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POST WAR & CONTEMPORARY ART AUKTION 62 8.12.2017 V

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uwww.neumeister.com

POST WAR &CONTEMPORARY ART AUKTION 62 8.12.2017

V

AUKTION 628.12.2017

N

ALTEKUNST

NEUMEISTERMünchener KunstauktionshausBarer Str. 3780799 Mü[email protected]

KLASSISCHEMODERNEPOST WAR &CONTEMPORARYART

NEUMEISTERMünchener KunstauktionshausBarer Str. 3780799 Mü[email protected]

Vorbesichtigung30.11. – 4. 12. 2017

Täglich von 9.00 bis 17.30 UhrSamstag und Sonntag von 11.00 bis 17.00 UhrMontag Abendöffnung bis 20.00 Uhr

Auktion15.00 Uhr

KLASSISCHE MODERNEPOST WAR & CONTEMPORARY ART

AUKTION8.12.2017

Verfolgen Sie unsereAuktionen LIVEwww.lot-tissimo.com

www.invaluable.com

POST WAR &CONTEMPORARYART Kat.-Nrn. 596 – 774

6

KonstruktivesAbstraktesFigurativesDesignInformelZeroOP ArtFotografi eKonzeptkunstAktionskunstPop ArtContemporary Art

7

596

309392 / 41462-15

Antonio Calderara1903 Abbiategrasso – 1978 VaciagoAntonio al mare. Ohne Titel. 1970, 1978

Drei Blatt Farbserigraphien auf verschiedenen Büttenpapieren36 × 36 cm, 27 × 27 cm, 13,5 × 13,5 cm (bis ca. 47 × 47 cm)Alle Blätter monogrammiert „A.C.“ Zwei davon datiert. Eines verso signiert und betitelt „Antonio al mare“. Jeweils eines von 50 bzw. 100 Exemplaren. Alle gerahmt.Provenienz: Galerie Wassermann, München

€ 1.200 –1.500

8

597

310459 / 41665-4

Günter Fruhtrunk1923 München – 1983 ebendaLehrangebot 71. 1971

Farbserigraphie und Farboffset auf dünnem Karton53,5 × 50,5 cmIn der Darstellung mit Bleistift signiert.Rahmen.

€ 800 –1.200 ×

9

598

309391 / 41462-14

Anton Stankowski1906 Gelsenkirchen – 1998 Esslingen am Neckar14 Stationen zum Kreuzweg. 1980

Edition Domberger KG, PliezhausenMappe mit 14 Blatt Farbserigraphien auf Fabriano Bütten33 × 33 cm (Jeweils 35,5 × 35,5 cm)Alle Blätter am Unterrand signiert „A. Stankowski“. Dabei: Orig.-Lwd.-Mappe. 35,5 × 35,5 cm. Alle Blätter gerahmt.Provenienz: Galerie Cuenca, Ulm

Vgl. auch Stankowskis Gemäldefolge von 1978 „Vom Kreuz zum Quadrat“.

€ 1.000 –2.000

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599

307152 / 41128-1

Piero Dorazio1927 Rom – 2005 Perugia/UmbrienColorito III. 1978

Öl auf Leinwand34 × 42 cm Verso auf der Leinwand signiert, datiert und betitelt. Auf dem Leinwandumschlag nochmals signiert und nummeriert „923“. Auf dem Keilrahmen Atelierstempel des Künstlers und die Werknummer „923“. Rahmen.

€ 4.000 –5.000 ×

11

600

307153 / 41128-2

Achille Perilli1927 Rom – lebt in TurinUcro. Arca. Dune. 1984

Drei Gemälde. Acryl auf LeinwandJeweils 20 × 20 cmZwei Gemälde links unten signiert und datiert „Perilli 84“. Alle Gemälde verso auf der Leinwand signiert, betitelt, datiert und mit Maßangaben. Alle gerahmt (Bilderleisten).

€ 3.500 – 4.500 ×

Achille Perilli war 1947 neben Piero Dorazio u. a. Mitverfasser des Manifestes „Forma 1“, das sich gegen die gegenständliche Kunst wandte und die reine Form zum Mittel und Ziel der Kunst erklärte. Perilli blieb dieser Richtung treu und seine Bilder zeigen bis heute überwiegend kubische Gebilde. Perilli nahm 1959 an der documenta 2 in Kassel teil sowie an der XXXI. und XXXIV. Biennale von Venedig (1964 und 1970). Der Künstler gehört zu den bedeutenden Vertretern der Abstrakten Malerei nach dem Zweiten Weltkrieg.

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601

309768 / 41552-4

Robin Beers1943 London – lebt in MünchenOhne Titel. 1987

Acryl und Collage auf dünnem weißen Karton41 × 59 cm (43 × 61 cm)Rechts unten signiert und datiert „Rob Beers 87“. Verso auf Unterlagekarton Künstler-Atelierstempel sowie handschriftlich bezeichnet „Acryl auf Papier“, datiert und Werknummer „Nr. 9“.Rahmen.

€ 800 –1.200

13

602

310144 / 41605-3

Edo Murtic1921 Velika Pisanica bei Bjelovar, Jugoslavien – 2005 ZagrebOhne Titel. 1978

Gouache auf Karton29 × 16,5 cmRechts unten mit Bleistift signiert „Murtic“ und datiert. Rahmen.Provenienz: Vom Künstler direkt erworben. Privatsammlung Süddeutschland

€ 2.000 –3.000

14

DesignKonstruktivesAbstraktesInformelZeroOP ArtFotografi eFigurativesKonzeptkunstAktionskunstPop ArtContemporary Art

15

603

308079 / 41344-3

Bernhard Aubertin1934 Fontenay-aux-Roses – 2015 ReutlingenAluéoles No. 8. 1990

Farbiges Kartonobjekt auf Platte montiert, in Plexiglaskasten. Unikat.13 × 13 × 7 cmVerso signiert, datiert, betitelt und mit der Formatangabe bezeichnet. Provenienz: Privatsammlung Norddeutschland

€ 2.000 –3.000 ×

16

604

309111 / 41421-3

Alessandro Mendini1931 Mailand – lebt in ItalienKonsoltisch. Zanotta Agrilo. Um 1980

89 × 80 × 40 cmHolz, schwarz lackiert, Zarge grün-blau ornamental bemalt. Messingschuhe versilbert.

€ 600 – 800

17

605

309112 / 41421-4

Mario Botta1943 Mendrisio, Schweiz – lebt in der SchweizStehlampe „Shogun“. Artemide, Italien. Ca. 1988

Ca. 200 cmStahlblech weiß und schwarz-weiß lackiert, drehbare gerasterte Abdeckung. Fuß Gusseisen.

€ 800 –1.000

18

606

309110 / 41421-2

Massimo Giorgetti1977 Rimini – lebt in ItalienStuhl und Armlehnstuhl „Dry“. Morozzi. 1987

82,5 × 40 × 42 bzw. 77 × 49 × 50 cm Holz, bunt lackiert. In der Sitzfl äche bottom bez. „Matrix Dry Giorgetti“. Gebrauchsspuren.

€ 800 –1.000

19

607

309109 / 41421-1

Borek Sipek1949 Prag – lebt in Tschechien„Drei Stühle „Gudrun am Leineufer“. Leitner Interior Design. 1984

86 × 69 × 40 cmDreieckige Sitzfl äche Buche. Rückenlehne und Beine hellblau lackiert. Drei herzförmige Sitzkissen. Bei einem Stuhl fehlt recto ein kleines Brett.

€ 600 – 800

608

309301 / 41450-3

Giancarlo Piretti1940 Bologna – lebt in ItalienEin Paar Stühle „Plia“. Castelli, Italien. 1967

76 × 46 × 41 cmAcryl, Alu-Rahmen. Zusammenklappbar. Bezeichnet Plia patent, anonima, Castelli, Italy.

€ 350 – 400

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entfällt

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307154 / 41128-3

Piero Dorazio1927 Rom – 2005 Perugia/UmbrienGroße Schale

Keramik. Weißer Scherben mit farbiger UnterglasurmalereiD. 40 cm. H. 10 cmAuf dem Stand in Unterglasur mit handschriftlichem Monogramm „D.“ und bezeichnet „Todi“.

€ 1.500 –1.800 ×

Piero Dorazio ließ sich ab 1974 in Todi nieder, wo er bis 2005 lebte. 1978 eröffnete er dort zusammen mit seiner Frau Giuliana und Ninio Caruso eine Lehrwerkstatt für Keramik.

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612

307158 / 41128-7

Piero Dorazio1927 Rom – 2005 Perugia/UmbrienKugelvase. Kerzenständer

Keramik. Weißer Scherben mit farbiger UnterglasurmalereiH. 16 cm bzw. 29 cmAuf dem Stand bzw. der Innenseite jeweils handschriftlich monogrammiert „D“ und bezeichnet „Todi“.

€ 1.200 –1.500 ×

611

307157 / 41128-6

Piero Dorazio1927 Rom – 2005 Perugia/UmbrienGroßer Teller. Zwei Schalen

Weißer Scherben mit farbiger UnterglasurmalereiD. 32 cm und je 14 cmAuf dem Stand jeweils in Unterglasur mit handschriftlichem Monogramm „D.“ und bezeichnet „Todi“.

€ 1.000 –1.500 ×

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305259 / 40704-1

André Heller1947 Wien – lebt in Wien, Marokko und in der LombardeiBrockhaus – Die Enzyklopädie

F.A. Brockhaus Leipzig/Mannheim, 2000. 20. Aufl age. 24 Bände mit künstlerisch gestalteten Buchdeckeln von André Heller. Auf jedem Buchrücken ein speziell gestaltetes Hologramm und dreidimensionale Einbandvitrinen. Die Einbandvitrinen enthalten 312 Original-Exponate aus aller Welt (Erinnerungsstücke von Prominenten wie Winston Churchill, Keith Harring, Placido Domingo, Reinhold Messner oder dem Dalai Lama).Im ersten Band von André Heller, Langenscheidt sowie von Hubertus Brockhaus signiert. Exemplar 1702/2000. Mit vier Acrylregalen.Provenienz: Privatbesitz Süddeutschland

€ 1.800 –2.000

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309545 / 41500-9

Arnulf Rainer1929 Baden b. Wien – lebt in Wien und Enzenkirchen/Oberöst.Verbotene Fehde (Selbstbildnis). 1968/70

Übermalung. Ölkreiden über Gelatinesilberabzug auf Barytpapier23 × 18 cmAm Unterrand signiert und betitelt. Ecken verso in Passepartout geheftet. Rahmen.Provenienz: 1974 direkt beim Künstler erworben und seither in Privatbesitz. Privatsammlung Rheinland

€ 7.500 –9.500 ×

Arnulf Rainer beginnt etwa Mitte der 1960er Jahre unter Drogen- und Alkoholeinfl uss zu zeichnen. Zudem beschäftigt er sich mit der Malerei der Geisteskranken und entwickelt so eine halluzinative Arbeitsweise. Bereits 1968 fi ndet die erste Retrospektive seiner Werke statt. In dieser Zeit entstehen erste Grimassenfotos mit oder ohne Gesichtsbemalung, die dann wiederum übermalt werden. Es geht ihm darum, ein möglichst großes Potenzial an Ausdrucks-möglichkeiten auszuschöpfen. Immer geht damit aber auch eine Selbstinszenierung oder eine neue andersartige Selbst defi nition einher, die durch die eigene Transformation und das malerische Medium der Übermalung entsteht. Rainer steht damit den Wiener Aktionisten Hermann Nitsch, Günter Brus, Otto Mühl und Rudolf Schwarz-kogler nahe, ohne sich jedoch der Gruppierung anzuschließen. Aus kunsthistorischer Sicht zählt Rainer durch seine innovativen und performativen Bildfi ndungen, die durch sein Schrifttum ergänzt werden, zu den bedeutendsten Künstlern der Nachkriegszeit.

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309370 / 41462-2

Arnulf Rainer1929 Baden b. Wien – lebt in Wien und Enzenkirchen/Oberöst.Tafel. 1961

Kaltnadelradierung auf Kupferdruckpapier41,7 × 29,8 cm (53,5 × 38 cm)Am Unterrand signiert, datiert „A. Rainer 61“ und betitelt, „Tafel“. In der Platte signiert und datiert. Exemplar 1/89. Blatt 5 aus der Mappe: Überdeckungen. Rahmen.Werkverzeichnis: Breicha R 12/13 (Abb. vertauscht)Provenienz: Galerie + Edition Wassermann, München

€ 600 – 800 ×

27

616

309103 / 41386-121

Jean Rustin1928 Montigny-lès-Metz, Département Moselle – 2013 Paris(Selbst-) Porträt. 1993

Öl auf Leinwand40 × 40 cmLinks unten signiert und datiert „Rustin 93“. Verso auf der Leinwand nochmals signiert, datiert „1996“ und mit persönlicher Widmung. Rahmen.

€ 4.500 –5.000 ×

Zuerst der Malerei der „ecole de Paris“ zugetan, vollzog sich bei dem französischen MalerJean Rustin ab ca. 1970 eine radikale Wende zum Gegenständlichen. In seinen Gemälden, die mit historischen, litera-rischen und biografi schen Andeutungen spielen, scheut er auch nicht vor befremdenden, häufi g abstoßenden Themen zurück.

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309551 / 41500-15

Konrad Klapheck1935 Düsseldorf – lebt ebendaFruchtbarkeit. 1960

Aquarell und Deckweiß über Kaltnadelradierung auf Bütten11 × 15 cm (16 × 23,5 cm)Signiert und gewidmet. In der Platte monogrammiert und datiert. Eines von lediglich 10 Exemplaren. Die Aufl age betrug ursprünglich 75 Exemplare, 65 wurden vom Künstler zurückgezogen. Schmal unter Passepartout geheftet. Rahmen.Werkverzeichnis: Wessolowski 1Provenienz: Geschenk des Künstlers. Privatsammlung Rheinland

€ 5.000 –7.000 ×

29

618

310456 / 41665-1

Konrad Klapheck1935 Düsseldorf – lebt ebendaSchuhspanner (Der Harem). 1968

Farblithographie auf Velin47 × 37,5 cm (61 × 50 cm)Rechts unten mit Bleistift signiert „Klapheck“. Eines von 110 Exemplaren. Verleger Rudolf Zwirner, Köln.Rahmen.Werkverzeichnis: Klapheck/Zwirner 7

€ 700 –900 ×

30

619

310142 / 41605-1

Karl Fred Dahmen1917 Stolberg – 1981 Preinersdorf/ChiemseeOhne Titel. 1974

Collagierte Farbstiftzeichnung auf Karton92 × 65 cmRechts unten mit Bleistift signiert und datiert „Dahmen 1974“. Rahmen (nicht ausgerahmt).Werkverzeichnis: Weber 056. 74-B0980Provenienz: Privatsammlung SüddeutschlandLiteratur: De la Motte, Manfred. Karl Fred Dahmen, in: Das Kunstwerk, März. Baden Baden 1979, S. 84. m. Abb.

€ 2.500 –3.500 ×

31

620

309158 / 41436-5

Emil Schumacher1912 Hagen – 1999 San José/IbizaPastorale. 1987

Aquatintaradierung auf Büttenkarton10,3 × 15,5 cm (39,5 × 30 cm)Rechts unten signiert. Verso wohl eigenhändig datiert und nummeriert „5/1987 Nr 41“. Exemplar 40/75. Mit dem Trockenstempel der Spiegel Presse.

€ 400 – 600 ×

32

621

309368 / 41462-1

Lothar Quinte1923 Neisse – 2000 WintzenbachOhne Titel. 1986

Ei-Ölfarben auf Leinwand135 × 135 cm Verso signiert und datiert. Atelierleiste.Provenienz: Galerie Cuenca, Ulm. Privatsammlung Süddeutschland

Lothar Quinte ist ein Ausnahmekünstler, der sein Oeuvre der gegen-standslosen Malerei verschrieben hat. Seine Essenz war „das Bild als komplexes optisches Ereignis, reduziert auf das Wesentliche und je mehr es mir gelingt, zu reduzieren, desto eindeutiger wird das Bild. Ich habe immer die Ruhe in der Bewegung, die Implosion der Farbe statt der Explosion gesucht, einen Bildzustand – aliterarisch, akompo sitionell – eine Aufforderung zu sinnlichem Schauen“ (aus: Unterwegs in die Stille – Gespräch zwischen Lothar Quinte und Peter Iden. Wintzenbach, Elsaß 1997).

€ 3.000 –5.000 ×

33

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Informel KonzeptkunstZeroOP ArtKonstruktivesAbstraktesFigurativesDesignFotografi eAktionskunstPop ArtContemporary Art

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622

309539 / 41500-3

Adolf Luther1912 Krefeld-Uerdingen – 1990 KrefeldOhne Titel (Linse). 1977

Hohlspiegel, halb transparent, aus zwei konvex gewölbten, halb transparenten Glaslinsen, montiert in Kunststoffrahmen mit HängeöseD. ca. 62 cmOben mit der eingeritzten Signatur und Datierung „(19)77“. Provenienz: Privatsammlung Rheinland Laut den Angaben des Einlieferers 1977 direkt beim Künstler erworben.

„Ab Mitte der 60er Jahre begann Luther die Glasbruchstücke durch Brillengläser, konkav und konvex gewölbte Hohlspiegel, Linsen und Prismen zu ersetzen. Die Verwendung dieser hochwertigen Materialien brachte Luther eine weitere, wesentliche Erkenntnis über das Licht: „Die durch den Raum eilende Lichtenergie führt Bilder mit sich [...] ich sehe das Licht als eine transoptische Substanz unbegrenzter Bildhaltigkeit.“ (Broska, Magdalena. Adolf Luther – Vom Material zum Licht, in: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst. München 1993, S. 7).

€ 9.000 –11.000 ×

36

623

307342 / 41163-2

Günther Uecker1930 Wendorf – lebt in DüsseldorfReihung. 1972

Prägedruck auf weichem Bütten53,5 × 45 cm (60 × 50 cm)Rechts unten signiert und datiert „Uecker 1972“. Exemplar 27/100. Rahmen (nicht ausgerahmt).Provenienz: Privatbesitz Süddeutschland

€ 3.000 – 4.000 ×

37

624

308314 / 41294-1

Günther Uecker1930 Wendorf – lebt in DüsseldorfNagelbild V. 1992

Prägedruck auf handgeschöpftem Büttenpapier22 × 16 cm (29 × 22 cm)Am Unterrand signiert, datiert und bezeichnet „Uecker 92“ „V“.Exemplar 66/100.Rahmen.

€ 1.200 –1.500 ×

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310458 / 41665-3

Günther Uecker1930 Wendorf – lebt in DüsseldorfAus: Zum Schweigen der Schrift oder die Sprachlosigkeit. 1979

Drei Offsetlithographien mit Serigraphie nach Fotographien von Günther Uecker auf dünnem Karton46 × 46 cmAlle Blätter auf der Rückseite mit Bleistift signiert „Uecker“ sowie typographisch nummeriert: 17, 18, 19.Werkverzeichnis: Van der Koelen L7902Vgl.: Dr. Dorothea und Martin van der Koelen (Hg.), Günter Uecker. Opus Liber – Verzeichnis der Bibliophilen Bücher und Werke 1960 – 2005. Corus-Verlag für Kunst und Wissenschaft, Mainz.

€ 1.500 –2.000 ×

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626

309552 / 41500-16

Norbert Kricke1924 Düsseldorf – 1984 ebendaRaumkurve. 1976/76

Gebogener Stahldraht, lose auf grau geschlämmter Grundplatte, in ObjektkastenHöhe 3 cm, Breite 37 cm, Tiefe 16 cm. Draht (Durchmesser) 2 mm. Grundplatte 40 × 50 cm. Objektkasten 28 × 51,5 × 41 cm. Unikat. Provenienz: Privatsammlung Rheinland

Die Arbeiten werden von Frau Dr. Sabine Kricke-Güse in das in Vorbereitung befi ndliche Werkverzeichnis aufgenommen. Wir danken für die wissenschaftliche Beratung.

„Krickes phrasenlose Stenografi e liegt seit 1950 fest. Ihr Ausgangspunkt ist der aus der Hand gebogene, sich in den Raum tastende Draht. Die Grundform wird stets durch die Grenzen der Handbarkeit bestimmt. Alle Formfi ndung geschieht im Kleinen - Großskulpturen sind dem Format angepasste Versionen kleinerer Modelle [...] In den folgenden Jahren nimmt Kricke seine Plastik noch weiter zurück. Ein magistrales Spätwerk reduziert den Richtungsplural auf einen einzigen Kurvenverlauf. Die Einfachheit der späten Arbeiten knüpft an die Einfachheit des Frühwerks an“ (Schneckenburger, Manfred. Über den Konstruk-tivismus hinaus, in: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München 1988, S. 6ff).

€ 20.000 –25.000 ×

41

Dabei:

Ohne Titel. 1978

Chinatusche auf leichtem Karton „Dibujo Basik GVA RRO“. 70 × 50 cmVerso signiert, datiert, mit der Technik und dem Format bezeichnet sowie mit der Widmung „Für Dietmar Schneider, weil er so initiativ ist“.Provenienz: Privatsammlung Rheinland

Wie bei seinen Raumplastiken gelangt Kricke auch in seinen Zeichnun-gen zu einem extremen Abstraktionsgrad. Mit wenigen segmentierten Linien erzeugt er in der vorliegenden Arbeit eine spannungsreiche und ponderierte Komposition, die durch Achsenverschiebungen und Schnittpunkte defi niert wird. Bewegung und Rhythmus der reinen Linie strukturieren die weiße Fläche und machen sie so zu einem energetischen Erlebnisraum.„Raum und Bewegung nicht als zwei – als eins. Unser Raum hat tausend Qualitäten. Es sind die, die wir ihm geben. Nichts ist ohne Raum und Bewegung. Jedes Ding hat seinen Raum, hat seine Zeit. Und diese sind im Zusammenhang mit unendlich vielen Zeiten und Räumen“ (Norbert Kricke, 1962, in: Kricke-Güse, Sabine und Güse, Ernst-Gerhard. Norbert Kricke 1922 – 1984, Stuttgart 1976).

Norbert Kricke, einer der wichtigsten deutschen Nachkriegskünstler, erforscht in seinen Arbeiten aus Stahldraht Bewegung, Zeit und Raum. Eine einfache Linie wird zum dreidimensionalen Objekt, das sich durch seine Torsion gleichermaßen fl ießend durch den Raum bewegt.

42

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308909 / 41399-1

Brigitte und Martin Matschinsky-Denninghoff1923 Berlin – 2011 ebenda (Brigitte) / 1921 Grötzingen – lebt in Berlin (Martin)Ohne Titel. 2000

Messing und Zinn auf schwarzem Schiefersockel36 × 12 × 13 cmAuf der Sockelunterseite eingeritztes Monogramm „M-D“ und Datierung. Unikat.Echtheitsbestätigung: Die Plastik wurde von Hartmut Sy, Berlin als Original bestätigt

Seit den 1960er Jahren arbeiteten Matschinsky-Denninghoff an ihren monu-mentalen Chromnickelstahl-Skulpturen, die bekannteste ist wohl „Berlin“ vor dem Europa Center. Daneben stehen gleichrangig die kleineren Arbeiten aus verzinntem Messingdraht, die das inhaltliche Konzept des Bildhauerpaares noch stärker verdeutlichen: „Wir wollen nichts nachahmen – weder Natur noch Technik – sondern gewissermaßen parallel dazu arbeiten. Wir versuchen, um mit Paul Klee zu sprechen, nicht die Natur sichtbar zu machen, sondern die Kräfte, die dahinter stehen. Es stellen sich also bei uns Formvorstellungen ein, die einmal realisiert, Erinnerungen hervorrufen an Landschaften, an Pfl anzen, auch an Figuren archtypischer Art, und immer mehr an Vorgänge, die sich in der geistigen Welt ansiedeln“ (Martin und Brigitte Matschinsky-Denninghoff).

€ 12.000 –15.000

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Joseph Beuys „Jeder ist ein Künstler“

Dieser Satz steht programmatisch für die Geisteshaltung des Aktions-künstlers Joseph Beuys. Kunsthistorisch gesehen ist er von höchster Sprengkraft, da Beuys mit diesem Statement die Grenzen des klassischen Kunstbegriffs überschreitet und aushebelt wie kaum ein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts. Aber nicht nur jeder ist ein Künstler, sondern Kunst soll im demokratischen Sinne für jeden zugänglich und besitzbar sein. Die Multiples übernehmen als neue Gattung die Aufgabe eines Vehikels, das die Beuys’schen Ideen transportiert und verbreitet. Oft hat Beuys die Objekte nicht selbst hergestellt, sondern verwendet Alltagsgegenstände, denen er durch seine Überarbeitung, wie dem Braunkreuz, Stempeln und seine Signatur einen neuen Sinngehalt verleiht. Dabei verwendet der Künstler Materialien, die der Alltagskultur entstammen, von der Papiertüte über Pappteller (Kat.-Nr. 635), Pfl astersteine (siehe Kat.-Nr. 632) bis hin zur Postkarte (Kat.-Nr. 636). Beuys selbst spricht hier vom „Abstraktions-unterschied“ seiner Arbeiten, die sein geistiges Universum als Gesamt-konzept abbilden. In vielerlei Hinsicht hat Beuys durch seine Aktionen, neue Gedankenwelten und den Einsatz ungewöhnlicher, vergänglicher Materialien, wie Fett, Filz, Wachs den Kunstbegriff der Nachkriegszeit nachhaltig beeinfl usst und verändert. Ein entscheidender Faktor für die künstlerische Entwicklung der Multiples war das Aufkommen der Fluxus-Bewegung Anfang der 1960er Jahre, der Beuys angehörte. 1965 entstehen seine ersten, seine letzten Multiples kurz vor seinem Tod 1986.

Beuys gehört damit zu den wenigen Künstlern, die sich über eine Spanne von 20 Jahren mit dieser Kunstform beschäftigt haben. Unterstützung für seine experimentellen Vorhaben erhielt er darin von zahlreichen Verlegern und Wegbegleitern, wie Lucio Amelio (Neapel), René Block (Berlin), Lucrezia di Domizio (Pescara), Jörg Schellmann und Bernd Klüser, Edition Schellmann (München), Wolfgang Felisch, Vice Verlag (Remscheid) und Klaus Staeck (Heidelberg).

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309569 / 41500-32

Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfEine Straßenaktion (Multiple). 1972

Schwarzes Ringbuch mit Dokumentation und eingelegter Tonbandkassettein Orig.-Kartonbox32 × 25 × 3,5 cm Auf dem Titelblatt signiert und nummeriert. Sowohl auf dem Ringbuch als auch auf der Okart.- Box grüner Stempel „Joseph Beuys eine Strassenaktion“ und „Organisation für direkte Demokratie“. Exemplar 49/100. Edition Dietmar Schneider, Köln.Werkverzeichnis: Schellmann 44

Dabei: Joseph Beuys – Eine Strassenaktion. Leporello mit Photos von Bernd Jansen. Mit dem grünen Stempel „Joseph Beuys eine Strassenaktion“. Edition Dietmar Werle. Exemplar 137/500. Okart. 16 × 21 cm. Dokumentiert die politische „Aktion mit der Tragetasche“, Straßenaktion der Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung auf der Kölner Hohe Straße, 18. 6. 71.

€ 1.500 –2.000 ×

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309562 / 41500-26

Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfAus: 3-tonnen-Edition. 1973/80

Mit brauner Ölfarbe handbearbeitete Serigraphie auf beidseitig bedruckter PVC Weichfolie48 × 48 cmAuf der Vorderseite mit Kugelschreiber signiert „Joseph Beuys“ und nummeriert. Exemplar 367/3 t von 560 Exemplaren mit Überarbeitung (von insgesamt 1150 Exemplaren). Edition Staeck, Heidelberg.Werkverzeichnis: Schellmann 74 A (von C)

Laut Angaben aus dem Werkverzeichnis „aus einer Serie von 40 verschiedenen Motiven (max. 100 Exemplare pro Motiv) im Gesamtgewicht von 3 Tonnen, wird von Beuys jede Folie einzeln bearbeitet, zumeist Übermalung mit brauner Farbe, auch Collage). Die Folien wurden zunächst zur Herstellung eines „Unterwasserbuches“ bedruckt, das aber aus technischen Gründen nicht zustande kam“ (vgl. Schellmann/Klüser Nr. 75).

€ 1.000 –1.500 ×

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309549 / 41500-13

Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfErdtelephon. 1973

Farbserigraphie auf Filzpappe99 × 60 cmMitte unten mit Bleistift signiert „Joseph Beuys“. Exemplar 15/100. Verlag Schellmann & Klüser. Rahmen.Werkverzeichnis: Schellmann 79

Transformation eines Fotos des Objektes „Erdtelephon“, 1969

€ 4.000 – 6.000 ×

49

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309557 / 41500-21

Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfKlaus Staeck gebohnert. 1974

Postkarte, von Beuys mit brauner Schuhcreme gebohnert auf graue Pappe aufgezogen10,5 × 15 cm (22,5 × 27 cm)Am Unterrand mit Bleistift signiert „Joseph Beuys“ und nummeriert. Verso nochmals Postkarte ohne Aufdruck. Mit dem Verlegerstempel: Edition Staeck, Heidelberg. Exemplar 81/150.Werkverzeichnis: Schellmann 118 und vgl. Schellmann 103

Dabei: Joseph Beuys Postkarten 1968 –1974. Kartonbox mit 26 (statt 30) Postkarten. Ohne die beiden Postkartenobjekte (vgl. Schellmann 104, 105). Nicht signiert. 16,5 × 12 × 4 cm. Edition Staeck 69 Heidelberg Postfach 102063.

€ 600 – 800 ×

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Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfPfl asterstein. 1975

BasaltCa. 12 × 13 × 13 cmAuf der geschliffenen Fläche mit Filzstift signiert „Joseph Beuys“ und gestempelt: „Joseph Beuys Eine Straßenaktion“ und „Organisation für direkte Demokratie“. Eines von 12 handsignierten Exemplaren außerhalb der Aufl age von 50 Exemplaren. Herausgeber: Dietmar Schneider, Köln.Werkverzeichnis: Schellmann 147

€ 1.500 –1.800 ×

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Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfMagnetischer Abfall (Magnetic rubbish). Multiple. 1975

Magnetstahlgussplatte in einer Orig.-Kartonbox10,5 × 14,7 × 1 cmAuf dem Deckel des Originalkartons signiert „Joseph Beuys“ und nummeriert. Rückseitig auf der Platte auf einem Etikett nochmals signiert und nummeriert. Exemplar 11/80. Herausgegeben von der Edition Staeck Heidelberg.Werkverzeichnis: Schellmann 155

€ 1.000 –1.500 ×

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Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfDas halbe Filzkreuz über Köln. 1974

Farboffset. Postkarten-Fehldrucke von Köln auf weißem Papier auf grauem, dicken Karton aufgezogen23 × 33 cm (34,4 × 44,5 cm)Über der Darstellung mit rotem Filzstift im Rechteck signiert „Joseph Beuys“. Am Unterrand mit Bleistift nochmals signiert und nummeriert. Exemplar 51/110. Herausgeber: Edition Staeck, Heidelberg.Werkverzeichnis: Schellmann 231

€ 1.000 –1.500 ×

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Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfIch ernähre mich durch Kraftvergeudung. 1978

Kleiner weißer Pappteller in Orig.-Kartonschachtel12 × 18 cmRecto auf dem Tablett signiert und betitelt. Verso nochmals signiert „Joseph Beuys“ und nummeriert. Exemplar „a.p. I/XXI“ außerhalb der im Werkverzeichnis erwähnten Aufl age von 120 Exemplaren. Herausgeber: Galerie Klein, Bonn.Werkverzeichnis: Schellmann 284

€ 2.000 –3.000 ×

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Joseph Beuys1921 Krefeld – 1986 DüsseldorfPostkarten. 1970

Nach Fotos von Ute Klophaus von der Aktion „Eurasia 32. Satz der Sibirischen Symphonie, 1963“Drei Farboffsets auf dünnem KartonJeweils 10,5 × 16 cmEine Postkarte über der Darstellung mit Bleistift signiert „Joseph Beuys“. Alle verso typographisch bezeichnet „Joseph Beuys Post Card“. Unlimitierte Aufl age. Herausgeber: Angela Flower Editions, London. Rahmen.Werkverzeichnis: Schellmann P4

€ 1.200 –1.500 ×

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308084 / 41344-6

Imi Knoebel1940 Dessau – lebt in DüsseldorfBetoni. 1990/97

Wandrelief. Pigmentierter Betonguss, vorderseitig poliert, verso mit Aufhängung21 × 35,5 × 8 cmVerso mit eingeritzter Signatur „IMI“. Unikat.Provenienz: Privatsammlung Norddeutschland

€ 3.000 – 4.000 ×

Imi Knoebel vereint in seinen plastischen Arbeiten Form, Umriss und Farbe – ein Prinzip, beeinfl usst durch den Suprematismus Kasimir Malewitschs -, das er von seinen zweidimensionalen Werken in die dritte Dimen-sion überträgt. Ab 1990 entsteht die Serie „Betoni“, daneben die „Cementi“, in denen die Schwere des Materials eine neue Kom-ponente bildet. Die glatt polierten Vorderseiten der Wandobjekte stehen dabei in klarem Widerspruch zu den rau belassenen Rückfronten, die erst auf den zweiten Blick die eigentliche Materialität des Objekts offenbaren.

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Imi Knoebel1940 Dessau – lebt in DüsseldorfBetoni. 1990/97

Wandrelief. Pigmentierter Betonguss, vorderseitig poliert, verso mit Aufhängung25 × 24 × 7,7 cmVerso mit eingeritzter Signatur „IMI“. Unikat.Provenienz: Privatsammlung Norddeutschland

€ 2.000 –3.000 ×

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Cornel Wachter, Sigmar Polke und Sigmars Wiener Freund Gernot Schauer anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Die drei Lügen der Malerei“, 1994 in der Bundeskunsthalle BonnFoto © Cornel Wachter

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Ein Film über den Menschen Sigmar Polke war die Idee, Lennart Kremser und ich drehten im thüringischen Eichsfeld, wo das Kind Polke und seine Familie nach der Flucht aus Schlesien erste Aufnahme gefunden hatten. Wir trafen Sigmars Klassenlehrerin, seine Klassen-kameraden, seinen Vetter und seine Cousine. Auch besuchten wir ehemalige Nachbarn und Spielgefährten und das Forsthaus des Onkels Raschdorf, in dem die Familie zunächst wohnte und aus dem sie als ungeliebte Ostfl üchtlinge bei Nacht und Eiseskälte wieder vertrieben wurden. Reichliche Spuren der Familie Polke, die sich in Thüringen mit Bastelarbeiten von Krippenfi guren einen Namen gemacht hatten, konnten wir nachspüren.In Köln, seiner Wahlheimat sprachen wir mit seinem Werkstattnachbarn und Freund, dem Schreinermeister Michael Kober, mit Künstlerkollegen, seinem Farbenhändler, mit Freunden wie Linde Rohr-Bongard, Sigmars Bonner Galeristen Erhard Klein, Kuratoren wie Wulf Herzogenrath und Michael Hentschel. Auch sprachen wir mit Polkes guter Freundin Bice Curiger aus Zürich. Sie sagt im Interview über Polke: „Er hatte ein großes genuines Interesse für Menschen und für Situationen. Zugleich war er bekannt dafür, dass er nicht ans Telefon ging, dass er zurückgezogen lebte, daß er sich nicht auf Alle einließ. Aber das war eine Art Selbstschutz, weil er wußte, daß er sich auf alles einlassen konnte, alles spannend fand und sich auch sofort irgendwie attachierte. Eine gesteigerte Aufmerksam-keitsbereitschaft – wenn es so etwas gibt – lag in seinem Naturell … und das macht ja auch seine Kunst so spannend“.

Der Künstler Jo Oberhäuser hatte Anfang der 90er Jahre die Idee, dass einige treue Kunden des Farbenhändlers Diter Frowein zum 10jährigen Jubiläum seines Fachgeschäftes „Tutti Paletti“ gemeinsam ein großes Bild erschaffen. Jürgen Klauke, Oliver Jordan oder mein Künstlerduo UnterbezirksDada waren neben anderen angesprochen und auch Sigmar sollte und wollte sich auf dem Gemeinschaftsbild verewigen. Als Oberhäuser und ich das Bild in Sigmars gerade neu bezogenes Atelier brachten, standen dort noch fast keines seiner Bilder und kein sonstiges Mobiliar. So fragte ich den mir seinerzeit noch völlig unbekannten Kollegen Polke, ob er mir und meinem Duokollegen vielleicht einmal des Nachts seine Werkstatt für Photoarbeiten leihen wolle. „Was wollt ihr denn hier machen?“, fragte Polke. Ich antworte ihm, dass wir mit einer historischen Polaroid auf 667er Schwarzweißmaterial im dunklen Raum Mehrfachbelichtungen erstellen wollten. Sigmar bellte fast: „wie soll das denn gehen, das kann man doch gar nicht mit der 100ter (Anmerkung, er meinte die alte Landkamera vom Polaroid), wie wollt ihr denn den Verschluss offen halten?“.„Okay“, sagte ich, „sie kennen sich aus – und es geht doch, mit einem Drahtauslöser, den Fernauslöser kann man am Drücker arretieren“. „Ah, du kennst Dich aber auch aus. Wann wollt ihr kommen, geht es schon heute Nacht?“, fragte Polke. „Nein“, sagte ich, “ in den nächsten

„Gesteigerte Aufmerksam keits bereitschaft“Erinnerungen an meinen Freund

Sigmar Polke

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Tagen können wir, kann ich sie anrufen? “ „Ja, mach das, ich stehe im Telephon buch“, antwortete Polke.

Ich rief Polke tags darauf an, inzwischen wusste ich wer er war und wir vereinbarten einen ersten Termin zur nächtlichen Photosession. Damit nahm eine wunderbare Beziehung zu einem wunderbaren Menschen ihren Anfang. Er hatte wohl viel dafür übrig, dass ich aus dem Handwerk kam, schätzte meine Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer in der Kölner Dombauhütte sehr und wollte immer wieder Hintergründe aus diesem Bereich wissen. Überhaupt sprachen wir viel über alles Mögliche, über Literatur, über den Krieg, über die Flucht, über die Musik. Polke unterstützte maßgeblich die von mir initiierte Wieder-aufführung der ersten Deutschen Oper Alceste von Christoph Martin Wieland und Anton Schweitzer aus dem Jahr 1773, welche ich zum Programm der Kulturhauptstadt Europas, „Weimar 99“ aus der Versenkung hob.

Ich erlebte den furchtbaren Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar hautnah. Brennendes Papier und Asche fl ogen in den rot erleuchteten Himmel der Klassikerstadt, Freunde versuchten Bücher und Kunstwerke aus dem Gebäude zu schaffen, eine enorme Hitze drängte jedoch bald alle zurück. Grauenvolle Bilder! Und ich war immer noch völlig mit den Nerven fertig als ich am übernächsten Morgen aus Weimar kommend auf Sigmars Werkstatthof fuhr, um dort einen Anhänger abzustellen. Polke stand bei Sonnenaufgang an der Werkstatttür, in den Händen Farbtöpfchen und Pinsel. „Das stelle ich besser mal weg, setz dich, ich koche uns einen Tee“, sagte er.Wir redeten über die schrecklichen Erlebnisse und über Sicherheit, die es nicht geben kann, frühstückten und aßen zu Mittag und zu Abend, bis die Sonne wieder unterging und meiner geschundenen Seele taten diese Stunden gut. Ich habe den Eindruck, dass ich ohne Sigmars Aufmerksamkeit und Fürsorge verrückt geworden wäre. Das werde ich ihm nie vergessen.

Ich habe so viele herrliche Stunden mit ihm erlebt: als sein Chauffeur,als ihm zur Hand gehender Gehilfe, als sein „Ateliermieter“ oder einfach rumgammelnd in seiner Werkstatt. Besondere Freude machte es, mit ihm seine Post zu öffnen und zu erleben wie er mit Briefen von Leuten umging, die versuchten ihn zu vereinnahmen oder sich mit ihm zu schmücken. Diese Briefe gingen mit süffi santen, treffenden Kommen-taren in die „Rundablage“ (Papierkorb) oder in einen der vielen Kisten hinter seinem Schreibtisch, wo diese wohl heute noch unbeantwortet liegen werden. Da waren aber auch die Briefe über die Polke sich sehr freute, von sehr lieben, mitdenkenden, sich in seine künstlerischen Äußerungen einfühlenden Menschen, die ihm schrieben wie sehr sie seine Arbeiten schätzten. Diese Briefe beantwortete er sofort. Ich habe es auch erlebt, dass er diese Menschen gleich anrief und ihnen seine gesteigerte Aufmerksamkeitsbereitschaft schenkte.

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Farbenhändler Diter Frowein und sein Kunde Sigmar Polke anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Die drei Lügen der Malerei“, 1994 in der Bundes-kunsthalle Bonn. Foto © Cornel Wachter

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Sigmar Polke1941 Oels – 2010 KölnOhne Titel (Überarbeiteter Faksimiledruck von Rembrandt mit der Ansicht der Kirche von Bloemendaal). 1995/96

Farbige Filzstifte, mit Alkohol gelöst, über Faksimile-Reproduktion der Rembrandt-Radierung „Kirche von Bloemendaal“ auf gelblichem Simili-Japan13,5 × 33 cm (22 × 41,5 cm) Verso rechts unten in Bleistift signiert „S. Polke“. Die Reproduktion mit dem Trockenstempel bzw. rücks. Faksimile-Stempel der Staatsdruckerei Berlin.Provenienz: Geschenk des Künstlers. Privatbesitz Rheinland

Sigmar und ich kauften nach einem Einkauf bei seinem und meinem Farbenhändler Dieter Frowein „Tutti Paletti“ ein paar Häuser weiter in einer Apotheke auf der Kölner Severinstrasse hochprozentigen Alkohol, der so eigentlich nicht verkauft werden darf. Ein Mitarbeiter der Apotheke hatte Sigmars Wunsch schon energisch abgewunken, da Sigmar den Apotheker aber wohl kannte, erhielten wir durch den Chef dann doch die kleine Flasche ausgehändigt. An Sigmars Werkstatt angekommen, bat Polke mich ihm ein Faksimile-Rembrandt-Blatt, das ich in meinem Auto liegen hatte, zu reichen. Dies Blatt hatte ich Dieter Frowein und Sigmar kurz vorher im „Tutti Paletti“ als eines von mehreren ähnlichen Blättern aus dem Erbe meines Patenonkels, des Monsignore Prälat Franz-Albert Rust vorgestellt. Polke legte das Blatt auf den Tisch auf der Rampe vor seiner Werkstatt, setzte sich auf seine indonesische Bank und begann gleich Faserbuntstifte in den Alkohol zu tunken und aus deren Spitzen die mit Farbe vermischte Flüssigkeit auf das Blatt abtropfen zu lassen. Ich erschrak, aber stoppt man einen Polke? Nee, das macht man nicht und schon erst recht nicht als ich sah, was da entstand, eine wunderbare Übermalung des Rembrandtblattes durch Polkes Hand. Ich war erst sprachlos, ob des Ergebnisses. Dann sammelte ich mich und sagte, „das musst Du aber auf jeden Fall signieren“. „Ich kann doch keinen Rembrandt signieren“, sagte Polke und ohne das Blatt bereits umgedreht zu haben sagte er, „so das richtige Bild ist auf der Rückseite“, er drehte das Blatt, freute sich an den durchgeschlagenen Farbtupfern und signierte unten rechts (Cornel Wachter, Köln 2017).

€ 50.000 –70.000 ×

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Triptychon Mitte: Retratro [Portrait] – „Die Geschichte vom Hund“. 1995

Collage. Buchobjekt mit Bleistifteinzeichnungen, bedruckter Stoff und Fotoklammern. 99 × 59 cm. Rechts auf der Umschlagklappe in Bleistift signiert „Sigmar Polke“. Orig.-Objektrahmen.

Sigmar und ich waren bei seinem und meinem Farbenhändler in der Kölner Südstadt, in Dieter Froweins Laden „Tutti Paletti“ einkaufen gewesen. Hiernach tranken wir noch gleich um die Ecke bei mir daheim einen Tee und ich holte die Photokopie einer Buchseite zu der Geschichte der „Old Mother Hubbard and her Dog“ hervor, die ich nach meinem letzten Fahrdienst für Sigmar in meinem Auto gefunden hatte und er steckte diese wortlos in seine Ledertasche. Wieder in seiner Werkstatt (Sigmar sagte nie Atelier oder gar Studio, immer Werkstatt) angekommen, holte er den goldenen Katalog des Walker Art Center „Illumination“ aus dem Keller und nahm meine Hand, legte diese auf das Cover des feinen Kataloges und zeichnete meine Hand auf dem Karton nach.Dann holte er die Photokopie „Old Mother Hubbard and her Dog“ aus seiner Tasche, gab mir ein paar große Photoklammern und bat mich

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Sigmar Polke1941 Oels – 2010 KölnTriptychon. 1995Drei Selbstbildnisse

Eine Collage und zwei Bleistiftzeichnungen auf Kataloginnenseiten. Unterschiedliche Formate. Die Collage signiert, die übrigen Arbeiten bezeichnet. Jeweils in Orig.-Objektrahmen. Provenienz: Kölner Privatsammlung, Cornel Wachter

Wir danken Herrn Cornel Wachter, Köln, für die Textbeiträge

€ 180.000 –220.000 ×

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damit die Photokopie an der Innenseite des Umschlages zu befestigten. Dann schnitt er mit der Nagelschere die Silhouette der Hand aus, klappte diese um und griff ein Stück Stoff aus einem großen Haufen verschiedener Stoffe, einen Stoff mit Hundemotiven, und knotete den Stoff mit den Worten fest, „Wir gehören jetzt immer zusammen, das ist ein großer Rotztuch-Erinnerungsknoten“. Sein anschließend breites und langanhaltendes Grinsen werde ich nie vergessen.Auf der ersten Seite des Kataloges vertiefte Sigmar diesen lustig vorgetragenen Gedanken zeichnerisch und mit Schrift, durch die Verbindung von „Zollstock“ (Köln-Zollstock, dort liegt seine Werkstatt), „Auto“ (Mein „Bauerndiesel“, wie Sigmar immer zu meinem 123er 80er Jahre Mercedes sagte) und „Sach Sack Sax Sags-en Rink 36“ (Das sich meiner Adresse lautmalerisch annähert) und sagte, „hier jetzt hast Du Deinen echten Wolf Vostell. Den kannst Du ja an den Klammern auf Klo hängen“. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass er „auf Klo“ sagte, er verschluckte gerne Wörter und hier wusste er vielleicht nicht, dass er unfreiwillig „Kölsch“ gesprochen hatte, denn der Kölner geht nicht „auf das Klo“ sondern „auf Klo“. Sigmar signierte dann auf der Innenseite des Rückumschlages des Kataloges mit „Sigmar Polke“ und faltete diesen Karton wieder ein (Cornel Wachter, Köln 2017).

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Triptychon links: Selbstportrait 4. 1995

Bleistiftzeichnung auf Kataloginnenseite „Join the dots“, Tate Gallery Liverpool. 29 × 43,5 cm. Rechtsseitig in Bleistift betitelt und mit Widmung „für Cornel Wachter“ bezeichnet. Orig.-Objektrahmen.

Ich bat meinen Freund Sigmar Polke Mitte der 90er Jahre 3 Mal um die Zeichnung eines Selbstbildnisses und ich erhielt 4 von ihm. Wie geht das? Ganz einfach, die Zeichnung mit dem Titel „Selbstportrait 4“ entstammt seiner eigenen inneren Aufforderung und ist die erste der 4 Portraits. Sigmar kam Anfang 1995 von der Eröffnung seiner Aus-stellung „Join the dots“ in der Tate Gallery Liverpool zurück an den Weyerstrasserweg, zurück in seine Werkstatt. Ich arbeitete nebenan beim Schreiner Michael Kober an Holzrahmen für meine eigene Kunst. Sigmar rief mich zu sich rüber und überreichte mir den Liverpooler Katalog. „Nee, nehme ich ohne Widmung nicht“, sagte ich, wie ich es immer bei jedem Buchgeschenk, egal von wem sage. Sigmar zog einen Bleistift aus der Hosentasche und setzte mit großer Geste an - das Ergebnis ist „der schönste Strich, den ich je neben dem von Picasso gesehen habe“, rief ich erfreut aus und Sigmar schrie schrill, dass es mir in den Ohren pfi ff, „Ja ja, Piiiiiiiik-Asso war ein stechender Trumpf“. Nach Sigmars Tod erbat ich mir durch den Estate of Sigmar Polke die Erlaubnis das „Selbstportrait 4“ als Frontispiz in mein Buch „Ich fand Kunst doof und gemein“( Der Titel ist von meinem Nachbarn Frank Schätzing ) - Mein Erstes Kunsterlebnis“ zu setzen. Das Buch folgte meiner Ausstellung gleichen Titels im Kölner Wallraf Richartz Museum, ich erarbeitet es mit dem ehem. Direktor des Kölner Hauses Prof. Dr. Andreas Blühm (heute Direktor Museum Groningen), es erschien März 2012 im Verlag Seemann Leipzig (Cornel Wachter, Köln 2017).

Triptychon rechts: Glaubt keiner, Selbstbildnis – die bekrönte Endlos-schlange. 1995

Kugelschreiberzeichnung in Blau auf Kataloginnenseite des IVAM Instituts, Valencia. 30 × 50 cm. Linksseitig in Bleistift bezeichnet „glaubt keiner – delbstbildnis“. Orig.-Objektrahmen.

Mitte 1995 nahm ich wie so oft bei Sigmar im kleinen Büro, rechts neben seinem Eingang zu seiner Werkstatt, ihm gegenüber am Schreibtisch Platz und wir sahen seine Post durch. Er öffnet ein paar Umschläge, ich öffnete ein paar Umschläge und legte ihm die Inhalte ohne Draufsicht hin. Dann schaute er und entschied, ob der jeweilige Inhalt zur Beantwortung liegen bleiben, in die „Rund-ablage“, wie er sagte, den Papiermülleimer unter dem Tisch oder in einen der vielen Postsäcke und Pappkartons, die sich in seinem Rücken befanden wandern und dort wohl für immer bleiben sollten. Auf dem Tisch lag auch der Katalog einer Polkeausstellung aus Spanien. Polke bemerkte mein Interesse und sagte, „nimm mit, nimm, nimm“ und ich sagte „Nur mit Selbstportrait“ und so entstand das für mich beeindruckendste Werk, welches ich aus Polkes Hand kenne, natürlich neben der Arbeit „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“ von 1969,

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welches ich mal adaptiert habe und mit dem Text „Wenn‘s vom Sigmar wär, brächte es mehr“ ihm zum 55. Geburtstag schenkte. Dr. Martin Hentschel (Sigmar nannte ihn seinen „Haus- und Hofschrei-ber“) zu „Glaubt keiner, Selbstbildnis“ – die bekrönte Endlosschlange von 1994 (zit aus: Filminterview mit Dr. Martin Hentschel zu Sigmar Polke, geführt von Lennart Kremser und Cornel Wachter im Museum Krefeld):„...ja die Schlange, die sich selber in den Schwanz beißt, das ist ein Zeichen für Unendlichkeit.Gleichzeitig sind da noch diese Augen, die nach innen schauen, was sich wieder schließt, ...es ist ein geschlossener Kreislauf… Es zieht sich alles in sich zusammen...

(Die Krone), ich denke, das ist dieses Berufen sein als Künstler, dass jemand ihm die Krone aufgesetzt hat. Also es muss jetzt keine bestimmte Person sein, die Umstände seines Lebens, dass er sich auch irgendwo berufen fühlte als Künstler... Und natürlich dieses Plus-Mi-nus-Zeichen, das ist, meine ich die einzige Utopie die Polke vielleicht jemals gezeichnet hat, weil das ist eigentlich ein vollkommenes Künstlerbild, weil diese beiden Augen nach innen gerichtet sind, der Künstler lebt aus sich selbst heraus... der Künstler genügt sich selbst. Er braucht eigentlich die Umgebung oder die Außenwelt nur bedingt. Er muss in sich selbst hineinschauen, um wirken zu können. Wichtig ist auch, wenn man da mal weiterschaut, diese 4 Punkte, von den 4 Sternen ausgehend, zieht Polke dann diese Diagonalen und das könnte man als eine Umdeutung der 4 Ecken der Welt sehen. Der Künstler ist auch wenn er in sich selbst schaut, sich selbst genügt, er ist immer mit den 4 Ecken der Welt verbunden. Ob er will oder nicht. Deshalb gehen die Linien auch drüber, er kann gar nicht anders, er ist von vornherein mit der Welt verbunden“ (Cornel Wachter, Köln 2017).

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Sigmar Polke1941 Oels – 2010 KölnDa ging ihm ein Licht ap ! 1986

Kugelschreiberzeichnung in Blau auf gedruckter BuchseiteSichtmaß: 26 × 20 cm Verso in schwarzem Filzstift bezeichnet „Für“ Unterdingsda [gedruckt], signiert „Sigmar Polke“ und datiert „1986“. Unter Passepartout gerahmt.Provenienz: Geschenk des Künstlers. Privatbesitz Rheinland

1995 nahm ich mit meinem Künstlerduo UnterbezirksDada an der „Kölnkunst 95“-Schau des Bundesverbandes Bildender Künstler in der Kölner Kunsthalle teil. Im Katalogbuch der Ausstellung fand sich der Entwurf zu der spektakulären Installation des Künstlerduos mit Titel „Gespenstisch Geschlossene Gesellschaft“. Der Titel ist dem Titel des Dramas des französischen Schriftstellers und Philosophen Jean Paul Sartre „Geschlossene Gesellschaft“(Huis-clos) entlehnt. Hierbei schwebte, auf dem oberen Abschluss eines Maibaum ruhend, ein quadratischer, schwarz gestrichener 4 Personen-Küchentisch nur knapp unter der Raumdecke. Am Tisch, nach allen 4 Seiten je ein Frankfurter Küchenstuhl befestigt, den Eindruck erweckend, als würden die Stühle wie von Geisterhand in der Luft schweben. Über den Rücklehnen dunkle Anzugjacken, aus deren rechten Seitentaschen je eine Taschenuhr an einer Uhrenkette baumelte. Dieses Bild einer zeitlosen, vom Rest der Gesellschaft enthobenen und abgeschiedenen Gesellschaft konspirati-ven Denkens faszinierte Sigmar sehr. Polke und ich sprachen viel über diese Arbeit, die er mehr und mehr als herausragend lobte, auch immer wieder vor weiteren Gesprächspartnern. So entstand, wohl aus besonderer Zuneigung, im Jahr nach der Installation aus Polkes Hand die Zeichnung der beiden Typen, die am Tisch der Entwurfszeichnung in einer Glühbirne sitzen und einen Wolframfaden von Mund zu Mund spinnen und mittels ihres Geistes in die dunkel angelegte Szene Licht scheinen lassen. Polke unterschrieb die Zeichnung mit „da ging ihm ein Licht ap!“. „Ihm“, meinte er sich damit? Ich denke ja und die beiden Typen sind klar die Urheber der „Gespenstisch Geschlossene Gesell-schaft“, das Künstlerduo UnterbezirksDada (Cornel Wachter, Köln 2017).

€ 8.000 –10.000 ×

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Sigmar Polke1941 Oels – 2010 KölnFremdes Wesen. 1994

Kugelschreiber in Schwarz und dunkelrote Tusche auf Velin25 × 30 cmRechts unten in Kugelschreiber datiert „27. 12.“ und signiert „S. Polke“. Verso von Cornel Wachter bezeichnet „26. 10. 1994 – Cornel Wachter führte die Hand des Meisters“.Ich diktierte ihm die Worte bis „....in Gestalt der UNTERBERZIRKSDADAISSEN Hand“ und ab dort schrieb er, was er wollte, nämlich „für und wider den Schneider“. Die Datierung auf der Rückseite entspricht dem tatsächlichen Entstehungsdatum der Arbeit. Originaler Stahlrahmen.Provenienz: Kölner Privatsammlung, Cornel Wachter

Sigmar Polke hatte Probleme mit tordierenden, also sich verdrehenden Transpar-entbildern. Für diese, seine legendären Bilder, schraubte er zwei Keilrahmen aus Holz aufeinander, spannte Gaze dazwischen, die er dann mit einem speziellen Lack tränkte, über die er Rahmen in höhere Spannung brachte und nach deren Trocknung bemalte. Obzwar ich niemanden kannte, der sich so in alles reindenken konnte und sich so in alle Richtungen des Lebens interessiert und enorm schlau zeigte, hier machte Polke sich eine falsche Vorstellung zur möglichen Lösung des Problems. Er dachte, ein Stahlrahmen aus L-Profi l um die zwei Holzrahmen könnte deren Verdrehung aufhalten und so beauftragte er mich, ihm Stahlrahmen zu schweißen. Ich sagte ihm gleich, dass dies nicht die Lösung sei und später sah er es auch ein, die Kraft der Verdrehung ist so hoch, das hält kein umliegender Stahlrahmen auf. Polke schätzte die Machart der für die Polaroidarbeiten des Künstlerduos UnterbezirksDada bekannten, rundum schwarzen Stahlrahmen. Er, der Alchemist, fragte sich, wie das wohl gehen kann, „die Ecke des Stahlrahmen wird geschweißt, dann verputzt (Anm.: also die Schweißnaht mit dem Trenn-schleifer auf Rahmenniveau runtergeschliffen), da muss eine blanke Ecke entstehen, aber wie kommt beim Wachter die zunderschwarze Ecke zustande?“. Kollegen in den 90er Jahren nutzten oft Farbe oder Schuhwichse um die Ecken zu schwärzen, ich jedoch lernte von meinem Freund Justus Bierich, wie man mit der Flamme in einer Endlosschleifenbewegung über die blanke Ecke geht, sodass diese nicht ob zu starker Hitze aus dem Winkel rückt und zudem eine Zunder-schicht wie der ungeschliffene Reststahl annimmt. Dieses alte Handwerkswissen gefi el Polke und so bestellte er trotzdem reichlich Rahmen und erfreute sich nach eigenen Angaben sehr an deren „Anmutung“. Seine Konstruktionszeichnung machte er deshalb später wohl zu einem Kunstwerk mit Kugelschreiber, farbiger Tinte und mit dem Auftrag diese in einen kleinen Stahlrahmen einzubauen zu einem einzigartigen Polke-Objekt. Kurz vorher war sein Freund Dietmar Schneider noch in der Werkstatt gewesen und so bat ich Polke über die Zeichnung zu schreiben, „Dieses Bild ist für Dietmar Schneider gedacht, wenn nicht folgendes hiermit wäre:“, da beendete Sigmar das Diktat und schrieb weiter, „Fremdes Wesen in Gestalt des UNTERBEZIRKSDADA Hand für und wieder den Schneider“ und signierte mit „27. 12. S.Polke“ (Cornel Wachter, Köln 2017).

€ 40.000 –50.000 ×

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Sigmar Polke1941 Oels – 2010 KölnDie vier Akrobaten. 2000

Manipulierte Kopie auf Papier39,8, 28,5 cm (39,8 × 29 cm)Vorne rechts zweimal mit Fineliner signiert.Rahmen.

Für seine Ausstellung „Die gesamten Editionen“ in der Bundeskunst-halle in Bonn 2000/2001 hatte Polke die Idee, eine Ausstellungswand mit unsignierten, manipulierten Kopien zu tapezieren. Zu diesen Arbeiten zählt dieses Blatt.

€ 4.000 – 6.000 ×

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Gerhard Richter1932 Dresden – lebt in Köln und DüsseldorfSchädel mit Kerze. 1983

Farboffset ohne den typographischen Text am Unterrand auf dünnem weißen Karton41 × 61 cm (43 × 64 cm)Rechts in der Darstellung signiert.Hrsg. The Israel Museum, Jerusalem, 1995.Rahmen.Werkverzeichnis: Nicht bei Butin

In seinem Werk ‚Schädel mit Kerze’ von 1983, variiert Richter das Thema der brennenden Kerze, indem er das Motiv des Schädels hinzufügt, das wie die Kerze ein klassisches „Vanitas-Symbol“ darstellt. Das Gemälde von Gerhard Richter: „Schädel mit Kerze“, 1983, 100 × 150 cm, Werkverzeichnis: WV Nr. 547-2, Öl auf Leinwand, hängt in der Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen.

€ 13.000 –15.000 ×

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Gerhard Richter1932 Dresden – lebt in Köln und DüsseldorfBetty (Tate Poster). 1991

Farboffset nach dem gleichnamigen Gemälde von 1988 auf glattem Offsetpapier76,5 × 53,3 cm (84 × 59,5 cm)In der Darstellung rechts unten signiert und datiert. Mit der Schrift im Unterrand.Eines von ca. 50 Exemplaren mit Gefälligkeitssignatur der Posteraufl age der Tate Gallery, London. Anlässlich der großen Gerhard Richter-Ausstellung vom 30. Oktober 1991 – 12. Januar 1992 edierte die Tate Gallery London eine Posteraufl age. Insgesamt wurden 500 Exemplare gedruckt, 200 davon wurden plakatiert und 300 wurden zum Verkauf angeboten. Ca. 50 Exemplare signierte, laut freundlicher Auskunft der Tate Gallery, Richter während der Eröffnung.

€ 6.000 –7.000 ×

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Gerhard Richter1932 Dresden – lebt in Köln und DüsseldorfDie Welt. 2012

Farbiger Tintenstrahldruck auf elfenbeinfarbenem Maschinenbüttenkarton57,3 × 40 cmSigniert und nummeriert.Exemplar 63/100.Werkverzeichnis: Butin/Richter (Ed.-Verz.) 157

Die Edition basiert auf dem Titelblatt der Tageszeitung Die Welt, Berlin vom 5. Oktober 2012.

Die Aufnahme, die Richter für die erste Seite der Welt ausgewählt hat, schließt an die Tradition seiner Familienporträts an. Auf dem Foto sind Richters Frau Sabine im weißen Bademantel und sein Sohn Theo zu sehen.

€ 7.000 –9.000 ×

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Gerhard Richter1932 Dresden – lebt in Köln und DüsseldorfFlow

Farbiger acrylglasversiegelter Digitalprint auf Alu Dibond (zweiteilig)100 × 200 cmVerso Editionsetikett, Stempel und Nummerierung.Exemplar 244/500. Herausgegeben von Gerhard Richter Studio, Köln und Heni Productions, Inc. London.Facsimile-Objekt nach dem Original von Gerhard Richter (vgl. Butin/Richter CR 933-2), Heni Productions No. P15.

€ 15.000 –20.000 ×

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309554 / 41500-18

Krimhild Becker1940 Bonn – 2010 KölnOhne Titel. 1990

Silbergelatineabzug auf Barytpapier, Leuchtstoffröhre, montiert, in Originalrahmen42 × 76 cmAm Unterrand signiert und datiert.Provenienz: Privatsammlung Rheinland

€ 2.000 –3.000

Nach ihrem Studium der Malerei an den Kölner Werkschulen begann Krimhild Becker sich ab 1970 mit der Fotografi e auseinander-zusetzen. Zu Beginn der 1990er Jahre entstanden inszenierte s/w Fotografi en, kombiniert mit Neonröhren, die Becker als Wandarbeiten konzipierte. Beckers Arbeiten oszillieren zwischen der Licht- und Schatten-welt. Die Künstlerin selbst sammelte bevorzugt Gegenstände, die sich mit dem Tod beschäftigen, ihre Kollektion ist im Kolumba Museum, Köln ausgestellt.

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309559 / 41500-23

C. O. Paeffgen1933 Köln – lebt ebendaGefängnis. 1973

Objekt. Holz und Draht43,5 × 30,5 × 9 cmVerso signiert, datiert „Köln 73“ sowie bezeichnet „Otto“. Unikat.

Innenseitig schwarz bemalte Holzkiste als „objet trouvé“ mit Drahteinsatz.

€ 1.500 –2.000 ×

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310302 / 41629-4

C. O. Paeffgen1933 Köln – lebt ebendaOhne Titel. 1989

Mischtechnik (Filzstift, Farbkreide, Deckweiß) auf weißem glatten Papier18,5 × 19 cm (29,5 × 21 cm)Links oben monogrammiert und datiert „C. O. P. 89“. Rahmen.

€ 600 – 800 ×

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C. O. Paeffgen1933 Köln – lebt ebendaOhne Titel. 1981

Objektkasten. Bemaltes Treibholz28,5 × 62 × 6,5 cmRechts unten auf dem Treibholz monogramiert „C. O. P.“ und „81“ datiert. Unikat. Rahmen min. besch.Provenienz: Privatsammlung Rheinland

Auf dem Treibholz Maus in Tusche und spiegelverkehrter Buchstabe „S“ in Goldfarbe.

€ 1.800 –2.500 ×

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309302 / 41452-1

Georg Baselitz1938 Deutschbaselitz / Sachsen – lebt in Inning am AmmerseeOhne Titel. 1959/1973

Radierung auf graubraunem Zaan Bord Papier29,5 × 23,5 cm (76 × 65 cm)Rechts unten signiert und datiert „Baselitz 59/73“. In der Platte monogrammiert und datiert: GB 1959. Exemplar 15/50. Blatt 7 der Mappe: 8 Radierungen nach Zeichnungen von 1959,1973. Edition Heiner Friedrich, München 1973. Rahmen.Werkverzeichnis: Jahn 115

€ 2.000 –3.000

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Georg Baselitz1938 Deutschbaselitz / Sachsen – lebt in Inning am AmmerseeOhne Titel. 1982

Radierung auf Kupferdruckpapier31,7 × 24,7 cm (70 × 53,5 cm)Rechts unten signiert und datiert „Baselitz 82“. In der Platte unten links monogrammiert und datiert.Exemplar 48/250 als Weihnachtsgabe der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe, 1982.Rahmen.Werkverzeichnis: Jahn 382

€ 2.000 –3.000

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Georg Baselitz1938 Deutschbaselitz / Sachsen – lebt in Inning am AmmerseeDresdner Frau I. 1990

Holzschnitt auf Velin59 × 49 cm (100 × 79 cm)Rechts unten mit Bleistift signiert und datiert „Baselitz 90“.Exemplar 18/30.Blatt I der 1990 entstandenen Holzschnitt-Folge: Dresdner Frauen I–V.Rahmen.Provenienz: Achenbach Art Edition (Etikett auf der Rückseite)

€ 2.000 –3.000

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William Kentridge1955 Johannesburg – lebt ebendaThe Bird & its Watcher. 2013

Linolschnitt auf Hahnemühle-Bütten50 × 60 cm (60 × 80 cm)Rechts unten signiert, links unten nummeriert und bezeichnet „P/P III/III“. Printer’s proof außerhalb der Aufl age von 50 arabisch nummerierten Exemplaren.

€ 5.500 –7.500

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Karl Bohrmann1928 Mannheim – 1998 KölnKarl Bohrmann. 10 Radierungen zu Texten von Jorge Luis Borges. Hans-Georg Schultz (Hrsg.), München o. Jg.

Zehn Blatt Radierungen zum Teil mit Aquatinta auf Kupferdruckkarton 33 × 25 cmAlle Blätter und im Impressum signiert. Exemplar 8/25. Lose Bogen in schwarzem Orig.-Kartonumschlag mit einer zusätzlichen Radierung auf dem Cover.

€ 800 –1.200

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Anselm Kiefer1945 Donaueschingen – lebt bei ParisSchlangengrube. 1983

Collage mit Gelatinesilberabzug und Haut einer Brillencobra auf grauen Originalkarton montiertBA 52 × 145 cmAuf dem Foto in blauem Kugelschreiber signiert, betitelt und gewidmet „Schlangengrube für Inge Langen“. Verso aufgeklebte Fotokopie eines handschr. Briefes des Künstlers. Rahmen.Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung

Das s/w-Foto zeigt das Innere des Ateliers Anselm Kiefers in Höpfi ngen bei Buchen (Alte Ziegelei). Das Wortspiel „Schlangengrube“ stellt er durch die Kombination der Schlangenhaut mit dem Foto einer Fabrikhalle einer Kohlengrube dar, möglicherweise um die ökologischen Bedingungen der heutigen Zeit kritisch zu beleuchten. Die Widmung richtet sich an die Schauspielerin Inge Langen (1927 – 2007), die sich Mitte der 1970er Jahre aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatte und später Schauspieler in ihrem eigenen Studio ausbildete. Sie war verheiratet mit Peter Ade, der 1950 –1983 das Haus der Kunst und später die Hypo-Kunsthalle in München leitete. Inhalt des Briefes: „Liebe Inge, vielen Dank für Ihren Brief. Ja, bei dem Erbsenfi lm () kam nicht alles durch, was ich im Kopf hatte, ich muß es nochmal machen und zwar alles selbst. Ich schicke Ihnen eine Schlange. Sie wissen, Alexander hatte, als er durch Ägypten zog, eine Schlange, die neben ihm herging, und mit der er sprach. / Bin sehr gespannt auf Ihr neues Objekt. Das ist ganz meine Methode: erst sammeln, jahrelang, dann verbinden. Nächstes Jahr sind Ausstellungen in Berlin (Nationalgalerie), Tübingen, Irland, Norwegen, Amsterdam, New York. Da gibt es viel zu tun. Viele herzliche Grüße, Ihr Anselm Kiefer.“

€ 12.000 –15.000 ×

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Öl, Acryl, Kunstharz und Tusche über Kaltnadelradierung auf Velin, vom Künstler auf Leinwand aufgezogen. Zweiteilige Arbeit Je 211 × 122 cm, Gesamtmaß 211 × 244 cmRechts unten auf der rechten Tafel signiert und datiert „A. Oehlen 87“. Verso auf dem Keilrahmen der linken Tafel mit Vermerk „Bleich.Rossi – Graz“.Provenienz: Galerie Bleich-Rossi, Graz (1987– 89) / Privatsammlung, Wien (1989 – 2015) / Privatsammlung, Süddeutschland Ausstellung: Albert Oehlen, Galerie Bleich-Rossi, Graz, April – Mai 1989. Nikdo nepomuze nikomu – Das Gute muss gut sein (Kippenberger/Krebber/Oehlen/Schlick), Galerie Hlavinho Mesta, Prag, Oktober-November 1992, m. Farbabb.

Albert Oehlen, seines Zeichens „Enfant terrible“ der deutschen Kunstszene, studierte bei Sigmar Polke an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (1978 – 81) und nahm aktiv an künstlerischen und politischen Auseinandersetzungen der späten 1970er und der frühen 1980er Jahre teil. Zusammen mit Werner Büttner gab er 1977 – 79 die drei Broschüren mit dem Titel „Dum Dum“ als „Zentralorgan der Liga zur Bekämpfung des widersprüchlichen Verhaltens“ heraus, 1982 – ebenfalls mit Büttner – die Publikation „Rechts blinken – links abbiegen“. Ein Gemeinschaftsbild mit dem bezeichnenden Titel „Eines Tages werden wir ihnen die Fenster zunageln, und dann kommt (Das Licht von der anderen Seite)“, entstanden 1978, legt Zeugnis ab von einer rebellischen, distanzierten Haltung der beiden Künstler; es ist zugleich ein Bekenntnis zu der in den 1970er Jahren „totgesagten“ Malerei. Oehlens erste Einzelausstellung fi ndet 1981 bei Max Hetzler in Stutt gart statt. Es folgen u. a. die Ausstellungen „Über sieben Brücken musst Du gehen“ (1982), „Jenseits konstanter Bemühungen um braven Erfolg“ (1983) und die bedeutende Schau „Wahrheit ist Arbeit“ (1984) im Museum Folkwang Essen. Diese, oftmals von kontroversen Diskus-sionen begleiteten Auftritte werden meist im Kollektiv gemeinsam mit Werner Büttner, Georg Herold, Markus Oehlen und Martin Kippen-berger begangen. In die Jahre 1982 – 84 datieren die „Spiegelbilder“– Gemälde, denen echte Spiegel beigefügt sind, wodurch die Stereo-typen der Bildbetrachtung in Frage gestellt werden. Etwa gleichzeitig entstehen Fotocollagen, deren Provokation in der Kombination geschichtlich-politischer Motive mit Nudistenfotos besteht. 1985 folgt der Zyklus „Farbenlehre“ und bald darauf die ersten „Abstrakten Bilder“, wobei „abstrakt“ bei Oehlen nicht mit der traditionellen Bedeutung gleichgesetzt werden darf. Unsere Arbeit markiert den Übergang, nicht nur im Abstraktionsgrad der Kompo sition, sondern auch durch die Verbindung mehrerer künstlerischer Techniken, die unter-schiedlichen Zeitfaktoren unterliegen. Den Fond oder den abstrakten Hintergrund bilden zwei großformatige Kaltnadelradierungen, deren Herstellung allein aufwändig und zeitintensiv ist. Der Schaffensprozess ist hier in klar defi nierte Abläufe gegliedert: Materialbeschaffung, Bearbeitung der Platten und das Drucken auf großformatige Papier-bögen, die vorher angefeuchtet werden müssen. Anschließend das Aufziehen der Bögen auf leinwandbespannte Keilrahmen. Danach geht

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Albert Oehlen1954 Krefeld – lebt in Gais / SchweizUntitled (3rd Eye – Keep your Eyes open). 1987

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Oehlen in den spontanen Schaffensprozess über, indem er die vor-bereiteten Bildgründe mit verschiedenen Farben in vertikaler und horizontaler Richtung übermalt. Anders als bei einer Leinwand führt der saugende Papiergrund zu einem unterschiedlichen Ergebnis im Farbauftrag, der nun lasierend, deckend und glänzend, die Textur der Radierung und des Papiers mit in die Komposition einbezieht. Das Auge ist wohl eines der stärksten archetypischen Symbole, das durch alle Zeiten und Kulturen universell ist. Erste Darstellungen lassen sich in der frühzeitlichen Höhlenmalerei fi nden, als Sonnensymbol erscheint es bei den Ägyptern, während es in der christlichen Symbolik die Trinität Gottes bzw. das Auge Gottes darstellt und als Amulett in der islamischen Welt den bösen Blick abwenden soll. In der Moderne fi nden wir das Auge in der Fotografi e bei Man Ray oder im Film „Ein andalusischer Hund“ (1929) von Luis Buñuel und Salvador Dalí bis hin zu den Arbeiten von A. R. Penck. Oehlens Auge blickt auf den Betrachter – direkt, unvermittelt, schonungslos. Obschon in einem 90 Grad-Winkel gedreht, und so in die Abstraktion versetzt, wird die Aussage nicht gemildert und erzeugt – auch durch die Größe des Formats – eine unabwendbare Eindringlichkeit, der man sich nicht entziehen kann.

€ 150.000 –200.000 ×

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Markus Lüpertz1941 Liberec/Böhmen – lebt in BerlinOhne Titel (Studie zu „Heiliger Sebastian“). 1986

Gouache und Kohlezeichnung auf weißem Zeichenpapier59,5 × 41,5 cmRechts unten monogrammiert „ML“ im Kreis.Rahmen.

Vorzeichnung zu der Bronzeskulptur des „St. Sebastian“ von Markus Lüpertz aus dem Jahre 1987. „Die hoch aufgerichtete Gestalt verharrt in einem Ausfallschritt nach links, den rechten Arm kantig rechtwinklig schützend über den leicht nach rechts gedrehten Kopf gelegt. Die Gestalt wankt, sie versucht sich gegen Schläge zu schützen, und zwar mit dem Kampfarm, dem rechten, der sonst selbst die Schläge führt. Der linke Arm, der gewöhnlich den Schild zur Verteidigung hält, fehlt. Lüpertz weicht damit vom tradierten Sebastian-Typus vollständig ab, er konzentriert sich auf das Wesentliche, das wirklich Existentielle des Heiligen: sein Opfertum. Das Erstarren in dieser Situation, das ungläubige Erstaunen, das Sich-Schützen und die dennoch stolze, fast trotzige Körperhaltung sind das Thema von Markus Lüpertz. Lüpertz bringt dieses plötzliche Erkennen, Erleiden und Erdulden auf den Punkt, indem er es über den speziellen Fall hinaustransformiert: Sebastian ist nackt, geschlechtslos, wehrlos. Er ist damit ein Symbol für die Befi nd lichkeit eines jeglichen Menschen in einer solchen Situation. Zu jeder Zeit.“ (aus: Jochen Kronjäger, Gespannte Abwehr eines Attackierten. „St. Sebastian“ aus neuer Sicht. In: Katalog Markus Lüpertz. Skulpturen in Bronze. Ausstellungen in Mannheim, Augsburg und Bremen, Februar bis Oktober 1995, Heidelberg 1995).

€ 8.000 –10.000 ×

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Markus Lüpertz1941 Liberec/Böhmen – lebt in BerlinVater Rhein. 1999

Öl auf Leinwand80 × 60 cmLinks oben monogrammiert „M im Kreis“. Verso auf der Leinwand nochmals monogrammiert, datiert und betitelt „Markus VATER RHEIN Ml“ sowie mit Richtungspfeil.Provenienz: Galerie Michael Werner, Cologne (Ausstellungsetikett verso)

€ 8.000 –12.000 ×

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Markus Lüpertz1941 Liberec/Böhmen – lebt in BerlinOhne Titel. (Abstrakte Reihe 3)

Gouache auf braunem Packpapier75 × 100 cmAm Unterrand signiert „Markus“ und gewidmet „für Peter“.Rahmen.

€ 8.000 –10.000 ×

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A.R. Penck1939 Dresden – 2017 ZürichSelbstporträt. 1995

Acryl auf Leinwand70 × 50 cmRechts unten signiert „ar penck“.Provenienz: Galeria Major, Polenca Mallorca

€ 10.000 –12.000 ×

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310483 / 41669-1

A.R. Penck1939 Dresden – 2017 ZürichOhne Titel (Männliches Porträt). 1991

Farbige Ölkreiden auf Velin45 × 35 cmSeitlich rechts gewidmet, signiert, datiert und bezeichnet „für Rainer a.r. penck 21. 9. 91 Schloss Salzau“.Rahmen.Provenienz: Sammlung Prof. Dr. Rainer Crone, München (beim Künstler erworben) / Galerie Oliver Schweden, München

Mit dynamischem und breitem Strich defi niert Penck das männliche Porträt in den Grundfarben Gelb, Rot, Blau und Grün, während Schwarz die Konturen angibt. Das Frühwerk des Künstlers ist ebenso wie auch seine späteren Arbeiten, überwiegend fi gurativ, wobei die Intensität der Farben gesteigert wird. Neben den „Strichmännchen“, für die Penck bekannt ist, stehen – im Sinne eines vielschichtigen Stilplura-lismus – auch immer Gemälde und Zeichnungen, die einem stärkeren Realismus folgen.

€ 5.000 – 6.000 ×

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310521 / 41669-14

A. R. Penck1939 Dresden – 2017 ZürichOhne Titel (Hammer). 1989

Bemalte Keramik. Roter Scherben mit farbiger Unterglasurmalerei40 × 33 × 25 cmSeitlich rechts in Unterglasur signiert „a. r. penck“. Gefertigt bei Droysen Keramik Studio (Kattrin Kühn), Berlin in Kooperation mit A. R. Penck. Unikat. Verso an der Unterkante gering bestoßen.Provenienz: Droysen Keramikgalerie, Berlin / 1990 – 92 Galerie Springer, Berlin

A.R. Penck widmete sich in seinem Schaffen nicht nur der Malerei und Grafi k, sondern begann ab Ende der 1970er Jahre keramische Arbeiten zu bemalen. In Zusammenarbeit mit dem Keramik Studio Droysen in Berlin entstanden die Grundformen, zunächst überwiegend Teller und Schalen, später auch andere Formen, die Penck mit den für ihn charakteristischen Motiven, wie dem Strich männchen, bemalte. Dabei gleicht kein Stück dem anderen. Die vor -liegende Arbeit spielt auf eines der Pseudonyme Pencks „Mike Hammer“ an.

€ 12.000 –15.000 ×

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310470 / 41667-2

A. R. Penck1939 Dresden – 2017 ZürichSternzeichen (Krebs). 1995

Farbige Aquatintaradierung auf Velin40 × 30 cm (65 × 50 cm)Rechts unten signiert „A.R.Penck“.Exemplar 54/60.Aus der Folge: Sternzeichen.Rahmen (nicht ausgerahmt).

€ 600 – 800 ×

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310481 / 41667-13

A. R. Penck 1939 Dresden – 2017 ZürichStandart. 1991

Farbserigraphie auf dünnem weißen Karton225 × 120 cm (250 × 130 cm)Rechts unten signiert „A.R.Penck“.Exemplar 17/50.Rahmen.

€ 12.000 –15.000 ×

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310419 / 41633-4

A. R. Penck / Frank Breidenbruch / Pedrarc Simic (Gemeinschaftsarbeit)

Concept member H. Zimcon. 1993

Acryl auf Leinwand140 × 200 cmIn der Darstellung signiert „A.R. Penck“ „F. Breidenbruch“ und „Simic“. Auf der Rückseite der Leinwand betitelt „Concept member H. Zimcon 17.3.93“.

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine Gemeinschafts-arbeit von A. R. Penck, dem Bildhauer Frank Breidenbruch (1963 Wuppertal) und dem jugoslawischen Künstlers Predarc Simic (1947 Kostolac).Der Bildtitel bezieht sich auf den Bildhauer H. Zimcon (d. i. Helmut Zimmer-mann, 1938 Hannover), den das Kollektiv mehrfach darstelltePenck und Breidenbruch trafen sich 1988 erstmals im italienischen Carrara, woraus sich eine nachhaltige Zusammenarbeit beider im Bereich Skulpturen, Steinzeichen, Malerei, Grafi k entwickelte. 1993 arbeiten beide am Zyklus „Centro Spirituale“ (s. Kat.-Nr. 668). Predrac Simic ist wie Breidenbruch und Zimcon einer der Meisterschüler Pencks.

€ 40.000 –50.000 ×

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310420 / 41633-5

A. R. Penck / Frank Breidenbruch

Centro Spirituale (Gemeinschaftsarbeit). Carrara 1993

Mappe mit sechs Blatt farbigen Radierungen auf VelinCa. 22,7 × 29,6 cm (50 × 69,5 cm)Alle Blätter am Unterrand von Frank Breidenbruch und A. R. Penck signiert und nummeriert. Exemplar 18/20. Lose Bogen in Originalkarton-Mappe mit einer Deckelillustration von A. R. Penck.Provenienz: Deutscher Privatbesitz

€ 2.000 –3.000 ×

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A. R. Penck / Helge Leiberg / Frank Breidenbruch

Member (vier Gemeinschaftsarbeiten)

Vier Aquatintaradierungen auf Velin43 × 50 cm bzw. 22,5 × 30 cm (alle 50 × 70 cm)Alle Blätter mit Bleistift signiert. Exemplare 30/30 bzw. e.a. Zwei Gemeinschafts arbeiten von Penck, Leiberg und Breidenbruch, zwei von Penck und Breidenbruch. Zwei Arbeiten stammen aus der Mappe „Centro spirituale“.

€ 1.000 –1.500 ×

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Helge Leiberg1954 Dresden – lebt in BerlinAufbäumen. 2004

Bronze, grün patiniert57 × 63 × 14 cmAuf der Plinthe oben signiert und bezeichnet E. A., am Rand mit dem Gießerstempel H. Noack Berlin. Épreuve d’artiste außerhalb der Aufl age von sechs nummerierten Güssen.

€ 15.000 –17.000

Geboren 1954 in Dresden lebt und arbeitet der Multikünstler Helge Leiberg heute in Berlin. In seinem Oeuvre vereinbart er bildende Kunst mit dem Free Jazz, der Neuen Musik, dem Tanz und dem experimentellen Film. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden von 1973 bis 1978 bei Prof. Gerhard Kettner. Leiberg erhielt 1985 ein Arbeits- und 1987 ein Atelierstipendium des Senats für Kulturelle Angelegenheiten in Berlin. Helge Leiberg hat seine Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen präsentiert und 2005 an der Kunstbiennale in Beijing teilgenommen. Er beteiligt sich an zahl -reichen Tanz- und Literatur-Performances. Seit Ende der 1990er Jahre arbeitet er zunehmend an Bronzeskulpturen unter-schiedlicher Größe. Bewegung und Kraft sind die zentralen Motive in seiner Malerei. Die zeichenhaften menschlichen Figuren sind schlank, tänzerisch aber nie romantisierend oder sentimental. Der Kopf bleibt gesichtslos, der Körper ist oft androgyn oder zur Unterscheidung der Geschlechter auf die wesentlichen femininen und maskulinen Merkmale beschränkt. Er benutzt den Pinsel wie einen Bleistift, wobei er die Figuren direkt auf Leinwand oder Papier setzt. Damit malt er nicht nur Umriss-, sondern vor allem Binnenfi guren. Das spontane Zeichensetzen macht seine Arbeiten unverwechselbar.

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Helge Leiberg1954 Dresden – lebt in BerlinPaarweise Kommunikation I. 1989

Acryl auf Leinwand70 × 50 cmRechts unten signiert und datiert „Leiberg“. Verso auf der Leinwand signiert und datiert.

€ 2.000 –3.000

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Helge Leiberg1954 Dresden – lebt in Berlin„Trommelgewitter“. 2013

Öl auf Leinwand120 × 100 cmLinks unten mit Bleistift signiert und datiert „leiberg 2013“. Verso auf der Leinwand nochmals signiert, datiert, betitelt undWerknummer „M13037“.Provenienz: Deutsche Privatsammlung

€ 5.000 –7.000

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Helge Leiberg1954 Dresden – lebt in BerlinSitzende. 1992

Kreidezeichnung auf Bütten60 × 50 cmUnten mittig mit Bleistift signiert und datiert „Leiberg 92“.Provenienz: Privatbesitz Deutschland

€ 800 –1.200

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309765 / 41552-1

Wolfgang Flatz1952 Dornbirn/Österreich – lebt in MünchenGolden Mastercard. 1991

Farbfotographie im Metall-Leuchtkasten64 × 48,5 × 10 cmRückseitig auf der Metallabdeckplatte mit Filzstift signiert, betitelt und datiert. Exemplar „O.A.“ bzw. „V.A“. Objekt-Leuchtkasten mit Kabel.

€ 4.000 – 6.000 ×

Der seit 1975 in München lebende Flatz zählt zu den bekanntesten Aktions- und Performancekünstlern. Bekannt sind vor allem seine auto-aggressiven Stücke, in denen er seinen Körper als Medium wählt, um sein Publikum zu provozieren und irritieren. Dabei stellt er aber stets auch politische und gesellschaftliche Zusammenhänge her: „Wenn alles mit allem in Verbindung steht, steht auch Kunst mit der Gesellschaft und dem Leben in Verbindung. Meine Arbeit ist Teil dieser Zusammenhänge (Flatz, 1992, in: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegen-wartskunst, München 1992).

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Wolfgang Flatz1952 Dornbirn/Österreich – lebt in MünchenCrimestory. 1988

S/W-Fotografi e auf Leinwand105 × 122 cmAuf dem Keilrahmen signiert, datiert und betitelt.Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung

€ 3.000 –5.000 ×

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Gottfried Helnwein1948 Wien – lebt in IrlandAndy Warhol. 1990

Farbserigraphie auf Velin99 × 67 cm (119 × 79 cm)Rechts unten signiert und datiert „Helnwein 90“. Exemplar „E.A. 13/30“. Rahmen (nicht ausgerahmt).

€ 800 –1.000 ×

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Gottfried Helnwein1948 Wien – lebt in IrlandDonald Duck. 1987

Farblithographie auf Velin53,5 × 44,5 cm (70 × 57 cm)Rechts unten signiert. Exemplar 214/999. Rahmen.

€ 600 – 800 ×

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Gottfried Helnwein1948 Wien – lebt in IrlandDer Frevel. 1986

Farbige Offsetlithographie auf Velin102 × 72 cmRechts unten mit Bleistift signiert „Gott. Helnwein“. Exemplar „E.A.“. Rahmen.

€ 600 – 800 ×