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Operieren im zerbrechlichen Haus der Seele Neurochirurgie gestern und heute Prof. Dr. Robert Schönmayr Schlangenbad

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Operieren im zerbrechlichen Haus der Seele – Neurochirurgie gestern und heute

Prof. Dr. Robert Schönmayr

Schlangenbad

William Shakespeare

König Johann, Act V, Scene 7:

“It is too late: the life of all his blood

Is touch'd corruptibly, and his pure

Brain,

Which some suppose

The soul's frail dwelling-house,

Doth by the idle comments that it makes

Foretell the ending of mortality.

Jürgen Thorwald

Im zerbrechlichen Haus der Seele

Die große Odyssee

der

Gehirnchirurgie

Droemer Knaur 1986

ISBN 3-426-262770-0

Geschichte der Neurochirurgie

3000 v. Chr. Ägypten Edwin Smith Papyrus:

24 Fälle von

Gehirnkranken und Schädelverletzten

Fall 6:

“Gebrochen ist sein Schädel…mit Windungen darin, die

geschmolzenem Metall ähneln. Etwas ist darin, das zittert,

flattert unter deinen Fingern wie die schwache Stelle am

Scheitel eines Kindes, die noch nicht fest geworden ist…

……

Es ist eine Klaffwunde an seinem Kopf - eine Krankheit die

man nicht behandeln kann.”

Claudius Galenus

Ca.129 (Pergamon) – ca. 216 (Rom)

Leibarzt des Kaisers Marcus Aurelius,

des Commodus

(Septimius Severus)

Beobachtungen von Hirnverletzungen bei

Gladiatoren

Experimente bei Schweinen

Theorie des “Pneuma”

Hirn = Sitz der Seele

Andreas Vesalius

1514 (Brüssel) – 1564 (Zakynthos)

Leibarzt Karls V. und Philipps II.

1543 "De humani corporis fabrica"

“Wie das Gehirn seine Funktion

in der Welt ……erfüllt,

darüber habe ich kein Urteil bereit”

Schädeloperation bei Don Carlos!

Andreas Vesalius

1514 (Brüssel) – 1564 (Zakynthos)

Leibarzt Karls V. und Philipps II.

1543 "De humani corporis fabrica"

“Wie das Gehirn seine Funktion

in der Welt ……erfüllt,

darüber habe ich kein Urteil bereit”

Schädeloperation bei Don Carlos!

Thomas Willis

1621 (Great Bedwyn) - 1675 (London)

1664 Cerebri anatome

Nucleus lentiformis

Nucleus caudatus

Corpus mamillare

Thalamus

Striatum

Pons…

Wichtige Vorarbeiten

Neurologen und Physiologen

1860 Queen Square, London:

Hospital für Epileptiker und Gelähmte

William Gowers

Hughlin Jackson

David Ferrier

Erste Operationen

William Macewen Glasgow 1879

Francesco Durante Rom 1884

Rickman Godlee +

Victor Horsley London 1886

Victor Horsley 1857 - 1916

Die Gründerväter

Harvey Williams Cushing (Cleveland OH)

Johns Hopkins Hospital Baltimore,

1896 - 1912

Peter Bent Brigham Hospital Boston,

bis 1932

Harvey Cushing 1869 - 1939

Die Gründerväter

Walter Edward Dandy (Sedalia, MO)

Johns Hopkins Hospital Baltimore,

1918 - 1946

Walter E. Dandy 1886 - 1949

Die Gründerväter

Herbert Axel Olivecrona (Visby)

1935 - 1960

Professor für Neurochirurgie am

Karolinska Institutet, Stockholm

– der erste Lehrstuhl für

Neurochirurgie in Europa.

Herbert Olivecrona 1891 - 1980

Die Gründerväter

Wilder Penfield (Spokane)

1928 - 1960

Neurochirurg, zuletzt am

Montreal Neurological Institute

(McGill University)

Wilder Penfield 1891 - 1976

Die ersten deutschen Operateure

Fedor Krause Hamburg 1892

Otfried Förster Breslau 1914 (1908)

Wilhelm Tönnis Würzburg 1932

Berlin 1937

Bochum 1949 – 1968

Der Gründer der deutschen Neurochirurgie

Universität Würzburg 1932 - 1937

Charité Berlin 1937 - 1939

Bochum-Langendreer 1946 - 1949

Universität Köln 1949 - 1968

1949 der erste Lehrstuhl für

Neurochirurgie in Deutschland,

1950 Gründer der

Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie

Wilhelm Tönnis 1898 - 1978

Meine klinischen Lehrer

Hans-Werner Pia 1921 - 1986 Madjid Samii geb. 1937

Entscheidende Fortschritte

• Operationsmikroskop

• Bilddiagnostik

- CT

- MRT, fMRT, MR-Spektroskopie

- Digitale Angiographie

- PET, SPECT, PET-CT

• Intraoperatives Monitoring (IOM)

• Navigation

• Fluoreszenztechniken

- 5-ALA

- Indocyaningrün

Entscheidende Fortschritte

in der Wirbelsäulenchirurgie:

• differenziertere Bilddiagnostik

• weniger (minimal) invasive Techniken

• spinale Navigation

• innovative Instrumentarien

• Innovative Implantate

Spinale Navigation – semirobotische Technik

Planung am Laptop

Transfer in die Arbeitsstation

Navigation - Einstellungsmöglichkeiten

Kontrolle nach Implantation der Schrauben

N > 300

Schraubenfehllagen < 2%

Navigierte semirobotische Pedikelschrauben*

*In-Se Kim et al, 2013

• Bandscheibenprothesen – zervikal

– lumbal

• Dorsale dynamische Stabilisierungen – Elaspine

– Coflex

• Facettengelenksersatz

Innovative Wirbelsäulenimplantate

Bandscheibenprothese - Aufbau

Bandscheibenprothese für die Halswirbelsäule

• Entfernung des

Bandscheibenvorfalles

• Implantation einer

Prothese

• Prothese von vorne in

Neutralstellung

• Prothese von der Seite

in Rückneigung

• Prothese von der Seite

in Beugung

Lumbale Bandscheibenprothese

Diskopathie, Osteochondrose L5/S1, intakte Facettengelenke

Lumbale Bandscheibenprothese

Ventrale Diskektomie,

Vollprothese

Anatomischer Facettengelenksersatz

Anatomischer Facettengelenksersatz

Anatomischer Facettengelenksersatz

Post-op LWS a-p und seitlich

Anatomischer Facettengelenksersatz

Post-op LWS in Funktion

Die mikrochirurgische Operation Dynamische Stabilisierung unter Erhaltung der Beweglichkeit

Interspinöse Spreizer zwischen den Dornfortsätzen:

Zur Distraktion der Wirbel bei Stenose

- des Wirbelkanals

- der Neuroforamina

Zur Stabilisierung bei Retrolisthese

Die mikrochirurgische Operation Dynamische Stabilisierung unter Erhaltung der Beweglichkeit

• Entlastung der Gelenke

• Spannen der Bänder

• Erweiterung der

Neuroforamina

Die mikrochirurgische Operation Dynamische Stabilisierung unter Erhaltung der Beweglichkeit

• Entlastung der Gelenke

• Spannen der Bänder

• Erweiterung der

Neuroforamina

Die mikrochirurgische Operation Dynamische Stabilisierung unter Erhaltung der Beweglichkeit

• Entlastung der Gelenke

• Spannen der Bänder

• Erweiterung der

Neuroforamina

Dorsale dynamische Stabilisierung

Dorsale dynamische Stabilisierung

Diskopathie und Protrusion L4/5, Modic Typ 2

Dorsale dynamische Stabilisierung

Postoperatives Röntgenbild

A. S.

Dorsale dynamische Stabilisierung

Bisegmentale Operation:

Funktionsaufnahmen 6 Monate postoperativ

Bei Operationen am Kopf

• Zugangsplanung

• Erhöhte Präzision bei der Eröffnung des Schädels

(Kraniotomie)

• Exakte Lokalisation des Zielgebietes

• Vermeiden von Schädigung wichtiger gesunder

Strukturen auf dem Weg zum Zielgebiet

• Fortlaufende Kontrolle des Eingriffs (Orientierung)

• Erfolgskontrolle

Neuronavigation - Ziele

Vor der Operation (am Kopf)

• Bilddatensatz (MRT, fMRT,

CT, PET, ANGIO) mit

Patientenmarkierungen

(Fiducials)

• Transfer in den NAV-

Computer

• Eingriffsplanung

Neuronavigation - Prinzip

Vor der Operation (am Kopf)

• Transfer in den NAV-

Computer

• Eingriffsplanung

Neuronavigation - Prinzip

Digitale Angiographie (Hirnarterienbild)

Magnet-Resonanz-Tomographie (mit Kontrast)

funktionelle MRT (fMRT)*

Paradigma:

Stiller Wortfluss

deutsche Sprache

Kommentar:

subjektiv mässige

Performanz aufgrund von

Wortfindungsstörungen

* Bildmaterial: Prof. D.F.Braus, Zentralinstitut für

Seelische Gesundheit Mannheim

Kritische Region: Gyrus

temporalis sup, angularis)

“Fiber-Tracking” im MRT (DTI)*

Prä- und intraoperative

Darstellung von

Bahnsystemen im MRT

Vermeiden von Schäden

an funktionell wichtigen

Strukturen während der

Operation

*Diffusion Tensor Imaging

Bildmaterial und verständliche Beschreibung:

http://diffusion-tensor.blogspot.com/2009/05/diffusion-tensor-imaging-101.html

“Fiber-Tracking”

* Bildmaterial: Klinik für Strahlentherapie und

Radioonkologie, Universitätsklinikum Jena

Blau:

motorische Bahn

(Pyramidenbahn)

Rot: Tumor,

Interhemisphärische

Verbindungsbahnen

Gelb:

Aktivierte

motorische Region:

Handbewegungen

Zu Beginn der Operation

• Registrieren der Position

des Patientenkopfes im

Raum

Neuronavigation - Prinzip

Zu Beginn der Operation

• Registrieren der Position

des Patientenkopfes im

Raum

• Registrieren der Instrumente

(Dissektor, Pinzette, Sauger,

Optik)

Neuronavigation - Prinzip

Zu Beginn der Operation

• Registrieren der Position

des Patientenkopfes im

Raum

• Registrieren der Instrumente

(Dissektor, Pinzette, Sauger,

Optik)

• Festlegen und Markieren

des Ortes der

Schädeleröffnung

Neuronavigation - Prinzip

Tumor Motorkortex

Während der Operation

• Verifizieren der

Inzision am Gehirn

Neuronavigation

Motorkortex

Tumor

Hirngefäßaneurysma

Beerenförmige Aussackung der

rechten mittleren Hirnarterie an

der Aufteilung in ihre Hauptäste

Ruptur kann tödlich sein oder

schwere neurologische Ausfälle

hervorrufen,

kann aber auch unbeschadet

überstanden werden.

Wegen der Gefahr der

Nachblutung dringende

Behandlungsnotwendigkeit!

A. cerebri media

A. carotis

Äste

Aneurysma

Hirngefäßaneurysma

Lokalisation an der mittleren Hirnarterie

Hirngefäßaneurysma

Therapie:

Coiling = Einbringen von Platinspiralen (Coils)

über einen Mikrokatheter von der

Leistenarterie aus

oder

Clipping = mikrochirurgische Operation

Hirngefäßaneurysma

Hirngefäßnähte

Bypass-Operationen auch am Gehirn?

Gefäßverschlüsse, die nicht ausreichend durch

Umgehungskreisläufe kompensiert werden können,

z.B. bei „Moyamoya“ Syndrom

Moyamoya (jap.) = Rauchwolke

Moyamoya - Syndrom

Vorwiegend junge Menschen:

Verdickung der Innenschicht von Arterien führt zu

Verengung und Verschluss.

Kleine und kleinste Gefäße

zur Kompensation reichen

auf Dauer nicht aus:

Mangeldurchblutung

Moyamoya - Syndrom

Symptome:

Vorübergehende oder bleibende

neurologische Ausfälle,

epileptische Anfälle,

Hirnblutungen.

Moyamoya - Syndrom

Therapie:

operativer Bypass zwischen Arterien der Kopfhaut

und des Gehirns

um die Blutzufuhr

zu verbessern

Moyamoya - Syndrom

Operation:

Präparation der Kopfhautarterie (A. temporalis)

Kraniotomie (3cm Ø) über der Sylvi‘schen Fissur

Freilegen der mittleren Hirnarterie

End- zu Seitnaht der Arterien (1 – 1,5 mm Ø)

Nähte = 0,2 mm Ø

Operation

Bypass A. temporalis superficialis – A. cerebri media

Postoperative Gefäßdarstellung:

Das Kopfhautgefäß füllt sich…….und die mittlere Hirnarterie

Postoperative Gefäßdarstellung:

Das Kopfhautgefäß füllt sich…….und die mittlere Hirnarterie

Tumore des Hirngewebes (Gliome)

Diffuses Wachstum, keine scharfe

Grenze zum gesunden Gewebe

Funktionstüchtige Areale befallen

Gratwanderung zwischen

Radikalität und Funktionserhalt

Ausmaß der Resektion

entscheidend für den weiteren

Verlauf der Erkrankung

Tumor des Hirngewebes (Gliom)

Hinterer linker Schläfenlappen

Identifizieren des Tumorgewebes während der Operation

1. Trinken von 5-ALA zwei Stunden

vor der OP (20mg/KG)

2. 5-ALA reichert sich im

Tumorgewebe an und…

3. …wird dort in Protoporphyrin IX

umgewandelt.

Identifizieren des Tumorgewebes während der Operation

1. Trinken von 5-ALA zwei Stunden

vor der OP (20mg/KG)

2. 5-ALA reichert sich im

Tumorgewebe an und…

3. …wird dort in Protoporphyrin IX

umgewandelt.

4. Während der OP Beleuchten

des Op-Feldes mit blauem Licht

(400 nm) lässt das

Tumorgewebe rot aufleuchten

Danke für Ihre Geduld und

Aufmerksamkeit!