ideophone im tuerkischen jendraschek

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GERD JENDRASCHEK SEMANTISCHE EIGENSCHAFTEN VON IDEOPHONEN IM TÜRKISCHEN

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Page 1: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

GERD JENDRASCHEK

SEMANTISCHE EIGENSCHAFTEN VON

IDEOPHONEN IM TÜRKISCHEN

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iii

An icon is defined as a sign of which the character

that fits it to become a sign of the sort that it is, is

simply inherent in it as a quality of it.

Charles S. Peirce

Es gibt drei Dinge, denen man endlos lange

zuschauen kann: Das Brennen des Feuers, das

Fließen des Wassers und arbeitende Menschen.

Anonym

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v

Abstrakt

Ideophone stellen im Türkischen ein reiches Inventar expressiver Ausdrücke dar, mit denen wahrgenommene Eindrücke den Zuhörern anschaulich vor Augen geführt werden können. Der Bereich der Ideophonie betrifft wenige semantische Domänen, wobei Wahrnehmungen verschiedenster Art im Zentrum stehen. Ideophone sind lautsymbolisch, was bedeutet, daß Laute, die keine Morpheme sind, Bedeutung tragen. Es gibt also zu einem gewissen Grade eine Entsprechung phonologischer und semantischer Merkmale. Je nach dem Grad der Ikonizität können diese Entsprechungen mehr oder weniger offensichtlich sein. Wie alle Sprachzeichen sind Ideophone jedoch auch konventionell. Ein weiteres Charakteristikum türkischer Ideophone ist ihre modifikative Funktion, sie werden also adjektivisch oder adverbial verwendet. Sie unterstreichen die Bedeutung eines Verbs, können aber auch zusätzliche semantische Informationen enthalten. Sie werden im Türkischen meist redupliziert verwendet, wobei die Reduplikation Wiederholung zum Ausdruck bringt. Plötzliche, abrupte Eindrücke werden hingegen mittels Quotativkonstruktionen oder derivierter Formen ausgedrückt. Durch Alternationen der Vokale oder Konsonanten können weitere semantische Nuancen versprachlicht werden.

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Vorwort

Die vorliegende Studie ist die überarbeitete Version einer Magisterarbeit, die ich im Februar 2000 an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld einreichte. Meine Hauptinformantinnen waren hierbei Nilgün Yüce und Yaşar Toraman. Beide hatten mir schon oft Daten aus ihrer Muttersprache zur Verfügung gestellt. Diese Formulierung ist nicht zufällig gewählt. Die Daten sind Eigentum der Sprecher, denn diese sind gewissermaßen die Urheber. Darum danke ich beiden besonders für ihre jahrelange Geduld und Hilfsbereitschaft. Zudem haben mir beide nicht nur mit einzelnen Daten geholfen, sondern mir tiefere Einblicke in die türkische Sprache ermöglicht.

Ein besonderer Dank geht auch an Engin Kuluğ. Er hat meine Neugier an der türkischen Sprache über Jahre ertragen und befriedigt und meine ersten Schritte in dieser Sprache begleitet. Ohne ihn wäre vieles an dieser Sprache rätselhaft für mich geblieben. Ich möchte auch Abdulkerim Uzağan danken, der mir bei Begegnungen immer wieder Fragen beantwortet hat.

Mein Dank gilt auch Prof. Dr. Christian Lehmann, der meine Magisterarbeit betreut und mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen zum Gelingen der Arbeit beigetragen hat. Schließlich möchte ich auch Yong-Min Shin danken, mit dem ich viele linguistische Diskussionen geführt habe.

Dem Verlag Lincom Europa danke ich für die Aufnahme dieser Arbeit in sein Verlagsprogramm.

Bielefeld und Toulouse, Juli 2000/September 2001

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung................................................................................................... 1

1.1 Methodologie und Aufbau der Arbeit............................................................................ 1

1.2 Untersuchungsgegenstand.............................................................................................. 1 1.2.1 Forschungsinteresse .................................................................................... 1 1.2.2 Forschungsstand.......................................................................................... 2

1.3 Datenbasis und Elizitation ............................................................................................. 4

2 Theorie der Ideophonie ............................................................................ 9

2.1 Lautsymbolik ................................................................................................................. 9 2.1.1 Korporale Lautsymbolik ............................................................................. 9 2.1.2 Imitative Lautsymbolik ............................................................................... 9

2.1.2.1 Vorüberlegungen.......................................................................................9 2.1.2.2 Onomatopöie...........................................................................................10

2.1.2.2.1 Terminologie und Definitionen..........................................................10 2.1.2.2.2 Onomatopöie in der Kindersprache....................................................11 2.1.2.2.3 Universalien in der Onomatopöie und ihre Grundlagen ....................12 2.1.2.2.4 Status der Onomatopoetika im Sprachsystem....................................13

2.1.2.3 Bewegungsimitativa................................................................................14 2.1.3 Synästhesie vs. intermodale Assoziation .................................................. 14 2.1.4 Konventionelle Lautsymbolik................................................................... 16 2.1.5 Metasprachliche Symbolik........................................................................ 17 2.1.6 Formale Merkmale von Lautsymbolik...................................................... 17 2.1.7 Semantische und pragmatische Bereiche lautsymbolischen Vokabulars.. 18

2.2 Ideophonie.................................................................................................................... 19 2.2.1 Zur Definition des Begriffs ‘Ideophon’ .................................................... 19 2.2.2 ‘Ikonizität’ vs. ‘Symbolizität’ ................................................................... 20 2.2.3 ‘Lautsymbolik’ vs. ‘Ideophonie’............................................................... 23

3 Allgemeine Informationen zum Türkischen ........................................ 25

3.1 Sprecher und genetische Affiliation............................................................................. 25

3.2 Phonologie und Schrift ................................................................................................ 25 3.2.1 Schrift........................................................................................................ 25 3.2.2 Vokale ....................................................................................................... 26 3.2.3 Konsonanten.............................................................................................. 28

3.3 Morphologie und Syntax.............................................................................................. 28 3.3.1 Typologische Eigenschaften ..................................................................... 28 3.3.2 Substantive ................................................................................................ 29 3.3.3 Verben ....................................................................................................... 29

3.3.3.1 Finite Konstruktionen .............................................................................29 3.3.3.2 Infinite Konstruktionen ...........................................................................30

3.3.4 Adverbien.................................................................................................. 30 3.3.5 Derivation.................................................................................................. 32

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4 Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate ............................................................................................................ 33

4.1 Beziehung zwischen Struktur und Funktion ................................................................ 33

4.2 Morphologie der Ideophone im Türkischen ................................................................ 33 4.2.1 Primärformen und ihre Entstehung ........................................................... 33 4.2.2 Bildung der Sekundärformen .................................................................... 34 4.2.3 Reduplikation ............................................................................................ 35

4.2.3.1 Allgemeines ............................................................................................35 4.2.3.2 Alternation ..............................................................................................37

4.3 Phonologische Struktur ................................................................................................ 38 4.3.1 Phonotaktik ............................................................................................... 38 4.3.2 Vokale ....................................................................................................... 41 4.3.3 Konsonanten.............................................................................................. 43

4.4 Wortarten und Derivation ............................................................................................ 46 4.4.1 Nominalisierung........................................................................................ 46 4.4.2 Verbalisierung........................................................................................... 47 4.4.3 Adjektivischer Gebrauch........................................................................... 49 4.4.4 Adverbialer Gebrauch ............................................................................... 50 4.4.5 Sonstige Vorkommen................................................................................ 54

4.5 Syntaktische Eigenschaften der Ideophone.................................................................. 54

5 Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem .......................................... 59

5.1 Amplifikation vs. Distinktion ...................................................................................... 59

5.2 Wortartenzugehörigkeit türkischer Ideophone............................................................. 64

5.3 Rekapitulation: Ideophone Konstruktionen und ihre Funktion ................................... 66

5.4 Semantische Domänen................................................................................................. 67

5.5 Semantischer Wandel und sekundäre Lautsymbolik ................................................... 69

5.6 Pragmatischer Anwendungsbereich der Ideophone..................................................... 70

6 Typologischer Status der Ideophonie ................................................... 73

6.1 Ideophone Strukturen in anderen Sprachen ................................................................. 73 6.1.1 Allgemeines .............................................................................................. 73 6.1.2 Status der Ideophone als Wortart .............................................................. 73 6.1.3 Phonologie ................................................................................................ 75

6.1.3.1 Vokale .....................................................................................................75 6.1.3.2 Konsonanten............................................................................................78

6.1.4 Morphologie und Syntax........................................................................... 79

6.2 Typologische Korrelationen......................................................................................... 82

6.3 Ideophone als Opfer der Sprachnormierung? .............................................................. 83

6.4 Sprachen mit hoher vs. niedriger Ideophonizität ......................................................... 84

7 Fazit.......................................................................................................... 89

Anhang ............................................................................................................... 93

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Abkürzungen ................................................................................................... 105

Bibliographie.................................................................................................... 107

Tabellen T1. Onomatopoetika in der Kindersprache........................................................................ 12

T2. Graphem-Phonem-Zuordnungen der türkischen Orthographie .................................. 26

T3. Vokalinventar des Türkischen ...................................................................................... 26

T4. Inventar konsonantischer Phoneme ............................................................................ 28

T5. Kasussystem des Türkischen ........................................................................................ 29

T6. Die Personalendungen am Beispiel gelmek „kommen“.............................................. 29

T7. Zählung zur Silbenstruktur .......................................................................................... 39

T8. Ausgeschlossene Kombinationen von K1 und K2 in den Primärformen ...................... 41

T9. Adverbiale Konstruktionsmöglichkeiten der Primär- und Sekundärformen................ 52

T10. Semantische Domänen von türkischen Ideophonen und ihre Häufigkeit .................... 68

T11. Ikonisches System der Vokale im Bahnar .................................................................... 77

T12. Ikonisches System der Vokale im Koreanischen .......................................................... 78

T13. Derivation von Verben aus Ideophonen im Didinga ................................................... 80

T14. Korrelationen verschiedener Pole ............................................................................... 92

T15. Verzeichnis der geläufigsten türkischen Ideophone .................................................... 93 Schaubilder

S1. Das Kontinuum zwischen Symbolizität und Ikonizität .................................................. 20

S2. Die Ideophone auf dem Kontinuum zwischen Spontaneität und Kontinuität................ 54

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1 EINLEITUNG

1.1 Methodologie und Aufbau der Arbeit

Zunächst wird in §1 der Untersuchungsgegenstand präsentiert und die Zielsetzung der Arbeit formuliert. Es folgen Bemerkungen zur Datenbasis und zur Erhebung der Daten. In §2 werden theoretische Grundlagen der Ideophonie dargestellt. Sie sollen den Leser auf den Hauptteil vorbereiten und dessen Verständnis erleichtern. Grundlagen für Ideophone sind Bereiche wie Lautsymbolik, Ikonizität und Expressivität. Bei der Einführung in diese Begriffe wird parallel eine bestimmte Vorstellung von Sprache vermittelt, so daß der Leser dort auch sprachtheoretische Erwägungen berücksichtigt findet.

In §3 werden wichtige Charakteristika des Türkischen präsentiert. Deren Darstellung soll auch denjenigen Lesern das Verständnis der Daten erleichtern, die noch nicht mit der Sprachstruktur des Türkischen vertraut sind. §4 beschäftigt sich mit der Aufarbeitung des Korpus. Die Beschreibung ist strukturbasiert und somit semasiologisch orientiert. Strukturen werden inventarisiert, ihre internen syntagmatischen Beziehungen beschrieben und ihre Bedeutungen geklärt. Die Analyse beginnt bei den unteren Ebenen, der Morphologie und Phonologie, und führt zur Integration in die höheren Ebenen. Dem grammatischen Status der Ideophone und den syntagmatischen Beziehungen sowie ihren funktionellen Korrelaten wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei wird der klassische Kanon der Wortarten (insbesondere Adverb, Adjektiv, Verb, Substantiv) zugrunde gelegt. Die Wortarten gelten als distributionell und (zumindest in Sprachen wie dem Türkischen) morphologisch bestimmbar. Elemente einer Wortart bilden eine Klasse und stehen untereinander in paradigmatischer Beziehung. Elemente verschiedener Wortarten können zueinander in syntagmatische Beziehung gebracht werden, so daß zwischen ihnen (rektive und modifikative) Dependenzverhältnisse herrschen.

§5 versucht, Generalisierungen zum semantischen und syntaktischen Status der Ideophone aufzustellen. Daneben werden die semantischen und pragmatischen Anwendungsbereiche aufgeführt. §6 zeigt, daß die Ideophonie universale Züge trägt, da sich hier strukturelle Ähnlichkeiten in areal und genetisch unverwandten Sprachen finden lassen. Es wird zudem die Hypothese aufgestellt, daß das Vorkommen von Ideophonen typologisch mit anderen Bereichen der Sprachstruktur zusammenhängt. §7 faßt die Erkenntnisse zusammen und bringt abschließende Bemerkungen zum Phänomen der Ideophonie. Ein Anhang führt die geläufigsten Ideophone des Türkischen und ihre Bedeutungen auf.

1.2 Untersuchungsgegenstand

1.2.1 Forschungsinteresse Die vorliegende Arbeit hat eine doppelte Zielsetzung. Zum einen sollen mit Hilfe eines begrenzten Korpus (den Ideophonen) einer bestimmten Sprache (des Türkischen) die Funktionen der untersuchten Strukturmittel einerseits und Gesetzmäßigkeiten innerhalb dieses Bereiches andererseits beschrieben werden. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse können nützlich sein für die Beschreibung des Türkischen, z.B. im Hinblick auf Fremd- oder auch Muttersprachenunterricht. Diese Hoffnung ist Ausdruck der festen Überzeugung, daß linguistische Forschung dazu beitragen sollte, Sprachgrenzen zu überwinden und das Verständnis für die Funktionsweise anderer Sprachen zu fördern, denn nur so kann Respekt für die Sprachbenutzer wachsen. Diese sind ja auch die Informanten für den Linguisten und

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Untersuchungsgegenstand 2

verbinden mit ihrer Mitarbeit die Erwartung, daß die überlassenen Daten auch in ihrem Interesse und zu ihrem Nutzen verwertet werden.

Daneben kann diese Arbeit auch als Vergleichsmaterial für entsprechende Arbeiten zu anderen Sprachen dienen, genauso wie Untersuchungen über Ideophone in anderen Sprachen als Vergleichsmaterial für die vorliegende Arbeit dienten.

Zum anderen verfolgt die Arbeit eine eher theoretische Fragestellung, nämlich die nach Funktion und Gebrauch von Ideophonen, ihrer Beziehung zu Onomatopoetika und den Grundlagen von Lautsymbolik überhaupt. Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand ist die Abgrenzung von Ideophonie und Onomatopöie bzw. Lautsymbolik unklar, wenn überhaupt je ein Versuch diesbezüglich ernsthaft unternommen worden ist. Auch wenn dieser Punkt geklärt werden sollte, bleibt der semiotische Status von Onomatopöie umstritten. Die vorliegende Arbeit soll auch hierzu eine Stellungnahme darstellen.

Anhand der Auswertung schriftlicher Quellen und eigener elizitierter Daten sollen die Erkenntnisse zur Ideophonie des Türkischen illustriert und belegt werden.

Die vorliegende Arbeit ist nach Wissen des Verfassers die einzige neuere Untersuchung in deutscher, englischer oder französischer Sprache zu den Ideophonen des Türkischen. Erhältliche Lehrbücher (z.B. Tekinay 1988 und Wendt 1985) und Grammatiken (z.B. Lewis 1967, Bazin 1968, Kornfilt 19971) gehen kaum auf die besondere Funktion der Ideophone ein. In den türkischen Veröffentlichungen wird zwar das Material behandelt, es fehlt jedoch der typologische Vergleich, so daß diese Untersuchungen keinen Beitrag zur allgemeinen Ideophonie-Diskussion darstellen. Die vorliegende Arbeit möge dazu beitragen, den Stellenwert und die Bedeutung der Ideophone im Türkischen ins Bewußtsein zu rufen.

1.2.2 Forschungsstand Die Ideophone des Türkischen haben bisher kaum die Aufmerksamkeit westlicher Sprachwissenschaftler gefunden. Auch in den türkischen Grammatiken und sprachwissenschaftlichen Untersuchungen werden sie bislang vernachlässigt (Zülfikar 1995:284). So weist Zülfikar selbst darauf hin, daß die Arbeit an seinem 1995 in Ankara erschienenen Buch über die lautsymbolischen Wörter des Türkischen dadurch besonders erschwert wurde, daß bis dahin kaum Literatur zu diesem Thema existierte (Zülfikar 1995:VIII).

Der Großteil der bisher erschienenen Untersuchungen zur Lautsymbolik in Turksprachen stammt aus Russland oder den zentralasiatischen Turkrepubliken. Ein zentrales Werk ist das von Hudaykuliev2 über Struktur, Semantik, Phonetik und Syntax der Onomatopoetika im Turkmenischen. Iskakov3 hat die phonologische Struktur und die Derivationsmöglichkeiten der kasachischen Onomatopoetika untersucht. Kudaybergenov4 hat die kasachischen Onomatopoetika nach phonologischen, strukturellen und semantischen Gesichtspunkten untersucht. Weitere Arbeiten stammen von Altyjev und Dz#aferova. In deutscher Sprache sind

1 Obwohl Kornfilt die neueste, umfangreichste und wissenschaftlichste (und wohl auch teuerste)

grammatische Beschreibung des Türkischen bietet, werden den Ideophonen gerade mal anderthalb Seiten gewidmet. Dabei ist die Beschreibung der Ideophone ausdrücklich in der Routledge Serie vorgesehen.

2 Hudaykuliev, M. 1962, Podraz#atel’nyje Slova v Turkmenskom Jazyke. Ashgabad. 3 Iskakov, A. 1951, „O Podraz#atel’nyh Slovah v Kazavskom Jazyke“. Turkologic #eskij Sbornik, I, M-

L. 4 Kudaybergenov, S. 1957, Podraz#atel’nyje Slova v Kirgizskom Jazyke. Frunze.

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Einleitung 3

Beiträge von Dmitrijev (1927) und Marchand (1953) erschienen. Diese beiden Aufsätze beschäftigen sich zudem mit dem Türkeitürkischen. Dmitrijev beschäftigt sich vorrangig mit der Morphologie lautsymbolischer Ausdrücke. Marchand untersucht vor allem Zusammenhänge zwischen einzelnen expressiven Lauten und den semantischen Bereichen, die sie repräsentieren. In der westlichen Linguistik gab es ansonsten nur wenige Veröffentlichungen zu Lautsymbolik in Turksprachen. Eine davon stammt von Householder (1962) und handelt über das Aserbaidschanische. Householder führt 75 Lautsymbolika mit entsprechenden abgeleiteten Formen auf und weist auf phonologische Besonderheiten in seinem Korpus hin.

In der Türkei selbst haben sich einige Autoren5 indirekt mit den lautnachahmenden Wörtern beschäftigt, z.B. bei der Beschreibung von Reduplikation. Ein wichtiges Werk in diesem Zusammenhang ist das von Hatibog *lu, der feststellt, daß ein Großteil der reduplizierten Wörter lautsymbolisch ist und in der Natur vorkommende Geräusche wiedergibt (Hatibog *lu 1981:18f.). Er inventarisiert zudem einige „Triplikationen“ (türk.: üc7leme), die aus einem reduplizierten Ideophon und dem hiervon abgeleiteten Verb bestehen, z.B. parıl parıl

parıldamak „strahl strahl strahlen“ (o.c.:23). Andere Autoren haben das Thema nur marginal behandelt.

Desweiteren werden Lautsymbolika in einigen türkischen Grammatiken behandelt. Hier wäre besonders die von Emre6 zu nennen, der die Nachahmungen (türk.: yansıma) definiert als „Wörter, die die Sprache nach und nach durch Nachahmung von Geräuschen und Bewegungen erschafft“7. Banguog*lu8 weist auf das sehr produktive Suffix -de hin, das Ideophone verbalisiert. Er unterscheidet dabei in beschreibende und nachahmende Lautsymbolika. Gencan betrachtet die Lautsymbolika als Nachahmung und weist darauf hin, daß sie im Türkischen sehr zahlreich vorkommen (Gencan9 apud Demircan 1996[y]:190). Eren10 und Altuğ11 haben sich vor allem mit Onomatopoetika von Tierlauten beschäftigt. Erdal definiert Onomatopoetika als „Grundform, die Geräusche abbildet, die durch bewußt oder unbewußt Geräusche hervorrufende Bewegung entstehen“ (Erdal12 apud Demircan 1996[y]:190). Einige Autoren, wie N. Üçok, Başkan, Bayrav oder Aksan, sind auf Onomatopöie im Zusammenhang mit Fragen zur Arbitrarietät und zum Ursprung der Sprache eingegangen. So behauptet Üçok, daß Onomatopöie eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Sprache gespielt habe. Zülfikar weist darauf hin, daß viele Theorien über den Ursprung der Sprache mit Onomatopöie zusammenhängen (Zülfikar 1995:17).

Die meisten der zuvor genannten Publikationen beschäftigen sich nur am Rande mit dem Thema der vorliegenden Arbeit. Da sie wahrscheinlich kaum zu Erkenntnissen geführt hätten, die über das schon in den verfügbaren Publikationen (s.u.) Gesagte hinausgehen und zudem

5 Da die Vornamen meist abgekürzt sind, habe ich keine Möglichkeit, das Geschlecht des/r Autors/in

zu erfahren. Die türkische Sprache ist in dieser Hinsicht höchst emanzipatorisch, da sie es weder durch Pronomina noch durch Flexion verrät. Bei Übersetzungen und Zitaten ins Deutsche müssen daher statistische Wahrscheinlichkeiten ein Geschlecht zuweisen. Die auf diese Weise fälschlich maskulinisierten Autorinnen mögen Verständnis dafür haben.

6 Emre, A.C. 1945, Türk Dilbilgisi [Türkische Sprachkunde]. Istanbul: Türk Dil Kurumu. 7 „Dilin ses veya hareketi taklit yolunda giderek yaratt¸g*̧ kelimeler“ 8 Banguog*lu, T. 1974, Türkc7enin grameri [Grammatik des Türkischen]. Istanbul. 9 Gencan, T. Nejat 1975, Dilbilgisi [Sprachkunde]. Ankara: Türk Dil Kurumu. 10 Eren, Hasan 1953, „Anomatopelere ait notlar“ [Notizen zu den Onomatopoetika]. Türkiyat X, 1951-

53 VII/2:283-86. 11 Altug*, Kurtul 1978, „Hayvan seslerinin dillerdeki yank¸s¸“ [Das Echo der Tierlaute in den

Sprachen]. Türk Folklor Aras 7t. XVIII/353:8511-13 12 Erdal, Marcel 1991, Old Turkic Word-Formation I, II. Wiesbaden: Otto Harrassowitz: 465-75.

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Untersuchungsgegenstand 4

schwer zu beschaffen waren, wurde darauf verzichtet, sie zu rezipieren. Sie erscheinen daher nur als Fußnoten und nicht in der Bibliographie.

Rezipiert wurden natürlich die neueren Publikationen, die sich direkter und umfassender mit den lautsymbolischen Wörtern des Türkischen beschäftigen. Eine solche ist Demircan 1996[y]. Sie widmet sich vor allem den Zusammenhängen zwischen Phonologie und Semantik der Lautsymbolika. Eine weitere Veröffentlichung desselben Autors zu diesem Thema ist ein Jahr später erschienen. Hier werden die Beziehungen weiter systematisiert, indem versucht wird, semantische Merkmale konkreten phonologischen Eigenschaften zuzuordnen. Andere herangezogene Autoren haben sich wiederum mit der Lautsymbolik im Zusammenhang mit Reduplikation beschäftigt. Zu nennen wären Hatibog*lu 1981 und Erkman-Akerson 1982. Demircan 1996[s] enthält Kapitel zu Lautsymbolika und Reduplikation. Das zentrale Werk ist natürlich Zülfikar 1995, wie an den vielen Verweisen zu erkennen sein wird. Er geht ausführlich auf Phonologie, Funktion und Ursprung der türkischen Lautsymbolika ein. Außerdem enthält das Buch umfangreiche Anhänge.

Es soll besonders betont werden, daß keiner der genannten Autoren den Begriff ‘Ideophon’ verwendet und daher auch keine Abgrenzung zwischen den Lautsymbolika und den Ideophonen erfolgt. Es bleibt also der vorliegenden Arbeit vorbehalten, diese Abgrenzung für das Türkische vorzunehmen und darzustellen, daß das Türkische – genau wie viele andere Sprachen auch – über Ideophone verfügt, die eine Sonderstellung im großen Bereich der Onomatopöie und der Lautsymbolik einnehmen.

1.3 Datenbasis und Elizitation Die verwendeten Sprachdaten beruhen im wesentlichen auf vier Quellen. Der erste Informant war Kenan (Nachname unbekannt), ein Schüler aus Istanbul in der Altersgruppe 15-24 Jahre, der mir spontane Sätze lieferte, die Wassergeräusche ausdrücken. Seine Daten habe ich für ein Referat gesammelt und dort zum ersten Mal verwendet. Erst durch Kenans Beispiele wurde mir bewußt, daß das Türkische über ein großes Inventar an Ideophonen verfügt. Seine Sätze markiere ich mit dem Vermerk (K.). Viele Beispiele habe ich dann gezielt im Türkc7e Sözlük

des Türkischen Sprachvereins (Türk Dil Kurumu [TDK] 1988) gesucht. Im weiteren Verlauf der Arbeit konnte die Elizitation immer gezielter erfolgen, so daß mögliche von unmöglichen Äußerungen getrennt werden konnten. Hierbei halfen mir Nilgün Yüce (N.Y.) und Yaşar Toraman (Y.T.). N.Y. unterrichtet Türkisch für Deutsche, Y.T. studierte Biologie an den Universitäten Ankara und Bielefeld. Beide Informantinnen zählen zur Altersgruppe 25-40 Jahre. Die drei Informanten K., N.Y. und Y.T., sprechen alle ein sehr standardnahes Türkisch, dialektale Abweichungen scheinen keine Rolle zu spielen. Ich möchte betonen, daß alle Informanten sehr hilfsbereit waren und möchte ihnen ausdrücklich für ihre Bemühungen danken.

Jeweils dieselben 53 Sätze, die aus dem Korpus ausgewählt worden waren, wurden beiden Informantinnen vorgelegt, um Aussagen zur Akzeptanz zu gewinnen. Meist wurden dabei Originalbeispiele mit Variationen derselben, also vom Befrager selbst manipulierten Sätzen, gemischt. Auf diese Weise sollen Erkenntnisse über paradigmatische Beziehungen zwischen den substituierten Elementen gewonnen werden. Die Einschätzungen der Informantinnen wurden in drei Kategorien eingeteilt:

• Der Satz erschien der Informantin akzeptabel und wohlgeformt. • Die Informantin bezeichnete den Satz zwar nicht als falsch, hatte aber Zweifel hinsichtlich

der Wohlgeformtheit. Oft werden diese Zweifel durch die Wendung „Es ist nicht direkt

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Einleitung 5

falsch, aber ich würde das so nicht sagen.“ zum Ausdruck gebracht. Diese Sätze werden in der Arbeit mit einem ‘?’ markiert.

• Die Informantin bezeichnete den Satz als falsch. Diese Sätze werden mit ‘*’ angezeigt.

Im folgenden will ich auf methodologische Probleme im Zusammenhang mit dieser Befragungstechnik hinweisen. Es ist auffällig, daß die beiden Informantinnen nur bei 70% der vorgelegten Sätze zu einer einheitlichen Beurteilung gelangt sind. Sicherlich spielt eine Rolle, daß der Bereich der Ideophonie in allen Sprachen der Standardisierung – soweit stattfindend – weitestgehend „entkommt“, da die Ideophone in der gesprochenen, informellen Sprache dominieren. Ein standardisierungsresistenter Bereich ist dynamischer als der Rest des Lexikons. Ein Beleg hierfür liefert Kunene, der darauf hinweist daß „ideophones are coined with greater liberty, and therefore at a faster rate, than other parts of the Southern Sotho lexicon.“ (Kunene 1978:11). Aus seiner Behauptung folgt, daß nicht alle Ideophone allen Muttersprachlern in all ihren Anwendungsbereichen bekannt sein können. Akzeptabilitätskriterien sind dann natürlich schwer anzuwenden und müssen zu unterschiedlichen Beurteilungen führen (so erging es auch Childs [1994:198]).

Ein weiterer Grund könnte ein unterschiedliches normatives Bewußtsein bei den Befragten sein. Während Informant A tolerante Normvorstellungen hat und daher ungewöhnliche Sätze nur als zweifelhaft, aber nicht als falsch bezeichnet, kann B strenge Normvorstellungen haben und daher in Zweifelsfällen diese Sätze rundum ablehnen. Man könnte dann aber davon ausgehen, daß beide wenigstens Konsens darüber erzielen, welche Sätze wohlgeformt sind. Aber selbst wenn man entsprechend die Kategorien ‘falsch’ und ‘zweifelhaft’ zusammenfaßt, bleibt bei 21% der Sätze die Beurteilung unterschiedlich. Der Grund hierfür kann nur dann in unterschiedlicher Kompetenz der Informanten gesucht werden, wenn unterschiedliche soziolinguistische Hintergründe dafür sprechen. In den weitaus meisten Fällen dürften aber die abweichenden Einschätzungen durch die Elizitationsmethode selbst bedingt sein. Beweis hierfür ist die unterschiedliche Bewertung identischer Sätze, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten derselben Person vorgelegt werden. Das kann dann auch nur schwer auf die Dynamik der Ideophonie zurückzuführen sein, denn die muttersprachliche Kompetenz oder der Gebrauch eines Ideophons kann sich ja nicht innerhalb weniger Tage ändern. Also muß eine methodologische Schwäche vorliegen. Es soll hier nicht darum gehen, ob eine Methode schlecht oder gut ist oder eine Methode besser als eine andere sein kann. Die Methoden, die zu wählen sind, hängen ab von den Zielen, die man mit ihnen verfolgt. Für eine bestimmte Zielstellung ist eine bestimmte Methode zu wählen. Die Zielstellung, für die man die Methode der Verifikation von Sprachdaten wählt, ist die Gewinnung von Klarheit über die vorkommenden Strukturen mittels der Ausgrenzung ungrammatischer Strukturen. Nun kann man ein Strukturinventar auch über die Analyse eines allgemeinen zielneutralen Korpus bekommen. In meinem Fall sprachen allerdings zwei Gründe gegen die Korpusmethode: Selbst wenn ein großes Korpus zur Verfügung steht, ist die Wahrscheinlichkeit, die verschiedensten Varianten des Vorkommens von Ideophonen zu finden, recht gering. Entweder muß das Korpus riesig sein oder der untersuchte Bereich sollte eher allgemeiner Natur sein (z.B. Konstituentenstellung, Gebrauch von Tempora oder von Diskurspartikeln u.ä.). Wird ein mengenmäßig eher marginaler Bereich der Sprachstruktur untersucht, kann ein allgemeines Korpus höchstens Anregungen liefern, so wie es bei der vorliegenden Arbeit das Türkc7e Sözlük (TDK 1988) getan hat. Zweitens wirkt der Bereich der Ideophonie bisweilen idiosynkratisch: Was für eine Gruppe von Ideophonen gilt, muß nicht für alle gelten. Auch daher war eine gezielte Elizitation unumgänglich. Dieses Vorgehen hat zudem den Vorteil, daß die kontrastierten Sätze sich genau in einem Element unterscheiden und daher der Grund für die Nicht-Akzeptanz an diesem Element festgemacht werden kann und nicht an anderer

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Datenbasis und Elizitation 6

Stelle im Satz zu suchen ist. Werden zwei Elemente in derselben Stellung akzeptiert, kann zudem direkt der semantische oder stilistische Unterschied erfragt werden.

Doch auch wenn die Methode richtig gewählt ist, ist sie für die Informanten gelegentlich problematisch, was sich in den unterschiedlichen Bewertungen der vorgelegten Sätze zeigt. Viele dieser Sätze sind nämlich Grenzfälle, was dazu führt, daß ihre Frequenz äußerst gering ist. Der Muttersprachler sieht sich daher mit Sprachdaten konfrontiert, die nicht zu seinem alltäglichen Inventar gehören. Er wird dann auf verschiedene Strategien zurückgreifen, um die Akzeptabilität der Sätze beurteilen zu können. Sein Urteil hängt dann in großem Maße von der gewählten Strategie ab. Die Suche nach Analogien in seinem Alltagsinventar würde am ehesten zur Akzeptanz führen, da nicht das konkrete Beispiel, sondern nur der Beispieltyp beurteilt wird. Der Informant, der hingegen nicht nach Analogien, sondern nach Anwendungssituationen sucht, wird zu einer geringeren Anerkennungsquote kommen. Wenn das Material selten vorkommt, dann kommen auch die entsprechenden Situationen selten vor. Schließlich gibt es die Strategie, sich auf das „Sprachgefühl“ zu verlassen. Hier dürfte die Anerkennungsquote am niedrigsten liegen, da sich das sogenannte Sprachgefühl nach sprachlichen Routinehandlungen richtet. Da es sich aber um Grenzfälle handelt, liegen sie mit großer Wahrscheinlichkeit außerhalb sprachlicher Routine. Aus all diesen Gründen führt die Methode zu abweichenden Ergebnissen. Somit ist wieder die Analyse des Linguisten am Zuge. Er muß die Beurteilungen vergleichen, nach Tendenzen, Mustern, Analogien und typologischen Wahrscheinlichkeiten suchen. Sein abschließendes Urteil hängt auch davon ab, welche Hypothese damit gefüttert werden soll. Schließlich stellt Abweichung in den Ergebnissen auch ein Ergebnis an sich dar, indem sie z.B. Erkenntnisse zur Gebrauchshäufigkeit und zum Standardisierungsgrad der Daten mit sich bringt.

Zwei Schlußfolgerungen aus der hier geführten Methodologie-Diskussion scheinen notierenswert. Erstens: Informanten und Muttersprachler sind keine letzte Instanz. Auch wenn sie unverzichtbar sind, dürfen sie für den Linguisten nicht den Status von Heiligen haben, von denen er jedes Wort unkritisch übernimmt. Sie öffnen dem Linguisten lediglich die Tür zu ihrer Sprache, doch im Inneren muß er sich auf seinen eigenen Orientierungssinn verlassen. Für die meisten Muttersprachler ist Sprache zugleich banal alltäglich und hat doch vielfältige soziale Implikationen. Die strukturellen Regularitäten und typologischen Verknüpfungen sind ihnen hingegen im allgemeinen nicht bewußt. Um so schöner, wenn es dem Linguisten gelingt, sie den Informanten näher zu bringen. Trotzdem muß er eine kritische Distanz bei der Analyse der Daten wahren und sich immer bewußt sein, daß Linguist und Muttersprachler die Sprache mit anderen Augen sehen.

Zweitens: Es scheint nicht empfehlenswert, mit zwei oder mehreren Informanten zugleich zu arbeiten, wenn voraussehbar ist, daß es zu unterschiedlichen Urteilen kommen wird. Einer der Informanten könnte sich minderwertig fühlen, da er sich nicht in der Lage sieht, bestimmte Beispiele definitiv zu beurteilen, wo dies seinem Partner anscheinend problemlos gelingt. Es könnte außerdem zu der Situation kommen, wo ein Informant aus Respekt Hemmungen hat, das Urteil des anderen in Frage zu stellen. Schließlich gibt es Prestigeformen in der Sprache, die eine Rolle spielen können. Diejenigen, die die (meist konservativen) Prestigeformen benutzen, beklagen im allgemeinen den sprachlichen Verfall bei denen, die diese Formen durch neuere ersetzt haben. Der Linguist handelt im eigenen Interesse, wenn er versucht, diese Konflikte zu vermeiden: Die schlechte Stimmung könnte sich am Schluß gegen den wenden, der sie mit seinen Fragen ausgelöst hat ... Natürlich gibt es gerechtfertigte Ausnahmen, wo Kooperation zwischen Informanten sinnvoll sein kann. Arbeitet man mit bilingualen Informanten, ist oft die Zusammenarbeit eines in der Kontaktsprache dominanten mit einem in der Objektsprache dominanten Informanten fruchtbar. Hier wären zudem die Kompetenzverhältnisse klar, so daß Streitigkeiten eher unwahrscheinlich sind. Ferner sind oft

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Einleitung 7

„zwanglose“ Unterhaltungen zwischen Informanten authentischer als Daten, die alleine mit dem Befrager gewonnen wurden, da diese in Richtung „foreigner-talk“ gehen könnten oder wesentlich näher am Standard (und entsprechend entfernt von der Alltagssprache) liegen. In allen Fällen gilt jedoch das oben Gesagte: Die Methoden, die zu wählen sind, hängen ab von den Zielen, die man mit ihnen verfolgt.

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2 THEORIE DER IDEOPHONIE

2.1 Lautsymbolik Ideophone beruhen im allgemeinen auf Lautsymbolik. Hierunter versteht man die nicht arbiträre Verknüpfung zwischen Lauten und Bedeutung, d.h. es gibt zu einem gewissen Grade eine Entsprechung von phonologischen und semantischen Merkmalen. Lautsymbolik stellt eine Ausnahme vom generellen Prinzip der Arbitrarietät des Sprachzeichens dar, wobei der Weg von vollständiger Motivation zu vollständiger Arbitrarietät ein Kontinuum bildet (vgl. §2.2.2). Das Phänomen der Lautsymbolik läßt sich in verschiedene Bereiche mit unterschiedlichem Konventionalisierungsgrad unterteilen. Die folgende Darstellung beruht im wesentlichen auf Hinton et al. (1994:2-12).

2.1.1 Korporale Lautsymbolik Die direkteste, motivierteste Form von Lautsymbolik besteht bei korporaler Lautsymbolik, womit Laute oder Intonationsmuster zum Ausdruck körperlicher oder emotionaler Zustände des Sprechers bezeichnet werden. Hierunter fallen einerseits weitgehend ungesteuerte Geräusche wie Husten oder Schluckauf, die in keiner Sprache systematisch eingesetzt werden. Dagegen kann der Einsatz von Intonation und Stimmlage spezifisch für eine Einzelsprache sein. Auch Interjektionen beruhen auf korporaler Lautsymbolik. Bei ihnen ist offensichtlich, daß sie auf ein Sprachsystem begrenzt sind. In korporaler Lautsymbolik dürfte auch der biologische Ursprung von Lautsymbolik allgemein zu suchen sein.

Der Großteil korporaler Lautsymbolik ist nicht konventionalisiert und daher in der Schriftsprache selten zu finden. Am häufigsten sind solche Formen noch in Comics anzutreffen (huch, aaarg). Suprasegmentale Lautsymbolik, wie z.B. Intonation, muß in der Schriftsprache sowieso durch andere Mittel wiedergegeben werden bzw. fällt weg. Die phonetische Variation korporaler Lautsymbolik ist zumeist an die artikulatorischen Möglichkeiten des menschlichen Sprechapparates gebunden. Wenn man vor Schmerzen schreit, spielen die phonotaktischen Regularitäten der einzelnen Sprache eine untergeordnete Rolle. Lautsymbolik als Teil und Derivat körperlich bedingten Stimmeinsatzes ist somit phonetisch reicher als rein konventionalisierte Sprache, die sich eines reduzierten Phoneminventars bedient, um die Kommunikation zu erleichtern. In korporaler Lautsymbolik sind die Gründe für die stilistische Marginalisierung und phonologische Auffälligkeit von Ideophonen und Onomatopoetika zu sehen. Es handelt sich eben in vielen Fällen nicht um Sprache im engeren Sinne, sondern um bloße Laute, die man „von sich gibt“.

Eng verbunden mit korporaler Lautsymbolik ist der vokative Einsatz von Sprache, also Laute, die die Aufmerksamkeit anderer Menschen erregen sollen mit dem Ziel, sie zu Interaktionspartnern zu machen oder ihren Interaktionsstatus zu beeinflussen. Räuspern als primär korporale Äußerung hat eine vokative Funktion, wenn es als diskursstrukturierendes Mittel eingesetzt wird. Diese vokative Funktion ist auch bei Ideophonen präsent.

2.1.2 Imitative Lautsymbolik

2.1.2.1 Vorüberlegungen

Auch hier sind phonologische Auffälligkeiten zu beobachten, da der Artikulationsapparat zur Imitation natürlicher Geräusche kreativer eingesetzt werden kann, als dies in der rein

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Lautsymbolik 10

konventionalisierten Sprache erfolgt. Dabei ist der Konventionalisierungsgrad der Imitativa höher als bei korporaler Lautsymbolik. Bei der imitativen Lautsymbolik ist das Designatum meist akustischer Natur. Dieser Bereich wird als Onomatopöie bezeichnet und in §2.1.2.2 ausführlicher als die anderen Bereiche behandelt, da er mit Sicherheit die bekannteste Form der Lautsymbolik darstellt. Ist das Designatum nicht-akustischer Natur, sondern vielmehr eine wahrgenommene Bewegung, so kann man von Bewegungsimitativa (§2.1.2.3) sprechen. Sie befinden sich in einem Übergangsbereich zwischen der imitativen und der intermodalen Lautsymbolik (§2.1.3).

Der Bereich der imitativen Lautsymbolik dürfte weitestgehend mit dem übereinstimmen, was Dmitrijev (1927:105) als ‘Mimologie’13 bezeichnet. Die entsprechenden Wörter, „mit der Bedeutung und Form einer Nachahmung versehen“, werden entsprechend ‘Mimema(s)’ genannt. Sie werden in vier Klassen eingeteilt:

1. Schallnachahmungen. Hiermit sind Onomatopoetika gemeint;

2. Nachahmungen der Licht- und Bewegungserscheinungen. Dieser Bereich dürfte sowohl Bewegungsimitativa als auch auf intermodalen Assoziationen beruhende Ausdrücke umfassen;

3. Nachahmungen der Erscheinungen des lebendigen Organismus;

4. Nachahmungen der Kinder oder Formen der Kindersprache.

Die letzten beiden Bereiche sind nicht näher begründet und scheinen nicht mit der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Einteilung zu korrespondieren. Ich lasse sie daher unberücksichtigt.

2.1.2.2 Onomatopöie

2.1.2.2.1 Terminologie und Definitionen

Onomatopöie (oder Onomatopoiie, von griechisch onomato-poiía „Namenbildung“) kann nach Bußmann (1990 s.v. Onomatopoiie) definiert werden als „Wortbildung durch Nachahmung von Naturlauten, z.B. Kuckuck, miau, quiecken [...]“. Dabei kann das gleiche Vorbild „sprachlich unterschiedlich nachgeahmt werden“, was am Onomatopoetikon für den Hahnenschrei illustriert wird. Es wird darauf hingewiesen, daß die „natürliche Motivierung solcher Wörter [...] eine Ausnahme von der grundsätzlichen Arbitrarietät des sprachlichen Zeichens [ist]“.

Lewandowsky hingegen bezeichnet auch Onomatopoetika als arbiträr: Sie seien „Produkte menschlichen Verstandes und menschlicher Einbildungskraft ganz ebenso wie alle anderen Elemente der Sprache“. Es wird darauf hingewiesen, daß die Nachahmungen nur Annäherungen an die Naturlaute sind. Die Lautkörper der Onomatopoetika seien nur „ein ungefähres Abbild des natürlichen Geräusches“. Dabei könnten die willkürlich gewählten Lautmerkmale nicht die ganze Schallfülle wiedergeben, sondern nur von ihr abstrahieren (Lewandowsky 1985 s.v. Onomatopöie). Er unterscheidet außerdem zwischen Nachahmung

von Naturlauten und Wortbildung durch Nachahmung der Naturlaute. Ersteres sind vor allem „Tierstimmen“ wie wau-wau und kikeriki, letzteres z.B. abgeleitete Verben wie blöken oder Substantive wie Blitz und Gruft.

13 Dmitrijev verwendet jedoch auch bereits den Begriff ‘Lautsymbolik’ (1927:106), geht aber nicht

näher auf die Beziehung zwischen den Begrifflichkeiten ein.

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Theorie der Ideophonie 11

Pei (1966 s.v. Onomatopoieia) definiert Onomatopöie als eine Wortbildung auf der Grundlage einer wirklichen oder eingebildeten Ähnlichkeit zu einem Geräusch in der Natur. Die Bemerkung, daß die Ähnlichkeit eingebildet sein kann, scheint für Ideophone bedeutsam, da es offensichtlich Ideophone gibt, die trotz ihres onomatopoetischen Charakters keine unmittelbare Imitation eines Naturgeräusches sind (siehe hierzu auch §2.1.2.2.3).

In der englischsprachigen Literatur treten im Zusammenhang mit Onomatopöie auch die Begriffe echo words, reduplicative words, imitative words und picture words auf. Im Deutschen kommen noch die Begriffe Lautbild und Lautmalerei, Schallnachahmungen, Schallwörter, Schallverba und Schallinterjektionen hinzu. Daran kann man erkennen, daß die terminologische Vielfalt hier besonders ausgeprägt ist. Die vorliegende Arbeit versucht, relevante Termini zu ordnen und sie voneinander abzugrenzen. Im Türkischen ist neben dem Lehnwort onomatope der Begriff yans¸ma am verbreitetsten, was wörtlich „Reflexion“, „Spiegelung“, „Widerschein“ bedeutet. Demircan (1997:192) übersetzt ihn mit „echoic word“ oder „onomatopoeia“. In der vorliegenden Arbeit wird yans¸ma, dort wo es zitiert wird, mit Lautsymbolikum übersetzt, wenn es um allgemeine Aussagen geht, aber mit Ideophon, wenn das Zitat auf Ideophone bezogen wird. Diese Unterscheidung fehlt in der türkischen Terminologie völlig.

Neben yansıma sind im Türkischen noch andere Begriffe im Umlauf (yansılama = yansıma; yankılık „Echoismus“; ses taklidi „Lautnachahmung“ u.a.). B. Vardar liefert in diesem Zusammenhang eine interessante und detaillierte Definition, die auch intermodale Assoziationen (siehe §2.1.3) einschließt, und so dem „Geltungsbereich“ der Ideophone am nächsten kommen dürfte: „Element, das ein auf der Ebene der äußeren Realität existierendes Geräusch oder Bild so vermittelt bzw. benennt, daß es den akustischen Eindruck widerspiegelt und die Wirklichkeit durch Lautnachahmung darstellt“14 (Vardar apud Zülfikar 1995:7).

Eine Besonderheit dieser Wörter ist die, daß bei einem Teil die Lautnachahmung offensichtlich ist, diese bei anderen hingegen nicht ohne weiteres festgestellt werden kann. Diese sind oft idiomatisiert worden und haben übertragene Bedeutungen angenommen, so daß sie nicht mehr an natürliche Geräusche erinnern. Daß sie onomatopoetisch sind, tritt erst durch Vergleich mit anderen Wörtern zu Tage (Zülfikar 1995:284).

2.1.2.2.2 Onomatopöie in der Kindersprache

Untersuchungen zur türkischen Kindersprache bei 1-3Jährigen haben ergeben, daß diese in großem Umfang von Onomatopöie Gebrauch machen. Mit der Weiterentwicklung der Sprechorgane werden viele Onomatopoetika jedoch durch andere Wörter verdrängt. Die erwachsenen Gesprächspartner der Kinder passen sich hierbei deren artikulatorischen und sprachlichen Fähigkeiten an und benutzen daher im Gespräch mit jüngeren Kindern verstärkt Onomatopoetika, nicht jedoch im Gespräch mit älteren Kindern. So führt Zülfikar folgende Gegenüberstellung an (Zülfikar 1995:17):

14 „Dış gerçeklik düzleminde var olan bir ses ya da görüntüyü, işitimsel izlenimi yansıtacak biçimde

aktaran, adland¸ran, gerçeği ses öykünmesi yoluyla belirten öge.“

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Lautsymbolik 12

T1. Onomatopoetika in der Kindersprache

Kindersprache15 (onomatopoetisch)

Standard (nicht onomatopoetisch)

Übersetzung

bum edersin düşersin „du fällst“ (als Warnung)

cız olur yanarsın „du verbrennst dich“ (dito)

Bei den kindersprachlichen Onomatopoetika dominieren die Labiallaute. Es kommen jedoch auch velare Konsonanten vor. Zischlaute kommen erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzu, vor allem unter dem Einfluß der Erwachsenensprache. Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, daß die Onomatopoetika weniger spontane Schöpfungen der Kinder sind, sondern aus der Umgebung des Kindes stammen: zunächst übernimmt das Kind nur diejenigen, die es selbst artikulieren kann, mit der Zeit tritt eine Differenzierung ein (Zülfikar 1995:18). Jakobson (1971[m]:540ff.) weist darauf hin, daß bei den kindlichen Elternbegriffen (‘Mama’/‘Papa’) weltweit Okklusive und Nasale dominieren. Hinsichtlich der Artikulationsstelle dominieren wieder die Labial- und Dentallaute. Diese Elternbegriffe sind die ersten bedeutungstragenden Einheiten in der Kindersprache und ihre phonologische Struktur basiert auf einem optimalen Kontrast zwischen Konsonant und Vokal, die zudem im allgemeinen redupliziert werden. Hierdurch wird der Begriff verstärkt, und das Kind will damit zeigen, daß es sich um eine sinnvolle Äußerung handelt. Interessanterweise dominieren gerade bei den ‘Mama’-Begriffen im Sprachvergleich die Nasale. Diese stellen die einzigen Laute dar, die auch beim Stillen noch artikuliert werden können. Werden sie anfangs noch ohne besondere Absicht artikuliert (sie begleiten lediglich den Stillvorgang), werden sie später zum Symbol für Nahrung und schließlich für deren Quelle, die Mutter.

2.1.2.2.3 Universalien in der Onomatopöie und ihre Grundlagen

Wissemann (1954:50ff.) schildert auf der Basis seiner psycholinguistischen Versuche einleuchtend, daß Onomatopöie in den wenigsten Fällen eine bloße Nachahmung eines Geräuschs ist. Die meisten Sprachbenutzer sind darauf angewiesen, sich die Geräuschquelle vorzustellen, um das Geräusch selbst benennen zu können. Hierbei sei weniger das Ziel, die „richtige“ Lautquelle herauszufinden, sondern eine möglichst konkrete, plastische, detaillierte Vorstellung von der Lautquelle, der Reizursache, zu gewinnen (o.c.:61). Die Benennungen sind daher umfeldgebunden: Dasselbe Geräusch kann ganz unterschiedlich sprachlich wiedergegeben werden, je nach der Reizursache, die sich die Sprecher dabei vorstellen. Nicht nur Wirklichkeitsvorstellungen, sondern auch echte Phantasievorstellungen des außersprachlichen Umfelds können dabei den Onomatopoetika zugrunde liegen (o.c.:84). Das so geschaffene, rein mental vorhandene außersprachliche Umfeld stellt wiederum Grundlage für die Entwicklung eines sprachlichen Umfeldes dar (o.c.:236). Es handelt sich dabei um vorhandene Strukturen der Muttersprache und anderer bekannter Sprachen, die die Bildung von Onomatopoetika beeinflussen, wie Wissemann beweist. Dieser Punkt ist nicht unwichtig für die adäquate Erforschung von Ideophonen und Lautsymbolik. Ich fasse daher noch einmal die Ergebnisse aus Wissemann 1954 zusammen. Sie beziehen sich zwar auf die Vorgänge bei der spontanen Neuschöpfung durch Versuchspersonen, ich nehme aber eine analoge diachrone Entwicklung bei konventionellen Onomatopoetika an: 15 Hier ist genauer gesagt die Sprache gemeint, die Erwachsene benutzen, wenn sie sich an Kinder

wenden.

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Theorie der Ideophonie 13

1. Jedem Geräusch liegt eine physikalische Reizursache (Quelle, Stimulus) zugrunde.

2. Die Reizursache löst Erregungen in den Sinnesorganen aus (bei der Onomatopöie im Ohr).

3. Die Sinneserregung wird als Geräusch wahrgenommen.

4. Der Sprachbenutzer stellt sich eine mögliche Reizursache vor.

5. Diese Vorstellung (das außersprachlich-psychische Umfeld) löst Assoziationen zu bereits bekannten Ausdrücken aus. Diese bilden das sprachliche Umfeld der Benennung.

6. Das wahrgenommene Geräusch und das sprachliche Umfeld wirken bei der Benennung des Geräuschs durch ein Onomatopoetikon zusammen.

7. Wiederholung des Geräuschs kann leichte Variation oder Korrektur des Onomatopoetikons zur Folge haben.

Nachdem auf diese Weise ein Onomatopoetikon geschaffen wurde, wirkt es wiederum auf die Wahrnehmung des Benutzers zurück. Der Terminus ‘Imitative Lautsymbolik’ ist daher nur halbrichtig: Manches an Onomatopoetika beruht nicht auf bloßer Imitation, sondern wird in das Geräusch „hineingehört“. Wissemann schreibt anschaulich, daß ein gewisser Vogel nicht Kuckuck heißt, weil der Vogel angeblich kuckuck ruft, sondern daß er genau kuckuck zu rufen scheint, seitdem und weil der Vogel Kuckuck genannt wird (Wissemann 1954:133).16

Und dennoch: Onomatopöie ist – wie Lautsymbolik allgemein – ein Bereich, in dem Wörter verschiedenster Sprachen Ähnlichkeiten aufweisen können, oder anders ausgedrückt, wo die Arbitrarietät nur partiell ist. Solche Ähnlichkeiten lassen sich z.B. zwischen türkisch v¸z und englisch buzz erkennen, die beide das Summen von Insekten nachahmen; ebenso türkisch guluk guluk, das das Geräusch abbildet, das beim Wassertrinken entsteht (vgl. dt. gluck

gluck); weiterhin türkisch fısıl und deutsch flüster. Ein besonders guter Kandidat für eine universelle Ähnlichkeit ist auch der Laut der Katze: türkisch miyav, französisch miaou, deutsch miau, englisch miaow. An diesem Beispiel läßt sich aber auch gut der Einfluß der jeweiligen Sprachstruktur erkennen, den Wissemann meint. So ist der vokalische Auslaut im Deutschen und Englischen als Diphtong zu bezeichnen, während er im Französischen eher einer Sequenz aus zwei gleichberechtigten Vokalen nahekommt. Nach der Phonotaktik des Türkischen ist weder das eine noch das andere möglich, daher steht anstelle des finalen Vokals ein Konsonant.

2.1.2.2.4 Status der Onomatopoetika im Sprachsystem

De Saussure behauptet, Onomatopoetika seien niemals organische Elemente eines Sprachsystems, zumal ihre Zahl weitaus geringer sei als oft angenommen werde. Er weist darauf hin, daß auch Onomatopoetika Arbitrarietät aufweisen, da sie nur eine „approximative und bereits halb-konventionelle Imitation gewisser Geräusche“ seien. Sind sie erst einmal in der Sprache eingeführt, folgten sie der phonologischen und morphologischen Entwicklung der anderen Wörter. Sie hätten daher ihre Eigentümlichkeit verloren und die Eigenschaften des

16 Grammont (1971:378) weist darauf hin, daß die Form /kuku(k)/ eine Anpassung an die

Sprachstruktur darstellt, während der Vogel in Wirklichkeit eher /u-u/ rufe. Die Konsonanten sind also erst bei der Nachahmung hinzugefügt worden, werden aber später wieder dem Ruf des Vogels selbst zugeschrieben. Ebenso höre man /tiktak/ (und weniger /taktik/), weil man genau dieses Geräusch zu hören erwartet (o.c.: 379).

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Lautsymbolik 14

allgemeinen unmotivierten Sprachzeichens angenommen. (Saussure 1916:102). Bally17 (apud Marchand 1953:50) hat bereits 1940 diesen Standpunkt dahingehend revidiert, daß ein Onomatopoetikon die Idee des bezeichneten Geräusches evoziert und somit wohl motiviert ist. Auch die folgenden Abschnitte werden zeigen, daß im Türkischen die Onomatopoetika – zumeist in Form von Ideophonen – größtenteils phonologische, morphologische und syntaktische Besonderheiten behalten. Es soll in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht werden, daß oft Lautsymbolik gemeint ist, wenn Onomatopöie gesagt wird, denn diese ist ja nur ein Unterbereich der Lautsymbolik und Aussagen zum semiotischen Status der Onomatopoetika beziehen sich auch auf andere Formen von Lautsymbolik. Wie der Fall der Bewegungsimitativa zeigt, sind die Übergänge zudem fließend. Im folgenden wird daher der Begriff ‘lautsymbolisch’ vorgezogen. Eine Abgrenzung zwischen Lautsymbolik und Ideophonie erwies sich dabei als nützlich, da die Begriffe in der Literatur inkonsistent verwendet werden. Hierauf wird in §2.2.3 eingegangen. Ikonizität in Sprachsystemen – und hierzu ist die Onomatopöie zu zählen – wird zudem in §2.2.2 ausführlicher diskutiert.

2.1.2.3 Bewegungsimitativa

Sehr oft stellen Sprachen Bewegung mit derselben Art lautsymbolischer Formen dar, die sie für die Darstellung von Geräuschen verwenden. Die so dargestellten Bewegungen sind oft in hohem Maße rhythmisch (so wie Gehen, Schaukeln, Zittern etc.). Zwar produzieren rhythmische Bewegungen im allgemeinen entsprechende Geräusche, doch sind zudem die Rhythmen von Geräuschen und die von Bewegungen neuronal so eng miteinander verknüpft, daß sie praktisch als Einheit empfunden werden. So ist die natürliche Reaktion auf rhythmische Musik eine ebenso rhythmische Bewegung des Körpers, sei es durch Händeklatschen, Fußwippen oder Tanzen. Auch bei körperlicher Arbeit kann Musik unterstützend wirken. Menschen können also Geräusche in Bewegung „umwandeln“, im Rahmen der Lautsymbolik tun sie dies in umgekehrter Richtung. Diese „Bewegungsimitativa“ sind eng mit dem in §2.1.3 beschriebenen Phänomen verbunden.

2.1.3 Synästhesie vs. intermodale Assoziation

Synästhesie (wörtl. etwa „Wahrnehmungsverbindung“) ist der Vorgang und das Ergebnis der Verschmelzung von Reizen bzw. Empfindungen der verschiedenen Wahrnehmungsformen, wobei die Erregung einer dieser Wahrnehmungsweisen simultan die Erregung einer anderen Wahrnehmungsweise auslöst (Bußmann 1990 s.v. Synästhesie). Die einfachste Form von Synästhesie ist die Wahrnehmung zusätzlicher Farben und Formen, z.B. um ein Objekt herum. Bei polymodaler (=verschiedene Wahrnehmungkanäle umfassender) Synästhesie werden verschiedene Wahrnehmungsformen kombiniert. Häufig ist die Assoziation von Buchstaben und Zahlen mit bestimmten Farben. In anderen Fällen werden Nahrungsmitteln Zahlen zugeordnet. Ein weiterer Fall ist kolorierte Musik: Beim Hören von Musik sehen diese Synästheten bunte Formen vor ihren Augen (Cytowic 1989:35ff.).

Es ergibt sich nun die Frage, welche Rolle Synästhesie in Form akustischer Symbolisierung nicht-akustischer Phänomene im Bereich der Lautsymbolik spielen kann. Hierbei ist zu beachten, daß der Terminus ‘Synästhesie’ in der Linguistik im allgemeinen anders verstanden

17 Bally, Charles 1940, „Sur la motivation des signes linguistiques“. Bulletin de la Société de

Linguistique de Paris 41: 75-88 (=B., Ch. 1944, Linguistique générale et linguistique française, 2e édition. Bern; 197-212.) non vidi

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Theorie der Ideophonie 15

wird als in der Neurologie. Während nach linguistischer Definition alle Menschen zur Synästhesie befähigt sind, ist die Synästhesie, so wie sie die Neurologie versteht, auf einen kleinen Personenkreis beschränkt. Zwar kann Synästhesie bei den meisten Menschen vorübergehend durch Drogen oder elektrische Impulse hervorgerufen werden. Im allgemeinen ist sie jedoch ererbt und nur wenige Menschen sind Synästheten. Diese idiopathische Synästhesie (im Ggs. zur induzierten oder epileptischen) ist also eine Abweichung von der „normalen“ Wahrnehmung. Synästheten haben zudem keine Kontrolle über ihre polymodalen Wahrnehmungen (Cytowic 1989:41). Diese Wahrnehmungen sind bei allen Synästheten verschieden. Die Assoziationen sind also idiosynkratisch, aber konstant für ein Individuum im Laufe seines Lebens (Cytowic 1989:62ff.). Während die ersten Erklärungsversuche für Synästhesie psychologisch waren, scheinen heutzutage neurologische Ansätze überzeugender. Ein Argument hierfür ist die Tatsache, daß idiopathische Synästhesie angeboren ist und nicht erlernt wird. Dies beweisen die Fälle, bei denen synästhetische Fähigkeiten an die nächste Generation vererbt wurden. Synästhesie geschieht auf der Ebene des Zentralen Nervensystems, hat also eine neurale Grundlage (Cytowic 1989:147). Anatomisch ist sie in der linken Gehirnhälfte zu lokalisieren (o.c.:178).

Für die Lautsymbolik ist die idiopathische Synästhesie irrelevant. Linguistisch interessant sind hingegen die Fälle, in denen auch Nonsynästheten, also die überwiegende Mehrheit der Menschen, verschiedene Wahrnehmungen miteinander verknüpfen. Um die beiden Phänomene auseinanderhalten zu können, verwende ich ‘Synästhesie’ nur für die neurologischen Fälle und werde für den zweiten Fall andere Begriffe wählen. Zunächst will ich jedoch ein Beispiel für linguistisch relevante Phänomene geben: Beim Farbenhören assoziieren sowohl Synästheten als auch Normale niedrige Tonlage mit großen, dunklen Erscheinungen (Cytowic 1989:66). Die Benennungen für helle und dunkle Vokale sind daher nicht zufällig, sondern beruhen auf perzeptiven Analogien (vgl. Jakobson; Waugh 1987:197). Interessanterweise spricht man im Türkischen von dünnen und dicken Vokalen. Auch Eigenschaften von Objekten wie Größe und Form werden so sprachlich abgebildet.

Sind also alle Menschen Synästheten, vielleicht nur zu einem unterschiedlichen Grad? Die Antwort ist negativ, denn es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen den idiopathischen Synästheten und dem Rest der Menschheit. Er besteht darin, daß Synästheten solche Erscheinungen wirklich wahrnehmen, während sie bei Nonsynästheten nur auf einer Vorstellung beruhen. Diese ist nicht neuronal bedingt, sondern metaphorische Abstraktion. Diese Metaphorik beruht auf intermodalen Assoziationen, die eine Bedingung für den Spracherwerb sind und somit allen Menschen zur Verfügung stehen. Ist Sprache erst einmal erworben, können weitere intermodale Assoziationen gebildet werden (Cytowic 1989:184). Während Synästhesie im engeren Sinne ererbt und durch neuro-anatomische Anomalien erklärbar ist, beruht intermodale Metaphorik auf Erfahrungswissen, ist also empirisch begründet. Bestimmte Aspekte der Welt können auf verschiedene Arten wahrgenommen werden. Größe und Form können sowohl ertastet als auch gesehen werden. Vom Geräusch umfallender Kegel kann man auf die Anzahl der Treffer schließen, ohne es zu sehen. Man kann auch heraushören, ob Bewegungen langsam oder schnell sind. Unsere Sinneserfahrungen speichern die Eigenschaften von Objekten, die durch verschiedene – getrennte – Kanäle wahrgenommen wurden. Wir assoziieren mit Objekten auch ihre früher wahrgenommenen Farben, die Geräusche, die sie gewöhnlich machen, die Beschaffenheit ihrer Oberfläche usw. (Cytowic 1989:70). Dies erklärt auch, warum Diminutiva in den meisten Sprachen mit geschlossenen vorderen Vokalen (also denen mit hoher Frequenz) gebildet weren. Unser empirisches Wissen sagt uns, daß kleine Menschen und Tiere meist höhere Stimmen haben als große. So haben Kinder hohe Stimmen, sie sind zugleich kleiner als Erwachsene. Frauen haben höhere Stimmen und sind im Durchschnitt kleiner als Männer.

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Lautsymbolik 16

Kleine Tiere piepsen, zwitschern und quieken mit hoher Frequenz, große Tiere knurren, brummen und brüllen. Jeder Sprachbenutzer erkennt diese anatomischen Zusammenhänge und überträgt sie auf sein Sprachsystem, wo er sie kreativ zur Wortbildung und -zuordnung nutzen kann, wie in zahreichen Versuchen nachgewiesen werden konnte (Jakobson; Waugh 1987:187-189). Daß das entscheidende Kriterium hier die Frequenz ist und weniger artikulatorische Merkmale, zeigen afrikanische Sprachen, in denen hohe Töne „klein“ bedeuten, dieselben Formen mit Tieftönen aber „groß“, z.B. im Yoruba s #u~ru~ „groß sein“ und s #u!ru! „klein sein“ (Jakobson; Waugh 1987:204). Der Konventionalisierungsgrad ist bei intermodaler Lautsymbolik höher als bei der rein imitativen Lautsymbolik. Dennoch lassen sich auch hier universale Tendenzen aufzeigen.

2.1.4 Konventionelle Lautsymbolik Hierunter ist die auf Analogie beruhende Assoziation bestimmter Phoneme oder Phonemgruppen mit bestimmten Bedeutungen zu verstehen. So könnte bei jedem Wort in arbiträrer Weise eine Bedeutungskomponente mit irgendeinem seiner Laute assoziiert werden. Diese Laute können dann in anderen Fällen mit dieser Bedeutung verwendet werden, so daß sich diese Laut-Bedeutungs-Verbindung ausbreitet. Diese Verbindungen sind im Gegensatz zu den vorhergenannten Formen von Lautsymbolik weitestgehend auf eine oder verwandte Sprachen beschränkt und beruhen weniger auf natürlicher Motivation als auf reiner Konvention. Ein Beispiel hierfür wäre die Phonemsequenz /gl/ in Wörtern wie glitzern, glänzen, gleißen, glühen, glimmen, etc. Der jeweils gleiche Anlaut dieser Wörter könnte mit semantischen Gemeinsamkeiten in Verbindung gesetzt werden. Diese Laut-Bedeutungs-Beziehung hätte keineswegs universale Gültigkeit, was in diesem Fall dadurch begründbar ist, daß der semantischen und phonologischen Ähnlichkeit ein gemeinsamer etymologischer Ursprung zugrunde liegt, nämlich die indogermanische Wurzel *g $hel-, *g$hle@- „glänzend, schimmernd, blank“ (Duden 1989 s.v. gelb). Von dieser gemeinsamen Vergangenheit der Wörter weiß der heutige Sprachbenutzer allerdings nichts und daher wäre diese Zuordnung heute rein konventionell. Sie könnte von nun an kreativ zur Schaffung neuer Wörter eingesetzt werden.

Diese Form der Lautsymbolik liegt nahe am arbiträren Ende der Sprachskala (vgl. S1). Die Verknüpfung von Lauten mit Bedeutungen geschieht jedoch bei vielen Sprechern unbewußt und automatisch, da den meisten Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft nicht bewußt ist, daß Sprachzeichen arbiträr sind. Die Existenz der Wörter und ihre Bedeutung erscheint naturgegeben und nur in der eigenen Sprache normal (Jakobson; Waugh 1987:182). Wundern wir uns nicht auch (selbst als Linguisten, wenn auch nur scherzhaft) gelegentlich, wie man sich mit bestimmten Sprachen überhaupt verständigen kann? Nur die eigene Sprache erscheint wirklich funktionsfähig, andere Sprachen haben doch meist irgendwelche „Schwachstellen“, daher auch das Sprachensterben! In der eigenen Sprache müssen demnach besondere Beziehungen zwischen den Wörtern und ihren Bedeutungen bestehen, denn im naiven Sprachverständnis sind Wörter und ihre Bedeutung ja identisch!

Die Suche nach Regelhaftigkeiten in der Sprache ist angeboren. Die Beobachtung, daß Kinder, die ihre Muttersprache lernen, unregelmäßige Verben oft zunächst wie regelmäßige konstruieren ist ein Beweis dafür. Gleiches passiert auf der lexikalischen Ebene, denn auch dort werden paradigmatische Regularitäten gesucht. Die Folge sind Volksetymologien und konventionelle Lautsymbolik (vgl. Jakobson; Waugh 1987:183). Der Einsatz verschiedener Formen von Lautsymbolik, konventionell oder nicht, ist daher nicht verwunderlich. Das angeborene Ideal einer regelhaften Sprache kommt darin zum Ausdruck. Erst mit zunehmender Differenzierung der kommunikativen Erfordernisse und weitergehender

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Theorie der Ideophonie 17

Konventionalisierung verdrängt der arbiträre Anteil der Sprache zunehmend den regelhaften, lautsymbolischen Anteil.

2.1.5 Metasprachliche Symbolik Bei der metasprachlichen Symbolik geht es um Beziehungen zwischen Phonologie und grammatischer Struktur. Hierunter fallen z.B. Restriktionen oder Präferenzen bestimmter Phoneme für bestimmte Wortarten oder grammatische Kategorien. Auch sie sind einzelsprachlich konventionalisiert. So findet man beispielsweise im Gilyak, einer paläo-sibirischen Sprache Nordostasiens, bestimmte Phonemkombinationen nur in Eigennamen (Jakobson 1949:10). Es gibt auch Beziehungen zwischen einzelnen distinktiven Merkmalen und grammatischer Struktur; ein Beispiel hierfür wäre die Auslautverhärtung, die eine Grenze anzeigt. Ein weiteres anschauliches Beispiel ist die Liaison im Französischen, deren Obligatorietät oder Optionalität von der syntagmatischen Nähe der benachbarten Formen abhängt. Von den 23 Konsonanten des Tschechischen kommen in den nominalen Endungen nur drei vor, in den verbalen sechs, wobei m der einzige Konsonant ist, der in beiden Klassen vorkommen kann. Der Zusammenhang zwischen Phonologie und Grammatik wird auch besonders deutlich in semitischen Sprachen, wo Konsonanten im allgemeinen das lexikalische Gerüst bilden, während die Vokale die grammatische Kategorie anzeigen (Jakobson 1949:11). All dies zeigt, daß es zwischen den verschiedenen Bereichen linguistischer Analyse, wie Phonologie, Morphologie und Syntax, keine klaren Grenzen gibt, sondern vielmehr Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bestehen.

Im Grenzbereich der Lautsymbolik sind grammatische Prozesse wie der Ablaut zur Numerus- oder Tempusunterscheidung. In dem Moment, wo eine Sprachgemeinschaft einen Zusammenhang zwischen phonologischen und grammatischen Prozessen erkennt, kann sie diese Prozesse kreativ nutzen und es entsteht konventionelle Lautsymbolik.

Neben metasprachlicher Symbolik gibt es auch Beispiele für metakommunikative Symbolik. Dort korreliert phonologische Variation mit unterschiedlichen kommunikativen Anforderungen. Beispiele sind korporaler Stimmeinsatz zur Diskursstrukturierung (Sprecherwechsel, Interaktionsaufnahme) oder Flüstern, um eine intime oder von der Hauptkonversation abgegrenzte Unterhaltung zu signalisieren. Auch die Bezeugung von Affektivität fällt hierunter.

2.1.6 Formale Merkmale von Lautsymbolik Im Zusammenhang mit Lautsymbolik treten bestimmte Strukturen immer wieder auf, was darauf schließen läßt, daß sie übereinzelsprachliche Gültigkeit haben. Wenn solche Strukturen in genetisch und areal verschiedenen Sprachen zu beobachten sind, scheint hier die Arbitrarietät durchbrochen zu sein und eine Motivation mit universaler Tendenz vorzuliegen. Universal bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, daß diese Tendenzen in allen Sprachen nachweisbar sind, sondern daß sie ein Charakteristikum menschlichen Sprachgebrauchs allgemein sind. Gründe liegen darin, daß bei imitativer Lautsymbolik ja eine außersprachliche Wirklichkeit imitiert wird, die für alle Sprachen gleich ist und daher mit ähnlichen strukturellen Mitteln dargestellt wird, ferner in biologischen und pragmatischen Gemeinsamkeiten menschlicher Gemeinschaften. Besonders auffällig sind die drei folgenden lautsymbolischen Strategien:

1. Reduplikation: Einige Sprachen verwenden Reduplikation mehr als andere. Doch dort wo sie zur Anwendung kommt, steht sie oft in Verbindung mit Lautsymbolik. In europäischen

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Lautsymbolik 18

Sprachen ist Reduplikation nicht sehr verbreitet. Auf Reduplikation wird ausführlich in §4.2.3 eingegangen.

2. Verwendung unüblicher Segmente und phonotaktische Regelverstöße: Dies rührt unter anderem daher, daß lautsymbolisches Vokabular weniger als anderes von Lautwandel betroffen ist und sich daher dort Phoneme halten können, die im restlichen Vokabular verschwunden sind. Während also einerseits ungewöhnliche Laute auftauchen, werden andere vernachlässigt. Dieser Punkt wird ausführlicher in §2.2.3 behandelt.

3. Beziehungen zwischen Phonemklassen und semantischen Feldern: Dieser Punkt betrifft imitative und intermodale Lautsymbolik. Dort werden Okklusive für abrupte, Kontinuanten für andauernde Geräusche und Handlungen verwendet. Frikative geben Reibegeräusche wieder (Luft- oder Wasserwiderstand), Nasale klingende Geräusche (siehe §4.3.3 und §6.1.3).

2.1.7 Semantische und pragmatische Bereiche lautsymbolischen Vokabulars

Lautsymbolisches Vokabular ist in folgenden Bereichen besonders zahlreich: 1. Nachahmung von Umweltgeräuschen und inneren Geräuschen (plätscher, raschel,

grummel etc.). 2. Ausdruck innerer physischer und emotionaler Zustände (türk. c7im c7im „ungern,

widerwillig“). 3. Ausdruck sozialer Beziehungen, Diminutive, Vokative, Beleidigung, Pejorative (z.B.

Bildung von Diminutiven und Hypokoristika durch Palatalisierung im Baskischen; vgl. Fußnote 39).

4. Herausragende Eigenschaften von Objekten und Aktivitäten, wie Bewegung, Größe, Form, Farbe und Beschaffenheit (türk. güldür güldür „laut und schnell“, harıl harıl „ununterbrochen und mit ganzer Kraft“, bıngıl bıngıl „mollig, wabbelig“, kıvır kıvır „kraus, gewunden“).

5. Grammatische und diskursive Indikatoren (z.B. Prosodie zum Ausdruck von Emphase oder Satztyp).

6. Das evaluative und affektive Verhältnis des Sprechers zum Thema (kann durch den Gebrauch von Ideophonen angezeigt werden).

Während die ersten drei Bereiche nicht spezifisch für menschliche Kommunikation sind, sondern auch in anderen biologischen Gattungen angetroffen werden können, sind zumindest die letzten beiden Bereiche charakteristisch für menschliche Sprache Es ist aus semiotischer Sicht besonders interessant, daß lautsymbolische Kommunikation auch in der Zoologie angetroffen werden kann. Über dieses lautsymbolische Gerüst, das jeweils gattungsspezifisch ist, legt sich eine arbiträre Schicht, die nur territoriale Gültigkeit hat. Der arbiträre Anteil ist bei der menschlichen Kommunikation am größten. Lautsymbolisches und arbiträres Sprachmaterial erfüllen jeweils unterschiedliche Aufgaben. Da bei Lautsymbolik eine mehr oder weniger direkte Verknüpfung zwischen Laut und Bedeutung besteht, wird die Kommunikation beschleunigt, weil bei der Dekodierung das Heranziehen der Konvention nur eine unterstützende Rolle spielt. Arbiträre Sprachzeichen sind demgegenüber ausschließlich durch Kenntnis der Konvention verständlich, ihre Interpretation ist daher aufwendiger. Arbitrarietät macht aber andererseits Sprache erst produktiv und ausbaufähig für die differenzierten Zwecke menschlicher Kommunikation. Sie ist begründet in der zweifachen Gliederung sprachlicher Zeichensysteme, die einerseits die Schaffung neuer Zeichen für neue Bedeutungen ermöglicht und gewährleistet, daß diese Zeichen auch auseinandergehalten

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Theorie der Ideophonie 19

werden können und andererseits den kreativen Gebrauch von Sprache in unerwarteten Situationen erlaubt.

Die Tatsache, daß der Untersuchungsgegenstand und die Grundlagen von Lautsymbolik über die Sprache hinausreichen, macht sie zu einem interdisziplinären Thema, das neben der Linguistik auch die Anthropologie, Literaturwissenschaft, Biologie und Medizin angeht.

2.2 Ideophonie

2.2.1 Zur Definition des Begriffs ‘Ideophon’

Der Begriff ‘Ideophon’ erscheint zum ersten Mal 1935 bei Clement Doke, der hierfür die folgende Definition anführt:

A vivid representation of an idea in sound. A word, often onomatopoeic, which describes a predicate, qualificative or adverb in respect to manner, colour, smell, action, state, or intensity. The ideophone is in Bantu a special part of speech, resembling to a certain extent in function an adverb. (Doke 1935:118)

Erstaunlich ist, daß viele linguistische Wörterbücher keinen Eintrag ‘Ideophon’ haben. Dies mag daran liegen, daß die diesbezüglichen Definitionen heterogen sind und die Autoren, die über Ideophone geschrieben haben, sich nur auf jeweils eine Sprache beschränkt haben und ihre Definitionen daher nicht typologisch allgemeingültig sind. Eine Lexikon-Definition findet sich bei Pei (1966 s.v. Ideophone): „A form that conveys an impression, not meaning, and describes a predicate in respect to manner, color, sound, action, etc.“. Er beschränkt das Vorkommen von Ideophonen auf einige Bantusprachen.

Statt Ideophon findet man auch die Begriffe echo-words, emphatics, expressives und

impressifs (nach Childs 1994:178f.). Überschneidungen mit den in §2.1.2.2.1 aufgezählten Termini ergeben sich daraus, daß die Bereiche Ideophonie und Onomatopöie oft nicht auseinandergehalten werden.

Da der Begriff von C. M. Doke stammt, soll eine andere Beschreibung von ihm als Ausgangsbasis für die folgenden Untersuchungen dienen. Eine kompakte, aber umfassende Einführung findet sich in Doke 1967 (86f.). Dort wird erläutert, daß Ideophone Handlungen, Zustände, Intensität, Farbe, Geräusch, Geruch u.ä. beschreiben, zusätzlich zur Art und Weise, aber nicht Zeit und Ort. Sie seien interjektiver und emotionaler Natur und unterschieden sich auch morphologisch von den anderen deskriptiven Formen, den Adverbien. Sie unterliegen eigenen phonetischen Regularitäten, viele Ideophone sind onomatopoetischer Natur und redupliziert. Bei den Ideophonen besteht eine erstaunliche Variation selbst zwischen nah verwandten Dialekten.

Freilich beziehen sich seine Ausführungen nur auf die Bantu-Sprachen, aber es ist anzunehmen, daß Ideophone in anderen Sprachfamilien ähnliche Eigenschaften aufweisen, was in dieser Arbeit noch am Beispiel der türkischen Ideophone untersucht werden wird. Der umstrittenste Punkt ist auch heute noch, ob Ideophone als eigene Wortart gelten können. Doke behauptet dies. Die vorliegende Arbeit wird versuchen, auch zu diesem Problem Stellung zu nehmen. §6 wird eine abschließende Definition für prototypische Ideophone bringen.

Zur Terminologie ist noch zu sagen, daß der Begriff ‘Ideophon’ sowohl substantivisch als auch adjektivisch gebraucht werden kann. Man kann auf diese Weise z.B. von ideophonen Substantiven sprechen. Damit können Substantive gemeint ein, die von ideophonen Stämmen abgeleitet sind, aber auch Ideophone, die bereits underiviert den Status von Substantiven

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Ideophonie 20

haben.18 Der Terminus ‘Ideophonie’ bezeichnet die Gesamtheit aller Phänomene im Zusammenhang mit Ideophonen. Er kann sich dabei auf eine Einzelsprache beziehen (z.B. in die Ideophonie des Türkischen) als auch universal gebraucht werden (z.B. in Die Ideophonie

dient der Versprachlichung von Expressivität.). Der Begriff ‘Ideophonizität’ ist gradueller Natur und beschreibt, wie ausgeprägt die Ideophonie einer Sprache (oder evtl. eines Ausdrucks) ist. Er ermöglicht es, von Sprachen mit hoher vs. niedriger Ideophonizität zu sprechen (siehe §6.4).

2.2.2 ‘Ikonizität’ vs. ‘Symbolizität’

Wie gesagt wurde, sind Ideophone im allgemeinen lautsymbolisch, darum soll im folgenden der semiotische Status von Lautsymbolik unter die Lupe genommen werden. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um ein semiotisches Prinzip, nämlich die Reduktion der Symbolizität des Sprachzeichens zugunsten seiner Ikonizität. Wir wissen, daß Ikone durch eine Ähnlichkeitsbeziehung referieren, Indizes durch eine natürliche, empirische Verbindung und Symbole per Konvention. Es stellt sich nun die Frage, welche Beziehung diese Prinzipien untereinander haben und ob etwa lautsymbolische Formen klar vom restlichen Lexikon abzugrenzen sind. Gegeben die Annahme, daß ein Sprachzeichen bestimmte Eigenschaften eines Ikons, gleichzeitig aber auch bestimmte Eigenschaften eines Symbols haben kann, hat es einen gewissen Grad an Ikonizität bzw. Symbolizität. Mit diesen Begrifflichkeiten läßt sich ausdrücken, daß es sich um graduelle Eigenschaften handelt. Die Antwort auf die Frage, ob Lautsymbolika, also in phonologischer Hinsicht ikonische Zeichen, vom restlichen Lexikon klar abzugrenzen sind, lautet folglich nein. Ikonizität und Symbolizität schließen sich nicht aus, sondern stellen – im Falle des Sprachzeichens – zwei Pole dar, zwischen denen ein Kontinuum existiert, wie in S1 veranschaulicht.

S1. Das Kontinuum zwischen Symbolizität und Ikonizität

Am ikonischen Pol ist die Motivierung des Sprachzeichens maximal, am symbolischen ist sie minimal. Arbitrarietät ist folglich am symbolischen Pol am prominentesten. Die Opposition ‘Ikonizität vs. Symbolizität’ scheint demnach mit der zwischen ‘Motiviertheit vs. Arbitrarietät’ identisch zu sein. Die erste Opposition hat aber gegenüber der zweiten mindestens zwei Vorteile. Erstens ist die Arbitrarietät oft als Begründung für die Konventionalität des Sprachzeichens angeführt worden oder die beiden Termini wurden zumindest in einen engen mißverständlichen Zusammenhang gebracht. Richtig ist, daß Arbitrarietät Konvention nötig macht. Anders ausgedrückt: Je weniger motiviert ein Zeichen ist, desto mehr Konvention ist offensichtlich nötig. Der Umkehrschluß erweist sich jedoch als unzutreffend: Motivation macht Konvention nicht überflüssig. Gebrauch und Verständnis eines Zeichens können, auch wenn es motiviert ist, auf Konvention beruhen. Dies meint auch Fiske, der ein nicht-sprachliches Beispiel anführt:

18 wie die Ideophone im Somali (vgl. Salaad Dhoorre; Tosco 1998:129)

+ -

Ikonizität

Symbolizität

Ikonischer Pol

Symbolischer Pol +

-

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Theorie der Ideophonie 21

Convention is necessary to the understanding of any sign, however iconic or indexical it is. We need to learn how to understand a photograph... (Fiske apud Chandler 1999: ch. 2)

Empirische Belege für die theoretische Annahme, daß Motiviertheit und Konventionalität sich nicht ausschließen, liefern die Ideophone in großer Menge. Obwohl in vielen Fällen Motiviertheit nachgewiesen werden kann, ist ein Sprachunkundiger nicht in der Lage, sie korrekt zu verwenden. Belege hierfür finden sich auch bei Doke (1967:86f.):

There is remarkably little phonetic or semantic correspondance in ideophones from language to language, or even from dialect to dialect in the same language [...] the same idea is in the vast majority of cases expressed by ideophones having different forms.

Um also nicht zum Opfer der Kontroverse um die umstrittenen Interdependenzen zwischen den Oppositionen ‘arbiträr vs. motiviert’ und ‘konventionell vs. natürlich’ zu werden, wurde einem flexiblen und diesbezüglich eher theorieneutralen Kontinuum wie in S1 der Vorzug gegeben. Der zweite Vorteil dieses Kontinuums liegt darin begründet, daß die Opposition ‘motiviert’ vs. ‘arbiträr’ den Anschein mutueller Exklusion erweckt. Eine Beziehung, die motiviert ist, kann doch nicht arbiträr sein und umgekehrt, denn arbiträr bedeutet ja „unmotiviert“ (Saussure 1916:101). Diese Interpretation würde die Annahme eines Kontinuums zwischen den beiden Polen erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Ikonizität und Symbolizität sagen hingegen lediglich etwas darüber aus, welchem Prototypen ein sprachliches Zeichen eher entspricht oder wie stark bestimmte Eigenschaften eines Ikons bzw. eines Symbols an einem Sprachzeichen auszumachen sind. Das prototypische Symbol ist arbiträr und allein eine Konvention ermöglicht Referenz. Das prototypische Ikon referiert dadurch, daß es Merkmale enthält, die es mit dem Referenten gemeinsam hat und die den Interpretanten zum Referenten19 hin lenken (Elgin 1995:184).

Ein Sprachzeichen nimmt auf dem Kontinuum in S1 einen bestimmten Platz ein. Wohl kaum ein Sprachzeichen liegt unmittelbar am ikonischen Pol – dafür ist die Welt mit ihren Geräuschen akustisch zu komplex und die Sprache phonologisch zu arm. Aber dennoch ist das ikonische Prinzip an vielen Stellen in der Sprache vertreten, z.B. in Form von Markiertheitsunterschieden. Markiertheit, Auffälligkeiten und Besonderheiten auf der kognitiv-semantischen Ebene spiegeln sich auf der strukturellen Ebene wieder. Häufig gebrauchte, „alltägliche“ Konzepte sind phonologisch einfach, komplexe, differenzierte Konzepte – seien sie grammatisch oder lexikalisch – sind auch strukturell komplexer. Auf der Ebene einzelner Sprachzeichen findet sich Ikonizität als Isomorphismus, womit gemeint ist, daß die Ausdruckskomplexität eines Zeichens im allgemeinen seiner Inhaltskomplexität entspricht (Lehmann 1974:114).

Ikonizität ist also ein sehr häufig anzutreffendes Phänomen in der Sprache. Ein besonders einleuchtendes Beispiel ist Pluralität. Vermehrung auf der Ebene des Significatums spiegelt sich auf der Ebene des Significans in vielen Sprachen in Form eines Pluralmorphems oder Reduplikation. Nach Greenberg gibt es keine Sprache, wo der Singular strukturell aufwendiger wäre als die Pluralformen (Greenberg 1966:94).

19 Während in der Semantiktheorie im allgemeinen eine Entität als Referent vorausgesetzt wird, wird

im Bereich der Ideophonie auf Situationseigenschaften referiert. Es wird dabei die Idealisierung vorausgesetzt, daß eine möglichst große Übereinstimmung zwischen den außersprachlichen Umständen und deren mentaler Repräsentation angestrebt wird.

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Ideophonie 22

Über die Rolle einer indexikalischen Komponente können an dieser Stelle nur Vermutungen erfolgen. Da sie für die Betrachtung der Ideophone nicht zentral scheint20, soll folgender Denkanstoß reichen: Ikonizität und Indexikalität stehen auf derselben Seite des Kontinuums, also in Kontrast zur Symbolizität. Während bei Ikonen eine direkte Analogie zum Significatum besteht, ist die Analogie der Indizes indirekt und beruht auf Kontiguität. Dies läßt sich anhand der Tierstimmen darstellen. Das Bellen eines Hundes wird im Deutschen sprachlich als [vaò8vaò8] interpretiert und nachgeahmt. Dieser vom Menschen mittels seines Lautinventars gebildete Lautkörper ist also die Formseite des Sprachzeichens, sein Significans. Ein Significans, das Laute nachahmt, kann nur diese Laute als Significatum haben, wenn es ikonisch sein soll, denn nur so kann man von einer direkten Analogiebeziehung zwischen den beiden Hälften des Sprachzeichens sprechen, im vorliegenden Fall die Analogie zwischen einem akustischem Eindruck und dessen „Übertragung“ in die Sprachstruktur. Das Zeichen wau-wau wäre also in der Äußerung Der

Hund macht wau-wau. ikonisch. Wenn aber mit [vaò8vaò8] auf einen Hund referiert wird (z.B. in Der Wauwau hat Hunger.), liegt dem zugrunde, daß das als [vaò8vaò8] wahrgenommene Geräusch auf einen Hund hinweist. Das klassische Beispiel für eine indexikalische Beziehung ist die zwischen Rauch und Feuer. Rauch weist auf Feuer hin, da die Situation vorstellbar ist, wo man zwar den Rauch, aber nicht das Feuer selbst wahrnimmt. Das Feuer produziert den Rauch, daher der Umkehrschluß vom Rauch auf das Feuer. Bellen weist entsprechend auf einen Hund hin, da die Situation vorstellbar ist, wo man zwar das Bellen, aber nicht den Hund selbst wahrnimmt. Der Hund produziert das Bellen, daher der Umkehrschluß vom Bellen auf den Hund. Es handelt sich also in beiden Fällen um Indizes. Ob ein Zeichen ikonisch oder indexikalisch ist, hängt somit auch davon ab, wie das Zeichen verwendet wird (vgl. Chandler 1999: ch. 2).

Auch Jakobson weist darauf hin, daß im Sprachzeichen die ikonische, indexikalische und symbolische Funktion zu jeweils unterschiedlichen Graden zusammentreffen:

L’un des traits les plus importants de la classification sémiotique de Peirce réside dans la perspicacité avec laquelle il a reconnu que la différence entre les trois classes fondamentales des signes n’était qu’une différence de place au sein d’une hiérarchie toute relative. Ce n’est pas la présence ou l’absence absolues de similitude ou de contiguïté entre le signifiant et le signifié, ni le fait que la connexion habituelle entre ces constituants serait de l’ordre du fait pur ou de l’ordre de l’institutionnel pur, qui sont au fondement de la division de l’ensemble des signes en icones, indices et symboles, mais seulement la prédominance de l’un de ces facteurs sur les autres. (Jakobson 1966:26)

Welcher der Faktoren dominiert, ist dabei wie gesagt auch durch den Kontext bedingt, weshalb ein Sprachzeichen selten eindeutig als das eine oder das andere identifiziert werden kann. Es ist aber offensichtlich, daß Lautsymbolika sowohl Symbole als auch Ikonen sind, wie schon Arthur Burks erkannt hat (1949:674), oder, anders ausgedrückt, Eigenschaften von beiden haben und somit auf einem Kontinuum zwischen den jeweiligen Prototypen stehen.

20 Das meint auch Demircan (1997:192): „Bu göstergelerde ‘gösterilen’ ile ‘gösteren’ aras¸ndaki

ilişkinin [...] dog*rudan m¸, yoksa [...] dolaylı m¸ say¸lmas¸ önemli deg*ildir.“ [Es ist nicht wichtig, ob bei diesen Zeichen die Beziehung zwischen Significatum und Significans als direkt oder indirekt angesehen wird.]

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Theorie der Ideophonie 23

2.2.3 ‘Lautsymbolik’ vs. ‘Ideophonie’

Kommen wir nach diesem Exkurs zurück zur Lautsymbolik und den Ideophonen. Die Ideophone zeigen also Abweichungen von der phonotaktischen Struktur; sie können dies gerade deshalb tun, weil sie überwiegend lautsymbolischer Natur sind oder vorgeben, es zu sein. Einer der Gründe für phonologische Auffälligkeit ist der Ursprung der Lautsymbolik in korporaler Artikulation. Ein anderer ist das Bestreben, bei der Imitation präziser zu sein, als es das Sprachsystem zulassen würde. Um die in der Natur vorkommenden Geräusche möglichst getreu wiederzugeben, sieht sich der Spachbenutzer teilweise gezwungen, gegen die Regeln seiner Sprache zu verstoßen, die bei der phonologischen Strukturierung des Lexikons eine gewisse Erwartbarkeit zugunsten des Rezipienten gewährleisten. Alle diese Regeln bei den Onomatopoetika einzuhalten, würde hingegen das Mißverhältnis zwischen der unbegrenzten akustischen Variation in der Natur und den durch Phoneminventar und Phonotaktik begrenzten Möglichkeiten der menschlichen Sprache weiter vergrößern. Der Verstoß gegen einige dieser Regeln hingegen erlaubt es, sich dem akustischen Reichtum bei den Geräuschen wenigstens ein Stück weit anzunähern. Die Mitglieder einer Sprachgemeinschaft haben grundsätzlich die Freiheit, sich über die Phonotaktik ihrer Sprache hinwegzusetzen. Phonologisch abweichende Fremdwörter, die trotzdem in eine Sprache eingeführt wurden, sind ein Beleg dafür. Wissemann weist jedoch darauf hin, daß phonologische Restriktionen nicht vollkommen aufgehoben werden:

Es können zwar phonologisch relevante Abweichungen von den traditionell überkommenen Phonemen stattfinden und dadurch neue Phoneme im Bereich der Geräuschneubenennungen entstehen. Aber es gibt keine onomatopoetische Lautrealisierung, die unabhängig wäre vom Bezugssystem der traditionell überkommenen Phoneme. (Wissemann 1954:130)

Die Phoneme der jeweiligen Sprache stellen in der Lautsymbolik den „Rohstoff“ dar, der „unter dem Einfluß der Benennungsintention, die auf eine ‘richtige Wiedergabe’ des Geräusches abzielt, in mannigfacher Weise modifiziert wird“ (Wissemann 1954:236). Sie bilden also lediglich eine Ausgangsbasis, von der Abweichungen vorgenommen werden (o.c.:127). Veränderungen des Phoneminventars zum Zwecke der Lautsymbolik lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

1. Erweiterung des Phoneminventars oder der Distribution einzelner Phoneme (vgl. Wissemann 1954:127ff.).

2. Reduktion des Phoneminventars und Neutralisationen. Wissemann (o.c.:157) führt den Fall des „stimmlosen Verschlußlautes“ an, dessen verschiedene Realisationen (/k/, /t/, /p/), die im normalen Phonemsystem der Sprache in Opposition stehen, bei Onomatopoetika Allophone des Phonems /stl. Okklusiv/ in (weitestgehend) freier Variation sein können.

Es gibt noch einen dritten Grund für phonologische Auffälligkeit. Die Mißachtung der Phonologie hat auch expressive Funktion und kann – zunächst bewußt, im Zuge der Konventionalisierung dann unbewußt – zur Hervorhebung eingesetzt werden Dem Hörer soll klargemacht werden, daß er es nicht mit einem gewöhnlichen arbiträren und rein konventionell definierten Sprachzeichen zu tun hat. So wie der Gesetzesverstoß auf der politischen Demonstration die Aufmerksamkeit der Medien weckt und die Ziele der Demonstranten über das Alltägliche stellt, so bewirkt der Verstoß gegen die phonologischen Regeln den besonderen kommunikativen Effekt. Die Sprachbenutzer stellen sich also über das

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Ideophonie 24

System ihrer Sprache, um das nicht Alltägliche auszudrücken, die Aufmerksamkeit des Hörers auf einen Aspekt zu lenken.21 Dies ist das spezifische Charakteristikum der Ideophone.

Wie oben erwähnt, ist Lautsymbolik nur eine besondere Ausprägung des ikonischen Prinzips beim Sprachzeichen. Der Ideophonbenutzer nutzt dieses Prinzip in besonderer Weise aus, um die Sprache besonders bildhaft zu gestalten. Ein Ideophon ist nicht zwingend lautsymbolisch, da es sich im Laufe seiner Entwicklung vom ikonischen Pol entfernen kann. Lautymbolik ist kein stabiles Merkmal, sondern kann infolge diachronen Wandels der Sprache verloren gehen.22 Der diachrone Wandel betrifft dabei sowohl die Seite des Significans (hier Lautwandel vom Naturgeräusch weg), als auch die des Significatums (z.B. durch Metaphorik, die immer konventionell geregelt wird und Ikonizität im Sprachzeichen reduziert).

Es bleibt dennoch eine Abgrenzung zwischen Lautsymbolik (bzw. Onomatopöie) und Ideophonen zu finden, da eine solche Abgrenzung in vielen Publikationen, nicht nur in den türkischen, völlig fehlt und eine terminologische Konfusion zur Folge hat. Wie zuvor erwähnt, beschränken sich Onomatopoetika auf auditive Eindrücke, Ideophone geben jedoch auch visuelle Eindrücke und emotionale Einstellungen wieder. Zudem sind die Kriterien für Onomatopöie im engeren Sinne viel knapper, da bei Ideophonen, je nach Sprache, noch morphologische (Reduplikation, eigene Derivationsmorpheme) und syntagmatische (Vorkommen in bestimmten Konstruktionen, Selektionsrestriktionen) Kriterien hinzukommen können. Bei auditiven Ideophonen kann grundsätzlich ursprüngliche Onomatopöie zugrunde gelegt werden, was eine große Schnittmenge zwischen den beiden Konzepten mit sich bringt. Doch reicht der Untersuchungsbereich der Ideophonie weit über den der Onomatopöie hinaus.

Onomatopöie und andere Formen von Lautsymbolik gibt es in jeder Sprache, Ideophone sind hingegen in vielen Sprachen nur bruchstückhaft erkennbar und kein voll entwickeltes Instrumentarium. Dort, wo sie es sind, haben sie die besondere Funktion, die Sprache lebendig und „naturnah“ zu gestalten. Dies setzt zudem eine offene Klasse mit einigen hundert Mitgliedern voraus, ansonsten könnten differenzierte Significata nicht sprachlich abgebildet werden.

21 Klamer (1999:4) formuliert diesen Sachverhalt folgendermaßen: „Ideophones show a correlation

between semantic expressiveness and formal markedness: expressive semantics is matched with ‘marked’ phonotactic and morphological properties → Semantically exceptional forms systematically violate wellformedness constraints.“ Salaad Dhoorre; Tosco (1998:129) bekräftigen diese Einschätzung: „one may hypothesize that ideophones, in order to be ‘expressive’, would make use of just what is phonologically most marked.“

22 Ein besonders anschauliches Beispiel liefert Mfusi: ivum „Auto“ aus vu-u-um „Geräusch eines fahrenden Autos“ (Mfusi, M. J. H. 1990, Soweto Zulu Slang: a sociolinguistic study of an urban

vernacular in Soweto. University of South Africa. Apud Childs 1999:2)

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3 ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUM TÜRKISCHEN Die Ideophone gehören zum lautsymbolischen Bestand des Lexikons, welcher phonologische und morphologische Besonderheiten aufweist. Außerdem ist naheliegend, daß die Ideophone typologisch mit anderen Bereichen der Sprache verknüpft sind. Die folgenden Darstellungen über die Ideophone sind also vor dem Hintergrund der übrigen Sprachstruktur zu sehen, daher wird dem Leser an dieser Stelle eine kurze Einführung in die Struktur des Türkischen angeboten. Diese erleichtert zudem das Verständnis der zahlreichen Beispiele.

3.1 Sprecher und genetische Affiliation Den Anfang soll jedoch eine Vorstellung der Sprache selbst machen. Das Türkische wird von ca. 55 Millionen Menschen als Erstsprache gesprochen. Es ist Amtssprache in der Republik Türkei, jedoch gibt es infolge von Migrationen auch bedeutende türkischsprechende Gemeinschaften außerhalb der Türkei. So ist nach der Türkei das Land mit den meisten Sprechern des Türkischen die Bundesrepublik Deutschland, wo ihre Anzahl inzwischen mehr als zwei Millionen beträgt. Alteingesessene türkischsprachige Minderheiten gibt es in Bulgarien, Griechenland und anderen südosteuropäischen Staaten, sowie im Norden der Insel Zypern. Je weiter man die Zugehörigkeit des Türkischen zu eventuellen Sprachfamilien zurückverfolgen will, desto unsicherer werden diese Zuordnungen. Sicher ist lediglich, daß das Türkische zusammen mit Sprachen wie dem Kasachischen und dem Turkmenischen eine Turksprache ist, welche wiederum den altaischen Sprachen zugerechnet werden.

3.2 Phonologie und Schrift

3.2.1 Schrift Die türkische Sprache wird in der Republik Türkei erst seit 1928 in lateinischer Schrift geschrieben. Bis dahin war eine auf der arabischen Schrift basierende Schreibung in Gebrauch. Da das Alphabet also relativ neu ist, bildet es ziemlich genau die Phoneme des Türkischen ab, so daß Lautwandel in diesem Punkt (noch) nicht zu einer bedeutsamen Entfernung der gesprochenen Sprache von der Schriftsprache geführt hat. Eine phonetische Wiedergabe türkischer Wörter würde daher nur unwesentliche Vorteile bieten, hätte aber den Nachteil einer schlechteren Les- und Vergleichbarkeit. Türkische Daten werden daher im folgenden als Objektsprache in der Originalschreibung und kursiv präsentiert, sofern sie nicht als Beispiele vom laufenden Text abgesetzt sind. Die vom Internationalen Phonetischen Alphabet abweichenden Graphem-Phonem-Zuordnungen der türkischen Konsonanten sind wie folgt (zu den Vokalen vgl. §3.2.1):

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Phonologie und Schrift 26

T2. Graphem-Phonem-Zuordnungen der türkischen Orthographie

Graphem Phonem Beispiel

<c> /d•Z/ cam /dZAm/ „Glas(scheibe)“

<ç> /t •S/ çam /tSAm/ „Tanne“

<ş> /S/ şeker /SEkEr/ „Zucker“

<j> /Z/23 jilet /ZilEt/ „Rasierklinge“

<y> /j/ yıl /j¨l/ „Jahr“

<Vğ> /V…/ yağmur /jA…mur/ „Regen“

3.2.2 Vokale Das Türkische besitzt ein symmetrisches Vokalsystem. So verfügt es jeweils über die gleiche Anzahl geschlossener und offener, vorderer und hinterer, sowie gerundeter und ungerundeter Vokale, wie in T3 veranschaulicht wird.

T3. Vokalinventar des Türkischen

Es gibt keine durchgängige Längenopposition, der Lautwandel des ursprünglich stimmhaften velaren Frikativs ğ zu einem Dehnungszeichen führt jedoch dazu, daß Silben mit ğ im Auslaut lang gesprochen werden. Dadurch entstehen Oppositionen wie dağ [dA…] „Berg“ vs. da [dA] „auch“.

In Wörtern türkischen Ursprungs herrscht im allgemeinen Vokalharmonie, weswegen vordere und hintere Vokale nicht innerhalb eines Wortes auftreten können. Dieses zu verstehen ist notwendig, um die rein phonologisch bedingte Allomorphie türkischer Suffixe, wie sie in den folgenden Abschnitten zu beobachten ist, nachzuvollziehen. Im folgenden sollen die beiden Arten von Vokalharmonie kurz erklärt werden.

Welche der beiden Vokalharmonien zur Anwendung kommt, hängt vom ersten Vokal des Suffixes ab. Ist er geschlossen24, so tritt die große Vokalharmonie in Kraft: Die Suffixvokale passen sich in Artikulationsstelle und Rundung dem letzten Stammvokal an (

B1-B2).

23 Dieses Phonem kommt – außer in regional verbreiteten Ideophonen – nur in Fremdwörtern vor. 24 Die Suffixe treten zwar nie in Isolation auf, man könnte ihren Vokal jedoch zusammenfassend durch

ein Morphophonem darstellen, um die Suffixe kontextunabhängig zu repräsentieren, z.B. -de, -da ®

-dE

Artikulationsstelle

vorne

hinten

Öffnungsgrad ungerundet gerundet ungerundet gerundet

geschlossen <i> /i/ <ü> /y/ <ı> /¨/ <u> /u/ offen <e> /E/ <ö> /{/ <a> /A/ <o> /O/

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Allgemeine Informationen zum Türkischen 27

B1. dörd-üncü TÜR vier-ORD „vierte(r)“

B2. on-uncu TÜR zehn-ORD „zehnte(r)“

Ist der Suffixvokal hingegen offen, unterliegt er der kleinen Vokalharmonie: Die Anpassung der Suffixvokale erfolgt nur hinsichtlich der Artikulationsstelle des letzten Stammvokals. Die Rundungsopposition ist zugunsten ungerundeter Vokale aufgehoben (B3-B4).

B3. saat dört-te TÜR Stunde vier-LOK „um vier Uhr“

B4. saat on-da TÜR Stunde zehn-LOK „um zehn Uhr“

Bei entlehnten Wörtern kommt es zu Unregelmäßigkeiten. So verlangen palatale Endkonsonanten vordere Suffixvokale ungeachtet des letzten Stammvokals. Die Aussprache des aus dem Arabischen entlehnten Wortes hâl

25 in B5 lautet nämlich [ha:l], im Gegensatz zum türkischen bal „Honig“, dessen /l/ sich an das hintere [A] anpaßt und daher [bA:] ausgesprochen wird (B6).

B5. o hâl-de TÜR D3 Fall-LOK „in dem Fall“

B6. bal-da TÜR Honig-LOK „im Honig“

25 In der heutigen Rechtschreibung ist der Zirkumfix fakultativ.

Page 40: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Phonologie und Schrift 28

3.2.3 Konsonanten T4 führt die konsonantischen Phoneme des Standardtürkischen auf.

T4. Inventar konsonantischer Phoneme

Art.-stelle Art.-art

bilabial labio-dental

alveolar post-alveolar

palatal velar glottal

okklusiv p b t d k g affrikat t •S d•Z frikativ f v s z S Z h nasal m n lateral l vibrant r approximant j

Auch im Bereich der Konsonanten kommt es zu Assimilationen. So paßt sich der Anfangskonsonant vieler Suffixe dem Stammauslaut hinsichtlich der Stimmhaftigkeit an (B7-B8).

B7. al-dı TÜR nehm-PRT(3.SG) „er/sie hat genommen“

B8. çalış-tı TÜR arbeit-PRT(3.SG) „er/sie hat gearbeitet“

Vokalisch anlautende Suffixe können eine Verstimmhaftung des Stammauslauts bewirken (B10).

B9. ağaç TÜR Baum „der Baum“

B10. ağac-ı TÜR Baum-AKK „den Baum“

Im Falle des Stammauslauts /k/ kommt es zusätzlich zum Wandel von k zu ğ, was im heutigen Sprachgebrauch eher als Elision zu beschreiben wäre, sprachhistorisch gesehen jedoch eine Frikativierung ist (B12).

B11. bal¸k TÜR Fisch „der Fisch“

B12. balığ-ı [bA:¨…¨] TÜR Fisch-AKK „den Fisch“

Hinsichtlich der Distribution der Konsonanten gibt es einige Restriktionen. So können die Phoneme c, f, h, m, p, r, ş, z nicht im Anlaut (ur-)türkischer Wörter vorkommen.

3.3 Morphologie und Syntax

3.3.1 Typologische Eigenschaften Die Wortstellung ist im Türkischen im allgemeinen so, daß der Kern eines Syntagmas rechts von seinen abhängigen Elementen steht. So folgt z.B. das Possessum dem Possessor, die unmarkierte Anordnung der Elemente im Satz ist SOV. Jedoch ist die Wortstellung zumindest auf den höheren Ebenen eher frei. Der Satzbau ist akkusativisch. Die Morphologie ist agglutinierend, Flexionskategorien werden durch Suffixe ausgedrückt. Es gibt kein Genus,

Page 41: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Allgemeine Informationen zum Türkischen 29

Pluralmarkierungen sind fakultativ oder fehlend, wenn die Pluralität schon an anderer Stelle im Satz zum Ausdruck kommt.

3.3.2 Substantive Das Türkische verfügt über sechs Kasus. Der Instrumental-Komitativ ist auf dem Weg von einer Postposition zu einem Kasussuffix. T5 gibt einen Überblick über das Kasussystem.

T5. Kasussystem des Türkischen

3.3.3 Verben

3.3.3.1 Finite Konstruktionen

Das Verb kongruiert mit dem Subjekt. Bei pronominalem Subjekt kann dieses allein durch das Kongruenzsuffix repräsentiert werden. Es gibt hierbei zwei Suffixallomorphreihen, die in T6 am Beispiel des Progressiv Präsens und des Präteritums vorgestellt werden sollen.

T6. Die Personalendungen am Beispiel gelmek „kommen“

Progressiv Präsens Präteritum

1 geliyor-um geldi-m SG 2 geliyor-sun geldi-n 3 geliyor-º geldi-º 1 geliyor-uz geldi-k PL 2 geliyor-sunuz geldi-niz 3 geliyor-lar geldi-ler

Bezeichnung Glosse Form

NOMINATIV NOM iş „Arbeit, Angelegenheit“

GENITIV GEN iş-in

AKKUSATIV AKK iş-i

ALLATIV ALL iş-e

LOKATIV LOK iş-te

ABLATIV ABL iş-ten

INSTRUMENTAL/

KOMITATIV

KOM iş-le < iş ile

Page 42: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Morphologie und Syntax 30

Eine türkische Besonderheit stellt der Dispositiv26 dar. Es handelt sich dabei um eine morphologische Kategorie, die geringe Dynamizität ausdrückt und somit im Grenzbereich zwischen Verb und Adjektiv angesiedelt ist. Mit Hilfe des Dispositivs werden generische Eigenschaften und Eventualitäten ausgedrückt. Daß diese Kategorie gleichermaßen verbal wie adjektivisch gebraucht werden kann, zeigen B13 bzw. B14.

B13. Kebap dön-er. TÜR gebratenes.Fleisch rotier-DISP(3.SG) „Das Röstfleisch dreht sich (im allgemeinen, eventuell).“

B14. dön-er kebap TÜR rotier-DISP(3.SG) gebratenes.Fleisch „gebratenes Fleisch vom Drehspieß“ (wörtl.: „sich drehendes Röstfleisch“)

Die Form des Dispositiv kann auch substantiviert werden, wie bei yazar „Schriftsteller“ von yazmak „schreiben“ oder ölçer „Meßgerät“ von ölçmek „messen“.

3.3.3.2 Infinite Konstruktionen

Eine Besonderheit des türkischen Satzbaus ist, daß Subordination im allgemeinen durch infinite Partizipialkonstruktionen erfolgt. Das Türkische verfügt hierzu über eine Reihe von Partizipialsuffixen (-en, -dik-, -erek, -ip, -ince, -ken, -e). Partizipien auf -en bilden Relativkonstruktionen, in denen das Subjekt getilgt wird (Glosse ‘SBJPART’), mit solchen auf -dik-POSS wird ein Nicht-Subjekt in der Relativkonstruktion getilgt (Glosse ‘OBLPART’). Da die semantischen Unterschiede zwischen den restlichen Partizipialformen sehr fein sind, werden sie der Einfachheit halber sämtlich mit ‘PART’ glossiert. Auch die Verwendung des nominalisierten Infinitivs ist nicht unüblich. Diese Konstruktionen sind für die Analyse der Ideophone nicht weiter relevant.

3.3.4 Adverbien Wichtiger ist da schon der Status der Adverbien, da die meisten Ideophone adverbial gebraucht werden. Meist unterscheiden sich Adverbien und Adjektive formal nicht (B15-B16), was auch erklären dürfte, warum viele Ideophone gleichermaßen adjektivisch und adverbial verwendet werden können.

26 Alternative Bezeichnungen sind ‘r-Präsens’, ‘2. Präsens’, ‘Aorist’ oder ‘unbestimmtes Präsens’.

Doch handelt es sich beim Dispositiv nicht um ein Tempus (die Endungen sind zum Beispiel mit den Präteritumssuffixen kombinierbar).

B15. güzel bir kadın TÜR schön eins Frau „eine schöne Frau“

B16. Güzel Türkçe konuş-uyor. TÜR schön türkisch sprech-PROG(3.SG) „Er/Sie spricht gut türkisch.“

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Allgemeine Informationen zum Türkischen 31

In einigen Fällen tragen Adverbien aber besondere Markierungen. Häufige Mittel, ein Wort als Adverb oder adverbiale Bestimmung zu kennzeichnen, sind olarak (B17), -ce (B18) und -le (B20).

B17. genel ol-arak TÜR allgemein AUX.INTR-PART „im allgemeinen“

B18. sinsi-ce TÜR hinterlistig-ADVR „auf hinterlistige Weise“

B19. sabır-lı bir kadın TÜR Geduld-ADJR eins Frau „eine geduldige Frau“

B20. Sabır-la bekle-di. TÜR Geduld-KOM wart-PRT(3.SG) „Er/sie wartete geduldig.“

Interessanterweise kommen die genannten Adverbialmarkierungen mit Ideophonen nicht vor. Dafür kommt die Quotativpartikel diye mit einfachen einsilbigen Ideophonen vor (B21).

B21. Kus 7 pır(r) diye uç-tu. TÜR Vogel flatter QUOT flieg-PRT(3.SG) „Der Vogel flatterte fort.“ (TDK 1988 s.v. p¸r)

An dieser Stelle sollen auch kurz die anderen Verwendungsweisen von diye angeführt werden, um dessen Funktionsweise besser verständlich zu machen Die Partikel ist abgeleitet vom Verb demek „sagen“ mit Hilfe des Partizipialsuffixes -(y)e. Partizipien mit diesem Suffix stehen gewöhnlich nur verdoppelt (siehe §4.2.3). Diye stellt hiervon eine Ausnahme dar. Tekinay (1988:24) und Wendt (1985:97) übersetzen es wörtlich mit „sagend“. Seine Hauptfunktion besteht darin, Verba dicendi nach direkter Rede einzuleiten bzw. die direkte Rede „auszuleiten“ (B22).

B22. Ali bana uğra-sın diye söyle-di-m. TÜR Ali 1.SG:ALL vorbeischau-OPT.3.SG QUOT sag-PRT-1.SG „Ich sagte, Ali solle bei mir vorbeischauen.“ (Tekinay 1988:24)

Ferner wird diye nach Namen verwendet (B23):

B23. Gül-ün Erol diye bir oğl-u var. TÜR Gül-GEN Erol QUOT eins Sohn-POSS.3 EXIST „Gül hat einen Sohn namens Erol.“ (Tekinay 1988:25)

Schließlich wird es häufig auch als Subordinator verwendet (B24).

B24. Yorgun-um diye erken yat-ıyor-um. TÜR müde-1.SG QUOT früh lieg-PROG-1.SG „Ich gehe früh schlafen, weil ich müde bin.“ (Tekinay 1988:25)

Mit dem Optativ bildet es Finalsätze (B25).

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Morphologie und Syntax 32

B25. Sen-i gör-eyim diye gel-di-m. TÜR 2.SG-AKK seh-OPT.1.SG QUOT komm-PRT-1.SG „Ich bin gekommen, um dich zu sehen.“ (Tekinay 1988:25)

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß allein die Partikel diye eine eigene Untersuchung rechtfertigen würde, da hier erstaunliche Grammatikalisierungsprozesse stattzufinden scheinen. Zu den bei Tekinay 1988 und Wendt 1985 genannten Funktionen muß aber die Verwendung im Zusammenhang mit Ideophonen hinzugefügt werden. Diese wird in §4.4.4 näher analysiert.

3.3.5 Derivation

Wie man es von einer agglutinierenden Sprache erwartet, hält das Türkische eine ganze Reihe von verbalen und nominalen Derivationsmöglichkeiten bereit. B26 illustriert das bei der Bildung von Verben aus Nomina produktivste Suffix -le.

B26. imza-la-mak; temiz-le-mek; fırça-la-mak TÜR Unterschrift-VR-INF sauber-VR-INF Bürste-VR-INF „unterschreiben“; „reinigen“; „bürsten“

Im nominalen Bereich ist das Suffix -lik sehr produktiv (B27).

B27. güzel-lik; göz-lük; söz-lük TÜR schön-NR Auge-NR Wort-NR „Schönheit“; „Brille“; „Wörterbuch“

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, daß Ideophone eine ihnen eigene Derivationsmorphologie besitzen (siehe §4.4.1 und §4.4.2).

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4 STRUKTURELLE EIGENSCHAFTEN DER IDEOPHONE UND

IHRE FUNKTIONELLEN KORRELATE

4.1 Beziehung zwischen Struktur und Funktion

Bei arbiträren Sprachzeichen unterliegen Significatum und Significans jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten. Da die Ideophone jedoch auf Lautsymbolik beruhen, ist es möglich, einzelnen, unterschiedlich komplexen Strukturen bestimmte Funktionen zuzuordnen. Wird im Rahmen einer semantischen Untersuchung der Lautsymbolika die Seite des Significatums behandelt, ergibt sich daraus die Frage, inwiefern diese Auswirkungen auf die Lautebene hat. Andersherum führt eine Untersuchung der Struktur von Lautsymbolika immer zu der Frage, ob strukturelle Merkmale Entsprechungen auf der Seite des Significatums haben. Eine semasiologische Untersuchung wie die vorliegende befaßt sich vorrangig mit der zweiten Fragestellung. Es soll festgehalten werden, daß – entgegen den Einwänden de Saussures – zwischen den beiden Seiten eines Sprachzeichens, dessen Significans auf Lautsymbolik beruht, eine nicht-arbiträre Beziehung besteht. Wird ein ikonisches Zeichen erst einmal in die Sprache eingeführt, unterliegt es selbstverständlich den phonologischen Restriktionen der jeweiligen Sprache27 und dem diachronen Wandel. Diese Faktoren können dem Sprachzeichen a posteriori den Anschein von Arbitrarietät geben. Non-Arbitrarietät bedeutet jedoch nicht, daß ein Sprachunkundiger anhand des Significans Rückschlüsse auf das Significatum ziehen könnte. Dies ist nur selten möglich, weil das begrenzte Phoneminventar einer Sprache die Variationsbreite der in der Natur vorkommenden Geräusche nur unzureichend wiedergeben kann. Die approximative Wiedergabe bzw. Nachahmung eines Geräusches ist aber deshalb noch lange nicht arbiträr. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine vollkommen beliebige Phonemsequenz – unter Respektierung der Phonotaktik – zur Wiedergabe eines bestimmten Geräusches gewählt würde. Dies ist aber beim vorliegenden Korpus bei weitem nicht der Fall. Non-Arbitrarietät bedeutet vielmehr, daß die Beziehung zwischen den beiden Seiten eines Sprachzeichens nicht zufällig ist, sondern in gewissem Maße Gesetzmäßigkeiten bestehen. Dies wird zunächst für die Morphologie der lautsymbolischen Formen gezeigt (§4.2), dann für ihre phonologische Struktur (§4.3). Schließlich geht es um ihre Integration in die übergeordnete Ebene, das Satzgefüge (§4.4 und §4.5).

27 Wie in §2.2.3 erläutert wurde, gelten die phonologischen Restriktionen bei den Lautsymbolika

jedoch nur eingeschränkt.

4.2 Morphologie der Ideophone im Türkischen

4.2.1 Primärformen und ihre Entstehung

Bei den Ideophonen des Türkischen kann man von einer einsilbigen Wurzel ausgehen, die so unmittelbar wie möglich Naturgeräusche wiedergibt. Als unmittelbar einleuchtende Beispiele können folgende Wurzeln angeführt werden: c7̧ ng, das Geräusch, das entsteht, wenn metallische Gegenstände durch Zusammenstoßen in Schwingungen geraten; das beim Braten oder Verbrennen entstehende cız; küt, beim Zerbrechen harter, spröder Gegenstände. Andererseits gibt es Wurzeln, die feine Unterschiede zwischen Geräuschen wiedergeben, was sich in der Variation der Form ausdrückt: çat, çıt, çit; çat pat, çıt pıt, çit pit; tak, tık, tik, tok. Hier spielt auch die unterschiedliche Wahrnehmung eine Rolle (Zülfikar 1995:6). Dieser

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Morphologie der Ideophone im Türkischen 34

Punkt ist auch deshalb beachtenswert, weil hier deutlich sichtbar wird, daß die Arbitrarietät reduziert ist: Variation beim Significatum hat entsprechende Variation beim Significans zur Folge. Dieser Punkt sollte in einer umfassenden Definition von Onomatopöie berücksichtigt werden.

Schließlich gibt es solche Formen, die mit der Quelle der Bewegung oder der Entstehung zusammenhängen. Große Wassermengen, die aus der Höhe herunter gegossen werden, werden mit çağ beschrieben; Wassertropfen mit tıp, şıp; Wasser, das ständig, aber langsam fließt wird mit şır wiedergegeben (Zülfikar 1995:6). Diese einsilbigen Wurzeln werden Primärformen (türk. birincil biçimler) genannt. Einige solcher Primärformen können auch einfach oder redupliziert auf die jeweilige Lautquelle referieren: baz „Wespe“, çırçır

„Wasserquelle“, mızmız „jmd., der unzufrieden ist“.

Die Primärformen haben meist die Struktur KVK. Wörter lautsymbolischen Ursprungs, die mit einem Vokal beginnen, sind selten (Marchand 1953:61).

4.2.2 Bildung der Sekundärformen Die meisten der als Ideophone verwendeten lautsymbolischen Formen werden durch Anfügen der Suffixe -ır (-ir, -ur, -ür) und -ıl (-il, -ul, -ül) an die jeweiligen Primärformen gebildet. Diese Suffixe lassen sich formal als Kombination aus geschlossenem Vokal und Liquid (-V[-

offen]L) zusammenfassen. Sie drücken das Anhalten oder Fortlaufen des dem Eindruck zugrunde liegenden Geschehens aus (Zülfikar 1995:7; Marchand 1953:54). Nach Primärformen, die auf Nasal oder Lateral enden, wird meist ein homorganischer epenthetischer Konsonant eingefügt, z.B. güm-b-ür, şal-d-ır, dan-g-ıl (vgl. Demircan 1996[s]:114; Marchand 1953:54). Demircan stellt die Epenthese als obligatorisch dar, es gibt jedoch Gegenbeispiele wie hom-ur, güm-ül. Zülfikar zählt die epenthetischen Konsonanten zur Primärform. Er müßte dann aber erklären, warum die Formen auf -mb, -ng und -ld nach seiner Analyse so häufig wären, während die auf -m, -n und -l eher selten vertreten wären. Es entspricht zudem nicht der Phonotaktik des Türkischen, stimmhafte Okklusive im Auslaut zu haben. Ein weiteres Argument liefert die Gegenüberstellung synonymer Primär- und Sekundärformen, wie in B28 vs. B29:

B28. Dan dan konuş-uyor. TÜR grob grob sprech-PROG(3.SG) „Er/Sie redet ungehobelt.“ (TDK 1988 s.v. dan dan)

B29. Dangıl dungul konuş-mak TÜR grob grob sprech-INF „ungehobelt reden“ (TDK 1988 s.v. dang¸l dungul)

Es lassen sich keine eindeutigen Regeln für die Distribution der beiden Formen -¸r vs. -¸l finden. Demircan (1996[s]:114) legt eine komplementäre Verteilung in Abhängigkeit vom Wurzelauslaut nahe, doch lassen sich wieder Ausnahmen finden, die seine Behauptungen falsifizieren. So findet man şapır neben ipil und cıvıl neben ıvır. Zudem ist seine Zuordnung assimilationstheoretisch, d.h. hinsichtlich der Übereinstimmung phonetischer Merkmale links und rechts der Morphemgrenze, wenig schlüssig. In einigen Fällen herrscht freie Variation, was auch naheliegt bei der phonetischen Ähnlichkeit der beiden Liquiden. An anderer Stelle (1996[y]:181) stellt Demircan die Behauptung auf, daß die Endung auf /l/ ununterbrochene, die auf /r/ hingegen unterbrochene, aussetzende Bewegungen ausdrückt. Im Bereich der Wassergeräusche findet man aber beide Endungen gleichermaßen beim Ausdruck des Fließens, das ja ununterbrochen ist. In den seltenen Fällen, wo beide Endungen an derselben

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 35

Primärform erscheinen können, konnten die Informanten durch die Wahl des Suffixes keine Opposition bestätigen. Bei den Paaren fısıl vs. fısır „flüsternd; knisternd brennend, hell rauschend“ und vızıl vs. vızır „summend; in schneller Fahrt“ wurde entweder eine Präferenz geäußert („fısır und vızır klingen besser/richtiger“) oder beide Formen wurden unterschiedslos akzeptiert. Auch das Türkçe Sözlük (TDK 1988) liefert Beispiele, die zeigen, daß durch die Wahl des finalen Liquiden keine Oppositionen gebildet werden können. Die Wahl ist vielmehr willkürlich und kann z.B. bei der Derivation wechseln. So wird von der adverbialen Form cumbul das Substantiv cumburtu „Geräusch beim Schütteln von Flüssigkeiten“ abgeleitet, während für die verbale Form die beiden Varianten cumbuldamak und cumburdamak aufgeführt werden. Ebenso sind die gleichbedeutenden Formen cızırtı und

cızıltı „Brutzeln“ aufgeführt, die beide von cızır abgeleitet sind.28

Besagtes Suffix -ır/-ıl wird im folgenden Kontinuitätssuffix genannt. Ideophone, die mit diesem Suffix gebildet sind, müssen bei adverbialem Gebrauch redupliziert werden, sie können nicht alleine stehen (Hatiboğlu 1981:15). Das Kontinuitätssuffix löst also die Reduplikation aus, wobei sich die beiden Operationen verstärken. Die mit dem Kontinuitätssuffix erweiterten Wurzeln werden Sekundärformen (türk. ikincil biçimler) genannt. Von diesen können wiederum verschiedene Wortarten abgeleitet werden.

Im Gegensatz zu Zülfikar meint Demircan (1996[s]:114), die Sekundärformen drückten nicht so sehr Dauer, sondern eher zusammengesetzte, komplexe Geräusche aus. Diese Diskussion betrachte ich als subjektive Interpretationsfrage. Konsens ist, daß einsilbige Formen tendenziell einfachere, erweiterte Formen hingegen „umfangreichere“ Eindrücke widerspiegeln. Dieser Umfang kann sich in Komplexität, Dauer oder beidem ausdrücken. In jedem Fall ist eine ikonische Beziehung offensichtlich.

Ein weiteres Suffix zur Ableitung von Sekundärformen sind –ış und seine harmoniebedingten Allomorphe. Schließlich gibt es Reduplikationen, bei denen die Primärformen lediglich durch einen Vokal erweitert wurden, z.B. bıcı bıcı yapmak „sich waschen“ (Kindersprache), vıdı

vıdı etmek29

„herumlabern, die ganze Zeit dummes Zeug reden“. Marginal findet man auch andere Endungen wie -(¸)n (z.B. mırın kırın „motzend“) oder -(ı)k (z.B. cıvık cıvık „wässrig“, übertr. „langweilig[e Witze machend]“). Der überwiegende Teil der Sekundärformen wird allerdings auf –ır/-ıl abgeleitet.

4.2.3 Reduplikation

4.2.3.1 Allgemeines

Im morphologischen Bereich kommt Reduplikation in Form von Verdoppelung anlautender Silben einer Wurzel oder eines Stammes mit oder ohne Lautänderung zum Ausdruck morphosyntaktischer Kategorien vor, z.B. bei der Bildung von Tempora (Bußmann 1990 s.v. Reduplikation).

Meist dient Reduplikation aber der Ausdrucksverstärkung. Sie wird in vielen Sprachen zum Ausdruck von Konzepten wie Distribution, Pluralität, Wiederholung, gewohnheitsmäßige Handlungen, Größe, erhöhte Intensität oder Dauerhaftigkeit eingesetzt (Sapir 1921:76): Im 28 Nebenbei ein weiterer Beweis dafür, daß Oppositionen in der Lautsymbolik neutralisiert sein

können: /r/ und /l/ werden in besagter Stellung zu Allophonen. 29 etmek und yapmak bedeuten beide „machen, tun“. Der Unterschied liegt im Grad der

Grammatikalisierung, denn während yapmak als Vollverb gebraucht wird, dient etmek zur Bildung transitiver Verben aus Nomina oder Adverbien. Die Objektleerstelle von etmek kann dabei durch das verbalisierte Element besetzt werden, so daß das Endergebnis intransitiv sein kann.

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Morphologie der Ideophone im Türkischen 36

Indonesischen wird sie zur Pluralbildung eingesetzt, wie z.B. bei rumah „Haus“, rumah-

rumah „Häuser“ (Pätzold 1965:4). Mehrere Häuser sind mehr als eines, und so wird dieses quantitative Verhältnis auf das Sprachmaterial übertragen. Das Ergebnis ist Reduplikation. Hier kann man zudem beobachten, daß Ikonizität in der Sprache immer nur eine approximative Abbildung der außersprachlichen Wirklichkeit bedeuten kann, denn unabhängig davon, ob es sich um ein Dutzend oder eine Million Häuser handelt, wird das Lexem immer nur redupliziert und nicht etwa tripliziert usw. Die Sprache kategorisiert also zwangsläufig die graduellen Verhältnisse der Wirklichkeit. Dies gilt freilich auch für die Reduplikation der türkischen Ideophone: Unabhängig von der Häufigkeit der Wiederholung steht das Ideophon stets nur doppelt (Demircan 1996[y]:184).

Reduplikation ist bei Ideophonen in allen Sprachen sehr geläufig. Nach Hatibog*lu ist Reduplikation (türk.: ikileme, ikizleme) „die Wiederholung desselben Wortes oder die Verwendung zweier Wörter nebeneinander, deren Bedeutungen einander nah oder entgegengesetzt sind oder deren Laute aneinander erinnern, um die Erzählkraft zu erhöhen, die Bedeutung zu verstärken, den Begriff zu bereichern.“30 (Hatibog*lu 1981:9).

Man unterscheidet zwischen totaler und partieller Reduplikation. Bei der totalen Reduplikation werden die Wörter ohne lautliche Veränderung wiederholt (şırıl şırıl, tıkır

tıkır). Hingegen werden bei der partiellen Reduplikation Vokale oder Konsonanten variiert (pat küt, pat çat) (Zülfikar 1995:8). Hinsichtlich der Reihenfolge der beiden Bestandteile einer Reduplikation gelten im Türkischen einige Regeln (Hatiboğlu 1981:16-18):

1. Das Element mit der geringeren Silbenzahl kommt zuerst (scheint für Ideophone irrelevant).

2. Das Element, das mit Vokal anlautet, steht vorne (z.B. ıvır zıvır „wertlos“). 3. Türkische Elemente stehen vor entlehnten (für Ideophone irrelevant). 4. Elemente mit b- und p- im Anlaut stehen meist hinten (yırtık pırtık „zerrissen, zerlumpt“,

aber z.B. paldır küldür „polternd“).

Für die Ideophonie sind nur die zweite und vierte Regel relevant.

Reduplikation drückt in der türkischen Lautsymbolik Kontinuität, Kraft und Intensität aus (Zülfikar 1995:22). Außerdem wird durch reduplizierte Formen angedeutet, daß Bewegungen nacheinander und mehrfach stattfinden (Zülfikar 1995:123). Ideophone, die sich auf Ereignisse beziehen, die sich nicht wiederholen, werden nicht redupliziert (Demircan 1996[y]:184). Es kann sich dabei nur um (einsilbige) Primärformen handeln, die kein Kontinuitätssuffix tragen (vgl. §4.2.2). B31 ist entsprechend nicht möglich, sondern nur die Quotativkonstruktion in B30:

B30. Askerî bir cip [...] apartman-ın kapı-sı ön-ü-nde TÜR militärisch eins Jeep Mietshaus-GEN Tür-POSS.3 Vorderseite-POSS.3-LOK

zınk diye dur-du stop QUOT steh-PRT(3.SG)

„Ein Militärjeep hielt vor der Tür des Mietshauses mit einer Vollbremsung an.“ (TDK 1988 s.v. zınk)

30 „Anlatım gücünü artırmak, anlamı pekiştirmek, kavramı zenginleştirmek amacıyla aynı sözcüğün

tekrar edilmesi, veya anlamları birbirine yakın yahut karşıt olan ya da sesleri birbirini andıran iki sözcüğün yan yana kullanılmasıdır.“

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 37

B31. *Zınk zınk otur-du. TÜR stop stop sitz-PRT(3.SG) „Er setzte sich abrupt hin.“ (Demircan 1996[y]:184)

Reduplikation ist also ein höchst ikonisches Verfahren. Sie ist im Türkischen nicht auf die Ideophonie beschränkt. So wird z.B. Reduplikation auch bei der Elativbildung eingesetzt. Hierbei wird nur die erste Silbe redupliziert und ein Füllkonsonant eingesetzt: k¸rm¸z¸ „rot“, k¸pk¸rm¸z¸ „knallrot“; yeni „neu“, yepyeni „nagelneu“ (Tekinay 1988:92). Reduplikation erfolgt auch bei den Partizipien auf -e (-a), die die Dauerhaftigkeit einer Handlung ausdrücken:

B32. Damla-ya damla-ya göl ol-ur. TÜR tropf-PART tropf-PART See AUX.INTR-DISP(3.SG) „Durch vieles Tropfen entsteht ein See.“ (Wendt 1985:97)

Insgesamt läßt sich festhalten, daß die Reduplikation einen zentralen Platz im türkischen Sprachsystem einnimmt und sich bei weitem nicht auf Ideophone beschränkt (Hatibog*lu 1981:9). Reduplikationen lassen sich in allen Turksprachen schon in den frühesten Aufzeichnungen finden (o.c.:61). Auch diese Tatsachen dürften erklären, warum die Ideophone, deren Charakteristikum in allen Sprachen ja die Reduplikation ist, sich im Türkischen so zahlreich entwickelt und erhalten haben.

4.2.3.2 Alternation

Bei einigen Reduplikationen sind die reduplizierten Bestandteile nicht identisch (partielle Reduplikation). Hier dienen Alternationen der Vokale und Konsonanten dazu, sich dem Naturgeräusch anzunähern.

Bereits bei den Primärformen kann man Alternationen des Vokals beobachten. Diese dürften nicht arbiträr sein, sondern mit dem nachgeahmten Geräusch zusammenhängen. Als Beispiele hierfür mögen folgende Formen gelten: • cap, cıb, cib, c¸p, cip, cop, cob, cub, cup (Geräusch, das bei Bewegungen entsteht, die bei

regnerischem Wetter oder in einer Flüssigkeit durch Hand oder Fuß oder von selbst erzeugt werden);

• cang, cıng, cing, cong, cunk (Geräusch, das bei Aneinanderstoßen, Schütteln oder Reiben von Glas- oder Metallgegenständen entsteht);

• çar, çır, çir, çur, çür; şar, şır, şir, şor (Geräusch, das beim Fließen von Flüssigkeiten entsteht);

• dab, dıb, dip, düp (Geräusch, das bei lärmenden, unregelmäßigen Schritten, Trampeln entsteht);

• zang, zıng, zınk, zonk, zong (Geräusch, das bei Zittern, Vibration, Erschütterung entsteht).

Diese Beispiele ließen sich noch fortsetzen. Die Wahl eines Vokals mag hier einerseits durch eine individuell verschiedene Wahrnehmung des Geräuschs zu erklären sein, sie kann andererseits auch akustische Unterschiede zwischen ähnlichen Geräuschen widerspiegeln.

Die Vokalalternationen bei der Reduplikation sind ebenfalls auf den Versuch, Variationen der Naturgeräusche in der Sprache abzubilden, zurückzuführen. Die häufigste Sequenz ist a-u: tak

tuk, şarp şurp, şap şup, cak cuk, paf puf etc. (Marchand 1953:53). Der offene, gespreizte Vokal der ersten Silbe soll die Intensität und Kraft des Geräuschs darstellen. Würde das Geräusch genauso andauern, müßte derselbe Vokal auch in der Reduplikation vorkommen. Um aber auszudrücken, daß zwei unmittelbar aufeinander folgende Geräusche leicht

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Morphologie der Ideophone im Türkischen 38

verschieden sind, wird die Rundungsopposition produktiv genutzt (vgl. Wissemann 1954:183). Daher wird statt des a dessen gerundete Entsprechung gewählt31. Auf der semantischen Ebene kann die zweite Silbe auch als Wiedergabe einer Art Echo desjenigen Geräuschs interpretiert werden, das durch die erste Silbe ausgedrückt wird, wobei das Echo freilich anders klingt als der Originalton, nämlich „runder“. Alternation bei der Reduplikation drückt also aus, daß das Geräusch unregelmäßig ist (Demircan 1996[y]:185). Dabei ist die Kombination a-u in den Primärformen die weitaus häufigste, dem entspricht für die vorderen Vokale e-ü.

Eine noch stärkere Befremdlichkeit und Harmonielosigkeit eines Geräusches wird in einigen Fällen dadurch ausgedrückt, daß in der ersten Silbe ein hinterer, in der zweiten Silbe hingegen ein vorderer Vokal eingesetzt wird, obwohl diese Kombinationen gegen die Vokalharmonie verstoßen. Gemäß der Annahme der Ikonizität muß für die Sprachgemeinschaft, die diesen Verstoß bei der Prägung dieser Formen begangen hat, entsprechend auf semantischer Ebene gewissermaßen ein Verstoß gegen die Lautgesetze der Natur vorliegen. Ein einleuchtendes Beispiel32 hierfür ist fanfin (etmek) „in einer unverständlichen Fremdsprache reden“. Besser kommt der fanfan weg: Hiermit wird jemand bezeichnet, dessen Sprache zwar undeutlich ist, aber noch verständlich (TDK 1988 s.v. fanfan). Immerhin hält er sich an die Vokalharmonie. Alles in allem sind Beispiele, die gegen die Vokalharmonie verstoßen, jedoch äußerst selten.

Bei einigen reduplizierten Ideophonen aber ändert sich auch der initiale Konsonant (takır

makır), bei anderen zusätzlich der folgende Vokal (paldır küldür, pat küt). Derartige Lautvariationen finden im allgemeinen nicht zwischen irgendwelchen beliebigen Lauten, sondern nur zwischen artikulatorisch und akustisch verwandten Lauten statt. Konsonanten wechseln fast nur mit Lauten gleicher Artikulationsart oder gleicher Artikulationsstelle (Wissemann 1954:151; 238).

31 Dies wäre eigentlich /o/. Die gerundeten offenen Vokale kommen im Türkischen jedoch nur in der

ersten Silbe vor, ihre Distribution ist also eingeschränkter als die der gerundeten geschlossenen Vokale. Die Opposition /o/-/u/ ist demnach auch bei der Vokalalternation aufgehoben und allein /u/ repräsentiert hier die Kategorie der gerundeten hinteren Vokale.

32 das zudem das allgemein verbreitete naive Sprachverständnis widerspiegelt, nach dem nur die eigene Sprache normal ist, alle anderen aber anormal

4.3 Phonologische Struktur

4.3.1 Phonotaktik Die segmentale Struktur der Primärformen kann als KVK oder KVKK angegeben werden. In selteneren Fällen kommen auch KV und VK vor. Demircan (1996[y]:177) kommt bei seiner Zählung der verschiedenen segmentalen Muster lautsymbolischer Formen zu dem in T7 dargestellten Ergebnis:

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 39

T7. Zählung zur Silbenstruktur

Silbenstruktur Anzahl Beispiel

KVK 680 pat

KVKK 400 p¸rt

KV 160 yaa

VK 136 ah, ey

V 8 aaa

K 4 şşş

KK 4 fsss

KKK 3 pst

Allein die beiden häufigsten Muster KVK und KVKK dürften jedoch als Primärformen für Ideophone durchgehen. Das Muster VK zählt teilweise noch dazu, hier sind noch mehrere Primärformen zu finden (siehe Anhang). Die anderen Muster sind vor allem Interjektionen, von denen keine Ideophone abgeleitet werden können. Ich lasse sie daher im folgenden unberücksichtigt. Die genannten Muster bringen es also auf mindestens 1080 Primärformen. Hinzu kommen Formen mit alternierenden Vokalen. Die Zahl der den türkischen Ideophonen zugrunde liegenden Primärformen dürfte also bei ein- bis zweitausend liegen. Es ist allerdings unmöglich, absolute Zahlen zu bekommen, da viele ähnliche Formen in freier Variation stehen. Je nach Aufnahmekriterium (mindestens einmaliges Vorkommen, auch idio- und dialektal, vs. allgemein verbreitete Formen) entstehen höhere oder niedrigere Zahlen (siehe auch Anhang).

Bei einer Phonemsequenz im Auslaut aus zwei Konsonanten ist der erste ein Sonant, der zweite ein Obstruent, meist ein Okklusiv. Eine Anlaut-Sequenz aus zwei Konsonanten ist nach den Regeln der türkischen Phonotaktik nicht zulässig, auch die Lautsymbolika halten sich an diese Regel. Nach einem Labiallaut (b, p, m, v) wird der Vokal der zweiten Silbe (die durch Anhängen des Kontinuitätssuffixes entsteht) oft gerundet, es folgt also u oder ü, da die offenen gerundeten Vokale nicht zulässig sind in nicht-initialer Silbe: bambul, cabur cubur,

debül debül, apul apul, kepür küpür, hamul hamul, avur zavur u.v.m. Dies ist auch phonologisch interessant, da progressive Assimilation bedeutet, daß ein phonologisches Merkmal von links nach rechts kopiert wird. Welches phonologische Merkmal haben aber b und u gemeinsam? Es scheint, daß die Merkmale ‘labial’ und ‘gerundet’ in Wirklichkeit in komplementärer Verteilung stehen, wobei das Gemeinsame die überdurchschnittliche (‘markierte’) Verwendung der Lippen bei der Artikulation ist. Gerundete Vokale wären also labiale Vokale.

Ferner kann bei Ableitungen Synkope auftreten. Dabei kommt es durch Wegfall eines unbetonten geschlossenen Vokals zu einer Reduktion der Silbenzahl. Ein Beipiel ist die Ableitung von hıkrılma „Schluchzen“ aus hıkır. Hierbei wird an die Sekundärform zunächst ein vokalinitiales Derivationssuffix angehängt, man erhält hık-ır-ıl. Diese Form besteht aus drei Morphemen, die sich wie durch die Bindestriche gezeigt zusammensetzen: die Primärform, das Kontinuitätssuffix -ır und das Derivationssuffix -ıl. Die Silbenstruktur, die vorher hı-kır war, wird jetzt reanalysiert zu hı-kı-rıl. Die zweite Silbe wird also zu einer offenen. Da sie unbetont ist, kann sie wegfallen, der Vokal wird also synkopiert und der Konsonant kann wieder segmental in die Primärform integriert werden, die auf diese Weise

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Phonologische Struktur 40

intakt bleibt. Es ergibt sich also die Silbenstruktur hık-rıl. Derartige Synkopen können wie gesagt nur auftreten, wenn an die Sekundärform ein Suffix angehängt wird, das mit einem Vokal beginnt, denn nur so kann die zweite Silbe zu einer offenen werden (Zülfikar 1995:30).

Des weiteren kann der Auslaut der Primärform K1VK2 geminiert werden, um zu verhindern, daß bei vokalinitialer Suffigierung – wodurch K2 zum Anlaut der zweiten Silbe würde – die Primärform auf zwei Silben aufgeteilt wird (Zülfikar 1995:84f.).

Besonders bemerkenswert ist die abweichende Distribution der Konsonanten bei Lautsymbolika. Während die Phoneme c, f, h, m, p, r, ş, z fast nie im Anlaut gewöhnlicher türkischer33 Wörter vorkommen, gelten derartige Restriktionen beim lautsymbolischen Wortschatz nicht (vgl. Demircan 1996[s]:12134). Ein Beispiel hierfür wäre das Ideophon rap

rap, mit dem Schritte nachgeahmt werden. Der theoretische Hintergrund dieser Auffälligkeit wurde bereits in §1 erläutert.

Bei der Wiedergabe von Lautsymbolika durch die Primärformen mit der Struktur K1VK2(K3) übernimmt ein Konsonant die Hauptaufgabe, er soll die Assoziation zum Naturgeräusch herstellen, der andere spielt dabei nur eine unterstützende oder ergänzende Rolle (vgl. Dmitrijev 1927:110). Diese Theorie könnte erklären, daß K1 und K2 fast nie identisch sind (Demircan 1996[y]:178). Eine ausführlichere Diskussion der Korrelationen einzelner Konsonanten mit semantischen Domänen findet in §4.3.3 statt.

Ein weiteres Argument zugunsten einer non-arbiträren Beziehung zwischen Significans und Significatum der Lautsymbolika könnte zudem die Tatsache darstellen, daß bestimmte Konsonantenkombinationen innerhalb der das Geräusch am direktesten wiedergebenden Primärform K1VK2 nicht anzutreffen sind. Dies betrifft vor allem die Kombination von bestimmten stimmhaften mit bestimmten stimmlosen Konsonanten, wie sie in T8 dargestellt wird (nach Zülfikar 1995:64).

33 Man darf sich hierbei nicht durch einen Blick ins Wörterbuch täuschen lassen. Die Übernahme

tausender Wörter aus dem Arabischen und Persischen hat zu Unregelmäßigkeiten in der Phonologie des Türkischen geführt. Nichtsdestoweniger lassen sich phonologische Regelmäßigkeiten bei den Wörtern türkischen Ursprungs erkennen. Um diese geht es hier.

34 Demircan erkennt nicht, daß für Lautsymbolika andere phonologische Regeln gelten als für den rein arbiträren Wortschatz. So bezeichnet er die Behauptung, besagte Phoneme könnten nicht im Anlaut türkischer Wörter stehen, als falsch, denn sie stünden ja im Anlaut der Lautsymbolika, welche zweifellos Wörter seien!

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 41

T8. Ausgeschlossene Kombinationen von K1 und K2 in den Primärformen

Anlaut (K1) Auslaut (K2)

b p

p b

c ç

d t

p c

t c

t d

Zusammengefaßt läßt sich feststellen, daß es eine Tendenz zu einer Übereinstimmung innerhalb der Primärformen hinsichtlich des phonetischen Merkmals ‘Stimmhaftigkeit’ gibt und daß bestimmte Kombinationen (wenn auch nicht alle) von stimmlosen und stimmhaften Konsonanten daher ausgeschlossen sind. Einige der hier nicht aufgelisteten Kombinationen wie c7Vd-, bVc7- und bVt- werden zwar dialektal angetroffen, sind aber selten und beruhen meist auf Lautwandel (Zülfikar 1995:64f.). Diese Stimmhaftigkeitsharmonie wird damit zusammenhängen, daß bei stimmlosen Konsonanten die Artikulation kraftvoller ist35 und daher mit kraftvolleren Geräuschen und Geräuschquellen assoziiert wird und es daher inkonsistent wäre, zuerst durch einen stimmlosen Konsonanten zu betonen, daß ein Geräusch kraftvoll ist, und diesen Eindruck anschließend durch einen stimmhaften Konsonanten zu entkräften. Es bleibt jedoch zu untersuchen, inwieweit diese Stimmhaftigkeitsharmonie nur auf den lautsymbolischen Wortschatz beschränkt ist oder ob sie eventuell mit phonotaktischen Regularitäten des Türkischen zusammenhängt.

4.3.2 Vokale

Die Alternativen zwischen verschiedenen Vokalen bei Ideophonen sind meist motiviert, d.h. daß bestimmte phonetische Merkmale der Vokale mit semantischen Merkmalen des Significatums korrelieren. Einen einleuchtenden Beweis bietet die ı-a-o-Alternation des folgenden Ideophons:

• şırıl şırıl (beschreibt das eintönige Fließen von Wasser in geringen Mengen);

• şarıl şarıl (beschreibt das laute Fließen von Wasser in großen Mengen);

• şorul şorul (beschreibt das lärmende Fließen von Wasser in großer Menge);

Daß die Alternation des Wurzelvokals nicht zufällig ist, zeigt auch die Gegenüberstellung von faşır und fışır: Faşır gibt das Geräusch wieder, das entsteht wenn eine große Menge Flüssigkeit fließt, fışır hingegen bezieht sich auf langsames Plätschern.

Der Mensch, der Geräusche verschiedener Qualität wahrnimmt, nutzt die Möglichkeiten seiner Sprache, um die entsprechenden Wörter den Naturgeräuschen anzunähern. Es besteht dabei eine motivierte Beziehung zwischen den Vokalen und den nachgeahmten Geräuschen,

35 Die Verschlußzeit bei stimmlosen Konsonanten ist in der Regel länger und der aufgebaute Druck

höher.

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Phonologische Struktur 42

die hier vor allem in den Primärformen zum Ausdruck kommt, da diese am unmittelbarsten die Geräusche der Natur wiedergeben. Wissemann bemerkt hierzu treffend, daß „im rein notionalen semantischen Bereich der Sprache das Wort und höchstens noch das Kompositionsglied bzw. Suffix die kleinste Sinneinheit“ ist, daß aber „im onomatopoetischen Bereich darüber hinaus Silbe, Lautgruppe und Laut“ Sinneinheiten darstellen (Wissemann 1954:139).

In bezug auf das Türkische läßt sich zunächst Folgendes festhalten: Ist der Vokal einer Primärform ein hinterer, offener und gespreizter (a), oder ein hinterer, offener und gerundeter (o) Vokal, so wird vermittelt, daß das imitierte Geräusch kraftvoll, heftig und kontinuierlich ist. Dies hängt primär mit der tieferen Frequenz des Formanten F2 zusammen, sekundär kommt ein artikulatorischer Symbolismus hinzu, wo weite Öffnung des Kiefers und hoher Abstand zwischen Zunge und Gaumen Größenverhältnisse in der Wirklichkeit nachbilden. Ist der Vokal der Primärform hingegen ein vorderer, gespreizter, geschlossener (i) oder ein hinterer, gespreizter, geschlossener (ı) Vokal, so ist das imitierte Geräusch kraftlos, sanft und schwach. Bei diesen Vokalen ist nämlich der Luftstrom am geringsten. Zusammengefaßt repräsentiert ein offener Vokal Heftigkeit, Kraft, Intensität, dumpfen Klang, Größe und hohe Beteiligung, ein geschlossener Vokal hingegen eine insgesamt schwächere Ausprägung dieser Eigenschaften (Zülfikar 1995:25). Demircan kommt zu demselben Ergebnis. Es kann also als klar erwiesen gelten, daß das phonetische Merkmal [+offen]36 mit dem semantischen Merkmal [+heftig] korreliert (Demircan 1996[y]:186, 1996[s]:117 und 1997:191). Ein weiteres eigenes Beispiel hierfür sind B33 und B34.

B33. Adam tin tin uzak-laş-tı. TÜR Mann leise leise fern-PROZ-PRT(3.SG) „Der Mann schlich leise fort.“ (Y.T.)

B34. Adam tan tan uzak-laş-tı. TÜR Mann laut laut fern-PROZ-PRT(3.SG) „Der Mann entfernte sich laut.“ (Y.T.)

Die Opposition [+/-offen] ist die bedeutendste, da mit ihr die Intensität abgestuft wird. Wie in §5.1 dargestellt, ist Graduierbarkeit konstitutiv für Ideophonie. Diese Opposition wird fast ausschließlich durch die Phoneme a vs. ı ausgedrückt (Marchand 1953:53). Dies könnte damit zusammenhängen, daß diese Phoneme außer beim relevanten Parameter ‘Öffnungsgrad’ hinsichtlich der beiden anderen Parameter ‘Artikulationsstelle’ und ‘Lippenstellung’ den jeweils unmarkierten Wert repräsentieren. Dies ist ein Fall von Neutralisation (vgl. §2.2.3): Während im arbiträren Lexikon alle acht Wurzelvokale in Opposition zueinander stehen können, reduziert sich die Opposition bei den Ideophonen auf ein bis zwei Merkmale. Mehrere Vokale, z.B. i und ı, werden zu Allophonen, da durch Austausch keine Opposition zustande kommt. Sie stehen in der Tat bei den Ideophonen oft in freier Variation.

Die Opposition [+/-vorne] kommt selten vor – die Vokalharmonie scheint paradigmatischen Substitutionen zwischen vorderen und hinteren Vokalen im Wege zu stehen. Für die Opposition [+/-gespreizt] gibt es einige Beispiele. Neben dem oben angeführten şarıl vs. şorul sind noch B35-B36 besonders anschaulich, denn dort gibt es neben der Rundungsopposition eine Entsprechung zwischen dem Öffnungsgrad der Artikulatoren und dem „Öffnungsgrad“ in der Realität. Der geschlossene, gespreizte Vokal ı bildet hier ein Entweichen durch eine enge Öffnung ab, der offene, gerundete Vokal o drückt eine größere Öffnung aus.

36 Korrekter wäre [-geschlossen], da die geschlossenen Vokale gegenüber den offenen markiert sind.

Die im Text gewählte Darstellung hat jedoch den Vorteil, daß zwei positive Werte in Zusammenhang gebracht werden können.

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 43

B35. Patlak hortum-dan su fışş diye fışkır-dı. TÜR geborsten Schlauch-ABL Wasser spritz QUOT spritz-PRT(3.SG) „Aus dem geborstenen Schlauch spritzte das Wasser.“ (K.)

B36. Sifon-u çek-ince su foşş diye ak-tı. TÜR Toilettenspülung-AKK zieh-PART Wasser rausch QUOT fließ-PRT(3.SG) „Beim Betätigen der Toilettenspülung rauschte das Wasser herab.“ (K.)

Letztendlich können wissenschaftliche Analysen nie perfekter sein als die Wirklichkeit. Während die Natur unglaublich komplex ist, ist die Wissenschaft auf der Suche nach absoluter Regelhaftigkeit. Das hier Gesagte kann also sowieso nur eine Annäherung an eine Wirklichkeit sein, die der Kategorisierung im Grunde widerstrebt. Ferner unterliegen auch motivierte Zeichen dem semantischen Wandel (und entfernen sich somit vom ikonischen Pol), so daß man auch Beispiele finden kann, die sich nicht mit den obigen Erkenntnissen analysieren lassen. Dies wäre z.B. bei der Opposition pırıl pırıl vs. parıl parıl der Fall. Hier läßt sich kein Unterschied hinsichtlich der Heftigkeit erkennen. Die beiden Formen haben annähernd dieselbe Bedeutung „glänzend“. Doch während parıl parıl auffällige Helligkeit oder Lichtreflexion zum Ausdruck bringt, hat pırıl pırıl die Nebenbedeutung „sauber“ und besitzt sogar die metaphorischen Bedeutungen „neuartig“ und „tadellos“ (TDK 1988 s.v. pırıl

pırıl; vgl. auch §5.5). Ein Zusammenhang damit, daß diese Formen nur sekundär lautsymbolisch sind, ist nicht auszuschließen.

4.3.3 Konsonanten

Die Primärformen der kanonischen Struktur KVK bestehen aus einem assoziativen Konsonanten, der das wahrgenommene Geräusch so genau wie möglich abbildet, und einem unterstützenden Konsonanten, der den durch den assoziativen Konsonanten ausgelösten Höreindruck verstärkt oder zusätzliche Merkmale zum Ausdruck bringt. Diese können sowohl im Anlaut als auch im Auslaut der Primärfomen stehen.37

Als Beispiel mag der Konsonant z angeführt werden. Er wird mit folgenden Geräuschen assoziiert:

• etwas, das im Feuer brennt oder gebraten wird (z.B. cazırtı„Lodern“);

• Insekten (z.B. baz „Wespenart“);

• Weinen, Wimmern (z.B. dızdız „Heulsuse“);

• Das Geräusch, das entsteht, wenn Wasser auf Feuer gegossen wird oder ein glühender Gegenstand in Wasser getaucht wird (z.B. bazırdı „Geräusch von Wasser, das auf glühendes Eisen gegossen wird“).

In den genannten Beispielen ist z jeweils Auslaut der Primärformen caz, baz, dız. Er übernimmt die assoziative Funktion. Viele der Primärformen, die z im Anlaut haben, lassen sich aber nicht auf die oben genannten Grundbedeutungen zurückführen, da dort das z nur die

37 Eine andere Zuordnung wird von Wissemann (1954:173) vorgeschlagen: Die Laute nach dem

Silbengipfel bzw. im absoluten Auslaut drückten nie das Geräuschganze, sondern immer nur das Ende des Geräusches bzw. eines Geräuschteiles aus. Die im absoluten Anlaut stehenden Laute könnten entweder Ausdruck des Geräuschanfangs oder des Geräuschganzen sein. Allerdings beziehen sich seine Erkenntnisse auf Sprecher des Deutschen, während Zülfikar sich explizit auf das Türkische bezieht. Es ist aber unwahrscheinlich, daß es in diesem Punkt Unterschiede zwischen den beiden Sprachen gibt. Die beiden Interpretationen wären dann zu vereinigen.

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Phonologische Struktur 44

Rolle des unterstützenden Konsonanten hat. Ähnlich verhält es sich bei dem Laut ş, der als assoziativer Konsonant türkischer Ideophone wie şarıl, şırıl, şorul die Grundbedeutung „Gießen, Fließen von Flüssigkeiten“ hat. Diese Grundbedeutung gilt jedoch nicht für alle Lautsymbolika, bei denen ş 7 im Anlaut steht, wie z.B. şap „Kußgeräusch“. Bei diesem Beispiel ist nicht das ş, sondern der Auslaut p der assoziative Konsonant (Zülfikar 1995:37).

Schon Marchand (1953:50f.) hat in ähnlicher Weise auf systematische Beziehungen zwischen Significans und Significatum hingewiesen: Vibrierende Geräusche würden meist mit nasalen Konsonanten, sowie r und z wiedergegeben, Luft- und Wassergeräusche fänden ihren Ausdruck in s und ş. Plosivlaute im Auslaut symbolisierten schnelle, plötzlich abbrechende Geräusche oder Bewegungen. Er nennt diese Konsonanten lautsymbolischer Wörter ‘expressive Sprachlaute’.

Im folgenden soll zusammengefaßt die semantische Beschreibung der Konsonanten dargestellt werden, wie sie von Zülfikar (1995:38ff.) und Marchand (1953:55ff.) vorgenommen wird. Auf Beipiele wird aus Platzgründen und um eine bessere Übersichtlichkeit zu gewährleisten meist verzichtet:

• b, p: „Knall“, „Explosion“; „lautes Schlagen“, „Stoßen“, „Fallen“ (hauptsächlich p); „sprudelnd austretendes (kochendes) Wasser“ (hauptsächlich b); „holprige, ungeschickte Fortbewegung“; „undeutliches Sprechen und Schreien“. Auffällig ist die häufige Verwendung von p im Anlaut, die nach der türkischen Phonotaktik ansonsten unüblich ist.

• c, ç: hier fällt die leichte Substituierbarkeit auf, denn diese beiden Affrikaten stehen bei Lautsymbolika oftmals in (dialektal eingeschränkter) freier Variation zu anderen Lauten, z.B. bei cokurdamak (Dialekt von Isparta) = fokurdamak (Standard); „brodeln“, cırtmak

(Dialekt) = yırtmak (Standard) „zerreißen“. Da diese Laute zudem die phonetischen Eigenschaften der Frikative und Okklusive in sich vereinigen, können sie in den vielfältigsten Bedeutungen eingesetzt werden. Auch hier ist bemerkenswert, daß c häufig im Anlaut steht, was ansonsten unüblich ist. Marchand bezeichnet c als affektischen Ursprungs.

• d, t: das stimmlose t wird bevorzugt für Geräusche des Schlagens und Stoßens verwendet, da es mit höherem Druck artikuliert wird als sein stimmhaftes Gegenstück und daher kraftvoller klingt. Es wird hierbei vor allem durch als ebenso kraftvoll empfundene velare Okklusive unterstützt (in den Primärformen tak, tık, tik, tok, tuk). d wird ferner in lautsymbolischen Formen mit der Bedeutungskomponente „schwatzen“ verwendet, d und t für unregelmäßige Fortbewegung. d drückt außerdem lästige, unangenehme Geräusche aus.

• f, v: „Fliegen“, „Schleudern“, „Rotation“, „Wind- und Wassergeräusche“, wobei der labio-dentale Frikativ das Geräusch der Reibung durch den Luftwiderstand nachahmt. f wird häufig als unterstützender Konsonant für Sibilanten gebraucht, da es diesen phonetisch ähnlich ist. v steht häufig in freier Variation zu b und wird dann mit der Bedeutung „störendes Reden, Schwatzen“ assoziiert. Marchand vertritt die Auffassung, daß der Ausdrucksgehalt bei d und v „sekundär aus einer mehr oder weniger zufälligen Gruppierung von bedeutungsverwandten Wörtern zu verstehen sei“ (1953:51). Dies würde also unter konventionelle Lautsymbolik fallen.

• h: Auch dieser Laut kommt normalerweise nicht im Anlaut türkischer Wörter vor, er wird jedoch häufig im Anlaut von Lautsymbolika verwendet. Er steht vielfach in Variation mit k. Er wird mit Geräuschen assoziiert wie das Rauschen des Wassers, wobei der Luftstrom bei der Artikulation des h, der sich nach der eigentlichen Artikulation am Artikulationsort, der Glottis, durch den gesamten oberen Artikulationstrakt windet, wohl mit dem Wasserstrom in Verbindung gebracht wird. Eine andere naheliegende Assoziation ist die

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 45

mit Atemgeräuschen. Bekanntermaßen werden die meisten Artikulationsorgane nur sekundär zum Sprechen eingesetzt, dienen primär aber anderen Tätigkeiten, vor allem bei der Atmung und der Nahrungsaufnahme. Hier bilden also die Artikulatoren im Rahmen ihrer Sekundäraktivität ihre eigene Primäraktivität nach. Dies scheint eine der ursprünglichsten Formen von Onomatopöie überhaupt zu sein.

• k, g, ğ: „Gans-, Huhn-, Vogel-, Entenstimmen“; Der stimmlose Okklusiv k wird ferner bei der Nachahmung von Lachen und Stottern verwendet. ğ als ursprünglich stimmhafter velarer Frikativ gibt gleichermaßen Tier- und Menschengeschrei wieder, allerdings erscheint er nicht im Anlaut. g wird auch für knarrende, knurrende Geräusche und solche, die mit der Kehle oder Gurgel assoziiert werden, benutzt.

• m: wie oben erwähnt kommt m nicht im Anlaut von Wörtern türkischen Ursprungs vor, mit Ausnahme der Lautsymbolika. Diese ahmen häufig Tierstimmen nach, vor allem die von Ochsen, Büffeln und Kamelen, Ziegen und Schafen. Durch Übertragung auf den Menschen bezeichnen sie hier undeutliches, schwer verständliches Sprechen.

• n, [N]: Die Nasalität dieser Laute wird vor allem mit dem Klang von Metallgegenständen assoziiert. Sie stehen dabei vor allem im Auslaut der Primärformen. Erstaunliche Ähnlichkeiten bestehen zu deutsch Gong, Klang, ding dong, lat. tinnire, sonus, engl. ring

usw. Die Annahme einer non-arbiträren Motivation derartiger Sprachzeichen wird durch solche übereinzelsprachlichen Tendenzen bestärkt (vgl. Wissemann 1954:238).

• r, l: diese Liquida übernehmen nur selten die Funktion des assoziativen Konsonanten. Meist ergänzen sie diesen, um das Andauern des nachgeahmten Geräuschs zum Ausdruck zu bringen. Zudem sind in den Suffixen lautsymbolischer Wörter dominant (vgl. § 4.2.2).

• s, z: s erscheint meist im Auslaut der Primärformen. Es hat dabei eher die unterstützende Funktion inne. Für die Theoriebildung zur Lautsymbolik interessant ist die Beobachtung, daß hier in einigen Beispielen Phoneme in freier Variation zueinander stehen, die kaum phonetisch ähnlich sind. Ein Beispiel hierfür ist homurdanmak/somurdanmak „(Menschen) grummeln“ (Aufhebung von Oppositionen in lautsymbolischen Wörtern, siehe §2.2.3). Zu z siehe oben.

• ş drückt vor allem das Fließen des Wassers aus38. Daneben wird es mit Atemgeräuschen, vor allem durch die Nase, assoziiert. Steht der Konsonant ş im Auslaut der Primärform, kann er Reibegeräusche von Papier oder Stoff nachahmen. Zudem kommt ş auch im Auslaut der die Sekundärformen bildenden Suffixe vor39 und teilt sich diese Aufgabe mit r

und l, die im allgemeinen an dieser Stelle in Form des Kontinuitätssuffixes stehen. An diesem Konsonanten wird noch eine andere Besonderheit deutlich: es kann Präferenzen im Zusammenspiel von assoziativem und unterstützenden Konsonanten geben. So wird ş in seiner Funktion als assoziativer Konsonant meist durch die Konsonanten f, h und m

ergänzt.

38 Nach Rubino (1999:2) übernimmt im Ilocano der etwas weiter vorne gebildete Frikativ /s/ diese

Funktion. Dies mag auch damit zusammenhängen, daß es in dieser Sprache kein Phonem /S/ zu geben scheint.

39 z.B. in tıpış tıpış yürümek „mit kurzen Schritten schnell laufen“. Nach Meinung Zülfikars drückt die Endung –ış in diesem Beispiel Sympathie und Zuneigung aus (Zülfikar 1995:61). Es ist immerhin bemerkenswert, daß derselbe Laut [S] auch im Baskischen Diminutive und Hypokoristika bildet (Peillen 1995:15 und Walter 1994:219). Jakobsons Erklärung läßt einen Zusammenhang erkennen: „Dans les dialectes basques, la palatalisation qui relève la tonalité des consonnes introduit une idée de diminution.“ (Jakobson 1966:34)

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Phonologische Struktur 46

In Demircan 1996[s] (121-122) werden ähnliche, wenn auch weniger ausführliche und präzise Zuordnungen zwischen Situationen und Konsonanten aufgeführt. So wird auch hier darauf aufmerksam gemacht, daß das Phonem s 7 vor allem bei Wassergeräuschen Anwendung findet. „Klingen“ (trk. tınlama) wird durch Nasale ausgedrückt, wodurch bei Geräuschen von Lebewesen m am Anfang und n am Ende der Primärform stehen können (mış 7, mız, fink, fınk

etc.) während bei Leblosem nur n am Ende steht (tın, tan, dank, vın etc.). Trinkgeräusche werden mit l, Eßbewegungen mit den Artikulationsbewegungen der Sequenz h-p nachgeahmt (hapır küpür). In diesem Zusammenhang fällt auf, daß die türkische Wurzel hap der deutschen Wurzel ham entspricht. Die Gemeinsamkeit liegt darin, daß der Verschluß bilabialer Konsonanten als besonders dicht empfunden wird. Beim Essen werden zwar nicht die Lippen, sondern die Kiefer zusammengepreßt, aber letzteres wäre beim Sprechen wirkungslos. Der Kieferverschluß wird daher durch das Verschließen der Lippen nachgeahmt

Demircan wählt in seinem 1997 erschienenen Aufsatz eine etwas andere Art der Beschreibung, indem er statt einer Verbindung zwischen Lauten und Situationen solche zwischen einzelnen semantischen und phonologischen Merkmalen sucht. Er tut dies aber nicht konsequent, da auch er sich oft auf Phoneme bezieht. Einige dieser Beziehungen sind – da Ikonizität vorliegt – offensichtlich, so die Grundaussage, daß punktuelle Geräusche und Plötzlichkeit, sei es im Ganzen, am Anfang oder am Ende, mit punktuellen Konsonanten, also Okklusiven abgebildet werden. In anderen Fällen werden semantische Merkmale des Geräusches und solche des Subjektreferenten vermischt. Da feste Stoffe aber andere Resonanzeigenschaften haben als solche jenseits des Schmelzpunktes, läuft die Zuordnung grosso modo auf dasselbe hinaus. Für eine ausführlichere Darstellung seiner Zuordnungen ist hier kein Platz. Es sei auf Demircans Publikation selbst (1997:197-200) verwiesen.

4.4 Wortarten und Derivation Ideophone weisen hinsichtlich ihrer Derivationsmöglichkeiten Besonderheiten auf, die sie vom restlichen Wortschatz unterscheiden. So treten bestimmte Derivationssuffixe nur an Ideophone. Andererseits können aus Ideophonen bestimmte Wortarten wie Pronomen oder Adpositionen nicht abgeleitet werden.

4.4.1 Nominalisierung Die durch das Kontinuitätssuffix -ıl/-ır gebildeten Sekundärformen können durch Anfügung von -dı (-di, -du, -dü); -tı (-ti, -tu, -tü) regelmäßig nominalisiert werden. Dieses Suffix scheint auf Ideophone beschränkt.40 Das Beispiel fok-ur-tu läßt sich folgendermaßen analysieren: Zunächst wird das Geräusch, das bei heftigem Kochen entsteht, durch die Primärform fok

nachgeahmt. Das Andauern des Geräusches über einen längeren Zeitraum wird durch das per Derivation gebildete Ideophon fokur ausgedrückt. Von dieser Sekundärform kann nunmehr das Substantiv fokurtu abgeleitet werden, das mit „(das) Brodeln“ übersetzt werden kann. Auffällig bei dieser Form der Derivation ist der häufige Verstoß gegen die Konsonantenharmonie (vgl. §3.2.3), denn nach den stimmhaften Liquiden müßte das Suffix eigentlich mit einem stimmhaften Konsonanten anlauten. Möglicherweise kann auch dies als eine der phonologischen Unregelmäßigkeiten gelten, die charakteristisch für Ideophone sind.

40 Bei Wörtern wie görüntü „Bild“, sıkıntı „Sorge, Langeweile“, alıntı „Zitat, Entlehnung“ handelt

sich um Ableitungen der Verben görmek „sehen“, sıkmak „langweilen“ bzw. almak „nehmen“ mittels des Suffixes -(ı)ntı.

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 47

Es kommt aber auch vor, daß die reine Primärform nominal verwendet wird, die dann meist die Geräuschquelle bezeichnet. Als Beispiele hierfür können cız „Feuer“ (i. d. Kindersprache) und hık „Schluckauf“ angeführt werden. Daneben werden auch nicht-reduplizierte Primärformen gelegentlich adjektivisch oder adverbial verwendet. Wesentlich häufiger ist jedoch der reduplizierte Gebrauch. Reduplizierte Primärformen können in einigen Fällen auch substantivisch gebraucht werden, z.B. havhav „Hund“ (Kindersprache, vgl. Wauwau), civciv

„Küken“.

Einige Sekundärformen können ebenfalls nominal gebraucht werden, z.B. c7akıl

„Kieselstein“, ığıl „fast stehender Bach“.

Zülfikar führt noch weitere Nominalisierungssuffixe auf, wie -ık und -lak (Zülfikar 1995:143ff.). Diesbezüglich ist lediglich die folgende Feststellung bemerkenswert: Während die zuletzt genannten Suffixe auch Konkreta (B37) bilden können, bildet die Endung -tı im Rahmen der Ideophonie ausschließlich Abstrakta (B38) (vgl. Demircan 1996[y]:188).

B37. hıçkırık „Schluckauf“, sümük „Schleim“, tükürük „Speichel“ TÜR

B38. fokurtu „Brodeln“, parıltı „Glanz“, şırıltı „Rieseln“, çatırtı „Prasseln“ etc. TÜR

Die aufgeführten Suffixe sind für die Fragestellung dieser Arbeit ansonsten von untergeordneter Bedeutung.

4.4.2 Verbalisierung

Zur Verbalisierung von Ideophonen werden hauptsächlich die Suffixe -da (-de), -ta (-te) und -kır (-kir, -kur, -kür; -gır, -gir, -gur, -gür) eingesetzt, an die wiederum die Infinitivendung -mak (-mek) tritt. Interessant ist, daß -da an die Sekundärformen, -kır hingegen nur an die Primärformen angehängt wird. Entsprechend der Konsonantenharmonie tritt an die mit -ır/-ıl

erweiterten Formen -da/-de, an die mit -ış 7 erweiterten regelmäßig -ta/-te, aber auch unregelmäßig -da/-de. Außerdem ist bemerkenswert, daß das Suffix -de/-da nur zur Verbalisierung von Ideophonen benutzt werden kann, bei anderen Derivationen aber nicht vorkommt (Kornfilt 1997:456; Bazin 1968:65; Lewis 1967:231; Dmitrijev 1927:108). Dort lautet das Verbalisierungssuffix -le (-la). Das dürfte damit zusammenhängen, daß die Sekundärformen bereits auf Liquid enden und ein Suffix, das auf Liquid anlautet, Dissimilation auslöst, um zu vermeiden, daß zwei Liquiden an der Morphemgrenze aufeinandertreffen. Demircan bezeichnet dies als phonetischen Ausgleich (1996[s]:119). Bemerkenswert ist jedoch, daß Dissimilation auf die Suffixation von Ideophonen beschränkt scheint, denn an anderen Wörtern auf Liquid findet sie nicht statt, z.B. pullamak „frankieren“

von pul „Briefmarke“ oder s 7ekerlemek „zuckern“ von s7eker „Zucker“. Eine ausführliche Diskussion der Dissimilation enthält Dmitrijev 1927. Er führt Ausnahmen von der Dissimilation hauptsächlich auf fremden Ursprung der Basis oder offenen Vokal in der zweiten Silbe zurück.

So wie -de/-da nur an Sekundärformen treten kann, kann die Endung -kır nur an Primärformen gehängt werden. Die Distribution der Suffixe -da und -kır ist somit ein strukturelles Kriterium für die Bestimmung von Ideophonen. Daneben können einige Primärformen mit dem allgemein bei Verbalisierungen produktivsten Suffix -la/-le erweitert werden, z.B. parlamak „strahlen“ (neben der erweiterten Sekundärform parıldamak),

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Wortarten und Derivation 48

c7atlamak „platzen, zerspringen“. Auch reduplizierte Primärformen, die mit -la deriviert worden sind, lassen sich finden, wie pohpohlamak

41 in B39.

B39. O-nu öyle pohpohla-ma-yın, TÜR 3.SG-AKK so schmeichel-NEG-IMP.PL

sonra böbürlen-me-ye başla-r. dann protz-INF-ALL beginn-DISP(3.SG)

„Lobt ihn nicht so, sonst fängt er noch an zu protzen.“

(TDK 1988 s.v. pohpohlamak))

Dort, wo die Alternative zwischen derivierter Primärform und derivierter Sekundärform existiert, ergibt sie einen Intensitätsunterschied (statt eines aspektuellen Unterschiedes, wie es durch das zusätzliche Kontinuitätssuffix nahegelegt werden könnte). So ist in den a.-Versionen von B40-B42 das Geräusch oder der Eindruck jeweils schwächer als in den b.-Versionen.

B40. a. Elif horl-uyor. TÜR Elif schnarch-PROG(3.SG)

b. Elif horuld-uyor. Elif schnarch-PROG(3.SG) „Elif schnarcht.“ (Y.T.)

B41. a. Elmas parl-ıyor. TÜR Diamant strahl-PROG(3.SG)

b. Elmas parıld-ıyor. Diamant strahl-PROG(3.SG) „Der Diamant glänzt.“ (Y.T.)

B42. a. Dere gürl-üyor. TÜR Bach rausch-PROG(3.SG)

b. Dere gürüld-üyor. Bach rausch-PROG(3.SG) „Der Bach rauscht.“ (Y.T.)

Einige Primärformen können ohne Anfügung eines Derivationssuffixes verbal verwendet werden, wie yırtmak und tepmek in B43-B44, obwohl hier nicht in allen Fällen Klarheit herrscht, ob es sich wirklich um eine lautsymbolische Wurzel handelt.

B43. Yürü-r-ken sert bir şey TÜR zu.Fuß.geh-DISP-PART hart eins Sache

paça-m-ı yırt-tı ... Hosenbein-POSS.1.SG-AKK zerreiß-PRT(3.SG)

„Beim Gehen hat etwas Hartes mein Hosenbein zerrissen ...“ (TDK 1988 s.v. yırtmak)

41 Dies wäre ein Beispiel, wo fraglich ist, wie es auf Onomatopöie beruhen kann. Die heutige

Bedeutung könnte durch metaphorischen Wandel entstanden sein.

Page 61: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 49

B44. Ayağ-ı-nı tep-me-si-yle birlikte hayvan-ı TÜR Fuß-POSS.3-AKK tret-INF-POSS.3-KOM zusammen Tier-AKK

kapı-ya kadar fırlat-tı. Tür-ALL bis schleuder-PRT(3.SG) „Mit einem Fußtritt hat er das Tier bis zur Tür geschleudert.“ (Y.T.)

Das Suffix -ele/-ala drückt schnelle und häufige Wiederholung aus und tritt vorrangig an Primärformen (Zülfikar 1995:117). Wir haben es hier also mit einem Derivationssuffix mit auffallend spezifischer Semantik zu tun, was wieder einmal zeigt, daß Derivation eine sowohl grammatische als auch lexikalische Operation ist. Aufschlußreich ist der Vergleich von tepmek in B44 mit tepelemek in B47.

B45. Şişe-de-ki ilâc-ı çalkala-mak TÜR Flasche-LOK-ADJR Medizin-AKK schüttel-INF „die Medizin in der Flasche schütteln“ (TDK 1988 s.v. çalkalamak)

B46. Yağmur iyi-den iyi-ye çisel-iyor42-du ... TÜR Regen gut-ABL gut-ALL niesel-PROG-PRT(3.SG) „Es nieselte immer stärker ...“ (TDK 1988 s.v. çiselemek)

B47. Çocuk ayağ-ı-yla yer-ler-i tepele-mek-ten yorgun düş-müştü. TÜR Kind Fuß-POSS.3-KOM Stelle-PL-AKK trampel-INF-ABL müde fall-PLUP „Das Kind war vom Auf-die-Erde-Trampeln müde geworden.“ (Y.T.)

4.4.3 Adjektivischer Gebrauch Eine Reihe von Ideophonen im Türkischen können adjektivisch gebraucht werden. Während die adverbialen Ideophone das Verb modifizieren und somit die Art und Weise des Handelns einer Entität oder einen Vorgang an ihr beschreiben, schreiben die adjektivischen Ideophone eine Eigenschaft dieser Entität direkt zu. Die Dynamizität der Situation, auf die das Ideophon referiert, scheint hierbei eine Rolle zu spielen: Je dynamischer die Situation, desto eher bieten sich Adverbien an und desto ungeeigneter sind Adjektive. Ist die Situation eher statisch, handelt es sich vornehmlich um Eigenschaften der Entitäten. Die sie repräsentierenden Nomina können dann direkt modifiziert werden. Daß Adjektive und Adverbien benachbarte Bereiche sind, beweist auch der Dispositiv: Er liegt genau am Grenzbereich von Adjektiv und Verb, wobei Adverbien und Verben hinsichtlich ihrer Dynamizität gleichzusetzen sind, da Adverbien nur aus dem Verb ausgelagerte semantische Informationen tragen und selber oft verbalisiert werden können. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß der adjektivische und der adverbiale Gebrauch der Ideophone nur zwei Spielarten der gleichen modifikativen Funktion sind, deren Skopus differiert. Es gibt Ideophone, die gleichermaßen als Adverb oder als Adjektiv gebraucht werden können (z.B. pırıl pırıl „strahlend“) und solche, die rein adjektivisch sind (z.B. pıyrım pıyrım „abgenutzt“). Attributiver (B48-B50) und prädikativer (B51-B54) Gebrauch kommt gleichermaßen vor.

B48. Sabah-leyin pırıl pırıl bir güneş-le uyan-ır-dı. TÜR Morgen-ADVR strahl strahl eins Sonne-KOM aufwach-DISP-PRT(3.SG) „Morgens wachte er bei strahlender Sonne auf.“ (TDK 1988 s.v. pırıl pırıl)

42 Vor der vokalisch anlautenden Flexionsendung -iyor fällt der Stammauslaut (hier -e) weg: c 7isele+iyor → c7iseliyor.

Page 62: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Wortarten und Derivation 50

B49. Sen pırıl pırıl bir öğrenci-sin. TÜR Du strahl strahl eins Schüler-2.SG „Du bist ein hervorragender Schüler.“ (N.Y.)

B50. kütür kütür bir elma. TÜR knack knack eins Apfel „ein knackiger Apfel“ (TDK 1988 s.v. kütür kütür)

B51. Sen pırıl pırıl-sın. TÜR Du strahl strahl-2.SG „Du bist hervorragend.“ (N.Y.; Y.T.)

B52. Bu öğrenci pırıl pırıl(-dır). TÜR D1 Schüler strahl strahl[-3.SG] „Dieser Schüler ist hervorragend.“ (N.Y.)

B53. Her taraf pırıl pırıl. TÜR jede Seite strahl strahl „Alles ist blitzblank.“ (TDK 1988 s.v. pırıl pırıl)

B54. Ceket-in yaka-lar-¸ pıyrım pıyrım. TÜR Jacke-GEN Kragen-PL-POSS.3 wetz wetz „Die Kragen der Jacke sind stark abgenutzt.“ (N.Y.)

B55. *Bu ög*renci sen-den daha pırıl pırıl. TÜR D1 Schüler du-ABL mehr strahl strahl „Dieser Schüler ist hervorragender als du.“ (N.Y.; Y.T.)

Die adjektivischen Ideophone weisen einige distributionelle Besonderheiten auf, die sie von nicht-ideophonen Adjektiven unterscheiden. So ist eine Äußerung wie B55 nicht möglich, da sie einen Vergleich enthält. Eine Erklärung liefert die besondere expressive Funktion der Ideophone: Sie dienen grundsätzlich der Hervorhebung, die Motivation eines Sprechaktes ist der vom Ideophon wiedergegebene Eindruck selbst. Für B49 bedeutet dies, daß eine solche Äußerung dadurch motiviert wird, daß der Sprecher von dem vor ihm stehenden Schüler beeindruckt ist und dies so unmittelbar wie möglich ausdrücken will. Der Vergleich in B55 ist hingegen nicht unmittelbar, denn er beruht nicht nur auf einem Eindruck, sondern setzt ihn auch noch in Relation zu einer anderen Entität, dem Vergleichsobjekt. Es handelt sich also um eine mentale Operation, die aus dem expressiven Anwendungsbereich der Ideophonie herausfällt.

4.4.4 Adverbialer Gebrauch Der adverbiale Gebrauch der Ideophone ist der weitaus häufigste. Er kann als prototypische ideophone Verwendungsweise bezeichnet werden. Dies gilt zumindest für das Türkische. Auch wenn diese Feststellung für alle Sprachen mit Ideophonen nicht so eindeutig getroffen werden kann – im Shona scheinen Ideophone eher verbalen Charakter zu haben (Kunene 1978:2), im Somali sind es feminine Substantive (Salaad Dhoorre; Tosco 1998:129) – scheint doch der adverbiale Gebrauch der häufigste (vgl. Childs 1994:180f.). Ziel ist, die Art und Weise einer Bewegung oder eines Ereignisses zu charakterisieren. Der adjektivische und der adverbiale Gebrauch können als modifikative Verwendung zusammengefaßt werden. Sie kann im Türkischen als konstitutiv für die Zugehörigkeit zur Klasse der Ideophone

Page 63: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 51

angenommen werden. Hierfür sprechen neben der Frequenz vor allem folgende Eigenschaften:

1. Die modifikativ gebrauchten Formen sind strukturell am einfachsten. Substantive und Verben sind von ihnen abgeleitet. Lautsymbolische Substantive oder Verben können nur dann als ideophon gelten, wenn sie von entsprechenden modifikativen Formen abgeleitet werden können, die die Ideophon-Kriterien erfüllen.

2. Die modifikativen Formen haben den höchsten Akzeptanzgrad. Ableitungen sind nicht immer gleichwertig, wie B56.b zeigt, wo das Verb bangırdamak nicht akzeptiert wird:

B56. a. Elif bangır bangır bağır-ıyor. TÜR Elif schrei schrei schrei-PROG(3.SG)

b. *Elif bangır-d-ıyor. Elif schrei-VR-PROG(3.SG) „Elif schreit.“ (Y.T.)

Die geläufigste Konstruktion ist die der reduplizierten Sekundärform (B56.a). Die meisten Beispiele in dieser Arbeit illustrieren dieses Verfahren.

Ein anderes häufig genutztes Verfahren, durch das die Primärform adverbial gebraucht werden kann, ist die Hinzufügung der Quotativpartikel diye. Diese geht auf ein Partizip des Verbs demek „sagen“ zurück. Die Kombination Primärform+Quotativpartikel (a-Versionen) gibt also explizit eine lautliche Komponente wieder. Die Quotativpartikel diye kommt üblicherweise nicht mit reduplizierten Formen vor, sondern nur mit der einfachen Primärform. Diye dient hier dazu, die Primärformen zu adverbialisieren. Diese sind ohne diye

Interjektionen43 oder Substantive, da sie auch in Subjekt- oder Objektposition stehen können. Da die Partikel von einem transitiven Verb abgeleitet ist, steht die einfache Primärform an dessen Objekt-Leerstelle. Erst die gesamte Partizipial-Quotativ-Konstruktion hat modifikative Funktion. Die Partikel diye ist also – wie auch die Reduplikation – konstitutiv bei der Bildung von Ideophonen aus einsilbigen Lautsymbolika und muß als ein Bestandteil dieser Ideophone betrachtet werden.

Statt mit der Quotativpartikel kann die Primärform gelegentlich auch redupliziert (b-Versionen) stehen.

B57. a. Kuş pır(r) diye uç-tu. TÜR Vogel flatter QUOT flieg-PRT(3.SG)

b. Kus 7 pır pır uç-tu Vogel flatter flatter flieg-PRT(3.SG) „Der Vogel flatterte davon.“

B58. a.Koca dolma-y¸ lop diye ağz-ı-na at-tı. TÜR riesig Dolma-AKK schling QUOT Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

b.Koca dolma-yı lop lop ağz-ı-na at-tı. riesig Dolma-AKK schling schling Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

„Er verschlang gierig das riesige Dolma (=Gericht mit beliebiger Füllung). (Y.T.)

Auffällig ist, daß die Quotativpartikel im allgemeinen nicht mit den erweiterten Sekundärformen benutzt werden kann. Als Ausnahme mag das in Demircan (1996[y]:175) angeführte Beispiel gelten, hier als B59 wiedergegeben. Doch scheint das von Demircan

43 Dies ist im übrigen ein Hinweis auf den elementaren Charakter der Interjektionen. Zum Verhältnis

von Ideophon und Interjektion vgl. auch §6.

Page 64: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Wortarten und Derivation 52

gesetzte Ausrufezeichen zu zeigen, daß die Form nicht syntaktisch in den Satz eingebaut ist und daher unter Umständen nicht als Gegenbeispiel taugt.

B59. Su-yu şaldırrr! diye üst-üm-e dök-tü. TÜR Wasser-AKK platsch QUOT Oberseite-POSS.1.SG-ALL gieß-PRT(3.SG) „Er goß mir das Wasser mit Schwung über.“

Auffällig ist zudem die Längung des finalen /r/. Längung des Konsonanten bildet hier eine längere Zeit in der Wirklichkeit ab. Diese ikonische Konsonantenlängung scheint im Türkischen nur in Verbindung mit der Quotativpartikel üblich zu sein. Längung und Reduplikation wären somit ikonische Mittel in komplementärer Verteilung. Weitere Beispiele für die finale Konsonantenlängung sind B60-B61 (=B35-B36).

B60. Patlak hortum-dan su fışş diye fışkır-dı. TÜR geborsten Schlauch-ABL Wasser spritz QUOT spritz-PRT(3.SG) „Aus dem geborstenen Schlauch spritzte das Wasser.“ (K.)

B61. Sifon-u çek-ince su foşş diye ak-tı. TÜR Toilettenspülung-AKK zieh-PART Wasser rausch QUOT fließ-PRT(3.SG) „Beim Betätigen der Toilettenspülung rauschte das Wasser herab.“ (K.)

Die Konstruktionsmöglichkeiten der Primär- und Sekundärformen werden in T9 zusammenfassend präsentiert.

T9. Adverbiale Konstruktionsmöglichkeiten der Primär- und Sekundärformen

Konstruktion

Form

einfach Quotativ redupliziert

Primär - + +

Sekundär - - +

Während die reduplizierten Formen wiederholt Wahrnehmbares ausdrücken, kann mit Hilfe der Suffixe -adak und -adan zum Ausdruck gebracht werden, daß ein Ereignis plötzlich und in einer unerwarteten Weise eintritt (Demircan 1996[y]:189). Diese Formen sind nahezu bedeutungsgleich mit der Konstruktion aus einfacher Primärform und Quotativ (B63.b), doch tritt bei ihnen der Ausdruck des Plötzlichen in den Vordergrund und kann die „Eigenbedeutung“ verdrängen. Vor dem Suffix wird der finale Konsonant der Primärform K1VK2 geminiert. Der Zweck dürfte der von Zülfikar (1995:84f.) geschilderte sein: Die Gemination soll verhindern, daß bei vokalinitialer Suffigierung – wodurch K2 zum Anlaut der zweiten Silbe wird – die Primärform auf zwei Silben aufgeteilt wird. Es dürfte zudem kein Zufall sein, daß K2 ein stimmloser Okklusiv ist: Diese dienen im allgemeinen zum Ausdruck eines plötzlichen, harten Abbruchs des Geräusches (Wissemann 1954:238).

B62. Pattadak misafir gel-di. TÜR plötzlich Gast komm-PRT(3.SG) „Plötzlich kam ein Gast.“ (TDK 1988 s.v. pattadak)

Page 65: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 53

B63. a.Koca dolma-yı loppadak ağz-ı-na at-tı. TÜR riesig Dolma-AKK schling:SPONT Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

b.Koca dolma-yı lop diye ağz-ı-na at-tı. riesig Dolma-AKK schling QUOT Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

c.Koca dolma-yı lop lop ağz-ı-na at-tı. riesig Dolma-AKK schling schling Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

d.*Koca dolma-yı lop-ur lop-ur44 riesig Dolma-AKK schling-KONT schling-KONT

ağz-ı-na at-tı. Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

„Er verschlang gierig das riesige Dolma (=Gericht mit beliebiger Füllung) (Y.T.; N.Y.)

Interessant ist, daß in B63.c auch die reduplizierte Primärform lop lop45, aber nicht die

reduplizierte Sekundärform lopur lopur (B63.d) akzeptiert wird. Letztere kann in B63 deshalb nicht verwendet werden, weil es sich um eine ungeteilte Masse handelt, die hastig verschlungen und nicht nacheinander verzehrt wird. Die Sekundärform wäre nur dann möglich, wenn das Essen in mehreren Zügen verzehrt würde, wie z.B. bei Suppe. Worauf es ankommt ist, daß sich der einzelne Verzehrakt bei lopur lopur in die Länge zieht, wie durch B64 ausgedrückt.

B64. Bir sepet incir-i lop-ur lop-ur yi-yiver-di. TÜR eins Korb Feige-AKK schling-KONT schling-KONT ess-ZEL-PRT(3.SG) „Er verschlang hastig einen Korb Feigen.“ (TDK 1988 s.v. lopur)

Dies wird bei lop lop nicht ausgedrückt, da diese Form nur die Wiederholung einer Handlung unterstreicht. Zusammengefaßt lassen sich aus B63 und B64 interessante Verallgemeinerungen zu den semantischen Eigenschaften der verschiedenen Formen ableiten:

• Reduplizierte Sekundärformen (lopur lopur) drücken anhaltende, kontinuierliche und wiederholte Eindrücke aus;

• Reduplizierte Primärformen (lop lop) drücken kompakte, punktuelle, aber wiederholte Eindrücke aus;

• Primärformen drücken einmalige Eindrücke aus. Sie müssen mit dem Quotativ stehen (lop

diye). Reduplizierte Eindrücke sprechen hingegen schon für sich und benötigen keine Markierung als „Wiedergabe“ von Eindrücken.

• Formen auf -adak (loppadak) betonen, daß etwas plötzlich, spontan und rasch vor sich geht.

44 Primärform und Suffixe werden in der interlinearen Morphemübersetzung nur dann getrennt

glossiert, wenn es die bezweckte Analyse sinnvoll erscheinen läßt. Es handelt sich daher nicht um eine Inkonsistenz, sondern um einen Unterschied in der Analysetiefe.

45 Dialektal kommt auch lom lom vor. Die Variation könnte damit erklärt werden, daß m und p

homorganisch sind.

Page 66: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Wortarten und Derivation 54

Die verschiedenen Formen und ihre Eigenschaften lassen sich auf einem Kontinuum wie in S2 anordnen.

S2. Die Ideophone auf dem Kontinuum zwischen Spontaneität und Kontinuität

4.4.5 Sonstige Vorkommen Neben den in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Gebrauchsmöglichkeiten findet man auch die als Interjektion, vor allem zum Lockruf für Tiere, z.B. bil bil „Lockruf für Flügeltiere“, oş oş „Lockruf für Hunde“. Diese Verwendung fällt jedoch nach der dieser Arbeit zugrunde liegenden Theorie nicht in den Bereich der Ideophonie des Türkischen, da sie nicht auf eine modifikative Funktion zurückgeführt werden kann. Dieses Kriterium dient also auch der Abgrenzung zwischen Ideophonie und Onomatopöie. Da diese Abgrenzung in den türkischen Veröffentlichungen nicht vorkommt, kann auch die Datenbasis nicht deckungsgleich sein, worauf an dieser Stelle aufmerksam gemacht werden sollte.

4.5 Syntaktische Eigenschaften der Ideophone

Ideophone werden durch verschiedene Operationen in das Satzgefüge integriert. Häufig existieren enge syntagmatische Beziehung zwischen adverbialen Ideophonen und den sie regierenden Verben. Kollokationen sind nicht unüblich. So treten im Türkischen reduplizierte Primär- und Sekundärformen oft mit dem transitiven Auxiliar etmek auf. Dieses dient lediglich dazu, das Ideophon zu verbalisieren, hat aber keinerlei semantischen Gehalt. Der semantische Gehalt des Verbalsyntagmas wird entsprechend nur vom als Ideophon gebrauchten Lautsymbolikum getragen. Dieser Gebrauch wird durch B65 für die Primärformen und durch B66 für die Sekundärformen illustriert.

B65. Otur-duğ-umuz oda-nın tavan-ı TÜR wohn-OBLPART-POSS.1.PL Zimmer-GEN Decke

güm güm ed-iyor-du. polter polter AUX.TR-PROG-PRT(3.SG)

„Von der Decke des Zimmers, in dem wir wohnten, war Gepolter zu hören.“ (Y.T.)

B66. Merdiven basamak-lar-ı gıcır gıcır ed-iyor-du. TÜR Treppe Stufe-PL-POSS.3 knarr knarr AUX.TR-PROG-PRT(3.SG) „Die Treppenstufen knarrten.“ (TDK 1988 s.v. gıcır gıcır)

Andere Ideophone werden nur in Verbindung mit bestimmten Verben gebraucht. Diese Kollokationen werden durch B67-B70 exemplifiziert.

loppadak lop diye lop lop lopur lopur kontinuierlich andauernd wiederholt

spontan plötzlich einmalig

Page 67: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 55

B67. Mekteb-in ... çocuk-lar-ı teneffüs-te fosur fosur sigara iç-er-ler. TÜR Schule-GEN Kind-PL-POSS.3 Pause-LOK paff paff Zigarette rauch-DISP-3.PL „Die Kinder der Schule paffen in der Pause.“ (TDK 1988 s.v. fosur fosur)

B68. Ne ol-uyor, böyle bangır bangır bağır-an kim? TÜR Was AUX.INTR-PROG(3.SG) so schrei schrei schrei-SBJPART wer „Was ist los, wer schreit da so rum?“ (TDK 1988 s.v. bang¸r bang¸r)

B69. Nil-i tekrar kaybet-mek ihtimal-i-nden TÜR Nil-AKK wieder verlier-INF Wahrscheinlichkeit-POSS.3-ABL

tir tir titr-iyor-du-m. zitter zitter zitter-PROG-PRT-1.SG

„Ich zitterte vor Angst angesichts der Wahrscheinlichkeit, Nil wieder zu verlieren.“ (TDK 1988 s.v. tir tir)

B70. Musluk açık kal-mış, şırıl şırıl ak-ıyor. TÜR Wasserhahn offen bleib-Q/I plätscher plätscher fließ-PROG(3.SG)

„Der Wasserhahn ist nicht zugedreht, er läuft ruhig vor sich hin.“ (TDK 1988 s.v. şırıl şırıl)

Hier trägt das Verb die Hauptinformation über die beschriebene Tätigkeit, das Ideophon charakterisiert die Art und Weise, stellt einen Aspekt heraus, der die Wahrnehmung besonders anspricht. Zülfikar stellt das Verhältnis von Ideophon und Verb folgendermaßen dar:

Bei diesen Verben handelt es sich um solche, die zu der Art und Weise der Bewegungen passen, die sich in der Bedeutung der Primärformen46 widerspiegeln. Auf diese Weise wird einerseits die Flexion der Primärformen ermöglicht, andererseits gewinnen die durch die Primärformen vermittelten Bedeutungen mit diesen Verben an Klarheit.47 (Zülfikar 1995:120).

Es wird also nicht ein Ideophon gewählt, das zur Verbsemantik paßt, sondern das Ideophon selegiert gewissermaßen ein passendes Verb, denn dieses besetzt die modifikative Leerstelle des ideophonen Adverbs. Diese Leerstelle ermöglicht also im vorliegenden Fall nicht nur eine syntaktische Relation, sie bestimmt auch die semantischen Restriktionen des Modifikators bezüglich seines Modifikatums (Lehmann 1985:73). Darunter wäre also in B67 zu verstehen, daß das Sprachzeichen mit dem Significans fosur (fosur) nur mit wenigen oder sogar nur einem anderen Sprachzeichen syntagmatisch verträglich ist. Das Ideophon fosur fosur kann nur in der Bedeutung „(beim Rauchen) den Rauch ausblasend“ verwendet werden. Diese Semantik ist so spezifisch, daß die strengste Form der Selektionsrestriktion, die Kollokation, zwangsläufig ist. Die Selektionsrestriktionen schließen aber in vielen Fällen semantisch ähnliche Verben nicht aus, was zeigt, daß die Beziehungen zwischen Ideophon und Verb wirklich auf einer semantischen Übereinstimmung beruhen und nicht auf einer rein strukturellen Verbindung. So sind die Verben in B71-B73 zwar äußerlich verschieden, aber

46 Zwar findet sich diese Aussage an einer Stelle des Buches, wo Primärform+Auxiliar-Kombinationen

aufgelistet werden, das Zitat dürfte aber auch für reduplizierte Formen und Sekundärformen entsprechend gelten.

47 „Bu fiiller, birincil biçimlerin anlamlarına yansıttıkları hareketlerin tarzına uygun olan fiillerdir. Böylece birincil biçimlerin çekimleri sağlandığı gibi, bu fiillerle birincil biçimlerin bildirdikleri anlamlar da açıklık kazanır.“

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Syntaktische Eigenschaften der Ideophone 56

einander semantisch so ähnlich, daß sie in derselben Konstruktion stehen können. B74 stellt gewissermaßen eine Neutralisation der verbleibenden Unterschiede zwischen B71-B73 dar.

B71. Elif hüngür hüngür ağl-ıyor-du. TÜR Elif heul heul wein-PROG-PRT(3.SG) „Elif weinte jämmerlich.“ (Y.T.)

B72. Elif hüngür hüngür inl-iyor-du. TÜR Elif heul heul stöhn-PROG-PRT(3.SG) „Elif stöhnte jämmerlich.“ (Y.T.)

B73. Elif hüngür hüngür yaş dök-üyor-du. TÜR Elif heul heul Träne vergieß-PROG-PRT(3.SG) „Elif vergoß jämmerlich Tränen.“ (Y.T.)

B74. Elif hüngür-d-üyor-du. TÜR Elif heul-VR-PROG-PRT(3.SG) „Elif heulte.“ (Y.T.)

Einige Ideophone, die der Spezifikation des im Vollverb genannten Geschehens dienen (B75.a), können auch einfach mit dem Auxiliar etmek stehen. Die semantischen Restriktionen der modifikativen Leerstelle des Ideophons werden dabei zu semantischen Merkmalen desselben. Das Vollverb wird damit überflüssig (B75.b):

B75. a. Su fokur fokur kayn-¸yor. TÜR Wasser brodel brodel koch-PROG(3.SG)

b. Su fokur fokur ed-iyor Wasser brodel brodel AUX.TR-PROG(3.SG) „Das Wasser brodelt.“ (Y.T.)

Im allgemeinen wird bei der Reduplikation einer Primärform die Bedeutung eines Verbs eingeschränkt und näher bestimmt. Es kommt aber auch vor, daß eine reduplizierte Primärform mit einem von derselben Primärform abgeleiteten Verb kombiniert wird. Hier findet man die Primärform also einmal als Ideophon eingesetzt, einmal als lexikalisiertes Verb. Hatiboğlu (1981:23) nennt diese Konstruktion üçleme, was mit ‘Triplikation’ übersetzt werden kann. Gemeint ist damit, daß die Wurzel, also die Primärform dreimal im Satz (in unterschiedlichen Formen) wiederholt wird. Diese Struktur wird in B76 illustriert.

B76. Kulak-lar-¸m çın çın çınla-dığ-ı için TÜR Ohr-PL-POSS.1.SG kling kling klingel-OBLPART-POSS.3 für

hiç bir şey duy-am-ıyor-du-m. kein eins Sache hör-NPOT-PROG-PRT-1.SG

„Weil meine Ohren klingelten, konnte ich nichts hören.“ (Y.T.)

Diese Struktur kommt auch mit den Sekundärformen vor.

B77. Bacağ*-ım sızım sızım sızl-ıyor. TÜR Bein-POSS.1.SG schmerz schmerz schmerz -PROG(3.SG) „Mein Bein tut höllisch weh.“(TDK 1988 s.v. s¸zlamak)

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Strukturelle Eigenschaften der Ideophone und ihre funktionellen Korrelate 57

B78. Göz-ler-i tıpkı bir güneş gibi pırıl pırıl pırıld-ıyor. TÜR Auge-PL-POSS.3 genau eins Sonne wie strahl strahl strahl-PROG(3.SG) „Seine Augen strahlen genauso wie eine Sonne.“ (Y.T.)

In einigen Fällen können auch Sekundärformen mit von Primärformen abgeleiteten Verben kombiniert werden (a.-Version) und umgekehrt (c.-Version):

B79. a. Dere gürül gürül gürl-üyor. TÜR Bach rausch rausch rausch-PROG(3.SG)

b. Dere gür gür gürl-üyor. Bach rausch rausch rausch-PROG(3.SG)

c. Dere gür gür gürüld-üyor. Bach rausch rausch rausch-PROG(3.SG)

d. Dere gürül gürül gürüld-üyor. Bach rausch rausch rausch-PROG(3.SG) „Der Bach rauscht (mit einem gewaltigen Lärm).“ (Y.T.)

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Page 71: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

5 DIE ROLLE DER IDEOPHONE IM SPRACHSYSTEM

5.1 Amplifikation vs. Distinktion

Die Aussagen aus §4.5 zu den Konstruktionen, in denen Ideophone vorkommen, stehen in engem Zusammenhang zu ihren semantischen Funktionen, wie auch dort schon angedeutet wurde. Die semantischen Besonderheiten sollen im folgenden noch einmal genauer untersucht werden. Wie die relevanten Beispiele zeigen werden, korreliert oftmals eine bestimmte Konstruktion auch mit einer bestimmten semantischen Funktion. Theoretisch interessant ist hieran, daß syntaktische Alternativen nicht semantisch äquivalent sind.

Auffällig ist zunächst, daß viele Ideophone auch ohne ein dazugehöriges Verb eine recht präzise Bedeutung zu haben scheinen. Zülfikar (1995:164) liefert hierfür einige Beispiele: cap

cap (beschreibt das Geräusch von Objekten, die sich im Wasser bewegen, schwimmen oder laufen), cılp cılp (beschreibt, daß etas wäßrig ist), ab¸l dubul (beschreibt das Fleischig-, Fettig- oder Dicksein), bidilli bidilli (ganz klein und niedlich), congul congul (reichlich vorhanden), ımbıl ımbıl (beschreibt das Dicksein) etc. Bei anderen ist hingegen fraglich, wie präzise ihre Eigenbedeutung ist, da sie nur verstärkend zu jeweils einem bestimmten Verb gebraucht werden (B80):

B80. Elif bangır bangır bağır-ıyor. TÜR Elif schrei schrei schrei-PROG(3.SG) „Elif schreit wie am Spieß.“ (Y.T.)

Wiederum andere sind polysem, weshalb der Kontext eine wichtige bis unverzichtbare Rolle bei der semantischen Interpretation spielen kann (B81-B82). Zwischen den beiden Bedeutungen im Beispiel steht eine semantische Übertragung, denn qualitativ hochwertige Schneiderware ist oft so fein und dünn, daß sie „zittert“ (TDK 1988 s.v. tiril tiril). Den Sprechern ist dieser Zusammenhang aber nicht mehr bewußt. Er hat somit rein etymologische Bedeutung.

B81. Köpek korku-dan tiril tiril titr-iyor. TÜR Hund Angst-ABL zitter zitter zitter-PROG(3.SG) „Der Hund zittert vor Angst.“ (Y.T.)

B82. Ç 7ocuk-lar-ı-nı tiril tiril giy-dir-iyor. TÜR Kind-PL-POSS.3-AKK zitter zitter anzieh-KAUS-PROG(3.SG) „Er zieht seine Kinder schick an.“ (TDK 1988 s.v. tiril tiril)

Besonders schwer ist auch die Bedeutung von çatır çatır zu fassen. Es wird einerseits benutzt, um auszudrücken, daß ein harter Gegenstand zerbrochen, verbrannt, herausgerissen oder zusammengedrückt wird. Beispiele hierfür sind B83 und B84.

B83. Sandalye-yi çatır çatır kır-dı. TÜR Stuhl-AKK krack krack zerbrech-PRT(3.SG) „Er zerbrach den Stuhl in tausend Stücke.“ (TDK 1988 s.v. çatır çatır)

B84. Konak çatır çatır yan-dı. TÜR Palast krack krack brenn-PRT(3.SG) „Der Palast brannte lichterloh.“ (TDK 1988 s.v. çatır çatır)

Dasselbe Ideophon kann auf menschliches Verhalten übertragen gebraucht werden. Von den konkreten Situationen wie in B83 und B84 wird die Gewalttätigkeit und Intensität abstrahiert. Daraus ergibt sich in etwa die Bedeutung „mit Gewalt“ (B85):

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Amplifikation vs. Distinktion 60

B85. Al-acağ-ım-ı çatır çatır al-ır-ım. TÜR nehm-PART.FUT-POSS.1.SG-AKK krack krack nehm-DISP-1.SG „Was ich will, das nehme ich mir mit Gewalt.“ (TDK 1988 s.v. çatır çatır)

Doch die semantische Erweiterung geht noch weiter. Von der ursprünglich ausgedrückten Intensität – in Verbindung mit charakteristischen Geräuschen – wird wohl nur beibehalten, daß das beschriebene Ereignis beeindruckend ist. Daraus ergibt sich die Bedeutung „in beeindruckender Weise, mit beeindruckender Leichtigkeit“ (B86).

B86. Đngilizce-yi çatır çatır konuş-uyor. TÜR Englisch-AKK krack krack sprech-PROG(3.SG)

„Er spricht fließend Englisch./(?)Er spricht Englisch, daß es kracht.“

(TDK 1988 s.v. çatır çatır)

Es scheint mir trotz dieses semantischen Labyrinths, durch das sich die Bedeutung von çatır

çatır windet, nicht gerechtfertigt, von idiosynkratischen Eigentümlichkeiten zu reden. Vielmehr scheint eine flexible, aber nachvollziehbare Interpretation vorzuliegen. Schließlich gibt es im Englischen einen ähnlichen Fall, wo to crack klar lautsymbolisch ist und sich primär auf verschiedene Arten des Zer- und Aufbrechens bezieht. In erstaunlicher Ähnlichkeit zu B86 bedeutet aber cracking „exzellent“ (OUP 1989 s.v. cracking). Doch auch wenn sich die Reinterpretationen nachvollziehen lassen, ist es doch schwierig, eine Gesamt- oder Grundbedeutung zu finden. Die Semantik ist gerade deshalb je nach Einzelfall interpretationsbedürftig, weil sie so vage ist.

Um diesen verschiedenen Konstellationen gerecht zu werden, sollen im folgenden geeignete Termini und Definitionen entwickelt werden.

Unter Amplifikation versteht man in der Stilkunde die „kunstvolle Ausweitung einer Aussage über das zum unmittelbaren Verstehen Nötige hinaus“ (Duden 1990 s.v. Amplifikation). In den romanischen Sprachen versteht man darunter ganz allgemein, die Dimensionen oder die Intensität zu erhöhen, etwas durch Hinzufügen von Details weiterzuentwickeln. Wir können diese Definitionen nun auch auf Ideophone anwenden, denn ihr bildlicher, ikonischer Charakter stellt ja eine kunstvolle Ausweitung einer Aussage dar. Dort, wo sie ein spezifisches Verb modifizieren, fügen sie Details hinzu, und indem sie die Aussage lebhafter und naturnaher machen, tragen sie zu einer Weiterentwicklung der Schilderung bei. Dort wo Kontext und Verbsemantik zum unmittelbaren Verständnis ausreichen würden, verstärkt das Ideophon die Wirkung beim Rezipienten, indem es eine mentale Verbildlichung fördert.48 Besonders klar wird diese Verwendung bei den Triplikationen. B87 liefert hierzu ein weiteres Beispiel:

B87. Elmas parıl parıl parıld-ıyor. TÜR Diamant strahl strahl strahl-PROG(3.SG) „Der Diamant strahlt hell.“ (Y.T.)

Andererseits können viele Ideophone mittels eines Hilfsverbs oder eines Derivationssuffixes selbst zum Prädikatskern erhoben werden, statt ihn zu modifizieren. Hier müssen demnach die semantischen Eigenschaften des Ideophons derart ausgeprägt und differenziert sein, um denen eines Vollverbs nahezukommen. Dies setzt wiederum eine Konventionalisierung hinsichtlich

48 Die universale Gültigkeit dieser Feststellung wird durch viele andere Autoren untermauert, wenn

auch unterschiedliche Formulierungen gewählt werden. Als Beispiel sei Schaefer (1999:6) angeführt: „IAs [ideophonic adverbs] appear to increase or decrease the intensity level of the main clause verb, they have a heightening or lowering effect on a verb’s meaning.“

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 61

der Kontexte voraus, in denen ein gegebenes Ideophon eingesetzt werden kann, so daß auf zusätzliche Information in Form eines Verbs verzichtet werden kann. Diese Ideophone „verbildlichen“ also nicht eine a priori gegebene Aussage, sie stellen den Kern einer Aussage dar und sprechen gewissermaßen für sich selbst oder, um mit einer anderen Terminologie zu sprechen, sie sind autosemantisch. B88 illustriert dieses Verfahren:

B88. Su fokur fokur ed-iyor. TÜR Wasser brodel brodel AUX.TR-PROG(3.SG) „Das Wasser brodelt.“ (Y.T.)

Andere Ideophone können unter Beibehaltung des Verbs feine Nuancen (z.B. Heftigkeit und Harmonie) ausdrücken, die verschiedenen außersprachlichen Situationen entsprechen. Die Ideophone in B89 und B90 stehen demnach in paradigmatischer Relation und bilden eine Opposition.

B89. Dere gürül gürül ak-¸yor. TÜR Bach rausch rausch fließ-PROG(3.SG) „Der Bach rauscht laut dahin.“ (Y.T.)

B90. Dere şırıl şırıl ak-ıyor. TÜR Bach plätscher plätscher fließ-PROG(3.SG) „Der Bach plätschert leise dahin.“ (Y.T.)

In dem Maße, wie Ideophone entweder durch grammatische Operationen verbalisiert werden oder aber auf verschiedene Situationen referieren, sind sie hinsichtlich ihrer semantischen Merkmale distinktiv. Diese Ideophone dienen der Distinktion und der Amplifikation gleichermaßen.

Die hier geschaffene Terminologie erlaubt es nunmehr, anscheinend widersprüchliche Aussagen zur Ideophonie zusammenzufassen, auf die auch von anderen anderen Autoren hingewiesen wurde. So haben Ideophone in allen Sprachen typischerweise recht spezifische Bedeutungen und rufen konkrete bildliche Vorstellungen hervor (Childs 1994:188). Andererseits gibt es Ideophone mit recht vager Bedeutung, die anscheinend nur die Bedeutung eines Verbs oder die emotionale Einstellung des Sprechers zum Ereignis unterstreichen (Childs 1995:140). Fassen wir also zusammen:

1. Es gibt Ideophone, deren Semantik schwer zu fassen ist oder sich darauf beschränkt, das Hauptverb zu unterstützen. Sie sind stark vom Kontext abhängig. Sie sind nach der eingeführten Terminologie primär amplifikativ (B80-B87).

2. Es gibt andererseits Ideophone mit spezifischer Bedeutung, die ohne Hauptverb auskommen oder die Bedeutung desselben präzisieren. Sie sind gleichermaßen distinktiv und amplifikativ (B88-B90).

Amplifikation und Distinktion spielen bei allen Ideophonen eine Rolle. Viele Ideophone sind semantisch so spezifisch, daß sie distinktiv sein können, zugleich ist ihr speziell ideophoner Gebrauch aber immer auch amplifikativ49, wobei sie ggf. nicht das Hauptverb amplifizieren,

49 Der Terminus ‘expressiv(e)’ wird oft in einem ähnlichen Sinn gebraucht (z.B. bei Klamer 1999). Da

er alltagssprachlich „showing one’s feelings or thoughts“ (OUP 1989 s.v. expressive) bedeutet, nimmt er Bezug auf die Funktionen von Sprache und ist daher eher semiotischer Natur. Insofern er in der Linguistik auf die Beziehung zwischen Sprachbenutzer und Sprachzeichen anspielt, ist er zudem pragmatischer Natur. Die Opposition ‘Amplifikation vs. Distinktion’ bezieht sich hingegen auf die Ebene der Semantik. Wie so vieles im Bereich der Ideophonie, sind jedoch auch die

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Amplifikation vs. Distinktion 62

sondern den Sprechakt an sich, der gegenüber einem nicht-ideophonhaltigen Sprechakt, zu dem er in paradigmatischer Relation steht, amplifiziert ist, d.h. er wirkt dekorativer, ausgeschmückter etc.50 Oft hängt es auch von der Konstruktion ab, in der ein Ideophon verwendet wird, ob es nur amplifikativ oder auch distinktiv ist. So kann man aus der Betrachtung von B91 allein nicht auf eine distinktive Funktion schließen. Das Ideophon kann nur mit diesem Verb (oder semantisch verwandten; s. B71-B73) gebraucht werden und umgekehrt. Es dient also nur dazu, die im Verb genannte Tätigkeit zu unterstreichen:

B91. Elif hüngür hüngür ağl-ıyor-du. TÜR Elif heul heul wein-PROG-PRT(3.SG) „Elif weinte jämmerlich.“ (Y.T.)

Erst in dem Moment, wo das Ideophon verbalisiert wird, erfüllt es eine semantisch autonome Funktion. Das so entstandene Vollverb steht in Opposition zu anderen Vollverben. Der Verschiebung in der semantischen Funktion kann damit erklärt werden, daß Selektionsrestriktionen der Leerstelle des ideophonen Adverbs mit dem Verschwinden der Leerstelle zu semantischen Merkmalen des hiervon abgeleiteten Verbs aufgewertet wurden (B92).

B92. Elif hüngür-d-üyor-du. TÜR Elif heul-VR-PROG-PRT(3.SG) „Elif heulte.“ (Y.T.)

Die Opposition ‘amplifikativ’ vs. ‘distinktiv’ ist also in vielen Fällen nicht auf ‘types’ von Ideophonen, sondern auf ihre ‘tokens’ anzuwenden. In diesem Sinne distinktive Ideophone sind semantisch ausreichend autonom, um distinktiv gegenüber anderen Ideophonen in paradigmatischer Beziehung sein zu können. Ich spreche daher von potentieller Distinktivität. Als Einwand gegen die vorgestellte Analyse könnte vorgebracht werden, daß Verbalisierung grundsätzlich zu Distinktivität führen würde, jedes Ideophon also im Prinzip in beide Klassen fallen könnte und die Unterscheidung somit schwammig wäre. Hiergegen kann aber argumentiert werden, daß es Ideophone gibt, bei denen die Einteilung keinerlei Schwierigkeit bereitet. Ein klar distinktives Ideophon ist das in mehreren Beispielen gesehene s 7̧ r¸l s 7̧ r¸l, ähnliches gilt für die meisten Hydrophone. Ein Ideophon, das nicht für distinktiven Gebrauch bestimmt ist, ist bangır bangır in B93. Es ist auf das zugehörige Verb angewiesen und somit primär für den amplifikativen Gebrauch bestimmt. Wichtig hieran ist zudem die Erkenntnis, daß nicht alle derivativen Prozesse gleichermaßen auf alle Ideophone angewandt werden können.

pragmatische und die semantische Ebene hier ineinander verwoben, daher sind auch die Begriffe nicht sauber zu trennen.

50 Unter diese amplifikative Funktion würde auch das fallen, was Klamer „added descriptive and/or evaluative function“ nennt: „Normal referential elements are semantically simpler than expressives; expressives [unter die auch Ideophone fallen; GJ] have and added descriptive and/or evaluative function [...] (Klamer 1999:10). Doke spricht von „emotional content“: „It is the emotional content of the ideophone which differentiates it [...] from other parts of speech.“ (Doke 1967:87). Dmitrijev (1927:108), der die türkischen Lautsymbolika untersucht, nennt es ‘emotionale Bedeutungsintension’.

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 63

B93. a. Elif bangır bangır bağır-ıyor. TÜR Elif schrei schrei schrei-PROG(3.SG)

b. *Elif bangır bangır ed-iyor. Elif schrei schrei AUX.TR-PROG(3.SG)

c. *Elif bangır-d-ıyor. Elif schrei-VR-PROG(3.SG) „Elif schreit wie am Spieß.“ (Y.T.)

Nichtsdestoweniger gibt es keine klare Trennlinie zwischen den beiden genannten Funktionen. Es soll hier vielmehr darum gehen, zu betonen, daß ein hervorstechendes Merkmal der Ideophonie die Amplifikation ist, ohne daß diese Feststellung ausschließen würde, daß einige Ideophone oder Ideophone in bestimmten Konstruktionen oder von Ideophonen abgeleitete Formen nicht auch distinktive Informationen beinhalten können.

Der amplifikative Charakter unterscheidet die adverbial gebrauchten Ideophone von anderen Adverbien, wo diese Funktion weit weniger offensichtlich ist. Dabei kann nur dort, wo die Verbbedeutung graduierbar ist, diese Bedeutung auch verstärkt werden.51 Daß Ideophone gerade in solchen Kontexten auftreten, zeigt, daß sie für diese Verstärkung, die hier präziser als Amplifikation bezeichnet wird, bestimmt sind.

Eine wichtige Fragestellung im Hinblick auf die Semantik der Ideophone ist, ob sie Bedeutung tragen. Des öfteren wurde nämlich behauptet, sie seien „semantisch leer“.52 Die Aussage, daß Ideophone semantisch leer sein können, scheint übertrieben. Richtig ist, daß ihre Bedeutung oft nur schwer beschreibbar ist, oft werden sie nur aus dem Kontext verständlich. Wie kann ein der Illustration dienendes Ideophon aber semantisch leer sein? Auch wenn der Kontext eine wichtige Rolle spielt, muß a priori ein – wenn auch vager – semantischer Gehalt vorhanden sein, der mit dem Kontext interagiert.53 Würden die Ideophone als semantisch leer definiert und die Theorie zugrunde gelegt, daß semantischer Gehalt dasselbe ist wie Bedeutung (im Sinne der strukturalistischen Semantik), wäre B75.b (das hier wiederholt wird) sinnlos, da das als Vollverb gebrauchte Ideophon „bedeutungslos“ wäre.

B75. a. Su fokur fokur kayn-ıyor. TÜR Wasser brodel brodel koch-PROG(3.SG)

b. Su fokur fokur ed-iyor. Wasser brodel brodel AUX.TR-PROG(3.SG) „Das Wasser brodelt.“ (Y.T.)

Der Fehler liegt in der Konstruktion einer Opposition zwischen Eindruck und Bedeutung, die es so nicht gibt. Eine Bedeutung, die auf einem Eindruck beruht oder ihm entspricht, ist

51 Diese Feststellungen werden durch die von Schaefer formulierten Generalisierungen über die

syntagmatische Beziehung zwischen ideophonen Adverben (IA) und Verben bestätigt: „IAs require verbs open to gradation or at least the construal of gradation.“ (Schaefer 1999:10).

52 So wird beispielsweise in Moshi 1993 (190) behauptet: „The ideophone is an independent part of speech that is, in most cases, semantically empty but context dependent“. Die Definition in Pei 1966 läuft auf dasselbe hinaus: „An ideophone is a form that conveys an impression, not a meaning“ (Pei 1966 s.v. ideophone).

53 Elf Seiten später klingt Moshi schon weniger kategorisch, denn dort stellt er nur noch die Behauptung auf, „that ideophones are perhaps semantically empty and that the full semantic meaning of an ideophone is provided by the context in which it is used“. Auf Seite 210 geht der Rückzug weiter: [...] an ideophone is often dependent on the context in which it appears“.

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Amplifikation vs. Distinktion 64

trotzdem eine Bedeutung. Die Feststellung, daß Ideophone ikonisch sind, impliziert, daß es zu einem gewissen Grade eine logisch-natürliche Motivation zwischen Significatum und Significans gibt. Variation beim Significatum hat somit analoge Variation beim Significans zur Folge. Da das Significatum Träger der semantischen Information ist, ergibt sich eine Korrelation zwischen semantischer und phonologischer Variation. Die semantische Variation kann als Austausch semantischer Merkmale beschrieben werden. Semantische Merkmale wiederum konstituieren eine Bedeutung.

Diese Ausführungen führen ganz klar vor Augen, daß Ideophone selbstverständlich eine Bedeutung haben. Richtig ist, daß diese Bedeutung im Falle der Ideophone oft vage ist. Doch auch bei Ideophonen, die an einen spezifischen Kontext gebunden sind, muß Bedeutung vorliegen, denn damit im Zusammenspiel mehrerer sprachlicher Zeichen eine neue (komplexe) Bedeutung entstehen kann, muß jedes Zeichen bereits a priori inhärente semantische Information in diese Begegnung einbringen.

5.2 Wortartenzugehörigkeit türkischer Ideophone Die Ideophone des Türkischen sind den Wortarten Adjektiv oder Adverb zuzuordnen, wobei es Ideophone gibt, die in beide Klassen fallen. Entscheidendes hierzu wurde schon in §4.4.3 gesagt. Einige distributionelle Kriterien, die für diese Zuordnung sprechen, sollen nun noch einmal aufgegriffen werden.

Zum einen können adjektivisch gebrauchte Ideophone, wie gewöhnliche Adjektive, vor dem unbestimmten Artikel stehen. Dies wird anhand der analogen Konstruktionen in B94 und B95 gezeigt.

B94. Sen iyi bir öğrenci-sin. TÜR Du gut eins Schüler-2.SG „Du bist ein guter Schüler.“

B95. Sen pırıl pırıl bir öğrenci-sin. TÜR Du strahl strahl eins Schüler-2.SG „Du bist ein hervorragender Schüler.“ (N.Y.)

Zum anderen können an adjektivisch gebrauchte Ideophone die Personalsuffixe angehängt werden (B97). Auch darin verhalten sie sich wie andere Adjektive (B96).

B96. Sen güzel-sin. TÜR Du schön-2.SG „Du bist schön.“

B97. Sen pırıl pırıl-sın. TÜR Du strahl strahl-2.SG „Du bist hervorragend.“ (N.Y.; Y.T.)

Die adverbialen Ideophone, die ja gegenüber den adjektivisch gebrauchten in der Mehrzahl sind, gehen dem Verb, das sie modifizieren, voraus. Daß dies für nicht-ideophone Adverbien genauso gilt wie für ideophone, zeigen B98 und B99.

B98. Dere yavaş ak-ıyor. TÜR Bach langsam fließ-PROG(3.SG) „Der Bach fließt langsam.“

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 65

B99. Dere şırıl şırıl ak-ıyor. TÜR Bach plätscher plätscher fließ-PROG(3.SG) „Der Bach plätschert dahin.“

Dabei stehen im allgemeinen Zeitadverbien vor Adverbien der Art und Weise. Dies ist damit zu erklären, daß der Skopus von Adverbien der Art und Weise nur das Verb ist, Zeitadverbien hingegen keinen Einfluß auf die Semantik des Verbs haben und oft auch als Satzadverbien stehen können. Sie sind somit unabhängiger vom Verb, was sich im Türkischen im größeren Abstand zeigt. Diese Reihenfolge gilt für ideophone (B101) wie andere (B100) Adverbien.

B100. Dere yazın/ bazen yavaş ak-ıyor. TÜR Bach im.Sommer manchmal langsam fließ-PROG(3.SG) „Der Bach fließt im Sommer/manchmal langsam.“ (Y.T.)

B101. Dere yazın/ bazen şırıl şırıl ak-ıyor. TÜR Bach im.Sommer manchmal plätscher plätscher fließ-PROG(3.SG) „Der Bach plätschert im Sommer/manchmal dahin.“ (Y.T.)

Interessanterweise führt ein Permutationstest nicht in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis. So ist es unmöglich, yavas 7 „langsam“ vor die Zeitadverbien zu stellen, wie durch B102 exemplifiziert.

B102. *Dere yavaş yazın/ bazen ak-ıyor. TÜR Bach langsam im.Sommer manchmal fließ-PROG(3.SG) „Der Bach fließt langsam im Sommer/manchmal.“ (Y.T.)

Hingegen ist es möglich, das adverbiale Ideophon s 7̧ r¸l s7̧ r¸l „plätschernd“ vor das Zeitadverb yaz¸n „im Sommer“ zu stellen (B103).

B103. Dere şırıl şırıl yazın ak-ıyor. TÜR Bach plätscher plätscher im.Sommer fließ-PROG(3.SG) „Der Bach plätschert im Sommer dahin.“ (Y.T.)

Daß diese Variante zwar möglich, aber dispräferiert ist, zeigt die nur zögerliche Akzeptanz von B104.

B104. ?Dere şırıl şırıl bazen ak-ıyor. TÜR Bach plätscher plätscher manchmal fließ-PROG(3.SG) „Der Bach plätschert manchmal dahin.“ (Y.T.)

Es bleibt die Frage, warum die Voranstellung von şırıl şırıl möglich, die von yavaş aber nicht möglich ist. Liegt vielleicht eine distributionelle Abweichung im Verhalten von Ideophonen und Adverbien allgemein vor? Die bisherige Beweislage, die dafür spricht, die Mehrheit der Ideophone in die Klasse der Adverbien einzuordnen, ist zu stark, um durch die wenigen hier vorgebrachten Gegenindizien falsifiziert werden zu können. Auch wenn nur für ein einziges gewöhnliches Adverb sowie ein ideophones Adverb Permutationstests durchgeführt wurden, bietet sich eine Erklärung für die unterschiedliche Distribution an, die nur indirekt mit der Ideophonie zusammenhängt.

Bei der Reihenfolge der Elemente einer Äußerung spielt der Informationsfluß eine wichtige Rolle. Der Rezipient soll zusammengehörige Informationen auch zusammen präsentiert bekommen, eben damit er erkennt, was semantisch zusammengehört. Das Adverb şırıl şırıl

hat nun – wie yavaş auch – eine modifizierende Leerstelle. Bei şırıl şırıl sind die von dieser Leerstelle ausgehenden Selektionsrestriktionen so streng, daß es nur mit dem Verb akmak

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Wortartenzugehörigkeit türkischer Ideophone 66

„fließen“ kombiniert werden kann. Bei yavaş sind derartige Restriktionen kaum vorhanden. Würde man zwischen yavaş und das Verb, wie in B102 versucht, ein Zeitadverb stellen, wäre der Rezipient verwirrt. Er weiß, daß yavaş ein Verb modifiziert, erfährt aber zunächst nicht welches. Stattdessen steht dort, wo er mit dem Verb rechnet, nämlich unmittelbar nach yavaş, zunächst ein Zeitadverb. Wenn er dann endlich das Verb erfährt, muß er sich an das erste Adverb zurückerinnern, um den semantischen Zusammenhang zwischen Modifikator und Modifikatum rekonstruieren zu können. Das wäre eine pragmatisch äußerst ineffiziente Informationsgliederung. Anders verhält es sich mit şırıl şırıl. Sobald der Rezipient dieses adverbiale Ideophon hört, weiß er, daß wegen der Selektionsrestriktionen akmak folgen muß. Er ist nicht darauf angewiesen, auf das Verb zu warten. Wenn es denn kommt, ist es nur noch einmal eine Bestätigung.

Da strenge Selektionsrestriktionen nicht auf Ideophone beschränkt sind, taugen sie nicht als Indiz dafür, daß Ideophone eine eigene Wortart wären. Gerade diese Selektionsrestriktionen beweisen das Vorhandensein einer modifikativen Leerstelle, die konstitutiv für Modifikatoren ist. Ist das Modifikatum ein Verb, handelt es sich beim Modifikator zwangsläufig um ein Adverb. Somit sind Ideophone, die Verben modifizieren, Adverbien. Ideophone, die Substantive modifizieren, sind entsprechend Adjektive. In jedem Fall sind die Ideophone des Türkischen Modifikatoren.

5.3 Rekapitulation: Ideophone Konstruktionen und ihre Funktion Inwiefern ein Ideophon semantisch kontextabhängig ist oder autonom, oder, um mit einer anderen Terminologie zu sprechen, synsemantisch vs. autosemantisch, hängt ab vom Grad der Ikonizität und der Konventionalisierung sowie von der Konstruktion, in der sie stehen. Definiert man sprachliche Ikonizität als den Grad der Ähnlichkeit zwischen Significans und Significatum, so kann diese, in Analogie zu einem technisch produzierten Abbild, mehr oder weniger scharf ausfallen. Es ist zu erwarten, daß sie wegen der in §1 aufgeführten Diskrepanzen zwischen den beiden Ebenen eher unscharf ausfällt. Nichtsdestoweniger bleibt die Ähnlichkeit bestehen, eine korrekte Verwendung und Interpretation setzt aber eine diesbezügliche Konvention voraus. Je nachdem wie präzise diese Konvention ausfällt, ist das Ideophon eher autosemantisch oder bedarf, mangels ausreichend konventionalisierter Semantik, eines entsprechenden Kontextes. Es wäre dann als synsemantisch zu kennzeichnen, da erst seine syntagmatische Interaktion mit dem Verb und dessen Komplementen eine für den Rezipienten verwertbare semantische Interpretation ermöglicht. Semantische Autonomie ist demnach ein Kontinuum, auf dem sich Ideophone an verschiedenen Stellen befinden können.

Die Konfusion hinsichtlich der Ideophone und der Definition ihres Status hängt sicher mit den verschiedenen Kontinuen zusammen, auf denen sich das Ideophon positioniert, ohne dabei auf ihnen klar lokalisierbar zu sein. Das erste Kontinuum ist das in §2.2.2 erwähnte zwischen dem ikonischen und dem symbolischen Pol. Das zweite besteht aus den Polen ‘semantisch autonom’ einerseits und ‘kontextspezifisch’ andererseits. Ideophone, die näher am ersten Pol sind, erfüllen eine gleichermaßen distinktive wie amplifikative Funktion. Bei denjenigen am zweiten Pol steht die distinktive Funktion im Hintergrund, sie beschränken sich vornehmlich auf die amplifikative Funktion.

Wie gezeigt, ist der Bereich der Ideophonie nur scheinbar heterogen. Die Festlegung der Ideophone auf eine einzige Wortart oder gar ihre Definition als eine solche wird dadurch erschwert, daß Ideophone mit anderen Kriterien definiert werden als Wortarten. Dennoch zeigen Ideophone eine Affinität für die Rolle als Modifikator. Dies ist im Türkischen

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 67

besonders offensichtlich. Inwiefern diese Feststellung universale Gültigkeit hat, wird in §6.1.2 diskutiert.

Der semantische Status von Ideophonen hängt mit ihrer Beweglichkeit auf verschiedenen Kontinuen zusammen. Zu deskriptiven Zwecken wurden die Begriffe ‘amplifikativ’ und ‘distinktiv’ eingeführt. Sie korrelieren mit den Begriffen ‘synsemantisch’ und ‘autosemantisch’, sind diesen aber zur Beschreibung der Ideophone vorzuziehen, da die Unterscheidung ‘amplifikativ vs. distinktiv’ zusätzliche, ideophonspezifische Aspekte beleuchtet und weniger oppositiv ist.

5.4 Semantische Domänen

Für die Ideophone in den Sprachen der Welt gilt, daß sie im allgemeinen auf wenige semantische Domänen beschränkt sind. Im folgenden sollen Erklärungen hierfür vorgeschlagen und die Situation im Türkischen präsentiert werden.

Alle Lebewesen und Erscheinungen der Natur verursachen Geräusche und Bewegungen. Der Mensch, der ein Teil dieser Natur ist und sie mit seinen Sinnen wahrnimmt, versucht seit jeher diese Lebendigkeit und Unruhe in Worte zu fassen. Bei der Benennung dieser durch die Erscheinungen und Geräusche in der Natur verursachten Empfindungen haben sich die Menschen durch ihre Muttersprache leiten lassen. Die Umwandlung dieser Naturgeräusche in Wörter durch Annäherung an die jeweilige Sprachstruktur gestaltet die Sprache lebhaft und bunt. Die durch die Bewegungen in der Natur hervorgebrachten Geräusche sowie die verschiedenen durch Lebewesen produzierten Töne stehen dabei im Vordergrund. Das Plätschern des Wassers, das Knistern des Feuers, Donner, das Heulen des Windes, das Klappern von zusammenstoßenden Objekten; andererseits das Wimmern und Nuscheln von Menschen; das Brüllen, Blöken und Zwitschern der Tiere (Zülfikar 1995:1).

Die Ideophone haben in allen Sprachen ähnliche semantische und pragmatische Funktionen. Dabei spielen nicht nur Höreindrücke, sondern auch die anderen Sinne eine Rolle. So sprechen auch die Ideophone des Didinga verschiedene Sinne an, wie Hören, Sehen, Berühren, Riechen und Schmecken, wobei die letzten drei aber eher selten angesprochen würden. Der Großteil der Ideophone des Didinga bringt also, wie die des Türkischen, auffällige auditive und visuelle Wahrnehmungen zum Ausdruck. Daneben beschreiben sie Gefühle und die Art und Weise, in der gewisse Handlungen vollzogen werden (Jong 1999:5).

Zülfikar inventarisiert für das Türkische insgesamt 745 Hauptbedeutungen (1995:171). Hierzu wurden phonologisch ähnliche Wurzeln und Ableitungen unter jeweils einem Eintrag zusammengefaßt, wobei jedem Eintrag eine Grundbedeutung zugeordnet wurde. Eine Klassifikation, die die Wurzeln nur anhand ihrer Grundbedeutungen gruppieren und phonologische Ähnlichkeit nicht zum Kriterium machen würde, hätte eine noch geringere Anzahl an Einträgen zur Folge. Die Ideophone konzentrieren sich auf bestimmte semantische Domänen. Eine Auswertung des Anhangs, der die gebräuchlichsten Ideophone aufführt, ergab zunächst 13 semantische Kategorien. Hierzu wurden Bedeutungen eines semantischen Feldes zusammengefaßt. Dieses Ergebnis ist aber nur eingeschränkt aussagefähig, da viele Ideophone in mehrere Kategorien fallen. So hängen z.B. Beschaffenheit und Geräusch eng miteinander zusammen, da das Geräusch, das bei Kontakt mit einem Gegenstand entsteht, von dessen physikalischen Beschaffenheit abhängt. Oft beschreibt dasselbe Ideophon bei adjektivischem Gebrauch eine Beschaffenheit, bei adverbialem ein Geräusch. Ebenso ist die Unterscheidung zwischen Beschaffenheit und Erscheinung oft willkürlich. Viele Kommunikationsideophone beschreiben gleichzeitig einen Gemütszustand. Schließlich blieben zehn Kategorien übrig, auf die sich die Ideophone verteilen. Derartige semantisch

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Semantische Domänen 68

motivierte Kategorien können nur prototypisch definiert werden und gelten fortan als gesetzt.54 T10 soll entsprechend einen groben Eindruck von den semantischen Domänen und ihrer Frequenz verschaffen.

T10. Semantische Domänen von türkischen Ideophonen und ihre Häufigkeit

Domänen Prozentualer Anteil an allen Ideophonen der Stichprobe

(n=187)

Einsatz der Atemorgane (Artikulation, Kommunikation, Atmung, Schluchzen, Schnarchen, Lachen etc.)

21%

Beschaffenheit und entsprechende Geräusche 19%

Bewegung 13%

Äußere Erscheinung, Form 12%

Affektion (moralische, emotionale Bewertung, Gemütszustand, körperliche Empfindung)

11%

Wassergeräusche (Hydrophone) 10%

Verbrennung, Feuer, Braten, Grillen (Pyrophone) 5%

Einsatz der Eßwerkzeuge (Essen, Kauen, Beißen, Trinken) 3%

Art und Weise 3%

Zeitliche Ausdrücke 3%

Die Ideophone haben also in vielen Fällen eine metasprachliche Funktion in dem Sinne, daß sie menschliche Kommmunikation oder – vor allem affektive – Äußerungen beschreiben. Normalerweise kann Sprache ja nur den Inhalt von wiedergegebener Rede vermitteln, aber über die Umstände, die Art und Weise, die emotionale Beteiligung kann sie nur unzureichend oder durch langwierige Umschreibung informieren. Aber gerade hiervon hängt die Dramatik der Äußerung ab. Ideophone können hier Abhilfe schaffen, da sie eine Visualisierung der geschilderten Situation unterstützen. Dies gilt auch für die Beschaffenheit. Sie wird durch taktile Eindrücke vermittelt, die entstehenden Geräusche sind auditive Eindrücke. Auch für die direkte Wiedergabe dieser Eindrücke erweisen sich Ideophone als besonders geeignet. Gleiches gilt für die durch Bewegung und Erscheinungen erzeugten visuellen Eindrücke. Seelische und körperliche Zustände sind subjektiv und sagen etwas über den Sprecher als Individuum. Die Wahl eines Ideophons unterstützt diesen subjektiven Charakter – denn diese

54 Im Bereich semantischer Abgrenzungen hat man oft, wie im vorliegenden Fall, mit „unscharfen

Rändern“ zu tun. Dies liegt unter anderem daran, daß (a) Sprache dynamisch ist und (b) die kognitiven Korrelate Kontinuen sind. Zu „unscharfen Rändern“ bei Klassifikatorensystemen vgl. z.B. Grinevald 2000: 81ff.

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 69

Wahl selbst beruht auf subjektiv wahrgenommenen Eindrücken. Die Wasserbewegungen schließlich können gleichermaßen auditiv wie visuell wahrgenommen werden. Die Häufigkeit der sie wiedergebenden Hydrophone muß mit der besonderen psychologischen Wirkung des Wassers auf Menschen zusammenhängen.

5.5 Semantischer Wandel und sekundäre Lautsymbolik

In §2.2.3 war darauf hingewiesen worden, daß sich lautsymbolische Formen durch hohen Konventionalisierungsgrad vom ikonischen Pol entfernen können. Sie können dann eine enge semantische Spezifikation erfahren. Ein Beispiel hierfür ist B105, wo das Verbgefüge mırın

kırın etmek die spezifische Bedeutung hat „verschiedene Gründe vorschieben, um eine Bitte nicht zu erfüllen“, was in der deutschen Übersetzung nicht genau wiedergegeben werden kann.

B105. Mırın kırın et-me, çabuk söyle! TÜR motz motz AUX.TR-NEG(IMP.SG) schnell sag(IMP.SG) „Mach keine Ausflüchte, sag schon!“ (TDK 1988 s.v. mırın kırın)

In B105 hat also eine Konventionalisierung stattgefunden, die bei verschiedenen Ideophonen unterschiedlich stark ist. Bei mırın kırın ist sie besonders ausgeprägt. Unter einer Konvention versteht man eine „implizite Abmachung, die als sprachliche Regel oder gesellschaftliche

Norm zur Kultur einer Gesellschaft gehört, von allen ihren Angehörigen erlernt wird und für alle verbindlich ist“ (Linke et al. 1996:34). Bei der Konventionalisierung wird also die Freiheit des Sprechers eingeschränkt, indem eine bestimmte Interpretation und Verwendung eines Ausdrucks sich in der Sprachgemeinschaft durchsetzt und schließlich nur diese Verwendung an die Nachkommen weitergegeben wird. Konventionalisierung ist demnach für den ungesteuerten Sprachwandel das, was Normierung für den gesteuerten ist. Man kann bei einer derart differenzierten Bedeutung sicher nicht davon ausgehen, daß hier eine bloße Nachahmung eines Geräusches vorliegt. Es ist vielmehr naheliegend, daß das Prinzip der Wortschöpfung durch Lautsymbolik kreativ genutzt wurde, um für ein spezifisches Konzept ein Significans bereitzustellen. Lautsymbolik bedeutet also nicht immer und ausschließlich die Anwendung eines ikonischen Prinzips, wonach Sinneseindrücke mit den Mitteln der Sprache abgebildet werden, sondern auch Wortschöpfung durch Analogie zu wirklichen (primären) Lautsymbolika. Der Unterschied zu diesen liegt im Grad und in der Unmittelbarkeit der Motivation. Primäre Lautsymbolika beruhen auf universalen Übereinstimmungen zwischen phonologischen und semantischen Eigenschaften, so wie sie am besten von Marchand (1953) und Wissemann (1954) aufgeführt werden. Sekundäre Lautsymbolika sind auf ein Sprachsystem begrenzt, somit stärker konventionell und näher am symbolischen Pol. Sie sind aber formal den primären angepaßt und daher auf den ersten Blick nicht von ihnen zu unterscheiden. Marchand (1953:52) nennt sie sekundär expressiv und liefert das Beispiel pırıl pırıl (vgl. B48), das exakt die Struktur der übrigen Ideophone nachahmt, aber auf dem Lehnwort pırlanta „Brillant“ beruht, das aus dem Italienischen stammt. Dieses wiederum ist aus der Bezeichnung für den meergrünen Halbedelstein Beryll

entstanden, hat also an sich nichts Lautsymbolisches. Erst durch eine Art phonosemantische Reanalyse ist es in den lautsymbolischen Wortschatz integriert worden.55 Es verhält sich nun genauso wie der Rest dieses Wortschatzes, bildet Verben und Substantive auf dieselbe Weise

55 Dies wäre ein Beispiel für den selteneren Fall, in dem ein Sprachzeichen diachron ikonischer wird.

Daß rein konventionelle Wörter sich zu Onomatopoetika entwickeln können beschreibt auch Grammont (1971:377).

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Semantische Domänen 70

(pırıl-damak und pırıl-tı) und beteiligt sich auch an der Vokalalternation (pırıl vs. parıl), wenn auch nicht mit demselben semantischen Effekt (vgl. §4.3.2).

Eine weitere Form des semantischen Wandels ist Metaphorisierung. Natureindrücke können z.B. auf affektive Bereiche übertragen werden. So entstehen viele metaphorische Bedeutungen. Marchand (1953:51) führt die Primärform coş an, die ursprünglich das schäumende, sprudelnde Wasser stürmischer See oder eines reißenden Flusses beschreibt und mittels Metaphorik dann mit „aufschäumender Freude“ assoziiert wurde.

5.6 Pragmatischer Anwendungsbereich der Ideophone

Die Ideophone des Türkischen zählen überwiegend zur gesprochenen Alltags- und Umgangssprache, wo sie eine wichtige Rolle spielen. In literarischen Texten, besonders zur Zeit des Osmanischen Reiches, und sogar in Wörterbüchern wurden sie oft vernachlässigt, da sie als nicht literarisch galten (Demircan 1996[y]:186; Zülfikar 1995:21). Auch Veröffentlichungen über die anatolischen Dialekte behandeln lautnachahmende Wörter nur in knapper Form. Außer Wörtern, die die Lebendigkeit und Schönheit, sowie die Bewegtheit der Natur wiedergeben, fehlen entsprechende Wörter in Arbeiten über die Sprache des einfachen Volkes, was wiederum damit erklärt werden kann, daß diese Wörter als nicht literarisch galten. Sicher haben viele Informanten unter den besonderen Bedingungen der Befragung zu diesen Arbeiten bei der Erzählung von Geschichten und Ereignissen bewußt auf lautnachahmende Wörter verzichtet, um ihrer Sprechweise in dieser eher formellen Situation einen literarischen Aspekt zu geben. Daneben wurden lautnachahmende Wörter jedoch häufiger in idiomatisierten Wendungen, Sprichwörtern und Wortspielen angetroffen. Bei der Elizitation derartiger Daten kamen die Informanten nicht umhin, diese zu verwenden (Zülfikar 1995:283). Die Ideophone des Türkischen werden also in der mündlichen Erzählung in größerem Umfang eingesetzt als in der Literatur. Während sie in der Schriftsprache meist nur zur Darstellung von Bewegung und Schönheit der Natur verwendet werden, werden sie in der gesprochenen Volkssprache in jeder Situation benutzt. Auch in Redewendungen und Sprichwörtern scheinen sie besonders beliebt zu sein (Zülfikar 1995:165).

Ideophone sind ein besonderes Stilmittel, das in allen Sprachen, in denen dieses Mittel den Sprechern in ausreichender Zahl zur Verfügung steht, in ähnlicher Weise genutzt wird. Sie gehören dabei eher einer unteren Sprachschicht an. Diese Feststellung scheint für die meisten Sprachen mit Ideophonen zu gelten. So schreibt Childs (1994:195), daß gebildete Informanten die Existenz von Ideophonen in ihrer Sprache geleugnet und sie als kindisch abgetan haben.56 Ideophone nehmen mit der Formalität der Sprechsituation ab und mit der Emotionalität zu. Vor allem in den Bantu-Sprachen korreliert die Häufigkeit von Ideophonen mit der Emotionalität der Situation. Ideophone eignen sich kaum für eine nüchtern-sachliche Berichterstattung. Sobald die Erzählung aber emotionsgeladen ist, nimmt der Gebrauch von Ideophonen zu (Burbridge 1938:243). Diese Feststellung bestätigt erneut, daß Ideophone in der Schriftsprache weniger verbreitet sind (sofern die Sprachgemeinschaft überhaupt das Medium der Schrift nutzt). Schriftsprache ist grundsätzlich weniger emotionsgeladen, da erstens die Zeit zwischen Gedanke und Realisierung höher ist und zweitens die zwischen

56 Ottenheimer&Primrose (1989:79) weisen darauf hin, daß in einem ShiNzwani-Korpus (Bantu) die

männlichen Informanten viel häufiger Ideophone gebrauchten. Dies korreliert auffällig mit der Beobachtung, daß sich Frauen oft ‘gewählter’ ausdrücken und Kraftausdrücke vermeiden (Linke et al. 1996:320). Auch wenn die männliche Präferenz für Ideophone erst noch für andere Sprachgemeinschaften überprüft werden muß (Moshi [1993:205] kam zu anderen Ergebnissen), ist dies ein weiteres Indiz dafür, daß Ideophone den unteren Sprachregistern angehören.

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Die Rolle der Ideophone im Sprachsystem 71

Produktion und Rezeption. Diese Verzögerungen wirken bremsend auf Emotionen. Zudem sind die Register je nach Medium andere, denn beim unkontrolliert-spontanen Sprechen sind die Register ‘umgangssprachlich’, ‘derb’, ‘vulgär’ und ‘obszön’ überrepräsentiert (vgl. Meißner 1992:5-12). Einfacher ausgedrückt: Schriftsprache ist formaler, darum sind dort Ideophone seltener.

Emotionale Sprache ist besonders bildhaft, denn auch die gestische Begleitung nimmt entsprechend zu. Ideophone sind also so etwas wie „gestische Wörter“, die die Ausdrucksstärke erhöhen. Oft werden Ideophone daher von Gesten begleitet (Childs 1994:196, Kunene 1978:12 und Moshi 1993:201) und in Sprachen ohne Ideophone wird dieser Mangel sogar durch Gesten kompensiert (Childs 1989:57). Wenn Ideophone Gesten auf der phonologischen Ebene sind, wird auch deutlich, warum sie ikonisch sein müssen. Anscheinend ist der semiotische Status von Gesten derselbe wie der von Lautsymbolika. Gesten sind ikonisch oder indexikalisch, insofern sie die Wirklichkeit abbilden. Viele Gesten sind aber auch kulturspezifisch und somit konventionalisiert.57

Ideophone können entsprechend ihrer Bezeichnung Ideen, also gesamte komplexe Situationen abbilden oder evozieren. Sie verleihen einer Erzählung Lebendigkeit und Farbe und schaffen beim Zuhörer die Illusion einer sinnlichen Wahrnehmung des Ereignisses (Kunene 1978:13). Dies schließt nicht aus, daß sowohl Sprecher als auch Zuhörer unmittelbaren Zugang zu der dargestellten Situation haben. Im allgemeinen kommen Ideophone nur in Deklarativsätzen vor, da hier die Expressivität am größten ist. Die narrative Verwendung kann gewissermaßen sogar als diskursstrukturierend beschrieben werden, da sie bestimmte Teile des Diskurses hervorstechen läßt. In einem Spielfilm können Hintergrundmusik und „Bühnenbild“ die Dramatik steigern, ohne daß sie zur Schilderung der Handlung beitragen. Da die orale Präsentation aber keine musikalischen oder optischen Hilfsmittel zur Verfügung hat, muß sie hierfür sprachliche Mittel einsetzen. Diese können in unterschiedlicher Weise konventionalisiert, d.h. mehr oder weniger formal und semantisch normiert sein. Konrad schreibt hierzu:

... ideophones are ... literary devices used to heighten dramatic tension, to accentuate certain actions and to draw attention to certain images and deemphasise others ... Ideophones are in effect an enormously affective and efficient tool performers have at their disposal to develop the privileged relationship shared between narrator and audience in a culturally defined context. (Konrad58 apud Ameka 1999:3)

Es scheint ein Konsens feststellbar zu sein, was die pragmatische Funktion der Ideophone betrifft. So beschreibt auch Kilian-Hatz im Einklang mit Konrad den Einsatz der Ideophone zur Konsolidierung des Sprecher-Hörer-Verhältnisses:

Ideophones are part of a narrative language register which I call performative [...] Their dramaturgic function is to be the live performance itself and thus to involve both speaker and hearer. [...] They are basically one-word-sentences of direct speech. In this speech, animals, natural phenomenas, actions, and metaphorically more abstract concepts get a chance to speak. (Kilian-Hatz 1999:1)

57 Ein Beispiel für eine Geste, die ikonisch und konventionell zugleich ist, ist das Heranwinken von

Personen im deutschen und türkischen Kulturkreis. Im deutschen zeigen die Finger beim Winken nach oben, im türkischen nach unten. Kopfnicken und Kopfschütteln werden im ehemaligen osmanischen Herrschaftsbereich genau andersherum gebraucht, wenn auch das Schütteln und Nicken in Details vom nordeuropäischen abweicht. Illustrationsmaterial für konventionelle Gesten im Französischen liefert Meißner 1992:193-200.

58 Konrad, Zinta 1994, Ewe comic heroes: trickster tales in Togo. New York: Garland: 108. non vidi

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Pragmatischer Anwendungsbereich der Ideophone 72

Die ikonische Komponente beschreibt sie als direkte Rede. Dies kann in Analogie zum Film so interpretiert werden, daß der Film die Szenerie direkt abbilden kann, während die Erzählung sie im allgemeinen nur beschreiben kann, wobei das Beschriebene dann in der Vorstellung des Hörers rekonstruiert werden muß. Mit Hilfe der Ideophone kann nun auch die Erzählung Ereignisse „direkt“ abbilden, was die Rekonstruktion – oder mit anderen Worten die Verbildlichung – erleichtert, da bereits die sprachliche Form bildhaft ist.59 Insofern ist die Wertung als direkte Rede recht anschaulich, zumal eine interessante Anmerkung in Alpher 1994 (170) in dieselbe Richtung geht. Danach seien in vielen australischen Sprachgemeinschaften Ideophone die einzigen Wörter, die auch in der Zeichensprache gesprochen würden. Während also alle Zeichen das Medium wechseln, bleiben die Ideophone davon unberührt, was ihren „außersprachlichen“ Charakter unterstreicht. Auch andere Autoren haben sich über den Außenseiterstatus der Ideophone im Sprachsystem gewundert und daraus weitreichende Konsequenzen gezogen. Awoyale und Diffloth gehen daher noch weiter in ihrer Einschätzung dieser Sonderrolle:

We believe that the ideophones represent another pattern of activation of the human language to create two language codes in one language. (Awoyale 1999:17)

[...] it is not sufficient to say that expressives form a distinct basic part of speech: they actually constitute a parallel sublanguage grafted on, and parasitic on, the conventional one. (Diffloth 1994:108)

Diese Ansicht ist sicher die radikalste, da sie die Ideophone vollkommen aus dem restlichen Sprachsystem ausgrenzt. Es wurde jedoch in §2.2.2 gesagt, daß zwischen Ikonizität und Symbolizität ein Kontinuum besteht. Der ideophone Kode oder ein solches Subsystem der Sprache könnte nun dem ikonischen Pol zugeordnet werden. Es wäre zugleich dem lautsymbolischen Anteil der Sprache zuzuordnen, der dem arbiträren vorausgeht. Dabei handelt es sich aber um verschiedene semiotische Prinzipien und weniger um separate Kodes. Diese Prinzipien sind jeweils zu unterschiedlichen Teilen wirksam, eine klare Trennlinie kann zwischen ihnen nicht gezogen werden, was zu besagtem Kontinuum führt. Bei den Ideophonen von einem parallelen parasitären Subsystem zu sprechen, würde das arbiträre Prinzip in der Sprache überbewerten und Lautsymbolik als Abweichung charakterisieren. Die ikonischen Strukturen in ihrer Gesamtheit bilden aber das Gerüst, in das arbiträre Strukturen eingebettet sind. Zwischen den genannten Prinzipien besteht also keine Konkurrenz, wie durch die Annahme paralleler Subsysteme suggeriert wird, sondern Komplementarität. Es wäre daher falsch, Ideophone aus dem Sprachsystem auszugrenzen. Sie stellen vielmehr eine Ergänzung des Lexikons dar und sind syntagmatisch mit den anderen Elementen der Sprache verknüpft, weshalb sie auch mit traditioneller grammatischer Terminologie beschrieben werden können und unter anderem bestimmten Wortarten zuzuordnen sind.

Nichtsdestoweniger wird durch die Hervorhebung der besonderen semantischen und pragmatischen Funktionen von Ideophonen die Behauptung bekräftigt, daß die Ideophonie kein marginales Phänomen, sondern ein konstitutiver Bestandteil vieler Sprachen ist.

59 Bereits in §2.1.7 wurde beschrieben, daß Lautsymbolik die Dekodierung beschleunigt.

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6 TYPOLOGISCHER STATUS DER IDEOPHONIE

6.1 Ideophone Strukturen in anderen Sprachen

6.1.1 Allgemeines Wie in §2.2.1 erwähnt, wurde der Terminus ‘Ideophon’ zuerst für afrikanische Sprachen verwendet. Ein vergleichbares Inventar solcher expressiver Ausdrücke gibt es aber in zahlreichen areal und genetisch voneinander unabhängigen Sprachen. Bekannt hierfür sind vor allem das Koreanische und Japanische, aber auch das Malaiische, dann australische und amerindische Sprachen. In indo-europäischen Sprachen scheint Ideophonie hingegen wenig ausgeprägt zu sein. Zu fragen bleibt, und dies kann an dieser Stelle leider nicht beantwortet werden, ob es in den nicht-indo-europäischen Sprachen Europas Ideophone in größerer Zahl gibt. Diese Frage ist schon deshalb interessant, weil Sprachen wie Baskisch, Finnisch und Ungarisch sich typologisch stark von den umgebenden Sprachen unterscheiden, aber jahrhundertelang in Kontakt mit diesen standen und somit auch von ihnen beeinflußt worden sind. Arabisch, das lange Zeit eine dominante Rolle in der islamischen Welt gespielt hat, hat keine Ideophone (Olmstedt Gary; Gamel-Eldin 1982:131), obwohl es in Kontakt stand mit vielen Sprachen, die über Ideophone verfügen. Eine interessante Kontaktsituation findet man auch in Indien, wo drawidische Sprachen mit indo-arischen zusammentreffen (Tamil hat z.B. Ideophone [Asher 1982:242f.]). Möglicherweise gab es hier Entlehnungen aus einer Sprachfamilie in die andere, entweder von Formen oder auch nur des Prinzips. Ebenso ergiebig dürfte die Kontaktsituation Türkisch-Kurdisch sein, wo zudem Zweisprachigkeit und Diglossie stark verbreitet sind, so daß der Sprachkontakt schon innerhalb der Sprecher stattfindet. Man könnte anhand derartiger Konstellationen Erkenntnisse darüber bekommen, ob für Ideophone, die ja zum lautsymbolischen Wortschatz zählen, besondere Mechanismen der Entlehnung gültig sind. Daß solche Entlehnung nicht unüblich ist, zeigen slawische Sprachen, die bestimmte Prinzipien der Reduplikation wohl aus Turksprachen entlehnt haben (Jakobson; Waugh 1987:200).

Formen, Strukturen, Konstruktionen und Funktionen sind im Bereich der Ideophonie stark universalistisch. In vollkommen unverwandten Sprachen, die nie miteinander in Kontakt standen, finden sich erstaunliche Parallelen. Jede einzelsprachliche Untersuchung in diesem Bereich ist für die typologische Forschung nützlich, und umgekehrt kann dieser Bereich in einer Sprache nicht angemessen beschrieben werden, wenn nicht klar ist, welche Erkenntnisse für Ideophone allgemein in den Sprachen der Welt gelten und welche für diese eine Sprache spezifisch sind. Der typologische Vergleich läßt vieles einleuchtender erscheinen, Regularitäten erkennen und bewerten. Daher soll nun ein Blick auf die Ideophone anderer Sprachen geworfen werden. Dabei wird deutlich, daß es einerseits viele Übereinstimmungen gibt, andererseits aber wichtige Unterschiede existieren.

6.1.2 Status der Ideophone als Wortart

In §5.2 ist gezeigt worden, daß die Ideophone des Türkischen den Wortarten Adverb und Adjektiv zuzuordnen sind. Die Gemeinsamkeit dieser beiden Wortarten ist ihre modifikative Funktion, so daß Ideophone in erster Linie Modifikatoren sind. Modifikative Formen werden nicht notwendigerweise formal unterschieden. Auch bei den nicht-ideophonen Modifikatoren des Türkischen wird adverbialer und adjektivischer Gebrauch nur selten durch Markierungen angezeigt. Dies gilt im übrigen auch für das Deutsche, wie man beim Vergleich von Sätzen wie Sie singen schön. vs. Ihr Gesang ist schön. erkennt. Das diesbezügliche Verhalten der

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Ideophone Strukturen in anderen Sprachen 74

Ideophone im Türkischen ist also nicht weiter erstaunlich, wenn auch auffällt, daß viele Ideophone auf eine einzige der beiden Verwendungsweisen festgelegt sind. Dies scheint aber semantisch erklärbar, da im Bereich der Ideophonie Dynamizität eine wichtige Rolle spielt. Ideophone, die auf hochdynamische Situationen referieren, können nur schwerlich adjektivisch gebraucht werden (vgl. §4.4.3).

Es wurde an vielen Stellen deutlich, daß der modifikative Status der Ideophone kein Zufall sein kann, sondern eine funktionale Erklärung hat. Das wichtigste Argument ist die amplifikative Funktion, die alle Ideophone erfüllen. Dies dürfte nicht nur für das Türkische, sondern für alle Sprachen mit Ideophonen gelten, da ihre pragmatische Funktion universal ähnlich ist. Ideophone können aber nur dann ihre amplifikative Funktion erfüllen, wenn sie ein entsprechendes Amplifikatum haben. Welche andere syntagmatische Beziehung sollte zu einem solchen bestehen, wenn nicht eine modifikative? Prinzipiell kämen zwar auch Rektion und Juxtaposition infrage. Doch verfügen die Ideophone erstens über eine Leerstelle, die sich durch Selektionsrestriktionen bemerkbar macht (§4.5). Zweitens ist in einer Kollokation aus Ideophon und Verb nur letzteres obligatorisch. Das Ideophon ist also ein Dependent des Verbs mit einer Leerstelle für selbiges und somit ein Modifikator.

In den meisten Sprachen ist dies auch belegbar, wobei jedoch einige Ausnahmen zu erwähnen sind. Im Somali sind Ideophone feminine Substantive (Salaad Dhoorre; Tosco 1998:129), im Südsotho sind sie den Verben am nächsten, was man unter anderem daran erkennen kann, daß sie transitiv oder intransitiv sein können (Kunene 1978:32). Insgesamt scheint die Situation in Afrika recht heterogen zu sein, was sogar dazu führte, daß vorgeschlagen wurde, Ideophone gleich als eigenständige Wortart zu klassifizieren. Eines der Kriterien wären distributionelle Besonderheiten der Ideophone, die sie von anderen Wortarten, wie etwa Adverbien unterscheiden. So findet man selten Ideophone in negierten Aussagen60, und auch in Neben- und Imperativsätzen kommen sie nicht vor61. In §4.4.3 wurde zudem erläutert, daß Ideophone nicht bei der Komparation eingesetzt werden können.

Die genannten Einwände stehen einer Zuordnung der Ideophone zu bereits vorhandenen Wortarten jedoch nicht zwingend im Wege. Es ist nicht erforderlich, daß alle Mitglieder einer Klasse exakt dasselbe syntaktische Verhalten zeigen. So weisen Modalverben im Deutschen einige Besonderheiten auf, wie die, daß sie Verben im Infinitiv ohne die Präposition zu

anschließen. Auch ihre Flexion ist auffällig, da sie in der 3. Person Singular Präsens nicht die Personalendung -t annehmen. Trotz dieser Abweichungen gelten sie als Verben, wenn sie auch nicht dem Prototyp dessen entsprechen, was man sich unter einem Verb vorstellt.

Bei den Ideophonen bietet sich eine ähnliche Vorgehensweise an. Sie lassen sich in vielen Sprachen als Adverbien einstufen, doch sie entsprechen in keiner Sprache dem prototypischen Adverb. Abweichungen vom Prototyp lassen sich durch semantische und pragmatische Besonderheiten erklären. Ideophone lassen sich deshalb nicht negieren, weil sie weniger der Information, sondern primär der Amplifikation dienen. Daß sie nicht in Imperativsätzen und gesteigert vorkommen hängt auch damit zusammen, daß Ideophone eine Wahrnehmung unmittelbar wiedergeben, während Komparation und imperative Sprechakte schlicht andere Funktionen haben.

Ideophone sind demnach eine Subklasse der Modifikatoren. Diese Feststellung gilt, wie bereits erwähnt wurde, nicht für alle Sprachen. Trotz aller Ähnlichkeiten zeigen Ideophone in verschiedenen Sprachen unterschiedliches syntaktisches Verhalten. Eine rundum

60 Auf diesen Punkt wird z.B. in Diffloth (1994:108) hingewiesen. 61 Diese Erkenntnis stammt aus Alpher (1994:169).

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Typologischer Status der Ideophonie 75

befriedigende Klassifikation kann somit sowieso immer nur für eine Sprache gelten.62 Interessanterweise ist das Verhalten der Ideophone in verschiedenen asiatischen Sprachen aber ähnlich. Sowohl im Türkischen, als auch im Koreanischen, Tamil und Japanischen sind sie primär modifikativ. Das mag einerseits mit der typologischen Ähnlichkeit dieser Sprachen zusammenhängen, andererseits mit universalen Tendenzen im Bereich der Ideophonie erklärbar sein. Beispiele für analoge Konstruktionsmöglichkeiten mit Ideophonen in verschiedenen Sprachen werden noch zu sehen sein.

Schließlich darf bei der Diskussion um Wortartenzugehörigkeit in typologisch verschiedenen Sprachen aber auch nicht nicht vergessen werden, daß sie grundsätzlich problematisch ist. Letztlich kann höchstens für eine bestimmte Sprache wie das Türkische festgestellt werden, daß Ideophone modifizieren und somit Adverbien oder Adjektive sind und daß Verben und Substantive von ihnen abgeleitet werden können. Ein Afrikanist – und die meisten Publikationen über Ideophone stammen von solchen – wird in „seiner“ Sprache andere Kriterien anwenden, um überhaupt Adverbien und Adjektive zu definieren. Die Diskussion um Wortarten wird von der Morphologie der einen Sprache beflügelt, von der Morphologie einer anderen aber geradezu unmöglich gemacht. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, daß die Idee der Wortarten auf europäischem Boden entstanden ist und Sprachen wie Latein und Altgriechisch zum Vorbild hatte. Wäre die Linguistik in Vietnam entstanden, würden wir fremde Sprachen sicher mit anderen Kategorien beschreiben.

6.1.3 Phonologie

6.1.3.1 Vokale

Da Ideophone nahe am ikonischen Pol stehen, lassen sich an ihnen Gesetzmäßigkeiten im Bereich der Lautsymbolik erkennen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Vokale, wo Alternationen semantische Nuancen zum Ausdruck bringen. In §4.3.2 wurde gezeigt, daß in türkischen Ideophonen geschlossene Vokale, darunter hauptsächlich ¸, schwächere Eindrücke und geringere Intensität ausdrücken, offene Vokale, vor allem a, hingegen Intensität und Heftigkeit versprachlichen. Grundlage für diese Zuordnung ist ein artikulatorischer Symbolismus, bei der größerer oraler Hohlraum Größe in der Wirklichkeit abbildet, vor allem aber die unterschiedlichen Frequenzen, die mit Resonanzeigenschaften der Geräuschquellen zusammenhängen. Akustische Eigenschaften können wiederum mit Beschaffenheit und Form in Verbindung gesetzt werden, so daß auch nicht-akustische Denotata in diesen „Größensymbolismus“63 einbezogen werden können. Doch bisher wurde der Größensymbolismus nur an türkischen Daten sichtbar gemacht. Um typologisch relevante Aussagen machen zu können, müssen ähnliche Tendenzen auch in anderen Sprachen erkennbar sein. Auch das Deutsche liefert hier passende Beispiele (B106 vs. B107). Es handelt sich dabei zwar um Verben, aber der Symbolismus ist ähnlich wie in den türkischen Ideophonen.

62 Diese Einschränkung wird auch von Childs (1994:187) hervorgehoben. 63 Der Begriff „magnitude symbolism“ stammt von Lee (1992:175).

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Ideophone Strukturen in anderen Sprachen 76

B106. spritzen, zischen DEU

B107. blubbern, gluckern, gurgeln, sprudeln, brodeln DEU

Auffällig ist der Status des /u/. Während /i/ und im Türkischen seine hintere Entsprechung klar Enge und/oder Kraftlosigkeit zum Ausdruck bringen und dabei in Opposition zu /a/ und /o/ stehen, scheint hier bei /u/, obwohl es sich um einen geschlossenen Konsonanten handelt, die Rundung die wichtigere Rolle zu spielen. Eine mögliche Erklärung bestünde darin, dem Merkmal [+/- gerundet] eine distinktive Funktion zuzuschreiben, die logisch unabhängig vom Öffnungsgrad wäre. Danach würden gespreizte Vokale Seichtheit und leeres Volumen, gerundete Vokale Tiefe und volles Volumen abbilden.64 Die ‘Tiefe’ wäre dann ein von der Intensität unabhängiges Charakteristikum. Eine andere Erklärungsmöglichkeit besteht darin, /u/ und /o/ in diesem Fall zueinander zu gruppieren. Bei der Lautsymbolik müssen nicht alle für Vokale relevanten Parameter, also Öffnungsgrad, Artikulationsstelle und Rundung, notwendigerweise jeweils unterschiedliche semantische Korrelate haben. Oppositionen, die normalerweise innerhalb des Phoneminventars bestehen, können bei der Lautsymbolik aufgehoben sein (vgl. §2.2.3), so daß /u/ und /o/ hier durchaus ohne Bedeutungsunterschied verwendet werden könnten.

Die bei dieser Form von Lautsymbolik relevante semantische Dimension der Größe ist ein Kontinuum. Auch Daten aus anderen Sprachen sprechen dafür, daß es die einzige hier relevante semantische Dimension ist. Der Begriff „Größe“ ist hier nicht absolut, also notwendigerweise metrisch, zu verstehen. Auch die Intensität kann, wie gesehen, hierunter fallen, wobei Größe und Intensität ja nicht notwendigerweise zusammenfallen müssen. Letztlich handelt es sich jedoch um reale oder, im Fall der intermodalen Metaphorik, assoziierte Resonanzeigenschaften, die auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruhen. Mit dem Begriff „Größe“ ist hier also, quasi prototypisch, das jeweilige physikalische Korrelat der mittels Lautsymbolik abgebildeten Eigenschaft gemeint, und auch dieses ist ja ein Kontinuum.

Mittels der Vokale sollen Oppositionen auf diesem Größen-Kontinuum ausgedrückt werden. Daraus folgt, daß nicht für jeden Punkt auf dem Kontinuum ein Vokal zur Verfügung stehen kann. Es sollen lediglich graduelle Unterschiede ausgedrückt werden. Dafür wird das Größen- oder Intensitätskontinuum in wenige, meist zwei oder drei, Bereiche aufgeteilt.65 Natürlich kann es zwischen Bereichen auf einem Kontinuum keine scharfen Grenzen geben. Warauf es ankommt ist, daß jedem Bereich sprachliche Strukturen zugeordnet werden, um ein Denotatum einem Prototypen zuzuordnen. Das Türkische unterscheidet auf der semantisch-kognitiven Ebene prototypische intensive von prototypischen schwachen Eindrücken, denen auf der phonologischen Ebene unterschiedliche Vokale entsprechen. Vokale werden also den beiden Prototypen zugeordnet. Verschiedene Parameter können dabei in Interaktion stehen und werden je nach Sprache unterschiedlich gewichtet. Wie gesehen, ist im Deutschen die starke Gewichtung des Parameters Rundung dafür ausschlaggebend, daß /u/ und /o/ zusammengruppiert werden, zumal diese beiden Vokale auch im Öffnungsgrad nebeneinander liegen. In anderen Sprachen können sie hingegen unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden und somit in Opposition stehen.66 Daß im Deutschen die Vokale nicht ausgetauscht

64 Die Idee stammt aus Demircan (1997:197) 65 Auf ähnliche Weise wird z.B. das Farbspektrum in den Sprachen der Welt eingeteilt (Comrie

1989:37f.). 66 Dies ist im übrigen in der Phonologie grundsätzlich so. Während [e:] und [E:] in der genormten

Lautung des Deutschen in Opposition stehen (Beeren vs. Bären), sind es in einigen regionalen

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Typologischer Status der Ideophonie 77

werden können, um Wörter wie glickern oder girgeln zu bilden, ist spezifisch für diese Sprache, aber kein Hindernis für Lautsymbolik. Auch im Türkischen ist Alternation nicht immer möglich.

Es gibt ein weiteres Argument für diese Erklärung: Genauso wie es auf dem Kontinuum neutrale Bereiche gibt, die zwischen den beiden Polen liegen, gibt es in der Lautsymbolik neutrale Vokale, die hinsichtlich des Größensymbolismus nicht distinktiv sind. Im Türkischen kämen ü und e hierfür in Betracht. So wie das perzeptuelle Intensitätskontinuum zum Zwecke der Opposition auf seine Pole reduziert wird, wird das Vokalsystem des Türkischen auf seine „Extreme“ a und ı reduziert.

Aus dieser Argumentation folgt die Erkenntnis, daß das Prinzip der Korrelation semantischer und phonologischer Merkmale in der Lautsymbolik universal ist, die konkreten Entsprechungen aber sprachspezifisch sind. Nicht alle Vokale müssen bei der Lautsymbolik in Opposition zueinander stehen. Welche Vokale eine Opposition ausdrücken, wird von Sprache zu Sprache konventionell geregelt. Auch die Parameter müssen nicht in einer bestimmten Richtung miteinander korrelieren. Konkret bedeutet dies, daß zwar viele Sprachen hohen Öffnungsgrad mit Größe und Intensität assoziieren, andere Sprachen dies aber genau andersherum handhaben. Dies läßt sich am Beispiel der Ideophone einiger asiatischer Sprachen illustrieren. Dort korreliert Größe des Objekts mit abnehmendem Öffnungsgrad der Vokale. Diffloth führt für das Bahnar (Mon-Khmer, Vietnam) folgende Tabelle an (nach Diffloth 1994:112), hier als T11 abgebildet:

T11. Ikonisches System der Vokale im Bahnar

Semantisches Merkmal

Langvokale Kurzvokale

„RIESIG“ ii uu i u

„GROß“ ee oo e o

„KLEIN“ EE OO E O

Diffloth meint, die Beziehung /i/=‘klein’ sei genauso ikonisch wie die Beziehung /i/=‘groß’, nur die Bezugsgrößen seien andere. Es scheint sich dabei um eine Feststellung mit arealer Gültigkeit zu handeln. So findet man im Koreanischen ähnliche Entsprechungen. Dort gilt die in T12 illustrierte Zuordnung (nach Lee 1992:103):

Varianten Allophone. Im ersten Fall wird bei einem bestimmten Öffnungsgrad eine phonologische Grenze gezogen, im zweiten Fall ist diese Grenze aufgehoben.

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Ideophone Strukturen in anderen Sprachen 78

T12. Ikonisches System der Vokale im Koreanischen

Semantisches Merkmal

Vokale

„GROß“ i

e

ÈÈÈÈ (ËËËË)67

ØØØØ (∏∏∏∏)

u

„KLEIN“

œœœœ

a

o

Es mag überraschen, daß all die zuvor vorgebrachten Argumente bezüglich Frequenz und Resonanzeigenschaften großer Objekte sich in den Ideophonen dieser asiatischen Sprachen nicht bestätigt finden. Dies muß nicht bedeuten, daß diese Begründungen falsch sind, sie werden im Koreanischen und im Bahnar nur nicht berücksichtigt. Für das Türkische und viele andere Sprachen treffen sie zu, für das Koreanische und Bahnar gelten hingegen andere Bezugsgrößen. Als eine solche Bezugsgröße käme das Zungenvolumen in Betracht: Bei der Artikulation geschlossener/hoher Vokale belegt die Zunge ein viel größeres Volumen im Mund als bei offenen/tiefen Vokalen (Diffloth 1994:113). Da die Zunge bei geschlossenen Vokalen weiter vorne zum Einsatz kommt, ergibt sich zudem ein größerer pharyngaler Hohlraum. Man könnte die Argumentation in diese Richtung fortführen und eine Entsprechung zwischen der Größe des pharyngalen Hohlraums und Größe des Denotatums postulieren.68 Diese Entsprechung wäre dann genauso ikonisch wie die, die den oralen Hohlraum als Bezugsgröße nimmt.

6.1.3.2 Konsonanten

§4.3.3 hat für das Türkische Entsprechungen zwischen semantischen Domänen und bestimmten (assoziativen, ikonischen, expressiven) Konsonanten aufgeführt. Um diese Argumentation zu stützen, wäre es interessant zu erfahren, ob es ähnliche Erkenntnisse für andere Sprachen gibt. Rubino (1999:1) führt semantische Beschreibungen für Konsonanten in Ideophonen des Ilocano (Nördliche Philippinen) auf. Auch das Didinga, das im Südsudan gesprochen wird, ist eine Sprache, in der ansatzweise ikonische Beziehungen zwischen Konsonanten und der Bedeutung der jeweiligen Ideophone bestehen. So scheint es eine solche Beziehung zwischen den stimmlosen Okklusiven und dem semantischen Merkmal [+Zusammenstoß] zu geben, wie z.B. in kuk „Auftreffen auf dem Boden“ oder puk „Geräusch von etwas, das auf etwas Weiches stößt“. Ebenso drückt der labiale Frikativ Geschwindigkeit aus, wie in vuu „Fluggeräusch“, was sich mit dem für das Türkische Gesagten decken würde. Es scheint jedoch, daß derartige ikonische Beziehungen schwierig und nur in Einzelfällen zu finden sind (Jong 1999:6). Deutlicher sind sie im Yoruba erkennbar. Am Beispiel der konsonantischen Basis r-g-d-, in die verschiedene Vokale an die Stelle der Striche eingebaut werden, wodurch man eine große Zahl ähnlicher Ideophone erhält, führt Awoyale folgendermaßen aus (Awoyale 1999:10):

While the front vowels tend to characterize the internal composition, the back vowels characterize the external appearance. [...] The skeletal base can be assigned the invariant

67 Für das Koreanische sind verschiedene Transliterationssysteme im Umlauf. 68 Diese Argumentation findet sich z.B. bei Lee (1992:227).

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Typologischer Status der Ideophonie 79

value of ‘round, roundish or curved shape’ [...] On the whole, it is the skeletal consonantal base which identifies the physical identity before all other associated meanings come into the picture. Based on this small evidence we think it is feasible therefore to attempt to attribute meanings to all potential consonantal strings in ideophones [...]

Es läßt sich zu diesem Punkt zusammenfassend sagen, daß gewisse ikonische Beziehungen zwischen phonetischen und semantischen Merkmalen der Ideophone nicht zu leugnen sind. Eine genaue Übereinstimmung wird nur schwer zu finden sein: Ikonizität ist ein Prinzip, das stets nur in Ansätzen in der Sprache zu finden ist. Es gibt aber viele Fälle, in denen Konsonanten für bestimmte semantische Bereiche prädestiniert sind. Ein offensichtlicher Fall sind finale Okklusive für abrupt abbrechende Geräusche. Gleiches gilt für die Längung von Frikativen oder Vibranten zum Ausdruck von länger anhaltenden Geräuschen.69 Und die labialen Frikative eignen sich besonders für Luftbewegungen, wie Pusten, Wind oder Luftwiderstand.70

6.1.4 Morphologie und Syntax

Eine morphologische Operation bei der Ideophonie, von der viele Sprachen Gebrauch machen, ist die Reduplikation. Daß sie ikonisch ist, was man im Türkischen deutlich sehen konnte, läßt sich auch in anderen Sprachen beobachten. Jong (1999:6) sagt über die Reduplikation der Ideophone im Didinga: „Reduplicated ideophones often indicate a repeated action, duration or speed [...]“. Ähnliches sagt Childs über Ideophone in afrikanischen Sprachen: „Repeated or prolonged ideophones generally possess an iconic component in that the elongation represents extension in time or space.“ (Childs 1994:185). Reduplikation wird also dazu verwendet, eine zeitliche Ausdehnung des Geschehens darzustellen. Der genaue Anwendungsbereich unterliegt dabei wiederum sprachspezifischen Regeln.

Im Bereich der Syntax fallen die oft strengen Selektionsrestriktionen der modifikativen Leerstellen der Ideophone auf. Kollokationen sind nicht unüblich. Auch hier gibt es interessante Übereinstimmungen in verschiedenen Sprachen. So haben viele Ideophone im Yir-Yoront (Australien) eine prototypische Assoziation mit einem einzigen Verb oder einer Familie fast synonymer Verben (Alpher 1994:168). Die Verbindung bestimmter Ideophone mit semantisch ähnlichen Verben ist so eng, daß ihre Unterbedeutungen genau den Unterbedeutungen dieser Verben entsprechen, so daß sie auch ohne ein Verb gebraucht werden können. Die im Türkischen gesehene Konstruktion, bei der ein Ideophon mit einem von diesem Ideophon abgeleiteten Verb kombiniert wird, läßt sich ebenso in anderen Sprachen finden. Auch im Didinga können Verben aus Ideophonen abgeleitet werden, und zwar mit Hilfe der Endung -an. Zur Illustration folgen einige Beispiele (nach Jong 1999:3):

69 Für das Türkische wurden die Beispiele foşş und fışş angeführt (siehe §4.4.4). Ähnliches gibt es in

afrikanischen Sprachen (Childs 1994:193). 70 Grammont (1971:390) ordnet ihnen die Eigenschaft des Hauches zu („valeur de souffle“).

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Ideophone Strukturen in anderen Sprachen 80

T13. Derivation von Verben aus Ideophonen im Didinga

Ideophon Bedeutung Abgeleitetes Verb

Bedeutung

lli|||| „Geräusch beim Fallen“ llir∆∆∆∆án „fallen“

but 11 11 „Geräusch des Beseitigens“ butt 11 11án „entwurzeln, herausreißen“

va|||| „Geräusch beim Durchbrechen eines Stockes“

varán „zerbrechen“

In B109 kommt das Ideophon va| zusammen mit dem davon abgeleiteten Verb vara!n vor. B108 stellt eine analoge türkische Konstruktion gegenüber.

B108. Göz-ler-i tıpkı bir güneş gibi pırıl pırıl pırıl-d-ıyor. TÜR Auge-PL-POSS.3 genau eins Sonne wie strahl strahl strahl-VR-PROG(3.SG) „Seine Augen strahlen genauso wie eine Sonne.“ (Y.T.)

B109. a-vaaaa||||aaaa!! !!nnnn na!WalaWalla mo|o!k no!Vo! vaaaa||||. DID PFV-zerbrech:3.SG Ring:NOM Schaft nur brech „Der Ring zerbrach den Schaft mit einem Knacken.“ (Jong 1999:3)

Diese Konstruktion existiert auch im Koreanischen, wie B110 bezeugt.

B110. kË ai-nËn hulcc∏∏∏∏khulcc∏∏∏∏k hulcc∏∏∏∏k-k∏∏∏∏li-n-ta. KOR D3 Kind-TOP schluchzschluchz schluchz-VR-INKMPL-DEKL „Das Kind schluchzt erbärmlich.“ (Shin, pers. Mittlg.)

Ebenso finden wir Entsprechungen für die syntagmatisch unterschiedlichen Konstruktionen, die für das Türkische in B111 einerseits und in B114 andererseits gezeigt werden. Die erste Konstruktion enthält Ideophone, die den vollen semantischen Gehalt des Verbalsyntagmas tragen, da sie nur mit einem Auxiliar kombiniert werden. Diese Konstruktion scheint in vielen Sprachen vorzukommen. So gibt es auch im Koreanischen Konstruktionen aus Ideophon und Auxiliar. Ebenso werden auch Ideophone in den Bantu-Sprachen häufig mit einem Verb kombiniert, das ‘sagen’ bedeutet, per Extension aber auch ‘tun’, ‘handeln’ u.ä. (Doke 1967:87; vgl. auch Childs 1994:187: dort heißen sie dummy verbs). Ein solches Verb ist im Türkischen etmek „tun“, im Didinga II „sagen“ und im Koreanischen hata „tun“. Diese Konstruktion wird für das Didinga in B112 veranschaulicht, ein koreanisches Beispiel ist B113.

B111. Merdiven basamak-lar-ı gıcır gıcır ed-iyor-du. TÜR Treppe Stufe-PL-POSS.3 knarr knarr AUX.TR-PROG-PRT(3.SG) „Die Treppenstufen knarrten.“ (TDK 1988 s.v. gıcır gıcır)

B112. ma ∫aa Na!a a-IIII! lOOZ-I tttttttt11 11aaaauuuu tttttttt11 11aaaauuuu I-t1INaa!-ZO. DID und als immer.noch IPFV-sag:3 Platz-NOM strahl strahl PFV-aufsteh-3.PL

„Und als dort immer noch das erste Tageslicht zu sehen war, standen sie auf.“ (wörtl.: „Und als der Platz immer noch tt1au tt1au (=erstes Tageslicht) sagte ...)(Jong 1999:4)

B113. suni-ka pithËËËËlpithËËËËl ha-n-ta. KOR Suni-NOM wankwank tu-INKMPL-DEKL „Suni wankt.“ (Shin 1999:7)

Page 93: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Typologischer Status der Ideophonie 81

Andere Ideophone werden hingegen mit Vollverben kombiniert. Dabei können Verb und Ideophon dieselbe Bedeutung tragen, wie für das Türkische durch B114 exemplifiziert. Das Ideophon trägt keine neue Information, sondern verstärkt lediglich das Hauptverb. Für das Didinga wird dies durch B115 und für das Koreanische durch B116 gezeigt.

B114. Nil-i tekrar kaybet-mek ihtimal-i-nden TÜR Nil-AKK wieder verlier-INF Wahrscheinlichkeit-POSS.3-ABL

tir tir titr-iyor-du-m. zitter zitter zitter-PROG-PRT-1.SG

„Ich zitterte vor Angst angesichts der Wahrscheinlichkeit, Nil wieder zu verlieren.“ (TDK 1988 s.v. tir tir)

B115. a-∫∫∫∫aaaa!! !!rrrriiiitttt1 UDU|-I noVo!71 DDDDDDDDaaaa|||| DDDDDDDDaaaa||||. DID IPFV-zitter:3 Hund-NOM nur zitter zitter „Der Hund zittert fürchterlich.“ (Jong 1999:4)

B116. kË yoca-nËn putËËËËlputËËËËl tt∏∏∏∏l-∏ss-ta. KOR D3 Frau-TOP zitterzitter zitter-KMPL-DEKL „Die Frau hat fürchterlich gezittert.“ (Shin, pers. Mittlg.)

Eine andere Gruppe von Ideophonen spezifiziert das Vollverb, indem sie auf die Frage antwortet „In welcher Art und Weise genau?“. Als Beispiel für das Türkische mag hier B117 gelten. Dem entspricht im Didinga B118 und im Koreanischen B119.

B117. Musluk açık kal-mış, şırıl şırıl ak-ıyor. TÜR Wasserhahn offen bleib-Q/I plätscher plätscher fließ-PROG(3.SG)

„Der Wasserhahn ist nicht zugedreht, er läuft ruhig vor sich hin.“ (TDK 1988 s.v. şırıl şırıl)

B118. a-tttt11 11IIII!! !!IIII!! !!llll-I t1a|I! t1a!mmu! ∫u!u!k no!Vo! ttttSSSSuuuuuuuu. DID IPFV-regen-3 in.der.Tat Regen:NOM auch nur heftig „In der Tat regnete es heftig.“ (Jong 1999:4)

B119. kuk-mul-i ph∏∏∏∏lph∏∏∏∏l/ pok∏∏∏∏lpok∏∏∏∏l kkËËËËlh-nËn-ta KOR Suppe-Wasser-NOM brodelbrodel köchelköchel koch-INKMPL-DEKL „Die Suppe brodelt/köchelt.“ (Shin, pers. Mittlg.)

Es kann also abschließend festgestellt werden, daß die unterschiedlichen Verwendungsweisen von Ideophonen in genetisch und areal unverwandten Sprachen anzutreffen sind und somit als konstitutiv für diese Klasse angenommen werden können. Jong weist jedoch auch darauf hin, daß die oben aufgeführten Abgrenzungen nicht durchgehend sind, da es Ideophone gibt, die in mehreren dieser Konstruktionen auftreten können. Auch dies läßt sich im Türkischen beobachten, da einige Ideophone, die der Spezifikation des im Vollverb genannten Geschehens dienen (B75.a), auch einfach mit dem Auxiliar etmek stehen können. Die semantischen Restriktionen der modifikativen Leerstelle des Ideophons werden dabei zu semantischen Merkmalen desselben. Das Vollverb wird damit überflüssig (B120.b):

71 noVó scheint quotative Funktion zu haben, da es oft Ideophonen vorausgeht. Jong glossiert es mit

„just“.

Page 94: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Ideophone Strukturen in anderen Sprachen 82

B120. a. Su fokur fokur kayn-ıyor. TÜR Wasser brodel brodel koch-PROG(3.SG)

b. Su fokur fokur ed-iyor. Wasser brodel brodel AUX.TR-PROG(3.SG)

„Das Wasser brodelt.“ (Y.T.)

6.2 Typologische Korrelationen

Wie bereits an mehreren Stellen gesagt wurde, ist der prototypische Gebrauch von Ideophonen der adverbiale. Expressivität, Subjektivität und Intensität sollen durch Ideophone zum Ausdruck kommen. Da die Reichweite dieser Parameter die dargestellte Situation ist, werden sich die Ideophone an den Situationskern heften. Der Situationskern wird syntaktisch durch das finite Verb repräsentiert, die Ideophone werden also in syntaktische Abhängigkeit zu diesem gebracht. Kraft ihres so erlangten adverbialen Status modifizieren sie es.

Bei der Modifikation eines Verbs durch ein Adverb können unterschiedliche semantische Verhältnisse zugrunde liegen. Schaefer weist diesbezüglich auf interessante Regularitäten hin, die im Vergleich von englischen Verben mit Konstruktionen aus Verb und Adverb im Emai, einer nigerianischen Benue-Congo-Sprache, zutage treten. So scheint im Englischen die ideophone Komponente im Verb „inkorporiert“, während das Verb im Emai nur die Grundbedeutung trägt, die ideophone Komponente aber in einem modifizierenden Adverb kodiert wird. In B121 und B122 sind die entsprechenden Konstruktionen einander gegenübergestellt (nach Schaefer 1999:8). bébébé und ghée sind ideophone Adverbien:

B121. a. ó 2li @ ó2mó2hé lái bébébé EMAI DEF Mann lauf:FAKT flitzend „Der Mann flitzte ab.“

b. ó2li @ ó2mó2hé lái ghée DEF Mann lauf:FAKT wie.mit.einem.Schuß „Der Mann schoß ab.“

B122. a. The man flitted off. ENG

b. The man darted off.

Schaefer führt diese unterschiedliche Verteilung von Information auf verschiedene Wortarten darauf zurück, daß Englisch und Emai unterschiedlichen Sprachtypen angehörten. So sei Englisch eine Sprache, in der Art und Weise oder Intensität zusammen mit Bewegung im Verb kodiert würden. Hingegen gehöre Emai zu einem Sprachtyp, der nicht Art und Weise oder Intensität im Verb ausdrücke, sondern – im Falle der Bewegungsverben – nur Bewegung und Richtung.72 Wenn erstere Information nicht im Verb ausgedrückt werden könne, so schließt Schaefer (1999:11), dann müsse das Verb einen Satelliten zu sich nehmen, wo diese Information dann kodiert werden könne.

72 Auch in Talmy 1985 wird beschrieben, wie Informationen in verschiedenen Sprachen auf die

Elemente im Satz verteilt werden. Allerdings werden dort die Ideophone nicht berücksichtigt.

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Typologischer Status der Ideophonie 83

Wie aus den Übersetzungen in B121 ersichtlich ist, gehört das Deutsche in dieser Hinsicht demselben Sprachtyp an wie das Englische. Interessanterweise scheint das Türkische dem Emai-Sprachtyp anzugehören, wenn Schaefer mit seiner Generalisierung recht hat.

Während also eine Gruppe von Sprachen expressive Verben nutzt, bevorzugen andere Sprachen Ideophone, wobei das hinsichtlich Expressivität neutrale Verb dasselbe bleiben kann. In B124 wird dieser Sachverhalt noch einmal illustriert.

B123. Su kayn-ıyor. TÜR Wasser koch-PROG(3.SG) „Das Wasser kocht.“

B124. Su fokur fokur kayn-ıyor. TÜR Wasser brodel brodel koch-PROG(3.SG) „Das Wasser brodelt.“

Anhand der gezeigten Beispiele kann man also einige Generalisierungen wagen: Es gibt zwei Typen von Sprachen – wobei es möglicherweise Übergänge gibt –, die sich hinsichtlich der Verteilung semantischer Informationen auf die Satzstruktur unterscheiden. Es gibt einerseits Sprachen, die im finiten Verb (dem syntaktischen Nukleus) Informationen über Art und Weise einer Bewegung oder über die subjektive oder objektive Intensität eines graduierbaren Situationskerns kodieren. Die semantischen Komponenten werden im Nukleus zusammengefaßt, das Verb ist folglich semantisch hoch beladen. Englisch und Deutsch gehören zu diesem Typ.

Es gibt andererseits Sprachen, die Informationen über Art und Weise bzw. Intensität nicht in einer eigenen Klasse von Verben kodieren, sondern höchstens in durch Derivation entstandenen Verben. Sie ziehen in jedem Fall die Strategie vor, diese Informationen in einem modifizierenden Adverb unterzubringen. Soll diese semantische Komponente expressiv sein, werden Ideophone eingesetzt. Ideophone entstehen also durch Auslagerung expressiver Merkmale außerhalb des Verbs. Das Verb selbst trägt eine geringe semantische Last, die Informationsverteilung ist dezentral. Türkisch, Japanisch, Koreanisch und viele afrikanische Sprachen, die für ihren Ideophonreichtum bekannt sind, gehören zu diesem Typ.

Ideophone und expressive Verben stehen also im Sprachvergleich in komplementärer Distribution. Die Sprachen mit einer großen Anzahl an adverbialen Ideophonen können diese allerdings zusätzlich verbalisieren, so daß sie über eine Alternative verfügen, die andere Sprachen nicht haben. Dieser Punkt wird in §6.4 vertieft.

6.3 Ideophone als Opfer der Sprachnormierung?

Lautsymbolik ist ein Grundprinzip bei der Entstehung von Sprache. Dies scheint sowohl bezüglich der Phylogenese als auch bezüglich der Ontogenese unbestreitbar, wie in §2.1.2.2.2 und §2.1.7 dargelegt worden ist. Da Ideophone durch Lautsymbolik entstehen, kann man annehmen, daß also auch die Ideophone überwiegend Relikte eines frühen Sprachstadiums sein müssen73. 73 Marchand (1953:53) kommt zu einer entgegengesetzten Schlußfolgerung: „Die türkischen

Onomatopoetika sind ein Beispiel dafür, wie relativ jung lautsymbolische Wörter im allgemeinen sind. Sie beginnen vielfach mit Phonemen, die vom historischen Standpunkt untürkisch sind.“ Wie aus §2.2.3 hervorgeht, teile ich diese Auffassung nicht, zumal Marchand selbst darauf hinweist, daß „die Sprache fast nie Phoneme zum Ausdruck einer Vorstellung [erfindet], sondern mit den im System vorhandenen Sprachlauten [operiert].“ (54)

Page 96: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

Ideophone als Opfer der Sprachnormierung? 84

Nun mag die bloße Zuordnung der Ideophone zu einer alten Sprachstufe, ob berechtigt oder nicht, ihr Verschwinden beschleunigt haben. Ein progressives Sprachverständnis mag die Verdrängung als veraltet betrachteten Materials zur Folge gehabt haben. Zülfikar und Demircan schreiben ja auch, daß die Ideophone selbst im Türkischen in der Literatur nicht sehr angesehen sind und eher in der gesprochenen Sprache überlebt haben. Die besonderen Bedingungen, unter denen das Türkische die letzten Jahrhunderte verbracht hat, würden gut in diese Argumentation passen. Schließlich wurde das Türkische bis in die 20er Jahre dieses Jahrhunderts nicht geschrieben, es wurde also auch nicht standardisiert und die Ideophone, die in der gesprochenen Sprache nicht gefährdet waren, konnten sich somit problemlos in der Sprache halten. Für geschriebene Zwecke wurde das Osmanische verwandt, eine Sprache mit überwiegend türkischer Grammatik, in der jedoch der arabisch-persische Wortschatz dominierte. Es herrschte also eine Diglossie, bei der das Türkische die Sprache des „einfachen Volkes“ war, das Osmanische hingegen die Elitesprache (Adanir 1995:38). Erst nach der Republikgründung im Jahre 1923 konnte sich das Türkische emanzipieren, die Einführung des lateinisch-türkischen Alphabets 1928 leitete den Übergang vom Osmanischen zum modernen Türkisch ein. Das Türkeitürkische wurde zu einer voll funktionsfähigen Sprache ausgebaut, insbesondere nach Gründung des „Türkischen Sprachvereins“ (Türk Dil Kurumu) im Jahre 1932, der für die Standardisierung und Modernisierung des Türkischen zuständig war und ist (Adanir 1995:46). Welche Rolle die Ideophone im geschriebenen Osmanischen gespielt haben ist irrelevant, da ohnehin nur ein Bruchteil der Bevölkerung zu osmanischen Zeiten schreiben konnte74. Die Ideophone hätten also von der Diglossie-Situation profitiert, da das Neutürkische erst vor kurzer Zeit zu einer Schriftsprache ausgebaut wurde. Da dieser Prozeß in den europäischen Kultursprachen wesentlich früher einsetzte, waren die Ideophone in diesen Sprachen dem „Modernisierungsdruck“ wesentlich länger ausgesetzt, was schließlich zu ihrer Verdrängung geführt haben könnte.

74 Dmitrijev hat schon 1927, also zu einer Zeit, wo der Ausbau des Türkischen noch in den Anfängen

steckte, darauf hingewiesen, daß Ideophone (er nennt sie freilich ‘Mimemas’) sogar in der Literatursprache zahlreich seien (Dmitrijev 1927:109).

6.4 Sprachen mit hoher vs. niedriger Ideophonizität Die vorangegangenen Abschnitte haben einige Gründe dargelegt, die dafür verantwortlich sind, daß es in einigen Sprachen ein umfangreiches Inventar an Ideophonen gibt, während andere Sprachen dieses besondere sprachliche Mittel nicht zur Verfügung haben. Ist es aber nun so, daß diese Sprachen überhaupt keine Ideophone haben oder sind sie nur nicht so ausgeprägt? Zum Einstieg soll die Stellungnahme Awoyales angeführt werden.

Why do not all languages have ideophones? The truth is that all languages have ideophones, but the degree of occurrence may be determined by the peculiarities of individual languages. The fact that we are not dealing with just a few collection but hundreds if not thousands of ideophones in some languages shows that they can no longer be ignored or treated as peripheral elements. The prevalence of ideophones in many African languages shows that we are not just dealing with mere sound symbolism of the conventional type. (Awoyale 1999:16)

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Typologischer Status der Ideophonie 85

Hier wird zu Recht darauf hingewiesen, daß einige Sprachen Tausende Ideophone haben. Dies sei der Grund dafür, die Ideophone nicht einfach als einen beliebigen Fall von Lautsymbolik zu behandeln. Sie erfüllen in vielen Sprachen eine wichtige Funktion, in dem sie den Sprechern ermöglichen, Wahrnehmungen für die Zuhörer anschaulich zu versprachlichen. Es ist dabei nicht unbedeutend, daß ihre syntaktische Funktion zumeist adverbial ist. Es wurde bereits gesagt, daß Adverbien das Verb entlasten, indem sie Informationen enthalten, die ansonsten im Verb selbst ausgedrückt werden müßten. Nun ist das Verb in agglutinierenden Sprachen schon Träger zahlreicher grammatischer Kategorien, wie Tempus/Aspekt, Person, Modus etc. Auch expressive, lautsymbolische Verbwurzeln tragen also schon grammatische Markierungen, die für eine Sprache konventionell geregelt sind und Ikonizität im Verb einschränken. Um die Ikonizität des Verbalsyntagmas zu erhalten, liegt es somit nahe, ihm ein lautsymbolisches Adverb zur Seite zu stellen. Es wird allein vom Verb kontrolliert und muß keine sonstigen Funktionen im Satz übernehmen, als das Verb zu modifizieren, sprich semantisch zu unterstützen. Diese adverbialen Formen sind hochgradig ikonisch und können durch Veränderung ihrer phonologischen Struktur semantische Nuancen ausdrücken.

Nun könnte man einwenden, daß auch Verben redupliziert werden könnten und auch die Konsonanten- und Vokalalternation am Verb selbst stattfinden könnte. Schließlich erlaubt ja auch das Türkische die Verbalisierung von Ideophonen. Die folgenden Beispiele zeigen jedoch, daß es bei einer Verbalisierung zu einem Informationsverlust kommt. B125-B128 zeigen zunächst die Alternative zwischen Konstruktionen aus adverbialem Ideophon und Verb und einem verbalisierten Ideophon.

B125. Elif hüngür hüngür ağl-ıyor-du. TÜR Elif heul heul wein-PROG-PRT(3.SG) „Elif weinte jämmerlich.“ (Y.T.)

B126. Elif hüngür hüngür inl-iyor-du. TÜR Elif heul heul stöhn-PROG-PRT(3.SG) „Elif stöhnte jämmerlich.“ (Y.T.)

B127. Elif hüngür hüngür yaş dök-üyor-du. TÜR Elif heul heul Träne vergieß-PROG-PRT(3.SG) „Elif vergoß jämmerlich Tränen.“ (Y.T.)

B128. Elif hüngür-d-üyor-du. TÜR Elif heul-VR-PROG-PRT(3.SG) „Elif heulte.“ (Y.T.)

Beim Betrachten von B125-B127 fällt auf, daß sowohl Ideophon als auch Verb verschiedene Informationen in die Gesamtbedeutung einbringen. Die spezifische Semantik der Verben kann in B128 nicht zum Ausdruck kommen. Außerdem soll ein Ideophon die Verbsemantik amplifizieren und diese Funktion kann es besser erfüllen, wenn es zusätzlich zum Verb steht, statt dieses zu ersetzen.

Die Alternative zwischen Ideophon+Verb und ideophonem Verb ist also nicht gleichwertig. Noch klarer wird dies in B129-B130. Das adverbiale Ideophon drückt auch Nuancen beim wahrgenommen Eindruck aus, so ob die im Verb genannte Handlung rasch, wiederholt oder kontinuierlich ausgeführt wird. Diese Nuancen können im Verb nicht ausgedrückt werden. Zudem steht hier auch die Verbalisierung nicht zur Verfügung: Ein Verb *lopurdamak o.ä. existiert nicht.

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Sprachen mit hoher vs. niedriger Ideophonizität 86

B129. a.Koca dolma-y¸ loppadak ağz-ı-na at-tı. TÜR riesig Dolma-AKK schling:SPONT Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

b.Koca dolma-yı lop diye ağz-ı-na at-tı. riesig Dolma-AKK schling QUOT Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

c.Koca dolma-yı lop lop ağz-ı-na at-tı. riesig Dolma-AKK schling schling Mund-POSS.3-ALL werf-PRT(3.SG)

„Er verschlang gierig das riesige Dolma (=Gericht mit beliebiger Füllung). (Y.T.; N.Y.)

B130. Bir sepet incir-i lop-ur lop-ur yi-yiver-di. TÜR eins Korb Feige-AKK schling-KONT schling-KONT ess-ZEL-PRT(3.SG) „Er verschlang hastig einen Korb Feigen.“ (TDK 1988 s.v. lopur)

Eine Sprache wie das Deutsche verfügt zwar über Verben wie plätschern, wimmern, mampfen

etc. Die vorangegangene Argumentation hat jedoch gezeigt, daß Ideophone ein Instrumentarium darstellen, das nicht vollständig durch sogenannte expressive Verben kompensiert werden kann.75 Im Deutschen stehen kaum lautsymbolische Ausdrücke zur Verfügung, die das Verb modifizieren. Zwar gibt es Ausdrücke wie zickzack, ruckzuck, ticktack, ratzfatz, die einige der Ideophon-Kriterien wie Reduplikation, phonologische Auffälligkeit, modifikativen Gebrauch sowie expressive Wirkung erfüllen. Sie sind aber weit weniger zahlreich vorhanden als in den Sprachen, in denen es ein ausgebautes System von mindestens einigen Hundert Ideophonen gibt. Zudem dürfte es unmöglich sein, für das Deutsche ein Paradigma wie in B129 zu erstellen. Die Alternationsmöglichkeiten sind also im Deutschen weit weniger ausgeprägt als im Türkischen oder Koreanischen, wo die Ideophone ein fester Bestandteil der Sprache sind. Die wenigen Ideophone des Deutschen können in einigen Fällen zwar genauso eingesetzt werden wie im Türkischen (wie in Er hat die Arbeit

ruckzuck erledigt.), doch sind sie insgesamt marginaler zum System. Worauf es ankommt, ist daß man Sprachen hinsichtlich Ausbau und Umfang ihres Ideophoninventars klassifizieren und hierarchisieren kann. An der Spitze stehen Sprachen wie Türkisch und Koreanisch, wo es mindestens einige Hundert modifikative lautsymbolische Ausdrücke mit Alternationsmöglichkeiten und verschiedene ideophone Konstruktionen gibt. In diesen Sprachen haben die Sprecher zudem in vielen Fällen die Alternative zwischen adverbialen und verbalisierten Ideophonen (vgl. Shin 1999:5f.). In diesen Sprachen ist die Ideophonizität hoch. Am unteren Ende stehen Sprachen wie Deutsch, in denen Alternationsmöglichkeiten eingeschränkt sind und das Inventar sehr klein ist. Lautsymbolische Ausdrücke existieren fast nur als Verben, was zu Informationsverlust führt (s.o.). Solche Sprachen haben eine niedrige Ideophonizität.

Eine Mini-Stichprobe von sechs LDS-Grammatiken offenbarte zudem, daß in vier der Sprachen (Quechua, Tamil, Hixkaryana, Kobon) Ideophone sehr verbreitet sind, während ihre Existenz in den anderen zwei Sprachen (Mangarayi, Arabisch) rundum verneint wurde. Dies deutet darauf hin, daß Sprachen auf dem Kontinuum der Ideophonizität nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern sich an seinen Polen sammeln. Wenn die Aussage aus §6.3 zutrifft, daß Ideophone in vielen Sprachen im Laufe der Zeit verdrängt wurden, würde dies Beweglichkeit auf dem Kontinuum beweisen. Sprachen könnten also in der Hierarchie absteigen. Für die

75 Ob dies auch für die Sprachen gilt, wo es prädikative Ideophone gibt (z.B. Südsotho, vgl. Kunene

1978:2f.) ist nicht sicher. Es mag mit morphologischen Besonderheiten dieser Sprachen zusammenhängen, daß Ideophone nicht modifikativ verwendet werden.

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Typologischer Status der Ideophonie 87

umgekehrte Bewegung gibt es keine Evidenz. Da das ikonische Prinzip in der Sprache älter ist als das arbiträre und Konventionalisierung Ikonizität reduziert, ist es schwer vorstellbar, daß ein Sprachsystem diachron seinen ikonischen Anteil erhöht.

Aus dem Gesagten drängt sich eine desillusionierende Projektion auf. Sie geht über die Frage hinaus, ob nun alle Sprachen Ideophone haben. Zumindest deutet einiges darauf hin, daß immer weniger Sprachen immer weniger Ideophone haben werden, sprich die Ideophonizität global zurückgeht. Es sieht also langfristig düster aus für die Zukunft der Ideophone. Sie gehören zu unteren Registern, die zunehmend stigmatisiert sind, und werden zudem durch die schleichende „Desikonisierung“ der Sprache verdrängt. Dies führt wie gezeigt zu einem Verlust an Ausdrucksmöglichkeiten. Bleibt die Frage, warum die Benutzer einer Sprache ein sprachliches Mittel vernachlässigen sollten, das für sie eine nicht zu kompensierende Funktion hat. Es ist aber eine Tatsache, daß Menschen vieles vernachlässigen, was für sie eine nicht zu kompensierende Funktion hat: Bedrohte Sprachen, soziale Kohäsion, natürliche Ressourcen und vieles mehr. Diversität nimmt in den verschiedensten Bereichen ab. Die These mag gewagt sein: Aber warum sollten die Ideophone von dieser Entwicklung verschont bleiben?

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7 FAZIT Die Tatsache, daß einige Sprachen Hunderte, ja Tausende von Ideophonen haben, während dieses narrative Stilmittel in anderen Sprachen nahezu unbekannt ist, läßt vermuten, daß die Präsenz von Ideophonen nicht zufällig ist, sondern von typologischen Eigenschaften der Sprache abhängt. Einige Anregungen hierzu wurden gegeben. Auf andere Sprachen angewendet, könnten sie zu sichereren Erkenntnissen führen, als es in dieser Arbeit möglich war.

Der Status als Wortart läßt sich jeweils nur für eine bestimmte Sprache bestimmen. Während einige Autoren darauf bestehen, daß Ideophone eine eigene Wortart, ja sogar ein eigenes Sprachsystem darstellen, ordnen die meisten Autoren die Ideophone in die Klasse der Verben, Substantive, Adjektive oder Adverbien ein. Der modifikative Gebrauch scheint der gängigste zu sein, im Türkischen sind Ideophone grundsätzlich modifikativ, können aber mittels eigener Derivationsmorphologie verbalisiert und substantiviert werden. Es deutet einiges darauf hin, daß der modifikative Gebrauch in Asien dominiert, während afrikanische Ideophone eine größere grammatische Heterogenität zeigen.

Oft verstärken und unterstreichen Ideophone nur die Bedeutung eines Verbs, mit dem sie in enger syntagmatischer Beziehung stehen, ohne es ansonsten semantisch zu modifizieren, doch gibt es auch viele Ideophone, die feine semantische Nuancen ausdrücken. Dies betrifft im Türkische solche semantische Kategorien wie Plötzlichkeit, Dauerhaftigkeit, Heftigkeit, Wiederholung etc. Die erste Gruppe von Ideophonen ist vorwiegend amplifikativ, während die zweite auch distinktiv ist. Darüber hinaus führen Variationen in den Konstruktionen, die Wahl kurzer versus langer Ideophone, quotativer oder reduplizierter, adverbialer oder verbalisierter Formen, die Konstruktion mit Auxiliar oder Vollverb jeweils zu unterschiedlichen semantischen Effekten.

Bei allen Autoren herrscht Konsens über die pragmatische Funktion der Ideophone. Sie sind eine Art gestische Wörter, die eine Erzählung lebhaft, anschaulich und nachfühlbar machen. Sie drücken Emotionen aus, sind subjektiv, weshalb die individuelle und regionale Differenzierung hier größer ist als beim restlichen Wortschatz. Sie geben im allgemeinen wahrgenommene Eindrücke wieder, seien sie auditiv, visuell oder taktil, und implizieren dabei oft eine Bewertung. Dies erklärt auch, warum sie meist auf bestimmte Satztypen beschränkt sind und schwerlich in negativen, komparativen oder interrogativen Sätzen auftreten.

Anlaß für die Verwendung eines Ideophons ist der Eindruck selbst, den das Ideophon versprachlicht. Das Ideophon steht damit im kommunikativen Fokus der Äußerung. Aus der Rhetorik ist bekannt, daß wichtige Passagen am Anfang oder am Ende einer Rede stehen sollten, da dort die Aufmerksamkeit am größten ist. Außerdem sind Anfang und Ende die markantesten Punkte, da sie jedesmal neue Information versprechen. Der Anfang verrät, worum es geht, stellt also eine Art Exposition oder Rahmen für das Folgende dar, das Ende enthält die Pointe, löst auf oder schlußfolgert, verrät also das Fazit oder die Redeabsicht. Die Mitte hingegen ist eher zweitrangig, sie zählt auf, illustriert, legt dar, begründet etc. Was in der Rhetorik gilt, ist auch für den Aufbau einer einzelnen Äußerung wahr. Das Motiv der Äußerung muß an einem markanten Ort untergebracht sein, also dem Anfang oder Ende nahe. Es ist somit ein pragmatischer Verstoß, das Ideophon in einen Satz so einzubauen, daß es zwischen anderen Wörtern untergeht, weil auf ihm gerade die Emphase liegt.

Ideophone beruhen auf Lautsymbolik, sind also ikonische Sprachzeichen. Wie alle Sprachzeichen beruhen sie aber auch auf Konventionen und unterliegen dem Sprachwandel. Ikonizität kann daher diachron abnehmen, während die Symbolizität zunimmt. Doch ist bei

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90

den meisten türkischen Ideophonen Lautsymbolik leicht erkennbar, was sich am submorphemischen Status der Phoneme in Ideophonen zeigt. Damit ist gemeint, daß sich Bedeutungskomponenten des Ideophons an einzelnen Phonemen festmachen lassen. Okklusive bilden abrupte Geräusche ab, Frikative andauernde Geräusche, und auch phonetische Eigenschaften der Vokale korrelieren mit semantischen Effekten.

Es liegt nahe, den Ursprung der Ideophone im Bereich der Interjektionen zu suchen, die in die Position des Adverbs gelangten und fortan als solches gebraucht werden. Dies läßt sich am leichtesten am Beispiel der Tierlaute erklären, die jedoch nur unter Einschränkungen zu den Ideophonen gezählt werden können. Der Ausdruck miau wurde wohl zunächst als bloße Imitation gebraucht, ohne in ein Satzgefüge eingebaut zu werden. Er konnte dazu dienen, Katzen anzulocken oder eine Kommunikation auf rein affektivem, phatischem Niveau mit ihnen zu ermöglichen, um das Vertrauen der Katze zu gewinnen. Als derselbe Ausdruck aus der rein phatischen in die darstellende Ebene erhoben werden sollte, kam zunächst nur die Verwendung als direkte Rede infrage. Direkte Rede wird im allgemeinen durch ein Verbum dicendi in den Satz eingebaut. Da die Tiersprache nicht auf eine Stufe mit menschlicher Sprache gestellt werden sollte und konnte, wurden hierbei Verben wie sagen oder rufen in vielen Sprachen vermieden und neutralere Ausdrücke wie machen, tun bevorzugt. Heraus kamen Sätze wie Die Katze hat „miau“ gemacht. Die Ideophone haben dieselbe Entwicklung durchlaufen, wovon die Auxiliare und Quotative zeugen, mit denen sie in vielen Sprachen kombiniert werden. Die syntaktische Integration ging weiter. Da die Auxiliare nur die Flektierbarkeit ermöglichen sollten, war Verbalisierung geeignet, dasselbe Resultat mit einfacheren Mitteln zu erreichen. Man sparte sich das Auxiliar und sagte nun einfach Die

Katze hat miau-t. Es handelt sich dann um ein onomatopoetisches Verb. Der Sprung zu den Ideophonen, den die Tierlaute nicht mitmachen, besteht in der Adverbialisierung. Die lautnachahmenden Formen werden nicht mehr nur mit Auxiliaren gebraucht (oder verbalisiert, was auf dasselbe hinausläuft), sondern mit Vollverben. Sie haben sich von Zitaten zu Adverbien entwickelt, die die Bedeutung des Verbes verstärken (=amplifizieren). Sie können ggf. sogar die Bedeutung des Verbs modifizieren (=distinktiv sein) und weiteren Derivationen unterliegen, um Kontinuität oder Spontaneität auszudrücken. Die letzten beiden Stufen scheinen den Tierlauten nicht zugänglich. Der Prozeß der Entstehung modifikativer Ideophone aus interjektiven Onomatopoetika (und anderen lautsymbolischen Formen) kann als Ideophonisierung bezeichnet werden.

Diese allgemeinen Überlegungen beanspruchen keine universale Gültigkeit, da die Ideophone in typologisch oder areal verschiedenen Sprachen nicht exakt denselben Status haben und somit auch die diachrone Entwicklung nicht identisch sein kann. Während im Türkischen Verben aus Ideophonen abgeleitet werden, verhält es sich in vielen afrikanischen Sprachen andersherum (vgl. Childs 1989:56). Auch können dort neue Ideophone viel freier und spontan gebildet werden. Das ist für das Türkische zwar nicht beobachtet worden (aber auch nicht völlig auszuschließen), doch ist auch hier die dialektale und individuelle Variation im Bereich der Ideophonie wesentlich größer als im restlichen Lexikon (siehe Bemerkung zum Anhang). In weiterführenden Untersuchungen könnte auch die These von Moshi verifiziert werden, nach der neue Ideophone spontan entstehen, wobei die, die beim Publikum am besten ankommen, konventionalisiert und damit Bestandteil des Lexikons werden, während die anderen wieder in Vergessenheit geraten.

Auch wenn es an manchen Stellen der Arbeit ansatzweise versucht wurde, muß doch eine scharfe Abgrenzung zwischen Ideophonen und Formen, die keine Ideophone sind, letztlich erfolglos bleiben. Derartige Abgrenzungen sind theoretische Konstrukte, an die sich die Wirklichkeit selten hält (vgl. Comrie 1989:38). Es scheint vielmehr so, daß man zwar bestimmte Formen nicht definitiv aus der Menge der Ideophone ausschließen kann, es aber

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Fazit 91

wohl einen ideophonen Focus gibt, an dem prototypische Ideophone zu finden sind.76 Es ist jetzt der richtige Moment gekommen, die Eigenschaften prototypischer Ideophone zusammenfassen. Je mehr dieser Eigenschaften auf einen sprachlichen Ausdruck zutreffen, desto eher handelt es sich um ein Ideophon:

1. Sie sind lautsymbolisch, was bedeutet, daß Laute, die keine Morpheme sind (sondern bestenfalls Submorpheme), Bedeutung tragen. Anders ausgedrückt: Es gibt eine Entsprechung phonologischer und semantischer Merkmale. Je nach dem Grad der Ikonizität können diese Entsprechungen mehr oder weniger offensichtlich sein.

2. Da sie lautsymbolisch sind, zeigen sie phonologische Auffälligkeiten.

3. Sofern sie wiederholte oder anhaltende Eindrücke abbilden, erscheinen sie redupliziert. Auch die Reduplikation ist somit ikonisch.

4. Sie ermöglichen, durch Alternation und Derivation semantische Nuancen auszudrücken.

5. Sie haben modifikative Funktion.

6. Sie dienen pragmatisch dazu, die Visualisierung einer Schilderung zu erleichtern, den Zuhörer in den Bann der Erzählung zu ziehen oder eine emotionale, subjektive Einstellung zum Sachverhalt zum Ausdruck zu bringen.

7. Sie betreffen wenige semantische Domänen. Wahrnehmungen verschiedenster Art stehen im Zentrum.

In dieser Arbeit war viel von Kontinuen die Rede. Am Ende eines Kontinuums liegen stets die beiden Pole. Einige Pole können nun in vereinfachter Form zueinander gruppiert werden, um die Funktion der Ideophone noch besser zu veranschaulichen. Dabei lassen sich weitere Gegenüberstellungen integrieren.

76 Auch Lee (1992:94) meint, daß Ideophone nur als Prototyp definiert werden können und es somit

Formen in einer Grauzone zwischen ideophonen und „prosaischen“ Wörtern gibt.

Page 104: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

92

T14. Korrelationen verschiedener Pole

ikonisch symbolisch

motiviert unmotiviert → arbiträr

phylogenetisch alt phylogenetisch jung

direkte Rede indirekte Rede

gesprochene Sprache geschriebene Sprache

natürliche Sprachen versus künstliche Sprachen

untere Register obere Register

emotional rational

subjektiv-expressiv objektiv-informativ

kreativ normativ

individuell standardisiert

spontan geplant

„expressiver“ Wortschatz, z.B. Ideophone

„neutraler“ Wortschatz

T14 polarisiert zwischen verschiedenen Formen von Sprache und verschiedenen Attributen von Sprache und menschlichen Verhaltens überhaupt. Man kann aus der Darstellung die Schlußfolgerung ziehen, daß menschliche Sprache im Laufe der Evolution an Ikonizität verloren hat. Das Wesen der Sprache beruhte zunehmend auf einer arbiträren, normativen Zuordnung, so daß es nicht überrascht, daß am Ende der sprachlichen Evolution vollkommen standardisierte künstliche, naturwissenschaftliche Kommunikationssysteme entstanden sind. Die zunehmende Komplexität und Diversität menschlicher Lebensformen brachte Sprachgemeinschaften hervor, in der rationales Funktionieren der Individuen, eingebettet in gesellschaftliche Konventionen, zunehmend dominant wurde. Schriftsprache und das Beherrschen höherer, hochgradig konventionalisierter Register wurden in großen Teilen der Welt immer wichtiger. Doch der homo linguisticus kommuniziert nicht nur zur Problemlösung, denn Sprache hat für ihn auch ästhetische, emotionale und soziale Funktionen, und dies dürfte seit Urzeiten so sein. Die oft zitierten „Erzählungen des einfachen Volkes“, in denen es ja in vielen Sprachen von Ideophonen wimmelt, vereinen diese drei Funktionen in sich. Erzählungen müssen sprachlich ästhetisch sein, sonst wenden sich die Zuhörer ab. Sie sind emotional gefärbt, damit die Zuhörer mitfühlen und sich in die Erzählung hineinversetzen. Sie sind zudem subjektiv, denn der Erzähler muß sich von anderen Erzählern abgrenzen, um sozialen Status zu erlangen. Schließlich haben solche Erzählungen eine soziale Funktion, da sie ein gemeinsames Erlebnis darstellen und somit das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Der Mensch ist ein Rudeltier und geht ohne Gemeinschaft zugrunde.

In vielen Sprachen steht den Erzählern ein Inventar sprachlicher Elemente zur Verfügung, die ihnen dabei helfen, all diese Funktionen in ihren Erzählungen umzusetzen: Die Ideophone.

Page 105: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

ANHANG Die Auflistung basiert auf den Anhängen in Zülfikar 1995, wobei in der vorliegenden Liste nur die Formen aufgenommen wurden, die auch durch das Türkc7e Sözlük (TDK 1988) als allgemeinsprachlich bekannt dokumentiert sind. Dadurch reduziert sich die Zahl der Formen dramatisch, da Zülfikar viele gleichbedeutende Formen aufführt, die seltenere oder dialektale Variationen der hier aufgeführten Formen sind, z.B. abal abal, abıl abıl, abıl dubul, abul abul, apıl apıl, apır zıpır, apul apul. Das Türkçe Sözlük führt nur die letzte Form auf. So ist es zu erklären, daß T15 nur rund 130 reduplizierte Sekundärformen enthält, während Zülfikar noch 722 anführt. Die enorme Variation macht eine Zählung der Ideophone schwierig. Ideophone mit Alternationen stehen in demselben Feld, sofern sie – vom Nuancenwandel durch die Alternation selbst abgesehen – bedeutungsgleich sind. Gleiches gilt für synonyme Primär- und Sekundärformen. Die aufgeführten Kollokationen sind keinesfalls durchgehend obligatorisch, sondern stellen oftmals nur häufige Kombinationen dar. Auxiliare und Triplikationen werden nicht übersetzt. Die angegebenen Bedeutungen basieren auf Zülfikar 1995 und TDK 1988. Da die Ideophone Eindrücke wiedergeben und Übersetzungsäquivalente oft nicht möglich sind, werden unter der Bedeutung zum Teil den Eindrücken zugrunde liegende Situationen aufgeführt.

T15. Verzeichnis der geläufigsten türkischen Ideophone

Primär- form

Konstr. mit der

Primärform

Reduplizierte Sekundärform

Kollokation mit Wortart Bedeutung

1. ab abuk sabuk konus7mak „sprechen“ adv/adj blöd (rumreden)

2. ap apul apul yürümek „wandern“,

gitmek „gehen“ adv durch Übergewicht, vor allem bei Kindern, ungeschickt,

schwerfällig, schwankend gehend 3. ba bag*r¸s7 c 7ag*r¸s7 adv (Menschen oder Tiere) laut schreiend, rufend, schwatzend 4. bad badi badi yürümek „wandern“,

gitmek „gehen“, kos7mak

„laufen“

adv sich wie eine Ente schwankend, watschelnd fortbewegend

5. ban(g) bang¸r bang¸r konus7mak „sprechen“,

bag*̧ rmak „schreien“

adv (Menschen oder Tiere) laut, grob schreiend

6. bar bar bar bag*̧ rmak „schreien“ adv wütend, laut schreiend 7. bel bel bel bakmak „schauen“ adv fix, erstaunt blickend 8. b¸c b¸c¸r b¸c¸r konus7mak „sprechen“ adv unablässig redend

Page 106: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

9. b¸lk b¸(l)l¸k b¸(l)l¸k adj dick, fetthaltig, ölig, fleischig 10. b¸ng b¸ng¸l b¸ng¸l adj mollig, wabbelig 11. b¸t böcül böcül bakmak „schauen“ adv nach beiden Seiten schielend 12. bö bög*üre bög*üre adv schreiend 13. cam cambul

cumbul, cumbul cumbul

adv sich in einer Flüssigkeit heftig bewegend

14. can(g) cang¸l cungul adv (Tierglocke oder ähnliche Metallgegenstände) dumpf klingend

15. car car car konus7mak „sprechen“ adv viel und laut (sprechend) 16. car carcur etmek adv aufs Geratewohl redend 17. cart cartadak,

cartadan adv plötzlich und laut

18. cart cart cart ötmek „quasseln“ adv in arroganter Weise und mit einem befehlenden Ton redend 19. cart cart curt etmek adv in prahlender, übertreibender Weise redend 20. cay cay¸r cay¸r adv schnell, heftig brennend oder reißend 21. caz caz¸r caz¸r,

cuzur cuzur adv laut brennend (im Feuer, beim Braten zischend etc.)

22. c¸r c¸r c¸r c¸r¸l c¸r¸l ötmek „quasseln“ adv unaufhörliche helle und nervige Laute von sich gebend 23. c¸rt c¸rt c¸rt adv laut beim Zerreißen von Papier oder Stoff 24. c¸v c¸v¸l c¸v¸l adv/adj 1.adv: zwitschernd 2.adv: lebhaft, bewegt 3.adj: lebhaft,

fröhlich 4.adj: unruhig, überfüllt 25. c¸y c¸yak c¸yak,

ciyak ciyak bag*̧ rmak „schreien“ adv ständig kreischend, mit hoher Stimme unangenehm

schreiend 26. c¸z c¸z c¸z c¸z¸r c¸z¸r adv (Essen) beim Braten brutzelnd (vor allem in Öl); (Glas, das

zerschnitten wird; Bleistifte beim Schreiben) 27. c¸z c¸z( )b¸z adj auf dem Grill gebraten 28. cum cumbadak düs7mek „fallen“ adv Geräusch eines Gegenstandes, der ins Wasser fällt,

verursachend 29. c 7ag* c 7ag*̧ l c7ag*̧ l akmak „fließen“ adv Geräusch von Wasser, das beim Fließen an Steine und

Felsen stößt 30. c 7ak c 7ak c 7uk c 7ak¸r c7ukur adv ein Geräusch ‘tschak tschuk’ von sich gebend

Page 107: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

31. c 7am c 7amc 7ak c 7amc 7ak adv Geräusch von Wasser, das in großen Mengen fließt 32. c 7an c 7an c7an adv 1. ein glockenähnliches Geräusch verursachend 2. laut und

ständig schwatzend 33. c 7an(g) c 7ang¸l c7ungul,

c 7ang¸r c7ungur adv klingendes Geräusch, das durch Reibung oder

Zusamenstoßen von Glas oder Metall entsteht 34. c 7arp c 7arp¸k c 7urpuk adj total schief und krumm 35. c 7at c 7at pat adv/adj ursprünglich Schlaggeräusch. fig.: 1.adj: ein wenig, nur halb

2.adv: ab und zu 3.adv: Zum unpassenden Zeitpunkt 36. c 7at c 7at¸r c7at¸r adv 1. Geräusch von etwas Hartem, das zerbrochen, verbrannt,

herausgerissen oder zerdrückt wird 2. mit Gewalt/Druck 3. ohne Schwierigkeiten

37. c 7at c 7atur c7utur adv Geräusch des Zerbrechens 38. c 7̧ k c 7̧ k¸r c7̧ k¸r adv = s 7̧ k¸r s 7̧ k¸r 39. c 7̧ ld c 7̧ ld¸r c7̧ ld¸r adv Strahlen, das Aussenden von Licht und wache Blicke in

dieser Art 40. c 7̧ n c 7̧ n c7̧ n c 7̧ nlamak „klingen“,

inlemek „wimmern“,

ötmek „quasseln“

adv Geräusch, das dem Geräusch ähnelt, wenn auf Metall geschlagen/ gestoßen wird

41. c 7̧ n(g) c 7̧ ng¸r c7̧ ng¸r adv rasselnd, klingelnd 42. c 7̧ p c 7̧ p¸l c7̧ p¸l adv Geräusch von Bewegungen des/im Wasser 43. c 7̧ r c 7̧ r c7̧ r dönmek „sich drehen“,

c 7̧ rp¸nmak „zappeln“

adv Trauer und Panik beschreibend, wenn man nicht weiß, was man tun soll

44. c 7̧ t c 7̧ t diye adv leises und abbrechendes Geräusch kleiner Gegenstände, die zerbrochen werden

45. c 7̧ t c 7̧ t¸ p¸t¸ adj klein und niedlich 46. c 7̧ t c 7̧ t¸r c7̧ t¸r adv Geräusch von brennender Kohle oder Holz, zerbrechenden

Holzstäbchen u.ä., beim Verzehr von Knusprigem 47. c 7̧ t c 7̧ t¸r p¸t¸r adv/adj 1.adv: (bei Kindern) mit Leichtigkeit und niedlich sprechend

2.adj: niedlich 48. c 7im c 7im c 7im adv lustlos 49. dan dan dan atmak „werfen“, etmek;

konus7mak „sprechen“

adv grob, rüpelhaft.

Page 108: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

50. dan(g) dang¸l dungul adv/adj 1.adj: dessen Sprache und Verhalten unhöflich ist 2. in unhöflicher Weise

51. d¸r d¸r d¸r etmek adv in andauernder, lästiger Weise 52. ef efil efil, ifil ifil esmek „wehen“, etmek adv Flattern leichter Dinge wie Haaren und Kleidung im Wind 53. fan fanfin etmek adv in einer unverständlichen Sprache sprechend 54. fan fanfan adj/sub (jmd) dessen Sprache schwer verständlich ist 55. fart fart furt farta furta etmek adv mit unsinnigen, leeren Worten prahlend 56. fas7 fas7̧ r fas7̧ r adv fließen von Wasser oder anderen Flüssigkeiten in großer

Menge 57. fel fellek fellek,

fellik fellik adv hektisch, aufgeregt, (umher)laufend

58. f¸k f¸k¸r f¸k¸r adv/adj 1.adv: Zustand von Wasser, das laut kocht oder das Kochen irgendeiner Flüssigkeit 2. adj: kokett, lebenslustig

59. f¸ld f¸ld¸r f¸ld¸r adv in schneller und andauernder Weise 60. f¸r f¸r f¸r f¸r¸l f¸r¸l dönmek „sich drehen“ adv (eine Sache) andauernd und schnell rotierend 61. f¸rt f¸rt f¸rt adv (bei Positionswechsel) andauernd, ständig 62. f¸s f¸s f¸s f¸s¸l f¸s¸l,

f¸s¸r f¸s¸r adv 1. Geräusch einer dünnen Sache, die brennt oder von

Wasser, das durch ein enges Loch entweicht 2. heimliches, leises, langsames Sprechen; Flüstern

63. f¸s7 f¸s7 f¸s7 f¸s7̧ r f¸s7̧ r adv Reibegeräusch von Seide oder ganz leise fließendes Wasser 64. fin(g) fingir fingir fingirdemek adv übertriebenes Reden oder Handeln 65. fis fis kos etmek adv Flüstern mehrerer Leute in Anwesenheit anderer Personen;

tuscheln 66. fok fokur fokur adv laut kochend; brodelnd 67. fos fosur fosur ic7mek „rauchen“ adv Tabak, Zigarette rauchend und dabei den Rauch sichtbar

ausatmend 68. gac gac¸r gac¸r,

gac¸r gucur etmek adv unangenehmes Aneinanderreiben harter Objekte und

ähnliche Geräusche 69. g¸c g¸c¸r g¸c¸r etmek adv/adj 1. Geräusch beim Aneinanderreiben von Gegenständen 2.

blitzblank, nagelneu 70. g¸ld g¸ld¸r g¸ld¸r gitmek „gehen“, ötmek

„quasseln“ adv Rotation, Reibung, von selbst entstehende Bewegung,

Schlagen, metaphorisch auch Schwatzen

Page 109: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

71. g¸r g¸r g¸r adv für die Ohren unangenehme Reibung eines Gegenstandes auf rauher Oberfläche und metaphorisch Schreien und Quasseln

72. g¸rc 7 g¸rc 7 g¸rc7 adv das Geräusch ‘g¸rc7‘ verursachend 73. g¸rt g¸rt g¸rt adv Geräusch beim Schneiden einer harten und dicken Sache 74. güld güldür güldür adv laut und schnell 75. güm güm güm

gümbedek gümbür gümbür

etmek adv Aneinanderschlagen, auf den Boden Fallen harter Gegenstände; Donnern; Geräusch mit Echo

76. gür gürül gürül adv Geräusch von Flüssigkeiten, die in großen Mengen fließen 77. hald hald¸r hald¸r adv schnell und laut (rollend, sich bewegend, unverständlich

sprechend) 78. ham ham hum etmek adv Öffnen und Schließen des Mundes beim Essen und

Sprechen, z.B. unbestimmte Worte von sich gebend 79. hant hant hant ötmek „quasseln“ adv in einer lästigen Weise Verlangen nach etwas verspürend 80. hap hap¸r hap¸r,

hap¸r hupur adv mit Appetit und laut essen

81. har har har adv schnarchend, tief atmend, wütend 82. har har gür adv streitend 83. har har¸l har¸l adv ununterbrochen, unaufhörlich, mit ganzer Kraft 84. hart hartadak,

har(t)tadan adv plötzlich und fest (zubeißen, zupacken)

85. hart hart hart, hart hurt

¸s¸rmak „beißen“, yemek

„essen“

adv kraftvoll zubeißend, schmatzend

86. has7 has7̧ r has 7̧ r, has7̧ r hus7ur

adv dumpfes Geräusch beim Aneinanderreiben von harten Stoffen wie Papier oder gestärktem Gewebe

87. hat hat¸r hat¸r, hutur hutur

adv Geräusch beim Schneiden, Essen, Zerbrechen harter Gegenstände

88. h¸c7 h¸c7k¸ra h¸c7k¸ra adv schluchzend 89. h¸k h¸k m¸k etmek adv versuchen, Ausflüchte vorzubringen, um sich vor einer

Arbeit zu drücken; auf eine Frage eine sinnlose, unbestimmte Antworten geben

90. h¸m h¸m( )h¸m adv durch die Nase atmend, sprechend, schimpfend 91. h¸r h¸r¸l h¸r¸l adv aus irgendeinem Grund aus dem Rachen dumpfe Töne

Page 110: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

artikulierend 92. h¸s7 h¸s7̧ r h¸s7̧ r adv Geräusch von Papier, Leder, Stoff u.ä., das aneinander

gerieben oder zerknittert wird 93. hom homur homur adv aus Wut oder Langeweile unverständliche Laute

artikulierend 94. hop hop diye adv plötzlich und schnell durchgeführte Tätigkeiten 95. hop hoppadak adv sofort 96. hor horul horul adv schnarchend 97. hot hot zot etmek adv sich hart und schlecht verhalten 98. hüng hüngür hüngür ag*lamak „weinen“ adv laut und schluchzend (weinen) 99. ¸g* ¸g*̧ l ¸g*̧ l adv dauerndes und lautes, aber langsames Wehen oder Fließen

100. ¸k ¸klaya s¸klaya adv mit großer Anstrengung 101. ¸lg ¸lg¸t ¸lg¸t adv (Wind und Fließen) ganz langsam 102. ¸p ¸p¸l ¸p¸l adv = p¸r¸l p¸r¸l 103. if ifil ifil adv = efil efil 104. in inim inim inlemek „jammern“ adv andauerndes Wimmern und Jammern 105. kak kak¸r kak¸r gülmek „lachen“ adv laut und andauernd (lachen) 106. kat kat¸r kutur adv/adj 1.adv: ein hartes und lautes Geräusch von sich gebend 2.adj:

hart geworden, ausgetrocknet 107. kem kem küm etmek adv irgendwelche Worte ohne offensichtlichen Sinn von sich

geben, wenn man keine Antwort zu geben weiß 108. k¸d k¸d¸m k¸d¸m adv Zerteilen, Zerschneiden, Zerkleinern eines Gegenstandes in

winzige Teile; fig: nach und nach 109. k¸k k¸k¸r k¸k¸r gülmek „lachen“ adv von Innen, laut (lachen) 110. k¸m k¸m( )k¸m almak „nehmen“, etmek adj 1. langsam, schwerfällig sprechend 2. Bei allem schwerfällig

handelnd 111. k¸m k¸m¸l k¸m¸l adv den Zustand einer sich unaufhörlich bewegenden Sache

beschreibend 112. k¸p k¸p¸r k¸p¸r adv/adj 1.adv: nicht auf der Stelle bleibend, sich ständig und

ununterbrochen bewegend. 2.adj: sehr emsig, tüchtig 113. k¸rt k¸rt k¸rt adv Zerbrechen, Zerschneiden, Abkratzen, Zerkauen, das Reiben

auf unebenen Flächen

Page 111: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

114. k¸s k¸s k¸s adv leises Lachen, mit dem man sich lustig macht 115. k¸t k¸t¸r k¸t¸r adv 1.adj: durch vieles Kochen oder Braten hart und knusprig

geworden. 2.adv: beschreibt mit Verben wie ‘essen’, ‘schneiden’, das dabei ein Knusperlaut entsteht

116. k¸v k¸v¸l k¸v¸l adv Bewegung von Menschenansammeln, wimmelnd 117. k¸v k¸v¸r k¸v¸r adj kraus, gewunden 118. kös kös kös adv den Kopf nach vorne geneigt, ohne nach rechts und links zu

schauen, müde, traurig, nachdenklich 119. küt küt diye adv Geräusch von Schlägen auf harte Gegenstände wie Holz 120. küt küt küt adv nacheinander erfolgende Geräusche auf harte Gegenstände 121. küt kütür kütür adv/adj 1.adv: Geräusch beim Schneiden von oder Beißen in Äpfel,

Quitten, Melonen u.ä. 2.adj: was dieses Geräusch von sich gibt, frisch, knackig

122. lâk lâk( )lak etmek adv wechselseitig, aufs Geratewohl, über Gott und die Welt reden

123. lâng lâng¸r lungur adv 1. ein metallisches Geräusch von sich gebend 2. in unaufmerksamer, unkonzentrierter, zerstreuter Weise

124. lâp lâp diye adv Geräusch eines weichen, schweren Gegenstandes beim Herunterfallen

125. lâp lâp lâp adv Geräusch, das entsteht, wenn Katzen, Hunde u.ä. trinken 126. lâp lâppadak adv Fallgeräusch; siehe auch lâp diye 127. lârp lârp diye,

lârpadak adv plötzlich und kraftvoll

128. l¸k l¸k l¸k l¸k¸r l¸k¸r adv (die Flüssigkeit in einem Behälter) unregelmäßig hinausfließend

129. lop loppadak lop diye

adv etwas mit dem Geräusch ‘lop’ verschlingend

130. lop lopur lopur adv beim Essen oder Schlucken Geräusche von sich gebend

131. löp löp löp adj riesig und weich 132. löp löpür löpür adv beim Essen oder Schlucken Geräusche von sich gebend 133. lüp lüp diye yutmak „schlucken“ adv etwas Großes plötzlich und mit Leichtigkeit

hinunterschluckend

Page 112: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

134. m¸nc m¸nc¸k m¸nc¸k adv anfassend und dabei zerfleddernd oder die Form verändernd 135. m¸r m¸r m¸r m¸r¸l m¸r¸l adv 1. leise zu sich selbst sprechend 2. leise vor sich hin singend

3. so sprechend, daß es nur die Umstehenden hören können 136. m¸r m¸r¸n k¸r¸n etmek adv verschiedene Gründe vorbringen, um eine Bitte nicht zu

erfüllen, sich zieren 137. m¸s 7 m¸s 7̧ l m¸s 7̧ l adv ruhig, leise und tief atmend 138. m¸z m¸z m¸z adj 1. mit nichts zufrieden, an allem was auszusetzen findend 2.

derart arbeitsscheu, daß das soziale Umfeld beunruhigt ist 139. pald pald¸r küldür adv 1. lautes Fallen, Rollen etc. 2. unerwartet und regelwidrig 140. par par¸l par¸l adv strahlend, scheinend, brennend 141. par par par yanmak „brennen“,

tutus7mak „sich entzünden“

adv glänzend oder zitternd

142. pat pat diye adv plötzlich, unerwartet 143. pat pat pat, pat

küt adv mit einem Knüppel, einem flachen Gegenstand u.ä. oder mit

der Hand mehrmals schlagend 144. p¸r p¸r¸l p¸r¸l adv/adj 1. glänzend, leuchtend 2. sauber, blitzblank 3. nagelneu 4.

tadellos, hervorragend 145. p¸r p¸r diye adv Flattergeräusch von Vögeln 146. p¸r p¸r p¸r adv wird für Geräusche von Vogelflügeln und an sie erinnernde

Geräusche verwendet 147. p¸t p¸t p¸t adv Geräusch eines sehr kleinen Gegenstandes oder eines

Wassertropfens, der auf den Boden oder einen anderen Gegenstand fällt

148. p¸t p¸t¸r p¸t¸r adv in einer leisen, häufigen und regelmäßigen Weise 149. pit piti piti adv (für Schritte) mit Mühe, ganz langsam 150. pof pof diye adv Geräusch eines weichen Gegenstandes, der auf den Boden

fällt oder eines Gegenstandes, dessen Luft entweicht 151. pof pofur pofur adv 1. andauerndes, regelmäßiges Geräusch durch einen weichen

Gegenstand, der auf den Boden fällt oder einen Gegenstand, dessen Luft entweicht 2. beschreibt, daß Rauch in großen Mengen und über einen längeren Zeitraum austritt

152. püf püfür püfür adv (Wind) leicht und kühl wehend

Page 113: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

153. püt pütür pütür adj hart und spröde, rauh, schwielig 154. rap rap diye durmak „stehen-

bleiben“ adv plötzlich stehenbleiben

155. rap rap rap adv Schrittgeräusche, Gleichschritt einer Gruppe von Personen 156. s¸z s¸z¸m s¸z¸m s¸zlamak, s¸zlanmak adv Schmerzen, verstärkt die Bedeutung der Verben 157. sak sak¸r sak¸r titremek „zittern“ adv ununterbrochenes Zittern 158. sap sap¸r sap¸r adv in großer Zahl und von selbst 159. s 7ak s 7ak s 7ak adv Händeklatschen und ähnliche Geräusche 160. s 7ak s 7ak¸r s7ak¸r,

s 7ak¸r s7ukur adv 1. Regen und als angenehm empfundene Geräusche wie

Vogelgezwitscher 2. mit Leichtigkeit, gut, fließend 3. glänzend, leuchtend

161. s 7ak s 7akkadak adv in einem unerwarteten Moment, plötzlich 162. s 7ang s 7ang¸r s7ungur adv Geräusch von Metall-, Glas-, Keramikgegenständen, die an

einen anderen Gegenständ oder aneinander stoßen oder zerbrechen

163. s 7ap s 7ap diye adv intensiv küssend 164. s 7ap s 7ap s7ap adv sukzessiv küssend 165. s 7ap s 7ap s7ap s 7ap¸r s7ap¸r,

s 7ap¸r s7upur adv laut, hektisch essend oder sukzessiv küssend

166. s 7ar s 7ar s7ar s 7ar¸l s7ar¸l adv lautes Fließen von Flüssigkeiten in großen Mengen 167. s 7̧ k s 7̧ k¸r s7̧ k¸r adv 1. Geräusch von Münzen, die aneinander stoßen, klimpernd

2. glänzend 168. s 7̧ ld s 7̧ ld¸r s7̧ ld¸r adv (Augen) lebhaft, glänzend 169. s 7̧ ng s 7̧ ng¸r s7̧ ng¸r adv (kleine Gegenstände) an etwas stoßend hinunterfallend oder

aneinander stoßend einen klingenden Ton verursachend 170. s 7̧ p s 7̧ p diye adv 1. plötzlich, unerwartet 2. sofort 171. s 7̧ p s 7̧ p s7̧ p s 7̧ p¸r s7̧ p¸r adv Geräusch fallender Wassertropfen 172. s 7̧ r s 7̧ r¸l s7̧ r¸l adv langsames und stetiges Fließen von Wasser 173. tak tak tak adv ein dumpfes Geräusch von sich gebend wie Schläge auf

Holz u.ä. oder Schüsse 174. tak tak tuk tak¸r tak¸r,

tak¸r tukur adv/adj 1.adv: ein trockenes und hartes Geräusch von sich gebend

2.adj: hart und trocken

Page 114: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

175. tan(g) tang¸r tang¸r,

tang¸r tungur adv dumpfe, klingende Geräusche, die beim Schlagen auf hohle

Gegenstände entstehen 176. tap tap¸r tap¸r etmek adv Geräusch von Schritten, Getrampel 177. t¸k t¸k t¸k adv Geräusch das entsteht, wenn mit einem dünnen, kleinen

Gegenstand auf einen harten Gegenstand geschlagen wird 178. t¸k t¸k¸r t¸k¸r adv regelmäßig, ununterbrochen 179. t¸n(g) t¸ng¸r t¸ng¸r adv 1. stetiges Aneinanderstoßen von Metallgegenständen 2.

beschreibt, daß ein Raum total leer ist 180. t¸n(g) t¸ngadak adv klingende Gegenstände, die plötzlich herunterfallen 181. t¸p t¸p t¸p adv Geräusch leichter Schläge 182. t¸p t¸p¸r t¸p¸r adv leise und regelmäßig gehend, leicht schlagend 183. t¸p t¸p¸s7 t¸p¸s7 adv schnelles Gehen mit kleinen Schritten 184. t¸r t¸r¸k diye adv feines, trockenes Geräusch, das entsteht, wenn ein

Gegenstand hintereinander an zwei Stellen schlägt 185. t¸r t¸r¸k t¸rak adv stetige, sukzessive trockene und leise Geräusche 186. tin tin tin adv lautlos 187. tir tir tir titremek adv wird mit dem Verb ‘zittern’ in der Bedeutung ‘sehr frieren’

oder ‘sich sehr fürchten’ benutzt 188. tir tiril tiril adv/adj 1. =tir tir. 2. adj: fein (Stoff). 3. sauber, reinlich 189. ton ton( )ton adj riesig, dick, niedlich 190. v¸c v¸c¸k v¸c¸k adj aufgeweicht, mit niedriger Konsistenz, wässrig, zerquetscht 191. v¸d v¸d¸ v¸d¸ etmek adv/adj 1.adj: (jmd.) der die Angewohnheit hat, aus verschiedenen

Gründen unsinniges Zeug zu reden 2.adv: sein Umfeld durch sinnloses Gerede belästigen

192. v¸r v¸r v¸r etmek adv lästig, dauernd redend 193. v¸rt v¸rt z¸rt adv ganz häufig, ständig 194. v¸z v¸z¸r v¸z¸r adv Fluggeräusche; fig: ununterbrochen, stetig, schnell und mit

Leichtigkeit 195. yalp yalap yalap etmek adv glänzend 196. zan(g) zang¸r zang¸r adv starke Erschütterung oder Zittern 197. z¸n(g) z¸ngadak adv plötzlich und mit Erschütterung (stehenbleiben, sich setzen,

hinfallen)

Page 115: Ideophone Im Tuerkischen Jendraschek

198. z¸n(g) z¸ng¸l z¸ng¸l, z¸ng¸r z¸ng¸r

adv =zang¸r zang¸r

199. z¸nk z¸nk diye durmak „stehen- bleiben“

adv Geräusch, das in dem Moment entsteht, wo ein sich schnell fortbewegender Gegenstand plötzlich stoppt

200. z¸p z¸p diye, z¸p z¸p

adv Geräusch oder die Bewegung eines Gegenstandes, der nach oben schießt

201. z¸p z¸ppadak adv in einem unerwarteten, unpassenden Moment 202. z¸r z¸r¸l z¸r¸l adv 1. Äußerung von Unzufriedenheit durch stetiges

Vorsichhinreden 2. in großer Menge 203. zonk zonk zonk etmek, zonklamak adv (an einer Körperstelle) heftige, stechende Schmerzen oder

Pulsschlag

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ABKÜRZUNGEN Abkürzungen in den interlinearen Übersetzungen

0 Euphonisches Element 1 Elokutiv 2 Allokutiv 3 Delokutiv

ABL Ablativ ABS Absolutiv

ADJR Adjektivierungsmorphem ADVR Adverbialisierungsmorphem

AKK Akkusativ ALL Allativ AUX Auxiliar

D Deiktikum DAT Dativ DEF Definitheitsmarkierung

DEKL Deklarativ DISP Dispositiv

EXIST Existenzprädikat F Femininum

FAKT Faktisch FUT Futur GEN Genitiv IMP Imperativ INF Infinitiv

INKMPL Inkompletiv INS Instrumental

INTR Intransitiv IPFV Imperfektiv

KAUS Kausativ

KMPL Kompletiv KOM Komitativ(-Instrumental)

KONT Kontinuitätsmarkierung LOK Lokativ NEG Negation

NPOT Nonpotential NR Nominalisierungsmorphem

OBLPART Oblik-Partizip OPT Optativ ORD Ordinalzahl

PART Partizip PASS Passiv

PFV Perfektiv PL Plural

PLUP Plusquamperfekt POSS Possessiv PRÄS Präsens PROG Progressiv PROZ Prozessiv

PRT Präteritum Q/I Quotativ/Inferential

QUOT Quotativpartikel SBJPART Subjektpartizip

SG Singular SPONT Spontaneitätsmarkierung

TR Transitiv VR Verbalisierungsmorphem

ZEL Zeleritativ Abkürzungen der Sprachenbezeichnungen

DEU Deutsch DID Didinga

EMAI Emai ENG Englisch

KOR Koreanisch SPA Spanisch TÜR Türkisch

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