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University of Groningen Das Problem der Perioden in der Literaturgeschichte Teesing, Hubert Paul Hans IMPORTANT NOTE: You are advised to consult the publisher's version (publisher's PDF) if you wish to cite from it. Please check the document version below. Document Version Publisher's PDF, also known as Version of record Publication date: 1948 Link to publication in University of Groningen/UMCG research database Citation for published version (APA): Teesing, H. P. H. (1948). Das Problem der Perioden in der Literaturgeschichte Groningen: s.n. Copyright Other than for strictly personal use, it is not permitted to download or to forward/distribute the text or part of it without the consent of the author(s) and/or copyright holder(s), unless the work is under an open content license (like Creative Commons). Take-down policy If you believe that this document breaches copyright please contact us providing details, and we will remove access to the work immediately and investigate your claim. Downloaded from the University of Groningen/UMCG research database (Pure): http://www.rug.nl/research/portal. For technical reasons the number of authors shown on this cover page is limited to 10 maximum. Download date: 11-02-2018

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University of Groningen

Das Problem der Perioden in der LiteraturgeschichteTeesing, Hubert Paul Hans

IMPORTANT NOTE: You are advised to consult the publisher's version (publisher's PDF) if you wish to cite fromit. Please check the document version below.

Document VersionPublisher's PDF, also known as Version of record

Publication date:1948

Link to publication in University of Groningen/UMCG research database

Citation for published version (APA):Teesing, H. P. H. (1948). Das Problem der Perioden in der Literaturgeschichte Groningen: s.n.

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V. AUSBLICK.

In bezug aut die abendlàndische Kunstgeschichte spr icht Wólf f l invon cler , ,Mógl ichkeit , c laB in al lem Wandel ein Gesetz wirksambleibe. Dieses Gesetz zu erkennen wáre ein Hauptproblem, dasGrunciprobleln einer wissenschalt l ichen Kunstgesclt ic l -r tc." 1 ) Diesest iefer l iegende Problem haben wir eigent l ich fortwáhrend umkreist .lhm wol len wir nun unsere SchluBbetrachtung wiclrncn.

Zunáchst erhebt sich cl ie Frage, ob es i iberhaupt histor ische Ge-sctze gibt. Wir geraten damit an ein leidenschaït l ich unstr i t tenesProblern. Inr einen Lager stehen etwa die Histor iker Larnprecht,Breysig, Spengler, inr anderen die Phi losophen Di l they, Windel-band und Rickert, aber auch schon der Historiker lla,nke hatte,wohl mit einer Spitze gegen Hegel, als seine Mciuung geàuBert,. ,c iaB cl ic lv{enschheit c ine unendl iche Mannigfal t igkeit von Ent-wicklungen in sich birgt, welche nach und nach zum Vorscheinkornmen und zlvar nach Gesetzen, die uns unbekannt sind, ge-heininisvol ler und gróBer als man denl<1." e) Wir kónnen hier dieseFrage nicht aufrol len, wir wol len nur darauf hindcuten, daB wiruns cier Ansicht Sprangers verwanclt f Li l t len: , , ( icwiB ,gibt es'histor ische Gesetze." , ,Dabei verstcht es sich von selbst, daB Ge-setzc - - also auch Entwicklungsgesetze - immer nur Gedanken-gebi lde sind, die wir als vereinfachende rat ionale MaBstábe anclas Gewirr c ler Erscheinungen anlegen. Die Fragc: ,Gibt eshistor ische Gesetze?' ist falsch gestel l t . Man sol l te besser fragen:,was leisten ci ie bisher versuchten Entrvicklungsgesetze f i i r Ver-stànclnis, Erklàrung, Ablei tung des realen Geschehens?' Schwebensie beziehungslos Liber den Tatsacltcn, oder sind sie geeignet, dieseTatsachen zu durchleuchten und zu ordnen?" 3) Die bisher auf-gestellten Entwicklungsgesetze leisten gewiB wenig fiir das Ver-stZincinis des Geschchens, schon deshalb, rvei l nran , , i iberwiegenclrrach clenr al lgerneinen Entwicklungsprinzip der Ceschichte gesuchtlrat . statt die Kultur in Tei lstrukturen zu zer legen, diese rvieclernach Entwicklungsstufen zu incl iv ic lual is ieren uncl erst zuletzt t iber

r ) Kuns tgesch ich l l i che: ) \ \ ' e l t g e s c h i c l r l e I X ,

" ) I )c t l cg i . r t r ' ; i r { i ' 1 t '( r 1 9 2 5 ) , S . 2 9 .

Grundbegr i f fc (s1943), S. 19.7 .Stand r ler ( i , : is tcswissenschaf tcn t rnd d ie Schule

den Teilgesezu konstruie

Zwar sincrecht zu getunseres Eratgeschehen.gebieten, de:denken kr inrResultat c ler

Auï unserkreise umfasihr AugenmtLiteraturen rkannt, das rIn der Phi l rnach dieserden. B) MasrParal lel isrneund in Chirsophischen Isache", ciiede notre apgeben. Er ïfolgerrr láBten Ch ine l rapproximati

r r ) a .a .O. -Standpunkt, t, ,Wer heut irgdem Gesichtse i n e s p e z i f i sfestgehalten runter dieses nverfolgt wird.

2) Man kt jLiteraturgesclI / l l , Cambr id ;Uber àltere '

( 1 8 5 5 ) u n d Mund die ldealtD V L G V I ( I !

' ) La ph i ln ) ebd. S .5) S. 86.6) a .a .O.

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ichichte spricht Wólffhnlel ein Gesetz wirksamein Hauptproblem, dasstgeschichte." 1) Diesesr fortwáhrend umkreist.ung widmen.,erhaupt historische Ge-nschaftlich umstrittenes

Historrker Lalnprecht,rphen Dilthey, Windel-listoriker Ra,nke hatte,rine Meinung geáuBert,nnigfaltigkeit von Ent-d nach zum Vorscheinrs unbekannt sincl, ge-I Wir kónnen hier dieseluf hindeuten, daB wirr len: , ,GewiB ,gibt es'ch von selbst, daB Ge-- immer nur Gedanken-rationale MaBstábe anDie Frage: ,Gibt es

an sollte besser fragen::klungsgesetze f íir Ver-Geschehens?' Schwebensind sie geeignet, diese

:n?" 3) Die bisher auf-'iB wenig fiir das Ver-ruei l man,, i iberwiegenclder Gesctrichte gesuchtzerlegen, diese wieder

:n und erst zuletzt riber

s . 1 9 .

enschaften und die Schule

1 3 5

den Teilgesetzlichkeiten eine allgemeinste, also auch leerste Formelzu konstruieren." 1)

Zwar sind wir von Haus aus geneigt, der Rankeschen Skepsisrecht zu geben, a,ber rvenn man sie iiberwinden will, so kann dasunseres Erachtens nur in der von Spranger angedeuteten Richtunggeschehen. Das heiBt also, daB wir von den einzelnen Kultur-gebieten, den ,,Teilstrukturen", ausgehen miissen, bevor wir darandenken kónnen, noch groBziigigere Synthesen anzustreben. Ob dasResultat der angewandten Mrihe entspricht, wàre abzuwarten.

Auf unserem Gebiet wáre aiso etwa eine auch andere Kultur-kreise umfassende vergleichende Literaturgeschichte notwendig, dieihr Augenmerk besonders auf die Entwicklungsstufen der einzelnenLiteraturen richtet. In der Literaturgeschichte ist mir kein Werk be-kannt, das unseren Bediirfnissen in dieser Hinsicht entspri.iche. r)

In der Philosophiegeschichte jedoch ist ein bedeutender Versuchnach dieser il ichtuns hin von Masson-Oursel unternommen wor-den. 3) Masson-Oursel gibt uns einige Beispiele von t iberraschendenParal lel ismen: um dieselbe Zeit herum f inden wir sowohl in Índienund in China, wie im Okzident die ersten Anfánge des phi lo-sophischen Denkens. 4) Eine Erklàrung frir diese auffallende ,,Tat-sache", die ich iibrigens keineswegs fiir ,,une donnée indépendantede notre appréciation" r;) halte, versucht Masson-Oursel nicht zugeben. Er folgert aber daraus, was sich m. E. gar nicht darausfolgern láBt, , ,que les trois évolut ions Ien Occident, dans l ' lnde eten Chinel se développent en paral lél isme à part i r d 'une époqueapproximativement identique." 6) Fiir diesen Parallelismus l<ann er

tr) a.a.O. - Was die ,,Tei lstrukturen" betr i f f t , steht Spranger auf ernernStandpunkt, dem del von uns oben ( l l l , 8) vertretene sehr nahe konuit:, ,Wer heut irgendeine systematische Geisteswissenschaït treibt, wird sie unterdem Cesichtspunkt der Strukturanalyse treiben miissen. Und zwar so, daBe i n e spezif ische Wertr ichtung als die einheimische des betrelfenden Gebietestestgehalten wird, dann aber die Unterordnung al ler anderen Wertgebieteunter dieses methodisch herausgehobene in einer Art von Gedankenexperimentverfolgt wird." (Ebd. S. 26).

2) Man kónnte al lenfal ls an die r iesig angelegte, dennoch nicht universaleLiteraturgeschichte von H. M. und N. K. Chadwick,

' l 'he growth oï l i teratr"rre

I/ l l , Cambridge 1932/6, denken (s. Petersen, D. Wiss. v. d. Dichtg. S. 7 f .) .tJber àltere Versuche -- K. Rosenl<ranz, Die Poesie und ihre Geschichte(1855) und M. Carrière, Die Kunst im Zusammenhang der Kulturentwicklungund die ldeale der Menschheit (1863-74) - s. Petersen, Nat. od. vgl. Litg.,D V L G V I ( 1 9 2 8 ) , S . 5 4 .

3) La phi losophie comparée (1923).4) ebd. S. 85.5) S. 86.6) a .a .O.

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dann noch a,ls treffendes Beispiel das ungefàhr gleichzeitige Auï-treten von , ,Sophisten" in den drei erwàhnten KLrl turkreisen nen-nen - rvobei wir uns frei l ich schon einen Spielraum von mehrerenJahrhunderten gerváhren miissen. l ) Einer solchen ,,Sophistik"pf legt eine , ,Scholast ik" zu folgen, wozu Ma,sson-Oursel Ar istoteles,t3ucldhaghosa, Sarnkara, die klassischen chinesischen Phi losophenund cl ie mit telal ter l ichen Sch'. , , last iker rechnet, : , r) wie er auch sonstgern zei t l ich weit auseinanderl iegende Erscheinungen miteinandervei:gleicht, ctwa Schel l ing und Hegel nr i t Tschuang-tse und Lie-tse,wobei er darauf hinweist, daB hier wie dort die gleiche theoret ischeHaltung áhnl iche Konsequenzen f i i r das kul turel le und soziale Lebenhat. i i ) Daclurch gerát er aber in Widerspruch nr i t seiner These dersynchronen Entrvicklung. Al les, was sich aus diesem gehaltreichen,eine profuncle Gelehrsamkeit verratenclen Werk fLir unsere Zweckeergibt, ist , daB gewisse Phasen verschiedener Kulturen eine mehrt lder rvenigcr weitgehende Átrnl ichkeit aufweisen und claB siestreckenweise mit einer gewissen Notwendigkeit auseinander zufolgen scheinen.

Diese Behutsa,mkeit auf einem Gebiet, das die Forscher sonst gernzu vorschnel len Synthesen und groBzi igigen Konstrukt ionen ver-leitet, wirkt geraclezu wohltuend. Man ïragt sich aber doch, obviel leicht nicht mehr zu erreichen gewesen lvàre, wenn der Ver-fasser sich nicl t t auf c l ic Fcststcl lung eincr , ,absoluten Gleichzeit ig-keit" verwanclter Erscheinungen versteilt l-ráttc, sondern auch clerMi igl ichkeit c iner, ,relat iven Gleichzeit igkeit" nachgegangen wáre.Wcnn man bedenkt, daB die vcrschiedenen Kulturen nacheinanderaufsteigen uncl daB das Ternpo ihrer Entwickluug verschieclen seinka,nn, so lassen sich zei t l ich auseinanderl iegende Phasen der ver-sc i r iedenen Ku l tu ren a ls , , re la t i v g le ichze i t ig " mi te inanc le r vc r -gleichen. Von absoluter Cleichzeit igket ist auBer bei Masson-Ourselauch etwa cl ie Rede, wenn man behauptct, daB sich zur selben Zeitdie Ent"vicklungsphasen des Barock, Rokoko und , ,Louis-Seize" incler chinesischen wie in der franzósischen Kunst feststel len lassenocler wenn rnan , , in der japanischcn wie in der westeuropáischenLiteratur ohne irgendwelche gcgcnseit ige Beeinf lussung urn senaudiesr lbe Zeit c les ausgehenden Mit tc lal ters eincn Ubergang vonhófischer zu biirgerlicher, von phantastischer zu realistíscher, vonStandesdicl t tung zu Volksdichtung sich vol lz iehen sieht."a) Um

1) s. 90 f. 2\ s. 93-97.' , ) S . 43 . D ic ge is t igc Ha l tung is t nach ihm o f fenbar p r imàr .t ) Pe tersen, DVLG VI , 58 ; dor t auch d ie Untersche idung der , , re la t i ven"

un< j c le r , ,abso lu ten Glc ichze i t igkc i t " .

relative Gleicgeschichte detin c len Jahrht

Der Gedancier verschied,ausgervertetForscher, ditmcthodischerMasson-OursPhi losophiehis ie s ich n ichtg le ich aufs CVor l iebe fL i rsie nicl-rt wist

besteht zwisrdavon aus, daist, der a prize igt s ich dan

ein b io logisc idenr Leben dtdenn doch weine Selbstve

Es erhebt ssolcher bioloMasson-Ourspoursuiv ie àqui par cer t ;adul te, puis ?cessera la Icc lns idérons;s 'exercer . " 5)

g ische Betrafi ihrt diese Irvertung derEinzehvesen

1) K. tsre1S tg . /B ln .2192 'r r a n r r d e s A h e r

' ) vgl. ctrv3) ebd. S.,) ss. vl,5) La ph i l c

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;efáhr gleichzeitige Auï-nten Kulturkreisen nen-Spielraum von mehrerener so lchen, ,Soph is t i k "asson-Oursel Aristoteles,hinesischen Philosophentet, z) wie er auch sonstscheinungen miteinander'schuang-tse und Lie-tse,t die gleiche theoretischeturelle und soziale Leben:ch mit seiner These derus diesem gehaltreichen,,Verk frir unsere Zwecke:ner Kulturen eine mehrrufweisen und daB siendigkeit auseinander zu

s die Forscher sonst gern

3en Konstruktionen ver-agt sich aber doch, ob:n wàre, wenn der Ver-, ,absoluten Cleichzeit ig-

hátte, sondern auch der: i t " nachgegangen wáre.n Kulturen nacheinanderr icklung verschieden seiniegende Phasen der ver-rei t ig" miteinander vcl-auBer bei Masson-OurseldaB sich zur selben Zeit

rko und , ,Louis-Seize" inKunst feststellen lassen

in der westeuropáischenBeeinÍlussung um lJenaurs einen Uber.gang vonher zu real ist ischer, vonrol lz iehen sieht." a) Um

3-97.rf fenbar primár.te rsche idung der , , re la t i ven"

137

relative Gleichzeitigkeit handelt es sich, wenn man in der Kunst-geschichte den Stilwandel vom Barock zum Rokoko und Klassizismusin den Jahrhunderten des Hellenismus wiederzufinden glaubt.

Der Gedanke der relat iven Gleichzeit igkeit im Entwicklungsverlaufcier verschiedenen Kulturen ist vor allem in der deutschen Forschungausgewertet worden. Genannt seien nur Breysig und Spengler,Forscher, die sich rvohl an Gelehrsamkeit , aber leider nicht anmethodischer Besinnung, phi losophischer Schulung und Akribie mitMasson-Oursel messen ktinnen. 1) Sie sind dem franzósischenPhilosophiehistoriker gegeniiber schon dadurch im Nachteil, daBsie sich nicht auf einen einzigen Kultursektor beschránken, sonderngleich aufs Ganze gehen, ferner auch dadurch, daB sie eine gewisseVorliebe Íilr kiihne Hypothesen haben und dabei da,sjenige, wassie nicht wissen kónnen, unbedenkl ich voraussetzen.2) Methodischbesteht zwischen beiden ein wicht iger Unterschied. Breysig gehtdavon aus, daB die Geschichte der Menschheit ein Verlauf sui generisist, der a priori keinem anderen gleichgesetzt werden 421f. s) Eszeigt s ich dann aber trotzdem, daB der GeschichtsprozeB im Grundeein biologisches Geschehen ist, dem Wachstum eines Baumes oderdem Leben des Einzelmenschen vergleichbar.4) Und damit gerát erdenn doch wieder in die Náhe Spenglers, dem solche Vergleicheeine Selbstverstándlichkeit bedeuten.

Es erhebt sich nun die Frage, inrvieweit die Geschichte sich mittelssolcher biologischen Kategorien erlassen IáBt. Ausdriicklich warntMasson-Oursel vor der ,,assimilation imprudente d'une réflexionpoursuívie à travers maintes générat ions, à la vie d'une organismequi par certaines vicissitudes s'achemine de sa forma,tion à l'étatadulte, puis à Ia décrépitude et à la nort. Nous ignorons si et quandcessera la pensée de chacun des types d'humanité que nousconsidérons; nous ignorons si et quand el le a commencé des'exercer." 5) Am schárfsten aber nimmt Litt gegen die organolo-gische Betrachtungsweise in der Geschichte Stel lung. Nach ihmfi ihrt diese Ansicht mehr oder weniger zrvangsláut ig zu einer Ent-wertung der personalen Spháre. In Wirkl ichkeit aber besitzen dieEinzelwesen eine innere Einheit und Geschlossenheit , die kein

1) K. Breysig, Der Stufenbau und die Gesetze der Weltgeschichte,Stg./Bln. 2i927 (und andere VeróIfentl ichungen); O. Spengler, Der Unter-gang des Abendlandes I/ I I , Mchn. 1918/22 u. ó.

e) vgl. etwa Breysig, der gewiB der vorsichtigere ist, o. c. S. 79 Í.3 ) ebd. S . V I l .n ) SS. V I , V l l l , 314 usw.5) La phi losophie comparée, S. 89.

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Kol lekt ivwesen aufzuweisen hat . 1) Es lassen s ich ferner d ie-selben Gr i inde, d ie wir gegen den Vergle ich e iner Per iode mi t e inemOrganismus ins Trefïen fi ihrten, arrch gegen den Cedanken vonlI{ultr"rrorganismus anïi ihren. :r )

Es wird vern i in f t ig sein, c l ie gef àhr l iche Analogie mi t denOrganismen, c l ie i i l l r igcns n ichts zu erk láren vermag, aus unsereutkul turgeschicht l ichen Denken auszuschal ten. Was haben wir damiterk lár t , wenn wir Barock uncl Rokoko a ls verschiec lcne , ,AI ters-stuferr" der Kul tur betrachten? Is t damit etwa d ie Entwick lung voncler e inen zur ancleren Per iode verstándl ich ger ,vordcn, gcschweigedenn d ie Gesetz l ichkei t d ieser Entwick lnns aufgczeigt?

DaB aber d ie Entrv ick luns e iner Kul tur in gewissent SinncgcsetzrnáBig ver làuï t . l : iBt s ich sehr wohl denken. Sovie l is t s ichc.r ,daB cs s ich in der Kul turgeschichte L lnr e inen n icht umkehrbarenProzeB handelt: wir kr)nncn uns das l larock nicht naclt der Aut-k lárung vorste l len und c len Sturm und Drang n icht vor ihr . Und d iegleichartigen Entwickh,rngen, i. l ie uran hie uncl da feststellen zukónnen g laubt , re izen jeden{al ls zu náherer Untersuchung. Wennman s ich aber an e ine solche r iesenhaf te Aulgabe heranmacht , sowird es notwendig sein, s ich auf e in e inz iges Kul turgebiet , a lsoetwa auf d ie L i teratur , zu beschrànken. Aber auch dann nochi iberste igt d ie Aufgabe d ie Kràï te c lcs Einzclnen; s ie er ïorder t d ieErr ichtung von Forschungsinst i t r , r tcn. ; t ) Nur bei c incr s t raï fenOrganisat ion, c iner Auswahl der r ,v ic l r t igsten Kul turkre ise uncl e inerBeschrànkung auf das Wesent l iche k i innte e in solches Unternchmcnvie l le icht gel ingen. Erst weun c l iese Arbei t gc le is tet wàre, l ieBe s ichdie Frage entscheic len, ob in der Tat e ine ger ,v isse CesetzrnàBigkei tin der Abfo lge der Per ioden anzunehmen sei .

Eine solche Untersuchung rniiBte durch eine andere ergànztwerden. Wir kónnen náml ich auch d ie Ent lv ick lungskurven derverschiedenen Ki inste innerhalb e ines Kul turkre ises mi te inander ver-g le ichcn und dabei sowohl auf den Gle ichlauf der Entwick lung wie

auf d ie Abweichungen achten, wobei wi r versuchen rn i iBten fest -zuste l len, inwiewei t s ich d iese Abweichungen aus der Eigenart jeder

Kunst crk láren l ieBen.Erst so lche ausgedehnten uncl áuBerst scht 'v ier igen Untersuchun-

gcn wl i rden uns c ine Antwort auf d ie Frage er lauben, ob d ie

Entwick lung e iner Kunst in der Hauptsache von innen heraus

r) Individuum und Gemeinschaft (31926),' ) v g l . I I , 5 ( S . 5 4 ) .

" ) vg l . Pe tersen, Nat . od . vg l . L i tg . DVLG

SS. 327, 380, 394, 400 usw

V I ( 1 9 2 r ' l ) , S S . 5 9 u 6 l .

bestirnmt wirderster Stel le vzufàl l ig ist .

Mit dem Hschl ieBen. WirPeriodenproblenoch ein weniSwar . , ,Pour laclevant le sat.co l lègues ! ) e t rappari t ion charnais au uronlelse dégage ets[tccesseurs, conouvel le pourst

t ) P . Koh ler , ts. 233.

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n sich ferner die-:r Periode mit einemden Gedanken vonl

Analogie mit denlrmag, aus unseren]as haben wir damitrrschiedene ,,AIters-lie Entwicklung vonworden, geschweigefgezeigt?in gewissem Sinne:n. Soviel ist s icher,nicht umkehrbaren

icht naclt der AUJ-cht vor ihr. Und dieI da feststellen zuntersuchung. Wennabe heranmacht, sor Kulturgebiet, alsorr auch dann noch:n; s ie erfordert diebei einer straïfen

t l turkreise und einerolches Unternehmenstet wáre, lieBe sichise GesetzmàBigkeit

ine andere ergànzt'icklungskurven der;es miteinander ver-er Entv,,icklung wierchen miiBten fest-; der Eigenart jeder

rrigen Untersuchun-: er lauben, ob dievon innen heraus

380,394,400 usw.

3), SS. 59 u. 61.

139

best immt wird, also in gewissem Sinne gesetzmàBig ist , oder anerster Stel le von auBen angeregt wird, also mehr oder wenígerzufál l ig ist .

Mit dem Hinweis a,uf dieses ungelóste Problem wol len wirschl ieBen. Wir haben unseren Zweck erreicht, wenn dem Leser dasPeriodenproblenr in der Literaturgeschichte nach der Lektiire alsnoch ein wenig problematischer erscheint, als es ihm vorher schonwar. , ,Pour la science des arts, la vér i té est une nymphe qui fui tdevant le satyre chercheur (pardon, lnes chères confrères etcol lègues!) et qui se réiugie sous les saules. Nous poursuivons cetteappari t ion charmante, nous l 'appercevons, nous I 'approchons; -mais au moment oÈ nous pensons lui rlettre la main à l'épaule ellese dégage et disparait dans I'abri d'ombre mouvante, d'oÈ nossuccesseurs, cornme nous armés d'il lusions, la feront sortir pour unenouvel le poursuite." r )

1) P. Kohler, Contr ibution à une phi losophie des genres, Helicon I (1938),s. 23:1.