isolierung von elymoclavin-o-ß-d-fruktosi aud s...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid hergestellt; nn = 1,5240. Die Meßlösungen wurden am Hochvakuum entgast und mit 1 3% Tetramethylsilan als innerem Standard versehen unter Vakuum im Proberöhrchen eingeschmolzen. Die Konzentrationen waren 15 Vol.-% für I und ca. 1-mclar für II. Herrn Prof. Dr. E. VOGEL danken wir für sein för- derndes Interesse an dieser Arbeit. Besonderer Dank gilt Herrn Dr. W. GRIMME, Köln, für die Überlassung einer Probe von II und Herrn Dr. D. JUNG, Technische Hochschule Darmstadt, für die F o r t r a n - Liste seines NMR-PLOT-Programms. Die Rechnungen wurden an der IBM-7090 Großrechenanlage des Instituts für Instrumentelle Mathematik, Bonn, mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der wir auch für Sachspenden danken, durchgeführt. Isolierung von Elymoclavin-O-ß-D-fruktosid aus Kulturen des Mutterkornpilzes H. G. FLOSS *, H. GÜNTHER, U. M O T H E S u n d I. BECKER Organisch-Chemisches Institut der Technischen Hochschule München (Z. Naturforschg. 22 b, 399--102 [1967] ; eingegangen am 25. Oktober 1966) Elymoclavine-0-/?-D-fructoside, a new type of ergot alkaloid, has been isolated from cultures of the ergot strain SD 58. Evidence is presented suggesting that this alkaloid is formed from elymo- clavine and the sucrose of the medium by the action of invertase present in the fungal mycelia. Die bisher bekannten, natürlich vorkommenden Mutterkornalkaioide gehören zwei Gruppen an, den Clavinen und den Lysergsäure-Derivaten. Sie um- fassen folgende Strukturtypen: Einfache Ergolin- Derivate (Clavine und Lysergsäure), Secoergoline (Chanoclavin und Isomere), Amid-Derivate der Lysergsäure und Isolysergsäure sowie, mit nur einem Vertreter, dem Fumigaclavin A, veresterte Clavine. Bei unseren Untersuchungen über die Biosynthese der Mutterkornalkaioide haben wir das Auftreten einer bisher unbekannten Alkaloidfraktion beobach- tet, aus der als Hauptkomponente ein neuartiges Alkaloid isoliert wurde, über dessen Strukturaufklä- rung und biologische Entstehung im folgenden be- richtet wird. Ergebnisse und Diskussion Es wurde beobachtet, daß sich aus Nährlösungen des Claviceps-Stammes SD 58 ein Teil des mit p-Di- methylaminobenzaldehyd anfärbbaren Materials we- der im sauren noch im alkalischen Milieu mit den üblichen organischen Lösungsmitteln (Äther, Methy- lenchlorid, Chloroform) ausschütteln läßt. Die dünn- sdiichtchromatographische Untersuchung solcher aus- geschüttelter Nährlösungen zeigte, daß sie eine Gruppe von VAN URK-positiven, Ninhydrin-negativen Substanzen enthielten, die wesentlich polarer als die in Kulturen dieses Stammes bisher beobachteten 1 U. MOTHES, Dissertation, TH München 1964. 2 H. GÜNTHER, Dissertation, TH München 1966. 3 J. BECKER, Zulassungsarbeit, TH München 1966. Clavine waren. Wir haben diese Gruppe von Ver- bindungen vorläufig als „Restalkaloide" 1-3 bezeich- net. Ein langzeitiger Versuch ergab, daß die Menge dieser „Restalkaloide" ab etwa 10. Tag linear mit der Kulturdauer ansteigt, im ausgeprägten Gegen- satz zum Gesamtalkaloidgehalt, der zwischen 7. und 15. Tag stark, später nur noch langsam zunimmt und ab etwa 35. Tag konstant bleibt (Tab. 1). Nach 73 Tagen machten die „Restalkaloide" fast 20% des gesamten Alkaloidgehaltes aus. Kulturdauer Gesamtalkaloide Davon je l Nährlösung '' Restalkaloide" [Tage] [mg] [%] 7 90 0 15 922 3,0 23 956 6,5 30 1200 7,6 37 1290 9,6 73 1280 18,0 Tab. 1. Verlauf der Bildung von Alkaloiden und „Rest- alkaloiden" in Kulturen des Claviceps-Stammes SD 58. Im Dünnschichtchromatogramm (System Essig- ester/Isopropanol/konz. Ammoniak 45 : 35 : 20 auf A1 2 0 3 G) spalten die „Restalkaloide" in eine Reihe von Zonen mit Z?/-Werten zwischen 0,30 und 0,75 auf. Die drei Hauptzonen finden sich, in der Reihen- folge abnehmender Intensität, bei RxWerten (rela- tiv zu Lysergsäure) von 1. 2,0, 2. 1,0, 3. 1,25. Da- neben treten einige schwächere Banden auf. Die Ver- * Neue Anschrift: Dept. of Medicinal Chemistry, School of Pharmacy, Purdue Univ., Lafayette, Ind., U.S.A.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid hergestellt; nn = 1,5240. Die Meßlösungen wurden am Hochvakuum entgast und mit 1 — 3% Tetramethylsilan als innerem Standard versehen unter Vakuum im Proberöhrchen eingeschmolzen. Die Konzentrationen waren 15 Vol.-% für I und ca. 1-mclar für II.

Herrn Prof. Dr. E. VOGEL danken wir für sein för-derndes Interesse an dieser Arbeit. Besonderer Dank

gilt Herrn Dr. W . G R I M M E , Köln, für die Überlassung einer Probe von II und Herrn Dr. D. JUNG, Technische Hochschule Darmstadt, für die F o r t r a n - Liste seines NMR-PLOT-Programms. Die Rechnungen wurden an der IBM-7090 Großrechenanlage des Instituts für Instrumentelle Mathematik, Bonn, mit Mitteln der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t , der wir auch für Sachspenden danken, durchgeführt.

Isolierung von Elymoclavin-O-ß-D-fruktosid aus Kulturen des Mutterkornpilzes H . G . F L O S S * , H . G Ü N T H E R , U . M O T H E S u n d I . B E C K E R

Organisch-Chemisches Institut der Technischen Hochschule München

(Z. Naturforschg. 22 b, 399--102 [1967] ; eingegangen am 25. Oktober 1966)

Elymoclavine-0-/?-D-fructoside, a new type of ergot alkaloid, has been isolated from cultures of the ergot strain SD 58. Evidence is presented suggesting that this alkaloid is formed from elymo-clavine and the sucrose of the medium by the action of invertase present in the fungal mycelia.

Die bisher bekannten, natürlich vorkommenden Mutterkornalkaioide gehören zwei Gruppen an, den Clavinen und den Lysergsäure-Derivaten. Sie um-fassen folgende Strukturtypen: Einfache Ergolin-Derivate (Clavine und Lysergsäure), Secoergoline (Chanoclavin und Isomere), Amid-Derivate der

Lysergsäure und Isolysergsäure sowie, mit nur einem Vertreter, dem Fumigaclavin A, veresterte Clavine. Bei unseren Untersuchungen über die Biosynthese der Mutterkornalkaioide haben wir das Auftreten einer bisher unbekannten Alkaloidfraktion beobach-tet, aus der als Hauptkomponente ein neuartiges Alkaloid isoliert wurde, über dessen Strukturaufklä-rung und biologische Entstehung im folgenden be-richtet wird.

Ergebnisse und Diskussion

Es wurde beobachtet, daß sich aus Nährlösungen des Claviceps-Stammes SD 58 ein Teil des mit p-Di-methylaminobenzaldehyd anfärbbaren Materials we-der im sauren noch im alkalischen Milieu mit den üblichen organischen Lösungsmitteln (Äther, Methy-lenchlorid, Chloroform) ausschütteln läßt. Die dünn-sdiichtchromatographische Untersuchung solcher aus-geschüttelter Nährlösungen zeigte, daß sie eine Gruppe von VAN URK-positiven, Ninhydrin-negativen Substanzen enthielten, die wesentlich polarer als die in Kulturen dieses Stammes bisher beobachteten

1 U. MOTHES, Dissertation, TH München 1964. 2 H. GÜNTHER, Dissertation, TH München 1966. 3 J . BECKER, Zulassungsarbeit, TH München 1966.

Clavine waren. Wir haben diese Gruppe von Ver-bindungen vorläufig als „Restalkaloide" 1 - 3 bezeich-net. Ein langzeitiger Versuch ergab, daß die Menge dieser „Restalkaloide" ab etwa 10. Tag linear mit der Kulturdauer ansteigt, im ausgeprägten Gegen-satz zum Gesamtalkaloidgehalt, der zwischen 7. und 15. Tag stark, später nur noch langsam zunimmt und ab etwa 35. Tag konstant bleibt (Tab. 1 ) . Nach 73 Tagen machten die „Restalkaloide" fast 20% des gesamten Alkaloidgehaltes aus.

Kulturdauer Gesamtalkaloide Davon je l Nährlösung ' ' Restalkaloide"

[Tage] [mg] [%] 7 90 0

15 922 3,0 23 956 6,5 30 1200 7,6 37 1290 9,6 73 1280 18,0

Tab. 1. Verlauf der Bildung von Alkaloiden und „Rest-alkaloiden" in Kulturen des Claviceps-Stammes SD 58.

Im Dünnschichtchromatogramm (System Essig-ester/Isopropanol/konz. Ammoniak 45 : 35 : 20 auf A1203 G) spalten die „Restalkaloide" in eine Reihe von Zonen mit Z?/-Werten zwischen 0,30 und 0,75 auf. Die drei Hauptzonen finden sich, in der Reihen-folge abnehmender Intensität, bei RxWerten (rela-tiv zu Lysergsäure) von 1. 2,0, 2. 1,0, 3. 1,25. Da-neben treten einige schwächere Banden auf. Die Ver-

* Neue Anschrift: Dept. of Medicinal Chemistry, School of Pharmacy, Purdue Univ., Lafayette, Ind., U.S.A.

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bindung mit i ? x = könnte mit Lysergsäure iden-tisch sein, jedoch ist dies nicht gesichert. Nach der Kochromatographie sind die beiden anderen Ver-bindungen offenbar mit keinem der bekannten Mut-terkornalkaloide identisch.

In weiteren Untersuchungen befaßten wir uns aus-schließlich mit der Hauptkomponente der „Rest-alkaloide" vom Rx = 2 (Verbindung 1 ) . Zunächst wurden aus 9 / ausgeschüttelter Nährlösung die „Restalkaloide" durch Passage über eine Säule von Lewatit M 500 O H 9 , anschließende Adsorption an Ionenaustauscher Merck IV und Elution mit 5-proz. Ammoniak angereichert. Der Trockenrückstand des Eluats wrurde mehrmals mit heißem Methanol ausge-zogen und der Rüchstand dieses Extraktes an einer Al203-Säule (Elutionsmittel Methanol / Acetonitril / Wasser 8 : 1 : 1) chromatographiert. Die Fraktio-nen, die Verbindung 1 enthielten, wurden danach an einer Kieselgel-Säule (Elutionsmittel Essigester/Me-thanol/ Wasser 1 : 1 : 1 ) rechromatographiert. Auf diese Weise wurde ein Präparat erhalten, das zwar noch gefärbt war, jedoch laut Dünnschichtchromato-gramm frei von anderen VAN UßK-positiven oder fluoreszierenden Verbindungen war. Versuche durch Umkristallisation zu einem analysenreinen Präparat zu gelangen scheiterten, da sich das Präparat dabei stets mehr verfärbte.

Verbindung 1 gibt die gleiche Farbreaktion mit VAN URKS-Reagenz wie Elymoclavin und zeigt im UV ein reines Indolspektrum. Als zwei mögliche Strukturen, die mit den Eigenschaften von Verbin-dung 1 in Einklang waren, wurden Elymoclavin-./V-oxyd und ein durch iV-Methylierung quaterniertes Elymoclavin angenommen. Durch Kochromatogra-phie mit synthetischem Vergleichsmaterial konnten diese beiden Möglichkeiten jedoch ausgeschlossen werden. Den Schlüssel zur Aufklärung der Struktur von Verbindung 1 lieferte das Massenspektrum. Es zeigt ein Molekularpeak bei m/e = 416, während das prominenteste Peak bei m/e = 253 auftritt. Dies würde einer aus Elymoclavin und einer Hexose be-stehenden Verbindung C22H2 8N206 entsprechen, die bei der Fragmentierung bevorzugt in ein dem Agly-kon entsprechendes Fragment A/-163 (C1 6H1 7N20®) zerfällt. Die saure Hydrolyse von Verbindung 1 (n/10-HCl, 1 Stde. 5 0 ° ) ergab tatsächlich Elymo-clavin, das durch Vergleich der Rf-Werte in ver-

4 D . E. KOSHLAND U. S . S . STEIN, J . biol. Chemistry 2 0 8 , 1 3 9 [ 1 9 5 4 ] .

schiedenen Systemen und der IR-Spektren identifi-ziert wurde. Das zweite Hydrolyseprodukt gab mit Phenylhydrazin ein Osazon, dessen IR-Spektrum mit dem von Glucosazon deckungsgleich war. Verbin-dung 1 ließ sich nicht mit Emulsin hydrolysieren, wurde aber durch Invertase gespalten. Die freie Zuckerkomponente konnte schließlich durch Kochro-matographie und Vergleich der IR-Spektren als Fructose identifiziert werden. Damit ist für die Ver-bindung 1 die Struktur eines Elymoclavinfructosids, auf Grund der Spaltbarkeit mit Invertase sehr wahr-scheinlich eines Elymoclavin-0-/?-D-fructofuranosids, gesichert. Dei Zucker muß an den Sauerstoff gebun-den sein, da sich im Massenspektrum ein ausgepräg-tes Peak bei m/e = 236 findet, das einem Reso-nanz-stabilisiertem Ion C16H16N2® entsprechen dürfte. Für eine O-glykosidische Bindung spricht auch das UV-Spektrum und die leichte Spaltbarkeit mit Säure.

Mit der Isolierung von Elymoclavinfructosid aus Kulturen des Claviceps-Stammes SD 58 ist zum ersten Male im Mutterkornpilz ein glykosidisches Al-kaloid gefunden worden. Alkaloidglykoside sind auch sonst in der Natur außerordentlich selten, ihr Vorkommen ist im wesentlichen auf die Reihe der Steroidalkaloide beschränkt. Damit erhebt sich die Frage nach der biologischen Entstehung dieses Alka-loids. Wie bereits eingangs geschildert wurde, nimmt die Menge des Elymoclavinfructosids im Gegensatz zum Gesamtalkaloidgehalt der Kulturen linear mit der Zeit zu. Wir vermuten deshalb, daß das Fructo-sid sekundär aus Elymoclavin gebildet wird, wobei die Menge des vorhandenen Enzyms Geschwindig-keits-bestimmend ist. Die Pilzkulturen wurden in einem Medium gezüchtet, das erhebliche Mengen Saccharose enthält, die als Lieferant der Fructose für die Bildung des Fructosids in Frage kommt. Es ist bekannt, daß Invertase die Saccharose spaltet, in-dem der Fructoserest auf Wasser übertragen wird 4 . In Gegenwart eines anderen geeigneten Akkzeptors kann der Fructoserest auch auf diesen übertragen werden 5. Es war daher zu prüfen, ob 1. Invertase die Bildung von Elymoclavinfructosid aus Elymo-clavin und Saccharose katalysiert und ob 2. das Mycel von Claviceps Invertaseaktivität aufweist.

Die Inkubation von käuflicher Invertase mit Sac-charose (0,53-m.) und Elymoclavin (7,2 • 10 _ 3 -m. )

5 J. S. BACON, Ann. Rep. Progr. Chem. 50, 281 [1954] ; Bio-chem. J. 57, 320 [1954].

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bei pn 5,2 und Zimmertemperatur ergab, daß unter diesen Bedingungen Elymoclavinfructosid mit etwa Viooo der Geschwindigkeit der Saccharosespaltung gebildet wird. Eine genaue quantitative Verfolgung der Bildung des Fructosids war wegen des großen Überschusses an Elymoclavin nicht möglich, jedoch konnte das Produkt durch Kochromatographie in mehreren Systemen eindeutig als Elymoclavinfructo-sid identifiziert werden. Damit ist bewiesen, daß Invertase die Bildung von Elymoclavinfructosid katalysiert. Die weiteren Versuche ergaben, daß auch die zweite Bedingung erfüllt ist. Ein durch Ultraschallbehandlung und Zentrifugation bei 3 0 0 0 0 g hergestelltes Homogenat von Mycel des Claviceps-Stammes SD 58 spaltete Saccharose, und zwar mit etwa 1/ioo der Geschwindigkeit eines zum Vergleich hergestellten Zellextraktes aus Bäckerhefe. Die Nährlösung von Claviceps zeigte keine Invertase-aktivität, desgleichen zeigte eine durch Kochen inak-tivierte Probe des Mycelhomogenates keine Akti-vität.

Durch die Versuche ist bewiesen, daß Invertase die Bildung von Elymoclavinfructosid aus Elymo-clavin und Saccharose katalysiert und es ist zumin-dest wahrscheinlich gemacht, daß dies auch der bio-logische Bildungsweg in Claviceps ist.

Experimenteller Teil

I s o l i e r u n g v o n E l y m o c l a v i n f r u c t o s i d

Etwa 9 l Medium alter Kulturen von Claviceps spez., Stamm SD 58 wurden erschöpfend mit CH2C12 ausge-schüttelt und danach über eine Säule aus 500 g Lewatit M 500 (OH 0 ) gegeben. Der Durchlauf wurde anschlie-ßend über eine Säule aus 200 g Ionenaustauscher Merck IV gegeben. Nach Waschen der Säule mit Was-ser wurde die Alkaloidfraktion mit 5-proz. Ammoniak eluiert. Die 41 Eluat gaben nach Einengen am Rota-tionsverdampfer und anschließendem Gefriertrocknen 4 g eines dunkelbraunen hygroskopischen Rückstandes. 2,74 g dieses Rückstandes wurden mit heißem Metha-nol extrahiert, bis kein VAN URK-positives Material mehr in Lösung ging. Der nach Eindampfen i. Vak. und Trocknen im Hochvakuum verbliebene Rüdestand (2,06 g) wurde in 12 ml Methanol gelöst, mit 1,5 ml Acetonitril und 1,5 ml Wasser versetzt und auf eine Säule von A1203 nach B r o c k ma n n ( 0 4 cm, Höhe 34 cm) gebracht. Die Elution erfolgte mit Methanol/ Acetonitril/Wasser 8:1 :1 , es wurden Fraktionen von je 6 ml aufgefangen und dünnschichtchromatographisch untersucht. Die Fraktionen 86 — 160 enthielten Elymo-clavinfructosid und ergaben nach Eindampfen i. Vak. 290 mg Rückstand.

Dieser wurde in 6 ml Methanol gelöst, mit je 6 ml Essigester und Wasser versetzt und nach Filtration auf eine Säule aus Kieselgel Merck:, 0 , 0 5 - 0 , 2 ( 0 4 cm, Höhe 37 cm) gebracht. Die Elution erfolgte mit Metha-nol/Essigester/Wasser 1:1:1, es wurden Fraktionen von je 4,5 ml aufgefangen. Die Fraktionen 65 bis 115 ent-hielten dünnschichtchromatographisch reines Elymo-clavinfructosid, sie ergaben nach Einengen am Rota-tionsverdampfer und Gefriertrocknung 160 mg eines ockerfarbenen Pulvers. Mit diesem wurden die weiteren Versuche durchgeführt.

S p a l t u n g v o n E l y m o c l a v i n f r u c t o s i d

a) mit Invertase

2 mg Elymoclavinfructosid und 0,47 mg Invertase (Koch-Light Laboratories) in 1,7 ml Wasser wurden 3 Stdn. bei Raumtemperatur inkubiert. Ansdiließende Chromatographie auf A1203 G mit CH2C12 4- 2% Me-thanol ergab einen mit VAN U R K S Reagenz anfärbbaren Fleck, der im R/-Wert mit zugesetztem Elymoclavin übereinstimmte. Beim i?/-Wert des Elymoclavinfructo-sids war kein VAN URK-positives Material mehr nach-weisbar.

b) Spaltversuch mit Emulsin

2 mg Elymoclavinfructosid und 0,47 mg Emulsin in 2,3 ml Wasser wurden 5 Stdn. bei 38° inkubiert. Um zu prüfen, ob das Enzym unter diesen Bedingungen wirksam ist, wurden außerdem 0,6 mg Umbelliferon-glucosid zugesetzt. Nach Aussage der anschließenden Dünnschichtchromatographie war das Umbelliferon-glucosid gespalten worden, das Elymoclavinfructosid war unverändert geblieben.

c) Spaltung mit n/10 HCl und Isolierung von Elymo-clavin und Fructose

8 mg Elymoclavinfructosid wurden in 6 ml n/10-HC1 gelöst und 1 Stde. auf 50° erwärmt. Die Lösung wurde dann durch eine Säule aus 3 ml Amberlite IR 45 (OH 9 ) gegeben und die Säule gründlich mit dest. Wasser gewaschen. Der Durchlauf wurde auf eine Säule aus 3 ml Amberlite XE 64 (H®) gegeben. Die Säule wurde mit Wasser gewaschen, der Durchlauf im Va-kuum eingeengt und gefriergetrocknet. Dieser Rück-stand enthielt den Zucker. Das Elymoclavin wurde an-schließend mit 5-proz. Ammoniak von der Säule eluiert und das Eluat mit CH2C12 ausgeschüttelt. Die Methy-lenchloridphase wurde mit Natriumsulfat getrocknet, nach Zusatz von KBr eingedampft und im Hochvakuum getrocknet. Vom Rüdestand preßten wir eine Tablette und nahmen das IR-Spektrum auf.

Den erhaltenen Zucker lösten wir in 10 ml H 2 0 auf, versetzten 5 ml dieser Lösung mit KBr, nach Gefrier-trocknung wurde davon ein IR-Spektrum angefertigt. Die andere Hälfte der Lösung wurde wieder gefrier-getrocknet, der Rückstand in 0,2 ml Wasser gelöst, mit 0,2 ml Phenylhydrazin-Reagenz (0,5 ml Phenylhydra-zin, 0,5 ml Eisessig, 2 ml Wasser) versetzt und eine

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halbe Stde. auf dem siedenden Wasserbad erhitzt. Von dem Osazon wurde ebenfalls ein IR-Spektrum gemacht.

Die Produkte einer analogen Spaltung mit n/10 HCl wurden in verschiedenen Systemen chromatographisch untersucht.

B i l d u n g v o n E l y m o c l a v i n f r u c t o s i d a u s E l y m o c l a v i n u n d I n v e r t a s e

4 Inkubationsmischungen wurden hergestellt, die je-weils 2 g Saccharose, 20 mg Elymoclavin und 5 mg In-vertase in 11 ml Wasser enthielten und mit Bernstein-säure auf PH 5,2 gebracht wurden. Alle Proben wurden bei Zimmertemperatur inkubiert. An einer Probe wurde die Änderung des Drehwertes im Polarimeter verfolgt. Die anderen drei Proben wurden nach 10, 20 und 40 Min. durch Zugabe von Ammoniak auf pn 10 einge-stellt und 5 Min. gekocht. Dann wurde zentrifugiert, die Niederschläge 1-mal mit heißem Methanol gewa-schen, Uberstand und Waschlösung vereint und erschöp-fend mit CH2C12 extrahiert. In der wäßrigen Phase wurde anschließend mit V A N U R K S Reagenz der Alka-loidgehalt bestimmt (Ergebnisse s. Tab. 2).

Reaktionszeit Elymoclavin- Saccharose fruktosid gebildet gespalten

[min] [>Mol] [mMol]

10 2,2 2,2 20 2,9 3.8 40 4,1 4,8

Tab. 2. Spaltung von Saccharose und Synthese von Elymo-clavinfructosid mit Invertase.

Aus den restlichen Lösungen wurde das Elymoclavin-fructosid durch Adsorption an Amberlite XE 64 (H®) und Elution mit 5-proz. Ammoniak isoliert und chro-matographisch mit authentischem Material verglichen.

N a c h w e i s v o n I n v e r t a s e a k t i v i t ä t in Claviceps spez . , S t a m m SD 58

16,8 g Frischmycel aus 5 Tage alten Schüttelkultu-ren des C/aw'ceps-Stammes SD 58 in 20 ml Wasser wurden mit Ultraschall homogenisiert (Sonifier der Fa. Branson, 5 min Stufe 8) und danach 1 Stde. bei 30 000 g und + 2 ° zentrifugiert. 5 ml des Überstandes {pn 6,8) wurden mit 3,33 g Saccharose in 5 ml Wasser bei Zim-mertemperatur im Polarimeterrohr inkubiert und die Drehwertänderung verfolgt. Der Drehwert nahm nach 30 min um 0,21°, nach 60 min 0,47° und nach 17 Stdn. 15 min um 5,36° ab. Eine durch Kochen inaktivierte

6 S . H E S T R I N , D . S . FEINGOLD U. M . SCHRAMM, i n : S . P . COLO-WICK u. N. O . K A P L A N : "Methods in Enzymologv", Academic Press, New York 1955, Vol. I, S. 252.

Probe des Homogenates und eine mit Saccharose inku-bierte Probe der Nährlösung zeigten auch nach 17 Stdn. keine Drehwertänderung.

Aus 16,8g Bäckerhefe wurde durch Plasmolyse8, Ultraschallbehandlung und Zentrifugation bei 30 000 g ein zellfreier Extrakt hergestellt. Dabei wurden insge-samt 16 ml Wasser zugesetzt. 5 ml dieses Extraktes wur-den wie oben mit Saccharose inkubiert und gaben fol-gende Abnahmen des Drehwertes: nach 10 min um 8,68°, nach 20 min um 12,8°.

A n a l y t i s c h e M e t h o d i k

Es wurden folgende Chromatographiesysteme ver-wendet : 1. Methylenchlorid + 2% Methanol auf A1203G (Merck)

Elymoclavin Rf 0,23, Elymoclavinfructosid Rf 0. 2. Essigester/Isopropanol/Ammoniak 45 : 35 : 20 auf

A1203 G (Merck) Elymoclavinfructosid Rf 0,63, Ely-moclavin Rf 1,0, Elymoclavin^/V-oxyd Rf 0,63.

3. Essigester/Äthanol/Dimethylformamid 85:10:10 auf Kieselgel G (Merck), Elymoclavin Rf 0,25.

4. Methanol/Acetonitril/Wasser 8 : 1 : 1 auf A1203 G (Merck) Elymoclavin Rf 0,92, Elymoclavinfructosid Rf 0,23, ElymoclavhWV-oxyd Rf 0,84.

5. Essigester/Methanol/Wasser 1:1:1 auf Kieselgel G (Merck) Elymoclavin Rf 0,60.

6. Methanol auf A1203 G (Merck) Elymoclavinfructosid Rf 0,09, Elymoclavin-A^-oxyd Rf 0,76, Elymoclavin Rf 0,87.

Für die Chromatographie der Zucker wurden die von K A U S S 7 angegebenen Laufmittel verwendet.

Das Massenspektrum wurde im Massenspektrometer MS 9 der AEI aufgenommen.

K u l t u r d e s P i l z e s

Der Stamm SD 58 wurde in der früher beschriebe-nen Weise8 auf der folgenden Nährlösung als Sub-merskultur angezogen: 50g Mannit, 50g Saccharose, 0,1 g KH2P04 , 0,3 g MgS04 • 7 HaO, 0,01 g FeS04 • 7 H20, 4,4mg ZnS0 4 -7H 2 0 , 3 g Hefeextrakt (Merck), 5,4g Bernsteinsäure, dest. Wasser ad 1 /, konz. Ammoniak ad pn 5,4.

Wir danken der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s -gera e in s c h a f t und Herrn Prof. Dr. F. W E Y G A N D ,

München, für die großzügige Unterstützung dieser Arbeit. Herrn Dr. A. P R O X , München, sind wir für die Aufnahme des Massenspektrums zu Dank verpflichtet.

7 H . K A U S S , Z . Pflanzenphysiol. 5 3 , 5 8 [ 1 9 6 5 ] . 8 H . G . FLOSS U. D . G R Ö G E R , Z . Naturforschg. 1 8 B , 5 1 9 [ 1 9 6 3 ] .