugsweise

verknüpft sind und somit nicht auf TE aus der Kabelanlage schließen lassen. Deutlich

außerhalb des Zentrums ist im zur Phase U gehörenden Drittel des Diagramms eine

Punktewolke zu erkennen, die die künstliche TE-Fehlstelle (Draht-TE) symbolisiert.

Thyristor- / IGBT-Impulse

TE-Fehler

38 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Weiterhin zeigt die Darstellung eng begrenzte Cluster der im Vorfeld durchgeführten

Kalibrationseinspeisungen (200 pC) EU, EV, und EW in den entsprechenden Dritteln des

Diagramms. Die breitere Streuung des Clusters mit der Beschriftung EW 10pC resultiert

aus einer Kalibriermessung mit reduzierter Impulsladung und dem damit verbundenen

reduzierten Signal-Rausch-Abstand (SNR).

Durch diese Versuchsmessungen konnte gezeigt werden, dass eine empfindliche TE-

Messung auch ohne externen Koppelkondensator möglich ist. Die drei Kabelphasen

können dabei gegenseitig als Koppelkondensator fungieren und Gleichtaktstörer

wirkungsvoll unterdrücken. Durch die gleichzeitige Messung aller drei Phasen konnte die

3PARD-Technik zur Auswertung eingesetzt werden, welche eine Impulsseparation nach

verschiedenen TE-Quellen ermöglicht, so dass eine effektive Rauschunterdrückung

möglich wurde. Eine abschließende TE-Messung bei 160 kV Prüfspannung bestätigte die

TE-Freiheit der Kabelanlage bei einer Messempfindlichkeit von < 2 pC.

6.2 Richtkopplersensoren für GIL / GIS-Kabeleinführungen

Richtkopplersensoren auf VPE-isolierten Hochspannungskabeln entsprechen dem Stand

der Technik und ermöglichen hervorragende Messempfindlichkeiten mit inhärenter

Störunterdrückung. In gasisolierten Schaltanlagen (GIS) kommen zur TE-Messung

hingegen meist kapazitive UHF-Sensoren zum Einsatz, die ohne Richtungserkennung TE-

Signale auskoppeln. Die Signalauswertung erfolgt dabei meist im Frequenzbereich, so

dass eine Laufzeitanalyse von Einzelimpulsen und zugehörigen Reflexionen nicht möglich

ist. Die TE-Überwachbarkeit einzelner GIS-Aufbauelemente ist damit jedoch ausreichend

gegeben. Das System wird als Komplettlösung von einem großen deutschen

Schaltanlagenhersteller für seine Anlagen kommerziell angeboten [Hüc98] [Sie05].

Schwachpunkt dieser Messsysteme ist allerdings der Bereich der Kabeleinführung (s.

Abbildung 30), also die Schnittstelle zwischen den Betriebsmitteln Kabel und GIS. Hier

kann mit gängiger Technik nicht zwischen TE aus der GIS-Anlage bzw. TE aus dem

Einführungsendverschluss unterschieden werden. Eine Unterscheidung ist jedoch von

großem Interesse für den Betreiber der Gesamtanlage, da die Komponenten Kabel bzw.

GIS in der Regel von verschiedenen Herstellern stammen und daher eine eindeutige

Zuständigkeit für eventuelle Nachbesserungen oder Garantieansprüche bei auftretenden

TE-Fehlern gewährleistet sein muss. Zur Behebung dieses Überwachungsdefizits wurde

die Richtkopplertechnik auf gasisolierte Betriebsmittel (GIS / GIL) übertragen [Hei03c].

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 39

In einem Versuchsaufbau (s. Abbildung 28) aus verschiedenen 245-kV-GIS-Elementen

wurden zwei Richtkopplersensoren (RKS) in Winkelbausteine montiert.

Abbildung 28: Versuchsaufbau zum Sensortest in GIS/GIL

An verschiedenen Stellen innerhalb des Gasraumes wurden künstliche TE-Fehlstellen

angebracht, die bei Überschreitung der TE-Einsetzspannung zu Ausgangssignalen an den

Richtkopplersensoren und an einem kapazitiven Referenzsensor führten. Abbildung 29

zeigt die erfassten Messsignale bei TE-Aktivität einer künstlichen Fehlstelle zwischen

beiden Sensoren.

a) TE-Fehler zwischen den Sensoren b) Vergleichsmessung RKS – UHF-Sensor

Abbildung 29: Ausgangssignale der RKS

RKS1

RKS2

40 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Die Interpretation der Oszillogramme erfolgt analog zur Auswertung von TE-Messungen

mit Richtkopplersensoren der Kabeltechnik und ist in Kapitel 4.3.2 beschrieben. Der TE-

Fehlerort zwischen den beiden Sensoren konnte erkannt und zentimetergenau bestimmt

werden. Abbildung 29 b) verdeutlicht, dass die Ausgangssignale der GIS-RKS in ihrer

Amplitude und Kurvenform mit den Spannungssignalen der kapazitiven UHF-Sensoren gut

übereinstimmen. Dieser Effekt gewährleistet eine Abwärtskompatibilität der

fortschrittlicheren Richtkopplersensorik, da unter Verlust der Richtungsselektivität eine

Einbindung in das bestehende TE-Messsystem der GIS-Anlage des Projektpartners auf

einfachste Art möglich war [Sie05].

Für weiterführende Untersuchungen speziell an gasisolierten Einführungsendverschlüssen

wurden die GIS-Richtkopplersensoren an einer 110-kV-Versuchsanlage des Institutes,

bestehend aus GIS-Elementen und gasisolierter Kabeleinführung mit steckbarer

Kabelverbindung, montiert und auch hier erfolgreich getestet (s. Abbildung 30).

a) Kabeleinführung 110-kV-Anlage b) Schnittbild, schematisch

Abbildung 30: Richtkopplersensor in GIS

Eine eindeutige Zuordnung der TE-Fehlerquellen ist durch die kombinierte Verwendung

von Richtkopplersensoren auf dem Kabel und im GIS-Anlagenteil möglich.

6.3 HF-Transformatoren zur TE-Auskopplung

Hochfrequenztransformatoren (HF-Trafos) basieren auf dem Prinzip der in Kapitel 4.3.3

beschriebenen induktiven Sensoren und bilden zusammen mit dem primären Leiter ein

geeignetes Auskoppelsystem für TE-Impulse. Ihre Übertragungseigenschaften werden

u. a. durch die Wahl des Kernmaterials (Ferrits) und durch ihre Bauform beeinflusst.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 41

6.3.1 Ferrite

Ferrite sind ferrimagnetische keramische Werkstoffe (Oxide), deren magnetische

Eigenschaften ähnlich denen ferromagnetischer Metalle sind. Wegen ihrer geringen

elektrischen Leitfähigkeit sind Ummagnetisierungsverluste infolge von Wirbelströmen zu

vernachlässigen, was besonders bei Anwendungen der Hochfrequenztechnik von

Bedeutung ist. Die Wahl der Ausgangsmaterialien und der Herstellungsprozess legen

dabei die späteren Materialeigenschaften fest [Gor54] [Fer04].

In HF-Transformatoren konzentrieren Ferritkerne das magnetische Feld und ermöglichen

so eine starke Kopplung von Primär- und Sekundärspule, sowie geringe Streuverluste.

Aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber mechanischen Belastungen sollten die Ferrite

speziell bei Messungen vor Ort ausreichend vor Fremdeinwirkung geschützt sein.

6.3.2 Stromimpuls-Transformatoren (kommerziell)

Verschiedene Hersteller von TE-Messtechnik bieten Stromimpuls-Transformatoren (radio

frequency current transformers, RFCT) zur induktiven Auskopplung von TE-Signalen an

[PDS04b] [Pul00]. Diese sind meist für die TE-Messsysteme der eigenen Produktlinie

optimiert und daher in ihrer Funktion für experimentelle Forschungsanwendungen

ungeeignet. Abbildung 31 zeigt zwei kommerziell erhältliche Sensoren.

a) Geschlossene Ausführung (Ø 15 mm) b) Klappbare Ausführung (Ø 100 mm)

Abbildung 31: Kommerziell erhältliche Stromwandler (Quelle: PD-Systems Produktbroschüre)

Starre Sensoren (geschlossene Ringkerne) sind dabei in der Regel auf ihre elektrischen

Übertragungseigenschaften hin optimiert, während offene Sensoren (Klappferrite) für die

Handhabbarkeit und Anbringung vor Ort (unterbrechungsfreie Montage oder Online-

Messungen) von Vorteil sind [Li04].

42 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

6.3.3 HF-Transformatoren für variablen Einsatz

Für experimentelle Untersuchungen mit variablen und wechselnden Randbedingungen

sind einfach aufgebaute HF-Transformatoren mit zweiteiligem Ferritkern von Vorteil.

Abbildung 32 zeigt den für die TE-Messungen hauptsächlich verwendeten Typ, bestehend

aus abgeschirmter Sekundärwicklung und Ferrit [Tri05].

a) Aufbau Sensor b) Vergossener Sensor für Vor-Ort-Anwendungen

Abbildung 32: Klappferrit (Doppel-U Profil)

Zur Ermittlung eines optimalen Übertragungsverhaltens wurde die Windungszahl N2 der

messseitigen Sekundärwicklung in mehreren Versuchsreihen variiert [Tan05]. Dazu

wurden nach Abbildung 33 mit einem TE-Kalibrator Testimpulse in eine

Kurzschlussschleife eingespeist und diese im Zeit- und Frequenzbereich mit dem digitalen

TE-Messsystem MPD 540 vermessen.

Abbildung 33: Testaufbau zur Untersuchung der Übertragungseigenschaften des HF-Trafos

Abbildung 34 zeigt die auskoppelbare Impulsladung bei variabler Windungszahl N2.

Ferrit

Erfassungs-einheit MPD 540

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 43

Abbildung 34: Einfluss von N2 auf die Ausgangsamplitude

Die erreichbare Ausgangsspannung am HF-Transformator ist für die Windungszahl N2 = 2

maximal. Bei einer weiteren Erhöhung der Windungszahl wird die Signalamplitude am

Ausgang geringer, der Amplitudengang wird jedoch über die Frequenz linearer (s. dazu

Abbildung 49). Mit Hinblick auf Amplitude und Breitbandigkeit wurde für weitere

Untersuchungen die Windungszahl auf N2 = 3 festgesetzt.

Bei TE-Auskopplung in Erdverbindungen ist zu erwarten, dass bei anliegender

Prüfspannung ein betriebsfrequenter Strom (kapazitiver Ladestrom des Kabels oder

Laststrom) fließt und den Ferritkern in den Sättigungsbereich bringen kann. Durch die

Einbringung eines definierten Luftspaltes zwischen die Grenzflächen der Ferrithälften

können Sättigungseffekte vermieden werden. Abbildung 35 a) zeigt den Einfluss von

überlagerten Lastströmen auf die auskoppelbare Amplitude von TE-Impulsen bei

veränderter Luftspaltbreite d.

44 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

3,03,23,43,63,84,04,24,44,64,85,0

0 20 40 60 80

Sättigungsstrom [A]

Ladu

ng [n

C]

d [µm] = 0d [µm] = 250d [µm] = 414

a) Einfluss der Luftspaltbreite b) Moduliertes Rauschband

Abbildung 35: Einfluss der Sättigung auf die TE-Auskopplung, N2 = 3

Bei steigender Luftspaltbreite d sinkt der Einfluss des Sättigungsstromes auf den

auskoppelbaren Ladungswert. Bei einer Luftspaltbreite von d = 414 µm kann ein Einfluss

des Laststromes praktisch nicht mehr nachgewiesen werden. Generell ist jedoch die

Messempfindlichkeit bei zeitgleich fließendem Laststrom geringer als im unbelasteten Fall

[s. auch Khe98], so dass die Luftspaltbreite bei bekanntem zu erwartendem

Sättigungsstrom entsprechend minimal dimensioniert werden sollte.

Ein deutliches Kriterium für Ferritkerne in Sättigung und damit für eventuell daraus

resultierende Messfehler sind betriebsfrequent modulierte TE-Muster (s. Abbildungsteil b).

Auch in diesem Fall sollte der Luftspalt vergrößert werden.

6.4 Induktive TE-Auskopplung an Endverschlüssen vor Ort

Zur Beurteilung der Praxistauglichkeit der induktiven Sensoren zur TE-Auskopplung in der

Erdverbindung bzw. Kabelschirmanlenkung von Endverschlüssen wurden Messungen vor

Ort in gestörter Umgebung vorgenommen.

6.4.1 TE-Messung an 110-kV-Transformator-Einführungsendverschluss

Bei einem 112-MVA-Maschinentransformator in einem Heizkraftwerk wurden bei

Isolierölanalysen auffällige Gaskonzentrationen festgestellt. Mit Hilfe einer TE-Messung

sollte festgestellt werden, ob innere Entladungen im Transformator Ursache dieser

0 ms 10 ms 20 ms

Prüfspannung

Rauschband

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 45

Veränderungen sind. Zur Auskopplung der TE-Signale wurden HF-Transformatoren um

die Erdverbindungen der 110-kV-Kabeleinführung an den Transformator-

Einführungsendverschlüssen montiert. Abbildung 36 zeigt die Auskoppeleinheiten zur

synchronen dreiphasigen TE-Messung.

a) Überblick 110-kV-Transformator-Einspeisung b) HF-Trafo an Schirmverbindung (Kreis), zusätzliche kap. Ausk. mit Messimpedanz (links)

Abbildung 36: TE-Auskopplung an Schirmerde des Kabelendverschlusses

Bei anliegender Wechselspannung (hochspannungsseitige Erregung, Transformator im

Leerlauf) konnten keine TE aus dem Transformator detektiert werden. Einzelne erfasste

Störimpulse von maximal 10 pC Impulsladung auf den drei Messkanälen und das

akquirierte Grundrauschen von < 2 pC werden in der 3PARD-Analyse als symmetrische

Störer ohne Phasenbezug dargestellt und sind damit nicht relevant.

46 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

a) Fingerprint b) 3PARD

Abbildung 37: Ergebnisse der TE-Messung

Die TE-Messung gab somit keinen Aufschluss über die veränderten Gaswerte im Isolieröl,

konnte jedoch innere Teilentladungen (bei Leerlauf) mit großer Sicherheit ausschließen.

Durch die messtechnische Erfassung einzelner Störer und der z. B. durch das Zuschalten

des Prüflings entstandenen Störimpulse konnte jedoch gezeigt werden, dass die TE-

Auskopplung durch HF-Transformatoren in diesem Fall erfolgreich war. Hervorzuheben ist

die erreichte Messempfindlichkeit von < 2 pC, die durch alternative Auskoppelverfahren,

wie z. B. die TE-Auskopplung durch Koppelkondensatoren am anderen Kabelende, nicht

hätte erreicht werden können. Eine TE-Erfassungssensorik im Transformator selbst stand

nicht zur Verfügung.

6.4.2 TE-Messung an 220-kV-GIS-Einführungsendverschluss

Im Auftrag eines spanischen Energieversorgungsunternehmens wurden sechs gasisolierte

Einführungsendverschlüsse in einem neu errichteten Umspannwerk auf TE-Freiheit

untersucht. Zur Anbindung einer neuen Schaltanlage des betreffenden Umspannwerkes

an das bestehende 220-kV-Netz wurde eine 220-kV-VPE-Kabelstrecke (Länge ca. 9 km)

aufgetrennt und durch die neu errichtete Schaltanlage in zwei ca. 4,5 km lange Segmente

unterteilt. Die ehemals durchverbundene Kabelstrecke einschließlich aller Muffen und der

GIS-Einführungsendverschlüsse an den beiden ehemaligen fernen Kabelenden wurde

bereits vor der Auftrennung erfolgreich auf TE-Freiheit untersucht.

Die TE-Auskopplung an den neu errichteten Einführungsendverschlüssen erfolgte mittels

der beschriebenen induktiven Sensoren (HF-Transformatoren) an einer Erdverbindung der

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 47

Schaltanlage bzw. an der Schirmverbindung von Energiekabel und Schaltanlage.

Zusätzliche Erdverbindungen wurden, soweit möglich, zur Optimierung des TE-

Signalweges für die Dauer der TE-Messung aufgetrennt (s. Abbildung 38).

Abbildung 38: HF-Transformator (gelbe Markierung) zur induktiven TE-Auskopplung an der Verbindung von Kabelschirm und GIS

Zur Verbesserung des Grundstörpegels am Messort erfolgte die Einspeisung der

Resonanzprüfspannung vom fernen Kabelende, so dass die positiven Filtereigenschaften

der ca. 4,5 km langen Kabelstrecke (Tiefpass-Charakter) voll genutzt werden konnten.

Durch ein Ausweichen auf höhere Mittenfrequenzen bei der TE-Messung war somit eine

TE-freie Hochspannungskontaktierung am Standort der Resonanztestanlage nicht

notwendig. Aufgrund der gegebenen örtlichen Umstände (ca. 35 Meter

Hochspannungszuleitung vom Resonanztestsystem zur GIS-Testeinführung, mehrfach

provisorisch abgestützt, s. Abbildung 39) wäre der Aufwand für die Beseitigung aller

aufbaubedingter TE-Quellen unverhältnismäßig hoch bzw. nicht möglich gewesen.

48 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 39: Einspeisung der Resonanzspannung über provisorische Zuleitung

Auf Wunsch des Kunden wurde die TE-Messung bei einer Prüfspannungshöhe von 1,5 U0

unabhängig von der nachfolgenden Spannungsprüfung (1,4 U0, 60 Minuten) durchgeführt.

Eine kurzzeitige Vorbeanspruchung (1,75 U0, 10 Sekunden) sollte gewährleisten, dass

auch mögliche TE-Fehler mit höherer TE-Einsetzspannung initiiert werden.

Bei den TE-Messungen konnten bei allen sechs Messzyklen im Bereich tieferer

Messfrequenzen ähnliche phasenstarre Muster detektiert werden (s. Abbildung 40).

Abbildung 40: Phasenstarre TE-Muster bei fc = 1,4 MHz

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 49

Bei den aufgezeichneten Mustern handelt es sich jedoch nicht um Teilentladungen aus

den zu untersuchenden Kabeleinführungsendverschlüssen der Schaltanlage, sondern um

externe Störimpulse bzw. aufbaubedingte TE vom fernen Kabelende. Die vier scharf

abgegrenzten senkrechten Muster (s. auch vier kleine grüne Markierungen) sind keine

Teilentladungsimpulse, sondern resultieren aus internen Schaltvorgängen der

Resonanzprüfspannungserzeugung (IGBT-Schaltzeitpunkte) und sind für diesen Typ von

Resonanzanlage (Fa. highvolt) allgemein bekannt. Der größere rot markierte Bereich in

Abbildung 40 zeigt hingegen ein typisches TE-Muster, welches seinen Ursprung jedoch

nicht in Entladungsprozessen innerhalb des zu untersuchenden Schaltanlagenteils hat,

sondern aus dem stark TE-behafteten Hochspannungsaufbau am Ort der

Resonanzprüfspannungserzeugung resultiert (starke akustisch wahrnehmbare äußere

Teilentladungen). Eine zeitgleich parallel durchgeführte TE-Messung (TE-Messsystem

LDS-6 der Fa. LDIC, Messfrequenz < 1 MHz, IEC-konform) am Standort der

Resonanzanlage führte zu einem ähnlichen TE-Muster (s. Abbildung 41).

Abbildung 41: Fingerprint der TE-Messung am Standort der Resonanzanlage, Messsystem LDS-6

Zur endgültigen Absicherung der Vermutung über den TE-Fehlerort (aufbaubedingte TE

am Standort der Resonanzanlage) wurde die Mittenfrequenz der TE-Messung am

Standort der zu untersuchenden Schaltanlage variiert. Abbildung 42 zeigt das zu

beobachtende TE-Muster bei ansteigender Messfrequenz.

50 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

fc = 1,4 MHz fc = 3,0 MHz fc = 5,0 MHz fc = 7,8 MHz

Abbildung 42: TE-Muster mit sinkender Amplitude bei steigender Messfrequenz

Wie durch die roten Markierungen verdeutlicht, sinkt der zu beobachtende TE-

Ladungspegel an der Messposition nahe der zu untersuchenden

Einführungsendverschlüsse bei steigender Messfrequenz kontinuierlich ab. Dieser Effekt

basiert auf der Signaldämpfung des Hochspannungskabels, welche die hochfrequenten

Signalanteile der TE-Impulse am ca. 4,5 km entfernten Standort der Resonanzanlage auf

ihrem Weg bis zum Auskoppelort stark vermindert, so dass diese ab einer Messfrequenz

von ca. 5 MHz nicht mehr nachweisbar sind. Für TE-Impulse aus der direkt benachbarten

Schaltanlage wäre die Tiefpasswirkung des Energiekabels dagegen nicht wirksam, eine

Verminderung der messbaren TE-Ladung wäre demnach bei der TE-Messung mit höheren

Messfrequenzen nicht in diesem Maße zu beobachten.

Durch die Beobachtung der TE-Amplitudenunterschiede bei variabler Messfrequenz an

einem einzelnen Auskoppelort konnte somit die TE-Freiheit der GIS-

Einführungsendverschlüsse für alle sechs zu untersuchenden Phasen nachgewiesen

werden. Der durch die induktive Signalauskopplung mit HF-Transformatoren vor Ort

erreichte Grundstörpegel von maximal 5 pC (bester erreichter Wert: 3,6 pC) stellte für die

Messempfindlichkeit einen erheblichen Vorteil gegenüber der klassischen TE-Messung mit

Koppelkondensator am Kabelende dar. Die beschriebene parallel durchgeführte TE-

Auskopplung am fernen Kabelende (Standort der Resonanztestanlage mit integriertem

TE-Messsystem, IEC-konforme TE-Messung mit Koppelkondensator) lieferte bei einem

Grundstörpegel von ca. 200 pC keine für den Kunden zufrieden stellende Empfindlichkeit

und keine erfolgreiche Störunterdrückung.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 51

6.4.3 TE-Messung an 10-kV-Mittelspannungskabel

Im Rahmen einer Messkampagne eines deutschen Netzbetreibers zur Beurteilung

verschiedener Diagnosedienstleister wurden in Zusammenarbeit mit dem IPH-Berlin TE-

Messungen an mehreren Mittelspannungskabelstrecken durchgeführt. Die Kabel wurden

dabei mit 50 Hz-Resonanzspannung beaufschlagt, die TE-Auskopplung für den

kommerziellen Teil der TE-Messung sollte mit einem Koppelkondensator erfolgen. Zur

Vor-Ort-Erprobung der HF-Transformatoren zur induktiven TE-Auskopplung wurden

zeitgleich zur Koppelkondensatormessung TE-Impulse an der Erdverbindung der Freiluft-

Kabelendverschlüsse gemessen. Abbildung 43 zeigt den Messaufbau.

a) Überblick Aufbau Messtechnik mit zusätzlichem Koppelkondensator

b) HF-Trafos an den Kabelendverschlüssen

Abbildung 43: TE-Auskopplung an Schirmerde des Kabelendverschlusses

Durch die TE-Auskopplung mit HF-Transformatoren konnte eine Messempfindlichkeit von

< 2 pC erreicht werden. Abbildung 44 zeigt eine Fingerprint-Darstellung der gemessenen

Teilentladungen.

52 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 44: Fingerprint Kabelfehler

Schon unterhalb der 1,5-fachen Betriebsspannung konnten in diesem Fall TE-Aktivitäten

auf der Kabelstrecke nachgewiesen werden. Zur Vermeidung eines Ausfalles der

Kabelstrecke wurde die Messung an dieser Stelle auf Wunsch des Betreibers

abgebrochen, so dass keine genauere Analyse vorgenommen werden konnte.

6.5 HF-Transformatoren zur TE-Auskopplung auf Potenzial

Bei der induktiven TE-Auskopplung im Erdzweig kann es zu einem erhöhten

Grundstörpegel kommen, da Störer aus der näheren Umgebung über die gemeinsame

Erdverbindung galvanisch einkoppeln können. Eine TE-Auskopplung an der

Hochspannungselektrode vermeidet diesen Störeinfluss, stellt jedoch erhöhte

Anforderungen an die Messtechnik. Sowohl die Energieversorgung der Messtechnik als

auch die Datenkommunikation bzw. Messwertübermittlung müssen dabei potenzialfrei

erfolgen.

An einer 110-kV-Versuchsanlage an der TU-Berlin (s. Kapitel 6.6.2) wurde im Rahmen

einer Sensor-Vergleichsuntersuchung ein HF-Transformator um die

Prüfspannungszuleitung am Freiluft-Endverschluss montiert. Über eine breitbandige

Signalweiche (Powersplitter, HF-tauglich) wurde das Ausgangssignal dabei reflexionsfrei

auf zwei verschiedene optische Übertragungssysteme (breitbandig analog und TE-

Messstation des MPD 540) verteilt, so dass zum einen eine direkte Zeitbereichsmessung

möglich war, zum anderen aber auch eine standardisierte Einbindung in das beschriebene

digitale TE-Messsystem. HF-Transformator, Übertragungstechnik und potenzialfreie

Stromversorgung wurden dabei gegenüber dem äußeren elektrischen Feld bei

anliegender Hochspannung mit Toroiden abgeschirmt, so dass eine empfindliche TE-

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 53

Messung ohne störende Koronaentladungen vom zusätzlichen Aufbau bis 200 kVeff

Prüfspannungshöhe bei 50 Hz möglich war.

Abbildung 45 zeigt, dass im Frequenzbereich von 6,5 MHz bis 13 MHz die Empfindlichkeit

des HF-Transformators auf Potenzial größer ist als die Empfindlichkeit der zusätzlich

montierten induktiven Sensoren an der Erdverbindung des Endverschlusses oder an der

externen Schirmverbindung der Crossbonding-Muffe in einigen Metern Entfernung.

0,1

1,0

10,0

100,0

1000,0

10000,0

5.0006.000

7.0008.000

9.00010.000

11.000

12.000

13.000

14.000

15.000

Frequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

Ferrit Hochspannung

Ferrit Erdverbindung

Ferrit Muffe

Abbildung 45: Frequenzgang Ferritsensoren

Unter Berücksichtigung des in direkter Nähe zum Endverschluss montierten

Richtkopplersensors auf dem Energiekabel kann mit dem induktiven Sensor auf Potenzial

eine selektive Überwachung des Freiluftendverschlusses realisiert werden. Bei Beachtung

der Richtungsabhängigkeit der Ferritauskopplung (Wickelsinn der Sekundärspule) kann

durch Polaritätsvergleich der Ausgangssignale von HF-Transformator und

Richtkopplersensor die Impulsquelle eindeutig bestimmt werden. Abbildung 46 zeigt die

Oszillogramme der Sensorsignale (RKS: schwarze obere Kurve, HF-Tafo: grüne, untere

Kurve) bei Einspeisung von Testimpulsen auf der Freiluftseite bzw. am Steuerelement des

Endverschlusses ohne anliegende Prüfspannung.

54 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

a) Polarität unterschiedlich: Impuls von außen b) Polarität gleich: Impuls aus Endverschluss

Abbildung 46: Richtungserkennung durch Polaritätsvergleich

Bei anliegender Hochspannung konnten ab einer Prüfspannungshöhe von 106 kVeff bei

0,1 Hz Entladungen detektiert werden.

Abbildung 47: TE-Impuls aus der Prüfspannungsquelle

Durch die Auswertung der Impulspolaritäten der Signalverläufe am Richtkopplersensor

(schwarze obere Kurve in Abbildung 47, bzw. redundante grüne mittlere Kurve) und am

Hochfrequenz-Transformator (rote untere Kurve in Abbildung 47) konnte die

experimentelle VLF-Prüfanlage als TE-Quelle identifiziert werden (Koronaentladungen an

unzureichend geschirmter Verschraubung).

Durch den HF-Transformator auf Potenzial konnte so eine erfolgreiche TE-Messung

realisiert werden. Zusätzlich ist die TE-Auskopplung auf Potenzial in Kombination mit einer

Polaritätsermittlung durch einen kabelseitigen Richtkopplersensor geeignet, eine gezielte

Überprüfung des Endverschlussbereiches von Energiekabelanlagen vorzunehmen, so

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 55

dass diese sensorische Überwachungslücke nun als geschlossen betrachtet werden kann.

Zusammen mit den bereits vorgestellten Richtkopplersensoren für GIS/GIL (s. Kapitel 6.2)

ist damit der Kabelendverschluss sowohl in Freiluftausführung wie auch als gasisolierter

Einführungsendverschluss in GIS-Anlagen durch eine TE-Messung selektiv und eindeutig

überwachbar.

6.6 Induktive TE-Auskopplung an Trennmuffen

Bei modernen VPE-Kabelanlagen sind innere TE-Quellen neben den Endverschlüssen

größtenteils auf den Bereich der Muffen beschränkt. Um diese hochfrequenten TE-Signale

empfindlich messen zu können, ist es jedoch unter Umständen nicht möglich,

konventionelle Auskoppeltechniken an den Kabelenden anzuwenden, da die

Hochfrequenz-Übertragungseigenschaften eines Hochspannungskabels zu einer

Verbreiterung und amplitudenmäßigen Abschwächung der TE-Impulse führen [Bog96].

Eine Unterscheidung des TE-Signals vom Grundstörpegel kann damit schon nach

mehreren hundert durchlaufenen Metern nicht mehr möglich sein.

Die Auskopplung der TE-Impulse sollte demnach möglichst in direkter Nähe zu ihrem

potenziellen Entstehungsort erfolgen, hier also im Bereich der vor Ort montierten Muffen.

Wie schon in Kapitel 4.3 beschrieben, gibt es zu diesem Zweck mehrere geeignete

Sensoren [Pla02], die jedoch oft schon bei der Muffenmontage installiert werden müssen

[Hei98]. Eine nachträgliche Installation ist hierbei extrem aufwändig.

Eine kostengünstige und praktische Alternative bietet daher die induktive Auskopplung von

TE-Signalen im Stromzweig der Schirmverbindungsstelle einer Trennmuffe mittels eines

Ferritübertragers. Der Ferrit wirkt zusammen mit der Schirmverbindung und einer

Messleitung als Transformator. Das so gewonnene Signal kann dann auf einen

Auskoppelvierpol gegeben oder auch direkt weiterverarbeitet werden.

6.6.1 Modellmessungen an einer Trennmuffe

Zur messtechnischen Erprobung der TE-Auskopplung am externen Schirmverbinder einer

Trennmuffe wurde ein Prüfaufbau für Hochfrequenzmessungen konzipiert.

56 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

6.6.1.1 Versuchsaufbau

Ein 110-kV-Muffenprüfling, bestehend aus einem Muffenkörper in Aufschiebetechnik und

kurzen 110-kV-VPE-Kabeln zu beiden Seiten, wurde so mit metallischer Folie umwickelt,

dass die Hochfrequenzeigenschaften einer Schirmtrennmuffe ausreichend nachgebildet

werden konnten. Die beiden Kabelschirme wurden, entsprechend der Konstruktion von

Trennmuffen, über eine externe Schirmverbindung miteinander galvanisch verbunden.

Diese externe Schirmverbindung wurde dabei durch einen Ferritkern geführt (entspricht

einer primären Windungszahl von n = 1). Die weitere Auskopplung erfolgte über

Messimpedanzen.

Die Messungen im Frequenzbereich erfolgten mit einem Spektrumanalysator, die

Messungen im Zeitbereich mit einem TE-Kalibrator und einem breitbandigen digitalen

Speicheroszilloskop. Die Testimpulse des TE-Kalibrators wurden koaxial in ein Ende des

Energiekabels eingespeist. Das Ende des Energiekabels auf der anderen Seite der Muffe

wurde dabei mit dem Wellenwiderstand (ca. 30 Ω) reflexionsfrei abgeschlossen.

6.6.1.2 Einfluss der verwendeten Auskoppelvierpole auf die Messung

Zur Untersuchung des Einflusses der verwendeten Komponenten wurden die Messungen

mit zwei verschiedenen Auskoppelvierpolen (AK4P) durchgeführt. Der erste untersuchte

Vierpol (AK-4-Pol 1, Fa. Haefely) zeigt ein einfaches Bandpassverhalten mit einem

Übertragungsmaximum von ca. - 8 dB Dämpfung bei einer Frequenz von 1 MHz. Der

zweite Vierpol (AK-4-Pol 2, Fa. mtronix) zeigt ein nahezu lineares Übertragungsverhalten

über einen breiten Frequenzbereich. Zur Abschwächung von lokalen Rundfunkstörern im

Mittelwellenbereich wurden in diesen Vierpol Bandsperren mit Mittenfrequenzen von

693 kHz (Sender „Stimme Russlands“, 250 kW, Berlin Zehlendorf) und 990 kHz (Sender

„DLR“, 100 kW, Berlin Britz) realisiert. Abbildung 48 zeigt die Frequenzgänge beider

Vierpole im Vergleich.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 57

-60

-50

-40

-30

-20

-10

01,0E+04 1,0E+05 1,0E+06 1,0E+07 1,0E+08 1,0E+09

Frequenz [Hz]

Däm

pfun

g [d

B]

AK-4-Pol 1AK-4-Pol 2

Abbildung 48: Frequenzgänge der verwendeten Auskoppelvierpole

Aufgrund der besseren Übertragungseigenschaften wurde für die weiteren Messungen die

Messimpedanz der Fa. mtronix verwendet.

6.6.1.3 Einfluss der Windungszahl auf den Frequenzgang im Versuchsaufbau

Wie schon in Kapitel 6.3.3 für den einfachen Kalibrationskreis beschrieben, wurde auch für

den Versuchsaufbau mit Muffe und Messimpedanz der Einfluss der sekundärseitigen

Windungszahl des Hochfrequenz-Transformators untersucht. Exemplarisch wurden

Messungen mit ein, zwei und drei Windungen auf der Sekundärseite durchgeführt.

Abbildung 49 zeigt die gemessenen Frequenzgänge bei den verschiedenen

Windungszahlen.

58 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

-40

-30

-20

-10

01,0E+04 1,0E+05 1,0E+06 1,0E+07 1,0E+08

Frequenz [Hz]

Däm

pfun

g [d

B]

3 Windungen2 Windungen1 Windung

Abbildung 49: Frequenzgang Auskopplung bei verschiedenen Windungszahlen auf Ferrit

Wie auch schon bei den einfachen Kalibrationsmessungen ohne Prüfling (s. Kapitel 6.3.3)

zeigen die dargestellten Frequenzgänge für den komplexeren Aufbau mit Muffe und

Messimpedanz, dass eine Vergrößerung der Windungszahl oberhalb einer Frequenz von

ca. 100 kHz zu einer größeren Dämpfung des auszukoppelnden Signals führt. Positiv zu

bewerten ist jedoch der Gewinn an Messbandbreite. Der Bereich mit linearem

Übertragungsverhalten wird größer. Im Gegensatz dazu liefert der Ferrit unterhalb einer

Messfrequenz von 60 kHz mit größer werdender sekundärer Windungszahl mehr Signal.

Bei einer Messfrequenz von 10 MHz ist für alle sekundärseitigen Windungszahlen ein

aufbaubedingter Resonanzeinbruch im Spektrum zu erkennen. Oberhalb dieser Frequenz

dominiert die parasitäre kapazitive Überkopplung der ungeschirmten Leitungen, so dass

für diesen Versuchsaufbau eine Betrachtung von Frequenzanteilen oberhalb dieser

Grenzfrequenz nicht sinnvoll erscheint.

Für die weiteren Messungen mit diesem Ferrittyp wurden für die Sekundärspule zwei

Windungen gewählt.

6.6.1.4 Einfluss parasitärer Elemente

Der zu messende TE-Impuls läuft nicht ausschließlich über die galvanische Verbindung

des externen Schirmverbinders der Trennmuffe, sondern zum Teil auch kapazitiv über die

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 59

Schirmtrennstelle innerhalb der Muffenkonstruktion selbst und damit an der TE-Erfassung

vorbei. Dieser kapazitive Anteil ist dabei abhängig vom inneren Aufbau der Muffe,

insbesondere von der Art und Ausführung der Schirmtrennstelle selbst. Zur Untersuchung

des Einflusses der Schirmtrennstelle innerhalb der Muffenkonstruktion wurden im

Versuchsaufbau verschiedenartige Trennstellen nachgebildet. Abbildung 50 zeigt dabei

den am Auskoppelvierpol zu messenden Frequenzgang bei sich in der Muffe

überlappenden Schirmen mit großer parasitärer Kapazität im Vergleich zu einer

Anordnung mit kleiner parasitärer Kapazität, realisiert durch einen Abstand der

Kabelschirme von 10 cm.

-40

-30

-20

-10

01,0E+05 1,0E+06 1,0E+07 1,0E+08Frequenz [Hz]

Däm

pfun

g [d

B]

Abstand ca. 10cmzwischen den Schirmen

Papier-Alu-Wickelüber der Trennstelle

Abbildung 50: Frequenzgang der Auskopplung, Einfluss der parasitären Überkopplung

Ein nennenswerter Einfluss der parasitären kapazitiven Überkopplung ist erst ab einer

Frequenz von ca. 10 MHz zu erkennen. Oberhalb dieser Grenzfrequenz kann ein größerer

Anteil des TE-Signals über die größere Koppelkapazität der sich überlappenden

Kabelschirme abfließen und steht so nicht mehr am Ferrit zur Verfügung. Im linearen

Übertragungsbereich mit geringster Dämpfung ist jedoch kein signifikanter Einfluss der

Muffenkonstruktion und damit des Muffentyps auf das Nutzsignal zu erkennen.

6.6.1.5 Messung von TE-Impulsen im Zeitbereich

Zur Unterstützung der bisher gewonnenen Ergebnisse im Frequenzbereich wurden

Messungen im Zeitbereich durchgeführt. Ein koaxial eingespeister Testimpuls mit

60 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

definierter Impulsladung soll dabei am Messausgang des Auskoppelvierpols detektiert

werden. Abbildung 51 zeigt die gemessenen Signale bei 5 pC bzw. 1 pC eingespeister

Impulsladung.

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60t [ns]

U [m

V]

a) 5 pC, Echtzeitdarstellung b) 1 pC, mit Mittelwertbildung

Abbildung 51: Signal am Auskoppelvierpol bei koaxialer Einspeisung

Die Einspeisung des Kalibratorsignals erfolgte koaxial in ca. 2 m Entfernung zur

Auskoppelstelle direkt in das abgesetzte 110-kV-Kabel. Von einer Dämpfung des Signals

durch das VPE-Kabel kann damit aufgrund der geringen Länge nicht ausgegangen

werden.

Der Testimpuls konnte bis zu einem Ladungswert von 1 pC deutlich vom Störband

separiert und damit durch eine einfache Mittelwertbildung rauschbereinigt dargestellt

werden. Ohne Mittelwertbildung, die bei Vor-Ort-Messungen wegen des stochastischen

Auftretens von TE-Impulsen nicht immer möglich ist, ist der Testimpuls noch bei einer

Ladung von 5 pC deutlich zu erkennen.

6.6.1.6 Zusammenfassung zur Modellmessung

Es konnte gezeigt werden, dass eine Auskopplung von TE-Signalen in der externen

Erdverbindung einer Trennmuffe durch einen Hochfrequenztransformator möglich ist und

zu sehr guten Ergebnissen führt. In Laborversuchen konnte ohne aufwändige Filterung der

Signale eine Messempfindlichkeit von 1 pC nachgewiesen werden. Es ist anzunehmen,

dass dieser Wert bei Vor-Ort-Messungen mit gestörter Umgebung nur mit aufwändiger

digitaler Filterung zu erreichen sein wird. Eine Empfindlichkeit von 5 pC scheint dagegen

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 61

sicher möglich und soll in weiteren Laborversuchen an realen

Hochspannungskabelanlagen und auch vor Ort verifiziert werden.

6.6.2 TE-Messungen an einer 110-kV-Kabelanlage mit Trennmuffe

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Untersuchung des Teilentladungsverhaltens

einer 110-kV-Kabelanlage bei bis zu 3,5 U0 VLF-Prüfspannung wurde an der TU-Berlin

eine einphasige Kabelteststrecke mit Freiluftendverschluss, einer Trennmuffe und einem

SF6-Einführungsendverschluss mit zugehörigem SF6-Schaltanlagengehäuse aufgebaut (s.

Abbildung 52).

Abbildung 52: 110-kV-Versuchstrecke mit TE-Sensoren, schematischer Aufbau

Zur TE-Auskopplung wurden eine Vielzahl von verschiedenen Sensoren zur TE-Messung

an allen Anlagenteilen montiert, wie z. B. die Richtkopplersensoren AB und CD auf dem

VPE-Kabel neben der Muffe und die GIS-Richtkopplersensoren WX und YZ innerhalb des

SF6-Anlagenteils der Versuchsstrecke. Die externe Schirmverbindung der Trennmuffe

wurde dabei, wie auch schon bei den vorangegangenen Versuchsreihen, durch einen

Ferritkern geführt (Sensor 2 in Abbildung 52) und zusammen mit einer Sekundärwicklung

als Hochfrequenztransformator zur induktiven TE-Auskopplung genutzt.

Die TE-Messungen wurden mit dem digitalen Mehrstellen-TE-Messsystem der Fa. mtronix

durchgeführt. Abbildung 53 zeigt den an der externen Schirmtrennstelle gemessenen

Kalibrationsimpuls von 50 pC und das Rauschband mit einem Grundstörpegel von unter

2 pC, sowie den Fingerprint der durchgeführten 30-minütigen TE-Messung bei 160 kV

VLF-Prüfspannung.

62 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

a) Kalibratorsignal 50 pC b) Fingerprint TE-Fehler aus VLF-Anlage bei 0,1 Hz @ 160 kV

Abbildung 53: TE-Signale bei Auskopplung an der externen Schirmverbindung

Mit Hilfe der TE-Auskopplung an der externen Schirmverbindung der Trennmuffe konnte

eine erfolgreiche TE-Messung an der 110-kV-Versuchsanlage durchgeführt werden. Dabei

konnten die TE-Signale über den HF-Transformator empfindlich ausgekoppelt und

detektiert werden. Mittels der zusätzlich montierten Richtkopplersensoren an der Muffe

und anhand der in Kapitel 6.5 beschriebenen Untersuchungen konnte als TE-Quelle

eindeutig die experimentelle VLF-Anlage zur Prüfspannungserzeugung identifiziert

werden. Die Trennmuffe ist damit TE-frei.

6.6.3 TE-Auskopplung an Trennmuffen vor Ort

Zur Verifizierung der im Labor gewonnenen Daten wurden TE-Messungen vor Ort an

realen Trennmuffen mittels Hochfrequenztransformatoren am externen Schirmverbinder

durchgeführt. Im Rahmen einer Wechselspannungsprüfung nach einem Muffenfehler an

einer 110-kV-VPE-Kabelanlage der Stadtwerke Augsburg sollten während der 30-

minütigen Prüfdauer zeitgleich TE-Messungen durchgeführt werden. Abbildung 54 zeigt

den Aufbau der Prüfspannungserzeugung und den Anschluss an den Prüfling.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 63

a) Aufbau Resonanzanlage mit Baueinsatzkabel b) Ankopplung Prüfspannung an SF6-Anlage

Abbildung 54: Anschluss der Prüfspannung vor Ort

Die Prüfspannung wurde mit einer Resonanzanlage erzeugt und über ein Baueinsatzkabel

mit der SF6-Anlage verbunden. Mangels Verfügbarkeit von drei geeigneten SF6-Adaptern

konnten die Spannungsprüfung und die TE-Messung nur einphasig durchgeführt werden.

Aufgrund der großen Kabellänge von ca. 3830 Metern konnte dabei eine TE-Auskopplung

am Kabelende nicht Erfolg versprechend realisiert werden. Auch an den bestehenden

Verbindungsmuffen waren keine Sensoren zur TE-Auskopplung verfügbar. In Abstimmung

mit dem Muffenhersteller und dem Betreiber der Kabelstrecke konnte jedoch erreicht

werden, dass eine der zwei Reparaturmuffen je Phase als Trennmuffe mit extern

zugänglicher Schirmverbindung realisiert wurde. Diese externe Schirmverbindung wurde

in Anlehnung an die erfolgreichen Laborversuche zur TE-Auskopplung mittels

Hochfrequenztransformatoren verwendet. Die in direkter Nähe der Muffen platzierten TE-

Erfassungseinheiten waren potenzialfrei über Lichtwellenleiter mit einem Messrechner

außerhalb des Muffenbauwerks verbunden.

6.6.3.1 Kalibrierung der TE-Messung

In einem ersten Arbeitsschritt wurden die unbeschrifteten Trennmuffen bezüglich ihrer

Phasenzugehörigkeit identifiziert. Der verwendete Kalibrationsimpuls war im tieffrequenten

Messbereich eindeutig oberhalb des Rauschbandes zu erkennen. Aufgrund der großen

Entfernung von ca. 2 km zum Messort konnte der Kalibrierimpuls jedoch nur stark

gedämpft erfasst werden. Eine Kalibrierung des Messsystems lieferte bei einer

eingespeisten Impulsladung von 10 nC einen nicht realistischen Grundstörpegel von 3 nC,

was einem Koppelfaktor von ca. k = 7500 entspricht. Gestützt durch die Ergebnisse der

64 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

vorbereitenden Messungen im Labor wurde der Koppelfaktor der Messtechnik daher

manuell auf einen Wert von k = 4 festgesetzt. Der daraus resultierende Grundstörpegel

von ca. 3 pC deckte sich dabei mit den Erwartungen.

Als ein weiterer Grund für die stark gedämpfte Erfassung des Kalibrationsimpulses können

die schlechten Einkoppelbedingungen für externe Signale in die zu prüfende Kabelanlage

bis hin zum Auskoppelort an der Muffe genannt werden. Dabei muss ein an der

zugänglichen Freiluftseite der Resonanzanlage eingespeister Testimpuls über den

großvolumigen Hochspannungsaufbau in das koaxiale Baueinsatzkabel einkoppeln,

welches die Verbindung zum Prüfling herstellt. Hier entstehen aufgrund der mangelnden

Anpassung des Wellenwiderstandes Reflexionsverluste, die das Richtung Prüfling

laufende Signal mindern. Auch der Übergang vom Baueinsatzkabel in die SF6-Anlage ist

signaltechnisch verlustbehaftet, so dass letztlich das in den Prüfling einkoppelnde Signal

nur einem Bruchteil des Ausgangssignals entspricht.

Zur Visualisierung des Problems der Signaleinkopplung in ein Kabelsystem dient

Abbildung 55.

0

5 0 0

1 0 0 0

1 5 0 0

2 0 0 0

2 5 0 0

3 0 0 0

3 5 0 0

4 0 0 0

0 100 02 00 0

3 00 0400 0

5 00 06 00 0

7 0008 00 0

M es s frequenz [k H z ]

Ladu

ng [p

C] a

n S

chirm

verb

indu

ng

Q lang [pC]

Qkurz [pC]Qkoax [pC]

Abbildung 55: Messbare Ladung am HF-Trafo bei verschiedenen Einkoppelbedingungen

In einem Modellversuch an der TU-Berlin wurde an der bereits beschriebenen 110-kV-

Versuchsanlage ein Kalibrationsimpuls von 10 nC am Freiluftendverschluss eingespeist.

Abbildung 55 zeigt die durch induktive Signalauskopplung an der externen

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 65

Schirmverbindung gemessenen Ladungswerte bei verschiedenen Einspeiseverfahren.

Beim Anschluss des Kalibrators durch lange Messleitungen, wie es zwangsläufig auch bei

der angesprochenen Vor-Ort-Messung der Fall war, konnten lediglich einige hundert

Picocoulomb detektiert werden. Beim Anschluss des Kalibrators mit kürzest möglichen

Messleitungen oder gar koaxial (Abschirmung des Freiluftendverschlusses) wird die

messbare Ladung mit bis zu annähernd 4 nC bei unveränderter Einspeisehöhe erheblich

größer.

Bei der Vor-Ort-Messung wiederum wird die Annahme einer ungünstigen

Signaleinkopplung auch durch den bei TE-Messungen vor Ort obligatorischen

„Drahtversuch“ (künstliche Referenzfehlstelle „Spitze auf Hochspannung“) unterstützt. Bei

diesem Referenzversuch erzeugt ein nicht abgeschirmter Draht auf

Hochspannungspotenzial oberhalb seiner TE-Einsetzspannung hörbare

Koronaentladungen im negativen Maximum der Prüfwechselspannung, welche dann durch

die TE-Messtechnik phasenrichtig erfasst werden müssen. In diesem Fall konnten jedoch

am ca. 2 km entfernten Messort keine TE-Impulse detektiert werden, was wiederum für die

bereits beschriebenen ungünstigen Einkoppelbedingungen spricht.

Abgesehen von der beschriebenen Problematik bei der Kalibrierung von außen sind diese

ungünstigen Einkoppelbedingungen von externen Impulsen für eine erfolgreiche TE-

Messung jedoch eindeutig von Vorteil, da sie eine natürliche Unterdrückung von externen

Störimpulsen gewährleisten, welche die TE-Messung ungünstig beeinflussen würden.

In der Praxis kann das Problem der Kalibration durch die Verwendung eines zweiten

Sensors an derselben Muffe gelöst werden (Kreuzkalibration). Da es sich bei den

Sensoren um ein passives reziprokes System handelt, können über die HF-

Transformatoren nicht nur Signale erfasst, sondern auch eingespeist werden. Bei zwei

verwendeten Sensoren ist jedoch die doppelte Koppeldämpfung wirksam. Diese muss in

der Berechnung des Koppelfaktors dementsprechend berücksichtigt werden.

6.6.3.2 Durchführung und Ergebnisse der TE-Messung

Während der jeweils 30-minütigen Prüfdauer wurden TE-Messungen in verschiedenen

Frequenzbereichen und Messbandbreiten durchgeführt. Dabei sollte über eine an der

externen Schirmverbindung parallel zur TE-Erfassung angebrachte Stromzange der

kapazitive Ladestrom des Kabels (ca. 33 A) gemessen werden, über den dann die

Phaseninformation der Prüfwechselspannung rekonstruiert werden sollte, welche zur

Erstellung von phasenstarren TE-Fingerprints benötigt wird. Aufgrund der beidseitigen

66 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Schirmerdung der Kabelanlage und der nahezu exakt in der Mitte der Kabelstrecke

liegenden Messposition konnte jedoch kein ausreichend großer Ladestrom gemessen

werden. Die Auftrennung der messfernen Erdverbindung des Kabelschirms war

konstruktiv bedingt nicht möglich, so dass der Ladestrom letztlich nicht als Phasenreferenz

für die TE-Messung herangezogen werden konnte. Bei tieffrequenten TE-Messungen

(Messfrequenz 500 kHz, Bandbreite 100 kHz) konnten jedoch die starken Störimpulse des

Frequenzumrichters der Resonanzanlage detektiert werden. Die Phasenposition der

Schaltimpulse der leistungselektronischen Komponenten in der Prüfspannungserzeugung

ist aufgrund der langjährigen Betriebserfahrung mit der Resonanzanlage bekannt und

kann zur Konstruktion der phasenaufgelösten TE-Muster herangezogen werden.

Abbildung 56 zeigt die phasenaufgelösten Muster der TE-Messungen aller drei Phasen bei

160 kV Prüfspannung.

Abbildung 56: Fingerprints, sequenziell durchgeführte einphasigen TE-Messungen bei 160 kV Prüfspannung, fc = 500 kHz, fbw = 100 kHz

Außer den bekannten phasenstarren Störimpulsen der Resonanzanlage sind keine TE-

Impulse aus der Kabelanlage oberhalb des Grundstörpegels von ca. 3 pC zu erkennen.

Dies gilt auch für in anderen Frequenzbereichen durchgeführte TE-Messungen während

der Prüfzeit. Da die Thyristorimpulse der Resonanzanlage für höhere Messfrequenzen

aufgrund der Kabeldämpfung nicht mehr nachweisbar waren, konnten für diese Fälle aus

den aufgezeichneten Messdaten aufgrund der fehlenden Phasenreferenz keine

Fingerprints erzeugt werden. Eine Beobachtung der Messdaten während anliegender

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 67

Prüfspannung und auch die spätere Offline-Auswertung der digitalen Aufzeichnungen

lieferten jedoch keine Hinweise auf eine TE-Aktivität der Kabelanlage. Die Kabelanlage gilt

damit nach bestandener Wechselspannungsprüfung auch als TE-frei.

Mit diesen Messungen konnte gezeigt werden, dass das Verfahren der induktiven TE-

Auskopplung an der externen Erdverbindung von Trennmuffen auch unter Vor-Ort-

Bedingungen erfolgreich anzuwenden ist.

6.7 Induktive TE-Auskopplung an Crossbonding-Muffen

Die prinzipielle Nutzbarkeit von Schirmtrennstellen zur TE-Auskopplung und -Messung

konnte im Labor und auch vor Ort dargelegt werden. Da die Verfügbarkeit von externen

Schirmverbindungen bei Trennmuffen einer Phase eher gering ist, soll das Verfahren auch

auf seine Anwendbarkeit bei crossbonding-bedingten Schirmtrennstellen untersucht

werden. Bei Crossbonding-Muffen liegen Schirmtrennstellen ähnlich der bereits

untersuchten Trennstellen bei einphasigen Trennmuffen vor. Unterschiede sind jedoch

durch die Verwendung von Crossbonding-Zuleitungen und Crossbonding-Auskreuzkästen

(CB-Box) zu erwarten. Durch die Schirmauskreuzung ist zudem eine gegenseitige

Beeinflussung durch die Verkopplung der Phasen gegeben, weshalb die TE-Messung

synchron dreiphasig durchgeführt werden sollte.

Die systemtheoretische Beschreibung der TE-Impulsausbreitung im Crossbonding-System

kann nach dem aus der Hochfrequenztechnik bekannten Modell der verlustbehafteten

gekoppelten Leitungen (Mehrleitersysteme) beschrieben werden [Mei86]. Einerseits sind

die drei koaxialen Energiekabel bzw. die drei koaxialen Crossbonding-Kabel durch

Koppelkapazität und Koppelinduktivität für hochfrequente Vorgänge miteinander

verkoppelt, andererseits entstehen durch die Schirmunterbrechung an den Crossbonding-

Muffen und die damit verbundene lokale Aufhebung des Koaxialsystems Störstellen, an

denen die elektromagnetischen Wellen das Kabelsystem verlassen können (s. Abbildung

57, markierte Kästen). Hier entstehen weitere Ausbreitungspfade, bei denen sich

Signalanteile zwischen den äußeren Schirmen der energietechnischen Komponenten

untereinander, aber auch zwischen Schirmen und umgebenem leitfähigem Erdreich

ausbreiten können, wie z. B. nach der Vertauschung von Schirm und Innenleiter innerhalb

der Crossbonding-Box. Aufgrund der allgemein gültigen Reziprozität sind über diese

Koppelpfade auch zusätzliche Störeinkopplungen möglich, die empfindliche TE-

Messungen ggf. negativ beeinflussen können.

68 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 57: Übersichtsskizze CB-Komponenten. Markierung: Unterbrechungen im Koaxialsystem

Eine exakte Bestimmung aller auftretenden Eigenwellen und damit eine vollständige

signaltheoretische Beschreibung ist jedoch in starkem Maße von den geometrischen und

elektrischen Eigenschaften und Randbedingungen der beteiligten Komponenten abhängig

und wird daher an dieser Stelle nicht näher untersucht. Für einige einfache

Randbedingungen (z. B. Mehrleitersystem über leitender Ebene) existieren in der Literatur

geschlossene Lösungen. Für eine reale energietechnische Kabelanlage ist dagegen eine

geschlossene analytische Berechnung nicht sinnvoll, da eine Vielzahl von Parametern

nicht bekannt und auch nicht zu ermitteln ist, da Details über die genaue Verlegung z. B.

der Crossbonding-Kabel für den Anlagenbetreiber nicht von Interesse und daher nicht

ausreichend dokumentiert sind. Aus diesem Grunde ist selbst eine numerische

Rechnersimulation nicht immer sinnvoll, da zu viele unbekannte Einflussgrößen die

Modellbildung und damit zwangsläufig auch die Simulationsergebnisse negativ

beeinflussen. Zu empfehlen sind daher ausführliche vorbereitende Messungen bzw. eine

Kalibration am realen Messobjekt selbst. Die so gewonnenen Daten sind direkt auf ihre

Plausibilität hin zu beurteilen und liefern so einen ersten Eindruck über die

messtechnischen Besonderheiten (z. B. ungünstige Frequenzbereiche für die TE-Messung

aufgrund auftretender Resonanzen). Zusammen mit den aufgezeichneten Messdaten

CB-Box

CB-Zuleitungen

L1

L2

L3

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 69

kann so in einer genauen Offline-Analyse eine gesicherte Auswertung vorgenommen bzw.

eine gesicherte Aussage über das TE-Verhalten des Prüflings getroffen werden.

Wie auch schon bei den in Kapitel 6.6 beschriebenen Messungen an Schirmtrennstellen

wird die TE-Auskopplung an Crossbonding-Stellen induktiv durchgeführt. Im Gegensatz

zur Signalauskopplung über in den Schirm- bzw. Erdzweig eingeschleifte

Messimpedanzen [Min01] [Min02] erfolgt hier kein Eingriff in sicherheitsrelevante

Komponenten der Kabelanlage, da die aufklappbaren Hochfrequenz-Transformatoren

ohne Auftrennung der Schirmverbindung an den entsprechenden Leitungen montiert

werden können.

Zur eingehenden Untersuchung der induktiven TE-Auskopplung an Crossbonding-Stellen

wurden vorbereitende Modelluntersuchungen und Messungen im Labor und vor Ort

durchgeführt.

6.7.1 Messtechnische Erprobung an Modellanlagen

Aufgrund des durch die Deregulierung und Liberalisierung der Strommärkte stark

gestiegenen Kosten- und Zeitdrucks der EVU, der sich auch auf die Hersteller von

Kabelsystemen auswirkt, sind umfangreiche Messungen an realen

Hochspannungskabelanlagen zu Forschungszwecken kaum mehr durchzuführen.

Freischaltungen für experimentelle Messungen stehen in der Hoch- und

Höchstspannungsebene aus Kostengründen (Verlust von Durchleitungsentgelten,

mangelnde (n-1)-Verfügbarkeit, Probleme mit der Einhaltung des Spannungsbandes) nicht

zur Diskussion, Messungen vor der erstmaligen Inbetriebnahme einer Crossbonding-

Kabelanlage sind wegen der zeitkritischen Fertigstellung und Übergabe der Anlage oft nur

sehr eingeschränkt möglich. Ebenso sind u. U. zeitaufwändigere Messungen zu

Forschungszwecken mit umfangreicher Parametervariation bei den selten gewordenen

planmäßigen Freischaltungen, wie etwa bei periodisch anfallenden

Korrosionsschutzmessungen, vom Netzbetreiber nicht gerne gesehen, da auch hier die

schnellstmögliche Wiederzuschaltung Priorität hat.

6.7.1.1 Konstruktion einer Modellanlage

Zur messtechnischen Bestätigung der im Vorfeld gewonnenen Simulationsdaten sind

daher zunächst Modellanlagen erstellt worden, an denen mit vor-Ort-tauglichen Sensoren

und kommerziell verfügbaren TE-Messsystemen einführende Messungen durchgeführt

werden konnten. Hierbei wurden sowohl die Modellnachbildung der dreiphasigen

70 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Kabelanlage, als auch die Modellanordnung der Auskreuzkästen in mehreren Stufen

verfeinert und angepasst. Ausgangspunkt für die Modellbildung ist die funktionelle

Reduzierung eines Crossbonding-Kabelsystems auf die für die TE-Auskopplung an

Crossbonding-Stellen wesentlichen Elemente. Diese sind zum einen die Energiekabel

selbst, zum anderen die Crossbonding-Muffen, die Crossbonding-Verbindungskabel und

die Crossbonding-Station (CB-Box) zur Auskreuzung der Schirmpotenziale (s. Abbildung

58).

Trennmuffen

Verbindungskabel

Crossbonding-Station

Abbildung 58: Wesentliche Elemente einer Crossbonding-Kabelanlage

6.7.1.1.1 Konzeption der Modellanlage Um ein möglichst vielseitig und universell einsetzbares Modell zu erstellen, wurde ein

dreiphasiger Aufbau (s. Abbildung 59) mit vier Kabelsegmenten (Kabel 1 bis Kabel 4) und

drei crossbonding-fähigen Muffengruppen (MG1 bis MG3) und den zugehörigen

Auskreuzkästen (CB-Box) konzipiert.

L1 L2 L3

K1 K2 K3 K4A M1 M2 M3 E

M1 CB-Box M2 CB-Box M3 CB-Box

Abbildung 59: Schematische Darstellung der vollständigen Crossbonding-Modellanlage

CB-Box CB-Box CB-Box

Kabel1 Kabel2 Kabel3 Kabel4 MG1 MG2 MG3

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 71

Zur eindeutigen und systematischen Bezeichnung der einzelnen Elemente des Modells

zeigt Abbildung 60 den Aufbau einer einzelnen Muffengruppe im Detail.

Abbildung 60: Schematische Darstellung einer Muffengruppe mit Aufbauelementen

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass bewusst drei mögliche Crossbonding-Stellen

vorgesehen worden sind, da neben dem klassischen und theoretisch optimalen

Crossbonding mit zwei Muffengruppen und drei gleichlangen Kabelsegmenten auch

weitere Verschaltungsmöglichkeiten in der Praxis vorkommen und ihre Berechtigung

haben. So ist z. B. beim modifizierten Crossbonding nach Typ 1 [ANS575] eine Aufteilung

der Gesamtlänge in vier Kabelteilstücke mit drei Crossbonding-Muffen beschrieben (s.

Abbildung 7), wobei das erste und das vierte Teilstück die halbe Länge der mittleren

beiden Segmente aufweisen sollen. Obwohl sich damit insgesamt betrachtet die

induzierten Spannungen der einzelnen Kabelsegmente auf den Schirm ebenso

kompensieren wie beim klassischen Crossbonding, ergeben sich für die maximal zu

erwartenden transienten Überspannungen an den Schirmtrennstellen niedrigere Werte, so

dass die notwendigen Überspannungsableiter bei Schaltvorgängen und im Fehlerfall

weniger belastet werden.

Ein weiterer Vorteil der mehrsegmentigen Modellanordnung ist die variable

Gestaltungsmöglichkeit der Teillängen zwischen den Muffen und zu den Kabelenden hin.

Da die Forderung nach symmetrischen Teilstücken beim stromlosen Betrieb der

Modellanlage nicht berücksichtigt werden muss, können so Konfigurationen erstellt

werden, die ausschließlich für die HF-Signalausbreitung der TE-Impulse von Interesse

sind. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine oder mehrere der Crossbonding-Muffen

auf einfache Weise zu Durchgangsmuffen mit linear kontaktiertem Schirm

umzukonfigurieren und die drei Phasen völlig voneinander zu entkoppeln.

C1-1

K2-1

K2-2

K2-3

K1-1

K1-2

K1-3

C1-3 C1-2

M1-1

M1-2

M1-3

CB1

72 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

6.7.1.1.2 Aufbauelemente der Modellanlage Für eine erste messtechnische Näherung wurde aus koaxialen Messleitungen (RG 58,

BNC-konfektioniert, 50 Ω Wellenwiderstand) eine Modellanlage konzipiert. Der Aufbau

zeichnet sich durch seine Einfachheit und durch ein hohes Maß an Flexibilität aus, da

durch die Verwendung von standardmäßigen und robusten BNC-Verbindern eine

modulare Bauweise möglich wurde, die Konfigurationsänderungen und Erweiterungen auf

einfache Art und Weise zulässt. Aufbauelemente dieses 50 Ω-Modells sind

Kabelsegmente (Energiekabel und Crossbonding-Verbindungskabel), Muffen und

Auskreuzkästen. Die Kabelsegmente wurden durch Messleitungen verschiedener Länge

realisiert. Ein Kriterium für die Längenwahl der nachgebildeten Energiekabel war, in

Anlehnung an die realen Längenverhältnisse, die Vermeidung von störenden

laufzeitbedingten Überlagerungen von Originalimpulsen und Reflexionen. Neben

konstruktiven Maßnahmen zur Impulstrennung wurden zudem schmale

Kalibrationsimpulse von wenigen Nanosekunden Pulsbreite verwendet. Abbildung 61 zeigt

den Zeitverlauf der Ausgangsspannungen der verwendeten Kalibratoren.

a) CAL2A, Fa. Power Diagnostix b) RH-LCD2, TU-Berlin

Abbildung 61: Kalibratoren mit kurzer Pulsbreite

Beim Muffenmodell wurden sowohl die Schirmtrennung als auch die (aufgrund der zum

Kabel veränderten Geometrie) unvermeidliche Änderung des Wellenwiderstandes durch

einen Serienwiderstand in der Leiterverbindung nachgebildet. Abbildung 62 zeigt den als

Referenz gemessenen Verlauf des Wellenwiderstandes einer 110-kV-Muffe (einschließlich

Hochspannungskabel und Messleitung) für VPE-isolierte Hochspannungskabel in

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 73

Aufschiebetechnik und verdeutlicht die Notwendigkeit eines zusätzlichen

Widerstandselementes in der Modellmuffe.

-0,1

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

Zeit bzw. Länge

Spa

nnun

g am

TD

R [V

]

-20-100102030405060708090100110120130140150160170180190200

Wel

lenw

ider

stan

d [Ω

]

U (TDR)

ZMessleitung RG58: 50 Ω

110-kV-Kabel: ca. 33 Ω

CB-Trennstelle: ca. 125 Ω

Messleitung 110-kV-KabelTDR-intern CB-Muffe Fehlanpassung

A B C D

Abbildung 62: Gemessener Wellenwiderstand an einer 110-kV-Modellmuffe

Der über die Länge des Versuchsaufbaus gemessene Wellenwiderstand startet bei

Z = 0 Ω (systeminterner Wert innerhalb des TDR-Messgerätes, Bereich A), steigt dann für

den Bereich der flexiblen Messleitung (RG 58) auf 50 Ω an (Bereich B) und sinkt wieder

auf ca. 30 Ω im Bereich des Hochspannungskabels ab (Bereich C). Im Bereich des

Muffenkörpers steigt der Wellenwiderstand dann bis auf ca. 125 Ω an (Bereich D) und

erreicht damit seinen lokalen Maximalwert innerhalb der Muffelänge. Der weitere Verlauf

ist durch Reflexionen und Fehlanpassung geprägt und daher nicht weiter zu

berücksichtigen.

Der ankommende und der abgehende Kabelschirm sind beim BNC-Modell durch einen

seitlich angebrachten gemeinsamen BNC-Verbinder für die weitere elektrische

Kontaktierung zugänglich. Die bewusst gewählte Asymmetrie des Muffenmodells (BNC-

Anschluss der Schirmpotenziale nicht mittig) stellt dabei sicher, dass ankommender und

abgehender Kabelschirm auf systematische Weise verwechslungssicher behandelt

werden können.

74 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Durch eine BNC-Kurzschlusskappe kann dabei die Schirmtrennung aufgehoben werden.

In der Praxis ist die Möglichkeit der linearen Schirmverbindung z. B. für einphasige

Spannungsprüfungen oder für Korrosionsschutzmessungen notwendig. Daher ist es auch

üblich, die Schirmauskreuzungen nicht in direkter Nähe der Muffen durchzuführen,

sondern in ausgelagerten, meist ebenerdig zugänglichen Crossbonding-Stationen. An

dieser Stelle ist auch der Zugang zu den zur Begrenzung von Überspannungen durch

Wanderwellen notwendigen Ableitern zu nennen [Tra98] [Yam00] [Wan03], auf die jedoch

nicht weiter eingegangen werden soll.

Für den Betrieb als Crossbonding-Muffe können die Schirmsegmente mit denen der

Nachbarmuffe ausgekreuzt werden. Hierzu werden die drei Crossbonding-Muffen mit drei

weiteren (in Relation zu den Nachbildungen der Energiekabel) kurzen koaxialen

Messleitungen mit der Auskreuzbox verbunden, in der dann die zyklische Auskreuzung

der Schirmpotenziale realisiert ist. Abbildung 63 zeigt das Auskreuzschema der

verwendeten Modell-Auskreuzboxen.

L1 L3L2

Abbildung 63: Auskreuzschema des CB-Box-Modells

Als eine weitere Variante des Crossbonding-Modells wurden Mittelspannungskabel zur

Nachbildung der Energiekabelsegmente verwendet. Die Verwendung von dreifach

extrudierten VPE-Mittelspannungskabeln mit Schichtenmantel kommt dabei den realen

VPE-Hochspannungskabeln in Bezug auf Signaldämpfung durch den Einfluss der

Leitschichten und in Bezug auf die Schirmung durch den geschlossenen koaxialen

Metallschirm sehr nahe. Durch die Konfektionierung der Mittelspannungs-Kabelenden mit

BNC-Steckverbindern bleibt eine problemlose Kontaktierung aller anderen Modellelemente

gewährleistet. Auf die Verwendung von entsprechenden Hochspannungskabeln als

optimale (weil reale) Modellelemente musste aufgrund der extrem hohen Kosten und der

schwierigen Handhabbarkeit verzichtet werden.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 75

Das verwendete BNC-Modell der Auskreuzbox ermöglicht die direkte Messung von

Spannungsverläufen mittels Tastköpfen an allen BNC-Kontakten und auch innerhalb der

Muffen. Für die realitätsnähere Signalauskopplung mittels induktiver Sensoren wurde eine

größere Auskreuzbox aufgebaut, die einerseits kompatibel zum bestehenden BNC-Modell

der gesamten Kabelanlage ist, andererseits aber auch dem Aufbau und den

geometrischen Abmessungen einer realen Crossbonding-Box entspricht. Abbildung 64

zeigt die zur induktiven Auskopplung konstruierte Crossbonding-Box neben einer realen

Crossbonding-Box einer 245-kV-VPE-Kabelanlage.

a) Modell der CB-Box zur induktiven TE-Auskopplung

b) CB-Box einer 245-kV-VPE-Kabelanlage der Fa. Nexans

Abbildung 64: Ansicht CB-Box

In ihrer endgültigen und vollständigen Konfiguration ergibt sich für die dreiphasig

aufgebaute Crossbonding-Modellanlage eine Gesamtlänge von ca. 65 Meter pro Phase

mit zugänglichen Messstellen und Einspeisemöglichkeiten für Testimpulse an den

jeweiligen Kabelenden und an jeder der drei Muffengruppen.

6.7.1.1.3 Messungen an der Modellanordnung Um das Verhalten des komplexen Gesamtsystems besser analysieren zu können, wurden

in einem ersten Schritt die Einzelkomponenten des Modells vermessen. Hier ist von

besonderem Interesse, die Ausbreitung eines TE-Impulses von der fehlerbehafteten

Phase über die Crossbonding-Muffe mit angeschlossenem Crossbonding-Kabel bis hin zur

76 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Crossbonding-Box, dem Ort der TE-Auskopplung, zu verstehen. Die Betrachtungen sollen

dabei zum einen Aufschlüsse über die generelle Durchführbarkeit solcher Messungen

liefern, zum anderen eine Abschätzung der zu erwartenden Messempfindlichkeit

ermöglichen.

6.7.1.1.4 Transmissionsverhalten der Modellmuffen Ein potenzieller TE-Fehler in einer der Crossbonding-Muffen breitet sich über alle drei

möglichen Ausbreitungskanäle aus, sowohl nach links und rechts entlang des

Energiekabels, als auch entlang des Crossbonding-Kabels in Richtung der Auskreuzbox.

Der Einfluss der Auskreuzbox wird im späteren Verlauf ausführlich behandelt.

Als simulierte TE-Quelle wurde ein TE-Kalibrator verwendet. Der Kalibrator wird dabei

über eine 2 Meter lange Messleitung an einen der Muffeneingänge angeschlossen, was

für die zu erwartende TE-Ausbreitung einem TE-Fehler innerhalb der Muffen entspricht, da

der dämpfende Einfluss der verwendeten Messleitungen zu vernachlässigen ist. Ein

digitales Speicheroszilloskop mit terminierten Eingängen erfasst die Signale (s. Abbildung

65).

150Ω

2m Koax-Leitungen

Muffe

CAL2A

Oszilloskop

Kalibrator

feste kurze Verbindung

K1-1 K2-1

C1-1

Abbildung 65: Messung der TE-Signalausbreitung am Muffenmodell, alle Messleitungen 2m

Abbildung 66 zeigt die gemessenen Signalverläufe an den drei BNC-Anschlüssen des

Muffenmodells.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 77

Abbildung 66: Gemessene Signalverläufe am Muffenmodell

Der Amplitude des anfänglich eingespeisten Impulses von 3 V stehen am Ausgang der

Muffe nur noch ca. 0,8 V entgegen, am Crossbonding-Abgang können noch ca. -0,5 V

gemessen werden. Abbildung 66 zeigt in einer zeitlich zusammenhängenden Darstellung

alle zu messenden Impulse. Zusätzlich zu den beiden zeitgleich gemessenen Impulsen

am Crossbonding-Abgang und am Ausgang der Muffe ist hier auf Kanal A neben dem

Ursprungsimpuls die Reflexion vom Muffeneingang mit ca. 1 V Spannungsamplitude zu

erkennen (s. Markierung). Diese drei Spannungswerte legen dabei nahe, dass es einen

weiteren Spannungsfall im Gesamtsystem der Modellmuffe geben muss

(Spannungsmasche = 0). Hier fällt eine zusätzliche nicht gemessene Spannung über dem

ohmschen Längswiderstand im Durchgangszweig der Muffe ab, der zur Nachbildung des

Wellenwiderstandsprunges eingebracht worden ist.

Unter Berücksichtigung des elektrischen Ersatzschaltbildes nach Abbildung 67 können die

gemessenen Signalamplituden näher analysiert werden.

K1-1

K2-1

C1-1

78 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 67: Ersatzschaltbild des Muffenmodells

Der an K2-1 (Kanal B in Abbildung 66) gemessene Spannungswert von ca. 0,8 V deutet

unter Berücksichtigung des Spannungsteilers aus den Wellenwiderständen der ab-

gehenden Leitungen und dem ohmschen Längswiderstand darauf hin, dass die von K1-1

in die Modellmuffe hineinlaufende Spannungswelle eine Amplitude von ca. UK1-1,e = 4 V

hat. Gleichzeitig ergibt sich am Ende der Leitung K1-1 für die Spannung ein

Reflexionsfaktor von ru = 0,67, so dass die dort wieder zurücklaufende Spannungswelle

einen Wert von ca. UK1-1,r = 2,68 V besitzt. Diese auf der Leitung K1-1 zurücklaufende

Welle wird am 50 Ω-Eingang des Oszilloskops erneut gemessen. Am Eingangswiderstand

des Oszilloskops liegt jedoch zusätzlich der Innenwiderstand des dort angeschlossenen

Kalibrators parallel. Bei einem Innenwiderstand von Ri = 30 Ω ergibt sich so der

gemessene Spannungswert von ca. 1 V auf Kanal B, sowie ein negativer Reflexionsfaktor

für weitere Teilreflexionen (negativer Peak im weiteren Verlauf des Graphen K1-1 in

Abbildung 66).

Generell muss bei der Betrachtung der Amplituden am Messaufbau jedoch beachtet

werden, dass aufgrund der frequenzabhängigen Reflexionsstellen an den Wellen-

widerstandsdiskontinuitäten Dispersionseffekte auftreten können, die zu einer

Impulsverschleifung und damit auch zu einer Reduzierung der jeweiligen Spannungspeaks

führen. Ein direkter und exakter Vergleich der Signalamplituden (Signalmaxima) aller

auftretenden Impulse wird dadurch erheblich erschwert.

Frequenzverhalten des Muffenmodells

Zur Aufnahme der Übertragungseigenschaften im Frequenzbereich wurden am

Muffenmodell Messungen mit einem Spektrum-Analyser durchgeführt. Es wurde zum

einen der Durchgang vom Eingang (K1-1) zum Ausgang (K2-1) und zum anderen der

Durchgang vom Eingang (K1-1) zum Abgang (C1-1) gemessen. Dabei wurde der jeweils

R = 150 Ω

Z = 50 Ω Z = 50 Ω

Z = 50 Ω

K1-1

K2-1 C1-1

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 79

freie Anschluss im Leerlauf, mit einem 50 Ω Abschlusswiderstand oder mit einem

Kurzschluss betrieben, um alle möglichen Anschlusskonfigurationsvariationen

abzudecken. Muffenausgang und Crossbonding-Abgang zeigten dabei vergleichbare

Frequenzgänge, ebenso wie die Abschlüsse der jeweils freien BNC-Anschlüsse mit 50 Ω

und mit 0 Ω (Kurzschluss). In Abbildung 68 sind die Messergebnisse für den

Muffenausgang dargestellt.

a) Leerlauf an CB-Abgang (offenes Ende)

b) Kurzschluss an CB-Abgang (0 Ω und 50 Ω)

Abbildung 68: Frequenzgang am Muffenausgang (10 dB bis -40 dB bei 5 dB/Div, 10 kHz bis 500 MHz bei 50 MHz/Div)

Da im Leerlauffall keine leitende ohmsche Verbindung besteht und eine Ausbreitung an

der Schirmtrennstelle nur über die Kapazität der angeschlossenen Leitung möglich ist,

sind hier die tiefen Frequenzen stark gedämpft (s. Abbildung 68 a). Im Kurzschlussfall und

bei 50 Ω-Abschluss des jeweils freien BNC-Anschlusses besteht eine leitende ohmsche

Verbindung im Signalweg, durch die auch tieferfrequente Anteile ungedämpft passieren

können (s. Abbildung 68 a). Für höhere Frequenzen begrenzen wiederum die

Längsinduktivitäten des Aufbaus die Transmission in Richtung Muffenausgang.

Überlegungen zur Signalpolarität im Muffenmodell

Am Beispiel der elektrischen Feldkomponente eines TE-Signals sollen die zu erwartenden

Ausgangspolaritäten am Crossbonding-Abgang und an den Muffenausgängen

schematisch anhand der Muffengeometrie verdeutlicht werden. Der Zusammenhang von

Polarität und Laufrichtung des TE-Signals kann einerseits bei bekannter Signalpolarität zur

80 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

TE-Fehlerortung herangezogen werden, andererseits kann über im Einzelfall bekannte

Ausbreitungsrichtungen von reflektierten Signalkomponenten die Polaritätsinformation als

Plausibilitätskriterium herangezogen werden.

Die Impulspolarität eines TE-Signals ändert sich beim Durchlauf durch die Crossbonding-

Muffe von Muffeneingang zu Muffenausgang nicht. Ein einlaufender positiver Impuls wird

auch als positiver Impuls aus der Muffe herauslaufen (s. Abbildung 69 a), E-Feld-Pfeile

zeigen von Plus nach Minus).

EK1-1 K1-2

C1-1

K1-1 K1-2

C1-1

E

a) Einspeisung in K1-1 b) Einspeisung in K1-2

Abbildung 69: Ausbreitung des elektrischen Feldes in der Muffe, E-Feld im Außenraum vernachlässigt

Die zu messende Polarität am Crossbonding-Abgang C1-1 ist dabei negativ. Läuft der

positive Ausgangsimpuls von der anderen Seite in die Muffe hinein, so wird er sie

ebenfalls als positiver Impuls verlassen (s. Abbildung 69 b). Die zu messende Polarität am

Crossbonding-Abgang ist damit auch positiv. Hier ist bereits zu erkennen, dass die zu

messende Polarität am Crossbonding-Abgang die Information über die

Ausbreitungsrichtung des TE-Impulses beinhaltet. Grundvoraussetzung ist hierfür

allerdings die Kenntnis der ursprünglichen TE-Polarität und eine eindeutige Zuordbarkeit

des linksseitigen und rechtsseitigen Schirmpotenzials an der Messstelle. An späterer

Stelle wird diese Problematik weitergehend vertieft bzw. bei Messungen als

Plausibilitätskriterium genutzt.

Der letzte verbliebene Fall ist das Einlaufen eines hier positiven TE-Impulses von Seiten

der Crossbonding-Zuleitung in die Muffe hinein (s. Abbildung 70). An den Ausgängen der

Muffe sind dann herauslaufende Impulse mit gegensätzlichem Vorzeichen zu beobachten.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 81

K1-1 K1-2

C1-1

E

Abbildung 70: Ausbreitung des elektrischen Feldes in der Muffe bei Einspeisung in C1-1, E-Feld im Außenraum vernachlässigt

Dieser Fall tritt immer dann auf, wenn sich der ursprüngliche TE-Impuls aus der

fehlerbehafteten Muffe über die zugehörige Crossbonding-Leitung in die Crossbonding-

Box hinein ausgebreitet hat und von dort aus über die beiden anderen Crossbonding-

Leitungen auf die Nachbarphasen verteilt wird. Dieser Ausbreitungsfall beschreibt damit

die Verkopplung der drei Phasen über das Crossbonding-System und wird bei der

Diskussion der Crossbonding-Box näher untersucht.

Transmissions- und Reflexionsverhalten der Auskreuzkästen

In Anlehnung an die Untersuchungen zum Muffenmodell wurde auch die Crossbonding-

Box messtechnisch untersucht. Zur Bestimmung des Reflexionsverhaltens für in die

Crossbonding-Box einlaufende TE-Impulse wurde die Sprungantwort eines Crossbonding-

Einganges (C1-1) bei abgeschlossenen Ausgängen (C2-1, C3-1) aufgezeichnet (s.

Abbildung 71).

50Ω

50Ω

TDR

C1-1

C2-1

C3-1

CB-Box

Abbildung 71: TDR-Messungen an der CB-Box, schematischer Messaufbau

82 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 72 zeigt die reflektierte Spannungswelle. Für Untersuchungen mittels

Rechnersimulationen wurden zunächst Simulationsmodelle in PSpice entwickelt.

Abbildung 72 zeigt ebenfalls die gute Übereinstimmung von Messung und Simulation.

0,558 m; ≈ 185 Ω

0,83 m; ≈ 83 Ω

ca.1,39 m; ≈ 130 Ω

≈ 110 Ω

a) Reflexionsverhalten der CB-Box b) Simuliertes Reflexionsverhalten

Abbildung 72: Reflexionsmessung

Die einlaufende Spannungswelle wird aufgrund mangelnder Anpassung teilweise

reflektiert. Der in die Crossbonding-Box einlaufende Anteil teilt sich dabei nahezu

symmetrisch auf die beiden verbleibenden Abgänge auf. Abbildung 73 verdeutlicht dieses

Verhalten anhand der E-Feld-Komponente des einlaufenden Signals.

C1-1 C3-1 C2-1

E E21 E2

1Ι ΙΙ

ΙΙΙ

Abbildung 73: E-Feldverlauf innerhalb der CB-Box (schematisch) , E-Feld im Außenraum vernachlässigt

Um das Ausbreitungsverhalten von TE-Impulsen innerhalb der Crossbonding-Box und an

deren Abgängen messtechnisch zu erfassen, wurde ein Testimpuls nach Abbildung 74 a)

in die Crossbonding-Box eingespeist. Abbildung 74 b) zeigt die gemessenen

Signalverläufe der drei Crossbonding-Abgänge.

t

U

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 83

2m Koax-Leitungen

CAL2A

Oszilloskop

Kalibrator

feste kurze Verbindung

CB-Box

C1-1

C2-1

C3-1

a) Versuchsaufbau b) Signalverlauf am CB-Boxmodell

Abbildung 74: Messung der TE-Signalausbreitung am CB-Box-Modell

Als Ursprungsphase des Signals ist die erste Crossbonding-Zuleitung (bei einer TE-

Messung damit Phase L1) eindeutig zu identifizieren. Auf Kanal 1 tritt das Signal mit der

größten Amplitude auf, die Maxima der Kanäle 2 und 3 fallen deutlich geringer aus. Bei

angenommener Symmetrie im Aufbau ergibt sich als zusätzliches Kriterium für die zu

messenden Signale, dass der Spitzenwert in der fehlerbehafteten Phase genau doppelt so

groß ist wie die Amplituden in einer der beiden TE-freien Phasen. Die Impuls-Spitzenwerte

der nicht TE-behafteten Phasen müssen damit gleich groß sein und gegenüber der

Fehlerphase eine entgegengesetzte Polarität aufweisen. Der allgemeingültige

Zusammenhang U1+U2+U3 = 0 lässt sich dabei anhand der bereits angeführten Abbildung

73 (E-Feld in CB-Box) verdeutlichen, in der die drei ankommenden Crossbonding-

Verbindungskabel im Inneren der Crossbonding-Box eine geschlossene

Spannungsmasche darstellen.

Frequenzverhalten des Crossbonding-Box-Modells

Wie auch bei den Untersuchungen am Muffenmodell wurden spektrale

Transmissionsmessungen durchgeführt. Dabei wurde das Referenzsignal in den

84 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Anschluss C1-1 der Crossbonding-Box eingespeist und in zwei Messzyklen zum einen am

Ausgang C2-1 (Signalweg 1 2), zum anderen am Ausgang C3-1 abgegriffen (Signalweg

1 3). Der verbleibende freie Abgang wurde dabei jeweils leer laufend betrieben, mit 50 Ω

abgeschlossen oder kurzgeschlossen. Abbildung 75 zeigt die resultierenden

Frequenzgänge bei 50 Ω-Abschluss des jeweils freien Crossbonding-Abganges mit ca. -

5 dB bis -10 dB Signaldämpfung.

a) Transmission CB-Anschluss 1 nach 2 b) Transmission CB-Anschluss 1 nach 3

Abbildung 75: Frequenzgänge der CB-Box (10 dB bis -45 dB bei 5 dB/Div, 10 kHz bis 500 MHz bei 50 MHz/Div)

Die gute Übereinstimmung beider Graphen belegt, dass sich einlaufende TE-Impulse

nahezu symmetrisch auf beide Crossbonding-Abgänge aufteilen, so dass ein TE-Signal

mit Ursprung auf Phase L1 schließlich auch auf den Phasen L2 und L3 detektierbar ist.

Wie auch schon bei den Messungen am Muffenmodell ist zu erkennen, dass bei einer

bestehenden galvanischen Verbindung (hier 50 Ω) am jeweils dritten Abgang der

Crossbonding-Box auch tieffrequente Signalanteile gut passieren können, was eine

potenzielle phasenübergreifende TE-Ausbreitung über die Crossbonding-Box begünstigt.

Für höhere Frequenzen werden wiederum parasitäre Induktivitäten wirksam und

begrenzen die Ausbreitung diese spektralen Anteile.

Um Messfehler zu vermeiden, muss für alle Messungen die gemeinsame und nicht

trennbare Signalmasse an den Anschlüssen des Messgerätes beachtet werden.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 85

6.7.1.2 Messungen an der vollständigen Modellanlage

Da im Wesentlichen die gewollte Überkopplung von TE-Impulsen an den Crossbonding-

Stellen untersucht werden soll, wurde in einem ersten Versuch sichergestellt, dass eine

parasitäre Überkopplung über die gesamte Ausdehnung der parallel liegenden

Kabellängen zu vernachlässigen ist. Abbildung 76 zeigt das Oszillogramm der

Spannungen aller drei Phasen bei Einspeisung eines Testimpulses auf Phase L1 für das

BNC-Modell und für die Modellanordnung mit Mittelspannungskabeln ohne Crossbonding.

a) Messung am BNC-Modell b) Messung am Mittelspannungs-Kabelmodell

Abbildung 76: Signalverläufe der entkoppelten Phasen L1, L2 und L3 bei TE-Einspeisung auf L1

Bei keiner der Modellanordnungen konnte dabei messtechnisch eine nennenswerte

parasitäre Überkopplung nachgewiesen werden, so dass alle messbaren Effekte auf den

Crossbonding-Einfluss zurückzuführen sind.

6.7.2 TE-Auskopplung an den Crossbonding-Zuleitungen

Wie bereits beschrieben, koppelt ein TE-Impuls an der Schirmtrennstelle einer

Crossbonding-Muffe auch auf die Crossbonding-Verbindungsleitung über und erreicht die

Crossbonding-Box. Überwacht man nun synchron alle drei Crossbonding-Zuleitungen der

drei Phasen einer Muffengruppe, so kann sowohl für einen Einzelimpuls, aber vor allem

auch im Rahmen einer statistischen Auswertung von vielen tausend TE-Impulsen, die

fehlerbehaftete Phase (bzw. Muffe) identifiziert werden. Eine sinnvolle Auswertung ist

damit nicht mehr durch die Betrachtung von einzelnen Oszillogrammen möglich, sondern

wurde mittels eines digitalen Mehrstellen-TE-Messsystems durchgeführt und mit 3PARD

86 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

visualisiert. Abbildung 77 a) zeigt die 3PARD-Darstellung für den künstlichen TE-Fehler

innerhalb der Crossbonding-Muffengruppe auf Phase L1.

a) TE-Fehler auf L1 b) TE-Fehler auf L2 c) TE-Fehler auf L3

Abbildung 77: TE-Fehler auf den Phasen L1, L2, L3 der gemessenen Muffengruppe

Die maximale Anhäufung der Punkte liegt nahezu auf der senkrechten Hauptachse L1 des

Diagramms a) und beschreibt somit diese Phase als TE-Quelle. Dabei repräsentiert der

innere Kreis des Diagramms mit dem Radius r = 1 nach den Konstruktionsregeln der

3PARD-Darstellung diejenigen Impulstripel, bei denen der Impuls mit der dominierenden

gemessenen Ladung (hier der Impuls auf L1) doppelt so groß ist wie die beiden übrigen

Impulse. Impulstripel mit gleichen Ladungsamplituden werden dementsprechend ohne

Vorzugsrichtung in der Mitte des Diagramms eingetragen.

Die Abbildungsteile b) und c) zeigen die 3PARD-Darstellungen von künstlichen TE-

Fehlstellen in den Crossbonding-Muffen der Phasen L2 bzw. L3. Auch hier liegen die

Schwerpunkte der Punktewolken auf den Achsen der jeweilig zugehörigen Fehlerphasen

und nahezu auf den inneren Kreisen mit dem Radius r = 1. Auffällig ist bei allen drei

Diagrammen, dass neben den dominierenden Clustern auf den Achsen zusätzliche

sichelförmige Bereiche mit reduzierter Häufigkeit zu erkennen sind. Diese

charakteristische Struktur entsteht durch nicht vollständig unterdrücktes Rauschen und

durch stochastisch auftretende Störimpulse auf den Messleitungen, die zwar annähernd

zufällig auftreten, beim Einlaufen in das Crossbonding-System aber aufgrund der bereits

angeführten Spannungsmasche mit der Bedingung U1+U2+U3= 0 systematisch in die

Diagrammkonstruktion eingehen.

Wie zu erkennen ist, sind mit der 3PARD-Darstellung TE-Fehler eindeutig der betroffenen

Phase zuzuordnen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der TE-Fehler in der Nähe

L3

L1

L2 L2 L3

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 87

des Messortes auftritt, also innerhalb der zu der Crossbonding-Box (=Messort)

gehörenden Muffen. In diesem Fall durchläuft der TE-Impuls keine nennenswerten

dämpfenden Kabellängen, sondern lediglich eine Crossbonding-Muffengruppe mit den

zugehörigen Crossbonding-Verbindungskabeln und hat damit, wie schon beschrieben, auf

seiner ursprünglichen Phase die größte Amplitude. Auch für höhere Messfrequenzen ist

aufgrund der relativ kurzen Signalwege die Dämpfung nicht relevant. Für Messungen vor

Ort ist dieser Fall (TE-Fehler innerhalb der Muffe oder in relativer Nähe rechts oder links

der Muffe) zwingend anzunehmen, da ein TE-Impuls, der zwei oder gar drei

Crossbonding-Muffengruppen durchläuft, aufgrund der starken Dämpfung (mindestens

eine komplette Kabelteillänge zwischen Fehlerort und Messort, Reflexionsverluste an den

Muffen) am Messort nur noch schwer nachweisbar ist.

Ungeachtet dieser Überlegung wurde im Modellaufbau das mehrfache Durchlaufen von

Crossbonding-Stellen untersucht und in Tabelle 1 als Übersichtsdarstellung

zusammengefasst. Die Zeilen 3 und 4 der Tabelle zeigen die 3PARD-Darstellung von TE-

Signalen, die inklusive des Messortes zwei Crossbonding-Muffengruppen durchlaufen

haben. Hier scheint zwar die Ursprungsphase des Fehlers dominant (größte Amplitude auf

der Fehlerphase), die Richtung der Abweichung der Punktewolke in der 3PARD-

Darstellung ist jedoch abhängig von der Herkunftsrichtung des Fehlerimpulses und führt

damit zu nicht eindeutigen Clusterpositionen (Fehler auf L1 von rechts ähnlich Fehler auf

L3 von links). Dieses Verhalten resultiert aus dem asymmetrischen Aufbau der

modellierten Crossbonding-Muffen, sowie aus der Verwendung eines ohmschen

Längswiderstandes in der Leiterverbindung der Muffe und ist damit lediglich für die

Modellanordnung relevant. Bei einer realen Kabelanlage hat der durchlaufende Impuls

immer auf seiner Ursprungsphase die größte Amplitude, so dass das mehrfache

Durchlaufen von Crossbonding-Stellen nicht wesentlich zu einer Veränderung der

Amplitudenverhältnisse führt und die 3PARD-Darstellung damit immer auf der

fehlerbehafteten Phase dominant ist. Nachfolgend beschriebene Messungen an realen

Kabelanlagen (Kapitel 6.7.3.1) bestätigen dies. Bei der Modellanordnung wird der

Ursprungsimpuls auf der fehlerbehafteten Phase beim Durchlauf durch die Muffe durch

den Längswiderstand stark gedämpft. Seine Amplitude reduziert sich und wird mit den

Amplituden auf den entsprechenden Nachbarphasen vergleichbar. Dabei wird von links

kommend der auf L1 unterbrochene Schirm auf der Phase L2 rechtsseitig fortgesetzt, bei

von rechts kommenden Impulsen jedoch auf der Phase L3 weiter nach links. Daher

weichen auch die Clusterpositionen in der 3PARD-Darstellung jeweils in diese Richtungen

88 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

ab. Zeile 3 der Tabelle zeigt eine Verschiebung des Clusters hin zu L3 (nach rechts), da

der unterbrochene Schirm von L1 auf der Phase L3 fortgesetzt wird. Zeile 4 der Tabelle

zeigt eine Verschiebung des Clusters hin zu L2 (nach links), da der unterbrochene Schirm

von Phase L1 auf Phase L2 fortgesetzt wird. Für TE-Einspeisungen auf L2 bzw. L3 gilt

entsprechendes.

Die Zeilen 5 und 6 der Tabellen zeigen die 3PARD-Darstellungen eines TE-Fehlers mit

dreifacher Auskreuzung. Tendenziell ist eine Verschiebung der Cluster zum Ursprung hin

zu verzeichnen. In der Modellanordnung gleichen sich die Amplituden auf allen Phasen

durch die mehrfachen Auskreuzungen an.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 89

Fehler auf L1 Fehler auf L2 Fehler auf L3 Erläuterung 1x

CB

(von

rech

ts)

ra=2

, fc=

20.0

MH

z,

bw=1

000k

Hz

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

rech

ts a

uf d

ie M

uffe

zu

lauf

end,

ers

te

Ausk

reuz

ung

am

Mes

sort

selb

st

1x C

B (v

on li

nks)

ra=2

, fc=

7.7M

Hz,

bw

=300

kHz

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

links

auf

die

Muf

fe

zula

ufen

d, e

rste

Au

skre

uzun

g am

M

esso

rt se

lbst

2x C

B (v

on re

chts

)

ra=4

, fc=

5.0M

Hz,

bw

=300

kHz

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

rech

ts a

uf d

ie M

uffe

zu

lauf

end,

unt

erw

egs

2x A

uskr

euzu

ng, z

wei

te

Ausk

reuz

ung

am

Mes

sort

selb

st

2x C

B (v

on li

nks)

ra=5

, fc=

5.8M

Hz,

bw

=300

kHz

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

links

auf

die

Muf

fe

zula

ufen

d, u

nter

weg

s 2x

Aus

kreu

zung

, zw

eite

Au

skre

uzun

g am

M

esso

rt se

lbst

3x C

B (v

on re

chts

)

ra=2

, fc=

5.0

MH

z,

bw=3

00kH

z

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

rech

ts a

uf d

ie M

uffe

zu

lauf

end,

unt

erw

egs

3x A

uskr

euzu

ng, d

ritte

Au

skre

uzun

g am

M

esso

rt se

lbst

3x C

B (v

on li

nks)

ra=2

, fc=

8.1

MH

z,

bw=3

00kH

z

TE-F

ehle

r auf

Lx

von

links

auf

die

Muf

fe

zula

ufen

d, u

nter

weg

s 3x

Aus

kreu

zung

, drit

te

Ausk

reuz

ung

am

Mes

sort

selb

st

Tabelle 1: Zusammenfassung der 3PARD-Auswertung an der CB-Modellanlage (ra=Maßstabsfaktor)

90 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

6.7.3 TE-Auskopplung an Crossbonding-Auskreuzkästen

6.7.3.1 Kalibriermessung an einer 245-kV Kabelanlage

Vor der Inbetriebnahmeprüfung einer VPE-isolierten 245-kV-Kabelstrecke in Bad

Schwartau (Schleswig-Holstein) bestand die Möglichkeit, Messungen zur

Impulsausbreitung an der fertig montierten Kabelanlage durchzuführen. Dabei wurden an

den Freiluftendverschlüssen der Kabelstrecke Testimpulse mit 2 nC Impulsladung

eingespeist. Abbildung 78 zeigt den Anschluss des Kalibrators am Kabelende der Phase

L1 und verdeutlicht die Größenverhältnisse. Eine induktionsarme oder gar koaxiale

Einspeisung war nicht möglich.

Abbildung 78: Anschluss des Kalibrators am Freiluftendverschluss

Eine Kabelphase besteht aus neun Teillängen, jeweils durch acht Muffen miteinander

verbunden. Die Muffengruppen 3 und 6 ermöglichen dabei ein Auskreuzen der

Kabelschirme in externen Crossbonding-Boxen, die übrigen Muffen der Gruppen 1, 2, 4, 5,

7 und 8 sind als Durchgangsmuffen ausgelegt. Abbildung 79 zeigt die Muffen bzw.

Muffengruben.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 91

a) Montage der Durchgangsmuffen in Muffengrube b) Externe CB-Box über geschlossener Muffengrube

Abbildung 79: Muffenbereich der Durchgangsmuffen bzw. CB-Muffen

Abbildung 80 zeigt eine geöffnete Crossbonding-Box mit den rot ummantelten

Crossbonding-Brücken, sowie die installierte TE-Messtechnik. Ableiter zum Schutz vor

transienten Überspannungen waren zu diesem Zeitpunkt nicht montiert.

a) Schirmauskreuzung durch CB-Brücken b) Installierte TE-Messtechnik mit HF-Trafos, TE-Erfassungseinheiten, Akkus und LWL

Abbildung 80: Geöffnete CB-Box

Zur Auskopplung der eingespeisten Signale wurden drei Hochfrequenztransformatoren an

den Crossbonding-Brücken der Kabelschirme montiert. Da eine einzelne Schirmbrücke die

Kabelschirme zweier Phasen verbindet, kann der dort montierte TE-Sensor somit Impulse

aus beiden beteiligten Phasen detektieren, diese jedoch nicht eindeutig einer der beiden

Phasen zuordnen. Durch die synchrone Betrachtung der Signale aller drei TE-Sensoren ist

92 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

die Eindeutigkeit jedoch wieder gewährleistet. Bedingt durch diese zwangsläufige

Verkopplung von zwei Phasen an einem Auskoppelort repräsentiert der Messkanal 1 des

angeschlossenen TE-Messsystems nicht Phase L1 der Kabelanlage, sondern die Phasen

L1 und L2, verknüpft über ihre gemeinsame Schirmverbindung. Kanal 2 überwacht die

Phasen L2 und L3, Kanal 3 wiederum die Phasen L3 und L1. Zur Untersuchung des

frequenzabhängigen Ausbreitungsverhaltens der Testimpulse wurden dabei TE-

Messungen bei 0,5 MHz, 1 MHz, 2 MHz und bei 10 MHz an beiden Crossbonding-

Muffengruppen der Kabelanlage durchgeführt.

6.7.3.1.1 Auskopplung an Muffengruppe 3 In einem ersten Messzyklus wurden die Testimpulse an der vom Einspeiseort aus

betrachtet ersten Crossbonding-Muffengruppe (MG3) ausgekoppelt. Die Testimpulse

durchlaufen bis zum Auskoppelort drei Kabelteillängen und werden zusätzlich zur dadurch

resultierenden Kabeldämpfung an zwei Verbindungsmuffen durch Reflexionsvorgänge in

ihrer Amplitude reduziert. Je nach konstruktiver Ausführung der Crossbonding-Stelle

innerhalb der Muffe (asymmetrische CB-Zuleitung, z. B. Schirmtrennung direkt am Anfang

des Muffenkörpers) kann die Crossbonding-Muffe der Muffengruppe 3 als zusätzliche

Reflexionsstelle angesehen werden.

Einspeisung in Phase L1

Abbildung 81 zeigt die gemessenen Amplituden (Mittelwerte aller Impulse) an den drei

Sensoren der Crossbonding-Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L1 in

Abhängigkeit der Messfrequenz.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 93

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2

L2-L3

L3-L1

Abbildung 81: Ausgekoppelte Ladung an MG3 bei Kalibrator-Einspeisung in L1 (2 nC)

Bei allen untersuchten Mittenfrequenzen ist die Dominanz der Amplituden auf den

Crossbonding-Brücken der Phasen L1-L2 und L3-L1 deutlich erkennbar. Diese

Crossbonding-Brücken verbinden den Kabelschirm der Phase L1 mit den Nachbarphasen

und führen somit Anteile des Testimpulses. Die Amplituden der beiden zu L1 gehörenden

Messkanäle sind dabei nahezu gleich groß. Leichte Unterschiede lassen sich, außer durch

die asymmetrische Crossbonding-Box, auch durch den nicht vollständig symmetrischen

Aufbau der dreiphasigen Kabelstrecke begründen. Aus geometrischen Gründen treten

immer Unterschiede z. B. in den Erdkapazitäten bzw. Gegenkapazitäten auf, die auf die

gemeinsamen Koppelimpedanzen Einfluss haben. Ein weiterer Grund für die zu

beobachtende Unsymmetrie ist der Aufbau der Crossbonding-Muffe, bzw. die Art der

Kontaktierung des von den Kabelschirmen zur Crossbonding-Box führenden

Crossbonding-Verbindungskabels. Hier ist von Bedeutung, welches der beiden getrennten

Schirmsegmente auf dem Innenleiter des Crossbonding-Verbindungsleiters, und welches

auf dem äußeren Leiter des Crossbonding-Verbindungskabels fortgeführt wird.

Zur näheren Betrachtung der Unsymmetrien und in Hinblick auf eine zukünftige direkte

Implementierung in die Online-Messsoftware des MPD 540 wurde eine 3PARD-

Visualisierung durchgeführt und deren Informationsgewinn für den Benutzer bewertet.

94 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 82 zeigt die entstehenden Grafiken bei den untersuchten Mittenfrequenzen der

TE-Messung. Aufgrund der bereits dargelegten Verknüpfung von jeweils zwei Phasen zu

einer TE-Erfassungseinheit liegen die einzelnen Phasen der Kabelanlage nicht auf den

Achsen des Diagramms, sondern auf den Winkelhalbierenden der zwischen den Achsen

liegenden Segmente.

0,5 MHz, ra = 2 1 MHz, ra = 1 2 MHz, ra = 0,3 10 MHz, ra = 1

Abbildung 82: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG3 (Einspeisung L1)

Der ebenfalls in Abbildung 82 angegebene Radius des äußeren Kreises ra entspricht dabei

dem nach den Berechnungsvorschriften zur 3PARD-Erstellung ermittelten skalaren Wert

des Amplitudenverhältnisses [Pla02].

Bei allen berechneten 3PARD-Darstellungen liegt die entstehende Punktewolke im zur

Phase L1 gehörenden Drittel des Diagramms. Dabei liefern die Messungen mit den

Mittenfrequenzen von 0,5 MHz, 1 MHz und 10 MHz vergleichbare Cluster, obwohl sich die

Absolutwerte der Impulsladungen erheblich voneinander unterscheiden. Diese Tatsache

ist besonders dann von Vorteil, wenn in einer der Muffen ein TE-Fehler auftritt, der TE-

Impulse unterschiedlicher Amplituden erzeugt (z. B. Oberflächenentladung). Durch die

Betrachtung von Amplitudenverhältnissen, wie es in der 3PARD-Analyse der Fall ist,

werden diese Unterschiede kompensiert. Auch bei Mehrfachfehlern innerhalb derselben

Muffe, die TE-Impulse unterschiedlicher Frequenzcharakteristik zur Folge haben können

(z. B. verschiedene Impulssteilheiten), werden diese TE-Impulse auf direkt nebeneinander

liegende Bereiche im 3PARD-Diagramm abgebildet. Minimale verbleibende Unterschiede

sorgen dabei jedoch weiterhin für eine mögliche Auftrennung in verschiedene Cluster.

Die 3PARD-Darstellung bei 2 MHz Messfrequenz zeigt eine deutliche Abweichung zu den

anderen Diagrammen bezüglich des Abstandes der Punktewolke vom Mittelpunkt. Mit

einem äußeren Radius von ra = 0,3 ist die Skalierung der Darstellung dabei auf einen

L1

L3

L2

L1-2

L2-3 L1-3

L1 L1 L1

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 95

Bereich in direkter Nähe zum Diagrammursprung optimiert. Obwohl hier die Amplituden

der drei Impulse nur eine geringere Abweichung voneinander aufweisen, ist die

Eingliederung in das zur Phase L1 gehörende Diagrammsegment immer noch eindeutig.

Bei zusätzlich auftretenden Impulsquellen kann die Nähe des beschriebenen Clusters zum

Nullpunkt jedoch zu einer Überdeckung mit Punktewolken von symmetrischen Störern

(z. B. auch Grundrauschen) führen.

Die zu beobachtende Frequenzabhängigkeit in beiden Visualisierungsarten führt zu der

Schlussfolgerung, dass es für eine in der Regel unbekannte (d. h. nicht vorher durch

zeitaufwändige Kalibriervorgänge vermessene) Kabelanlage keine einzelne ideale

Messfrequenz gibt. Zur Erlangung einer größtmöglichen Aussagesicherheit ist eine TE-

Messung daher immer unter Variation der Messfrequenzen vorzunehmen, um

konstruktionsbedingte ungünstige Messfrequenzen durch nachträglichen Vergleich der

Messdaten zu erkennen und diese dann gezielt nicht zu verwenden. Eine rechnerische

Bestimmung dieser ungünstigen Frequenzen im Voraus ist aufgrund des komplexen

Gesamtsystems aus Crossbonding-Muffe, Crossbonding-Zuleitung und Auskreuzbox nicht

möglich, da z. B. aufgrund von Montagearbeiten durch Fremdfirmen (Outsourcing)

lediglich die für den sicheren Betrieb der Kabelanlage relevanten Randbedingungen, nicht

aber messtechnisch relevante Details (z. B. die exakte Länge der CB-Zuleitung) bekannt

sind. Unterschiede, wenn auch nicht signifikant, konnten so auch bei den Betrachtungen

der Testimpulseinspeisungen in die Phasen L2 und L3 festgestellt werden.

Einspeisung in Phase L2

Abbildung 83 zeigt die gemessenen Amplituden an den drei Sensoren der Crossbonding-

Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L2 in Abhängigkeit der

Messfrequenz.

96 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2L2-L3L3-L1

Abbildung 83: Ausgekoppelte Ladung an MG3 bei Kalibrator-Einspeisung in L2 (2 nC)

Bei allen untersuchten Mittenfrequenzen ist eine Dominanz der Amplituden auf den

Crossbonding-Brücken der Phasen L1-L2 und L2-L3 erkennbar (bei 10 MHz

Mittenfrequenz dabei weniger stark ausgeprägt). Diese Crossbonding-Brücken verbinden

den Kabelschirm der Phase L2 mit den Nachbarphasen und führen somit Anteile des

Testimpulses.

0,5 MHz, ra = 2 1 MHz, ra = 1 2 MHz, ra = 0,2 10 MHz, ra = 1

Abbildung 84: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG3

L1

L3

L2 L2 L2 L2

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 97

In der 3PARD-Darstellung ist, wie auch schon bei der Betrachtung der Phase L1, eine

eindeutige Korrelation zur Ursprungsphase der Testimpulse zu erkennen. Auch hier ist die

Messfrequenz 2 MHz für eine 3PARD-Auswertung weniger geeignet.

Einspeisung in Phase L3

Abbildung 85 zeigt die gemessenen Amplituden an den drei Sensoren der Crossbonding-

Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L3 in Abhängigkeit der

Messfrequenz.

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2

L2-L3

L3-L1

Abbildung 85: Ausgekoppelte Ladung an MG3 bei Kalibrator-Einspeisung in L3 (2 nC)

Bei den Messungen mit den Mittenfrequenzen von 500 kHz und 1 MHz ist die Dominanz

der Amplituden auf den Crossbonding-Brücken der Phasen L2-L3 und L3-L1 deutlich

erkennbar. Diese Crossbonding-Brücken verbinden den Kabelschirm der Phase L3 mit

den Nachbarphasen und führen somit Anteile des Testimpulses. Die Messungen bei

Mittenfrequenzen von 2 MHz bzw. 10 MHz lassen die Zusammenhänge lediglich erahnen,

liefern jedoch in der gewählten Darstellungsform keine eindeutigen Ergebnisse. In der

3PARD-Darstellung wird diese Einschätzung weiter unterstützt.

98 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

0,5 MHz, ra = 1 1 MHz, ra = 1 2 MHz, ra = 0,2 10 MHz, ra = 0,4

Abbildung 86: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG3

Der Abstand der Punktewolken zum Ursprung des Diagramms bei den Messfrequenzen

von 2 MHz bzw. 10 MHz ist sehr gering (keine ausgeprägte Dominanz), so dass bei

weiteren symmetrischen Störimpulsen eine Verdeckung erfolgen kann. Die erstellten

Diagramme für 500 kHz und für 1 MHz Mittenfrequenz liefern eindeutige Ergebnisse.

Zusammenfassung zur Auskopplung an Muffengruppe 3

Die Messungen an der ersten Crossbonding-Muffengruppe haben gezeigt, dass durch die

induktive Signalauskopplung an den Schirmbrücken innerhalb der Crossbonding-Box eine

TE-Messung mit zusätzlicher Erkennung der fehlerbehafteten Kabelphase durch eine

synchrone Auskopplung realisiert werden kann. Es wird dabei vorausgesetzt, dass die

Messfrequenzen während der Messzeit variiert werden, so dass eventuell ungünstige, im

Vorfeld nicht bekannte Messbereiche in der Nachbearbeitung der Messung erkannt und

mögliche daraus resultierende Fehlinterpretationen durch redundante Aufzeichnungen

kompensiert werden können. Über die erhebliche Distanz von drei Kabelteillängen und

nach Durchlauf durch zwei Muffengruppen konnten die am Freiluftendverschluss

signaltechnisch nicht optimal eingespeisten Testimpulse detektiert und gemessen werden,

so dass für realistische TE-Fehlerorte innerhalb der Muffen deutlich bessere

Messergebnisse und erhöhte Empfindlichkeiten zu erwarten sind, besonders für die

Frequenzbereiche oberhalb von 2 MHz. Für diesen Fall werden äußere Störer

wirkungsvoll unterdrückt und lediglich messnahe TE-Ereignisse in die Auswertung

aufgenommen.

L1

L3

L2

L3 L3 L3

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 99

6.7.3.1.2 Auskopplung an Muffengruppe 6 In einem zweiten Messzyklus wurden die Testimpulse an der vom Einspeiseort aus

betrachtet zweiten Crossbonding-Muffengruppe (MG6) ausgekoppelt. Diese Messungen

geben weiteren Aufschluss über die zusätzliche Signaldämpfung der TE-Impulse, die nun

bis zur Auskopplung die doppelte Kabelstrecke durchlaufen müssen und an drei weiteren

Muffen durch Reflexionsvorgänge abgeschwächt werden.

Einspeisung in Phase L1

Abbildung 87 zeigt die gemessenen Amplituden (Mittelwerte aller Impulse) an den drei

Sensoren der Crossbonding-Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L1 in

Abhängigkeit der Messfrequenz.

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2L2-L3L3-L1

Abbildung 87: Ausgekoppelte Ladung an MG3 bei Kalibrator-Einspeisung in L1 (2 nC)

Bei allen untersuchten Mittenfrequenzen ist die Dominanz der Amplituden auf den

Crossbonding-Brücken der Phasen L1-L2 und L3-L1 deutlich erkennbar. Die Messungen

bei 10 MHz Mittenfrequenz haben dabei jedoch aufgrund der großen Distanz zwischen

Signalquelle und Auskoppelort eine geringere Aussagekraft, sind aber zur systematischen

Vergleichbarkeit zu den Vormessungen auch im weiteren Verlauf konsequent durchgeführt

100 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

worden. Abbildung 88 zeigt die entstehenden 3PARD-Grafiken bei den untersuchten

Mittenfrequenzen der TE-Messung. Auch stellt sich die Messung bei einer Mittenfrequenz

von 10 MHz durch ihren relativ breiten Streubereich der Punktewolke als weniger geeignet

dar.

0,5 MHz, ra = 1 1 MHz, ra = 2 2 MHz, ra = 1 10 MHz, ra = 2

Abbildung 88: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG6

Einspeisung in Phase L2

Abbildung 89 zeigt die gemessenen Amplituden an den drei Sensoren der Crossbonding-

Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L2 in Abhängigkeit der

Messfrequenz.

L1

L3

L2

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 101

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2

L2-L3

L3-L1

Abbildung 89: Ausgekoppelte Ladung an MG6 bei Kalibrator-Einspeisung in L2 (2 nC)

Das Diagramm zeigt ebenso wie die 3PARD-Darstellung eindeutige Ergebnisse für die

Messungen bei 500 kHz, 1 MHz und 2 MHz.

0,5 MHz, ra = 1 1 MHz, ra = 1 2 MHz, ra = 0,2 10 MHz, ra = 2

Abbildung 90: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG6

Einspeisung in Phase L3

Abbildung 91 zeigt die gemessenen Amplituden an den drei Sensoren der Crossbonding-

Box bei Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L3 in Abhängigkeit der

Messfrequenz.

L1

L3

L2

102 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1-L2L2-L3L3-L1

Abbildung 91: Ausgekoppelte Ladung an MG6 bei Kalibrator-Einspeisung in L3 (2 nC)

Hier sind die Messungen bei den Mittenfrequenzen von 2 MHz und 10 MHz als kritisch

anzusehen, da die entstehenden Punktewolken einen zu geringen Abstand vom

Koordinatenursprung oder eine große Streuung aufweisen.

0,5 MHz, ra = 2 1 MHz, ra = 1 2 MHz, ra = 0,4 10 MHz, ra = 1

Abbildung 92: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG6

Zusammenfassung zur Auskopplung an Muffengruppe 6

Auch bei den Messungen an der Muffengruppe 6 konnten die Testimpulse erkannt

werden. Eine eindeutige Phasenzuordnung war durch den Vergleich verschiedener

L1

L3

L2

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 103

Messfrequenzen weiterhin möglich. Der große Abstand von Signalquelle zu Messort führte

dabei jedoch zu einer reduzierten Messempfindlichkeit (ca. 10 % Amplitudenverlust bei

500 kHz, über 50 % Verlust bei 2 MHz, ca. 95 % Verlust bei 10 MHz) und zu einer

verringerten Aussagesicherheit, was für reale TE-Messungen in der Praxis aufgrund der

konstruierten Situation jedoch nicht von Relevanz ist.

6.7.3.1.3 Auskopplung an Muffengruppe 6 bei linearer Schirmverbindung In einem weiteren Messzyklus wurden die Testimpulse wiederum an der vom Einspeiseort

aus betrachtet zweiten Crossbonding-Muffengruppe (MG6) ausgekoppelt, wobei am

Messort die Auskreuzung der Kabelschirme, wie bei einer Spannungsprüfung üblich,

aufgehoben wurde. Die Kabelschirme wurden innerhalb der Crossbonding-Box linear

durchverbunden, so dass bei der synchronen dreiphasigen Messung jede TE-

Erfassungseinheit nicht mehr phasenübergreifend arbeitet, sondern direkt die Impulse

einer einzelnen Kabelphase aufzeichnet. Die Crossbonding-Auskreuzung an

Muffengruppe 3 blieb dagegen unverändert bestehen. Abbildung 93 zeigt die gemessenen

Amplituden (Mittelwerte aller Impulse) an den drei Sensoren der Crossbonding-Box bei

Einspeisung der Kalibratorimpulse auf Phase L1 in Abhängigkeit der Messfrequenz.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L1L2L3

Abbildung 93: Ausgekoppelte Ladung an MG3 bei Kalibrator-Einspeisung in L1 (2 nC)

104 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Wie zu erwarten war, ist die größte Signalamplitude an dem zur Phase L1 gehörenden

Messkanal zu verzeichnen. Lediglich eine geringe Signalüberkopplung durch das

Auskreuzen der Kabelschirme an Muffengruppe 3 bzw. durch unvermeidliche

Koppelimpedanzen ist festzustellen. Aufgrund der erheblichen Amplitudenunterschiede

zeigen sich in Abbildung 94 bei den entstehenden 3PARD-Grafiken weit außerhalb des

Diagrammursprungs liegende Punktewolken (ra > 3). Im Gegensatz zu allen bisherigen

Messungen sind die Messkanäle des TE-Messsystems nun direkt mit den Kabelphasen

verknüpft, da am Auskoppelort kein Crossbonding vorliegt. Die Punktewolken liegen damit

auf den Diagrammachsen.

0,5 MHz, ra = 5 1 MHz, ra = 5 2 MHz, ra = 13 10 MHz, ra = 3

Abbildung 94: 3PARD-Darstellung der gemessenen TE-Signale an MG6 ohne CB bei Einsp. In L1

Da bei der direkten linearen Schirmverbindung im Vergleich zu den phasenübergreifenden

Crossbonding-Auskopplungen eine höhere Signalamplitude messbar ist und zusätzlich

aufgrund der Quasi-Entkopplung der Phasen der Amplitudenabstand zu den

Nachbarphasen L2 bzw. L3 größer ist, liegt selbst die durch Streuung verbreiterte

Punktewolke der 10 MHz-Messung mit deutlichem Abstand vom Koordinatenursprung auf

der zu L1 gehörenden Diagrammachse und kann zu Auswertezwecken herangezogen

werden. In der 3PARD-Darstellung bei 2 MHz Messfrequenz ist die Punktewolke lediglich

klein und undeutlich zu erkennen, was jedoch auf den extrem großen und für die

Auswertung sehr guten Amplitudenverhältniswert von ra = 13 zurückzuführen ist.

L1

L3 L2

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 105

Zusammenfassung zur Auskopplung an Crossbonding-Brücken

Es ist klar festzuhalten, dass die Auskopplung innerhalb der Crossbonding-Box bei

linearen Schirmverbindungen, wie sie z. B. bei einphasig durchgeführten

Spannungsprüfungen der Fall sind, zu den besten Ergebnissen führt. Zum einen ist durch

die direkte Zuordnung einer TE-Messstation zu einer einzelnen, nahezu entkoppelten

Phase eine intuitive Auswertung der Messergebnisse möglich, zum anderen ist die TE-

Amplitude aufgrund der nahezu vollständig koaxialen Impulsausbreitung im Crossbonding-

Zuleitungssystem größer als bei phasenübergreifender Überkopplung. Für kombinierte

Spannungsprüfungen und TE-Messungen ist daher die lineare Schirmverbindung

vorzuziehen. Aber auch bei der Anwendung der induktiven Signalauskopplung zur Online-

TE-Messung an einer sich im Betrieb befindenden Crossbonding-Kabelanlage kann unter

Beachtung der oben beschriebenen Ergebnisse ein empfindliches TE-Monitoring realisiert

werden.

6.7.3.1.4 TE-Auskopplung an der Crossbonding-Zuleitung vor der CB-Box In seltenen Fällen kommt es vor, dass die Crossbonding-Box nach der ersten

Inbetriebnahme der Kabelanlage nicht mehr zugänglich ist oder dass diese auf Wunsch

des Betreibers nicht geöffnet werden darf. Bei zugänglichem Crossbonding-

Verbindungskabel besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit einer TE-Messung mittels HF-

Transformator.

Zur Untersuchung der in diesem Fall maximal zu erreichenden Empfindlichkeit wurde eine

Messung bei Einspeisung eines Testimpulses von 2 nC in Phase L3 mit drei Sensoren

durchgeführt. Sensor 1 im Mittelpunkt der Betrachtung wurde außen um die

Crossbonding-Zuleitung der zur Phase L3 gehörenden Muffe angebracht. Die Sensoren 2

und 3 wurden zur Ermittlung von Vergleichswerten wie auch bei den vorangegangenen

Messungen an den Crossbonding-Brücken L2-L3 und L3-L1 befestigt. Abbildung 95 zeigt

die hierbei zu messenden Ladungswerte der drei Sensoren.

106 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

0

100

200

300

400

500

600

100 1000 10000

Messfrequenz [kHz]

Ladu

ng [p

C]

L3 ZuleitungL2-L3L3-L1

Abbildung 95: TE-Auskopplung an CB-Zuleitungskabel außerhalb der CB-Box, Phase L3

Die Messergebnisse belegen, dass eine TE-Messung mit HF-Transformatoren an der

Crossbonding-Zuleitung außerhalb der Crossbonding-Box nicht empfindlich realisiert

werden kann. Im Vergleich zur TE-Auskopplung an den Crossbonding-Brücken innerhalb

der Auskreuzbox ist die Signalamplitude um den Faktor zwei bis drei reduziert.

Berücksichtigt man dabei den Aufbau der verwendeten Crossbonding-Zuleitungskabel (s.

Kapitel 3.3), wird ersichtlich, dass die magnetische Feldkomponente eines TE-Impulses

durch den doppellagigen und gegensinnig gewickelten Kabelschirm nur stark gedämpft

auskoppelbar ist. Lediglich sehr hochfrequente Signalanteile können durch Lücken im

Schirm nach außen greifen. Diese hochfrequenten Signalanteile waren jedoch bei den

Kalibriermessungen vor Ort bis zum Auskoppelort nicht ausreichend ausbreitungsfähig, so

dass ein messtechnischer Nachweis nicht erbracht werden konnte. Bei potenziellen TE-

Fehlern innerhalb der Crossbonding-Muffengruppe kann eine hochfrequente Messung an

der Crossbonding-Zuleitung jedoch bei ausreichend großen Ladungspegeln u. U.

erfolgreich sein.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 107

6.7.3.2 Vor-Ort-TE-Messungen an Hochspannungskabelanlagen

Zur messtechnischen Erprobung der TE-Auskopplung an Crossbonding-Anlagen unter

Vor-Ort-Bedingungen wurden in Zusammenarbeit mit dem IPH-Berlin experimentelle

Untersuchungen im Rahmen von Spannungsprüfungen und auch kommerziellen TE-

Messungen durchgeführt.

6.7.3.2.1 TE-Messung an einer 400-kV-Kabelanlage mit Muffenkammer An einer ca. 10 km langen 400-kV-Ölkabelstrecke wurden bei routinemäßigen Gas-in-Öl-

Analysen des Isolieröles erhöhte Wasserstoffkonzentrationen festgestellt. Anhand einer

TE-Messung an den Garnituren sollte daher festgestellt werden, ob eventuell

Teilentladungen in der Kabelanlage die beobachtete Wasserstoffbildung verursachten. Da

die Kabelenden der Anlage nicht zugänglich waren und in den Garnituren keine speziellen

TE-Sensoren implementiert waren, konnte die TE-Auskopplung nur an den Crossbonding-

Verbindungen innerhalb der begehbaren Muffengrube vorgenommen werden. Zu diesem

Zweck wurden drei HF-Transformatoren zur induktiven Signalauskopplung an den sich in

direkter Nähe zu den Muffen befindenden Crossbonding-Verbindungskabeln angebracht

(s. Abbildung 96).

Abbildung 96: HF-Trafo an einer CB-Verbindung Abbildung 97: Fingerprint-Darstellung des Kalibrierimpulses

Abbildung 97 zeigt die Ergebnisse der Kalibrierung bei einer eingespeisten Impulsladung

von 10 pC.

gefilterte TE-Signale

Histogramme

108 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Die Kalibratorimpulse zeichnen sich in der Histogrammdarstellung (Fingerprint) deutlich in

Form von zwei eng begrenzten Punktewolken ab. Das rot dargestellte Spannungssignal in

der Mitte des Oszillogramms zeigt dabei das aufgezeichnete Messsignal nach Durchlaufen

der Eingangsverstärker des Messsystems, jedoch vor der implementierten digitalen

Filterung. Damit ist diese Darstellungsform nicht ausschlaggebend für die Ermittlung der

Messempfindlichkeit bzw. des Grundstörpegels. Hierfür kann die blaue Darstellung am

unteren Rand des Oszillogramms herangezogen werden, die die Impulserkennung und

Filterung des digitalen TE-Messsystems berücksichtigt. Die Messempfindlichkeit für die

gewählte Messfrequenz von 4 MHz kann bei freigeschalteter und geerdeter Kabelstrecke

mit < 2 pC angegeben werden und ist demnach für eine empfindliche TE-Messung

ausreichend. Die TE-Messung konnte hier jedoch nur ohne die Verwendung einer

spannungsvariablen und TE-freien (bzw. gefilterten) Prüfspannungsquelle erfolgen, so

dass nach Zuschaltung der Netzspannung auf die Kabelanlage mit einer Reduzierung der

Empfindlichkeit durch die Einkopplung von netzfrequenten Störern aus der Umgebung der

beteiligten Umspannwerke zu rechnen war. Während der gesamten Messdauer konnten

dabei keine TE aus den Garnituren festgestellt werden. Es konnten jedoch TE-Aktivitäten

von benachbarten Betriebsmitteln und Koronaentladungen von Freiluftkomponenten

messtechnisch erfasst werden, die durch die galvanische Leiterkopplung (Kabelanlage im

Netzbetrieb) und durch gemeinsame Erdverbindungen bis zum Messort an den

Crossbonding-Muffen nachweisbar waren. Abbildung 98 zeigt die Fingerprints der

aufgezeichneten TE-Ereignisse, die an den Schirmauskreuzungen K1-K2, K2-K3 und K1-

K3 der Crossbonding-Muffe durch induktive Signalauskopplung bei beidseitiger

Zuschaltung der Kabelstrecke unter Last erfasst worden sind. Aufgrund einer fehlerhaften

Prüfspannungserfassung am Messort ist die absolute Phasenposition der aufgezeichneten

TE-Muster unbekannt, sie kann jedoch anhand der sinusförmigen Cluster erahnt werden.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 109

Abbildung 98: Fingerprint-Darstellung (0° - 360°), Messung an den drei Schirmauskreuzungen

Durch die Variation der Schaltzustände in beiden beteiligten Umspannwerken (z. B.

einseitige Speisung) konnte nachgewiesen werden, dass der Ursprung der TE-Impulse

nicht auf der Kabelstrecke oder in den Garnituren lag. Die Möglichkeit einer empfindlichen

TE-Messung durch Auskopplung an den Crossbonding-Verbindungen konnte jedoch

davon unabhängig durch die erfolgreiche Aufzeichnung von TE-Mustern demonstriert

werden.

6.7.3.2.2 TE-Messung an einer 220-kV-Kabelanlage mit externer Schirmauskreuzung Wenige Tage nach der Inbetriebnahme einer VPE-isolierten 220-kV-Kabelanlage im

Stadtgebiet von Kairo traten trotz bestandener Spannungsprüfungen wiederholt

Muffenfehler auf, die zum Durchschlag und damit zum Ausfall der Kabelanlage führten.

Die Demontage der zerstörten Muffen ließ auf Montagefehler schließen und lieferte

Anzeichen für vorangegangene innere TE-Aktivität. Nach der erneuten Instandsetzung der

Kabelanlage sollte eine Spannungsprüfung mit paralleler TE-Messung durchgeführt

werden, um die Montagequalität der Garnituren zu beurteilen.

110 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

In enger Zusammenarbeit mit dem Muffenhersteller wurden vorbereitende

Labormessungen durchgeführt, um die zu erwartende Empfindlichkeit der TE-Messung mit

induktiver Signalauskopplung an den Crossbonding-Verbindungen innerhalb der

Crossbonding-Box zu ermitteln. An einer kompakten Versuchsanlage (s. Abbildung 99)

bestehend aus Kabelkurzstücken, Wasserendverschlüssen und einer Crossbonding-Muffe

des in Kairo eingesetzten Typs, konnte im Werk des Herstellers zudem eine IEC-konforme

Kalibrierung der induktiven Sensoren durch eine zusätzliche TE-Auskopplung an einem

Koppelkondensator vorgenommen werden. Die Dämpfung des Hochspannungskabels

konnte dabei aufgrund der kurzen verwendeten Längen und der niedrigen Messfrequenz

von < 1 MHz vernachlässigt werden.

a) Versuchsaufbau mit Messtechnik (schematisch) b) Induktive Auskopplung in CB-Box

Abbildung 99: Laboraufbau zur Kalibrierung der induktiven Sensoren an 220-kV-VPE-Kabelmuffen

Bei Variation der Mittenfrequenz des digitalen TE-Messsystems wurden die

Ausgangssignale des vorher kalibrierten induktiven TE-Sensors mit den Ladungswerten

der Testimpulseinspeisung auch für den nicht IEC-konformen Frequenzbereich verglichen,

da die TE-Messungen vor Ort aufgrund der zu erwartenden geringeren Störbeeinflussung

in diesem höheren Frequenzbereich durchgeführt werden sollten. Die messtechnisch

ermittelte Frequenzabhängigkeit des Versuchsaufbaus für Frequenzen oberhalb von

1,5 MHz zeigt Abbildung 100 am Beispiel der auskoppelbaren Amplituden an den

Crossbonding-Verbindungen M1 und M2 innerhalb der Crossbonding-Box.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 111

0

50

100

150

200

250

1,5 2,5 3,5 4,5 5,5 6,5 7,5 8,5f [MHz]

Q [p

C]

0

1

2

3

4

5

Rat

io M

2/M

1

M1

M2

M2 / M1

Abbildung 100: Frequenzabhängigkeit der TE-Auskopplung

Unter Berücksichtigung des bekannten, relativ flach verlaufenden Frequenzganges des

induktiven Sensors im betrachteten Frequenzbereich kann davon ausgegangen werden,

dass der Versuchsaufbau selbst einen erheblichen Einfluss auf die zu messenden

Amplituden bei der Signalauskopplung darstellt und ursächlich für die

Frequenzabhängigkeit und auch für die unterschiedlichen Messwerte der beiden Sensoren

(s. Verhältnis M2 zu M1 in Abbildung 100) verantwortlich ist. So fällt die bei ca. 2,5 MHz zu

erkennende erste Überhöhung im Graphen von M2 mit der λ/4-Resonanz der 15 Meter

langen Crossbonding-Zuleitung zwischen Muffe und Auskreuzbox zusammen (bei

angenommenen 150 m/µs Impulsausbreitungsgeschwindigkeit). Ebenso kann die zweite

Überhöhung der Messkurven bei ca. 5,8 MHz und bei ca. 6,35 MHz den ca. 6 Meter und

ca. 5,9 Meter langen Kabelteilstücken zwischen Muffe und Endverschlüssen zugeordnet

werden. Es wurde daher beschlossen, auch bei der Vor-Ort-Messung trotz der großen

Kabellängen und der damit verbundenen Impulsdämpfung vom Freiluftendverschluss bis

zum Messort (Muffe) eine Testsignaleinspeisung mit 2000 pC am zugänglichen nahen

Kabelende vorzunehmen und die Frequenzabhängigkeit der Gesamtanordnung erneut zu

betrachten. Abbildung 101 zeigt den entsprechenden Aufbau für die Vor-Ort-Kalibrierung

schematisch.

112 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 101: Vor-Ort-Kalibrierung der Auskopplung

Die in einer Entfernung von 500 Metern aufgezeichneten Ladungsamplituden an

Muffengruppe 8 sind in Abbildung 102 in Abhängigkeit der Mittenfrequenz des TE-

Messsystems für die drei Phasen (blue, yellow, red) dargestellt.

0

2 0 0

4 0 0

6 0 0

8 0 0

1 0 0 0

1 2 0 0

1 4 0 0

1 6 0 0

1 8 0 0

2 0 0 0

3 4 5 6 7 8f [M H z ]

Q [p

C]

M 8 b lu e

M 8 y e llo w

M 8 re d

Abbildung 102: Frequenzabhängigkeit der Ausgangssignale vor Ort

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 113

Im Frequenzbereich um ca. 3 MHz ist die maximale Amplitude für alle drei TE-Sensoren

zu erzielen. Auch in diesem Fall stimmt die optimale Messfrequenz mit der zugehörigen

λ/4-Resonanz der ca. 12 Meter langen Crossbonding-Zuleitungen von Muffengruppe 8

überein. Die minimalen Differenzen bei der Position der Maxima zwischen den

Messwerten der drei Phasen können dabei auf die verschiedenen Crossbonding-

Zuleitungslängen aufgrund versetzter Muffenpositionen innerhalb der Muffengrube

zurückgeführt werden. Dabei kamen für die Crossbonding-Muffen aller Muffengruppen und

Phasen nach Angaben des Muffenherstellers und Verantwortlichen der ordnungsgemäßen

Errichtung der Crossbonding-Anlagen Zuleitungslängen von 8 Metern bis 24 Metern zum

Einsatz.

Aufgrund der Untersuchungen zur Frequenzabhängigkeit wurde für die durchzuführenden

TE-Messungen eine Mittenfrequenz von 4 MHz gewählt. Für diese Messfrequenz ist eine

nahezu einheitliche Bewertung des Ladungspegels für alle drei Phasen bzw. für alle drei

Crossbonding-Brücken gewährleistet. Die Wahl einer Messfrequenz oberhalb der

beobachteten Maxima wurde auch hinsichtlich der zu erwartenden besseren

Störunterdrückung äußerer Fremdeinflüsse durch die Signaldämpfung des

Hochspannungskabels begründet.

Zur Reduzierung des zeitlichen und gerätetechnischen Messaufwandes (verfügbare

Anzahl von TE-Erfassungseinheiten und ausreichend langen LWL-Verbindungen) wurde

beschlossen, jeweils drei der 8 Muffengruppen des Kabelsystems synchron zu messen

und dann nach Abschluss eines Messzyklus die gesamte Messtechnik um eine oder zwei

Muffenpositionen vorzurücken. Die daraus resultierenden eventuellen

Mehrfachmessungen mancher Muffen sollten als redundante Information die

Messsicherheit vergrößern. Dabei wurde die durch Kontrollmessungen bestätigte

Annahme zu Grunde gelegt, dass TE-Fehler einer einzelnen Muffe an allen Crossbonding-

Verbindungen der zugehörigen Auskreuzbox und Muffengruppe phasenübergreifend

detektiert werden können. Daher wurde lediglich ein einzelner induktiver Sensor um eine

der Verbindungsbrücken innerhalb der Auskreuzbox montiert (s. Abbildung 99 b), welcher

nachweislich ausreichend sensitiv für TE-Fehler aller drei Phasen ist. Es wurde vereinbart,

bei ersten Anzeichen von TE an einer Muffengruppe die laufende TE-Messung zu

unterbrechen, um die Sensoren aller Schirmbrücken zu montieren und dann mit erhöhter

Messempfindlichkeit bei allen Phasen fortzufahren. Für diesen Fall kann auch eine lineare

Verbindung der Crossbonding-Brücken innerhalb der Auskreuzbox (nur bei einseitiger

114 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Speisung, ohne Lastfluss) und damit eine vollständige Entkopplung der drei Phasen zur

Steigerung der Aussagekraft der TE-Messung vorgenommen werden.

Die TE-Erfassungseinheiten der räumlich 500 Meter weit auseinander liegenden

benachbarten Muffengruppen der Kabelanlage wurden durch spezielle LWL

(stahlummantelt, Militärstandard) miteinander optisch verbunden und durch das digitale

Mehrstellenmesssystem (PC) synchronisiert (s. Abbildung 103).

Abbildung 103: Messstrategie bei Vor-Ort-Messung

Bei auftretenden TE-Signalen kann so durch die Berücksichtigung der

ausbreitungsbedingten Amplitudenabnahme von einer Muffengruppe zur nächsten eine

Fehlerortung vorgenommen werden. Eine Fehlerortung durch Laufzeitanalyse war zum

Zeitpunkt der Messungen nicht möglich, da aufgrund der neuartigen Erfassungshardware

die notwendige Synchronisation der einzelnen TE-Erfassungseinheiten mit der

erforderlichen Genauigkeit im µs-Bereich bei LWL-Verbindungen über einige hundert

Meter noch nicht fehlerfrei implementiert war. Abbildung 104 zeigt eine der beteiligten

potenzialfrei arbeitenden Erfassungseinheiten und die Anbindung der Muffengrube über

Lichtwellenleiter.

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 115

a) TE-Erfassungseinheit mit Messimpedanz und Akku b) LWL-Verbindung zur potenzialfreien Kommunikation

Abbildung 104: LWL-Verbindung der Erfassungseinheiten

Abbildung 105 zeigt tabellarisch die Zusammenfassung der aufgezeichneten Fingerprints

aller 8 Muffengruppen.

116 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Abbildung 105: Fingerprints (0° - 360°) der 8 CB-Muffen

MG8

MG7

MG6

MG5

MG4

MG3

MG2

MG1

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 117

An den Messpositionen der Muffengruppen MG8 und MG7 wurden TE-Pegel von

ca. 15 pC bzw. 10 pC detektiert. Die erkennbare Abnahme des Pegels von MG8 hin zu

MG7 deutet darauf hin, dass es sich dabei um einen externen TE-Störer handelt, der von

TE-behafteten Komponenten im speisenden Umspannwerk einkoppelt. Ab der

Messposition MG6 ist dieser Störer aufgrund des größer werdenden Abstandes und der

daraus resultierenden Kabeldämpfung oberhalb der Messempfindlichkeit von < 10 pC

nicht mehr messbar. Bei beidseitiger Speisung der Kabelstrecke ist von der anderen

Kabelseite betrachtet ebenfalls über die Distanz von zwei Muffengruppen bis hin zur

Messposition MG2 der störende Einfluss des zweiten Umspannwerkes messbar, hier ohne

erkennbare TE-Muster durch die Anhebung des allgemeinen Rauschbandes auf

ca. 20 pC. An diesen beiden Muffengruppen wurden daher ergänzende Messungen bei

1,6 MHz bzw. 1,7 MHz Messfrequenz durchgeführt, die ohne Anzeichen von TE-Aktivität

eine Empfindlichkeit von < 10 pC erreichten.

Durch die Variation der Schaltzustände (linksseitige, rechtsseitige, beidseitige Speisung)

konnte die Quelle der aufgezeichneten TE-Impulse eindeutig mit TE-behafteten

Komponenten in den Umspannwerken in Zusammenhang gebracht werden. Die

montierten Crossbonding-Muffen wurden daher als TE-frei eingestuft und sind seit der

erneuten Inbetriebnahme im Anschluss an die TE-Messung fehlerfrei in Betrieb. Eine

empfindliche TE-Auskopplung an den Crossbonding-Verbindungen der Kabelanlage durch

induktive Sensoren konnte durch diese Vor-Ort-Messung erfolgreich demonstriert werden.

6.7.3.2.3 TE-Messung an einer 132-kV-Kabelanlage mit externer Schirmauskreuzung In Zusammenarbeit mit dem IPH-Berlin wurden im Rahmen einer Resonanz-

Wechselspannungsprüfung (49,4 Hz) TE-Messungen an einer 132-kV-VPE-Kabelanlage

im südwest-europäischen Raum durchgeführt. Die als Doppelsystem ausgeführte

Kabelstrecke hat eine Gesamtlänge von 3185 Metern und ist durch zwei Crossbonding-

Muffen nach 1100 Metern und nach 2200 Metern in drei ungefähr gleich lange

Teilsegmente unterteilt. Im letzten Teilsegment ist eine zusätzliche Durchgangsmuffe bei

2652 Metern montiert. Der Anschluss der Prüfspannungsquelle erfolgte an den

Freiluftendverschlüssen der Masteinführung der Kabelstrecke. Die Auskopplung der TE-

Impulse erfolgte bei verschiedenen Messfrequenzen (2,56 MHz, 6 MHz, 7 MHz) induktiv

mit HF-Transformatoren an der externen Crossbonding-Verbindung der Muffengruppe 1

(CB joint 1), wobei aufgrund der einphasigen Spannungsprüfung die Schirmverbindung

118 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

linear wieder hergestellt worden war. Abbildung 106 zeigt den schematischen Aufbau der

Kabelstrecke, Abbildung 107 zeigt die Realisierung der TE-Auskopplung innerhalb der

Crossbonding-Box mit den durchverbundenen Kabelschirmen.

Abbildung 106: Schema der Kabelanlage

Abbildung 107: TE-Signalauskopplung in der Crossbonding-Box

1: TE-Erfassungseinheit, 2: Akku, 3: HF-Trafo, 4: Prüfspannungssynchronisation, 5: LWL zum Messrechner

Bei den durchgeführten TE-Messungen an der Crossbonding-Muffe 1 wurden fünf der

sechs Phasen des Doppelsystems trotz TE-Aktivität als TE-frei eingestuft. Die detektierten

TE-Impulse dieser Phasen ließen aufgrund ihrer festgestellten Phasenlage auf externe

Störer (Koronaentladungen an den Hochspannungszuleitungen und an Aufbauelementen

des Kabelmastes) schließen. Eine Variation der Mittenfrequenz des digitalen TE-

Messsystems konnte diesen Sachverhalt bestätigen. Mit ansteigender Messfrequenz

nahm die an der Muffengruppe 1 detektierte messbare Ladung ab. Diese

frequenzabhängige Abnahme der TE-Amplitude lässt den Schluss zu, dass die

detektierten Impulse eine lange Wegstrecke von ihrem Ursprungsort bis zum Messort

1

2

3

4

5

Neue Auskoppelverfahren und Sensoren 119

zurückgelegt haben, da sich die hochfrequenten Signalanteile der TE-Impulse aufgrund

der mit zunehmender Kabellänge wirksameren Kabeldämpfung stärker reduzieren als

tieferfrequente Signalanteile. Ein TE-Fehler in direkter Nähe zum Messort ist damit

auszuschließen. Abbildung 108 a) zeigt die aufgezeichneten Fingerprints des externen

Koronastörers auf Phase „blue“ des zweiten Kabelsystems und die Abnahme der

Amplitude mit steigender Messfrequenz.

a) Externer Störer, Ladungsabnahme b) Interner TE-Fehler, keine Ladungsabnahme

Abbildung 108: Einfluss der Messfrequenz auf die Ladungswerte

120 Neue Auskoppelverfahren und Sensoren

Die TE-Messung der sechsten Phase (System 2, Phase „red“) ergab einen internen TE-

Fehler mit Ladungswerten im Nanocoulomb-Bereich. Die Variation der Messfrequenz

ergab dabei nahezu konstante Ladungsamplituden (s. Abbildung 108 b). Die

verschiedenen Frequenzanteile der TE-Impulse konnten nahezu ungedämpft erfasst

werden, was darauf schließen lässt, dass keine nennenswerte Ausbreitung entlang der

Kabelstrecke stattgefunden hat. Die Nähe des vermuteten TE-Fehlers zum Messort

(Muffe CB1) in Kombination mit den gemessenen hohen Ladungswerten bei lediglich 1,4-

facher Nennspannung führt zu der Annahme, dass es sich um einen Gleitentladungsfehler

innerhalb der Muffe CB1 handelt, der den Weiterbetrieb der Kabelanlage gefährden kann.

Dem Betreiber der Kabelanlage wurde daraufhin empfohlen, die Muffe zu bergen bzw. zu

öffnen und damit die Ergebnisse der TE-Messung zu bestätigen.

Auf Wunsch des Betreibers der Kabelanlage wurde zusätzlich zur implementierten TE-

Messtechnik über einen externen Koppelkondensator (8 nF) am Kabelende ausgekoppelt

und mit einem weiteren kommerziellen TE-Messsystem (ICMcompact) im IEC-konformen

Frequenzbereich von < 1 MHz gemessen. Aufgrund der enormen geometrischen

Ausmaße der Hochspannungsverbindungen zur Kontaktierung von Prüfspannungsquelle

und Koppelkondensator mit der Masteinführung konnte hier aber nur ein ungünstig hoher

Grundstörpegel erreicht werden, der eventuell auftretende ladungsschwache TE-Impulse

aus der Kabelanlage überlagern würde. Die Entladungen im nC-Bereich konnten hingegen

sicher detektiert werden. Ähnliche Fingerprint-Darstellungen für diesen Fehlertyp

bestätigten zudem die Messergebnisse der empfindlicheren TE-Auskopplung durch HF-

Transformatoren an den Crossbonding-Verbindungen.

TE-Ortung durch Echometrie 121

7 TE-Ortung durch Echometrie

In vorangegangenen Kapiteln dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass TE-Impulse an

Crossbonding-Verbindungen empfindlich ausgekoppelt werden können. Zur genaueren

TE-Analyse konnten mit den so gewonnenen Informationen Fingerprints und 3PARD-

Darstellungen generiert werden, die auf die Art des TE-Fehlers und dessen Ursprung

schließen ließen. Im Folgenden soll darüber hinaus auf die Möglichkeiten der TE-Ortung

durch Echometrie eingegangen werden, die, unabhängig vom Fehlertyp, eine genaue

Lokalisierung des Fehlerortes in Kabelanlagen durch die Betrachtung einzelner TE-

Impulse und deren Reflexionen ermöglicht, sofern diese durch die HF-

Dämpfungseigenschaften des Kabels aus dem Grundrauschen separierbar sind. Das

Verfahren der Echometrie ist für Messungen an den Kabelenden bereits seit langem

etabliert. Für die Auskopplung der TE-Signale an den Muffen einer Kabelanlage jedoch

müssen spezielle Betrachtungen angestellt werden.

7.1 Grundlagen der TE-Fehlerortung auf Energiekabelanlagen

Aufgrund der Wanderwelleneigenschaften von elektromagnetischen Impulsen auf

Leitungen breiten sich TE-Signale zu beiden Seiten der Fehlerstelle mit der

materialabhängigen Ausbreitungsgeschwindigkeit vTE aus. An Diskontinuitäten des

Wellenwiderstandes erfolgen dabei Reflexionen bzw. Transmissionen. Neben den

Verbindungsmuffen (und auch neben besonderen Kabelfehlern mit Einfluss auf die

Kabelgeometrie oder Querleitfähigkeit) stellen hauptsächlich die hochfrequenzmäßig leer

laufenden Kabelenden eine solche Diskontinuität dar. Hier erfolgt eine Totalreflexion des

Impulses, der somit seine Ausbreitungsrichtung umkehrt und zurück durch das Kabel läuft.

Diese Reflexionsvorgänge wiederholen sich in der Theorie unendlich oft. In der Praxis ist

nach einigen wenigen Reflexionsvorgängen der Impuls soweit gedämpft oder aufgrund der

Dispersion in seiner maximalen Amplitude soweit reduziert, dass dieser aus dem

Grundrauschen nicht mehr zu selektieren ist.

Bei der klassischen TE-Messung erfolgt eine Auskopplung der Impulse an einem der meist

zugänglichen Kabelenden (über einen Koppelkondensator). Bei einer Messung im

Zeitbereich werden dabei der Originalimpuls und seine Reflexionen erfasst. Der zeitliche

Abstand dieser gemessenen Impulse ist aufgrund der als konstant angenommen

122 TE-Ortung durch Echometrie

Ausbreitungsgeschwindigkeit vTE auf dem Energiekabel direkt in eine Entfernungsangabe

umzurechnen. So ergibt nach Gleichung 5 die Zeitdifferenz Δt des ersten Impulspaares

(Originalimpuls und erste Reflexion) den potenziellen Fehlerort lFehler, gemessen vom

messfernen Ende der Kabelstrecke.

tvl TEFehler Δ⋅=

2 Gleichung 5

Für die Fehlerentfernung gemessen vom Standort des Messsystems ergibt sich dann

unter Berücksichtigung der Kabellänge L nach Gleichung 6 ein entsprechender Fehlerort.

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ Δ⋅−= tvLl TE

Fehler 2 Gleichung 6

Durch die Berücksichtigung vieler TE-Impulse ergibt sich so ein statistisch abgesicherter

Bereich (bei Mehrfachfehlern mehrere Bereiche) mit einer erhöhten

Fehlerwahrscheinlichkeit [Kre93].

Da Reflexionsvorgänge an allen Diskontinuitäten des Wellenwiderstandes und nicht nur an

den Kabelenden auftreten, überlagern sich im Reflektogramm zusätzlich Teilreflexionen

von Verbindungsmuffen, die eine eindeutige Auswertung der entstehenden Graphen

erschweren können. Bei Mischkabelstrecken mit Kabelsegmenten verschiedenen

Wellenwiderstandes treten ähnliche Effekte auf. Bei TE-Pegeln geringer Amplitude sind

diese Einflüsse meist zu vernachlässigen. Bei der Kalibration hingegen können diese

Effekte sogar hilfreich sein, da bei der Verwendung eines amplitudenstarken

Kalibrationssignals ein Muffenplan der zu untersuchenden Kabelstrecke messtechnisch

erstellt werden kann. Die Kenntnis der Muffenpositionen ermöglicht unter Einbeziehung

existierender Pläne der Netzbetreiber eine Konzentration auf diese Stellen als potenzielle

TE-Fehlstellen. In der Praxis unterscheidet sich die Dokumentationsqualität der

Kabelnetzbetreiber erheblich voneinander, so dass im Extremfall die Muffenpositionen vor

der Messung nicht bekannt sind und durch eine Echometrie bestimmt werden sollten.

Abbildung 109 zeigt Reflektogramme eines TE-Fehlers und die Ergebnisse der

Muffenbestimmung durch Kalibration.

TE-Ortung durch Echometrie 123

a) TDR eines TE-Fehlers b) Reflexionen durch Muffen bei Kalibration

Abbildung 109: Typische Reflektogramme

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Amplituden des TE-Signals und der aufgezeichneten

Reflexionen eines einzelnen TE-Fehlers in erster Näherung exponentiell abnehmen (s.

Abbildung 109 a). Bei Teilreflexionen durch Stoßstellen sind die Signalamplituden

hingegen deutlich geringer (s. Abbildung 109 b) und werden zeitlich in ihrer Amplitude nur

solange kleiner, bis wiederum eine Totalreflexion vom Kabelende auftritt. Diese

Totalreflexion (falls messbar) kann dabei als Kontrollkriterium (Messzeit entspricht

doppelter Kabellänge) für eine fehlerfreie Messung herangezogen werden.

7.2 Besonderheiten bei der Auskopplung an Crossbonding-Stellen

Bei Kabelanlagen mit SF6-isolierten Einführungsendverschlüssen ist es aufgrund der

mangelnden Zugänglichkeit im Allgemeinen nicht möglich, eine TE-Auskopplung an den

Kabelenden vorzunehmen. Wie bereits beschrieben, besteht jedoch bei Crossbonding-

Kabelsystemen die Möglichkeit, TE-Signale an den Schirmtrennstellen bzw. an den

Auskreuzstellen in den Crossbonding-Boxen zu erfassen und eine klassische auf

Echometrie basierende Fehlerortung vorzunehmen. Aufgrund der im Vergleich zur TE-

Erfassung an den Kabelenden zwangsläufig veränderten Beobachtungsposition ergeben

sich jedoch Oszillogramme von TE-Impulsen und deren Reflexionen, die zwar eine große

124 TE-Ortung durch Echometrie

Ähnlichkeit zu den bekannten Darstellungen aufweisen (und damit zu Fehlinterpretationen

bezüglich des Fehlerortes führen können), jedoch u. U. völlig anders zu interpretieren sind.

Neben der bereits aus der klassischen Echometrie mit Messstandort am Kabelende

bekannten Zeitdifferenz Δt, die in Korrelation zum TE-Fehlerort steht, tritt bei den

Messungen mit beliebigem Messort eine weitere charakteristische Zeitdifferenz auf, die

über die bekannte Umrechnung mittels Impulsausbreitungsgeschwindigkeit vTE den

Abstand des Messstandortes selbst zum Kabelende beschreibt, so dass eine

Unterscheidung dieser beiden verschiedenartigen Zeitdifferenzen durch Indizes sinnvoll

ist. ΔtFehler soll dabei die Zeitdifferenz mit Relevanz für den Fehlerort, ΔtMessort die

Zeitdifferenz mit Relevanz für den Messort bezeichnen.

Bei der TE-Messung an beliebiger Position ergeben sich so i. A. zwei verschiedene

Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2, die anfänglich nicht direkt dem Messort oder dem Fehlerort

zuzuordnen sind. Da aber in der Regel die Messposition bekannt ist, kann eine der beiden

Zeitdifferenzen eindeutig als zum Standort gehörend identifiziert werden. Die andere

Zeitdifferenz ist somit der gesuchte Wert für die Bestimmung des Fehlerortes, der sich

nach Gleichung 7 berechnet.

FehlerTE

Fehler tvl Δ⋅=2

Gleichung 7

Für die ermittelte Fehlerentfernung ist jedoch der Bezugspunkt von großer Bedeutung. Im

Gegensatz zur Ortung mit Messposition an einem der Kabelenden ist der Referenzort für

Entfernungsangaben nicht allein aus den bekannten Gleichungen zu ermitteln. Hier ist es

vielmehr so, dass bei der Identifizierung der Beobachtungsposition durch die Zuordnung

einer der beiden Zeitdifferenzen auch das entsprechende Kabelende (z. B. UW1) vermerkt

werden muss, auf das sich die Zeitdifferenz ΔtMessort bezieht. Die verbleibende zweite

Zeitdifferenz ΔtFehler gibt dann zwangsläufig den Abstand des Fehlerortes zum

entgegengesetzten Kabelende (z. B. UW2) an. Nachfolgende Simulationen und

Messungen sollen diese Zusammenhänge verdeutlichen.

TE-Ortung durch Echometrie 125

7.2.1 Rechnersimulation verschiedener Beobachtungs- und Fehlerpunkte

Zur Verifizierung der im Vorfeld angestellten theoretischen Überlegungen wurden

Laufzeitberechnungen mit der Simulationssoftware PSpice durchgeführt. Energiekabel

wurden hierbei durch ihren Wellenwiderstand und ihre zeitliche Länge (Impulslaufzeit) als

verlustfreie Leitungen (Simulationselement T) nachgebildet. Zur Nachbildung des

Wellenwiderstandsprunges von Verbindungsmuffen wurden ohmsche Längswiderstände

zwischen die Leitungssegmente eingebracht. Die Verwendung von fünf Kabelsegmenten

mit Längen von 400 ns bis 600 ns und die Verwendung von vier Verbindungsmuffen

erlaubte dabei eine Beobachtung an sechs verschiedenen Positionen bei einem für alle

Untersuchungen fest stehenden TE-Fehlerort an Position 3. Abbildung 110 zeigt die

simulierte Schaltung.

Abbildung 110: Simulationsschaltung zur TE-Ortung durch Echometrie

Abbildung 111 fasst die Simulationsergebnisse grafisch zusammen.

126 TE-Ortung durch Echometrie

Abbildung 111: Simulationsergebnisse zur TE-Ortung durch Echometrie

Zur Bestimmung der Fehlerposition werden die Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2 aus den

Graphen 1 bis 6 der Simulationsergebnisse benötigt. In den Plots sind neben den

gewünschten eingekreisten Impulsen und den Reflexionen von den Kabelenden auch

kleinere Impulse zu erkennen. Diese Impulse entstehen durch die parasitären

Teilreflexionen an den Verbindungsmuffen und sind somit auch bei realen Messungen zu

erwarten. Durch die Wahl des Längswiderstandes in der Simulation kann die Amplitude

dieser parasitären Impulse beeinflusst werden. So kann z. B. auch untersucht werden, ab

welchem Widerstandswert (entsprechend dem Reflexionsfaktor der realen Muffe) eine

eindeutige Zuordnung der benötigten Zeitdifferenzen Δt nicht mehr möglich ist. Tabelle 2

fasst die Ergebnisse zusammen.

Δt1 Δt2

TE-Ortung durch Echometrie 127

Messort Δt1 [ns] Δt2 [ns] Δt1 - Bezug Δt2 - Bezug

1 2700 5000 Fehlerort - rechtes Ende Messort - linkes Ende

2 1200 2700 Messort - linkes Ende Fehlerort - rechtes Ende

3 2300 2700 Messort - linkes Ende Fehlerort - rechtes Ende

4 1700 2300 Messort - rechtes Ende Fehlerort - linkes Ende

5 800 2300 Messort - rechtes Ende Fehlerort - linkes Ende

6 2300 5000 Fehlerort - linkes Ende Messort – rechtes Ende

Tabelle 2: Zusammenfassung der Simulationsergebnisse

Die Beobachtung der Impulse von den Positionen 1 und 6 entspricht der klassischen

Echometrie an den Kabelenden und wird im Anschluss betrachtet.

Beobachtungsposition 2 beschreibt hingegen einen typischen Fall für eine TE-

Auskopplung in einer Muffe und soll hier näher erläutert werden.

Die erste auftretende Zeitdifferenz Δt1 wird mit 1200 ns ausgemessen und entspricht damit

der doppelten Kabellaufzeit ΔtMessort der bekannten Beobachtungsposition 2 zum linken

Kabelende. Die zweite ausgemessenen Zeitdifferenz Δt2 entspricht mit 2700 ns somit der

gesuchten doppelten Laufzeitdifferenz ΔtFehler und liefert nach Gleichung 7 die

Fehlerdistanz zum rechten Kabelende.

Ebenso kann für Beobachtungsposition 3 verfahren werden. Obwohl hier Messort und TE-

Fehlerort zusammenfallen, kann nach demselben Schema zur Bestimmung der

Fehlerposition vorgegangen werden. Die erste Zeitdifferenz beschreibt den Abstand des

Messortes zum linken Kabelende, die zweite Zeitdifferenz beschreibt den Abstand des

Fehlerortes zum rechten Kabelende.

Gleiches gilt für die Beobachtungspositionen 4 und 5. Hier entspricht die gemessene erste

Zeitdifferenz Δt1 der bekannten doppelten zeitlichen Entfernung des Messortes betrachtet

vom rechten Kabelende. Demzufolge beschreibt die zweite Zeitdifferenz Δt2 in beiden

Fällen über Gleichung 7 den Fehlerabstand vom linken Kabelende.

Wie schon oben angeführt, stellen die Beobachtungspositionen 1 und 6 Sonderfälle dar,

da sie der klassischen Echometrie durch Messung an den Kabelenden entsprechen. Eine

Fehlerortbestimmung kann also nach den bekannten Verfahren und Formeln erfolgen.

Dennoch soll zur Verdeutlichung der Allgemeingültigkeit des für beliebige

128 TE-Ortung durch Echometrie

Beobachtungspositionen entwickelten Lösungsansatzes gezeigt werden, dass auch diese

Sonderfälle mit der beschriebenen Betrachtung abgedeckt werden können.

Bei Beobachtungsposition 1 wird mit der zweiten Zeitdifferenz von Δt2 = 5000 ns exakt die

doppelte Kabellaufzeit festgestellt. Diese Zeit beinhaltet dabei keine relevante Information,

beschreibt sie doch lediglich das zweifache Durchlaufen des TE-Impulses durch die

Kabelanlage. Wichtig ist jedoch, dass damit die erste Zeitdifferenz Δt1 die gesuchte

Längeninformation für den Fehlerort beinhalten muss. Da der Messort in diesem Fall

eindeutig dem linken Ende der Kabelanlage zuzuordnen ist, bezieht sich die rechnerisch

gewonnene Entfernungsangabe für den TE-Fehler auf die Distanz gemessen vom rechten

Kabelende. Für die auf der Gegenseite gelegene Beobachtungsposition 6 gilt demnach

dasselbe. Δt1 beinhaltet die Entfernungsinformation in Bezug auf das nun linke Kabelende.

Anhand der durchgeführten Simulationen konnte gezeigt werden, dass durch die zeitliche

Erfassung der ersten zwei Zeitdifferenzen des Impuls-Reflektogrammes einer TE-

Messung eine eindeutige Bestimmung des Fehlerortes möglich ist. Der Zeitraum bis zur

Erfassung des dritten Impulses, der für die Bildung der zweiten Zeitdifferenz benötigt wird,

ist dabei im Vergleich zur klassischen Echometrie an den Kabelenden nicht größer. Es

muss lediglich ein Zeitfenster bis zur doppelten Kabellaufzeit zur Auswertung

berücksichtigt werden. Die Qualität der Messung ist damit in Bezug auf

Messempfindlichkeit und Ortungsschärfe mit der klassischen Messung vergleichbar.

7.2.2 Wichtige Sonderfälle

Bei den Simulationsuntersuchungen ist aufgefallen, dass es bei gewissen symmetrischen

Aufbauvariationen zu Problemen bei der eindeutigen Zuordnung der relevanten

Zeitdifferenzen kommen kann. Dies gilt im Besonderen, wenn die Impulslaufzeiten vom

Messort zum Kabelende und vom Fehlerort zum Kabelende annähernd gleich sind. Dieser

Fall liegt in der Praxis vor, wenn z. B., wie bei einer Crossbonding-Kabelanlage üblich,

Kabelsegmente annähernd gleicher Länge verwendet worden sind. Bei drei ähnlich langen

Kabelteilstücken und zwei Muffen je Phase kann es vorkommen, dass sich verschieden

gerichtete Impulsanteile eines TE-Fehlers durch die Symmetrien im Aufbau am Messort

zeitgleich überlagern, so dass eine Separierung in die geforderten Zeitdifferenzen Δt1 und

Δt2 nicht ohne weiteres möglich ist. Abbildung 112 zeigt den Aufbau für die

Simulationsuntersuchungen zu dieser Problematik.

TE-Ortung durch Echometrie 129

Abbildung 112: Simulationsschaltung zur TE-Ortung durch Echometrie

Für die Teillängen der drei Kabelsegmente wurde eine Laufzeit von ca. 500 ns gewählt.

Die Einzelsegmente unterscheiden sich dabei jedoch bewusst mit jeweils 10 ns um 2 %,

damit die im Zeitbereich zusammenfallenden Reflexionen weiterhin unterscheidbar

bleiben. Die Einspeisung des Fehlerimpulses erfolgte in Muffe 1, Beobachtungsposition

war Muffe 2. Abbildung 113 zeigt den simulierten Zeitverlauf.

Abbildung 113: Simulationsergebnisse zur TE-Ortung durch Echometrie, Schaltung n. Abbildung 112

Nachdem der erste Impuls deutlich zu erkennen ist, fällt bei der Betrachtung des weiteren

Zeitverlaufes auf, dass die Folgeimpulse eng beieinander liegen und im ungünstigsten Fall

(exakt gleiche Teillängen der Kabelsegmente) sogar aufeinander liegen oder miteinander

verschmelzen können, wie z. B. auch bei unzureichender Messbandbreite. Die

130 TE-Ortung durch Echometrie

Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2 sind somit nahezu gleich, was jedoch die oben beschriebene

systematische Fehlerortbestimmung nicht negativ beeinflusst. An dieser Stelle ist es

jedoch von größter Relevanz, das Impulspaket letztlich als zwei Einzelimpulse zu

erkennen und aufzulösen. Die Einbeziehung eines weiteren Impulses oder von folgenden

Impulspaketen würde zu einer fehlerhaften Erfassung der Zeitdifferenz Δt2 und damit zu

einer Fehlinterpretation des Messergebnisses führen.

Für den Fall, dass der TE-Fehler an der Beobachtungsposition auftritt, ist eine eindeutige

Unterscheidung der drei benötigten Impulse wiederum leicht möglich. Abbildung 114 zeigt

das simulierte Oszillogramm für diesen Fall.

Abbildung 114: Simulationsergebnisse TE-Ortung, TE-Fehler am Beobachtungspunkt

Die Impulse 1, 2 und 3 haben nahezu den gleichen zeitlichen Abstand zueinander.

Lediglich die parasitären Komponenten der Teilreflexionen an den Muffen, wie z. B. der

zeitlich direkt vor Impuls 2 erkennbare Peak, können sich den Originalimpulsen

überlagern. Aufgrund ihrer geringen Amplitude ist dies jedoch an dieser Stelle nicht von

Bedeutung und beeinflusst die Fehlerortbestimmung nicht.

7.2.3 Modellmessungen an Messleitungen

Zur messtechnischen Überprüfung der gewonnenen Erkenntnisse wurde eine erste

Messreihe an einem einfachen Aufbau aus koaxialen Messleitungen (vTE = 2/3 c0)

durchgeführt. Zur Nachbildung einer Crossbonding-Kabelanlage mit drei nahezu gleich

TE-Ortung durch Echometrie 131

langen Teilsegmenten wurden Messleitungen mit den Teillängen L1 = 33,3 Meter,

L2 = 30,8 Meter und L3 = 28 Meter durch BNC-Kupplungen zu einer Gesamtlänge von

92,1 Metern miteinander verbunden. Die Teillängen wurden dabei bewusst nicht exakt

gleich lang gewählt, um, wie auch schon bei der Simulation, eventuell auftretende

Überlagerungsprozesse durch Symmetrien bei diesen Modellmessungen zu vermeiden.

Es wurden Messungen an allen vier möglichen Auskoppelpositionen durchgeführt. Die

Einspeisung eines nachgebildeten TE-Signals erfolgte durch einen steilen

Kalibrationsimpuls ebenfalls an den vier möglichen Einkoppelorten.

Die Messergebnisse bestätigen die gewonnenen Simulationsergebnisse. An dieser Stelle

soll dabei lediglich die bereits in der Simulation als kritischer Sonderfall bestimmte

Konfiguration mit Messort in Muffe 1 und mit TE-Fehlerort in Muffe 2 näher beschrieben

werden, bei der es bei gleichen Kabelteillängen zu Interpretationsschwierigkeiten bei der

Auswertung der Oszillogramme kommen kann. Abbildung 115 a) zeigt das entsprechende

Reflektogramm.

a) Mess- und Fehlerort in verschiedenen Muffen b) Mess- und Fehlerort in Muffe 1

Abbildung 115: Reflektogramme zur Fehlerortung

Die Zeitdifferenzen Δt1 = 282 ns und Δt2 = 333 ns führen über die bekannte

Ausbreitungsgeschwindigkeit zu Distanzen von 28 Metern und 33 Metern, wobei letztere

den bekannten Abstand vom Messort zum linken Kabelende angibt. Damit ist die

Fehlerposition mit 28 Metern vom rechten Kabelende eindeutig auf die Muffenposition 2

festgelegt. Eine eindeutige Separierung der beiden Signalpeaks im Oszillogramm ist in

diesem Fall möglich gewesen.

132 TE-Ortung durch Echometrie

7.2.4 Modellmessungen an der Mittelspannungs-Versuchsanlage

Zur weiteren Annäherung an realitätsnahe Aufbauten wurden Messungen zur TE-Ortung

an verschiedenen Beobachtungspositionen an der Mittelspannungs-Modellanlage des

Institutes durchgeführt. Hier sind die zu erwartenden Ausbreitungsverhältnisse aufgrund

des Wellenwiderstandes von ca. 30 Ω und der auftretenden Reflexionsstellen an den

Crossbonding-Modellmuffen komplexer. Auch der in Kapitel 6.7.1 beschriebene, zum Teil

polaritätsumkehrende Einfluss des Crossbonding-Muffenabganges auf die Signale am

Messort ist wirksam und beeinflusst die Darstellung.

Zur Nachbildung einer klassischen Crossbonding-Kabelanlage wurden drei ungefähr

gleich lange verfügbare Mittelspannungs-Kabelsegmente der Längen L1 = 14 Meter,

L2 = 16 Meter und L3= 16 Meter, sowie zwei Crossbonding-Modellmuffen miteinander

verschaltet. Das Crossbonding wurde dabei aufgehoben (Kurzschlusskappe, bzw. lineare

Verbindung in CB-Box), so dass der Versuch einphasig durchgeführt werden konnte.

In einer ersten Messreihe wurde der eingespeiste Testimpuls direkt an den Crossbonding-

Abgängen der Muffen erfasst. Hier wird die Pulspolarität entsprechend den

Vorüberlegungen in Kapitel 6.7.1 beeinflusst. In einem zweiten Messzyklus wurde, wie

auch bei zukünftigen Vor-Ort-Messungen vorgesehen, an der nachgebauten

Crossbonding-Box induktiv ausgekoppelt. Der beschriebene Polaritätseinfluss wird in

diesem Fall durch die Richtungsabhängigkeit der induktiven Signalauskopplung

kompensiert. Ein positiver Impuls in Vorwärtsrichtung wird am verwendeten HF-

Transformator ebenso wie ein negativer Impuls in Gegenrichtung mit demselben positiven

Vorzeichen bewertet.

Wie auch schon beim oben beschriebenen einfachen Kabelmodell sollen an dieser Stelle

lediglich anhand des kritischen Sonderfalles mit möglicher Signalüberlagerung (Messung

in MG1, TE-Fehler in MG2 bei gleichen Kabelteillängen) die Oszillogramme zur

Fehlerortung exemplarisch gezeigt werden. Die Bestimmung der Fehlerposition erfolgt

dabei nach bekanntem Schema.

TE-Ortung durch Echometrie 133

a) Messung am CB-Abgang b) Induktive Auskopplung in CB-Box

Abbildung 116: Oszillogramme der Fehlerortung

Es ist zu erkennen, dass bei beiden Messvarianten die Impulsreflexionen trotz der bereits

erklärten verschiedenen Polaritäten zu nahezu gleichen Zeitpunkten auftreten. Die Breite

der einzelnen Impulse in Teil b der Abbildung weisen dabei deutlich auf die durch das

Bandpassverhalten der HF-Transformatoren bedingte reduzierte Messbandbreite der

induktiven Signalauskopplung hin. Aufgrund der geringen Kabellängen der

Modellanordnung überlagern sich hier die Impulse und Reflexionen teilweise, so dass sich

geringfügige Unterschiede bei der Messung der Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2 ergeben, die

den Messort und den Fehlerort beschreiben. Bei realen Kabelanlagen großer Länge ist

das Auftreten dieser Überlagerungseffekte nicht zu erwarten, so dass das beschriebene

Auskoppelverfahren auch bei TE-Messungen und Fehlerortungen vor Ort Anwendung

finden kann.

7.3 TE-Fehlerortung an Hochspannungskabelanlagen vor Ort

Bei der bereits in Kapitel 6.7.3.2.3 beschriebenen TE-Messung an einer 132-kV-VPE-

Kabelanlage im südwest-europäischen Raum konnte durch die Auswertung der

Fingerprints und durch die Variation der Messfrequenzen ein interner TE-Fehler am

Messort selbst nachgewiesen werden.

Darüber hinaus kann durch die Betrachtung von einzelnen TE-Impulsen und deren

Reflexionen an den Kabelenden durch Echometrie die Fehlerposition exakt bestimmt

werden. Dazu werden, wie schon oben beschrieben, die Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2 der

ersten drei detektierten Impulse benötigt. Abbildung 117 zeigt eine statistische

134 TE-Ortung durch Echometrie

Zusammenfassung der bei der Vor-Ort-Messung aufgezeichneten Oszillogramme der

Einzelimpulse mit den zugehörigen Reflexionen. Die Darstellungen sind durch einen am

Institut entwickelten Algorithmus, der Plausibilitätsbetrachtungen wie Impulspolarität und

Ladungsverhältnisse berücksichtigt, nach Abschluss der TE-Messungen offline erzeugt

worden [Kal05]. Das benutzte Verfahren ist dadurch leistungsfähiger und weitaus weniger

störanfällig als die in die Online-Messsoftware implementierte TE-Fehlerortung.

Abbildung 117: Statistische Auswertung der Zeitdifferenzen

oben: Ladung [nC] über Zeitdifferenz, unten: Häufigkeit über Zeitdifferenz

Neben dem Ursprungsimpuls zum Zeitpunkt t0 (hier nicht dargestellt) sind die durch die

offenen Kabelenden bedingten Reflexionsimpulse zu den Zeiten t1 und t2 zu erkennen.

Zusätzlich ist in zeitlicher Nähe zu t1 eine Teilreflexion an einer Muffe messbar, die im

Vergleich zur zeitlich nachfolgenden Totalreflexion vom Kabelende eine deutlich kleinere

Amplitude besitzt. Für die Fehlerortbestimmung ist diese Teilreflexion nicht notwendig,

kann jedoch als zusätzliches Kontrollkriterium angeführt werden.

Die für die Fehlerortbestimmung benötigten Zeitdifferenzen werden zu Δt1 = 12,6 µs und

Δt2 = 23,67 µs ermittelt. Bei einer messtechnisch ermittelten Ausbreitungsgeschwindigkeit

von 174,6 m/µs repräsentiert die Zeitdifferenz Δt1 somit mit 2200 Metern die doppelte

Entfernung des Messortes (Muffe CB1) zum linken Kabelende. Nach der zuvor

beschriebenen Systematik zur Bestimmung des Fehlerortes repräsentiert somit die

Zeitdifferenz Δt2 den Fehlerort, gemessen vom rechten Kabelende. Die ermittelten

t1 t2

TE-Ortung durch Echometrie 135

Faktoren ergeben eine rechnerische Entfernung von 2066 Metern vom rechten Kabelende.

Nach den Angaben des Anlagenbetreibers liegt die Muffe CB1 in einer Entfernung von

2085 Metern vom rechten Kabelende und ist somit Ursprung der TE-Impulse. Diese

Annahme wird durch die schon in Kapitel 6.7.3.2.3 beschriebene Eingrenzung des TE-

Fehlers durch Variation der Messfrequenz auf den Nahbereich des Messortes unterstützt.

Der hohe gemessene TE-Pegel von mehreren Nanocoulomb Impulsladung spricht auch

für einen Muffenfehler, da ein TE-Fehler im VPE-Kabel bei diesen hohen Ladungspegeln

nach einstündiger Messdauer ausgeschlossen werden kann.

Eine genauere Berechnung des Fehlerortes unter Einbeziehung von Messtoleranzen und

Unsicherheiten bei der Impulsausbreitungsgeschwindigkeit führt zu einem Fehlerbereich

von -15 Metern bis +51 Metern um die vom Anlagenbetreiber angegebene Position von

Muffe CB1. Da jedoch davon ausgegangen werden kann, dass sich der TE-Fehler direkt

innerhalb der Muffe befindet, weisen die ermittelten Toleranzwerte darauf hin, dass die

Angaben des Kabelanlagenbetreibers zu den Längen der Kabelteilsegmente und zu den

Muffenpositionen nicht exakt sind. Vielmehr scheint es so, dass die Muffe CB1 um einige

zehn Meter weiter rechts liegt als angegeben, also nahezu exakt an der ermittelten

Fehlerposition. Diese Vermutung wird durch die Berücksichtigung des in Abbildung 117

zum Zeitpunkt t = 11,2 µs erkennbaren und bereits angesprochenen

Teilreflexionsimpulses einer weiteren Muffe unterstützt. Dieser kleinere Impuls entsteht

durch die Teilreflexion des nach rechts laufenden TE-Impulses an der Muffe CB2 und fällt

bei Symmetrie der Teilsegmente mit dem größeren Impuls zeitlich zusammen. Da dieser

Impuls jedoch früher am Messort eintrifft als der vom linken Kabelende totalreflektierte

Impuls t1, muss die durchlaufene Distanz auf dem mittleren Kabelsegment geringer sein

als die Distanz auf dem ersten Teilsegment. Dies kann u. a. dann der Fall sein, wenn die

Fehlerposition, und damit die Muffe CB1, um einige zehn Meter weiter rechts liegt als in

der Dokumentation verzeichnet.

Am Beispiel dieser Vor-Ort-TE-Messung konnte gezeigt werden, dass die in Simulation

und Modellmessungen gewonnenen Erkenntnisse auch unter gestörten Messbedingungen

auf Hochspannungskabelanlagen zu übertragen sind. Eine präzise TE-Fehlerortung ist

neben der klassischen TE-Ortung am Kabelende somit auch an weiteren Auskoppelorten

möglich, speziell an den Crossbonding-Muffen bzw. Auskreuzkästen durch die

Verwendung von Hochfrequenztransformatoren zur induktiven Signalauskopplung.

136 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

8 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

Zur Erzielung eines größtmöglichen Informationsgewinnes ist als Weiterführung der TE-

Auskopplung an einer einzelnen geeigneten Muffe die synchrone TE-Auskopplung an

mehreren zugänglichen Auskoppelstellen einer Energiekabelanlage denkbar (s. Abbildung

118).

Abbildung 118: Prinzip der synchronen Mehrstellenmessung (schematisch)

Zu diesem Zweck wurden die von der Fa. mtronix hergestellten synchronen digitalen

Mehrstellen-TE-Messsysteme des Institutes eingesetzt und dabei auf ihre Vor-Ort-Eignung

zur hoch präzisen Absolutzeiterfassung hin untersucht. Hierzu wurde die zeitgleiche TE-

Auskopplung an allen 22 Garnituren pro Phase einer 400-kV-VPE-Kabelanlage erprobt,

bei der ein Messsystem des Typs MPD 540 verwendet wurde, welches bei einer

räumlichen Verteilung von ca. 20 km über eine optische LWL-Verbindung die synchron

gewonnenen Daten der insgesamt verwendeten 24 autonomen TE-Erfassungseinheiten

akquirieren kann. Besteht keine Möglichkeit einer direkten Verbindung der

Erfassungseinheiten durch LWL, kann durch externe Synchronisationsmechanismen eine

zeitgleiche Messung durchgeführt werden [Wie03] [Ama02] [Wie04]. Zu diesem Zweck

wurden auch erste experimentelle Untersuchungen an einer ca. 10 km langen

Mittelspannungskabelstrecke in Berlin durchgeführt, bei der zwei voneinander

unabhängige TE-Messsysteme vom Typ MPD 540 nachträglich präzise synchronisiert

werden konnten [Kum05] [Kum05b].

Für Laufzeituntersuchungen muss der geometrische Abstand der Sensoren immer in

äquivalente Zeitabstände umgerechnet werden. Diese Zeitabstände sind abhängig von

den frequenzabhängigen Ausbreitungsgeschwindigkeiten auf den Kabelteillängen und

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 137

nicht zwangsläufig trivial zu ermitteln. Besonders bei Mischstrecken von VPE-isolierten

Kabeln mit Übergangsmuffen auf Kabel mit getränkter Papierisolierung ist diese

Umrechnung problematisch und Teil eines weiteren Forschungsvorhabens am Institut. Ein

TE-Fehler hinterlässt beim Durchlaufen der Kabelstrecke und damit beim Durchlaufen der

einzelnen Sensoren jedoch immer eine charakteristische zeitliche Signatur, mit deren Hilfe

man auf den Ursprungsort des Impulses schließen kann.

Besondere Vorteile sind durch den Einsatz von verteilter Sensorik bei der Fehlerortung zu

erzielen. Wenn ein TE-Fehler zwischen zwei Sensoren einer Kabelstrecke auftritt, kann

seine Position durch die Auswertung der Laufzeitdifferenzen zu beiden Messstellen

bestimmt werden. Als Beispiel aus der UHF-Messtechnik kann hier der Einsatz von zwei

Richtkopplersensoren links und rechts einer Verbindungsmuffe angeführt werden, bei dem

eine cm-genaue Feinortung des TE-Fehlers möglich ist. Im Gegensatz zur klassischen

Echometrie (TDR) ist man dabei nicht auf die Erfassung von am Kabelende reflektierten

Impulsen angewiesen, die insgesamt eine lange Wegstrecke auf dem dämpfenden Kabel

zurücklegen müssen. Für einen TE-Fehler am messfernen Kabelende kann die zu

durchlaufende Strecke bis zur Messung der zur Auswertung benötigten ersten Reflexion

somit maximal die dreifache Kabellänge betragen. Die TE-Fehlerortung mit verteilter

Sensorik hingegen kommt ohne die Erfassung von Reflexionen aus, da die auf einem

Energiekabel nach rechts laufende und die nach links laufende Komponente eines TE-

Fehlerimpulses direkt gemessen werden können (s. Abbildung 119).

Messsystem 1 Messsystem 2

lx

x=l/2 - Δt1,2*v/2

t1 t2

t0

t0 - Zeitpunkt des TE-Ereignissest1,2 - Messzeitpunkte des TE-Ereignisses bezogen auf t0

Abbildung 119: TE-Fehlerortung durch Messung an beiden Kabelenden

138 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

Die maximal zu durchlaufende Strecke beträgt hier für den ungünstigsten Fall (je ein

Sensor an beiden Kabelenden, TE-Fehler an einem der beiden Kabelenden) die einfache

Kabellänge. Die TE-Messempfindlichkeit kann damit im Vergleich zur klassischen Ortung

durch Echometrie wesentlich erhöht werden.

8.1 Synchrone TE-Messung mit verteilter Sensorik

An einer VPE-isolierten 400-kV-Kabelanlage mit 20 Muffen und einer Gesamtlänge von

20 km wurden im Rahmen der Inbetriebnahmeprüfung TE-Messungen an kapazitiven

Sensoren der Garnituren durchgeführt. Durch teilweise redundante Aufzeichnung von

Messdaten kamen dabei insgesamt bis zu 25 TE-Erfassungseinheiten zum Einsatz, so

dass ein Netzwerk verteilter Sensorik entstanden ist. Durch die Auswertung der

Messdaten an den verschiedenen Punkten entlang der Kabelstrecke kann eine TE-

Fehlerortung durch Amplitudenvergleich bzw. Laufzeitvergleich erfolgen.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 139

8.1.1 TE-Fehlerortung durch Amplitudenvergleich

Abbildung 120 zeigt die an verschiedenen Orten aufgezeichneten Fingerprints einer

äußeren TE-Fehlstelle am Kabelanfang (Drahtversuch, Korona, 50 kV), an denen die

deutliche Abnahme der TE-Amplitude mit steigendem Abstand von der TE-Quelle

festgestellt werden kann.

a) Endverschluss, kapazitiver Sensor

b) Muffe 1

c) Muffe 2

d) Muffe 3

e) Muffe 4

f) Muffe 5

Abbildung 120: Abnehmende Amplitude mit wachsender Entfernung von Fehlerort

140 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

Bereits nach fünf durchlaufenden Kabelteillängen von insgesamt ca. 5000 Metern sind ab

Muffe 5 bei der gewählten Messfrequenz von 5 MHz keine TE-Impulse oberhalb des

Rauschbandes zu erkennen. Es ist zu erwarten, dass sich für TE-Fehler innerhalb einer

Muffe ein Amplitudenabfall zu beiden Seiten der fehlerbehafteten Garnitur ergibt. Durch

die Variation der Messfrequenz kann dabei die Beobachtungsdistanz zu beiden Seiten

eines Sensors je nach Bedarf vergrößert oder verkleinert werden. Der Amplitudenvergleich

kann bei TE-Messungen mit verteilter Sensorik also zur Ermittlung des TE-Fehlerortes

herangezogen werden. Dieses Verfahren stellt damit eine sinnvolle Weiterentwicklung der

bereits in Kapitel 6.4.2 (TE-Messung an 220-kV-GIS-Einführungsendverschluss)

beschriebenen TE-Ortung durch Amplitudenvergleich an einem einzelnen Messort dar.

8.1.2 TE-Fehlerortung durch Echometrie

Das in Kapitel 7.2 vorgestellte Verfahren der Echometrie an verschiedenen

Beobachtungspunkten zur Fehlerortung durch Ermittlung der ersten und der zweiten

Laufzeitdifferenz kann für die durchgeführte Messung aufgrund der großen Kabellänge

von 20 km nur bedingt zur Anwendung kommen. Wie schon in den Fingerprint-

Darstellungen in Abbildung 120 zu erkennen, wird ein TE-Impuls beim Durchlauf durch die

Kabelstrecke erheblich gedämpft, so dass die Totalreflexion vom fernen Ende schwer

nachweisbar bzw. nicht eindeutig zeitlich zuzuordnen ist. Abbildung 121 zeigt die

statistische Analyse der aufgezeichneten TE-Daten direkt am Einführungsendverschluss

der Kabelanlage.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 141

Abbildung 121: Auswertung der Zeitdifferenzen zur TE-Fehlerortung, Standort EV

Das Histogramm (Achsenbezeichnung „count“) der auftretenden Zeitdifferenzen zeigt,

dass die Teilreflexionen von der ersten Muffe dominieren. Bei einer angenommenen

Ausbreitungsgeschwindigkeit von 169 m/µs und einer Zeitdifferenz von ca. 11 µs ergibt

sich der entsprechende Abstand von ca. 1 km. In äquidistanten Abständen sind die

Teilreflexionen der folgenden Muffen zu erkennen. Hier reduziert sich die Anzahl der

erfassten TE-Ereignisse in der Histogramm-Darstellung, da einige der reflektierten Impulse

aufgrund der geringen Amplitude von Störern bzw. Grundrauschen überlagert sind und so

142 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

nicht immer erkannt werden. Die Betrachtung der Ladungswerte (Diagramm „charge“) des

jeweils ersten Impulses bzw. die Betrachtung des Verhältnisses vom ersten Impuls zur

Reflexion (Diagramm „ratio“) bestätigen diese Annahme. Während die Amplitude des

ersten Impulses jeweils als nahezu konstant anzusehen ist (s. waagerechte Markierung im

Diagramm „charge“), steigt das Verhältnis von Ursprungsimpuls q1 zu Reflexion q2 an (s.

Markierung im Diagramm „ratio“), was mit einer stetigen Abnahme der Amplitude des

reflektierten Impulses gleichbedeutend ist. Ab der 13. Muffe ist keine eindeutige

Zuordnung des reflektierten Impulses zum Ursprungsimpuls mehr möglich. Erst bei der

Reflexion vom fernen Kabelende, bei der es sich im Gegensatz zur Teilreflexion an einer

Muffe um eine Totalreflexion mit größerer Amplitude handelt, kann erneut eine

Distanzbestimmung vorgenommen werden. Bei einer Zeitdifferenz von ca. 225 µs ist eine

erhöhte Anzahl von detektierten Impulsen im Histogramm zu verzeichnen, die zudem mit

der für den ersten Impuls bekannten konstanten Amplitude im Diagramm „charge“

korreliert. Das Kabelende kann somit messtechnisch ermittelt werden. Für TE-Fehler mit

unbekanntem Ort auf der Kabelstrecke ist diese Methode jedoch aufgrund des Auftretens

von mehreren eng beieinander liegenden lokalen Maxima nicht zuverlässig anwendbar. An

dieser Stelle soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass in der Fingerprint-

Darstellung schon ab der fünften Muffe kein Impuls mehr aus dem Grundrauschen

separiert werden konnte.

Abbildung 122 zeigt die Zeitdifferenzauswertung des künstlichen äußeren TE-Fehlers,

beobachtet an Muffe 11. Diese Muffe befindet sich mit einem Abstand von ca. 9 km vom

Kabelanfang ungefähr in der Mitte der Kabelanlage.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 143

Abbildung 122: Auswertung der Zeitdifferenzen zur TE-Fehlerortung, Standort Muffe 11

Wiederum ist eine Häufigkeitsdominanz bei ca. 11 µs zu erkennen (absolutes Maximum).

Diese Impulsansammlung repräsentiert in diesem Fall die beiden Teilreflexionen der

Muffen 10 und 12 links und rechts des Beobachtungspunktes, die den gleichen zeitlichen

Abstand zum in Muffe 11 detektierten Ursprungsimpuls (vom Kabelanfang) aufweisen.

Äquidistant folgen wiederum Teilreflexionen der nächsten Muffen. Bei einer Zeitdifferenz

Δt1 von ca. 107 µs (s. erste Markierung) ist eine relative Verdopplung bei den lokalen

Maxima in der Häufigkeitsdarstellung zu erkennen. Diese Auffälligkeit ist auch in der

Ladungsdarstellung (s. Markierung im Diagramm „charge“) zu erkennen. Eine weitere

Auffälligkeit ist wie auch schon in der vorangegangenen Betrachtung bei Δt2 = 225 µs (s.

zweite Markierung) durch die Totalreflexionen am Kabelende zu erklären. Nach der im

Kapitel 7.2 vorgestellten Methodik zur TE-Fehlerortbestimmung bei beliebiger

Beobachtungsposition ist die Zeitdifferenz Δt1 der Messposition zuzuordnen. Nach

Umrechnung über die Ausbreitungsgeschwindigkeit ergibt sich eine Distanz von

ca. 18 km, was der doppelten Entfernung des Messortes zum rechten Kabelende

144 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

entspricht. Damit entspricht die gemessene Zeitdifferenz Δt2 der gesuchten Fehlerposition

am Kabelanfang (mit ca. 40 km der doppelte Abstand zum linken Kabelende).

Die exemplarische Auswertung der Zeitdifferenzen an Messposition M11 hat gezeigt, dass

das vorgestellte Verfahren zur TE-Fehlerortung an beliebigen Beobachtungspunkten auch

vor Ort erfolgreich angewendet werden kann. Einschränkend muss jedoch an dieser Stelle

angeführt werden, dass die eindeutige und sichere Ermittlung der benötigten

Zeitdifferenzen Δt1 und Δt2 aufgrund der großen Kabellänge nicht immer möglich ist, so

dass in einigen Fällen die Fehlerortung ohne weitere mathematische Nachbearbeitung der

Messdaten (z. B. [Qua05] [Zha05]) nicht erfolgen kann.

8.1.3 TE-Fehlerortung durch Laufzeitvergleich zwischen benachbarten Messorten

Um eine Unabhängigkeit von Reflexionen und den damit zwangsläufig verbundenen

langen Laufdistanzen der TE-Impulse zu erreichen, ist eine Eingrenzung eines TE-Fehlers

zwischen zwei Auskoppelorten möglich. Hier ist die Gesamtlänge der Kabelanlage nicht

von Bedeutung, da lediglich eine oder mehrere Teillängen überwacht werden müssen.

Durch die Bildung von Zeitdifferenzen des Ursprungsimpulses zwischen verschiedenen

Messstationen (anstelle der Bildung von Zeitdifferenzen von TE-Impuls und Reflexion an

einer einzelnen Messstation) kann eine Ortung zwischen den beiden Messstationen auf

der Basis von relativ großen ungedämpften Signalamplituden vorgenommen werden. Zur

Überwachung einer Muffe N werden dazu die TE-Laufzeitdaten der Messstationen an der

Muffe N-1 und der Muffe N+1 miteinander verglichen. Dabei weisen Impulse von

außerhalb des Überwachungsbereiches (also nicht aus der Muffe N kommend) eine immer

konstante Laufzeitdifferenz entsprechend dem bekannten Abstand der beiden Messorte

auf. Bei TE-Fehlern innerhalb des Überwachungsbereiches ist die zu ermittelnde

Zeitdifferenz kleiner als der bekannte zeitliche Abstand zwischen den zwei Messorten. Ein

TE-Fehler aus der exakt zwischen den Messorten liegenden Muffe N hätte dabei eine

Zeitdifferenz nahe Δt = 0 zur Folge und wäre damit sicher zu detektieren.

Abbildung 123 zeigt exemplarisch die Auswertung der durch den äußeren TE-Fehler

verursachten Zeitdifferenzen zwischen den Messstationen der Muffen 11 und 12.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 145

Abbildung 123: Auswertung der Zeitdifferenzen M11 zu M12

Das ausgeprägte lokale Häufigkeitsmaximum bei ca. 5 µs entspricht dabei dem zeitlichen

Abstand der beiden Sensoren und deutet somit auf einen TE-Fehler außerhalb des

Überwachungsbereiches hin. Wiederum sind die schwachen äquidistanten Teilreflexionen

der Nachbarmuffen zu erkennen. Die Auswertung weiterer Sensorpaare führt zu gleichen

Ergebnissen. Die vorzeichenrichtige Auswertung der Laufzeitdifferenzen zwischen

Einführungsendverschluss und erster Muffe ergeben dabei eindeutig den bekannten

Fehlerort am Kabelanfang.

Es konnte gezeigt werden, dass durch die Bildung von Laufzeitdifferenzen einzelner

Sensorpaare der eingeschlossene Bereich auf TE-Aktivität überwacht werden kann.

Aufgrund geringer parasitärer Einflüsse und relativ großer Signalamplituden kann eine

eindeutige Fehlerortung durch verteilte Sensorik erfolgreich realisiert werden.

146 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

8.2 Zeitgleiche Messung durch nachträgliche Synchronisation

Bei großen räumlichen Distanzen ist eine synchrone Einbindung von mehreren TE-

Erfassungseinheiten durch Lichtwellenleiter in ein Gesamtsystem verteilter Sensorik oft

nur mit sehr hohem Aufwand oder sogar gar nicht möglich. Es werden dazu eine Vielzahl

optischer Kommunikationsfasern von jeweils mehreren hundert Metern Länge benötigt, die

dann dem Verlauf der Kabelstrecke folgend miteinander verbunden werden müssen.

Während diese LWL-Verbindung bei einer tunnelverlegten Kabelanlage vor äußeren

Einflüssen gut geschützt ist, kann bei einer oberirdischen Verlegung eine Beschädigung

der Kommunikationsverbindung während der Messdauer von z. T. mehreren Tagen nicht

ausgeschlossen werden. So ist z. B. bei der in Kapitel 6.7.3.2.2 beschriebenen TE-

Messung in Nordafrika eine der über 500 Meter langen, durch die Innenstadt von Kairo

verlegten LWL-Verbindungen im Kreuzungsbereich zweier Hauptstraßen durch einen

überhohen Lastwagenaufbau von den provisorisch aufgestellten Masten gerissen und

letztlich zerstört worden. Durch eine ersatzweise vorgehaltene Reservelänge konnte die

Messung trotzdem erfolgreich beendet werden.

Die Möglichkeit einer synchronen Zweistellen-TE-Messung mit unabhängigen

Messsystemen an beiden Kabelenden ist ein im Folgenden beschriebener Ansatz zur

Vergrößerung der Empfindlichkeit von TE-Messung und -Ortung bzw. der maximal

überwachbaren Kabellänge. Der untersuchte Ansatz beruht darauf, eine nicht unter

Prüfspannung stehende Kabelader des 3-Phasen-Systems zur Synchronisation zu nutzen

und dabei mittels eines Trägersignals an beiden Kabelenden eine Zeitverankerung zweier

für sich hochpräzise arbeitender, synchroner Mehrstellen-TE-Messsysteme zu erreichen.

Die zu bildenden Zeit-Ladungs-Matrizen der Synchronisationskanäle unterscheiden sich

nur um die bekannte Laufzeit des Trägersignals in der Synchronisationsphase, so dass die

zeitlich noch nicht korrelierten Messdatensätze nachträglich auf eine gemeinsame

Zeitbasis gebracht werden können. Dieses Verfahren vergrößert den für die Fehlerortung

überwachbaren Bereich gegenüber der herkömmlichen Echometrie um den Faktor 2.

Gleichermaßen kann dieses Verfahren auch zu einer synchronen Mehrstellen-TE-

Messung an mehreren Verbindungsmuffen bzw. Crossbonding-Muffen nahezu unbegrenzt

erweitert werden.

Wesentliche Voraussetzung für die Untersuchungen ist ein hochauflösendes synchrones

Mehrstellen-TE-Messsystem, wie das bereits beschriebene MPD 540, welches eine

nahezu vollständig digitale Verarbeitung der TE-Signale realisiert.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 147

8.2.1 Synchronisation durch TTL-Signal

Für erste Laboruntersuchungen zur Erzeugung einer Zeitreferenz wurden baugleiche

Impulsgeber (Kal 1, Kal 2) verwendet, die mittels TTL-Signal extern triggerbar sind. Die

Genauigkeit des Triggerzeitpunktes der beiden Impulsgeber ist in Abbildung 124

dargestellt.

Abbildung 124: Triggerzeitpunkt zweier baugleicher, extern triggerbarer Impulsgeber

Die Übertragung eines Rechtecksignals (TTL-Signals) auf einem Energiekabel führt

aufgrund von Dämpfung und Dispersion zu einer Verformung der relativ steilen Flanke.

Eine mögliche Abhilfemaßnahme stellt die Aufbereitung des verformten Rechtecks am

Kabelende mittels einer Basiskomparatorschaltung dar, bei der eine positive

Differenzspannung zwischen Rechtecksignal und einstellbarer Referenzspannung

leerlaufverstärkt und am Ausgang auf 5 V begrenzt wird. Alternativ kann statt des

Rechtecksignals ein Sinussignal (z. B. 10 Vpp, 0,1 Hz) auf dem Energiekabel übertragen

werden, aus dem an beiden Kabelenden ein TTL-Signal zur Triggerung der Impulsgeber

mittels Komparatorschaltung erzeugt wird. Grundlegender Nachteil elektronischer

Schaltungen ist allerdings ein vorhandener Zeitjitter durch die Zusammenschaltung

verschiedener Halbleiterbauelemente, das zudem von äußeren Einflüssen wie Temperatur

und Feuchte abhängig ist.

8.2.2 Synchronisation durch Pulsinjektion

Die direkte Übertragung eines Impulses über das Energiekabel als Zeitanker erfordert eine

ausreichende Signalamplitude und eine möglichst wählbare Impulswiederholfrequenz

148 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

(Auswahl geeigneter Zeitfenster zur Synchronisierung). In Laboruntersuchungen wurden

daher kommerziell erhältliche Impulsgeber (z. B. LDJ-5, Fa. LDIC und CAL501,

Fa. mtronix) mit einer Ladung von 10 nC und einer Pulsfolge von 0,1 Hz bis 1 MHz erprobt

und später vor Ort eingesetzt.

8.2.3 Versuchsstrecke zur Vor-Ort-Untersuchung

Die Untersuchungen zu einer synchronen Zweistellen-TE-Messung konnten an einem 30-

kV-Kabel durchgeführt werden. Die Länge der Kabelstrecke betrug laut Verlegeplan etwa

9,4 km. Es handelte sich hierbei um eine Mischstrecke, die aus ca. 20 %

kunststoffisoliertem Kabel und aus ca. 80 % Masse-Papier-isoliertem Kabel

(Höchstädterkabel) besteht. Damit wird deutlich, dass Dämpfung und Dispersion von

hochfrequenten Impulsen bei der Ausbreitung auf dem Kabel wesentlich durch die

Eigenschaften der Öl-Papier-isolierten Abschnitte bestimmt werden. Darüber hinaus

besitzt die Strecke eine Vielzahl an Verbindungs- bzw. Übergangsmuffen, die als Stellen

mit Wellenwiderstandsänderungen ebenfalls zu Impulsveränderungen führen. Für die

Untersuchungen war von großem Vorteil, dass beide Kabelenden sich in einem

Umspannwerk in einer Entfernung von etwa 50 Meter befanden. Dadurch wurde ein

direkter Vergleich einer synchronen Zweistellen-TE-Messung bei verschiedenen Methoden

der Synchronisierung der Messdaten möglich.

8.2.4 Messverfahren

8.2.4.1 Grundgedanke der synchronen Mehrstellen-TE-Messung an Kabelanlagen

Bei der Verwendung zweier autarker, aber gleichartiger Messsysteme, erfolgt eine

Synchronisierung mittels eines unabhängigen exakten Zeitnormals. Exakte

Synchronisation bedeutet für die Messung an Kabelanlagen eine Genauigkeit von maximal

100 ns, die etwa einer akzeptablen Ortungsgenauigkeit von 10 Metern bis 20 Metern

entspricht. Dazu können Atomuhren oder das GPS verwendet werden. Atomuhren mit der

geforderten Genauigkeit von etwa 100 ns sind sehr teuer und unterliegen zudem stark

äußeren Einflüssen, wie Temperatur oder Magnetfeldern. Die Anwendung des GPS kann

zwar die minimal gewünschte Genauigkeit der Synchronisation erzielen, erfordert aber

freie Sicht auf Satelliten oder eine aufwändige Antennenkonstruktion in Nähe des zu

prüfenden Betriebsmittels. Des Weiteren muss das GPS-Zeitsignal mittels geeigneter

Hardware dem Messsystem bzw. der Messsoftware zugeführt werden.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 149

In einem weiteren Ansatz wird auf die unter Prüfspannung stehende Phase einseitig ein

Impuls eingespeist und als Synchronisator zweier unabhängiger Datenerfassungssysteme

genutzt [Wie03] [Wie04]. Die dabei erzielte Ortungsgenauigkeit entspricht der bei

Synchronisierung mittels GPS. Allerdings muss bei diesem Verfahren eine Messeinheit

sowohl Synchronisationsimpuls als auch echte TE des Betriebsmittels empfindlich messen

und unterscheiden können, was u. U. hohe Anforderungen an den Dynamikbereich der

Digitalisierung stellen kann.

8.2.4.2 Synchronisierung mittels Trägersignal

Das untersuchte neuartige Verfahren (s. Abbildung 125) zur Synchronisierung der

Messsysteme basiert darauf, eine nicht unter Prüfspannung stehende Kabelader des 3-

Phasen-Systems als Synchronisationsphase zu nutzen.

M1_1 M2_1

NF (z.B. 0,1Hz)TTL (0...5V) oderSinus 10Vpp

Phase 3

Phase 2 (Synchronisationsphase)

lKabel

Messsystem 1 Messsystem 2

tM2

qTE2

AC (HS)

tM1

qSync

tM2

qSync

Phase 1 (Testphase)

tM1

qTE1

AC (HS)

Abbildung 125: Prinzip synchrone Mehrstellen-TE-Messung mittels Trägersignal

In diese Phase wird ein Trägersignal an einem Kabelende eingespeist und erreicht das

andere Kabelende entsprechend der Kabellaufzeit mit ausreichender Amplitude. Dieses

Trägersignal kann ein niederfrequentes und damit auf dem Energiekabel nur gering

gedämpftes Sinus- bzw. Rechtecksignal sein. Das Trägersignal löst an beiden Kabelenden

periodisch je einen extern triggerbaren Impulsgeber aus. Die zwei unabhängigen

Messsysteme an beiden Kabelenden ermitteln einen Datensatz mit Zeitpunkt und Ladung

150 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

der durch das Trägersignal ausgelösten Synchronisierimpulse. Diese Methode hat den

Vorteil, dass eine Impulsverformung bei direkter Ausbreitung auf dem Energiekabel

vermieden wird.

Wird ein Synchronisierimpuls direkt über die Synchronisationsphase als Zeitanker

übertragen, muss dieser eine ausreichende Amplitude besitzen, um am fernen Kabelende

empfindlich gemessen werden zu können. Beeinflussungen des Synchronisationssignals,

beispielsweise durch die Prüfspannung, sowie durch damit eventuell verbundene

Entladungen in der Testphase, sind jedoch, je nach Art der Überkopplung, deutlich

geringer als bei gleichzeitiger Nutzung der Testphase zur Synchronisierung.

Gleichzeitig wird die unter Prüfspannung stehende Testphase an beiden Kabelenden mit

je einer weiteren Station des synchronen Messsystems auf TE-Ereignisse überwacht.

Beide Stationen eines einzelnen Messsystems haben dabei die gleiche Zeitbasis, so dass

für jedes Kabelende Zeit-Ladungs-Matrizen entstehen.

Die im allgemeinen unterschiedlichen Zeitbasen der beiden Messsysteme werden dadurch

synchronisiert, dass ausgehend vom ersten Synchronisierimpuls und unter

Berücksichtigung der bekannten Trägersignallaufzeit auf der Kabellänge die Zeit tM2 in

eine Zeit tM2’ umgerechnet wird, wobei tM2’ = tM1 + lKabel/vp. Das mit einer festen

Wiederholfrequenz dauerhaft in die Synchronisationsphase eingespeiste Trägersignal tritt

periodisch an beiden Kabelenden bzw. Messsystemen auf, so dass aus den dadurch

entstehenden Zeitfenstern eine Umrechnung der Zeitbasis tM2 in tM2’ möglich wird. Die

Bestimmung der TE-Fehlerorte erfolgt dann anhand der Zeiten tM1(TE) und tM2’(TE) unter

Berücksichtigung von Kabellänge und Ausbreitungsgeschwindigkeit.

Ein entscheidender Vorteil dieses Verfahrens ist es, dass durch die freie Wahl der

Messparameter der verschiedenen Stationen eine optimale Empfindlichkeit bei der

Detektion von TE aus dem Betriebsmittel erzielt werden kann.

Die nachträgliche Synchronisation der Messdaten erfolgte zum Zeitpunkt der

vorbereitenden Labor- und Vor-Ort-Messungen offline durch ein in Visual-Basic

programmiertes Auswertetool. Dieses Programm greift dabei auf die MatLab-kompatiblen

Datensätze des digitalen TE-Messsystems zurück. Beim sequenziellen Durchlaufen aller

Impulse der vier beteiligten Erfassungseinheiten werden dabei die beiden

Synchronisationsspalten auf nicht zur Messung gehörende Störimpulse untersucht, die

dann aus den Listen entfernt werden. Eventuell nicht aufgezeichnete

Synchronisationsimpulse werden durch lineare Interpolation ergänzt. Bei Verlust von mehr

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 151

als einem Synchronisationsimpuls in Folge wird der gesamte Datensatz als unbrauchbar

deklariert.

Nach der oben beschriebenen Vorgehensweise werden daraufhin beide

Synchronisationsspalten der getrennten Messsysteme aneinander angeglichen. Für die

entstehenden Zeitfenster zwischen zwei aufeinander folgenden Synchronisationsimpulse

werden lineare Interpolationsfunktionen generiert, die dann auf die entsprechenden TE-

Messdaten der zugehörenden Zeitfenster angewendet werden. Annäherungen mit

Polynomfunktionen höheren Grades brachten an dieser Stelle keinen zusätzlichen Gewinn

an Genauigkeit und wurden zugunsten kleinerer Programmrechenzeiten verworfen. Über

die gesamte Messdauer wird so die Zeitgenauigkeit der TE-Daten nachträglich

ausreichend konstant gehalten.

Dieses aufwändige manuelle Vorgehen soll für zukünftige Messungen mit zwei getrennten

Messsystemen in ein online-taugliches Verfahren umgewandelt werden. Dieses kann

jedoch ausschließlich vom Hersteller des digitalen Messsystems realisiert werden und wird

an dieser Stelle nicht weiter verfolgt.

8.2.4.3 Ergebnisse der Vor-Ort-Erprobung

In einem Referenzversuch sollte unter Verwendung eines einzelnen Messsystems mit

zwei TE-Erfassungseinheiten eine synchrone Zweistellenmessung durchgeführt werden.

Dabei wurde der am Anfang (0 Meter) einer Phase des 30-kV-Kabels eingespeiste

Störimpuls mit einer Ladung von 10 nC sowohl am Entstehungsort als auch am anderen

Kabelende mit zwei über LWL verbundenen Stationen eines Messsystems MPD 540

detektiert. Die gleiche Zeitbasis erlaubt die sofortige Angabe des Fehlerortes aus den

Messdaten, wobei in Voruntersuchungen 143 m/µs als mittlere

Ausbreitungsgeschwindigkeit ermittelt worden war. Ausgehend von einem Mittelwert des

daraus berechneten Fehlerortes von ca. 30 Metern vom Kabelanfang und einer Streuung

der Messwerte von ca. 14 Metern beträgt die erzielte Ortungsgenauigkeit etwa 0,15 % (s.

Abbildung 126). In gleicher Weise wurde bei Einspeisung desselben Störimpulses am

Ende des Kabels (ca. 9,4 km) verfahren. Hierbei ergibt sich mit gleicher Rechnung eine

Ortungsgenauigkeit von etwa 0,1 %. Die geringe Abweichung der berechneten Mittelwerte

vom eigentlichen Fehlerort ist auf eine nicht vorhandene Kenntnis der exakten Kabellänge

und damit der nicht ausreichend verlässlichen Berechnung der

Ausbreitungsgeschwindigkeit zurückzuführen.

152 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000

Fehlerort [m]

Ladu

ng [n

C]

Störimpuls 10nC eingespeist bei 0m

Störimpuls 10nC eingespeist bei ca. 9400m

Abbildung 126: Messtechnisch bestimmte Fehlerorte bei synchroner Messung mit einem System

8.2.4.4 Zwei-System-Messung mit Trägersignal-Synchronisation

Die Erprobung des Verfahrens der Synchronisation zweier unabhängiger Messsysteme

mittels Übertragung eines Synchronisiersignals in einer nicht unter Prüfspannung

stehenden Phase des Kabelsystems erfolgte gleichfalls an der bereits beschriebenen 30-

kV-Kabelstrecke. Der Messaufbau am nahen Kabelende ist in Abbildung 127 dargestellt.

TE-Ortung durch verteilte Sensorik 153

Abbildung 127: Vor-Ort-Aufbau zur Synchronisation mittels Trägerimpuls

In die Synchronisationsphase wurde ein definierter Impuls von 10 nC mit einer festen

Folgefrequenz eingespeist, der von der Station 1 des Messsystems 1 (M1#1) erfasst

wurde. Dieser Impuls (bzw. die entstehende Impulsfolge) wurde nach einer festen Laufzeit

durch das ca. 10 km lange Kabel am anderen Kabelende von Station 1 des

Messsystems 2 (M2#1) detektiert. Die auftretenden Zeitwerte wurden in eine gemeinsame

Zeitbasis überführt. An eine andere Phase (Testphase) wurde zur Nachbildung eines TE-

Fehlers ein weiterer Impulsgeber angeschlossen, der zu zufälligen Zeitpunkten mit

unterschiedlichen Ladungen zugeschaltet werden konnte. Dieses Störsignal wurde von

den Messkanälen M1#2 bzw. M2#2 an beiden Kabelenden erfasst, zunächst aber ohne

zeitliche Korrelation. Diese wurde erst nachträglich durch die mittels

Synchronisationssignal bestimmte absolute Zeitbasis hergestellt. Die Auswertung der auf

eine gemeinsame Zeitbasis gebrachten Messwerte des Störsignals in der Testphase zeigt

Abbildung 128.

Störsignal-geber

154 TE-Ortung durch verteilte Sensorik

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40

Fehlerort [m]

Ladu

ng [n

C]

stochastisches Störsignal bei0m in Testphase

Abbildung 128: Berechnete Fehlerorte bei Einspeisung von Störimpulsen am Kabelanfang (0 m)

Dabei schwanken die ermittelten Fehlerpositionen in einem Bereich von etwa 10 Meter bis

32 Meter. Bezogen auf die Kabellänge sind das lediglich 0,1 % bis 0,3 % Ungenauigkeit.

8.2.5 Fazit

Durch Labor- und Vor-Ort-Untersuchungen konnte eine synchrone Zweistellen-TE-

Messung an Kabelanlagen mittels Synchronisierung zweier unabhängiger Messsysteme

durch ein Trägersignal in einer nicht unter Prüfspannung stehenden Phase erfolgreich

erprobt werden. Künstliche TE-Fehler (Kalibratorsignale eingespeist in Anfang bzw. Ende

einer Kabelstrecke) konnten dabei sehr gut lokalisiert werden. Die Ortungsgenauigkeit

nach Abgleich der unterschiedlichen Zeitdaten der Systeme auf eine gemeinsame

Zeitbasis lag dabei in einem Genauigkeitsbereich wie bei einer synchronen Zweistellen-

TE-Messung mit einem einzigen Messsystem und zwei über LWL optisch

kommunizierenden Messstationen. Die durchgeführten Messungen sind jedoch mit einem

erheblichen gerätetechnischen und logistischen Aufwand verbunden. Hier besteht für

weiterführende Untersuchungen Optimierungspotenzial.

Zusammenfassung und Ausblick 155

9 Zusammenfassung und Ausblick

In der vorliegenden Arbeit werden neue Auskoppelverfahren und Sensoren zur

empfindlichen Vor-Ort-TE-Messung an Hochspannungs-Kabelanlagen vorgestellt,

insbesondere die induktive Signalauskopplung durch Hochfrequenz-Transformatoren

(RFCT) an sensorlosen Kabelanlagen in Crossbonding-Ausführung, sowie neue

Möglichkeiten, die sich durch die Anwendung der digitalen synchronen TE-Messung mit

verteilter Sensorik ergeben.

Durch Simulationsrechnungen, Modellmessungen im Labor und durch Vor-Ort-

Untersuchungen konnte erfolgreich demonstriert werden, dass auch in gestörter

Umgebung sowohl empfindliche TE-Messungen mit einer Messempfindlichkeit von bis zu

< 2 pC, als auch TE-Fehlerortungen zur Lokalisierung von Muffenfehlern oder

Koronaentladungen an den Endverschlüssen einer Kabelanlage durch den Einsatz der

induktiven Sensoren in den Crossbonding-Auskreuzkästen möglich sind. Das vorgestellte

Verfahren ist dabei nicht auf die Auskopplung an phasenübergreifenden Crossbonding-

Brücken innerhalb der Crossbonding-Kästen begrenzt. Es ist sowohl bei linearen

Schirmverbindungen innerhalb der Crossbonding-Box (wie z. B. bei einphasig

durchgeführten Spannungsprüfungen), als auch bei einphasigen Trennmuffen mit

externer, zugänglicher Schirmverbindung anwendbar und deckt damit ein breites

Anwendungsspektrum zur TE-Auskopplung ab. In Voruntersuchungen zur induktiven TE-

Auskopplung an Crossbonding-Muffen sensorloser Kabelanlagen wurden zunächst TE-

Messungen an unterschiedlichen Arten von Kabelendverschlüssen vorgenommen, bei

denen jeweils eine einzelne externe Erdverbindung zur Anbringung eines Hochfrequenz-

Transformators zugänglich war. Sowohl bei Freiluftendverschlüssen als auch bei

Kabeleinführungsendverschlüssen konnte die erreichte Messempfindlichkeit gegenüber

der klassischen TE-Auskopplung am Kabelende verbessert werden. So konnten

beispielsweise für die Vor-Ort-TE-Messungen an GIS-Einführungsendverschlüssen

Messempfindlichkeiten bis < 4 pC erreicht werden, für die beschriebenen Messungen an

Freiluftendverschlüssen und Transformator-Einführungsendverschlüssen sogar TE-

Messempfindlichkeiten von < 2 pC.

Durch die Wahl von speziellen Hochfrequenz-Transformatoren mit zweiteiligem Ferritkern

ist vor Ort eine einfache Montage und Demontage der Sensoren meist ohne den Einsatz

von zusätzlichen Werkzeugen auch während des Betriebes der Kabelanlage möglich,

156 Zusammenfassung und Ausblick

wodurch sich diese spezielle Messtechnik für TE-Messungen parallel zu Offline-

Spannungsprüfungen, aber gerade auch für Online-Messungen und für das Online-

Monitoring an Kabelanlagen eignet. So ist auch bei der Nachrüstung eines TE-Online-

Messsystems zur Überwachung bestehender sensorloser Kabelanlagen, hier speziell bei

der Implementierung der TE-Erfassungssensorik, ein unterbrechungsfreier Betrieb

sichergestellt.

Die Erfassung der ausgekoppelten Sensorsignale erfolgte über ein neuartiges digitales

Mehrstellen-TE-Messsystem (MPD 540, Fa. mtronix), welches in Laborversuchen und

auch in der Vor-Ort-Anwendung erfolgreich auf seine Eignung überprüft und zudem

aufgrund der gewonnenen Messdaten und Erfahrungen verbessert und weiterentwickelt

werden konnte. Die streng synchrone Datenerfassung (Zeitfehler < 2 ns) und die hohe

auflösbare Impulsfolgerate bei der Signalverarbeitung stellen dabei sicher, dass auch bei

einer Vielzahl von eingebundenen Messstationen ein Maximum an relevanten Messdaten

erfasst und ausgewertet werden kann. Im Gegensatz dazu kommt es bei den gängigen

kommerziell erhältlichen Mehrkanal-TE-Messsystemen vor, dass durch interne

Umschaltvorgänge der Messkanäle, bzw. durch das sequenzielle Abfragen von TE-

Sensoren (sog. Multiplexing) kein vollständiges Abbild der gesamten TE-Messdaten

geliefert werden kann. Bei TE-Fehlern mit extrem niedriger Wiederholrate kann dies zu

folgenschweren Fehlinterpretationen bei der TE-Messung führen, da die wenigen

auftretenden TE-Impulse im Extremfall in Austastlücken der TE-Erfassungssensorik fallen

können und damit nicht berücksichtigt werden.

Die beschriebene neuartige digitale Messtechnik erlaubt, in Kombination mit dem Einsatz

induktiver Hochfrequenz-Transformatoren zur Signalauskopplung, synchrone TE-

Messungen mit räumlich verteilter Sensorik. Hier ist sowohl über einen

Amplitudenvergleich der auskoppelbaren Impulsladungen bei Variation der

Messfrequenzen (z. B. unter Ausnutzung der HF-Dämpfungseigenschaften des

betreffenden Energiekabels für hochfrequente Signalanteile), als auch durch die

Auswertung von Laufzeitdifferenzen an verschiedenen Messorten (an Muffen bzw. an

Endverschlüssen) eine TE-Fehlerortung durchführbar. Im Besonderen ist dabei die zur

klassischen TE-Auskopplung am Kabelende veränderte Beobachtungs- bzw. Messposition

berücksichtigt worden. Hier konnte ein erweiterter Interpretationsansatz zur

Fehlerortbestimmung durch Reflektometrie vorgestellt und in Computersimulationen,

Modellmessungen und im Rahmen von Vor-Ort-TE-Messungen erfolgreich verifiziert

werden. Erste experimentelle Messungen bestätigen zudem, dass die notwendige

Zusammenfassung und Ausblick 157

Synchronisation der räumlich verteilten TE-Erfassungseinheiten nicht nur durch lange und

mechanisch anfällige LWL-Verbindungen realisierbar ist, sondern dass alternative

Verfahren, wie die Benutzung einer leerlaufenden und nicht unter Prüfspannung

stehenden parallelen Kabelphase zur Synchronisation, ebenfalls Erfolg versprechende

Ansätze darstellen. Bei Vor-Ort-Messungen im Rahmen dieser Forschungsarbeit konnte

eine verbleibende Ortungsunsicherheit von weniger als 30 Meter bzw. < 0,3 % der

Gesamtkabellänge erreicht werden, was auch der erreichbaren Genauigkeit des

verwendeten digitalen Mehrstellen-TE-Messsystems bei systemintern synchronisierter

LWL-Verbindung entspricht.

Ein wichtiges Teilergebnis der vorliegenden Arbeit ist die Erweiterung des für eine TE-

Messung mit eindeutiger Fehlerortung überwachbaren Bereichs einer Energiekabelanlage

auf die Endverschlüsse. Es wurden Verfahren vorgestellt, mit denen sowohl

Freiluftendverschlüsse als auch gasisolierte Einführungsendverschlüsse gezielt auf TE-

Aktivität überwacht werden können. Zu diesem Zweck wurde unter Verwendung von

Richtkopplersensoren und auf Potenzial arbeitenden Hochfrequenz-Transformatoren ein

Aufbau bzw. ein Messverfahren vorgestellt, welches, ähnlich der bereits erfolgreich

erprobten Fehlerortbestimmung durch Richtkopplersensoren an Verbindungsmuffen von

Energiekabelanlagen, eine eindeutige Ja / Nein-Aussage zur TE-Freiheit der zu

überwachenden Komponente liefern kann. Eine z. T. schwierige Interpretation von TE-

Mustern oder anderen indirekten Verfahren [Nat88] [Ben05] ist somit nicht notwendig.

Durch die streng synchrone Anbindung von drei oder mehr TE-Sensoren im verwendeten

TE-Messsystem ist neben den klassischen TE-Auswerteverfahren die für verkoppelte

dreiphasige Systeme entwickelte 3PARD-Visualisierung einsetzbar, um auch im

phasenübergreifenden Crossbonding-System die TE-Fehlerquelle eindeutig der

betroffenen Phase zuordnen zu können. Durch die 3PARD-eigene Clusterbildung in der

Visualisierung der gewonnenen Messdaten und durch die nachfolgende geordnete

Rücktransformation in separate Fingerprint-Darstellungen ist zudem eine Unterscheidung

von TE-Mehrfachfehlern im Prüfling und auch von TE-ähnlichen externen Stören möglich,

die über vorhandene parasitäre Koppelpfade in den Messzweig gelangen und so eine TE-

Diagnose erschweren bzw. verfälschen können.

Für zukünftige Forschungsarbeiten zu diesen Themengebieten besteht jedoch weiteres

Entwicklungs- und Optimierungspotenzial, da es sich bei allen beschriebenen Mess- und

Auswerteverfahren um z. T. experimentelle Versuchsaufbauten und um z. T. sehr einfach

158 Zusammenfassung und Ausblick

realisierte Software-Tools zur digitalen Nachbehandlung der Daten handelt, die zur

sinnvollen Nutzung noch in die kommerzielle TE-Messsoftware implementiert werden

sollten. Anzustreben ist auch ein standardisiertes Verfahren zum Einsatz und zur

allgemein akzeptierten Kalibrierung der Erfassungssensorik und Messtechnik vor Ort.

Durch eine im Wesentlichen automatisierte Auswertung der gewonnenen Messdaten kann

zudem eine verbesserte Vergleichbarkeit der Ergebnisse von TE-Messungen erreicht

werden. Zum Nachweis der Eignung der beschriebenen Messverfahren im Hinblick auf

einen möglichen Langzeiteinsatz (z. B. Online-TE-Monitoring über den Zeitraum der

angestrebten Gesamtlebensdauer der energietechnischen Komponenten) ist zudem eine

längerfristige Kooperation mit Kabelanlagenbetreibern und auch akkreditierten

Prüfinstituten anzustreben, um durch erfolgreiche Referenzprojekte die Akzeptanz der

neuartigen Techniken und Messverfahren bei zukünftigen Anwendern bzw. Nutzern zu

erhöhen.

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