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Herkules, der Held

Stück in einem Akt von Christian Reinöhl

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Inhalt:

Laut einer antiken Sage verbrachte Herkules als Strafe der Götter, weil er Iphitos im Wahn

erschlug, freudig drei Jahre seines Lebens als Sklave Omphales, der Königin von Lydien, ehe

er wieder zur Besinnung kam und in sein früheres Heldenleben zurückkehrte.

„Herkules, der Held“ spielt am letzten Tag seines Aufenthaltes in Lydien. Omphale, längst

vom Heldentum angeekelt und gelangweilt, spielt mit ihrer Umgebung zynische Spielchen.

Insbesondere quält sie Marika und Fótios, zwei griechische Diplomaten, die als Inbegriff des

glücklichen Paares gelten. Die beiden wollen Herkules bitten, Griechenland im Kampf gegen

die Barbaren zu unterstützen, wissen aber nichts von seiner augenblicklichen Veränderung.

Um sich selbst zu beweisen, wie verdorben die Welt ist, verlangt Omphale von Marika, all ihre

Ideale aufzugeben. Aber ist es vorstellbar, seine Liebe für einen höheren Zweck zu verraten?

Zynismus trifft auf Romantik, Verachtung auf Hoffnung, Macht auf Leidenschaft – zwischen

diesen Polen spielt sich ein Drama unversöhnlicher Gegensätze ab, das von den Männern als

Randfiguren nur beobachtet werden kann. Beim ironischen Schluss sind alle unglücklich:

Illusionen platzen, Hoffnungen gehen zugrunde, gerade weil die Menschen bekommen, was

sie sich erträumen. Damit wandelt sich das Drama zu einer bitterbösen Komödie, bei der das

Lachen im Hals gefriert.

Spieldauer: ca. 90 Minuten

Personen: 4 (2 m / 2 w) + 1 (stumme) Nebenrolle

Omphale, Königin von Lydien

Fótios, griechischer Gesandter

Marika, seine Frau

Intellektueller

Herkules, Held (stumme Nebenrolle)

Handlungsort:

Palast der Omphale

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1. Szene

Omphale:

Na, kleiner Mann? Wie fühlst du dich?

Intellektueller:

Ich...

Omphale:

Hast du wieder in unzüchtigen Träumen geschwelgt?

Intellektueller:

Nein, ich...

Omphale:

Du kleiner Kacker! (geht zu ihm hin, streichelt ihm den Kopf)

Omphale:

Armer kleiner Mann, sind wir beleidigt?

Intellektueller:

Ich habe Gefühle wie jeder andere auch.

Omphale:

Du kannst tatsächlich sprechen? Ich hatte mich schon gewundert.

Intellektueller:

Ja, ich kann sprechen.

Omphale:

Dann erzähl mir doch von deinen Sorgen, kleiner Mann.

Intellektueller:

Das Leben ist herrlich.

Omphale:

Das glaube ich. Die Welt ist schön. (beugt sich über ihn und küsst ihn)

Intellektueller:

Ich...

Omphale:

Kein Wort! Wag es ja nicht, meinen Kuss zu erwidern. Wag es ja nicht, an mich auch nur zu

denken. Wag es nicht, so zu tun als seiest du ein Mann.

Intellektueller:

Aber...

Omphale:

Still! (macht ein paar Schritte von ihm weg - wird kokett)

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Omphale:

Komm näher. Noch näher. Nur dreist heran...

(Intellektueller geht zu ihr hin.)

Omphale:

So ist es brav. Du hast mich gern, nicht wahr? Ich bin mir nicht sicher, aber ich vermute es.

Das ist die Hauptsache. Was wären menschliche Beziehungen, wenn man nicht ab und an

glauben könnte, dass man verehrt wird, bewundert... oder doch wenigstens geachtet. Du bist

bedrückt?

Intellektueller:

Nein.

Omphale:

Vielleicht wirklich nicht. Vielleicht siehst du immer so aus, du hast Recht.

Intellektueller:

Ich weiß nicht.

Omphale:

Woher auch? Wofür halte ich mir denn einen Intellektuellen, wenn er mir nicht erklärt, wie ich

die Welt sehen soll? Aber möglicherweise ist es schwierig, Erklärungen abzugeben, wenn

man Mann ist.

Intellektueller:

Möglich.

Omphale:

Ich wünschte, ich wüsste, ob ich dir trauen kann. Ich wünschte, ich wüsste, ob ich dir etwas

bedeute. Wo ich auch hinkomme, sind die Leute begeistert und rufen: »Omphale! Omphale!«,

und sie tun so, als ob sie mich lieben würden. Vielleicht hat man ihnen etwas dafür

versprochen, dass sie jubeln... ich kann mir niemals sicher sein, verstehst du? Und bei

Herkules ist es noch schlimmer. Eine kurze Zeit dachte ich, er sei es. Mein Held, auf den ich

so lange schon gewartet habe. Aber jetzt heißt es, dass er bei mir sei, wäre bloß die Strafe

dafür, dass er einen gewissen Iphitos im Wahnsinn umbrachte. Seinen Freund. Da hat

jemand schon einmal einen Freund, und er bringt ihn um. Kannst du so etwas verstehen?

Intellektueller:

Nun, ich...

Omphale:

Ist ja auch egal. Aber überall tuschelt man über uns. Man sagt, er werde mich verlassen, man

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lacht hinter meinem Rücken. Und Herkules selbst? Ganz offen... was habe ich von so einem

Helden? Er langweilt mich... und ich langweile vermutlich dich.

Intellektueller:

Nein.

Omphale:

Selbst wenn... du darfst dich ja nicht darüber beschweren. Komm her. Setz dich zu mir.

(streichelt ihm über sein Haar)

Omphale:

Was würdest du für mich tun?

Intellektueller:

Alles.

Omphale:

Das ist mir zu wenig. Ach, kleiner Mann. Wenn man bloß wüsste, wie es im Gehirn eines

anderen Menschen aussieht... Ich will sehen, wie du für mich stirbst. Hier ist ein Seil. Häng

dich auf.

Intellektueller:

Ihr wünscht es! (bindet langsam einen Knoten in das Seil, schlingt es sich um den Hals,

macht es fest, stellt sich dabei auf einen Stuhl, stößt den Stuhl um.)

(Omphale springt sofort auf und reißt ihn los. Der Intellektuelle atmet schwer.)

Omphale:

Armer kleiner Liebling! Hast du dich verletzt? Ich bin nicht besonders gut darin, nett zu

anderen Leuten zu sein, du musst schon entschuldigen.

Intellektueller:

Eines Tages werdet Ihr mich hängen lassen.

Omphale:

Zweifellos. Eines Tages. Hast du Angst davor?

Intellektueller:

Natürlich.

Omphale:

Ja. Wer stirbt schon gerne? Und doch springst du jedes Mal.

Intellektueller:

Weil Ihr es befehlt.

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Omphale:

Und wenn nicht ich es befehlen würde?

Intellektueller:

Andere Leute befehlen mir nicht zu sterben. Vielleicht vergnügen sie sich anders.

Omphale:

Aber nimm an, ich wäre nicht ich. Nimm an, ich wäre ein Mann, und ich würde dir befehlen zu

springen... würdest du es dann auch für mich tun?

Intellektueller:

Ich weiß nicht.

(Pause.)

Omphale:

Es ist gut. Du darfst gehen.

Intellektueller:

Sehr wohl, Königin. (Ab.)

2. Szene

Omphale:

Er weiß es nicht, sagt er. Das ist besser als ein klares Ja, oder? (spricht mit dem Löwenfell,

das vor ihrem Thron liegt - neue Stimme) »Ich weiß nicht.« (1. Stimme) Du weißt gar nichts.

Ist dir das schon einmal aufgefallen? (neue Stimme) »Was kann man schon über die Liebe

wissen?« (1. Stimme) Du meinst, wenn man ausgestopft vor meinem Thron liegt? (neue

Stimme) »Ich weiß nur: Wenn eine Frau sagt: »Vielleicht«, dann meint sie vielleicht. Wenn ein

Mann »nein« sagt, meint er nein. Und wenn ein Sklave »ja« sagt... es gibt so wenig Sklaven

unter uns Löwen, du musst verzeihen...«

3. Szene

(Fótios kommt.)

Omphale:

Ist das nicht der liebe kleine Fótios? Sag »guten Tag, Fótios.« (hebt das Löwenhaupt –

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neue Stimme.) »Guten Tag, Fótios.« (1. Stimme) Frag ihn, wie er sich fühlt. (neue Stimme)

»Wie fühlst du dich, Fótios?«

Fótios:

Sehr wohl, Königin.

Omphale:

Fein, dass wir das geklärt haben. Schau, meinem Löwen geht es auch gut, oder? (als Löwe)

»Ja, sehr wohl, Königin.« (1. Stimme) Und wie gehorsam sie alle »sehr wohl« sagen. »Sehr

wohl Königin.« »Sehr wohl Königin.« Kaum ein Unterschied zwischen dir und dem Löwen.

Allerdings trage ich dich nicht um den Hals. Ich küsse nicht deinen Nacken. (tut es mit dem

Fell) Ich trete dich nicht mit Füßen. (tut es mit dem Fell) Jedenfalls noch nicht. Möglich, dass

ich irgendwann einmal auf diesen Gedanken komme.

Fótios:

Sehr wohl, Königin.

Omphale:

Du musst wirklich guter Stimmung sein, mein Lieber. Jedenfalls wenn man daraus schließt,

wie angeregt du die Unterhaltung führst. Oder trieb dich ein bestimmter Gedanke hierher?

Fótios:

In der Tat, Königin.

Omphale:

Nun?

Fótios:

Ich kam vor drei Tagen, um Euch meine Aufwartung zu machen. Ihr empfingt mich mit

größter Huld, ich bin Euch sehr verpflichtet.

Omphale:

Fein. Hätten wir das also geklärt.

Fótios:

In der Tat, Königin. So wenig ich mich über die Huld beklage, die Ihr mir bezeigtet, so sehr

vermisse ich doch... Ihr wisst...

Omphale:

Nein?

Fótios:

So sehr vermisse ich Euren Gemahl Herkules.

Omphale:

Tja. Du musst verzeihen. Er zeigt sich nicht jedem.

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Fótios:

Mir ist klar, dass er zu groß ist, zu mächtig, zu eindrucksvoll, als dass er sich jedem zeigen

könnte. Allein... ich hoffte, Ihr könntet Euch für mich verwenden, damit ich ihm mein Anliegen

vortrage.

Omphale:

Wichtige Geschäfte, nehme ich an.

Fótios:

Sehr wichtige Geschäfte.

Omphale:

Die man nur von Mann zu Mann bereden kann. Von Grieche zu Grieche. Von Held zu Held.

Fótios:

Verzeiht. Ich weiß, Ihr seid Lydiens Königin. Ein treues Volk glaubt an Euch, verehrt Euch,

würde für Euch kämpfen... allein, was Griechenland braucht, sind nicht viele tapfere Männer

und eine schöne Frau, Griechenland braucht einen Helden.

Omphale:

Das heißt, es braucht Herkules.

Fótios:

So viele Helden haben wir nicht...

Omphale:

Er könnte krank sein.

Fótios:

Ein Herkules wird nicht krank.

Omphale:

Was macht dich so sicher? Ich bin ja wohl diejenige von uns beiden, die ihn kennt.

Fótios:

Als ich kam, war ich voller Ideale. Endlich sollte ich dem Mann begegnen, den ganz

Griechenland bewundert. Jeder berichtet von seinen Taten. Noch das Gesicht des

erbärmlichsten Bettlers im letzten Dorf leuchtet auf, wenn man von Herkules spricht. Auch er

ist ein Mensch, denken sich dann die Armen und die Verzweifelten, auch er war nicht mehr,

als ich es bin. Und doch ist er so stark, so männlich, so... sprechen wir es nur aus, so

griechisch. Er ist ein Gott, deshalb gehört er zu unserem Volk. Wie wir ihn bewundern! Ich

habe Schulkinder gesehen, die seinen Kampf mit dem Löwen malten, ich habe Politiker

gesehen, die sich auf ihn beriefen, ich habe Könige gesehen, die seine Taten priesen. Als ich

von Griechenland nach Lydien gefahren bin, habe ich hunderte von Gasthäusern gesehen,

und die eine Hälfte hieß »Zum großen Helden Herkules«, die andere »Zum mächtigen

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Löwenbezwinger«. Ich komme also hierher, bereit, einen großen Mann anzubeten... man sagt

mir, er sei krank. Ich beschließe zu warten. Ich will ein paar der Bilder kaufen, die doch sicher

von diesem großen Helden gefertigt sind. Es gibt keine Bilder von Herkules in Lydien. Ich will

ein paar der Lobeshymnen hören, die man doch sicher für diesen großen Helden komponiert

hat. Es gibt keine Lobeshymnen auf Herkules in Lydien. Die einzigen Lieder, die ich gehört

habe, sind vereinzelt einmal Oden, die seine sexuelle Männlichkeit rühmen, doch auch diese

Gesänge hörte ich nicht im Palast, sondern von spöttischen Jugendlichen, die ich fragte, was

sie von Herkules wüssten. Gegen die Texte ist ja nichts einzuwenden, aber die Gesichter

hättet Ihr, Königin, sehen müssen, die höhnischen Mienen derer, die mir die Lieder vortrugen.

In Griechenland ist man schon für weniger gesteinigt worden, und dabei sind wir die Wiege

der Demokratie und der Menschlichkeit. Ich kam mir verspottet vor, albern. Es ist, als ob alle

in diesem Land etwas wüssten, was mir unerklärlich ist. Und keiner spricht darüber. Ich bin

verzweifelt. Was ist mit Herkules passiert?

Omphale:

Ihr Griechen nehmt eure Helden zu ernst.

Fótios:

Tun wir das? (Pause) Drei Tage bin ich jetzt schon hier. Habe ich mit Herkules sprechen

können? Nein. Habe ich ihn überhaupt nur zu Gesicht bekommen? Nein. Bald werde ich

fortreisen. Was soll ich meinen Mitbürgern sagen, wenn sie mich nach Herkules fragen?

Omphale:

Dir wird schon etwas einfallen. Berichte ihm, es gebe in Lydien praktisch keinen Löwen mehr,

er habe sie alle eigenhändig erwürgt.

Fótios:

Sehr witzig.

Omphale:

Was denn? Ist der kleine Fótios etwa von einem Löwen belästigt worden, während er hier

war?

Fótios:

Nein, bin ich nicht.

Omphale:

Womit Herkules wohltuender Einfluss auf Lydien einmal mehr schlagend bewiesen wäre.

Fótios:

Ich kann mir doch nicht einfach eine Geschichte aus den Fingern saugen!

Omphale:

Versuch es. Diplomaten sollten so etwas können!

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Fótios:

Ihr scherzt. Ein griechischer Diplomat jedenfalls ist es nicht gewohnt, dass man sich über ihn

lustig macht.

Omphale:

Was nur beweist, dass zu wenige griechische Diplomaten nach Lydien gekommen sind.

Fótios:

Womit haben wir diese Verachtung verdient? Denn nichts anderes ist es doch, wenn sich ein

Held seinem Volk nicht zeigen will. Was bezweckt er damit? Warum will er uns strafen? Denkt

er vielleicht, wir nähmen es ihm übel, dass er seine Kinder ermordete? Wir haben nicht so

viele Helden, wir können nicht wählerisch sein. Er sollte es wissen. Viele, viele Bittschriften

habe ich dabei. Schüler, die schlechte Träume haben, beten zu ihm, Frauen, die sich danach

sehnen, einmal in den Armen eines Helden zu liegen, schreiben ihm Liebesbriefe, Fürsten

berufen sich bei ihren Taten auf ihn, Könige handeln in seinem Namen... worauf wartet er...

was haben wir ihm getan?

Omphale:

Es ist doch ganz einfach. Momentan ist er unsterblich. Er ist ein Gott. Würde er sich zeigen,

wer würde ihm danken? Wie viele Leute kennst du, die glauben, nachdem sie Gott gesehen

haben?

Fótios:

Das soll der Grund sein, warum er mir ausweicht?

Omphale:

Denk, was du willst. Übrigens ist es mir ganz egal. Die Welt will betrogen sein.

Fótios:

Ich lasse mich nicht mehr so abspeisen. Ich will Herkules sehen.

Omphale:

Wozu?

Fótios:

Wann hat man schon Gelegenheit, einem Gott zu begegnen?

Omphale:

Das ist wohl der Unterschied.

Fótios:

Was?

Omphale:

In Lydien glaubt man längst an keine Götter mehr.

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Fótios:

Nicht?

Omphale:

Erschreckt dich das?

Fótios:

Darf ich offen sprechen?

Omphale:

Nur zu.

Fótios:

Wenn Lydien an nichts mehr glaubt, tut es mir leid.

Omphale:

Von nichts hat niemand gesprochen.

Fótios:

Nicht?

Omphale:

Ich sagte, wir beteten nicht zu den Göttern. Das ist ja wohl ein Unterschied.

Fótios:

Den ich nicht verstehe.

Omphale:

Wir glauben an uns Menschen. Die Himmel sind leer. Und Menschen sind keine Götter, sind

es nie.

Fótios:

Wie kann man leben, wenn man die Götter nicht verehrt?

Omphale:

Verzweifelt. Aber man gewöhnt sich.

(Pause.)

Fótios:

Ihr scherzt. Verzeiht, ich bin bloß nüchterner Grieche, ich verstehe die Feinheiten des

lydischen Humors nicht immer auf Anhieb. Doch sagt mir offen: Werde ich noch mit Herkules

sprechen können?

Omphale:

Warum nicht? Ich werde es mir überlegen. Du weißt wohl, dass sich unser großer Held ganz

auf mich verlässt. Wenn ich ihm sage, du seiest würdig, wird er sich vielleicht erbarmen. Doch

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genug von Geschäften. Was macht deine Frau?

Fótios:

Es geht ihr gut, denke ich.

Omphale:

Eine schöne Nachricht. Du liebst sie?

Fótios:

Nach wie vor.

Omphale:

Das freut mich. Es freut mich überhaupt, dass ich dich und deine Frau einmal kennenlernen

durfte. Ihr geltet schließlich als das perfekte Paar. Das wusstest du doch, oder?

Fótios:

Man hat es uns gesagt, ja, aber mir war nicht klar, dass dieses Gerücht schon über

Griechenlands Grenzen gedrungen ist.

Omphale:

Man sagt, ihr könntet es nicht ertragen, einer ohne den anderen zu sein. Niemals wärt ihr

länger als eine halbe Stunde auseinander.

Fótios:

Wir lieben uns.

Omphale:

Und niemals streitet ihr?

Fótios:

Doch... auch, natürlich. Marika hat eine spitze Zunge, wisst Ihr. Wie schrecklich, wenn man

immer einer Meinung wäre. Das würde das Leben vermutlich sehr eintönig machen. Man

braucht jemanden, mit dem man kämpfen kann. Versöhnen können muss man sich freilich

auch.

Omphale:

Also stimmt es, was man sagt.

Fótios:

Ich weiß nicht, was Ihr hörtet... aber sie ist mein Leben.

Omphale:

Und du nicht ihr Sklave. Schön.

Fótios:

Doch mehr noch seid Ihr zu bewundern. Mit einem Helden zusammenzuleben, mit einem

Gott, muss schöner sein als alles andere!

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Omphale:

Fraglos. Und wie stellst du dir eine Beziehung zu einem Gott vor? Auch so wunderbar

gleichberechtigt?

Fótios:

Das nun nicht! Aber wer erwartet schon, einem Gott gleich zu sein? Dass man sich in seiner

Nähe aufhalten darf, ist doch schon Belohnung genug.

Omphale:

Gewiss. Nun, die halbe Stunde ist bald um. Ich habe Marika rufen lassen, ich will mich mit ihr

von Frau zu Frau unterhalten. Du verstehst?

Fótios:

Gewiss, Königin.

Omphale:

Dann öffne die Tür. Sie müsste gleich kommen.

Fótios:

Gewiss, Königin. (öffnet die Tür, geht zurück)

4. Szene

(Marika kommt herein. Sie verbeugt sich vor Omphale.)

Marika:

Königin.

Omphale:

Marika. Ich habe ein wenig mit deinem Mann geplaudert, ich möchte nun auch mit dir reden.

Marika:

Gewiss, Königin.

Omphale:

Man hat mir versichert, du könnest keine halbe Stunde ohne deinen Gatten sein. Darum

umarme ihn noch einmal, bevor ich mit dir spreche.

Marika:

Ihr seid sehr gütig, Königin. (umarmt Fótios voller Liebe)

Fótios:

Königin, erlaubt, dass ich mich zurückziehe.

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Omphale:

Ja, geh. Wir sprechen dann später über die entscheidenden Punkte unserer Verabredung.

(Fótios ab.)

5. Szene

Omphale:

Du bist gut gebaut.

Marika:

Findet Ihr?

Omphale:

Lass dich anschauen. Ja, sehr hübsch. Hübsches Kleid, außerdem. Dreh dich um.

(Marika tut es.)

Omphale:

Ja, auch von hinten eine gute Partie. Das ist wichtig, weißt du?

Marika:

Ihr meint?

Omphale:

Form ist alles. Auf die Schönheit kommt es an.

Marika:

Ich bin nicht sicher, ob ich Euch verstehe.

Omphale:

Das macht nichts, das macht nichts. Bist du glücklich?

Marika:

Inwiefern? Also... ja, ich bin glücklich.

Omphale:

Reizend, ganz reizend. Jetzt lass mal deine Beine sehen.

Marika:

Verzeiht, ich weiß nicht recht...

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Omphale:

Das ist doch nicht schwer zu verstehen, oder? Für eine intelligente Frau wie dich. Da vorne ist

ein Stuhl, stell dein Bein darauf, zieh dein Kleid hoch und zeig, was du zu bieten hast.

(Pause. Marika folgt Omphales Wünschen.)

Omphale:

Reizend. Ganz reizend. Aber ich überlege, ob es nicht noch reizender aussähe, wenn du ein

anderes Kleid tragen würdest.

Marika:

An was dachtet ihr da?

Omphale:

Nun... man wird sehen. (klatscht mehrmals energisch in die Hände)

6. Szene

(Auf das Klatschen kommt der Intellektuelle.)

Intellektueller:

Ihr wünscht, Königin?

Omphale:

Bring ein paar Kleider her. Und ein paar Schuhe. Und zwar schnell.

Intellektueller:

Sehr wohl, Königin.

(Intellektueller ab.)

7. Szene

Omphale:

Mein Lieblingsdiener. Ich nenne ihn den »Intellektuellen«. Ich weiß gar nicht mehr, warum.

Wahrscheinlich, weil er immer so fügsam ist.

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Marika:

So.

Omphale:

Pariert aufs Wort, sehr zuverlässig. Ich habe ihn vor langer Zeit gekauft, und er war bis jetzt

höchst zufriedenstellend. Für einen Sklaven natürlich. Wäre er ein Mann, wäre das ziemlich

furchtbar, immer zu gehorchen. Meinst du nicht?

Marika:

Ich... darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.

Omphale:

Nicht? Eine schöne Frau wie du? Es haben dir doch sicher viele junge Leute ewige Treue

geschworen, wenn du sie erhörst, es haben doch sicher viele junge Leute gesagt, sie

verehrten dich bis zum Wahnsinn, sie täten alles für dich.

Marika:

Nun... nein.

Omphale:

Bedauerlich. Warum nicht?

Marika:

Sehr früh schon lernte ich Fótios kennen und lieben. Und danach hatte ich nur noch den

einen Wunsch, mit ihm zusammen zu sein. Mich interessierte nicht mehr, wie sich andere

Leute in meiner Gegenwart betrugen. Bloß für ihn wollte ich noch da sein.

Omphale:

Rührend.

Marika:

Gewiss... Fótios ist kein Herkules... aber ich bin schließlich auch nicht Ihr. Ich verdiene

wahrscheinlich nicht mehr als einen Fótios, aber er reicht, um mich vollständig glücklich zu

machen.

Omphale:

Und niemals hast du dir gewünscht, einen anderen Mann zu haben?

Marika:

Niemals! Ich bin so froh, dass ich ihn kenne.

Omphale:

Das kann ich verstehen. Er ist ja auch recht stattlich.

Marika:

Wie gesagt, ein Herkules ist er nicht. Er ist bestimmt kein Gott. Aber in seiner Nähe fühle ich

mich warm und geborgen und verstanden und akzeptiert. Ich weiß, dass er immer für mich da

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sein wird. Ich weiß es einfach. Und das macht mich so glücklich.

Omphale:

Ich beneide dich.

Marika:

Ihr mich? Oh... Fótios erzählte mir, die Lydier hätten einen Humor, den man als Grieche nicht

sofort verstehe... verzeiht. Ihr! Die Königin! Die mächtige, schöne Frau, nach der sich alle

verzehren! Wie könnt Ihr auf ein armes kleines griechisches Mädchen neidisch sein?

Omphale:

Und doch bin ich es. Und das ist kein Scherz. Ganz gleich, was Fótios dir über lydischen

Humor erzählt haben mag... auch wir Lydier können Menschen bewundern, die glücklich sind,

weil sie zufrieden sind mit dem, was sie haben.

Marika:

Seid Ihr denn unzufrieden?

Omphale:

Die meisten Menschen sind es wohl... und Königinnen sind da kaum eine Ausnahme. Wie

könnte es anders sein? Man hat nur selten das, was einen allein glücklich macht... und wenn

man nicht weiß, was es ist, wer es ist, sucht man verzweifelt sein Leben lang... ohne es je zu

finden. Verstehst du?

Marika:

Ihr seid eben intelligent... gebildet... Ihr kennt die Welt, Ihr habt so viel gesehen, so viele

Leute getroffen. Ich kenne bloß Fótios. Wer weiß? Wenn ich so viel begreifen würde wie Ihr,

wenn ich so viel Verantwortung zu schultern hätte, wäre auch ich vielleicht unglücklich...

manchmal hat man eben Glück, wenn man nicht mächtig ist. Auf der anderen Seite könnt Ihr

gestalten, das Leben von anderen Menschen bestimmen, Ihr seid die Frau, an die man sich

erinnern wird, Ihr seid diejenige, die Herkules, der große Held, liebt. Ihr könnt jeden Tag aufs

Neue in den Spiegel schauen und Ihr wisst, dass Ihr jetzt schon unsterblich seid! Ich

hingegen bin bloß für einen anderen Menschen wichtig. Ich bin es gerne... aber das ist doch

gar nicht mit Euch zu vergleichen. Und welche Befriedigung muss es sein, wenn man weiß,

dass man von seinen Untertanen angebetet wird! Mein Mann betet mich nicht an. Er liebt

mich, ja, aber anbeten... das hält er für unter seiner Würde.

Omphale:

Möchtest du denn gerne angebetet werden?

Marika:

Ich weiß nicht... es wäre zumindest einmal eine nette Abwechslung.

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Omphale:

Kann sein, du weißt tatsächlich nicht, was es heißt, ideal zu sein...

(Lange Pause.)

8. Szene

Intellektueller: (kommt mit Kleidern und Schuhen an)

Königin!

Omphale:

Es ist gut. Leg die Sachen hier auf den Stuhl.

(Intellektueller tut es.)

Omphale:

So, meine Gute. Jetzt wollen wir doch einmal sehen, ob du wirklich so unempfindlich

gegenüber allem Luxus bist.

Marika:

Verzeihung?

Omphale:

Ich sagte: Jetzt beginnt die große Modenschau. Und einen Sklaven habe ich dir noch gleich

mit dazu geliefert.

Marika:

Ich verstehe nicht ganz.

Omphale:

Du hast eine tolle Figur, Marika. Ich will sehen, wie du dich in den einzelnen Kleidern machst.

Und komm ja nicht auf die Idee, mir dieses Vergnügen nehmen zu wollen.

Marika:

Nein... nein.

Omphale:

Also. Womit beginnen wir? Nun, vielleicht willst du erst einmal deinen persönlichen Sklaven

begrüßen.

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Marika:

Sehr erfreut.

Omphale:

Sehr erfreut ist aber keine besonders glückliche Begrüßung für einen Knecht, oder?

Marika:

Was sonst?

Omphale:

Hm. Hast du ein paar Vorschläge, Intellektueller?

Intellektueller:

»Komm her.« »Bück dich.« »Knie nieder.« »Hallo Kleiner.« »Na, Knecht.« Das sind aber bloß

ein paar Beispiele, keine allgemeinverbindlichen Regeln.

Omphale:

Sehr richtig.

Marika:

Also, hm, komm her.

Intellektueller:

Sehr erfreut.

Marika:

Ich heiße Marika. Du?

Omphale:

Das ist ja wohl ein Scherz?

Marika:

Warum?

Omphale:

Dein Name geht ihn nichts an. Ich habe ihm gesagt, er sei dein Sklave, das hat ihm zu

genügen. Außerdem ist es natürlich falsch, einem Untergebenen zu gestatten, »sehr erfreut«

zu sagen. Wenn dir jemand dienen soll, darf er dich anbetend anblicken… wenn du nett zu

ihm sein willst… aber doch nicht eigenständig Gefühle bekunden. Höchstens, wenn er schon

länger dient. Wenn du weißt, dass er zuverlässig ist, darf er sich vielleicht eine vertrauliche

Mitteilung erlauben, aber vorher nicht. Ganz einfach.

Marika:

Ach ja?

Omphale:

Hm.

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Marika:

Ich halte es für ziemlich schwierig, mit einem Sklaven richtig umzugehen.

Omphale:

Man gewöhnt sich sehr schnell daran, keine Bange. Was willst du jetzt mit ihm machen? Ein

Wort von dir, und ich bringe ihn um.

Marika:

Nein... nein.

Omphale:

Ich kann ihn auch bloß bis zur Bewusstlosigkeit peitschen lassen, wenn dir das lieber ist.

Marika:

Nein... ich möchte das nicht.

Omphale:

Da hast du aber Glück gehabt, mein Intellektueller, nicht wahr, dass sie so menschlich ist.

Los, bedank dich.

Intellektueller:

Vielen Dank.

Omphale:

Bedankt man sich so bei seiner Herrin? Habe ich dir denn gar nichts beigebracht?

Marika:

Es ist schon gut.

Omphale:

Nichts gegen dich, Marika, aber ich sehe schon, dass es wohl noch einige Zeit braucht, um

aus dir eine Frau zu machen, die von allen angebetet wird.

Marika:

Ich habe es mir überlegt. Mir reicht Fótios. Wenn er mich anbetet, ist das genug. Ich bin nicht

ehrgeizig.

Omphale:

Fein. Nun gut. Damit es vollkommen wird, solltest du eine breite Auswahl verschiedener

Kleider haben. Was meinst du dazu, Intellektueller?

Intellektueller:

Merkwürdig. Alle Frauen geben viel Geld für Kleidung aus, dabei sollten sie doch wissen,

dass sie den Männern ohne Kleider noch besser gefallen.

Omphale:

Sehr richtig. Wegen solcher Bemerkungen, halte ich ihn für intelligent.

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Marika:

Ich verstehe.

Omphale:

Außerdem: Irgendwie muss man die Leute schließlich nennen.

Marika:

Das ist wahr.

Omphale:

Also. Stell dir vor, der Thronsaal sei ein Laufsteg. Vielleicht möchtest du ihn ja einmal

abschreiten, wie es sich für ein Model geziemt.

Marika:

Ich weiß nicht, wie Models das machen.

Omphale:

Nun, ganz einfach. Du stellst dich hier vorne hin, drückst ein wenig die Brust heraus, Kopf

nach oben, Augen vielleicht halbgeschlossen, so als ob du dir deiner Überlegenheit

gegenüber dem schnöden Publikum bewusst seiest... und dann los.

(Marika folgte Omphales Anweisungen und spaziert jetzt über die Bühne.)

Omphale:

Flüssiger! Leichter im Schritt! Sei dir bewusst, dass alle auf dich starren, dich begehren, dich

schön finden... sei dir bewusst, dass dies dein Augenblick ist, ein Moment, der nur dir gehört.

(Marika ist wieder bei Omphale angekommen.)

Marika:

War es so gut?

Omphale:

Nun, sagen wir, es war noch ausbaufähig. Gut, egal. Ich möchte dich in einem anderen Kleid

sehen.

Marika:

Schön. In welchem?

Omphale:

Hier das schwarze, das müsste dir eigentlich wunderbar stehen. Schwarz steht bekanntlich

den meisten Leuten.

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Marika:

Ach ja? Wo kann ich mich denn umziehen?

Omphale:

Marika, ist dir der Thronsaal nicht fein genug dazu?

Marika:

Es ist bloß... sollte er dann nicht weggehen?

Omphale:

Wozu?

Marika:

Ich kann mir nicht vorstellen, ohne Fótios zu sein. Aber noch nie hat er mich nackt gesehen.

Auch wenn wir uns lieben, geschieht dies stets im Dunkeln. Soll ein Sklave mehr sehen als

mein Ehemann?

Omphale:

Gerade weil er ein Sklave ist, hat das doch gar nichts zu bedeuten. In Lydien pflegen

sämtliche Frauen ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit Sklaven zu machen und gelten

trotzdem noch als Jungfrauen, wenn sie in die Ehe kommen. Das zählt überhaupt nicht, das

kann ich dir versichern.

Marika:

Nicht mir musst du es versichern, sondern meinem Mann.

Omphale:

Er wird nie davon erfahren, oder? Also los.

(Marika zieht ein schwarzes Kleid an.)

Omphale:

Schuhe brauchen wir noch. Intellektueller!

Intellektueller:

Sehr wohl, Königin.

Omphale:

Zieh ihr die Schuhe an.

Marika:

Das ist nicht nötig.

Omphale:

Meine Güte. Du hast einfach die falsche Einstellung. Du wirst niemals jemanden finden, der

dein Sklave ist, wenn du nicht Herrin sein willst.

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Marika:

Aber... versteht mich nicht falsch, Königin. Ihr seid Herrscherin, Ihr kennt es nicht anders, als

dass man Euch gehorcht, dass man glücklich ist, aus der kleinsten Andeutung in Eurem

Gesicht Eure Wünsche abzulesen und zu befolgen... ich hingegen bin bloß eine ganz normale

Frau. Ich will nicht, dass um mich Sklaven sind. Ich will nicht, dass Leute nur für mich da sind.

Die einzige Ausnahme ist mein Mann, doch auch er soll einen freien Willen haben. Darauf bin

ich ja so stolz, dass wir nebeneinander, nein, miteinander leben, ohne dass der eine dem

anderen mehr bedeutet als umgekehrt, und wir uns doch achten können.

Omphale:

Unsinn. Jede Beziehung zwischen Mann und Frau kann nur deshalb funktionieren, weil der

eine liebt und der andere sich verehren lässt. Das ist völlig natürlich.

Marika:

Bei uns ist das anders.

Omphale:

Einbildung! Schimären! Wenn du deinen Mann so wirklich und wahrhaftig liebst wie du sagst,

mag das zwar stimmen, aber gleichzeitig steht damit auch fest, dass du in eurer Beziehung

diejenige bist, die mehr geben will.

Marika:

Nein, das glaube ich nicht.

Omphale:

Tut mir leid, wenn dich das enttäuscht.

Marika:

Ihr seht das zu pessimistisch.

Omphale:

Ich sehe die Wahrheit, nichts weiter. Aber mach dir nichts daraus, es ist schließlich nicht

schlecht, wenn man selber die ist, die mehr gibt als empfängt. Dann hat man wenigstens

etwas von einer Beziehung.

Marika:

Verzeiht. Ihr scheint mir so zynisch.

Omphale:

Das scheinen die Ehrlichen immer. Noch ein Kleid?

Marika:

Ich will kein Kleid mehr anziehen.

Omphale:

Was denn? Ich habe dich hoffentlich nicht verletzt...

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Marika:

Ihr... nein, verletzt habt Ihr mich nicht. Aber ich habe jetzt einiges, worüber ich nachdenken

muss.

Omphale:

All die kleinen Streitereien mit deinem treusorgenden Mann etwa, wo du am Ende nur um des

Friedens willen nachgegeben hast?

Marika:

Wie könnt Ihr wissen, dass ich diejenige war, die...

Omphale:

Sehr einfach. Wer mehr leidet! Aber wer weiß? Dein Mann ist schließlich ein ganz

geschickter. Vielleicht hat auch er ab und an versucht, die Wogen zu glätten, weil er

befürchtete, sonst deine Achtung zu verlieren. Männer sind ja sehr merkwürdig. Fast tückisch,

manchmal. Wenn man sie liebt und bewundert, erwidern sie zwar die Gefühle nicht, aber sie

würden wirklich alles tun, damit man in sie vernarrt bleibt... und für die Frau scheint es dann

fast so, als werde ihre Leidenschaft erwidert.

Marika:

Nein! Nein, verzeiht! Ihr seid klug, ich bin dumm. Ihr kennt die Seelen tausender Männer, ich

glaube höchstens, die Seele eines einzigen Mannes zu kennen. Aber bei ihm bin ich mir

sicher. Sagt, was Ihr wollt, denkt, was Ihr wollt... aber ich liebe ihn, und ich weiß, dass auch er

mich liebt. Und so gewiss, wie ich hier stehe, weiß ich, dass er alles für mich machen würde,

was ich von ihm will, dass er alles tun würde, um mich glücklich zu machen, genauso, wie ich

bereit bin, alles für ihn zu tun. Und das nenne ich Liebe, nichts anderes. Vielleicht wisst Ihr

besser über die Psyche jedes Mannes Bescheid, vielleicht habt Ihr von allem mehr Ahnung

als ich, aber in diesem einen Punkt glaube ich fest an meinen Mann, und nichts kann mich

dazu bringen, von diesem Glauben abzuweichen, von diesem Glauben auch nur das

Geringste aufzugeben. Versteht Ihr? Verzeiht, wenn ich so offen mit Euch spreche, ich hege

die größte Bewunderung für Euch und für Eure Taten, für Eure Größe, für Eure Beziehung zu

Herkules, zu diesem Gott... ich verstehe, ich sagte es, nur wenig von Leidenschaft und Glück,

aber das wenige, was ich verstehe, möchte ich nicht aufgeben, möchte ich nicht verlieren.

Und deshalb möchte ich jetzt wieder mit meinem Mann zusammen sein. Weil ich mich dann

sicherer fühle. Ich bin dumm. Aber an seiner Seite fühle ich mich geborgen und stark, an

seiner Seite fühle ich, dass Eure Ideen, die mir zynisch erscheinen, verzeiht, dass Eure Ideen

keinen Einfluss auf mein Leben nehmen können, und deshalb bitte ich um die gnädige

Erlaubnis, jetzt keine Kleider mehr anziehen zu müssen, sondern Euch verlassen zu können,

um meinen Mann zu suchen.

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(Pause.)

Omphale:

Also schön. Also schön. Dann behalte das Kleid an, es steht dir hervorragend, und such

deinen Mann.

Marika:

Ich danke Euch. Königin! (verbeugt sich und ab)

9. Szene

Omphale:

Tja. Scheint fast so, als wäre ich schon überzeugender gewesen.

Intellektueller:

Vielleicht liebt sie ihn ja wirklich.

Omphale:

Wer weiß? Vielleicht ist Wasser trocken? Unsinn! Sie kann ihn nicht lieben. Nicht so, wie er

sie. Ich glaube es nicht.

Intellektueller:

Warum nicht?

Omphale:

Warum? Weil... kannst du dir das nicht denken?

Intellektueller:

Nein.

Omphale:

Dabei ist die ganze Sache mehr als einfach. Ich glaube nicht an perfekte Paare. Wenn ich

ehrlich sein soll: Ich glaube noch nicht einmal an den Menschen, selbst wenn ich das Fótios

gesagt habe. Das Einzige, woran ich glaube, sind Gewalt, Verrat und Gemeinheit. Daraus

besteht das Leben, oder? Sinnlos, sich etwas anderes vorzumachen. Sie lügen mich an.

Verstehst du? Sie kommen hierhin und lügen mir frech ins Gesicht, sie seien glücklich, und

sie tun so, als bewunderten sie mich. Das ist vielleicht das Schlimmste.

Intellektueller:

Das glaube ich nicht.

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Omphale:

Was glaubst du nicht?

Intellektueller:

Dass sie Euch mit Absicht quälen. Im Gegenteil. Sie bewundern Euch, sie verehren Euch, sie

können sich bloß nicht vorstellen, dass Ihr unglücklich seid.

Omphale:

So? Können sie nicht?

Intellektueller:

Weil sie selbst eben glücklich sind. Weil sie keine Angst haben, weil sie stets jemanden an

ihrer Seite wissen, der sie liebt. Warum sollten sie da die Zukunft fürchten?

Omphale:

Und ich? Ich habe ein ganzes Volk neben mir, das mich verehrt. Einen Herkules! Und bin

doch unglücklich. Sag, wie passt das zusammen?

Intellektueller:

Euer Problem, Herrin, ist vielleicht, dass ihr zwar verehrt werdet, selbst aber niemanden

bewundert, für niemanden lebt. Das macht es schwierig.

Omphale:

Macht es das? Du Träumer! Du... ich weiß nicht, wie ich dich nennen soll. Das ist doch

Wahnsinn. Wenn ich dir glaube, lieben sich die beiden wirklich, stimmt also alles, was über

sie erzählt wird, spielen sie mir keine abgeschmackte Komödie vor?

Intellektueller:

Warum sollten sie?

Omphale:

Weil man eben erwartet, dass es jemanden gibt, den man liebt und der einen liebt. Ohne ist

man bloß ein Mensch zweiter Klasse. Verstehst du? Das hat nichts mit Wollen oder Sollen zu

tun, das Einzige, was in dieser Gesellschaft zählt, ist, dass man liebt und geliebt wird. Und

selbst dir als Romantiker dürfte es schwer fallen zu glauben, dass ausgerechnet Griechen,

ausgerechnet die auf Form und Gestus so bedachten Griechen es schaffen, zwei Leute

zusammenzubringen, die sich wirklich zugetan sind. Es dürfte doch inzwischen klar sein, dass

zwar ab und zu einer den anderen bewundert, aber niemals der Verehrte die Leidenschaft

auch erwidert. Er lässt sich vielleicht anbeten, gut. Weil man eben gerade keinen Besseren

hat, weil das eben zur Konvention gehört. Aber echte Gefühle zwischen zwei

unterschiedlichen Menschen? Da kann ich ja bloß lachen. Das kannst du selber nicht

glauben, oder etwa doch? Oder etwa doch?

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Intellektueller:

Den beiden glaube ich es jedenfalls.

Omphale:

Wie kannst du nur so grausam sein!

Intellektueller:

Ich grausam? Ihr habt mich vorhin gedemütigt, zum Selbstmord gezwungen, entlassen, dann

als Sklaven verschenkt und wieder gedemütigt... aber ich bin grausam!

Omphale:

Ich wollte nur mal sehen, wie sie reagiert. Glaubst du, ich hätte dich wirklich schlagen lassen?

Intellektueller:

Naja.

Omphale:

Wenn jemand den Befehl gibt, dich zu töten, bin das immer noch ich allein, niemand anders,

da brauchst du keine Angst zu haben...

Intellektueller:

Ungeheuer tröstlich.

Omphale:

Ich weiß... ich weiß... ich hätte es nicht tun sollen. Aber ich langweile mich eben. Verstehst du

nicht, wie kläglich solche Vergnügen sind? Was habe ich davon, wenn ich dich hängen lasse?

Ich würde den einzigen Menschen verlieren, von dem ich annehme, er bedeutet mir etwas...

(Pause.)

Intellektueller:

Der berühmte lydische Humor, nehme ich an.

Omphale:

Verdammt! Du weißt ganz genau, dass ich niemanden habe, dass ich einsam bin, dass ich

Herkules hasse, diesen blonden frischen Athleten, der in Frauenkleidern herumläuft und

strickt! Denkst du, das macht mir Spaß? Denkst du, ich habe irgendein Interesse daran, dass

bekannt wird, dass er ein weibischer idiotischer Knecht ist?

Intellektueller:

Auch ich bin Euer Knecht.

Omphale:

Aber du bist es wenigstens nicht gerne. Glaube ich jedenfalls. Ach, ich weiß es alles nicht...

ich wünschte, ich wäre anders, weißt du, ich wünschte, du wärest anders und die ganze Welt.

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Ich wünschte, ich wüsste, was ich falsch mache, ich wünschte, es gebe etwas, an das ich

mich halten könnte, aber stattdessen ist der Einzige, mit dem ich wirklich reden kann, ein

Sklave von mir, und ich weiß, dass ich auch nur mit dir reden kann, weil du ein Sklave bist,

weil du gezwungen bist, mir zuzuhören, weil du... ach verdammt! Ich meine es doch nicht so.

Ich will dich nicht verletzen... manchmal schon. Ich hasse all diese Leute, die vor mir auf die

Knie fallen und die meinen, mich anbeten zu müssen, und gleichzeitig kann ich niemanden

ertragen, der ein eigenes Leben führt, der nicht vor mir niedersinkt. Ist das normal?

Intellektueller:

Ich nehme es an.

Omphale:

So. Und was... was kann ich dagegen tun?

Intellektueller:

Herrin sein ist ein hartes Geschäft.

Omphale:

Mach dich nur über mich lustig. Lach nur. Du weißt ja nicht, wie verzweifelt man ist, wenn

man niemanden hat. Du hast schließlich mich, nicht wahr? Die Einzige, die mich nicht hat, bin

ich. Ihr fühlt doch alle falsch. Jemanden zu lieben heißt doch nicht, ihn auf ein großes Podest

zu heben und dann andächtig und anbetend darunter zu stehen. Es heißt: Man muss den

anderen bei sich wissen, und darüber froh sein und völlig gleichberechtigt neben ihm leben.

Intellektueller:

Und sobald Ihr zwei Leute findet, die genau das tun, behauptet Ihr, sie spielten Euch bloß

etwas vor.

Omphale:

Nun... tun sie es etwa nicht? Wer weiß schon, was die beiden wirklich fühlen. Ich glaube nicht

daran. Es ist mir zu gestellt. Sie können keine halbe Stunde einer ohne den anderen sein! Du

liebe Zeit! Da riecht man doch sofort, dass sie einem bloß eine heile Welt vorgaukeln wollen.

Da gehe ich jede Wette ein.

Intellektueller:

Wie soll man es jemals herausfinden?

Omphale:

Sehr einfach. Man muss Fótios verführen oder eben Marika, und dann sehen wir ja, wie sie

reagieren werden.

Intellektueller:

Wie Ihr befehlt, Herrin. Allerdings werde ich kaum jemals die Gelegenheit haben, mich Marika

zu nähern. Man schätzt nur selten die, die einem von anderen Frauen als Diener angeboten

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werden.

Omphale:

Tja. Ich habe auch eine viel bessere Idee. Ich werde Marika verführen. Sie, die Reine, die

Unbescholtene... sie soll nach mir schmachten, sie soll ächzend meinen Namen rufen, wie all

die anderen auch, die vorgeben, mich zu mögen. Dann werden wir ja sehen. Und Fótios

werde ich auch verführen. Wie er nach mir schmachten soll! Ich werde die Legende von der

ewigen Eintracht zwischen den beiden so hochherzigen Menschen, zwischen dem

wunderbaren Paar, schon zu zerstören wissen. Sie sollen mich kennenlernen! Warte nur ab!

Bald wird man auch in Griechenland wissen, dass es keine echten Gefühle gibt! Ruf mir

Fótios. Und zwar schnell!

Intellektueller:

Sehr wohl, Herrin. (ab)