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Andreas Unterweger WHAT IS THIS SHIT? SCHLECHTE KUNST BEI WOLFGANG BAUER UND BOB DYLAN 1 Ein lockerer Essay EINLEITUNG Selfportrait und Das stille Schilf „What is this shit?“ 2 Mit diesem „denkwürdigen Einleitungssatz“ 3 eröffnete 1970 der Rolling Stone-Kritiker Greil Marcus seine Rezension zu Self Portrait, Bob Dylans eben erschienenem zehntem Studioalbum. Obwohl oft zitiert, wurde Marcus´ Frage bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet. Zwar gilt Selfportrait 4 – ein Doppelalbum mit 24, meist gecoverten Songs 5 – dem Mainstream der Rockhistorik seither als eines der 1 Endnoten wie diese könnten bei Ihnen, geneigter Leser, das Missverständnis aufkommen lassen, es handle sich bei den vorliegenden Zeilen um so etwas wie einen wissenschaftlichen Aufsatz. Dies ist jedoch NICHT der Fall! Obwohl er sich gewisser genretypischer (und sehr nützlicher!) Stilmittel (Fußnoten, Quellenangaben etc.) bedient, kann mein Text den strengen Ansprüchen, die an eine wissenschaftliche Arbeit gestellt werden (insbesondere in Bezug auf Quellenforschung, gründliche Durchsicht der Sekundärliteratur, Zitierverfahren u. Ä.) keinesfalls genügen. Stattdessen handelt es sich um das, was vom Herausgeber der manuskripte, Alfred Kolleritsch, gewünscht wurde: „einen lockeren Essay“. (Das wüssten Sie übrigens schon, hätten Sie, statt zu den Endnoten zu blättern, einfach im Haupttext weiter gelesen …) 2 „Was soll (denn) diese Scheiße?“ 3 Jens Rosteck: Bob Dylan. Leben Werk Wirkung. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2006, S. 44. In der Folge zitiert als: Rosteck. 4 Zur Schreibweise des Album-Titels: Auf dem CD-Cover steht „Selfportrait“, auf www.bobdylan.com heißt es „Self Portrait“, und das englische „Selbstporträt“ schreibt man eigentlich so: „self-portrait“. Ich halte mich im Folgenden – aus einem (wissenschaftlich nicht begründbaren) Gefühl heraus – an die CD-Variante. 5 Neben Covers von Standards, Traditionals, Blues, Pop-Songs, Instrumentals und einigen Konzert-Mitschnitten finden sich im Grunde nur zwei neue Dylan- 1

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Page 1: SELF PORTRAIT UND DAS STILLE SCHILF€¦  · Web viewAxel Honneth, Peter Kemper und Richard Klein. Franktfurt/M.: Suhrkamp 2007 (= edition suhrkamp 2507) S. 123 – 143, S. 128

Andreas Unterweger

WHAT IS THIS SHIT?

SCHLECHTE KUNST BEI WOLFGANG BAUER UND BOB DYLAN1

Ein lockerer Essay

EINLEITUNG

Selfportrait und Das stille Schilf

„What is this shit?“2 Mit diesem „denkwürdigen Einleitungssatz“3 eröffnete 1970 der Rolling

Stone-Kritiker Greil Marcus seine Rezension zu Self Portrait, Bob Dylans eben erschienenem

zehntem Studioalbum. Obwohl oft zitiert, wurde Marcus´ Frage bis heute nicht

zufriedenstellend beantwortet.

Zwar gilt Selfportrait4 – ein Doppelalbum mit 24, meist gecoverten Songs5 – dem Mainstream

der Rockhistorik seither als eines der schlechtesten, wenn nicht gar das schlechteste Dylan-

Album aller Zeiten. Doch was „diese Scheiße“, um bei Marcus´ Formulierung zu bleiben,

tatsächlich sollte (bzw.: was es mit ihr auf sich hat), darüber gehen die Meinungen in der

Dylanologie nach wie vor auseinander.

1 Endnoten wie diese könnten bei Ihnen, geneigter Leser, das Missverständnis aufkommen lassen, es handle sich bei den vorliegenden Zeilen um so etwas wie einen wissenschaftlichen Aufsatz. Dies ist jedoch NICHT der Fall! Obwohl er sich gewisser genretypischer (und sehr nützlicher!) Stilmittel (Fußnoten, Quellenangaben etc.) bedient, kann mein Text den strengen Ansprüchen, die an eine wissenschaftliche Arbeit gestellt werden (insbesondere in Bezug auf Quellenforschung, gründliche Durchsicht der Sekundärliteratur, Zitierverfahren u. Ä.) keinesfalls genügen. Stattdessen handelt es sich um das, was vom Herausgeber der manuskripte, Alfred Kolleritsch, gewünscht wurde: „einen lockeren Essay“. (Das wüssten Sie übrigens schon, hätten Sie, statt zu den Endnoten zu blättern, einfach im Haupttext weiter gelesen …)2 „Was soll (denn) diese Scheiße?“3 Jens Rosteck: Bob Dylan. Leben Werk Wirkung. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2006, S. 44. In der Folge zitiert als: Rosteck.4 Zur Schreibweise des Album-Titels: Auf dem CD-Cover steht „Selfportrait“, auf www.bobdylan.com heißt es „Self Portrait“, und das englische „Selbstporträt“ schreibt man eigentlich so: „self-portrait“. Ich halte mich im Folgenden – aus einem (wissenschaftlich nicht begründbaren) Gefühl heraus – an die CD-Variante.5 Neben Covers von Standards, Traditionals, Blues, Pop-Songs, Instrumentals und einigen Konzert-Mitschnitten finden sich im Grunde nur zwei neue Dylan-Kompositionen auf Selfportrait. Vgl. Olaf Benzinger: Bob Dylan. Seine Musik und sein Leben. München: dtv 2006, S. 131 f. In der Folge zitiert als: Benzinger.

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Während die einen ein „lieblos zusammengestoppelte(s) Sammelsurium“6, „das Eingeständnis

einer Niederlage“7 oder gar „das Ende von Dylan“ 8 beklagen, vermuten andere (wenige)

einen verkappten Geniestreich9.

Für zusätzliche Verwirrung sorgten die Erklärungsversuche Bob Dylans. Erstens erfolgten sie

mit rund eineinhalb Jahrzehnten Verspätung (erstmals in einem Interview mit dem Rolling

Stone 1984), zweitens in einer Art und Weise, die das Hitparadendenken des Pop-Diskurses

heillos überforderte: „Selfportrait wurde veröffentlicht“, so Dylan etwa, „weil es mich zu der

Zeit einfach störte, dass ich so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Also haben wir

dieses Album herausgebracht, um mir die Leute vom Hals zu schaffen. Sie sollten mich nicht

mehr gut finden. […] Und das taten sie auch.“10

Ob es nun wirklich so war, wie Dylan sagt, oder nicht – jemand (wie ich), der mit dem

Schaffen des 2005 verstorbenen österreichischen Dichters Wolfgang Bauer vertraut ist, wird

bei einer solchen Erklärung auf jeden Fall hellhörig. Schließlich erinnert die oben geäußerte

Absicht, bewusst zu missfallen, frappant an jene irritierende künstlerische Strategie, die Bauer

„schlechte Kunst“ oder „Ästhetik des Missglückten“11 genannt und in seinem Gedichtband

Das stille Schilf (erschienen 1969) vor- und durchexerziert hat.

Diese Gedichte Bauers sind dermaßen gekonnt schlecht gemacht, dass man sie schon wieder

als gut bezeichnen muss! Neben dem beträchtlichen satirischen Potenzial (Parodie auf

6 Rosteck, S. 447 Paul Williams: Like A Rolling Stone. Die Musik von Bob Dylan 1960 – 1973. Aus dem Amerikan. v. Kathrin Razum. Heidelberg: Palmyra 2005, S. 378. In der Folge zitiert als: Williams.8 Jimmy Guterman und Owen O´Donnel, die Self Portrait auf Platz drei ihrer “Hitparade” The Worst Rock and Roll Records of All Time (1991) platzieren. Zitiert nach: http://en.wikipedia.org/wiki/Self_Portrait_%28Bob_Dylan_album%29 v. 10.11.09. In der Folge zitiert als: Wikipedia.9 So meint etwa Robert Christgau: „Conceptually, this is a brilliant album, which is organized, I think, by two central ideas. First, that „self“ is most accurately defined (and depicted) in terms of the artifacts – in this case, pop tunes and folk songs claimed as personal property and semispontaneous renderings of past creations frozen for posterity on a piece of tape and (perhaps) even a couple of songs one has written oneself – to which one responds. Second, that the people's music is the music people like, Mantovani strings and all.“Vgl. Robert Christgau: Rock Albums of the '70s: A Critical Guide, p. 116. Da Capo Press 1981. Zitiert nach Wikipedia. In der Folge zitiert als: Christgau.Außerdem wird Selfportrait insbesondere in den Kreisen des zuletzt immer populäreren Alternative Country hochgehalten – schließlich stellen Dylans Alben Nashville Skyline (1969) und Selfportrait den ersten Brückenschlag zwischen Rock (´n´ Roll) und dem bis dahin als reaktionäre Schlagermusik verschrienen Country dar.10 Ich bin übrigens beileibe nicht der Einzige in der Dylanologie, der es mit wissenschaftlichen Kriterien nicht allzu genau nimmt. Obige Wortmeldung, die ich selbstverständlich nicht selbst ausgeforscht habe, zitiert Olaf Benzinger auf S. 136 seines (deutschsprachigen) Standardwerks Bob Dylan. Seine Musik und sein Leben – wonach er zitiert, bleibt allerdings im Dunklen.11 „Ich wollte einfach einen Band schlechter Sachen machen, die Ästhetik, sozusagen, des Missglückten. Des Missglückten, nicht unbedingt des Schlechten, aber des Missglückten.“Wolfgang Bauer in einem Gespräch, das ich am 12.01.2004 mit ihm geführt habe und das nach einer seiner Äußerungen Das absolut letzte Wort … vorläufig benannt ist. Das Transkript dieses Interviews findet sich in meiner Diplomarbeit (Die Lyrik Wolfgang Bauers), die an der Fachbibliothek für Germanistik an der Karl-Franzens-Universität Graz zugänglich sein sollte.

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Leserbriefgedichte, allzu hermetische Lyrik etc.) ist Bauers verquerer Poetik auch ein

utopischer Zug eigen: durch den völlig unreflektierten, unbedarften sprachlichen Gestus

scheint die Sehnsucht danach, „Gefühle, Empfindungen, Absichten (…) wie im kindlichen

Bewußtsein direkt und spontan entfalten zu können“12. Indem sie vorführen, wie kläglich

dieser Versuch scheitert, wohnt den schlechten Gedichten nicht zuletzt auch ein subtiler

sprachkritischer Aspekt inne.

Jemandem wie mir (mit Bauers Gedichtband vertraut, mit Dylans Äußerung konfrontiert)

stellt sich damit folgende Frage: Wäre es nicht möglich, dass sich hinter dem viel

gescholtenen Album Selfportrait ein ähnlich geglückt missglücktes Meisterwerk – und damit:

ein Bauers „schlechter Kunst“ vergleichbares ästhetisches Konzept – verbirgt?

1 DAS GEGENTEIL VON SCHLECHT IST SCHLECHT GEMEINT

„Die Qualität eines solchen Gedichts“, schreibt Jörg Drews in einem Aufsatz über Das stille

Schilf, „stellt sich erst und nur dann ein, wenn das Misslungene als absichtlich angesehen wird

bzw. angesehen werden kann. Der Witz steckt in der Inszenierung des Misslingens“.13

Tatsächlich ist die Intention des Künstlers, etwas Schlechtes zu produzieren, das wohl einzig

brauchbare Kriterium, um „schlechte Kunst“ (im Bauer´schen Sinn) von schlechter Kunst (im

herkömmlichen Sinn …) zu trennen: nur das, was absichtlich schlecht gemacht wird, kann –

unter gewissen Umständen – gute „schlechte Kunst“ sein.

Als Das stille Schilf 1969 bei Bärmeier und Nikel erscheint, lässt Wolfgang Bauer nicht den

geringsten Zweifel an seinen Absichten aufkommen.

Schon der Untertitel des Gedichtbands ist unmissverständlich: Ein schlechtes Meisterwerk:

schlechte Texte mit einem schlechten Zeichnungen und einer schlechten Schallplatte. Dazu

gesellen sich ein „reißerisches“ Etikett auf der Titelseite: „Das Schlechteste von Wolfgang

Bauer“ – und ein Statement des Autors auf der Rückseite des Buchs: „Ich habe die Nase voll

von der Suche nach dem Guten, weil immer dann, wenn ich das Gute gefunden habe, einer

12 Gerhard Melzer: Nachwort. In: Wolfgang Bauer: Werke. Bd. 5. Gedichte. Hg. v. Gerhard Melzer. Graz u. Wien: Droschl 1992, , S. 176 – 189, S. 182. In der Folge zitiert als: Melzer.13 Drews, Jörg: Der Kalauer ist der Witz des Plastikzeitalters. Zu den Gedichten Wolfgang Bauers. In: Wolfgang Bauer. Hg. Walter Grond und Gerhard Melzer. Graz u. Wien: Droschl 1994 (= Dossier. Die Buchreihe über österreichische Autoren 7) S. 153 – 176, S. 159. In der Folge zitiert als: Drews bzw. Dossier.

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kommt und behauptet, es wäre schlecht. Aus diesem Grund schrieb ich das ,Das stille Schilf´:

Schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen und einer Schallplatte mit schlechter Musik14.“

Dass diese Absichtserklärungen für das richtige Verständnis von Bauers Gedichtband

unerlässlich sind, zeigt sich, sobald sie fehlen.

1985, als Das stille Schilf – mit dreizehn neuen Gedichten, aber ohne den Zusatz Ein

schlechtes Meisterwerk15 – im Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei neu aufgelegt

wird, erntet Bauer etwa in der FAZ einen bitterbösen Verriss von einem offensichtlich nicht

im Geringsten in die Geheimnisse der „schlechten Kunst“ eingeweihten Karl Krolow16.

Und auch im Band 5 der Bauer´schen Werkausgabe, Gedichte (Droschl 1992), wird die den

Texten zugrunde liegende Poetik nur am Rande, im Nachwort, erwähnt. Ich erinnere mich

daran, als jugendlicher Leser jahrelang einen Bogen um Wolfgang Bauers Gesamtwerk

gemacht zu haben, nur weil mir manche Gedichte in diesem Buch so ungeheuer schlecht

erschienen …

Eben das ist der Effekt, auf den Bob Dylan bei Selfportrait (angeblich) setzt. Auf dem Cover

fehlt jeglicher mit den Bauer´schen Erklärungen vergleichbare Vermerk17 – schließlich will

Dylan Ende der 1960er ja, zumindest laut seiner späteren Darstellungen, dass die „Leute“

einen Bogen um seine Musik (bzw. sein Privatleben) machen.

Wie er in dem erwähnten Interview 1984 und (weitaus ausführlicher, doch inhaltlich

übereinstimmend) in seinen 2004 erschienen Memoiren, Chronicles Vol 1, dargelegt hat, habe

er sich ab 1966 – als frischgebackener Familienvater und nach einem Motorradunfall längere

Zeit rekonvaleszent – von Fans und Medien zunehmend bedrängt und als „Obermufti“ der

Protestbewegung missverstanden, ja, missbraucht gefühlt. „Wenn wir nach Hause kamen“,

berichtet er über die „finstere und deprimierende Zeit“ Ende der 1960er, „waren Leute im

Haus, Leute kamen aus den Wald, zu jeder Tages- und Nachtzeit klopften sie an die Tür. 14 Die „schlechte“ Musik stammt von Herbert Feuerstein.15 Nur im Klappentext finden sich, durch allerlei Wortspiele verballhornt (und dadurch verwässert), Hinweise auf die hinter den Gedichten stehende Intention.Vgl. Wolfgang Bauer: Das stille Schilf. Gedichte. Edition S. Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei, ohne Angabe über Ort und Zeitpunkt der Veröffentlichung.16 „Wie der Leser leidet […] – dies […] bleibt unbeschreiblich!“Karl Krolow: Schmalz und sanfte Tücke. In: Dossier, S. 258 – 260, S. 260.17 Interessant ist, dass Dylan, sobald er die Beweggründe hinter Selfportrait zu erläutern beginnt, sich beeilt, quasi nachträglich einen solchen auf dem Cover anzubringen – indem er das auf der Titelseite abgebildete Gemälde (ein Selbstporträt) als „Witz“ abstempelt: „BD: Ich kannte jemanden, der Farben und eine quadratische Leinwand hatte, und war mit dem Cover in ungefähr fünf Minuten fertig. Und ich sagte: ,Ich werde dieses Album Selfportrait nennen.´ RS: Was von der Presse ordnungsgemäß so interpretiert wurde: das ist es, was er ist. BD: Ja, genau. Aber für mich war es ein Witz.“ (Interview mit dem Rolling Stone 1984)http://www.rollingstone.com/news/story/5938701/the_rolling_stone_interview_bob_dylan_1984 v. 08.11.09 (Übersetzung AU)

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[…]“18 Oder: „Die ganze Nacht über brachen schräge Vögel bei uns ein […] radikale

Knalltüten auf der Suche nach dem Prinzen der Protestbewegung […], die einen draufmachen

und die Küche plündern wollten […]. Egal, worum es bei dieser Gegenkultur ging, ich hatte

genug davon.“19

Nachdem mehrere Umzüge (von Dylan als „Flucht“ bezeichnet) nichts an diesen, besonders

für seine Frau und seine Kinder belastenden Lebensumständen geändert hätten, habe er

beschlossen, schreibt Dylan in den Chronicles, zu „taktische[n] Maßnahmen“ zu greifen:Ich würde Störsignale aussenden müssen. […] Meine Außendarstellung würde ein bißchen

verwirrender werden müssen […].Als erstes muß jede künstlerische Form dran glauben, die

einem am Herzen liegt. […] [Ich] nahm […] ein Album auf, das wie eine Country & Western-

Platte daherkam, und ich achtete darauf, dass sich auch alles schön zahm und stubenrein

anhörte. […] Außerdem sang ich mit einer anderen Stimme. […] Ich stellte ein Doppelalbum

zusammen, indem ich alles, was mir einfiel, an die Wand warf, und das veröffentlichte, was

klebenblieb. Dann kratzte ich alles zusammen, was heruntergefallen war, und schob es

hinterher.“20

Bei der zahmen „Country & Western-Platte“ handelt es sich um Nashville Skyline (1968). Der

anschließend erwähnte, doppelte ästhetische Scherbenhaufen aber meint Selfportrait.

Dylans Bekenntnis zum bewussten Misslingen lässt im Grunde an Deutlichkeit nichts zu

wünschen übrig. Trotzdem wird es von der Dylanologie bis heute heftig angezweifelt. Bob

Dylan habe wohl kaum von Anfang an die Absicht gehabt, ein schlechtes Album zu machen,

so der Grundtenor, sondern sei – wenn überhaupt – erst dann darauf verfallen, als seine

„monatelangen Bemühungen, etwas Unerhörtes und zugleich musikalisch Bedeutungsvolles

hervorzubringen, fehlgeschlagen sind. Präsidenten stehen manchmal nackt da“, höhnt etwa

Paul Williams unter Abwandlung eines Dylan-Zitats, „und auch ein Bob Dylan hat

gelegentlich nichts zu bieten.“21 22

18 Ebda.19 Bob Dylan: Chronicles. Volume One. Deutsch von Kathrin Passig und Gerhard Henschel. Hamburg: Hoffmann und Campe 2004, S. 124. In der Folge zitiert als: Chronicles.20 Chronicles, S. 120 ff.21 Williams, S. 377 f.22 Als weitaus weniger misstrauisch gegenüber dem Künstlerwort erweist sich übrigens die Schwesterdisziplin Germanistik: Wolfgang Bauers (rechtzeitig und ostentativ angekündigte) Anti-Ästhetik wird bei Erscheinen von Das stille Schilf nicht nur unkritisch hingenommen – sondern auch gleich auf sein Gesamtwerk ausgedehnt!Bauer, so Ute Nyssen 1969 über dessen Dramen, setze „der Vorstellung [der österreichischen] Gesellschaft von ,Kunst´ […] ,ein noch recht unerforschtes Gebiet´ (vgl. Bauer in Theater heute, Februar 1969), das was er ,schlechte Kunst´ nennt, entgegen“ … Dabei übersieht sie allerdings, dass Bauer in der erwähnten Publikation die „schlechte Kunst“ eindeutig nur mit seinen aktuellen Gedichten und eindeutig nicht mit seiner Dramatik in Zusammenhang bringt: „Das wär die Story“, endet seine Beschreibung des in Arbeit befindlichen Stücks Change. Dann heißt es: „Auch mache ich ein Buch mit schlechten Gedichten; die ,SCHLECHTE KUNST´ ist ein noch recht unerforschtes Gebiet (ähnlich Weltraum etc.)“. (Theater heute 10, 1969, S. 45)Hier liegt wohl die Wurzel des Missverständnisses, gegen das sich Wolfgang Bauer noch Jahre später in Interviews wehrt: sein damaliger „kurzer Ausflug in eine Ästhetik, die mir gefallen hat“, sagt er 1994, sei

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Schon wahr: in der Regel sind vom Künstler selbst stammende Interpretationen des eigenen

Werks (und um nichts anderes handelt es sich bei den oben zitierten „schlechten Absichten“)

für Philologen aller Art ein wenig verlässlicher Leitfaden … Doch auf dem trügerischen

Gelände der schlechten Kunst sind sie nun einmal der einzige Halt, der sich bietet. Wenn Bob

Dylan also Selfportrait als absichtlich misslungen gestaltete Arbeit deklariert, dann erfüllt das

Album auch die eingangs skizzierten Definitionskriterien eines „schlechten Kunstwerk“ (im

Bauer´schen Sinn).

Als solches muss ihm allerdings auch mit völlig anderen (Qualitäts-)Kriterien begegnet

werden, als dies bisher (etwa bei Williams) geschehen ist – wer weiß, vielleicht hat der nackte

Bob Dylan ja mehr zu bieten, als seine Kritiker für möglich halten.

2 SCHLECHTE QUALITÄTEN

„Der Witz steckt in der Inszenierung des Mißlingens“. Drews´ Satz taucht deshalb ein zweites

Mal in diesem Essay auf, weil in ihm noch eine zweite, für die Ästhetik des Missglückten

eminent wichtige Aussage enthalten ist. In dieser Formulierung bedeutet er nämlich nicht nur:

„Der Witz steckt darin, dass das Misslingen inszeniert ist“, sondern auch: „Der Witz steckt

darin, wie das Misslingen inszeniert wird.“

Denn es reicht eben nicht, sich einfach nur irgendwie peinlich zu produzieren. Gut ist

(bewusst) schlecht gemachte Kunst erst dann, wenn sie im Leser/Hörer/Seher (der um die

Absicht des Künstlers weiß bzw. diese, auch wenn das zu viel verlangt ist, selbständig

erkennt) trotz, nein: wegen ihrer Unzulänglichkeit jene „perverse Lust am Dilettantischen“23

zu wecken vermag, die sich meist in einem (mehr gequälten als erlösenden) Lachen24 äußert.

Bei Bauers Gedichten stecke dieser spezielle „Witz“, so Drews, „im bewußten Ansatz eines

großen Sprechens, das sich aber verheddert, ins Stolpern gerät, nur unter Verlusten über die

„einfach verallgemeinert“ worden. Und: „[…] ich habe diese Ästhetik in den schlechten Gedichten für mich abgehandelt.“Ute Nyssen: Zu einigen Stücken Wolfgang Bauers. In: Wolfgang Bauer: Die Sumpftänzer. Dramen, Prosa, Lyrik aus zwei Jahrzehnten. Köln: Kiepenheuer und Witsch 1978, S. 395 – 402, S. 402.Walter Grond: Ein Gesamtkunstwerk ohne dessen Plan. Wolfgang Bauer im Gespräch. Dossier, S. 9 – 29, S. 19. In der Folge zitiert als: Grond.23 Drews, S. 162.24 Drews spricht von „verlegen-alberne[m] Gelächter“, das Bauers schlechte Gedichte hervorriefen bzw. zitiert in diesem Zusammenhang auch Hellmuth Plessner: „Das Lachen klingt gepresst, und der Verlegene [...] hat das Gefühl eines deplacierten Ausdrucks.“Vgl. Drews S. 160 f.Hellmuth Plessner: Lachen und Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen menschlichen Verhaltens. München: Lehnen 1950, S. 144.

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Runden kommt und mehr schlecht als recht das Ende erreicht.“ – Die Songs auf Dylans

Selfportrait „funktionieren“ nach einem verblüffend ähnlichen Schema.

Denn wenn Bob Dylan – mit krampfhaft gefühlvollem Timbre, zu einer etwas verstimmten

Gitarre, unterstützt von einem bluhuhuenden Frauenchor und einer kratzigen, etwas zu lauten

Solo-Violine – eine schon von Frank Sinatra, Dean Martin und Elvis Presley tot gespielte

Schnulze wie Blue Moon intoniert, dann birgt das nicht weniger komisches Potential in sich,

als wenn Wolfgang Bauer sein lyrisches Ich in Die Mondlandung aufjaulen lässt: „Mond,

Mond, Mond! / Stiller Genosse im All / Erreicht bist Du, erreicht!“ – oder in Der Dichter

folgendes „Selbstporträt“ zeichnet: „Seine Augen sind Kraken / seine Ohren Stethoskope – /

sein Bleistift der rasende Körper Gottes, / sein Körper ist von Geist / gespeist.“

Sind es bei Bauer „schauderhaft schiefe Metaphern“, unstimmige Katachresen

(Bildverschränkungen), „sich […] selbst überanstrengende“ Hyperbeln25 und andere

stilistische Unpässlichkeiten, die zum glücklichen Misslingen beitragen, so stehen Dylan zu

diesem Behufe Gestaltungsmittel wie „nicht beständig gut[er]“ Gesang26, unharmonisches

Zusammenspiel der Begleitband27, überladene Geigenarrangements à la Mantovani,

Schlagerchöre u. a. m. zur Verfügung.28

Auf formaler Ebene entspricht diesem immer wieder ins Trudeln geratenden, stilistischen

„hohen“ Ton die (ungeschickte) Verwendung altehrwürdiger Formen – denen ja auch eine

beträchtliche Fallhöhe innewohnt.

25 Vgl. Drews, S. 166 f.26 „The singing is not consistently good, though it has its moments, and the production – for which I blame Bob Johnston, though Dylan has to be listed as a coconspirator – ranges from indifferent to awful.“Robert Christgau.27 „Ein Gutteil der mangelhaften Qualität der Einspielungen ist darauf zurückzuführen, dass die Musiker während der Sessions häufig wechseln. Keine Formation hat ausreichend Zeit, sich konzentriert einzuspielen und aufeinander abzustimmen.“ Benzinger, S. 135.28 Maßlose Übertreibung auch die Zusammenstellung des Doppelalbums (!) Selfportrait. Dazu Dylan: Als einfaches Album wäre es nicht durchgegangen – dann wäre es richtig schlecht [!] gewesen, weißt du. Ich meine, wenn man schon einen Haufen Schrott hinauf gibt, dann kann man es genau so gut überladen!“ (Zitiert nach: Wikipedia, Übersetzung: A.U.) Tatsächlich erinnert der Aufbau von Selfportrait in seiner Ungeschicktheit an jenen diverser Bootleg-Alben (Raubkopien), die sich unter den Dylan-Fans größter Beliebtheit erfreuten (und immer noch erfreuen). Ende der 1960er erreichte diese (aus Sicht des Künstlers) Unart mit den nur unter der Hand zirkulierenden Basement Tapes (Aufnahmen aus Dylans Probekeller) einen Höhepunkt erreichten. Dazu passt ein 1985 gegebenes Interview Dylans, in dem er Selfportrait als sein „eigenes Bootleg-Album, sozusagen“ bezeichnet:„But I was being bootlegged at the time and a lot of stuff that was worse was appearing on bootleg records. So I just figured I'd put all this stuff together and put it out, my own bootleg record, so to speak. You know, if it actually had been a bootleg record, people probably would have sneaked around to buy it and played it for each other secretly.“Zitiert nach Wikipedia.

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Bauer vergreift sich dabei an Gattungen wie der Ode (s. o.) oder dem Epigramm („Woran

denkst du des Morgens, / wenn / du deinen / Kakao trinkst? // Wohl an die Hand die ihn

brockte?“) bzw. an traditionellen lyrischen Stilmitteln wie Metrum und Reim: „Nichts ist

grüner als der Steirer / gsund und lustig, stark und froh / hochintelligent: sowieso!!! / Feier er!

Feier er! Feier er!“

Dylan für seinen Teil covert sattsam bekannte Oldies und Schlager (Blue Moon, Let It Be Me

u. a.), Traditionals (Little Sadie, Belle Isle …), Blues-Standards (z. B. Alberta) und aktuelle

Hits wie Paul Simons The Boxer29 – oder liefert schlechte Versionen seiner eigenen Klassiker

ab. So findet sich auf Selfportrait mit dem Live-Mitschnitt von Like A Rolling Stone „die

schwächste Leistung“30 des „insgesamt reichlich uninspirierten und unsicheren Auftritt[s]“31

auf der Isle Wight 196932. „Es mag vielleicht mutig sein“ bemerkt hierzu Williams, „eine

Live-Version eines der beliebtesten eigenen Stücke zu veröffentlichen, bei der man den Text

vergessen hat, aber besonders erbaulich ist es nicht.“33

Eine weitere Gemeinsamkeit und grundlegender Bestandteil des Puzzles, dessen nicht und

nicht zusammenpassende Einzelteile bei Bauer wie Dylan ein so überzeugend missratenes

Ganzes ergeben, besteht in etwas, das man vielleicht ganz gut mit „Verstellen der Stimme“

umschreiben könnte.

Wolfgang Bauer etwa klingt in Das stille Schilf mitnichten wie Wolfi Bauer, der

„Bürgerschreck“, sondern viel öfter wie einer jener poetischen Amateure, die er in einer sehr

witzigen (Zeitungs-)Glosse einmal als „Leserbriefschriftsteller“ bezeichnet34. Wie diese stürzt

er sich auf „Fragen der Jahreszeit“ (November), patriotische Bekenntnisse (Österreich,

Heimatgedicht …) und v. a. Tagesaktualitäten (Die Mondlandung, Heutige Jugend, Die

Hippies etc.), die er – ein krasser Gegensatz zum Dramatiker Bauer35 – penetrant

moralisierend kommentiert.

Bob Dylan hingegen singt auf Selfportrait durchwegs mit seiner „Country-Stimme“, die statt

Heiserkeit und Nasalität auf einen volleren, die Brust bzw. den gesamten Körper als

29 Von Benzinger als „hochgradig amateurhafte“ Aufnahme bezeichnet: „Dylan macht sich nicht die Mühe, eine Stelle zu korrigieren, als er sich im Text verhaspelt.“ Benzinger, S. 134.30 Williams, S. 377.31 Benzinger, S. 130.32 Im Übrigen Dylans einziger größerer Live-Auftritt zwischen 1966 und 1974.33 Williams, S. 377.34 Vgl. Wolfgang Bauer: Verkannter Beruf. In: W. B.: Werke. Bd. 6. Kurzprosa, Essays und Kritiken. 2. Aufl. Graz u. Wien: Droschl 1997, S. 182 f.35 „Anläßlich eines Theaterstückes [...] unbedingt Moral oder Amoral zu verkünden, das sehe ich in keiner Weise als Qualität an“.Manfred Mixner: Gespräch mit Wolfgang Bauer. In: Text und Kritik. Zeitschrift für Literatur. Hg. v. Heinz Ludwig Arnold. (Juli 1978) H. 59, S. 5 – 15, S. 10.

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Resonanzraum nützenden Klang setzt. Im dylanologischen Mainstream wird diese Stimme

Dylans, die nur von 1968 bis 1970 zu hören ist, meist als „affektiert“, „knödelig“ oder

„schmalzig“ beschrieben – kurz: Bob Dylan klingt auf Selfportrait wie ein Schlagersänger.

An Dylans Stimme zeigt sich letztlich aber auch jene seiner wie auch Bauers schlechter Kunst

innewohnende grundsätzliche Ambivalenz, die nicht zuletzt die Qualität dieser Arbeiten

ausmacht: das, was einen, abseits des bloßen „Witzes“, „so absolut fertig“ macht – das, was

uns (zwar „peinlich“, aber doch) „berührt“36.

Denn Tatsache ist: bei diesem so gekünstelt wirkenden Brustton handelt es sich um Bob

Dylans „normale“ Stimme. Und jener „grummelnde Altmännerblueston, die überhelle

Prophetengeste, das virtuose Kifferparlando“, die damals wie heute als wahre Stimme Dylans

galten, „war insgeheim Effekt eines komplizierten Darstellungs- und Verstellungsspiels“37.

Die „taktische Maßnahme“ zur Verwirrung des Publikums, als die Dylan sein kurzfristiges

Singen „mit einer anderen Stimme“ in den Chronicles bezeichnet, war somit, sich nicht zu

verstellen!

Damit aber befinden sich die Songs auf Dylans Selfportrait im selben Spannungsfeld

zwischen „utopischem Anspruch“ („des Kindes, das von der kulturellen Tradition nichts

weiß“) und „formaler Verlogenheit“ des Erwachsenen38 (der nur zu gut weiß, dass „Kunst

[…] nie unmittelbar und spontan ist, sondern diesen Anschein stets „der Inszenierung von

Unmittelbarkeit, Spontaneität und Lockerheit“ verdankt39), wie Gerhard Melzer es für Das

stille Schilf konstatiert hat. – Anders gesagt: Zwar ist, in Dylans wie Bauers „schlechter“

Kunst, „Falschheit und Hohlheit des Pathos nicht zu verkennen“, doch: „zugleich steckt hinter

diesem Pathos eine wirkliche Sehnsucht, ein Verlangen nach einem nicht-entfremdeten

Zustand und der Möglichkeit großen, ausgreifenden, bewegten und bewegenden Sprechens“40

– bzw. Singens: „unverstellt“, „schön“, „rein“ Singen, wie die Idole aus Bob Dylans Kindheit,

Frank Sinatra, Dean Martin oder Elvis Presley es (vielleicht) noch konnten …

3 ÜBER DAS BUKOLISCHE UND BANALE ZUM SCHLECHTEN

36 Vgl. Drews, S. 162.37 Vgl Richard Klein: Leuchtende Außenseiter. Zu Nashville Skyline und den Gospelkonzerten. In: Bob Dylan. Ein Kongreß. Hg. v. Axel Honneth, Peter Kemper und Richard Klein. Franktfurt/M.: Suhrkamp 2007 (= edition suhrkamp 2507) S. 123 – 143, S. 128.38 Vgl. Melzer, S. 182 f.39 Drews, S. 17140 Ebda., S. 169

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Ein Künstler, der bewusst schlecht gemachte Arbeiten präsentiert, stellt nicht nur die

gewohnten ästhetischen Regeln auf den Kopf, sondern stößt auch sein Publikum vor

denselben: schließlich wird damit eine der elementarsten Erwartungen an ein Kunstwerk –

das, was Politiker meinen, wenn sie „Kulturgenuss“ sagen – vorsätzlich nicht erfüllt.

Eine solche, auf unsere Erwartungshaltungen abzielende „Kulturkopfnuss“ kann, wenn sie

gekonnt inszeniert ist, weit über bloße Provokation hinausreichen: schließlich werden erst

durch die (Ver-)Störung des Rezeptionsapparats jene antrainierten, einengenden

Gewohnheiten sichtbar, die unsere Wahrnehmung von Kunst (und Welt!) ausmachen – eine

Entdeckung, in der allein bereits ein Hauch von Befreiung liegen mag.

In Wolfgang Bauers Gesamtwerk trifft man immer wieder auf derartige Spiele mit den

Rezeptionsgewohnheiten seiner Leser/Zuseher, besonders charakteristisch sind sie aber für

seine frühen, in den 1960ern entstandenen Arbeiten.

Neben den Mikrodramen (1962/63), die durch ihre Titel gezielt Erwartungen wecken, um sie

dann ostentativ nicht einzulösen (z. B. sind die „Dramen“ großteils unaufführbar), ist dieses

Verfahren etwa auch in den (um 1965 entstandenen) „happisierten“41 Prosatexten erkennbar.

Diese blenden all das, was gemeinhin als für Leser „spannend“ (und somit „interessant“)

angesehen/empfunden wird – sprich: Konflikte, Aggressionen oder gar Gewalt – konsequent

aus, um stattdessen ein (oft pathologisch) realitätsfern anmutendes Glück zu behaupten42.

Aber auch Bauers bekannteste Werke, die an Andy Warhols Pop Art-Filmen orientierten

„realistischen“ Stücke wie Magic Afternoon (geschrieben 1967), treiben auf ihre Art und

Weise ein Spiel mit dem Zuseher. Bieten sie doch, statt etwas Außergewöhnlichem, höchst

Gewöhnliches: „fast schon ins Lächerliche gehende, minutiöse Schilderung[en]“43 (W. B.)

banaler Vorgänge, die, wie Peter Handke 1968 begeistert feststellt, „keine Bedeutung über

sich hinaus“ haben44.

41 Sprich: Nach den Prinzipien des (1965 gemeinsam mit Gunter Falk verfassten und präsentierten) Manifests der Happy Art and Attitude verfasst. Der „H.A.A.“ schwebt nicht weniger vor als eine „(sanfte) Weltrevolution“: „Freude, Glück, Lust“ für alle durch die Haltung des Spiels, der Lebensfreude, der Sinnlichkeit und der Liebenswürdigkeit.42 Vgl. z. B. den Anfang der Erzählung: Schöne, weite Welt (1965):„Lieber Freund! Ich habe Dir viel Erfreuliches zu berichten! […] das Leben ist nun einmal schön, herrlich finde ich es, wunderbar! […] Ich befinde mich in einem Bett des Kaiser-Franz-Josef-Unfall-Spitales, und zwar in einem herrlich weichen Spitalsbett dritter Klasse. […] Ich habe etliche Brüche an Armen, Beinen und Rippen, und auch mein ehernes Haupt dürfte etwas mitbekommen haben; doch scheint mir dieser kleine Flug vom vierten Stock keineswegs geschadet zu haben! Im Gegenteil! Ich fühle mich wohler denn je!“43 Grond, S. 11.44 Vgl. Peter Handkes Rezension zu Magic Afternoon, Dossier 199 – 202.Der am Ende der Handlung von Magic Afternoon stehende „Mord“, so Bauer, sei ihm beim Schreiben „passiert“. Eigentlich sollte das Stück „ein Ausschnitt wie Andy Warhols Flesh“ sein.Vgl. Grond, S. 11.

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Die in den Jahren 1967 und 1968, also direkt nach Magic Afternoon, entstandenen „schlechten

Gedichte“ stellen in Bauers Werk schließlich den Höhe- und Endpunkt in der Entwicklung

dieser mit Störungen von Rezeptionsgewohnheiten arbeitenden Strategien dar: nach 1969

setzt er derartige Verfahren zwar noch hin und wieder, sozusagen als Stilmittel, aber nicht

mehr zum Selbstzweck ein.

Wie unter Punkt 1 erwähnt, will Bob Dylan (ohnehin Profi in Sachen

[Publikums-]Bewusstseinserweiterung – man denke nur an seine „Elektrifizierung“45!) Ende

der 1960er seine aufdringlichen Hippie-Fans durch eine „verwirrende Außendarstellung“

vergraulen. Zu diesem Zweck greift er zu denselben „taktischen[n] Maßnahmen“, die auch

Bauer – aus anderen Beweggründen, aber mit derselben Absicht: das Publikum irritieren –

anwendet: Dylan „stürzt“ sich, wie er es in Chronicles ausdrückt, „auf das Bukolische und

Banale“46.

So erinnern viele Songs dieser Epoche, etwa jene auf der bewusst „zahm und stubenrein“

produzierten „Country & Western-Platte“ Nashville Skyline, an Bauers Happy Art. Hier wie

dort werden verdächtig makellose Idyllen entworfen, hier wie dort überschreiten diese die

Grenzen des Möglichen („Throw my ticket out the window / throw my suitcase out there,

too“) in Richtung einer irgendwo zwischen Utopie und Ironie schwankenden Übertreibung:

„throw my troubles out the door, / I don't need them any more“ (Tonight I'll be staying here

with you).

Und als Beleg dafür, dass Dylan damals ebenso wie Bauer die Möglichkeiten von etwas, das

man „Ästhetik des Banalen“ nennen könnte, ausreizt, mag folgende Gegenüberstellung eines

frühen Bauer-Gedichts („zwischen 1960 und 1966 entstanden“47) und Dylans Songtext zu

Clothes Line Saga („© 1970“48) genügen:

45 Als Dylan 1965, bis dato Liebkind der auch politisch engagierten Folk-Bewegung, auf dem Festival von Newport erstmals nicht solo, mit akustischer Gitarre und Mundharmonika, sondern mit elektrischer Gitarre und Rockband auftritt, erntet er Buh- und Judas-Rufe von seiner bisherigen Stammhörerschaft.46 Chronicles, S. 12747 Wolfgang Bauer: Werke. Bd. 5. Gedichte. Mit einem Nachwort v. Gerhard Melzer. Graz u. Wien: Droschl 1992, S. 173.48 Bob Dylan: Writings and Drawings. Texte und Zeichnungen. Deutsch v. Carl Weissner. Frankfurt/M.: zweitausendeins 1975, S. 885.

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Er gingdie Straße entlangbis zur Haustür.Er öffnete die Haustürund verschwand im HausIm Hausmachte er Lichtund lief die Treppe empor.Bei Nr. 10 hielt erund klingelte mehrmals.Seine Frau öffnete die Wohnungstürund ließihneintreten.Das Nachtmahl stand auf dem Tischund zwar gab esEierspeis mit Salat.Um elf löschte er das Lichtund begab sich mit ihrzu Bett.Im Bett puderten sie noch eineZeit lang, dannentschliefen sieund erwachten zugleichum 7 Uhrals der Wecker schellte.

After a while we took in the clothes,Nobody said very much.Just some old wild shirts and a couple pairs of pantsWhich nobody really wanted to touch.Mama come in and picked up a bookAn' Papa asked her what it was.Someone else asked, "What do you care?"Papa said, "Well, just because."Then they started to take back their clothes,Hang 'em on the line.It was January the thirtiethAnd everybody was feelin' fine.

The next day everybody got upSeein' if the clothes were dry.The dogs were barking, a neighbor passed,Mama, of course, she said, "Hi!""Have you heard the news?" he said, with a grin,"The Vice-President's gone mad!""Where?" "Downtown." "When?" "Last night.""Hmm, say, that's too bad!""Well, there's nothin' we can do about it," said the neighbor,"It's just somethin' we're gonna have to forget.""Yes, I guess so," said Ma,Then she asked me if the clothes was still wet.

I reached up, touched my shirt,And the neighbor said, "Are those clothes yours?"I said, "Some of 'em, not all of 'em."He said, "Ya always help out around here with the chores?"I said, "Sometime, not all the time."Then my neighbor, he blew his noseJust as papa yelled outside,"Mama wants you t' come back in the house and bring them clothes."Well, I just do what I'm told,So, I did it, of course.I went back in the house and Mama met meAnd then I shut all the doors.

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Wie Selfportrait zeigt, erreicht auch bei Bob Dylan diese Art von Publikumsirritation mit der

Ästhetik des bewusst Misslungenen ihren Gipfel – und ihr Ende. Schon sein Folgealbum New

Morning „erfüllt […] die vorhersehbaren Erwartungen seines Publikums“49 wieder – manche

empfinden diese Platte sogar als „Entschuldigung“ an den Fans.50

Dass sich Dylan jedoch die „schlechte Kunst“ auch nach Selfportrait als „taktische

Maßnahme“ in seinem Repertoire bewahrt hat, zeigt sich sporadisch, aber doch, und

bezeichnenderweise immer bei denselben Gelegenheiten: schlecht benimmt sich Bob Dylan

immer dann, wenn er sich (wie etwa Ende der 1960er, vor Erscheinen von Selfportrait, als die

Hippie-Protestbewegung ihrem Höhepunkt zusteuert und ihn zu ihrem „Prinzen“ erkoren hat!)

übergroßen Erwartungen gegenüber sieht – Publikumserwartungen, die er (vielleicht, weil er

annimmt, ihnen ohnehin nicht gerecht werden zu können) provokativ deutlich enttäuscht.

Ein gutes Beispiel dafür ist etwa sein Auftritt beim Live-Aid-Concert zugunsten der

Hungerleidenden in Äthiopien 1985: bei diesem Mammutbenefizevent, das die Crème de la

crème der internationalen Rockszene auf die Bühne bittet und „live in über fünfzig Länder mit

geschätzten eineinhalb Milliarden Zuschauern übertragen“51 wird, soll Bob Dylan als

abschließender Höhepunkt und Krönung eines rundum gelungenen Abends auftreten. Die Art

und Weise, wie sich dieser Hauptact dann jedoch präsentiert, erinnert eher an die Anti-Pointen

bzw. „Implosionen“, die Drews in Bauers „schlechter“ Lyrik am Werk weiß52:Zusammen mit Keith Richards und Ron Wood von den Rolling Stones betritt Dylan die Bühne,

die drei sind ganz offensichtlich ziemlich betrunken, ihre Gitarren sind nicht gestimmt. Ihr

Gitarrenspiel scheint völlig ungeprobt, jeder spielt für sich selbst in seiner eigenen Welt, und so

liefern sie drei Stücke […] in einer Weise ab, die jedem Straßenmusiker die Schamesröte ins

Gesicht treiben würde. Zudem leistet sich Dylan den Fauxpas, just bei dieser Gelegenheit an die

notleidenden US-Farmer zu erinnern. Damit steuert er das ernüchternde und peinliche Ende des

historischen Rock-Events bei […]53

Frappierend ähnliche Beispiele für „poetische“ Akte wie diesen sind Dylans unsichere

gesangliche Leistung bei den Aufnahmesessions zum Benefiz-Song We Are The World

198554, seine seltsam stockende Dankesrede bei der Verleihung des Grammy Awards für sein

49 Benzinger, S. 136.50 Vgl. Williams, S. 380.51 Benzinger, S. 218.52 Vgl. Drews, S. 163.53 Benzinger, S. 218.54 Wohl von all den anderen berühmten Musikern und den Filmkameras eingeschüchtert, findet Dylan die Melodie seines Gesangsparts nicht und muss von Stevie Wonder gecoacht werden. Vgl. http://www.youtube.com/watch?v=QpPWqToAriY v. 09.11.09.

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Lebenswerk 199155 oder sein weniger berauschender als vielmehr berauschter Auftritt beim

Anniversary Concert von Columbia Records 199256.

In diesem Verhaltensmuster Dylans zeigt sich zu guter Letzt, was die „schlechte Kunst“, so

provokativ (und dadurch vielleicht aufrüttelnd) sie sich dem Rezipienten gegenüber gebärden

mag, für den Künstler selbst bedeutet: einen Zufluchtsort in bedrohlich wahrgenommenen

Situationen, eine Art ästhetischer Notraum, in dem man sich auch dann noch künstlerisch

artikulieren kann, wenn einem alle anderen Möglichkeiten (ausgenommen die des

Verstummens …) verschlossen scheinen.

Bob Dylan hat diesen Schutzraum mehrfach in biographischen Notlagen aufgesucht – in den

Jahren 1969/1970, zur Zeit der Entstehung von Selfportrait, als der Mensch Bob Dylan

verzweifelt nach einem vor den Zustellungen von Fans und Reportern sicheren Zuhause für

seine Familie Ausschau hielt, bedeutete er dem Künstler Bob Dylan womöglich sogar so

etwas wie Heimat.

Der junge Wolfgang Bauer hingegen scheint im Zuge einer künstlerischen

Ausweichbewegung auf die Ästhetik des Missglückten gestoßen zu sein: „bei Ionesco und

Beckett“, berichtet er über seine frühen Idole, „sah [ich], das endet. Ich verfolgte das auch in

der Malerei und sah, das ist ja alles furchtbar, wenn da einer konsequent ist, endet er vor

einem leeren Bild“ … Als Alternative zu diesem Szenario repräsentieren die jenseits aller

hohen Ansprüche (und der damit verbundenen Konsequenzen) operierenden „schlechten“

Gedichte, so misslungen sie dadurch auch erscheinen mögen, tatsächlich eine Art Rettung –

nicht nur für den vom Verstummen bedrohten Dichter, sondern auch – wie Bauer im Vorwort

zu Das stille Schilf (zwar schauderhaft pathetisch, aber doch …) erläutert – für die

(Dicht-)Kunst an sich: „Nach Hiroshima und der Atombombe ist kein Gedicht mehr möglich“, verkünden hochtrabend

die Herren Literaturkritiker und auch manche sogenannte Dichter selbst. Wie pervers, daß es

einem von der sogenannten „literarischen Welt“ als „moderner Dramatiker“ abgestempelten

Dichter (mir) obliegt, diesen Satz zu widerlegen. Meine in diesem Band vorliegenden Gedichte

schauen nicht nach Hiroshima; sie kümmern sich nicht um hypermodernen Firlefanz. Meine

Lyrik, meine philosophischen Sonette sowie meine Grafik sind ein Blick in mich selbst – und

aus mir auf die Welt. Nur so kann ehrliche Dichtung (und Grafik) entstehen […] Ein Buch, das

lehrreich ist, besinnlich zugleich – und ergötzlich. Denn es beweist, daß die Atombombe die

Dichtkunst nicht auszulöschen vermochte.

55 Vgl. Benzinger, S. 240.56 „Dabei gibt er stellenweise ein jämmerliches Bild ab, wankt mehr, als er steht oder geht, wirkt völlig lustlos, ziemlich angetrunken und schlecht vorbereitet.“Benzinger, S. 243.

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EPILOG

Beginnend mit Bruce Springsteen wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder

Interpreten zu „neuen Dylans“ gekürt – manche davon, wie etwa der wohl nur noch

Germanisten und deutschsprachigen Lyrikern bekannte Loudon Wainwright57, sind (wohl

auch wegen der zu großen und falschen Erwartungen des Publikums!) mittlerweile schon

längst in Vergessenheit geraten.

Einer, den man jedoch mit Fug und Recht als „neuen Dylan“ bezeichnen könnte (auch wenn

man damit der Unverwechselbarkeit und Eigenständigkeit seines Talents nicht gerecht wird),

ist Ryan Adams58. Erinnerte doch gerade die ungeheure Produktivität des jungen Adams an

den jungen Dylan – so soll er etwa allein im Jahr 2002 sechs Alben aufgenommen haben59.

In einem Interview wurde Adams vor einigen Jahren die Frage gestellt, ob er denn nicht

Angst davor habe, dasselbe Schicksal wie Dylan zu erleiden, sprich: ein phantastisches

Album nach dem anderen zu veröffentlichen und dann mit Selfportrait zu enden. Daraufhin

Adams: „I fuckin´ hope so because Selfportrait is a great album. What was that review in

Rolling Stone? […] What is this shit? I hope the fucker who wrote that spins in his grave. He

missed the point.“60

57 Der Text von Wainwrights Song Plane, Too dient in Rolf Dieter Brinkmanns Gedichtband Westwärts 1&2 als Motto.58 Ryan Adams, der von 2000 bis 2009 elf großartige Alben veröffentlicht hat, ist mittlerweile Rentner, sprich: Dichter geworden. Mehr dazu und zu dem in Rockerkreisen immer wieder anzutreffenden (Miss-?)Verständnis „Dichter = Rentner“ findet sich auf: www.andreasunterweger.at in der Rubrik („Kategorie“) Adamsologie.59 Von diesen sechs Alben wurde – aus kommerziellen Überlegungen (Befürchtungen) von Adams´ Plattenfirma – nur eines, und das in gekürzter Form, veröffentlicht: Gold (2001).60 „Verflucht, ich hoffe doch, denn Selfportrait ist ein großartiges Album. Wie war doch noch mal diese Rezension im Rolling Stone?“ […] What is this shit? Ich hoffe, der Wichser, der das geschrieben hat, rotiert im Grab. Der hat ja gar nichts kapiert.“ (Übersetzung: A.U.)Artikel und Interview liegen mir in einer Kopie vor, die ich im Jahr 2002 zugeschickt bekommen habe. Links unten, neben den Seitenangaben, findet sich mehrfach der Vermerk „UNCUT“. Daraus schließe ich, dass es sich um eine Ausgabe des Musikmagazins Uncut handelt. Als Quellenangabe können somit nur folgende Informationen vorgelegt werden: Nigel Williamson: The It Kid. In: Uncut 2002, S. 68 – 81, S. 80.

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