reichesdorfer botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · christian hientz, hans hügel,...

52
1 Reichesdorfer Bote Jahrgang 29 Ausgabe 53 Weihnachten 2015 Reichesdorfer HOG Der Reichesdorfer Bote ist ein Informaonsbla der Reichesdorfer HOG. Er erscheint 2-mal jährlich (Weihnachten und Muertag)

Upload: others

Post on 19-Oct-2020

1 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

1

Reichesdorfer Bote

Jahrgang 29 Ausgabe 53 Weihnachten 2015

Reichesdorfer HOG

Der

Rei

ches

do

rfer

Bo

te is

t ei

n In

form

ati

on

sbla

tt d

er R

eich

esd

orf

er H

OG

.

Er e

rsch

ein

t 2

-ma

l jä

hrl

ich

(W

eih

na

chte

n u

nd

Mu

tter

tag

)

Page 2: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

2

In dieser Ausgabe

Liebe Reichesdorfer ! (Gustav Maiterth) 1

Statistik vom 12 Juni 2015 2

In einer Krippe ruht 3

Weihnachtsgebet 3

Bericht zur Lage der Reichesdorfer HOG 4

Reichesdorfer Treffen 2015 5

Reichedorfer Treffen 8

Gegen das Vergessen 9

Predigt Reichedorfer Treffen 2015 10

Das 14. Reichesdorfer Treffen 14

Liebe Reichesdorfer 15

Eine Hommage an ALT - REICHESDORF 16

Aufmarsch in Dinkelsbühl 19

No Stress BIKE&LIKE Nr. 2 19

Erfolgreiche Bizikeltour zu den 20

Wiederbelebung mit Stil 22

Treppenbaukurs in Reichesdorf 23

Bartholomäus Bausner (1629-1682) 25

„Af deser lerd do äs e Lond, 27

Schloss Horneck bleibt unsere „Sachsenburg am Neckar“! 31

Für unsere Jüngsten 33

Wissenswertes über Reichesdorf 35

FAMILIENANZEIGEN 36

Geburt 36

Konfirmation 36

Hochzeit 38

Zum runden Geburtstag 38

Page 3: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

3

Liebe Reichesdorfer !

Es ist lange her, dass ich mich als Schüler am

Ferienanfang danach sehnte, nach Reichesdorf

zu fahren, um lange, schöne Sommer mit Freun-

den zu verbringen. Als Jugendlicher war es

selbstverständlich, an Bällen, Hochzeiten und

anderen Großereignissen teilzunehmen. Dabei

begleitete mich stets ein gutes Gefühl, weil ich

daheim war.

Nach meiner Hochzeit mit Renate hatten wir das

Glück, aktiv am Dorfleben teilzunehmen. Meine

Frau als Lehrerin und ich

als Wirt, waren wir im-

mer nah an den Men-

schen jeglicher Nationa-

lität und konnten so

erkennen, dass ein

Dorfleben nur gemein-

sam geht.

Vor ein paar Jahren

konnte ich meine Securitate-Akte in Bukarest

abholen. Meine Freude war sehr groß, weil in drei

Ordnern keine einzige Notiz aus Reichesdorf

aufzufinden war. Dabei musste ich an die Worte

von Pfarrer Binder denken, dem es ähnlich ge-

gangen ist.

Diese vielen Erlebnisse haben mich geprägt und

geformt und mich auf meinem nicht immer leich-

ten Lebensweg weitergebracht.

Umso erstaunter war ich, als ich im Sommer

2015 lesen musste, dass unsere HOG ohne

Vorstand geblieben war.

Im Gespräch mit meinem Vetter Heinrich Maiterth

konnte ich einen kleinen Einblick in das Ver-

bandsleben bekommen, war aber skeptisch, ob

ich als passives Mitglied mithelfen kann. Nach

meinem Urlaub und vielen Gedanken über Hei-

mat, ehemaligen Reichesdorfern und dem drama-

tischen Aufruf von Heinrich Maiterth im Netz, war

ich entschlossen, für unsere HOG etwas zu tun.

So konnte ich bei einer Telefonkonferenz mit

Stolz meine Zustimmung für den kommissari-

schen Vorsitz bis zur nächsten Wahl geben. Ei-

nen Dank denen, die mir ihr Vertrauen ausge-

sprochen haben. Ich werde alles mir Mögliche

tun, um sie nicht zu enttäuschen.

Einen herzlichen Dank an

den zurückgetretenen

Vorstand Meyndt Werner

und Riemesch Susanna

für ihre nicht immer einfa-

che Arbeit möchte ich

aussprechen. Es bleibt

mir die Hoffnung, dass sie

uns auch weiter unter-

stützen.

Was werden meine Aufgaben und die des Vor-

standes bis zu den Neuwahlen im Jahr 2017

sein?

Eine Lösung für die Friedhofspflege im Sinne der

Reichesdorfer Mehrheit liegt mir besonders am

Herzen. Aus diesem Grund habe ich dem Vor-

stand auch den Vorschlag gemacht, eine Umfra-

ge an alle Mitglieder zu starten. Den Umfragebo-

gen werden wir mit dem Reichesdorfer Boten

zusenden. Bitte um zahlreiche Antworten, denn

nicht beantwortete Bögen müssen wir als nicht

notwendig einstufen.

Die Reichesdorfer HOG wünscht

allen Mitgliedern

ein Frohes Weihnachtsfest,

sowie einen guten Rutsch ins

Neue Jahr 2016.

Page 4: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

4

Ein für uns Reichesdorfer wichtiges Thema wird

der Aufmarsch zu Pfingsten in Dinkelsbühl sein.

Für die Organisation hat sich Edith Hügel bereit

erklärt. Es wird bestimmt ein schönes Bild sein,

wenn auch wir in Tracht unter unserer neuen

Fahne aufmarschieren. Auch da die Bitte, zahl-

reich mitzumachen und endlich zeigen, dass un-

ser Feuer noch brennt!

Unsere Jugend, angeführt von Harald Hügel wer-

de ich mit allen meinen Kräften unterstützen, mit

der Gewissheit, dass noch viele Jugendliche von

unseren Bräuchen und von unserem Zusammen-

halt etwas mitbekommen. Ein besonderer Erfolg

wäre, noch mehr Jugendliche und Kinder zum

Skifahren mit allen seinen schönen Seiten zu

verleiten.

Das große Treffen in Friedrichroda soll auch 2017

stattfinden. Dazu möchte ich alle Reichesdorfer

einladen, auch diejenigen, die sich in den letzten

Jahren von der Gemeinschaft zurückgezogen

haben. Sie werden mitbekommen, dass es auch

hier einen Zusammenhalt gibt.

Die Arbeit von Alzner Hans will ich fördern, damit

auch für unsere Nachkommen Reichesdorf greif-

bar bleibt. Dazu die Bitte an alle, insbesondere an

die Älteren: scheut euch nicht, eure Erfahrungen

aufzuschreiben, helft mit, nehmt euch ein Bei-

spiel an der Chronik von Daniel Bruckner. Das

Interesse von manchem Nachkommen wird von

diesem Werk geweckt werden.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein ge-

segnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch

in ein gesundes Neues Jahr und verbleibe Euer

Vorsitzender.

Gustav Maiterth., Wertingen, im Dezember 2015

Statistik vom 12 Juni 2015

Dem Vorstand der Reichesdorfer HOG sind 640

Reichesdorfer und deren Angehörige bekannt.

Davon sind 398 Mitglieder der Reichesdorfer

HOG. 242 sind Nichtmitglieder.

Liebe Reichesdorfer

Diesmal richte ich mein Wort nicht mehr als Vor-

sitzender, sondern nur als Reichesdorfer an

Euch. Ich habe im August, nach 30 Jahren, mein

Amt als Vorsitzender der Reichesdorfer HOG zur

Verfügung gestellt, da meine Vorstellungen einer

Heimatortgemeinschaft mit den Vorstellungen

einiger Mitglieder nicht mehr übereinstimmen. Es

entspricht nicht meiner Überzeugung, dass wir

uns Reichesdorfer HOG nennen und das Dorf

REICHESDORF total aus den Augen verlieren!

Ich gehe nicht im Bösen und ich werde der Rei-

chesdorfer HOG weiterhin als passives Mitglied

erhalten bleiben. In diesem Sinne wünsche ich

meinem Nachfolger alles Gute. Meck

Page 5: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

5

In einer Krippe ruht

In einer Krippe ruht ein neugeboren

und schlummernd Kindlein; wie im Traum

verloren,

die Mutter kniet, Weib und Jungfrau doch.

Ein ernster, schlichter Mann rückt tief

erschüttert

das Lager ihnen, seine Rechte zittert

dem Schleier nahe um den Mantel noch.

Und an der Tür stehen geringe Leute,

mühsel‘ge Hirten, doch die ersten heute.

Und in den Lüften klingt es süß und lind,

verlor‘ne Töne von der Engel Liebe:

„Dem Höchsten Ehr und allen Menschen

Friede,

die eines guten Willens sind!“

(Annette von Droste-Hülshoff)

Weihnachtsgebet

Kind in der Krippe, ich bete zu dir, denn ich

bin arm.

Ich bin arm, weil ich urteile und verurteile, wo ich

kein Recht dazu habe.

Ich bin arm, weil ich zu schnell aufgebe und ver-

lasse, wenn der Alltag mir zur Last wird..

Ich bin arm, weil ich die mir geschenkte Zeit un-

nütz vergeude, weil ich Dingen nachweine, die

ich nicht wirklich brauche.

Ich bin arm, weil ich Nahrung im Überfluss habe

und dennoch kein Herz für die Bedürftigen in der

Welt.

Ich bin arm, weil meine Miene versteinert ist und

meine Hand sich oft zur Faust ballt, weil ich

Vergangenes nicht loslassen kann.

Ich bin arm, weil ich Macht missbrauche und

Hass, Streit und Krieg zu rechtfertigen versuche.

Ich bin arm, weil ich mich am Lärm in der Welt

beteilige und getrieben von falschem Ehrgeiz

meine wahren Freunde nicht erkenne.

Ich bin arm, weil ich besessen bin zu studieren,

ohne brauchbare Lehren daraus zu ziehen.

Ich bin arm, weil ich die Schönheit der Erde und

der Natur nicht schätze und sie stattdessen

gnadenlos ausbeute.

Ich bin arm, weil meine Flügel abgestumpft sind

und ich zum Kriecher geworden bin.

Ich bin arm, weil Jammern für mich bequemer

geworden ist als Beten.

Kind in der Krippe, ich bete zu dir, lass mich

den wahren Reichtum erkennen.

Gib mir ein offenes Ohr und Verständnis für das

Denken und Handeln meiner Mitmenschen, lass

mich den Reichtum der Toleranz erkennen.

Gib mir den Mut, verzeihen zu können und We-

ge zu finden, die uns Menschen zusammenfüh-

ren, lass mich den Reichtum des Miteinanders

erkennen.

Gib mir die Weisheit, zu erkennen, was meine

Reise mit Sinn erfüllt, lass mich den Reichtum

des Augenblicks erkennen.

Page 6: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

6

Gib mir die Fähigkeit, mir nur so viel zu nehmen,

wie ich täglich brauche, lass mich den Reichtum

des Gebens erkennen.

Gib mir die Kraft, alte Wunden heilen zu lassen

und eine freundliche Hand zu reichen, lass mich

den Reichtum der Versöhnung erkennen.

Gib mir die Geduld, unter verfeindeten Parteien

ein gerechter Vermittler zu sein, lass mich den

Reichtum der Gelassenheit erkennen.

Gib mir die leisen Töne der Musik, die Ruhe, die

ich brauche, um meine stillen, wahren Freunde

nicht zu überhören. Lass mich den Reichtum der

Liebe, der Treue und des Vertrauens erkennen.

Gib mir die Einsicht, aus meinen Fehlern lernen

zu dürfen, lass mich den Reichtum meiner Un-

vollkommenheit erkennen.

Gib mir einen offenen Blick für meine Umwelt,

lass mich den Reichtum dieses kostbaren Erbes

und meiner Verantwortung dafür erkennen.

Gib mir die Leichtigkeit eines Vogels bei der

Bewältigung meiner alltäglichen Pflichten. Lass

mich den Reichtum der Freiheit, Entscheidungen

treffen zu können, erkennen.

Gib mir ein starkes Rückgrat und einen festen

Glauben, lass mich den Reichtum des Betens

erkennen.

Amen

(Susanna Riemesch Wachsmann)

Bericht zur Lage der Reichesdorfer HOG

Zuerst möchte ich mich hiermit ganz persönlich

bei unseren zurückgetretenen Vorstandsmitglie-

dern Werner Meyndt (Meck) und Susanna Rie-

mesch (Wachsmann), für die jahrelange Arbeit

bedanken.

Ich weiß, gemeinnützige Arbeit wird nie hoch

genug bewertet und anerkannt. Es muss wohl

eine große Portion Idealismus und Interesse am

Gemeinwohl unseres Vereins da sein – um im-

mer wieder weitermachen zu wollen und können.

Dafür habe ich euch geschätzt und möchte euch

meinen Respekt zollen, ihr seid oft hingefallen,

aber immer wieder aufgestanden, irgendwann

aber bleibt man liegen und gibt auf.

Meck, du hast die Geschicke unserer HOG fast

30 Jahre lang geführt, es war nicht immer ein-

fach jeden Wunsch zu erfüllen. Dabei denke ich,

dass die Reichesdorfer es dir nicht all zu leicht

gemacht haben.

Erinnern will ich an die Situation aus dem Jahr

2008. Damals ging es um die finanzielle und

strukturelle Situation der HOG.

Nach einer gründlichen Umstrukturierung schien

alles zu laufen. Der Slogan „Ich bin stolz ein

Reichesdorfer zu sein“ stimmte wieder.

Es wäre schön, wenn du uns auch weiterhin mit

deiner Erfahrung, mit Rat zur Seite stehst.

Auch dir, Susi. sei Dank gesagt, für all deine

Mühen im Sinne unserer Reichesdorfer HOG.

Sicher, auch wir sind nicht immer der gleichen

Meinung gewesen, aber mit ein bisschen gutem

Willen und ein bisschen einer dem andern zuhö-

Page 7: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

7

ren, kann man oft Dinge regeln die den An-

schein haben unlösbar zu sein.

Du hast dich mit dem Job als Schriftführerin

identifizieren können. Ich gehe davon aus, dass

du zumindest dem Reichesdorfer Boten und der

umfangreichen Arbeit ihn zu erstellen, die Treue

hältst (hast du mir versprochen).

Wie geht es weiter?

Fakt ist, das es Missverständnisse innerhalb des

Vorstandes und erweiterten Vorstandes gab.

Diese Missverständnisse waren der Anlass der

Kündigung unseres Vorsitzenden und unserer

Schriftführerin.

Die Entscheidung zur Kündigung wurde vom

erweiterten Vorstand akzeptiert.

Auf einer kurzfristig einberufenen Telefonkonfe-

renz hat sich der erweiterte Vorstand darauf

verständigt, die „Reichesdorf HOG“ will weiter

machen.

Meck steht uns bis Ende des Jahres kommissa-

risch als Vorsitzender zur Verfügung und hat

auch für danach seine Hilfsbereitschaft ange-

kündigt, die Kontakte zu andern HOG zu vermit-

teln, den einen oder anderen Rat zu geben. Er

hat zwar kein Stimmrecht mehr, vertritt uns aber

nach außen hin bis ein Vorsitzender, bzw. Vor-

sitzende gefunden ist.

So wie ich Susi verstanden habe, möchte sie

beim Reichesdorfer Boten auch weiterhin ihre

Berichte verfassen, den einen oder andern Kom-

mentar zum Besten geben. (ich freue mich

drauf)

Bis zu den nächsten angesetzten Wahlen,

(Treffen in Friedrichroda 2017) muss nun eine

Interimslösung her.

Nach Abstimmung vom 19. August 2015, des

erweiterten Vorstandes, wird die Reichesdorfer

HOG kommissarisch von folgenden Personen

vertreten:

Vorsitzender: Gustav Maiterth

Kassenwart: Ernst Kloos

Schriftführer: Heinrich Maiterth

(Reichesdorfer Bote)

Erweiterter Vorstand: Harald Hügel, Martin Alz-

ner, Heinrich Hienz, Hermann Hügel, Heinrich

Maiterth / Neuenstein, Gustav Hügel, Hans-

Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-

terth / Gütersloh.

Heinrich Maiterth

Reichesdorfer Treffen 2015

Brücken bauen

„Brücken bauen“, das Motto des 14. Reiches-

dorfer Heimattreffens im thüringischen Fried-

richroda, war ein anspruchsvolles Motto. Seine

Tiefe wurde aber allen erst im Lauf der Zeit

recht bewusst. In der Anlaufphase schien es,

als ob etliche Reichesdorfer/innen dem Treffen

fernbleiben wollten. Wir sollten eines Besseren

belehrt werden. Am 29. Mai 2015 kamen die

ersten Gäste angereist, es gab herzliche Begrü-

ßungen und den ersten Gedankenaustausch,

eben die ersten Brücken zwischen gestern und

Page 8: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

8

heute. Samstag, den 30. Mai gab es dann den

großen Ansturm. Über 160 Reichesdorfer/innen

und deren Freunde gaben sich die Ehre, an die-

sem Treffen teilzunehmen. Meine Freude hielt

sich aber in Grenzen, da ein Rundgang in Ge-

danken durch unser Reichesdorf der 80-er Jahre

mich feststellen ließ, wie viele Brücken eigentlich

abgebrochen wurden zu unserer Gemeinschaft

hier in Deutschland. Der „ Reichesdorfer Bote“

wird an ca. 200 Haushalte verschickt, die

„Siebenbürgische Zeitung“ kommt in gerade mal

82 Haushalte. Da frage ich mich, wo ist der Stolz

geblieben, ein Siebenbürger Sachse zu sein?

Hat man nun die Leistungen und den Zusam-

menhalt unserer Vorfahren denn vergessen,

oder ist es ihnen peinlich, sich hier als Sieben-

bürger Sachse zu outen? Ich hoffe trotzdem,

dass sich auch mit diesen Personen neue Brü-

cken aufbauen lassen, und in unseren Kreis

zurückkehren.

Nach einem ausgiebigen Mittagessen ging es in

die Stadt zur evangelischen St.Blasius-Kirche.

Pfarrer Harald Schneider griff in seiner Predigt

natürlich auch das Motto „Brücken bauen“ auf.

Brücken werden über Täler gebaut aus Stein,

Brücken werden zwischen Menschen gebaut,

Brücken werden auch im Glauben gebaut. Leider

werden auch immer wieder Brücken abgebro-

chen, weil sie nicht mehr genutzt werden. Beson-

ders angesprochen haben mich zwei Verse ei-

nes der Kirchenlieder:-

„Ich möchte gerne Brücken bauen, wo alle tiefe

Gräben sehen. Ich möchte hinter Zäune schauen

und über hohe Mauern gehen. Ich möchte gern

dort Hände reichen, wo jemand harte Fäuste

ballt. Ich suche unablässig Zeichen des Friedens

zwischen Jung und Alt.“

Der Gottesdienst wurde musikalisch von unseren

ausgezeichneten Sängerinnen und Sänger, unter

Page 9: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

9

der Leitung unseres Organisten Hans Hügel,

gestaltet und somit gleichwohl eine Brücke in die

Vergangenheit, eine Zeit in Reichesdorf, der

Geborgenheit in unserer Reichesdorfer Kirche.

Die große Gruppe der Trachtenträger verstärkte

umso mehr die Verbundenheit mit unserer alten

Heimat.

Ein Spaziergang führte uns dann aus dem Tal

hinauf in das Ahorn Hotel, wo unser Fest so

richtig in Fahrt kam. Nach einer Stärkung mit

mitgebrachtem Kuchen und Kaffee vom Hause,

wurde der offizielle Teil mit dem Bericht des Vor-

sitzenden, Werner Meyndt, fortgeführt. Da wäh-

rend der letzten beiden Jahre uns leider 40 Ge-

meindeglieder durch Tod verlassen haben, wur-

de mit einer Schweigeminute ihrer gedacht. Ein

besonders großer Verlust war der Tod von Gredi

Mattes, unsere besonders aufopferungsvolle

Schriftführerin, der es besonders am Herzen lag

Brücken zu bauen zwischen den nun im ganzen

Bundesgebiet und über die Grenzen verstreuten

Landsleute.

Werner Meyndt erinnerte an das letzte Treffen

2013, sowie an die

tollen Skiwochenenden

im Skigebiet Wildkogel,

wo gemeinsam mit

Landleuten aus

Meschen wunderbare

Tage erlebt wurden.

Auch hier wurden Brü-

cken gebaut, indem

Freundschaften erneu-

ert wurden und andere

neu entstanden.

In seiner Ansprache

würdigte er die Arbeit von Heinrich Maiterth,

Verantwortlicher für den zweimal im Jahr er-

scheinenden „Reichesdorfer Boten“, sowie für

die alljährliche Herausgabe eines Kalenders mit

Bildern aus Reichesdorf, wobei auch hier eine

Brücke zur alten Heimat entsteht. Weiter dankte

er Susanna Riemesch als Schriftführerin und

für ihre redaktionelle Arbeit am Boten.

Besondere Aufmerksamkeit galt auch der von

Hans Alzner geleisteten Arbeit in Zusammen-

hang mit der Ahnenforschung, in der die Matri-

kel (Taufe, Trauungen und Tod) der evangeli-

schen Kirche Reichesdorf erfasst werden.

Ein besonderer Dank gebührt Hans-Christian

Hienz, der den Internet-Auftritt der HOG Rei-

chesdorf betreut.

Nicht zuletzt ein Dank an alle Mitglieder des

Vorstandes, die zum Gelingen dieses Treffens

beigetragen haben.

Im Folgenden berichtete Susi Riemesch von

den zur alten Heimat Reichesdorf zu bauenden

Brücken. Wiederholt, zwischen den Reichesdor-

fer Treffen hier in Deutschland, gibt es die Tref-

Page 10: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

10

fen in Reichesdorf, die immer mehr an Beliebt-

heit gewinnen. Auch plädierte sie für die materi-

elle Unterstützung der vor Ort tätigen Organisati-

onen beim Erhalt der kirchlichen Bauten und des

Friedhofes.

Der Bericht des Kassiers (begründete Abwesen-

heit) und der Prüfer wurde als vorgetragen be-

trachtet, da er ausführlich im Boten präsentiert

wurde.

Turnusgemäß stand dieses Jahr nun die Wahl

eines neuen Vorstandes an. Heinrich Bruckner

wurde als Wahlleiter bestellt. Ihm zur Seite wur-

den noch Edith Hügel und Heidi Stolz gewählt.

Bevor aber die Wahl fortgesetzt wurde, wurde

der alte Vorstand einstimmig entlastet.

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern des alten

Vorstandes, die sich bereit erklärten, auch für

die nächste Amtsperiode bereit zu stehen, wurde

per Handheben wie folgt gewählt:-

Werner Meyndt – Vorsitzender, Susanna Rie-

mesch – Schriftführerin und Ernst Kloos- Kas-

sier (in Abwesenheit), wurden einstimmig ge-

wählt.

Nach Ablauf des offiziellen Teils gab es tolle

Musik und sehr gute Stimmung. Eine kleine

Gruppe junger Frauen präsentierte einen

Sketch, der zur Belustigung beitrug. Das Fest

hielt bis spät in die Nacht an.

Am Sonntagmorgen hieß es Abschied nehmen

mit dem Versprechen, die eben aufgebauten

Brücken zu pflegen und zu den daheim geblie-

benen neu aufzubauen.

Hans Alzner

Reichedorfer Treffen

Reichesdorfer Treffen war angesagt,

wie hat uns Wochen vorher die

Erwartung geplagt!

Wir konnten es kaum erwarten unsere

Reise zu starten.

Ja, wir machen eine Reise,

eine Reise machen wir!

Wer wird heute nun dabei sein,

Ja wer, dass sehen wir.

Ich weiß nicht, wie es mir geschah,

doch plötzlich war die Begrüßung –

Umarmung, die Wiedersehensfreude da.

Ich spürte den Atem, die Berührung jeder Brust.

Da! plötzlich wurde mir bewusst:

Hier ist Heimat! Wo Menschen

sich friedlich umarmen und freuen,

Ja, hier kann wohl auch Heimat sein!

Geschafft war nun die erste Hürde,

das erste Glas geleert in Würde.

Wir danken dem Vorstand für die

Einsatzbereitschaft

und hoffen weiter auf gute Freundschaft.

Die vielen Trachtenträger, ob Frau oder Mann

Macht weiter so und denkt daran,

unser Brauch soll nicht verloren gehen,

denn ihr wart alle wunderschön!

Als von dem Chor das Lied erklang

„Führe uns, Heiland, an liebender Hand

durch dieses Leben zum himmlischen Land“,

da wurde so manchem Herze wohl bang,

eine Weile die Alltagssorgen vergessen,

und heimlich ein paar Tränen vergießen.

Es wurde viel gelacht und gesungen,

dann das Tanzbein kräftig geschwungen,

Mitmachen, dabei sein

und sich von Herzen freuen.

Page 11: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

11

Wir haben diese Zeit genossen!

Es nahte sich der Abschied,

ein paar Tränen flossen,

noch eine Umarmung, es war so schön!

Bis in zwei Jahren, Auf Wiedersehn!

Folgender Spruch kam mir noch zu Ohren:

So ist der Lauf der Welt, es stirbt, was uns

gefällt!

Doch was uns widerstrebt, das hocket da und

lebt!

Katharina Mätz

Gegen das Vergessen

Vor ein paar Wochen haben wir mit Bedauern

erfahren, dass unser Vorsitzender und unsere

Schriftführerin zurückgetreten sind. Nach mehr-

fachem Nachfragen wurde uns auch gesagt,

warum und wir müssen sagen, dass wir das

nachvollziehen können!

In unserer Satzung ist festgelegt, dass Reiches-

dorf unterstützt werden soll. Auf dem Reiches-

dorfer Treffen im Mai haben wir auch abgestimmt

darüber, dass ein paar Projekte finanziell unter-

stützt werden sollen, die Mehrheit stimmte dafür.

Dies wird nicht eingehalten, da der erweiterte

Vorstand in dieser Sache eine ablehnende Hal-

tung hat. Wieso? Wieso hat der erweiterte Vor-

stand überhaupt ein Stimmungsrecht, mit so

vielen Stimmen? Sie wurden von den Mitgliedern

der HOG NICHT gewählt! Wir, die Mitglieder,

wussten nicht, dass jeder einzelne im erweiterten

Vorstand eine Stimme hat! Wieso eigentlich?

Nach unserer Erkenntnis sollte der erweiterte

Vorstand den Vorsitzenden unterstützen! Wir

hatten volles Vertrauen in unseren Vorsitzenden!

Wieso hatte der Kassier, nachdem er in Abwe-

senheit wiedergewählt wurde, nach den Wahlen

abgedankt? Und jetzt ist er doch zurück? Was

macht ihr dort für eine Vetternwirtschaft? Wir

erwarten ein paar Antworten im nächsten Boten,

da wir sonst aus der HOG austreten werden!

Wir besuchen unser Dorf nicht regelmäßig, aber

wir wissen, dass sich dort etwas tut und das

sollten wir unterstützen. Wozu brauchen wir

denn sonst diese HOG? Für unsere Mitgliedsbei-

träge? Den Boten? Die Treffen? Und was mit

dem Dorf ist, ist uns egal? Lieber erweiterter

Vorstand, fahr mal hin, denk mal darüber nach,

wenn du singst „Rechesderf, men Harzgemin“

und wenn du dabei nichts fühlst für dein Heimat-

dorf, darfst du nicht für uns sprechen!

Lieber Meck, wir danken dir für die vielen Jahre

als Vorsitzender! Liebe Susi, auch dir Danke! Wir

schicken dir diesen Brief, damit du ihn korrigierst

und an Hein weiterleitest. Danke Hein, dass du

unseren Text druckst!

Allen Reichesdorfern wünschen wir „Frohe Weih-

nachten und einen guten Rutsch!“

Die besorgten Reichesdorfer!

Page 12: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

12

Predigt Reichedorfer Treffen 2015

4. Sonntag nach Trinitatis

Lukas 6,36-42

36 Seid barmherzig, wie auch euer Vater barm-

herzig ist.

37 Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht

gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht

verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.

38 Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, ge-

drücktes, gerütteltes und überfließendes Maß

wird man in euren Schoß geben; denn eben mit

dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch

wieder messen.

39 Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann

auch ein Blinder einem Blinden den Weg wei-

sen? Werden sie nicht alle beide in die Grube

fallen?

40 Der Jünger steht nicht über dem Meister;

wenn er vollkommen ist, so ist er wie sein Meis-

ter.

41 Was siehst du aber den Splitter in deines

Bruders Auge, und den Balken in deinem Auge

nimmst du nicht wahr?

42 Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt

still, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Au-

ge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken

in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den

Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, dass

du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!

1. Ob Jesus auch manchmal einkaufen gegan-

gen ist? Warum eigentlich nicht? Mit dem Bild

von einem übervollen Maß, wie es beim Abwie-

gen von Getreide zum Einsatz kam, schildert

Jesus eine vertraute Szene aus dem Alltag, die

seine Hörerinnen und Hörer vermutlich auch

kannten. Das Abwiegen von Getreide mit einem

damals üblichen Hohlmaß.

Mit diesem Bild beschreibt Jesus Gottes Barm-

herzigkeit.

Da wird gedrückt und geschüttelt und immer

noch mehr hinzugefügt, da wird das Behältnis

fest auf den Untergrund aufgeschlagen, damit

der Inhalt sich verdichtet und so noch einmal

mehr hineinpasst; so lange bis das Maß über-

läuft.

So großzügig ist Gott uns gegenüber, sagt Je-

sus, so barmherzig. Genau so, sagt er, sollt auch

ihr miteinander umgehen.

Seid barmherzig wie auch euer Vater im Himmel

barmherzig ist.

Soviel Großzügigkeit ist den Menschen damals

vermutlich nur selten begegnet. Die Zeiten waren

hart, Lebensmittel teuer. Gerade vor diesem

Hintergrund tritt die Großzügigkeit dieses über

jedes Maß hinaus Gebens deutlich hervor.

2. Solcherart Großzügigkeit begegnet auch heu-

te eher selten. Zwar gibt es allenthalben Sonder-

angebote und doch gibt es fast alles, was wir für

den täglichen Bedarf brauchen in festen Größen.

Abgemessen und gewogen. Sogar die Größe

und die Form des Apfels, den man im Super-

markt kaufen kann, entsprechen solchen festge-

legten Normen. Auf jeder Lebensmittelverpa-

ckung ist genau vermerkt, wie viel drin ist. Füll-

höhe, Nettoeinwaage und Abtropfgewicht.

Ein Wochenmarkt bietet da oft noch ein anderes

Einkaufserlebnis. Da kann die Kundin auch heu-

Page 13: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

13

te bisweilen noch selbst in die Tasche füllen,

was und wie viel sie haben möchte. Und manch-

mal fragt der Händler: Darf es etwas mehr sein?

Natürlich kommt er dann mit dem Preis entge-

gen. Oder die Marktfrau packt noch etwas oben

zu. Sie weiß: Es kann lohnend sein, die Kunden

großzügig zu bedienen, denn dann kommen sie

wieder. Weil sie günstig eingekauft haben und

weil es Freude macht, großzügig bedacht zu

werden.

Natürlich hat es Vorteile, wenn man sich darauf

verlassen kann, dass Handelsgüter genormt

sind. Das schützt vor Betrug und macht Preis

und Leistung vergleichbar. Schöner ist es aber,

wenn es in der persönlichen Begegnung anders

möglich ist. Wenn Maß und Norm auch einmal

außer Acht gelassen werden.

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmher-

zig ist. Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht

gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht

verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.

Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, ge-

drücktes, gerütteltes und überfließendes Maß

wird man in euren Schoß geben; denn eben mit

dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch

wieder messen.

Barmherzigkeit, ebenso wie Großzügigkeit sind

Haltungen, die den, der sie erfährt, nicht unbe-

rührt lassen. Sie können ansteckend wirken.

Der Volksmund weiß: „Wie man in den Wald

hineinruft, so schallt es auch heraus.“ Jesus

sagt: Gott ruft als erster in den Wald hinein. Von

ihm her kommt uns alle Liebe und Barmherzig-

keit zuerst entgegen. Daran sollen sich Christin-

nen und Christen, Jüngerinnen und Jünger Jesu,

orientieren. Denn Gottes Barmherzigkeit soll sich

fortsetzen in der Barmherzigkeit der Menschen

untereinander. So kann die Barmherzigkeit der

Menschen dann wiederum zum Zeugnis werden

für die Barmherzigkeit Gottes.

3. Ganz so einfach funktioniert es in der Praxis

leider nicht. Das wusste auch Lukas. Im 6. Kapi-

tel seines Evangeliums, aus dem unser Predigt-

text entnommen ist, fasst er Jesusworte in der

so genannten Feldrede zusammen. Worte, die

der Gemeinde helfen sollen, mit ihren Gegnern,

aber auch miteinander umzugehen. Die Feldre-

de ist so etwas wie ein ethisches Grundsatzpro-

gramm für das Gottesreich, das mit Jesu Wirken

schon angebrochen ist. Die Feldrede stimmt in

Teilen mit der Bergpredigt des Matthäus über-

ein, sie setzt an manchen Stellen andere Akzen-

te.

Zentrale Fragen des Zusammenlebens stellten

sich in den christlichen Gemeinden zur Zeit des

Lukas genau wie heute. Wie soll man mit Ver-

fehlungen einzelner Gemeindeglieder umge-

hen? Wie mit Verletzungen, die der eine dem

anderen zufügt? Wer hat wem etwas zu sagen,

wer wem etwas vorzuschreiben, wenn es um

Fragen des Glaubens geht? Und wie können wir

Kritik üben und mit ihr umgehen, zumal wenn es

um die Frage geht, was christlich, was unchrist-

lich, was richtig und was falsch ist?

Jesus ermutigt dazu, großzügig miteinander

umzugehen. Barmherzig zu sein, nicht zu rich-

ten, nicht zu verdammen, zu vergeben und zu

geben und zwar reichlich. Orientiert euch dabei

an Gott, der genauso mit euch handelt. Das ist

wohl die wichtigste Aussage in diesem Textab-

schnitt.

Die folgenden zwei Gleichnisse illustrieren die

Page 14: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

14

Notwendigkeit, sich an Gott beziehungsweise an

der Lehre Jesu zu orientieren, ziemlich drastisch:

Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann

auch ein Blinder einem Blinden den Weg wei-

sen? Werden sie nicht alle beide in die Grube

fallen? Der Jünger steht nicht über dem Meister;

wenn er vollkommen ist, so ist er wie sein Meis-

ter. Was siehst du aber den Splitter in deines

Bruders Auge und den Balken in deinem Auge

nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu

deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will den

Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst

selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du

Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem

Auge und sieh dann zu, dass du den Splitter aus

deines Bruders Auge ziehst!

Zwei Gleichnisse, die beide etwas mit der Wahr-

nehmung und der Selbstwahrnehmung Einzelner

zu tun haben. Dabei geht es um mehr, als nur

um mangelnde Einsicht oder Selbstkritik. Son-

dern um das Ausblenden der göttlichen Sichtwei-

se, der Maßstäbe Gottes.

Ein Blinder kann keinen Blinden führen – ein

Schüler kann sich nicht über seinen Meister

stellen. Will sagen: Wer in der Gemeinde ande-

ren Wegweisung geben möchte, kann das nur

tun, indem er selbst der Wegweisung seines

Meisters, Jesus, folgt. Wer sich selbst als morali-

sches Vorbild ansieht und aus dieser Position

heraus andere kritisiert, muss sich fragen lassen:

Wie hältst du es mit den Maßstäben, die Gott an

dich anlegt und von dir fordert? Wie hältst du es

mit der Barmherzigkeit? Folgst du noch dem

Jesus, der Sünder nicht verdammt, sondern

ihnen die Möglichkeit zur Umkehr eröffnet hat?

Oder folgst du vor allem deiner eigenen Moral

oder der, die du dir selber zugute hältst? Dann

hast du um ein heutiges Bildwort zu gebrauchen,

ein gewaltiges Brett vor dem Kopf.

Machen wir uns nichts vor: Nichts ist einfacher,

als in die Rolle eines Richters zu geraten. Tren-

nungen, Ehescheidungen, Familiengeschichten

um vernach-lässigte Kinder oder alte Eltern, bis

hin zum Übergewicht oder dem Alkoholkonsum.

Geschichten wie diese finden sich überall. Und

wie schnell stimmt man selbst ein in den Chor

derer, die es schon immer gewusst haben und

bei Eintreten des Vorhergesagten genussvoll die

Schuldfrage verhandeln. Gern auch mit dem

Zusatz: Und christlich ist das alles auch nicht.

4. Ob Jesus manchmal einkaufen gegangen ist?

Er und seine Jünger waren sicher häufig auf die

Großzügigkeit anderer angewiesen. Ganz sicher

gab es auch zu Jesu Zeiten schon Händler, die

trotz der harten Zeiten großzügig abmaßen.

Noch mehr zu geben, soviel, dass das Getreide-

maß überläuft, konnte sich vermutlich damals

kein Getreidehändler so ohne weiteres leisten.

Die Zeiten waren hart, die meisten Leute muss-

ten sehen, wie sie sich über Wasser halten. In

solchen Zeiten ein Maß bis zum Überlaufen zu

füllen, war mehr als eine schöne Geste. Kaum zu

glauben, werden die Jünger vielleicht gedacht

haben, dass jemand so etwas tut. Und doch

sagte Jesus, wird Gott euch genauso zumessen.

Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überflie-

ßendes Maß wird man in euren Schoß geben;

denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird

man euch wieder messen.

Auch heute, in unserer Alltagswelt, in der so

vieles abgewogen und genormt ist, brauchen

Menschen die Erfahrung, dass es auch anders

geht. Dass es möglich ist, nach anderen Maßstä-

Page 15: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

15

ben behandelt zu werden, als nur nach dem, was

recht und billig wäre.

Nach Gottes Willen darf es gern etwas mehr

sein: Mehr Barmherzigkeit, mehr Großzügigkeit,

mehr Geben. Die Frage nach Maß und Gewicht

können wir dabei ruhig mal außer Acht lassen.

Gott macht es ja schließlich auch. Amen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle

Vernunft ,bewahre eure herzen und Sinne in

Christus Jesus, unserm Herrn. Amen.

EG-Nr. 543 (Württembergisches Gesangbuch)

Geh unter der Gnade,

geh mit Gottes Segen;

geh in seinem Frieden,

was auch immer du tust.

Geh unter der Gnade,

hör auf Gottes Worte;

bleib in seiner Nähe,

ob du wachst oder ruhst.

Strophen

1. Alte Stunden, alte Tage

lässt du zögernd nur zurück.

Wohl vertraut wie alte Kleider

sind sie dir durch Leid und Glück.

2. Neue Stunden, neue Tage

zögernd nur steigst du hinein.

Wird die neue Zeit dir passen?

Ist sie dir zu groß, zu klein?

3. Gute Wünsche, gute Worte

wollen dir Begleiter sein.

Doch die besten Wünsche münden

alle in den einen ein:

EG-Nr. 649 (Württemberg)

1. Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen,

gib mir den Mut zum ersten Schritt.

Laß mich auf deine Brücken trauen,

und wenn ich gehe, geh du mit.

2. Ich möchte gerne Brücken bauen,

wo alle tiefe Gräben sehn.

Ich möchte hinter Zäune schauen

und über hohe Mauern gehn.

3. Ich möchte gern dort Hände reichen,

wo jemand harte Fäuste ballt.

Ich suche unablässig Zeichen

des Friedens zwischen Jung und Alt.

4. Ich möchte nicht zum Mond gelangen,

jedoch zu meines Feindes Tür.

Ich möchte keinen Streit anfangen;

ob Friede wird, liegt auch an mir.

5. Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen,

gib mir den Mut zum ersten Schritt.

Laß mich auf deine Brücken trauen,

und wenn ich gehe, geh du mit.

Liturgische Vorschläge

Tagesgebet: Gütiger Gott, Mutter der Barmher-

zigkeit, Du gibst gern reichlich. Du beschenkst

uns großzügig mit Deiner Gnade und vielen

anderen Gaben. Hilf uns, dass auch wir lernen,

großzügig zu sein, selbst dann, wenn uns je-

mand Unrecht tut, selbst dann, wenn jemand

vielleicht selbst schuld ist am eigenen Elend. Dir

und Deinem Urteil dürfen wir alles anvertrauen,

was unter uns unvollkommen ist. Dafür danken

wir Dir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, un-

seren Bruder und Herrn.

Amen.

Fürbitten: Lieber Vater im Himmel, weil Du barm-

herzig bist, hast Du uns geboten, willst Du, dass

auch wir Lasten teilen, einander vergeben

und auch untereinander barmherzig sind. Durch

Jesus Christus hast Du uns gezeigt, wie tief

Deine Liebe und Barmherzigkeit in das Leben

Page 16: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

16

von jedem von uns hineinreicht. Wir bitten Dich,

stärke und ermutige uns dazu, dieses Zeugnis

Jesu weiter zu tragen, hinein in eine Welt, in der

viele Menschen nie erleben, was Barmherzigkeit

ist. Es liegt auch an uns, und an der tätigen Hilfe

und Nächstenliebe vieler mutiger Christinnen

und Christen überall auf der Welt, wenn Men-

schen Deiner Liebe heute noch glauben können.

Wir bitten Dich, sei denen nahe, die den Glau-

ben an Deine Liebe und Barmherzigkeit verloren

haben, weil sie nicht wissen, wie es weiter ge-

hen soll, weil ihnen Unrecht getan wurde, weil

sie von Menschen im Stich gelassen wurden,

weil sie allein mit Krankheit oder Kummer fertig

werden müssen. Hilf uns, dass wir denen nicht

aus dem Weg gehen, die uns brauchen. Und

lasse uns nicht vorschnell über die urteilen, die

es uns schwer machen. Lasse uns teilhaben an

der Freude, mit der Du gibst, lasse uns immer

wieder froh werden über alles, was uns und

unseren Mitmenschen unverdient zu Gute

kommt. Amen.

Pfarrer Harald Schneider

Das 14. Reichesdorfer Treffen

aus der Sicht des damaligen Vorsitzenden.

Stellt Euch vor, ich war schon vierzehnmal beim

Reichesdorfer Treffen dabei, ich habe keines

ausgelassen! Ist das nun gut oder schlecht? Und

wer kann das noch von sich behaupten? Einen

Nachteil hatte ich als Vorsitzender, ich konnte

nicht sagen, dieses Treffen lasse ich mal ausfal-

len, diesmal fahre ich nicht hin!

Nun hattet Ihr, die Anwesenden, mich einstimmig

wieder zum Vorsitzenden der Reichesdorfer

HOG gewählt. Sollte ich stolz darauf sein oder

enttäuscht? Ich hatte ja noch nie eine Abstim-

mung gewonnen, in der auch ein Gegenkandidat

sich hatte aufstellen lassen! War das nun ein

Zeichen, dass ich bisher alles richtig gemacht

hatte, oder stellt sich bloß keiner hin, weil er sich

die Arbeit nicht antun möchte?

Dieses Treffen war für mich das entspannteste!

Ahornhotel Friedrichroda organisiert alles sehr

perfekt und zuverlässig, sodass nicht mehr viel

Arbeit vor Ort wartet. Anmeldungen laufen alle

über das Hotel, der Verantwortliche wird über die

Anmeldungen informiert, läuft alles wie am

Schnürchen!

Dann das Treffen. Freitag Anreise, gleich ins

Panoramarestaurant, da trifft man ja immer Rei-

chesdorfer. Ein bisschen reden über dies und

das, dann eine kleine Vorstandssitzung, um die

Dinge des folgenden Tages zu erörtern.

Samstag der große Tag! Na ja, was soll denn

schon schiefgehen, war ja alles perfekt organi-

siert! Von wegen! Als Hans Hügel und ich um

13.00 Uhr vor verschlossener Kirche standen

und um 13:15 immer noch niemand zum Auf-

sperren eintraf, lief es mir schon heiß und kalt

über den Rücken. Die Leute befanden sich

schon auf dem Fußmarsch vom Hotel zur Kirche

und Hans hatte auch noch nicht mal die Orgel

ausprobiert! Doch zum Glück, nach einigen Fra-

gen in den umliegenden Geschäften, hatten wir

Page 17: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

17

die Adresse der Mesnerin herausbekommen.

Diese wusste nichts von einem Gottesdienst und

sagte uns, dass der Pfarrer sogar verreist sei!

Der Pfarrer hatte den Termin verschwitzt und ich

habe versäumt, vorher nochmal nachzufragen!

Doch nach gutem Zureden von Hans Hügel

rückte die Mesnerin den Schlüssel der Kirche

heraus und so haben wir alle einem schönen

Gottesdienst beiwohnen können, ohne dass

jemand etwas von dem Malheur mitbekommen

hat!

Das Treffen verlief dann reibungslos mit einigen

kurzen Ansprachen, mit der Wahl, mit einigen

Abstimmungen über ja oder nein. Danach der

unterhaltsame Teil mit Musik und Tanz bis in die

frühen Morgenstunden! Zwischendurch ein ge-

lungener Sketch, welcher mich und auch alle

Anwesenden sehr erfreut hat und welcher auch

sehr gut angekommen ist! Hiermit möchte ich

nochmal der Regisseurin und Mitspielerin Susi

Riemesch und den Laienschauspielern Kathi

Roth, Frau von Georg Roth; Renate Hartmann,

Frau von Martin Hartmann; Edith Hügel, Regina

Hartmann und Edda Nemenz herzlich danken

und sagen: Macht weiter so!

Am nächsten Morgen gab es noch ein reichhalti-

ges Frühstück und dann ein Verabschieden bis

in die Mittagstunden!

Meck

Liebe Reichesdorfer

Ich möchte mich auf diesem Wege bei euch

allen für das mir entgegen gebrachte Vertrauen

bedanken.! Ich bin nun nicht mehr im Vorstand

der HOG tätig, was mir einerseits leid tut, aber

andererseits eine unvermeidbare Schlussfolge-

rung der Geschehnisse rund um Reichesdorf

war. In unserer HOG ist laut Satzung die Mitglie-

derversammlung für Beschlüsse zuständig und

ein gewählter Vorstand hat die Pflicht, diese

durchzuführen. Meiner Meinung nach wurde die

Satzung wiederholt missachtet und meine Be-

denken darüber stießen auf taube Ohren, folg-

lich konnte ich die Verantwortung nicht länger

mittragen!

Weiterhin wichtig ist mir alles rund um Reiches-

dorf und die Reichesdorfer, unabhängig deren

Mitgliedschaft in der HOG. Deshalb werde ich

mich auch in Zukunft gerne bei der Gestaltung

des Reichesdorfer Boten und unserer Treffen in

Friedrichroda und Reichesdorf einbringen, ge-

treu dem Motto ¨Brücken bauen¨.

Reichesdorf feiert nächstes Jahr ein ganz

besonderes Jubiläum- unser altes Reiches-

dorfer Wappen wird 500 Jahre alt! Angesichts

der kurzen Reise, die ein Menschenleben ist, ein

beeindruckendes Bestehen! Nehmen wir es als

Anlass, dieses Ereignis gemeinsam in Reiches-

dorf zu feiern! Seid dabei!

Um ein paar unvergessliche Tage in Reiches-

dorf zu erleben, habe ich, gemeinsam mit wun-

derbaren Menschen dort, ein kleines kulturelles

Programm geplant: Übernachtung im Heu mit

Betreuung, Workshops in der alten Schreinerei

Page 18: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

18

bei Christian Rummel, Filzwerkstatt im Saal,

Webstuhlschule mit Helen, Weinprobe, gemein-

sames Kochen, Kutschfahrten… und natürlich

Feiern! Genauere Informationen ergehen nach

Anmeldung zu einem späteren Zeitpunkt. Wer

gerne dabei sein möchte, soll sich telefonisch bei

mir anmelden. Tel. Susi 07133/ 964816

Auch bei der Suche nach Übernachtungsmög-

lichkeiten kann ich gerne behilflich sein.

04.—08. August 2016 Nun wünsche ich euch ein besinnliches Christ-

fest im Kreise eurer Lieben und ein gesundes

Jahr 2016!

Susanna Riemesch Wachsmann

Email: [email protected]

Mobil: 0179 1386674

Eine Hommage an ALT - REICHESDORF

Es ist das Reichesdorf meiner frühen Kindheit

und dauerte bis zu meinem 12. Lebensjahr.

Plötzlich war da nichts mehr so wie früher, wie

vorher. Heute möchte ich aber nicht über jene

verhängnisvolle Zeit sprechen, welche ab Herbst

1944, die in Jahrhunderten gewachsenen sie-

benbürgisch-sächsischen Strukturen, jene ein-

malige Ordnung, für immer zerstörte.

Nein, nicht über jene Zeit, welche die heutige

mittlere und jüngere Generation gekannt und

erlebt hat. Heute möchte ich einiges über das

Reichesdorf meiner Kindheit berichten, so wie

es heute noch in der Erinnerung der über Acht-

zigjährigen lebt.

Da war ein Dorf, unter vielen sächsischen, in

welchem in unermüdlichem Fleiß gearbeitet

wurde. Der Ertrag der harten Feldarbeit wurde in

den vollen Erntewagen eingebracht. Die Scheu-

ne, der Keller, der Dachboden wurden mit den

Früchten der Arbeit gefüllt. Die Gespanne und

Wagen ächzten unter der Last des Ertrages. Die

hochbeladenen Heuwagen und jene mit den

goldenen Weizengarben konnten sich kaum

unter den hochgewölbten Torbogen hindurch-

zwängen. Die Kartoffeln, der Mais und noch so

vieles mehr, wurde geerntet und eingebracht.

Als Krönung des Erntejahres, wie hätte es in

einem Winzerdorf auch anders sein können, war

die Weinlese. Die vollen Bütten mit der Trauben-

maische wurde zur Kelter gebracht, welche zu

jedem Hof dazugehörte.

Vor meinem inneren Auge werden jene damali-

gen Bauerngestalten wieder lebendig. Der Kirch-

gang an Sonn-und Feiertagen, wo Männer und

Frauen, einheitlich gekleidet in dunkeln Kirchen-

Page 19: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

19

gewändern, nach einer arbeitsreichen Woche

dem Ruf der Kirchenglocken zum Gottesdienst,

folgten. Ich habe sie gesehen und erlebt. Harte,

schwielige Bauernhände falteten sich zum Gebet

und baten um Gottes Segen für die Ernte. Zum

Klang der Orgel sangen die Männer und Frauen,

die konfirmierte Jugend, welche der Bruderschaft

und Schwesternschaft angehörte und auch wir

Kinder sangesfreudig des Herren Lob. Manch

einer im Männergestühl sitzende mag auch kurz

eingenickt sein, denn die Mühe der vergangenen

Woche lastete noch auf ihnen.

Am späten Sonntagnachmittag sah man diese

beeindruckenden Bauerngestalten im Halbkreis

stehend, unter der alten Linde, bei der Brücke in

der Marktecke, Gespräche führen. Es waren

wohl keine Streitgespräche. Wir Kinder, welche

am Marktplatz oder beim nahen Transformator-

turm (Seta­Turm) spielten, haben nie streitende

Stimmen gehört.

Ich frage mich immer wieder, warum mich diese

Menschen so beeindruckt haben? Hat das etwas

mit meiner damaligen Perspektive zu tun? Sie

groß, ich klein. Ich glaube nicht, denn man muss-

te zu ihnen "aufblicken"!

Bestimmt hat es damals auch so manche

Schwierigkeiten, so manche Sorge gegeben.

Nicht in jedem Jahr wurde die harte Arbeit be-

lohnt. Frost, zu viel Regen, Hagel oder auch

Dürre konnten den Ertrag schmälern oder sogar

vernichten. Gute und schlechte Jahre gab es

wohl schon immer, jedoch wurde dadurch der

Arbeitseifer nicht geringer, sondern man strengte

sich noch mehr an.

Der Herr Pfarrer, der Herr Lehrer, der Herr Notär,

der Herr Richter waren absolute Respektperso-

nen, an welchen wir Kinder vorbeigehend und

nicht entsprechend zu grüßen, fast einem Sakri-

leg gleichkam! Allen Erwachsenen, allen alten

Menschen begegnete man respektvoll. Ich kann

mich nicht erinnern, meinen Eltern frech geant-

wortet zu haben. Auch als Erwachsener nicht.

Dieses wird wohl in den meisten Familien so

gewesen sein. Meine Eltern waren nicht beson-

ders streng, aber meines Vaters Wort galt. Bei

meiner liebevollen Mutter bin ich wohl manchmal

auch beratungsresistent gewesen sein, aber nie

frech.

Die Feldarbeiten wurden bis zum 15. November,

mit dem Unterlegen (Eingraben) der Rebstöcke,

um diese vor Frost zu schützen, beendet. Der

Reichesdorfer Jahrmarkt am 15. November war

immer ein freudiges Ereignis, besonders für uns

Kinder. Der Schulunterricht dauerte an diesem

Tag nur bis 10 Uhr. Schnell nach Hause, die

Sparbüchse, hier Sparschwein genannt, wurde

etwas erleichtert. Die Eltern steuerten auch ei-

nen Geldbetrag bei, um unsere „Kaufkraft“ zu

erhöhen. Die Ermahnung, mit dem Geld spar-

sam umzugehen, entsprang keineswegs der

Knausrigkeit, sondern war Teil der Erziehung.

Was es an diesem Jahrmarkt alles gab! Noch

heute, in meinen späten Jahren, könnte ich ins

Schwärmen geraten! Noch kein Kaufhaus hier

konnte bisher jene damalige Faszination errei-

chen. Ich sage kurz: „es war wunderschön!", um

mich nicht in altersbedingter Weitschweifigkeit in

meinen Erinnerungen zu verlieren.

Nun wurde das Dorfleben etwas geruhsamer.

Arbeit gab es auf einem Bauernhof immer, auch

im Winter. Urlaub für den Bauern war etwas

Unbekanntes. Das Vieh musste versorgt, die

Schweine, das Federvieh, selbst Hofhund und

Page 20: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

20

Katze wollten zu ihrem Recht kommen.

Die Frauen holten den Spinnrocken hervor um

den Hanf zu spinnen. Nachher kam dann der

Webstuhl in die große Winterküche, (zum Unter-

schied von der Sommerküche), und es wurde

fleißig gewebt. Kurz vor Weihnachten kam dann

der Webstuhl hinaus und wurde erst nach dem 6.

Januar, dem Heiligen Dreikönigstag, wieder her-

eingeholt und aufgestellt. Dann wurde weiterge-

webt. Heute, wenn ich diese schönen Tischtü-

cher, Handtücher und die andern Webearbeiten

betrachte, erfasst mich ein Gefühl großer Dank-

barkeit und ich verneige mich in Gedanken vor

diesen geschickten und fleißigen Frauenhänden!

Die Männer schlugen im Winter Bäume für das

Brennholz des nächsten Jahres, fuhren Dünger

in die Weinberge, oder rigolten Berghänge für

neu anzulegende Weingärten. Während der

Winterzeit wurden viele große Hochzeiten gefei-

ert und man ließ sich nicht lumpen. Der Sitttag

der Nachbarn und das anschließende Nachbar-

schaftsfest waren die Ereignisse des Dorflebens.

Bei einem gelegentlichen Besuch vor vielen

Jahren des alten Reichesdorfer Friedhofes hat

sich mir besonders der Spruch auf einem Grab-

stein eingeprägt.

Da stand: „Hier ruhen nach langem köstlichen

Leben“ - es folgten die Namen und Daten der

Verstorbenen. Sofort stellte ich mir die Frage,

was kann in einem langen, arbeitsreichen, mühe-

vollen, harten und auch von Sorgen geprägten

Bauernleben köstlich sein?

Gleich, weiterlesend, wurde ich eines Besseren

belehrt. Etwas weiter unten las ich nach Psalm

90,10, welcher etwas wörtlich, aber nicht inhalt-

lich leicht geändert war, folgendes:

"Des Menschen Leben währet 70-80 Jahr

und köstlich ist's gewesen

wenn's Müh und Arbeit war."

Nun wusste ich was mit „köstlichem Leben" ge-

meint war!

Dieses sind nur Bruchstücke meiner Erinnerun-

gen an jene Zeit, als alles anders war.

Der große rumänische Historiker Nicolae lorga

(1871-1940) sagte, unter anderem, in einem in

der Zeitschrift" Die „Karpathen„ veröffentlichten

Artikel, im Jahre 1909, folgendes:

„Die siebenbürgische Erde, in kultureller Hinsicht

so unverkennbar vom sächsischen Fleiß ge-

prägt, kann für 210.000 Menschen, die Anstän-

digkeit, Arbeit, Sparsamkeit und Sinn für Gerech-

tigkeit und Ideale verkörpern, nicht zu eng

sein" (Ende des Zitates)

Wohl hat unser kleines Sachsenvölkchen, im

Laufe seiner Geschichte, manche Härte und

Schwere wie Krieg, Zerstörungen, Verwüstung

und so manche Seuche ertragen und überleben

müssen, doch die Scholle, welche Lebensgrund-

lage und Heimat war, immer ihr Eigen blieb. Was

nachher, nachdem Grund und Boden weg wa-

ren, geschah, haben wir erlebt. Reichesdorf steht

noch immer dort, wo es seit Jahrhunderten

stand. Wo sind aber jene ertragreichen Rebhän-

ge, wo jene voll beladenen Erntewagen geblie-

ben? Wo ist jene ökonomische Kraft unseres

einstigen Heimatortes? Es gibt sie nicht mehr.

Nur noch kurze Zeit bleibt uns Alten, diese Erin-

nerungen zu bewahren, die mit jeder folgenden

Generation immer mehr und mehr verblassen.

Wohl gibt es zahlreiche Texte und Bücher, wo

man vieles nachlesen kann, aber heute, in der

Page 21: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

21

schnelllebigen Zeit, wer wird sie lesen?

"Die Zeit, die Zeit,

ihre Reise ist weit,

sie eilt und eilt in die Ewigkeit".

Heinrich Bruckner ( 2015)

No Stress BIKE&LIKE Nr. 2

Kirchenburgen-Fahrradtour am 8. und 9. August

in der Region Mediasch

Sonntag, 02. August 2015

Der Start zur Kirchenburgen-Fahrradtour Num-

Aufmarsch in Dinkelsbühl

Die Reichesdorfer HOG möchte für nächstes Jahr eine Gruppe von Reichesdorfern fin-

den, die am

Pfingstsonntag, 15. Mai 2016

in Dinkelsbühl beim Heimattreffen der Sie-benbürger Sachsen am Aufmarsch/ Trach-

tenumzug mitmachen möchten.

Die Organisation übernimmt Edith Hügel

(Bruckner) Tel. 07133/ 6738.

Auch Gustav Maiterth kann kontaktiert

werden Tel. 08272640954

Die Reichesdorfer HOG

Bitte meldet euch bei Edith Hügel bei Fra-

gen, mit Hinweisen oder Anregungen.

mer 2 erfolgt am Marktplatz von Mediasch.—

Hermannstadt

Die Kirchenburgen-Fahrradtour im Rahmen des

Programms „Entdecke die Seele Siebenbür-

gens“ findet heuer um Mediasch statt und zwar

als Offroad-Tour am 8. und 9. August. Organi-

siert wird sie erneut in Kooperation mit der Orga-

nisation „No Stress“ und ermöglicht neue Erfah-

rungen beim Kombinieren von Fahrradrennen

mit kulturellen Events. „Bike&Like” ist als Ama-

teurwettbewerb ausgelegt, bei dem während

jeder Etappe die persönliche Zeit gemessen

wird, die nach Addieren die Gesamtzeit ergibt.

Veranstaltet werden sechs Etappen mit einer

Gesamtlänge von ca. 80 km (45 km am ersten

Tag, 35 km am zweiten Tag) mit Trinkpausen an

allen kulturellen Punkten und einer Siegerehrung

in Mediasch/Mediaş.

Foto: Hannelore Baier

Bis zu 60 Prozent der Strecke wird abseits der

Straßen gefahren über Gebiete mit Hügeln und

Wäldern von seltener Schönheit.Der Start der

Kirchenburgen-Fahrradtour Nummer 2 erfolgt

Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr am

Page 22: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

22

Marktplatz in Mediasch.

Die erste Etappe führt nach Meschen/Moşna,

von dort geht es in der zweiten Etappe nach

Reichesdorf/Richiş weiter, von dort nach

Birthälm/Biertan, um in einer vierten Etappe des

ersten Tages nach Mediasch zurückzukehren.

Am zweiten Tag wird Richtung Baaßen/Bazna

geradelt, von wo man in der sechsten Etappe

nach Mediasch zurückkommt. Gefahren wird in

unterschiedlichen Kategorien für Anfänger und

Fortgeschrittene, Frauen und Männer.Die Teil-

nehmerInnen haben die Möglichkeit, besondere

Orte, regionale, kulinarische Spezialitäten und

die Kirchenburgenlandschaft Siebenbürgens zu

entdecken.

Gestartet wird in den Etappen im Hof der einen

Kirchenburg und im Hof der nächsten Kirchen-

burg wird sie beendet, wobei einige dieser Bur-

gen in der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes

stehen, sodass bei jedem Etappenfinale eine

Sehenswürdigkeit besichtigt werden kann. Die

Bewohner der Orte werden aus der Geschichte

der jeweiligen Kirchenburg erzählen, in einigen

Ortschaften wird man ein Orgelkonzert genießen

können und bei jedem Etappenfinale werden

lokale Leckereien und Getränke angeboten.

Der heutige 1. August ist der letzte Tag für

Registrierungen und Online-Zahlungen. Weitere

Infos zu Teilnahmebedingungen und -

bestimmungen sind von der Websei-

te www.nostresstriath lon.ro zu erfahren.

Von: Hannelore Baier

22. August 2015

Erfolgreiche Bizikeltour zu den

Kirchenburgen Siebenbürgens

294 Teilnehmer radelten bei der zweiten Auflage

der Bizikeltour „Bike & Like“ am 8. und 9. August

bei 32 Grad Celsius zu fünf Kirchenburgen in

Siebenbürgen. Sieger sind Andrei Janos mit

einer Zeit von 1:30:33 und Ana-Maria Cotatea

mit 2:05:24. Gewinner sind aber alle: die Teilneh-

mer, die Kirchenburgen und die vielen freiwilligen

Helfer.

„Bike & Like“ wurde als Gemeinschaftsvorhaben

aus der Taufe gehoben, um die Kirchenburgen-

landschaft unter einer aufsteigenden Zielgruppe,

der neuen Mittelschicht Rumäniens, bekannt zu

machen. Dabei wurden sportlicher Wettkampf

mit Zeitmessung und kulturelle Besichtigungen

zu einem Paket zusammengeschnürt: eben bike

und like. Für den sportlichen Teil zeichnet der

Nostress Club aus Bukarest, der im Bereich der

Banken verankert ist, und über die entsprechen-

de Technik verfügt. Für den kulturellen Teil ist

das Projekt „Entdecke die Seele Siebenbürgens“

der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien mit

den örtlichen Kirchengemeinden verantwortlich.

„Bike & Like“ macht Station in Birthälm.

Foto: Radu Cristi

Page 23: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

23

Bei der ersten Auflage in und um Hermannstadt

wurden im vorigen Jahr 240 Teilnehmer ver-

zeichnet. 2015 gab es nicht nur nummerisch,

sondern auch inhaltlich eine Steigerung:

„Diese zweite Tour war auch in anderer Hinsicht

besser, etwa dem Gemeinschaftsabend zwi-

schen den Wettkampftagen“, erklärte Mihai

Preda, Leiter von Nostress. Den Begegnungs-

abend in Hermannstadt gestaltete Cristian Ţope-

scu, jenen in Mediasch Pfarrer Gerhard Servati-

us.Steffi von der Siebenbürgisch-Sächsischen

Jugend in Deutschland radelte kräftig mit. Die

Bizikeltour startete am 8. August aus Mediasch

nach Meschen, Reichesdorf und Birthälm und

führte am zweiten Tag aus Mediasch nach

Baaßen und zurück.

Die Straßenetappen wurden nicht gemessen,

sondern gemeinsam unter Polizeibegleitung

gefahren. Erst bei den querfeldein Wegen wurde

dann in die Pedale getreten, was nicht ohne war.

Am Ziel wurden die Teilnehmer dann gebührend

empfangen. Burgführungen, Orgelkonzert, Er-

zählungen, Hanklich, und Hühnersuppe wurde

von den Gastgebern und örtlichen Sponsoren

vorbereitet. Vernetzt wurde alles von Ioana Ve-

ltan, der Projektmanagerin des Bezirkskonsistori-

ums Mediasch.

Mit von der Partie – auf der Seite des „like“ – war

eine Helfermannschaft von der Siebenbürgisch-

Sächsischen Jugend in Deutschland und dem

Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Hei-

matortsgemeinschaften um Alfred Gökeler. Sie

unterstützen die Gastgeber dort komplementär,

wo die örtliche Kirche nicht so gut aufgestellt

war.Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă, flankiert von

Helfern der SJD und des HOG-Verbandes bei

„Bike & Like“. Foto: Monica CosoroabăBei der

Siegesfeier auf dem Mediascher Marktplatz durf-

ten sich letztendlich viele freuen, denn es gab

Preise für alle Altersgruppen im Zehnerschritt

sowohl für Männer als auch für Frauen (Wertung

siehe auf der Homepa-

gewww.nostressevents.ro). Allen voran aber,

bei der Kategorie „Open“, der 33-jährige Andrei

Janos und die 19-jährige Ana Maria Cotatea.

Gewinner ist mittelfristig aber die Kirchenbur-

gendlandschaft. Denn die Erfahrung der beiden

Ausgaben der Bizilkeltour zeigt, dass die Teil-

nehmer ihren Familien und Freunden empfehlen,

den gleichen Weg auch zu radeln und die Kir-

chenburgen zu besuchen.

Stefan Cosoroabă

Page 24: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

24

Event-Manager Hans Schuster verantwortet seit

kurzem das Veranstaltungsprogramm im Creativ

Quartier Fürst Leopold. RN-FOTO KLEIN

Wiederbelebung mit Stil

Hans Schuster ist der neue Event-Manager im

Creativ Quartier Fürst Leopold

DORSTEN. Seine Mission hat er für sich klar

umrissen: „Ich will das Gelände hier wieder-

beleben“, sagt Hans Schuster. „Denn Traum-

fänger-Galerie, Lohnhalle und Kaue sind tolle

Flächen für Veranstaltungen.“ Und deshalb

ist der neue Eventmanager des Creativ-

Quartiers Fürst Leopold guter Dinge, dass er

hier eine Menge an Angeboten schaffen

kann, „bei denen sich jeder Gast wohlfühlt“.

Nach dem Ausscheiden von Vorgängerin Tanja

van der Schors (sie ist wieder als Lehrerin tätig)

und der Neuorientierung von Traumfänger-

Galerist Nornert Then (er will sich nicht mehr mit

organisatorischen, sondern in seinem Atelier

allein mit künstlerischen Dingen beschäftigen)

hatte es in den vergangenen Monaten eine Ver-

anstaltungs-Pause im Creativ Quartier gegeben.

Diese Lücke will Hans Schuster schließen.

„Dabei soll die Kunst ein Teil des Konzeptes

sein, ob bei privaten oder bei öffentlichen Termi-

nen“, verspricht er. „Ich will dahin kommen, dass

die Traumfänger-galerie und die andern Örtlich-

keiten immer ein bestimmtes kulturelles Flair

beisteuern und vermitteln.“ Dabei stellt der neue,

in freier Funktion arbeitende Veranstaltungschef

klar: „Es wird keinesfalls jede zweite Veranstal-

tung ein Disko-Abend werden.

Sondern eine bunte und hochwertige Mischung

mit Stil, wobei der kürzlich Auszug der Hetkamp-

Galerie für mehr Raum-Möglichkeiten sorgt.

Natürlich gibt es Partys – wie „Walpurgisnacht“

am Donnerstag (30.04) als „Tanz in den Mai“ in

vier Areas der Traumfänger-Galerie (ehemaliges

Traffogebäude).

Kunst und Feierkultur

„Kunst und Feierkultur für Leute ab 25 Jahren“,

beschreibt Hans Schuster das Konzept. Die

Künstler Norbert Then und Klaus Risse öffnen

dabei ihre Ateliers, eine Schermbecker Tanz-

gruppe zeigt als „Intermezzo“ ihre Choreogra-

phien.

Karten für die Party sind zum Preis von zehn

Euro im Vorverkauf in

der Videothek „Empire“

an der Halterner Straße

ebenso zu erwerben

wie Tickets (acht Euro)

für den

Auftritt des US-Singer-

Songwriters Shane

Alexander (Foto). Der

kommt auf seiner Euro-

pa-Tournee am Diens-

tag (28.4), 20Uhr, in die Traumfänger-Galerie.

„Ein echtes Ausnahmetalent“ sagt Hans Schus-

ter.

Page 25: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

25

Ganz wichtig ist es dem Dorstener Veranstal-

tungs-Profi, auch mit lokalen und regionalen

Akteuren das Programm zu füllen. „Da kann und

will ich dann nicht groß Gewinn machen“, so

Hans Schuster. Er nennt als Beispiel die Grün-

dung der „Stiftung Graues Gold“, die hier eben-

so über die Bühne gehen soll wie die „Nacht der

Jugendkultur“ von Jugendamt und Jugendforum

oder die „Zukunfts-Landpartie“ des NRW-

Strukturförderprogramms „Regionale 2016“.

„Comedy-Nights“ in der Traumfänger-Galerie

und Sinfoniekonzerte in Zusammenarbeit mit

den Klassik-festival „Musiklandschaft Westfalen“

in der Lohnhalle stehen ebenso auf seiner Pla-

nungs-Agenda wie eine Oldtimer-Ausstellung

oder ein szeniger „Mädels-Markt“ – beides in der

Kaue. „Da könnte man besonders großartige

Sachen machen“, meint Hans Schuster, der

übrigens über zwei seiner eigenen Veranstaltun-

gen auf Fürst Leopold an den Job gekommen

ist.

Als Hochzeitsplaner tätig

Der Dorstener betreibt nämlich die Agentur

„Nightaffairs“. Die hat sich vor gut fünf Jahren in

Dorsten und Umgebung anfänglich als Party-

Veranstalter einen Namen gemacht. „Davon bin

ich aber ab“, erzählt Hans Schuster. Seit gerau-

mer Zeit ist er vornehmlich als „Hochzeitsplaner“

tätig, „Da biete ich einen kompletten und indivi-

duellen Service an, von der Auswahl des geeig-

neten Ortes, über ein Catering bis hin zu auftre-

tenden Künstlern“.

Die Hochzeiten organisiert er sogar in Paris, auf

Mallorca, aber eben auch im Creativ-Quartier.

„Auf Fürst Leopold geschah das zweimal im

prominenten Rahmen, da ist man wohl auf mich

aufmerksam geworden.“

Ein Geschäftsfeld übrigens, das er weiterhin als

Standbein behalten wird. Wobei: „Kein Hoch-

zeitspaar wird von mir gezwungen, künftig im

Creativ-Quartier feiern zu müssen“

Michael Klein

Treppenbaukurs in Reichesdorf

Interview mit dem Tischler Christian Rum-

mel: Der 29-jährige Bayer lebt und arbeitet in

seiner siebenbürgischen Wahlheimat

Vom 1. bis 12. Juli 2014 fand in Reichesdorf ein

Treppenbaukurs unter der Leitung des Tischlers

Christian Rummel statt. Der 29-jährige Bayer,

der als Wandergeselle das erste Mal im Oktober

2007 nach Hermannstadt kam, lebt seit 2010 in

Siebenbürgen und seit 2012 in Reichesdorf. Der

Treppenbaukurs fand bereits zum dritten Mal

statt, erstmals jedoch auf einem in der Dorfmitte

von Reichesdorf gelegenen siebenbürgisch-

sächsischen Hof, auf dem der gebürtige Öttinger

seine Werkstatt eingerichtet hat. Angemeldet

hatten sich fünf Wandergesellen, die extra aus

Deutschland angereist waren, sowie ein Restau-

rator des Astra-Museums in Hermannstadt, der

sich für die Kunst des Treppenbaus interessiert.

Während der zwei Wochen wohnten die sechs

Teilnehmer privat, also mit Familienanschluss,

bei seiner Ehefrau und der zweijährigen Tochter.

So begann jeder Tag bereits mit dem gemeinsa-

Page 26: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

26

men Frühstück, bevor es dann zum Unterricht

ging. Monika Schneider- Mild ist zum Treppen-

baukurs gefahren und hat mit dem Wahl-

Reichesdorfer über seinen Kurs und das Leben

in Reichesdorf gesprochen.

Der Tischler Christian Rummel (3. von links) mit

den Teilnehmern der Treppenbaukurses

in Reichesdorf.

Warum hast du dich mit deiner Familie ausge-

rechnet für Reichesdorf entschieden, und wie

gefällt es dir hier?

Hier gibt es ein sehr internationales Flair, das

gefällt uns. Außerdem ist die Architektur sehr

schön und die Leute hier sind nett. Inzwischen

sind wir in der Dorfgemeinschaft sehr gut inte-

griert– man hilft sich auch viel unter den Nach-

barn. Sagen wir es so: Ich freue mich auf jeden

neuen Tag!

Wer gehört zu deinen Arbeitgebern?

Hauptsächlich ist das die Evangelische Kirche A.

B. in Rumänien, aber es gibt auch öffentliche

Aufträge. Außerdem habe ich private Kunden,

darunter häufig Leute aus dem Ausland, aber

auch oft Rumänen, die ihre Häuser denkmalge-

recht restaurieren möchten.

Zum Kurs: Wie muss man sich deinen Unterricht

vorstellen, geht es nur um historische Techni-

ken?

Erst einmal gibt es für die

Kursteilnehmer Theorie – da

läuft der Video- Beamer

eine Woche lang. Obwohl

wir die Treppen dann selber

berechnen und auf Papier

planen, finde ich es wichtig,

auch moderne Möglichkei-

ten im Treppenbau zu erläu-

tern und zu präsentieren.

Zur grafischen Darstellung

verwende ich das Pro-

gramm „Trevoplan“.

Wie gefällt es deinen Kursteilnehmern?

Meiner Auffassung nach sehr gut. Meine Kurse

sind immer nah an der Praxis, ich überlade sie

nicht mit unnützem Wissen. Das urige Ambiente

in der zum Klassenzimmer umgestalteten Scheu-

ne kommt auch ganz gut an.

Immerhin ist das ja ein Kurs mit

„Familienanschluss". Klappt das?

Die sechs Teilnehmer wohnen bei uns im Gäste-

zimmer, sitzen bei uns mit beim Frühstück und

integrieren sich gut in Haushalt und Hof. Für uns

ist das aber nichts Ungewöhnliches, da wir so-

wieso fast permanent Freiwillige, Wandergesel-

len, Familie oder anderweitig Leute bei uns zu

Besuch haben.

Wie hat dir denn der Kurs bisher gefallen?

Page 27: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

27

Bisher funktioniert alles prima. Ganz besonders

freut mich die rumänisch-deutsche Zusammen-

arbeit zwischen den Kursteilnehmern. Zwischen-

durch ist es auch sehr lustig, denn der Restaura-

tor aus dem Astra-Museum heißt Dan und im-

mer, wenn ich im Unterricht mit den Worten „und

dann“ fortfahre, fragte er „Da?“.

Welches ist dein nächstes berufliches Projekt?

Das Einschindeln des Birthälmer Glockenturmes

mit handgespaltenen Holzschindeln. Bis dahin

arbeite ich an der Vollendung der diesjährigen

Restaurierungsarbeiten am Gebälk des Glocken-

turms. Parallel dazu ist die Instandsetzung des

Birthälmer Sakristei Daches geplant.

Wird es wieder einen Treppenbaukurs geben?

Ich mache den Kurs ja „aus Spaß an der Freu-

de“ und deshalb ist der nächste Kurs auch schon

für 2015 geplant.

Danke für das Interview und weiterhin gutes

Gelingen!

Foto: Moni Schneider-Mild

Mediziner und Sachsenbischof

Bartholomäus Bausner (1629-1682)

Ein Großteil der Verdienste des 1629 in Reps

geborenen Batholomäus Bausner, dessen Name

in der Geschichtsschreibung meist nur im Zu-

sammenhang mit seinem Wirken als Pfarrer und

Bischof erwähnt wird, liegen auf dem Gebiet der

Medizinwissenschaft.

Er darf als erster Vertreter der sächsischen

Geistlichkeit angesehen werden, der sich mit

den aufblühenden Naturwissenschaften des 17.

Jahrhunderts beschäftigte. Er starb vor 300

Jahren. Nach dem Besuch des Hermannstädter

Gymnasiums begab sich Bausner 1652 auf die

Wittenberger Universität, um sich für den Kir-

chendienst auszubilden. Nach kurzer Zeit wech-

selte er nach Leyden und Amsterdam über, wo

er sich dem Studium der Medizin und den orien-

talischen Sprachen widmete..

Bereits 1654 erschienen Bausners erste medi-

zinwissenschaftlichen Schriften in Leyden:

„Disputatio philosophica de Cordis Humani Ac-

tionibus" und „Exercitationum Metaphysicarum

Quinta". Der junge Wissenschaftler erläuterte

neue Anschauungen über die Funktion des Her-

zens. Er behauptete, dass die Zusammenzie-

hung der Vorhöfe, die vor der Kontraktion der

Herzkammern erfolgt, und die Austreibung des

Blutes aus dem Herzen Folgen der Herzsystole

sind. In einer zweiten Schrift beschäftigte er sich

mit metaphysischen Problemen. Die Bausneri-

schen Behauptungen wurden von späteren For-

schungen vollauf bestätigt.

Bausners drittes Werk, „De consensu partium

humani corporis Librl III" (Amsterdam 1656),

enthielt neue grundlegende medizinwissen-

schaftliche Erkenntnisse. Er kam zu dem

Schluss, Krankheiten seien Folgen von Organ-

verletzungen. Als Funktion der Gefäße sah er

den Bluttransport von den Organen zum Herzen

und als Aufgabe der Arterien die Erzeugung des

Page 28: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

28

Pulses an. Der Puls wieder bewirkte die Versor-

gung der Körperteile mit Blut, Nahrung und Wär-

me. Bausner unterschied venöse und arterielle

Kapillaren. Er sprach erstmals von einer kapilla-

ren Verbindung zwischen Arterien und Venen

und erwarb sich damit bleibende Verdienste um

die Medizinwissenschaft. Diese drei Bausneri-

schen Schriften sind heute noch in der Bibliothek

des Brukenthalmuseums vorhanden. 1656 nötig-

te eine Pest den Studenten, der noch in keinem

Fach promoviert hatte, Holland zu verlassen und

in die Heimat zurückzukehren.

Bis 1659 wirkte er als Prediger in Schäßburg,

anschließend als Pfarrer in Nadesch und ab

1661 als Pfarrer in Reichesdorf. Während sei-

ner Amtszeit in Reichesdorf war ihm ein schwe-

res Los auferlegt. Nachdem im Dorf die Pest

wütete, folgten Hungersnot und türkische Beset-

zung. Der junge Pfarrer nahm den Kampf mit der

Not mutig auf und zeigte dabei christliche Gesin-

nung, Begabung und Gelehrsamkeit, so dass er

bald in weiten Kreisen geschätzt wurde. Auf der

Synode von 1663, während der Bausner als

geistlicher „Universitätssekretär" im Mittelpunkt

stand, hielt er eine berühmt gewordene Rede

über kirchliche Disziplin; zugleich warf er der

sächsischen Geistlichkeit die eigenen Fehler vor;

die Sorge der Pfarrherren um den „Zehnten" sei

größer als das Bemühen, die Seelen zu bekeh-

ren und die Gemeinden zu christlichem Lebens-

wandel anzuhalten.

Seiner Gelehrsamkeit und seinem sittlichen

Ernst verdankte Bausner es, dass er 1667 zum

Generaldechanten, nach dem Tode des Bischofs

Stefan Adami (1605—1679) zum Oberhaupt der

evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen

gewählt wurde. Er vertrat den Grundsatz, dass

„Inhaber höchster Ehrenstellen Diener seien, die

im Dienste anderer sich selbst zu verzehren

hätten." 1680 begann er mit neuen Generalkir-

chenvisitationen. Was sein Wirken als Bischof

sehr stark negativ beeinflusste, war die Unent-

schlossenheit; die unter dem Zwang der damali-

gen Verhältnisse sächsische Art und Entwicklung

kennzeichnet.

Diese Zustände zu ändern war Bischof Bausner

nicht vergönnt; er starb bereits 1682, drei Jahre

nach seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt. Die

Zeit, während der Bausner seinen Kirchendienst

versah, gehörte zu den grausamsten der sächsi-

schen Geschichte. Siebenbürgen war ständig

Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen: Tür-

ken, Kaiserliche, Haiduken, Moldauer und Mag-

yaren lieferten sich eine Schlacht nach der ande-

ren, Hungersnöte und Seuchen folgten. Die Be-

freiung vom türkischen Joch sollte erst nach

1687 erfolgen, als die Kaiserlichen Siebenbürgen

zurückeroberten. Von den zwei Söhnen, die Bi-

schof Bausner hinterließ, erlangte Simon Edler

von Baußnern die Würde des Grafen der sächsi-

schen Nation und des Königsrichters von Her-

mannstadt.

Harald Roth

(15. Dezember 1987, Siebenbürgische Zeitung)

Page 29: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

29

Vor 125 Jahren wurde der siebenbürgische

Mundartdichter Ernst Thullner geboren

„Af deser lerd do äs e Lond,

si hiesch es nichen ondret“

Das „Bedürfnis nach einer passenden Lektüre

für unseren Bauernstand" und der „geistigen

Trägheit unserer

Bauern " , sowie der

„Zote in unseren

Spinnstuben" entge-

genzuwirken, habe

ihn bewogen, zur

Feder zu greifen, um

„lustige Geschich-

ten", „sächsische

Reime" und

„sächsische Schwan-

ke" zu verfassen,

schrieb er im Herbst

1892 im Vorwort

eines Bandes, den er

„sengem läwe Lie-

rer" („seinem lieben

Lehrer") Michael

Albert widmete.

Der vor 125 Jahren, am 22. 12. 1862, in Birthälm

in Siebenbürgen geborene und vor bald 70 Jah-

ren, am 5. 5. 1918, in Mühlbach gestorbene

Ernst Thullner- der Dichter eines der bekanntes-

ten Liedtexte in siebenbürgisch-sächsischer

Mundart: „Af deser lerd do äs e Lond", das zu

einer Art zweiter Volkshymne der Siebenbürger

Sachsen nach Max von Moltkes

„Siebenbürgenlied" wurde.

Es ist freilich nicht der Mundartdichter Ernst

Thullner allein, der im Jubiläumsrückblick den

Laudator anregt, sondern ebenso das Bild eines in

breiter Entfaltung mitten im Volksleben stehenden

und wirkenden Mannes, wie es sich in dieser Fülle

und Erfülltheit im Dasein der Siebenbürger Sach-

sen längst nicht mehr bietet.

Thullner, Sohn eines aus Österreich nach Sieben-

bürgen eingewanderten Arztes und einer Reiches-

dorferin, studierte

zunächst in Graz Me-

dizin, wechselte dann

aber zum theologi-

schen und pädagogi-

schen Studium in

Leipzig. Klausenburg

und Berlin über. Nach

Rektoraten an der

Agnethler Volksschule

1885-87 und an der

Mediascher Mädchen-

schule1887-90, war er

bis 1898 Pfarrer in

Dobring, danach bis

1913 in Großpold und

schließlich bis zu sei-

nem Lebensende in

Mühlhach in Sieben-

bürgen. Verheiratet war er mit Johanna Stolz.

Dechanat des Kirchenbezirks Mühlbach. Mitglied-

schaft in der Nationsuniversität der Siebenbürger

Sachsen und im Landeskonsistorium der Evange-

lischen Kirche, Leitung der Prüfungskommission

für die Seminar- und Gymnasialexamina. Mitarbeit

im Gustav-Adolf-Verein, Berufsreisen im Auftrag

der Bischofskanzlei nach Deutschland u. v. a.

prägten zusätzlich ein Leben, das nur 56 Jahre

lang, nicht allein mit Arbeit randvoll ausgefüllt war,

sondern das durch die barocke Wucht, die Gradli-

Ernst Thullner (1862-1918)

Page 30: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

30

nigkeit und unbeirrbare Menschlichkeit dieser

ungewöhnlichen Gestalt beeindruckt.

Den körperlich mächtigen Mann zeichneten Un-

verdrossenheit und Kampfesfreude in so hohem

Maße aus, wie der Sachsenbischof Friedrich

Teutsch 1918 in einem Nachruf festhielt, dass er

auf seinen Fahrten durch Siebenbürgen, insbe-

sondere durch die ihm geistlich unterstellten

Landstriche des Unterwalds um Mühlbach, so-

bald er mit Menschen in Berührung kam, nicht

nur den Kontakt sofort herstellte, sondern seinen

ausstrahlungsstarken deftigen Lebensmut spon-

tan auf die Umgebung übertrug. Mit Recht nann-

ten ihn daher Freunde und Kenner einen Volks-

mann von überdurchschnittlichem Format.

Vor dem Hintergrund solcher Persönlichkeit und

der durch die immer vehementeren Magyarisie-

rungsabsichten Budapests belasteten, politisch

bedrückenden Verhältnisse unter den Sieben-

bürger Sachsen, wird die Sorge Thullners um

das geistige Leben der sächsischen Landbevöl-

kerung erst in ganzem Umfang verständlich;

seine Erkenntnis, dass geistiger Trägheit um des

kollektiven Überlebens willen entgegengearbei-

tet werden müsse, wird zum Politikum. Die pas-

torale Predigt allein genügte diesem Mann daher

nicht, belebend, aufrüttelnd und aufheiternd ins

Volk hineinzuwirken. Er bediente sich darüber

hinaus in poetischer Bewusstheit der Sprache

als Mittel, Zugänge zu den ihm anvertrauten

Menschen zu erschließen, um aus dem unge-

brochenen Selbstverständnis des einst in Sie-

benbürgen durchaus weltlich ins Leben der

Gläubigen hineinwirkenden Pfarrers heraus,

wegweisend zu helfen und zu bessern, wo es

Not tat. Es spricht für Thullners psychologische

Klugheit und Kenntnis der menschlichen Natur,

dass er dies als Volkspoet auf dem Weg vor

allem unterhaltsamer Formen und Inhalte tat:

Schwanke. Schnurren, ans Gemüt gehende Ge-

dichte, lustige, von humorvollem Spott getragene

Reime in Mundart und Volksstücke sind dabei

sein bevorzugtes Instrumentarium, wobei die

jeremias-gotthelfsche pädagogische Absicht

immer wieder erkennbar wird.

Dass ihm nicht alltägliches Sprachvermögen

eignete, machen schon seine unter dem Titel „In

der Kreuzesschule des Herrn" herausgegebenen

Predigten deutlich; ebenso soll seine

„Sächsische Kirchenkunde" — eine umfangrei-

che wissenschaftliche Arbeit, die wegen des

Kriegsausbruchs 1914 nicht erscheinen konnte,

aus der er aber 1910 in Mediasch öffentlich vor-

gelesen hatte - die Hörer nicht zuletzt wegen der

sprachlichen Eloquenz beeindruckt haben. Sei's

drum, könnte man dazu sagen, kirchengeschicht-

liche Statistiken können auch von anderen zu-

sammengetragen werden. Thullners auf Ernst

Thullner (1862-1918) das Schöpferische ange-

legte Natur drängte es in die Bereiche des über-

geordneten, des dichterischen Umgangs mit dem

Wort. Seine exzellente Kenntnis sächsischen

Bauernlebens stellte dabei einen schier uner-

schöpflichen Fundus an Stoffen dar. So entstan-

den neben den ungezählten Gelegenheitsgedich-

ten in Mundart die gereimten Dialekt-Schwänke

„Ous der Rokestuw" („Aus der Rockenstube"),

1892, und „Bä der Kalefok" („Beim Ofen"), 1898,

beide oft aufgeführt und zu populärem Ruhm

gekommen; vor allem aber ist hier das große

Volksspiel „Das Wort sie sollen lassen stahn",

1903, zu nennen, das - wie Hermann Kloß in

einer umfangreichen Arbeit über Thullner 1919

festhielt - „wie eine auf die Bühne gebrachte

Page 31: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

31

unwiderlegbare Chronik" wirkt, u.a.m.

Die unentwegte Präsenz Ernst Thullners nicht

nur auf der Ebene seelsorgerischen Gemeinde-

lebens im Alltag, sondern ebenso auf der Ebene

landeskirchlicher Angelegenheiten - wo er z. B.

1907 den schwierigen Auftrag übernahm, die

Pfarrergehälter in der Landeskirche neu zu re-

geln, zudem das Pfarramtsgesetz auszuarbeiten,

was ihn neben aller anderen Arbeit bis 1916

ununterbrochen beschäftigte – will mitbedacht

sein, soll dieser geradezu bedenkenlos ausgrei-

fende und immer auf das Ganze gerichtete

Mensch in seiner ganzen Spannweite erfasst

werden. Dass sich aber aus der stattlichen Reihe

bemerkenswerter Lebensleistungen der Name

Ernst Thullners bis heute ausschließlich als der

eines der wesentlichen Mundartendichter der

Siebenbürger Sachsen vor und nach der Jahr-

hundertwende erhielt, ist im zeitübergreifenden

Medium der Poesie begründet - „die Vorrangig-

keit des Musischen", nannte Goethe das.

Freilich sind hier aus vielfachem aktuellen Grund

gerade auch im Fall einer Volksgruppenlage wie

der der Siebenbürger Sachsen heute mehr denn

je sichtbare Grenzen gezogen: Thullners ganz

und gar aus den Farben und Gehalten der säch-

sischen Bauernlandschaft im Karpatenhochland

und aus dem Aroma der sächsischen Mundart

Siebenbürgens gewachsenes poetisches Oeuv-

re, lebt und stirbt mit der Existenz der äußeren

und inneren Geographie des Siebenbürgisch-

Sächsischen.

Dass es deren Schicksal ist, so oder so - durch

Transplantation in den Westen, durch Assimilati-

on im Südosten - zu verblassen und zu versin-

ken, schließt auch das Schicksal solcher Poesie

ein. Doch des Stammesschicksals ungeachtet

ist mit Schmunzeln allemal bei der Lektüre, wer

z. B schon allein den Anfang von „Geteischt

Erwuerdung" („Enttäuschte Erwartung") liest:

„Ir Kängd, hirt za! / Ich wäll ech na / en Mer

erzielen. / Er kännt echwielen: / Wällt er vum

Kenengssan in hieren, / die an en Iesel mät

lonken Iren / verzuwert wor / und zwinzich Jor /

de Mielsäk an de Mill moßt dron, / oder sal ich

ech en onder son. / da von dem Hons uch von

dem Gretchen? . . ."

(„Ihr Kinder, hört zu! / Ich will euch jetzt / eine

Mär erzählen. / Ihr könnt wählen: / Wollt ihr vom

Königssohn eine hören, / der in einen Esel mit

langen Ohren / verzaubert war / und zwanzig

Jahre / die Mühlsäcke mußte tragen, / oder soll

ich euch eine andere sagen, / die vom Hans und

vom Gretchen? . . .").

Oder wenn er in „DeTijerjuecht" („Die Tigerjagd")

Mischs. des Amerikaners, Jägerlatein vernimmt:

„ . . . Si ein Tijergebräll / klängt ondersch wä der

Huesepipsen, / und segt em si en Kearl ist gip-

sen, / fällt enem't Harz af ist änt Knä . . ." („ . . .

So ein Tigergebrüll / klingt anders wie ein Ha-

senpiepsen. / und sieht man so einen Kerl ein-

mal gähnen. / fällt einem das Herz in die

Knie ..").

Aber ebenso, wenn einer bei Thullner liest, wie

der Michel in „Wä der Mächel for seng Frä

biet" („Wie der Michel für seine Frau betet") dem

Pfarrer verständlich macht, auf welche Art er

sein Eheweib ins Vaterunser einschließt: „Sä äs

wärlech äng ägeschluessen / än me Gebiet, si

wor ich bän! / Bäm ,Härr, erlis es von dem Iwel' /

kit sä mer ängden an de Sann." („Sie ist wirklich

immer eingeschlossen / in mein Gebet, so wahr

Page 32: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

32

ich bin! / Beim .Herr, erlöse uns vom Übel' /

kommt sie mir immer in den Sinn.") -

(Anmerkung: bei allen diesen Übertragungen ins

Deutsche bleibt der spezifische Zungenschlag

der Mundart auf der Strecke.)

Das Ehepaar Thullner verlor früh eine Tochter,

und einer der beiden Söhne befand sich, als der

Vater starb, in russischer Kriegsgefangenschaft.

Ein in Arbeit, Sorge und Daseinsfreude in Fami-

lie, Beruf und bürdenreichen Ehrenämtern rück-

haltlos aus dem Vollen geschöpftes Leben hatte

die Kraft des bärenhaft vitalen Riesen keines-

wegs erschöpft, als er, knapp über 55jährig,

vermutlich an einem Magengeschwür starb.

„Ein Gedicht genügt", lautet Reiner Maria Rilkes

berühmter Satz im Blick auf das mögliche Fazit

eines Poetenlebens, ein Gedicht, das die tau-

send und abertausend weniger geglückten oder

missglückten rechtfertigt. Das Wort gilt als

höchstes Lob auch für den siebenbürgischen

Mundartpoeten Ernst Thullner. Denn wer die

Inbrunst beobachtet, mit der heute noch allent-

halben, wo Siebenbürger Sachsen in europäi-

schen oder Überseeländern leben, „Af deser

lerd, do äs e Lond, si hiesch äs nichen ond-

ret" („Auf dieser Erde ist ein Land, so schön ist

wohl kein andres") gesungen wird - im Zeichen

der entwürdigten und verlorenen Heimat mit

doppelter und dreifacher Hingabe vorgetragen -,

der wird diesem Mann bestätigen müssen, dass

sein Drang zur mundartlichen Dichtung mehr

und etwas anderes war als die Marotte eines

Provinzpatrioten.

Spricht er doch in „Af deser lerd, do äs e Lond",

das Hermann Kirchner vertonte, ein Grundgefühl

nicht allein siebenbürgisch-sächsischer Liebe

zur Heimat, sondern allgemeiner Existenzstim-

mung aus, solange Menschen auf dieser Erde

Heimat haben und als Teil ihrer selbst fühlen.

Bald einhundert Jahre nach dessen Entstehen,

ist in diesem Liedtext der Dialektreimer Ernst

Thullner im Bewusstsein seiner Landsleute nach

wie vor lebendig. Nicht vielen Dichtern ist sol-

ches Überdauern vergönnt.

Hans Bergel (Aus: Südostdeutsche Vierteljah-

resblätter, 4/1987)

Af deser lerd do äs e Lond

Af deser lerd do äs e Lond

Af deser lerd do äs e Lond,

so hisch äs nichen ondert,

ich sint mich änj no am zerück,

wä ech de Wält durchwondert.

An desem Lond äs en Gemin,

'si inich wä e Guerten,

en hescher hun ich net gesän

afalle menje Fuerten.

An dier Gemin do stil en Hous,

huel nichen prächtich Hallen,

und doch huet uch det Kenengesschlueß

mir net esi gefallen.

Dann an diem Hous do wnnt nie Schaz,

di mir de Tra geholden,

und all menj Frod und all nie Gläck

äs an diem Hous enlhalden.

Page 33: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

33

Auf dieser Erde ist ein Land

Übertragung: Wolf von Aichelburg

Auf dieser Erde ist ein Land,

so schön ist wohl kein andres.

Ich sehnt' mich stets nach ihm zurück

wie ich die Welt durchwandert'.

In diesem Land, da steht ein Dorf,

so lieblich wie ein Garten.

Ein schöneres hab' ich nicht gesehen

Auf allen meinen Fahrten.

In diesem Dorf, da steht ein Haus,

hat keine prächtigen Hallen,

und doch hat selbst das Königsschloss

mir nicht so gut gefallen.

Denn in dem Haus, da wohnt mein Schatz,

der mir die Treu gehalten,

und all mein Freud und all mein Glück

ist in dem Haus enthalten.

(10. September 2015 Siebenbürgische Zeitung)

Schloss Horneck bleibt unsere

„Sachsenburg am Neckar“!

Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar

bleibt in siebenbürgisch-sächsischem Besitz. Die

Gläubigerversammlung hat am 10. September

2015 in Heilbronn einstimmig beschlossen, das

Kaufangebot des Verbandes der Siebenbürger

Sachsen in Deutschland in Höhe von einer Milli-

on Euro anzunehmen. Dem Insolvenzverwalter

Dr. Marcus Egner hatten mehrere Angebote für

das Objekt vorgelegen. Die freudige Nachricht

erhielt die SbZ-Redaktion von Ortwin Götz, dem

Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Hilfsver-

eins „Johannes Honterus“, der als Schuldner an

der Versammlung im Gebäude des Insolvenzge-

richts Heilbronn teilgenommen hat. In einer ers-

ten Reaktion bekräftigte der Bundesvorsitzende

des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in

Deutschland, Dr. Bernd Fabritius, MdB: „Wir

werden nun das gemeinsam mit der Carl-Wolff-

Gesellschaft erarbeitete Konzept zur Schaffung

des ‚Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungs-

zentrum Schloss Horneck‘ beherzt umsetzen“.

Unmittelbar nach der Erfolgsnachricht erklärte

der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius ge-

genüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Ich bin

unglaublich froh, dass es uns gelungen ist,

Schloss Horneck aus der Insolvenzmasse des

bisherigen Trägervereines zu erwerben. So ist

es möglich, unser Projekt zur Fortführung der

zentralen Kultureinrichtungen der Siebenbürger

Sachsen sowie zur Einbindung dieser in ein

siebenbürgisches Begegnungszentrum auf

Schloss Horneck voranzubringen. Die heutige

Entscheidung zeigt klar: Schloss Horneck bleibt

unsere ‚Sachsenburg am Neckar‘! Wir werden

nun das gemeinsam mit der Carl-Wolff-

Gesellschaft erarbeitete Konzept zur Schaffung

des ‚Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungs-

zentrum Schloss Horneck‘ beherzt umsetzen

und werben weiter für tatkräftige Unterstützung.

Der Ankauf des Schlosses war dabei der erste

Schritt. Gemeinsam mit allen Partnern werden

wir nun auch die Neustrukturierung und Siche-

rung des laufenden Betriebes angehen. Allen

Mitstreitern und Spendern danke ich bereits jetzt

Page 34: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

34

für die bisherige, die laufende und auch die künf-

tige Unterstützung.“

Außerordentliche gemeinschaftliche

Kraftanstrengung

Der Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen

„Johannes Honterus“, seit 1960 Eigentümer von

Schloss Horneck und Träger des dort ansässi-

gen Alten- und Pflegeheimes „Heimathaus Sie-

benbürgen“, hatte Anfang Juni 2015 Insolvenz

angemeldet (siehe „Hilfsverein ‚Johannes

Honterus‘ meldet Insolvenz an: ‚Betrieb auf

Schloss Horneck wird fortgeführt‘"). Die fi-

nanzielle Misere resultiert aus strukturellen Prob-

lemen; zur Unterbelegung des Heimes kamen

dringend erforderliche Brandschutzmaßnahme

hinzu. Vertreter siebenbürgischer Einrichtungen

haben in einem Gespräch mit dem Insolvenzver-

walter Dr. Marcus Egner am 11. Juli in Gundels-

heim ihre Absicht bekräftigt, Schloss Horneck für

die Siebenbürger Sachsen zu retten

(siehe „Sicherung von Schloss Horneck: Ge-

spräch mit Insolvenzverwalter“). Der Bundes-

vorstand des Verbandes der Siebenbürger

Sachsen in Deutschland e.V. hat auf der Grund-

lage einer außerordentlichen Sitzung am 2. Au-

gust in München einen Spendenaufruf an die

gesamte Gemeinschaft der Siebenbürger Sach-

sen gerichtet („Aufruf zur Sicherung der sie-

benbürgisch-sächsischen Einrichtungen:

Helfen Sie mit, Schloss Horneck zu retten!“)

und in einer Krisensitzung am 13. August be-

schlossen, für den Kauf von Schloss Horneck

eine Million Euro zu bieten. Zuvor war ein erstes

an den Insolvenzverwalter Dr. Egner abgegebe-

nes Angebot für die Liegenschaft Schloss Hor-

neck (unter Einschluss des Neubaus mit dem

Pflegebereich) abgelehnt worden.

In der Münchner Bundesgeschäftsstelle unseres

Verbandes ist am 27. August der Verein Sieben-

bürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“

e.V. gegründet worden mit dem Hauptziel,

Schloss Horneck in Gundelsheim am Neckar zu

erwerben und hier das Siebenbürgische Kultur-

und Begegnungszentrum mit dem Siebenbürgi-

schen Museum und dem Siebenbürgen-Institut

mit Bibliothek und Archiv sowie mehreren kultu-

rell tätigen Vereinen zu betreiben (vgl.

„Vereinsgründung mit Signalwirkung:

Schloss Horneck erwerben und betreiben“).

Indessen trägt der Spendenaufruf des Bundes-

vorstandes Früchte: Der auf der Webseite des

Verbandes täglich aktualisierte Stand des Spen-

denkontos (siehe „Gemeinsam können wir es

schaffen! Helfen Sie mit, Schloss Horneck für

uns zu retten!“) betrug am 10. September 2015

beachtliche 285.233 Euro. Tendenz hoffentlich

weiterhin steil steigend.

Christian Schoge

Page 35: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

35

Für unsere Jüngsten

Wilhelm Busch

Zum 150. Geburtstag

Max und Moritz – Eine Bubengeschichte in

sieben Streichen ist eine Bildergeschichte des

deutschen humoristischen Dichters und Zeich-

ners Wilhelm Busch. Sie wurde Ende Oktober

1865 erstveröffentlicht und zählt damit zum Früh-

werk von Wilhelm Busch. Viele Reime dieser

Bildergeschichte wie „Aber wehe, wehe, wehe! /

Wenn ich auf das Ende sehe!“, „Dieses war der

erste Streich, doch der zweite folgt sogleich“ und

„Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei / Mit der Übeltä-

terei!“ sind zu geflügelten Worten im deutschen

Sprachgebrauch geworden. (Quellen: Wikipedia,

Gemeinfrei)

Vierter Streich

Also lautet ein Beschluss,

Dass der Mensch was lernen muss.

Nicht allein das Abc

Bringt den Menschen in die Höh';

Nicht allein in Schreiben, Lesen

Übt sich ein vernünftig Wesen;

Nicht allein in Rechnungssachen

Soll der Mensch sich Mühe machen,

Sondern auch der Weisheit Lehren

Muss man mit Vergnügen hören.

Dass dies mit Verstand geschah,

War Herr Lehrer Lämpel da. -

Max und Moritz, diese beiden,

Mochten ihn darum nicht leiden;

Denn wer böse Streiche macht,

Gibt nicht auf den Lehrer Acht. -

Nun war dieser brave Lehrer

Von dem Tobak ein Verehrer,

Was man ohne alle Frage

Nach des Tages Müh und Plage

Einem guten, alten Mann

Auch von Herzen gönnen kann. -

Max und Moritz, unverdrossen,

Sinnen aber schon auf Possen,

Ob vermittelst seiner Pfeifen

Dieser Mann nicht anzugreifen. -

Einstens, als es Sonntag wieder

Und Herr Lämpel, brav und bieder,

In der Kirche mit Gefühle

Saß vor seinem Orgelspiele,

Page 36: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

36

Schlichen sich die bösen Buben

In sein Haus und seine Stuben,

Wo die Meerschaumpfeife stand;

Max hält sie in seiner Hand;

Aber Moritz aus der Tasche

Zieht die Flintenpulverflasche,

Und geschwinde, stopf, stopf, stopf!

Pulver in den Pfeifenkopf. -

Jetzt nur still und schnell nach Haus,

Denn schon ist die Kirche aus. -

Eben schließt in sanfter Ruh

Lämpel seine Kirche zu;

Und mit Buch und Notenheften

Nach besorgten Amtsgeschäften,

Lenkt er freudig seine Schritte

Zu der heimatlichen Hütte,

Und voll Dankbarkeit sodann

Zündet er sein Pfeifchen an.

„Ach!“ - spricht er – „Die größte Freud'

Ist doch die Zufriedenheit!!“

Rums!! - Da geht die Pfeife los

Mit Getöse, schrecklich groß.

Kaffeetopf und Wasserglas,

Tobaksdose, Tintenfass,

Ofen, Tisch und Sorgensitz -

Alles fliegt im Pulverblitz. -

Page 37: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

37

Als der Dampf sich nun erhob,

Sieht man Lämpel, der gottlob

Lebend auf dem Rücken liegt;

Doch er hat was abgekriegt.

Nase, Hand, Gesicht und Ohren

Sind so schwarz als wie die Mohren,

Und des Haares letzter Schopf

Ist verbrannt bis auf den Kopf. -

Wer soll nun die Kinder lehren

Und die Wissenschaft vermehren?

Wer soll nun für Lämpel leiten

Seine Amtestätigkeiten?

Woraus soll der Lehrer rauchen,

Wenn die Pfeife nicht zu brauchen??

Mit der Zeit wird alles heil,

Nur die Pfeife hat ihr Teil.

Wissenswertes über Reichesdorf

Nach jahrelangem Sparen und einer zermür-

benden Suche nach geeigneten Handwerkern

ist das Projekt „Neuer Zaun für den Burghü-

terhof“ so gut wie abgeschlossen. Dank des

unermüdlichen, auch physischen Einsatzes von

Wilhelm Untch und der Eheleute Timmerman

wurde in Reichesdorf nicht nur der oben erwähn-

te Zaun fertiggestellt, sondern auch der Parkett-

boden im Saal abgeschliffen und neu lackiert.

Außerdem spendete die „Asociatia Pro Richis“

der Kirche in Reichesdorf eine Ladung Pflaster-

steine, die im hinteren Saalhof im Bereich der

Toiletten verlegt wurden.

Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher

Hingabe und Aufopferung sich diese Handvoll

Menschen um den Erhalt und die Zukunft der

kirchlichen Gebäude bemühen!

Vielen Dank nach Reichesdorf!

Page 38: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

38

FAMILIENANZEIGEN

Geburt

Willkommen kleiner, neuer Erdenbürger

Das Glück, das größte wohl von allen, Euch ist es in den Schoß gefallen, ein Baby, hilflos noch und klein, doch Euch gehört es ganz allein.

Nun könnt` Ihr´s liebevoll umsorgen, es ist wie Sonnenschein am Morgen,

wenn es Euch entgegenlacht und täglich neue Freude macht!

Unbekannt

Emil Stolz

7 Februar. 2015

Sohn von Elisabeth (geb. Schuller) und

Dominik Stolz

Großeltern Elisabeth (Maiterth) und Werner

Schuller (Meschen)

SOFIA MAILIN Greger

8. Oktober 2015

Tochter von Anita Sibylle Greger Großeltern Horst Andreas Greger und Anna

Greger, geb. Kartmann (Birthälm)

Die HOG Reichesdorf gratuliert

zum Nachwuchs!

Konfirmation

Die Welt ist voll von Gottes Segen;

willst du ihn haben, ist er dein.

Du brauchst nur Hand und Fuß zu regen,

du brauchst nur fromm und klug zu sein.

Friedrich Wilhelm Weber

Isabel Loreen Fallschiesel

Eltern: Elke Mild-Fallschiesel und Eduard Fall-

schiesel. Dazu wünschen alles Gute die Großel-

tern: Anna Mild und Franz Mild

Page 39: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

39

Manuel Untch

Gottes Segen mögen Dich begleiten - heute,

morgen und zu allen Zeiten.

Das wünschen Dir von Herzen, lieber Manuel,

deine Eltern Wilhelm u. Rosina Untch

Herr deine Güte reicht soweit der Himmel ist und

deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

Psalm 36,6

Sarah Nemenz

Zum Abendmahlsgottesdienst in der Bartholo-

mäus Kirche in Nordheim am Samstag, 2. Mai,

trug Sarah die Reichesdorfer Tracht.

Page 40: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

40

Liebe Sarah, du hast uns allen damit eine große

Freude gemacht!

Wir gratulieren dir auch auf diesem Wege

zum neuen Lebensabschnitt!

Deine Eltern mit Katharina

Deine Großeltern

Deine Paten und Patinnen mit Familien

Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt!

Markus 9,23

Zum runden Geburtstag

Kleiner, geduldiger Junge wartete ein halbes

Leben auf seinen 50. Geburtstag. Am 3. 11.

hatte er es geschafft und einige Tage später

durften wir ihn gebührend feiern!

Lieber Gerhard Mätz, wir, deine 120 Gäste gra-

tulieren hiermit nochmal ganz herzlich und dan-

ken für dieses wunderschöne Fest!

Hochzeit

Sie habe sich getraut, JA zu sagen

Denk ich an Euch, ist mir nicht bänglich:

Ihr passt zusammen – lebenslänglich!

Geht allezeit im gleichen Schritt,

dann gehen Glück und Liebe mit!

Glück und Segen mögen alle Zeiten

durch ein langes Leben Euch begleiten!

Friedrich Morgenroth

Harriet und Peter Merkel

(Rastatt)

Harriet ist die Tochter von Elisabeth (Maiterth)

und Werner Schuller

Nachträglich zum Geburtstag alles Gute

Erika Erdmann geb. Waffenschmidt

am 17 März 1945

Reichesdorf / Rimbach (Hessen)

Page 41: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

41

Sandra Schmidt und

Robert Meyndt

Sohn von Anneliese (Lang) und

Karl Heinz Meyndt

Standesamt: 01.05.2015 in Las

Vegas

Kirchlich: 29.08.2015 in Gerets-

ried Gelting

Heike Krestel Fotografie

Die Liebe war’s vor 50 Jahren, die euch

geschmückt mit grünem Kranz.

Ihr wusstet treu sie zu bewahren, drum

ziert euch bald schon

Goldesglanz!

Liebe Eltern, liebe Großeltern!

Am 01.01.1966 habt ihr euch das Jawort

gegeben. Das ist nun fast 50 Jahre her! Ihr

seid durch Höhen und Tiefen gegangen,

stets fleißig und geradlinig, einander treu

und die Werte eines Sachsen achtend.

Wir möchten uns bei euch ganz herzlich

bedanken für alles, was ihr für uns getan

habt, vor allem, dass ihr unsere Heimat

verlassen habt, um bei uns zu sein.

In vorbildlicher Weise habt ihr uns vorge-

lebt, wie man sich in der neuen Heimat

einleben kann, ohne dabei seine Wurzeln zu

vergessen!

Wir wünschen euch von Herzen Gesundheit,

auf dass wir noch viele schöne Jahre mitei-

nander verbringen! Johanna, Sarah, Katharina, Elisabeth,

Karl-Heinz, Udo,

Edda und Susi

Page 42: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

42

Aus dem Alltag unserer Landsleute

Riesentomate

Rekordverdächtig sieht sie aus. Eine Tomate,

die in dem Garten von den Hobbygärtnern Anna

und Karl Drotleff / Nordheim gewachsen ist.

Stolze 1850 Gramm bringt sie auf die Waage!

Die Samen wurden aus Siebenbürgen mitge-

bracht und sollen von Jahr zu Jahr immer wieder

weiter zur Aufzucht verwendet worden sein.

In der Nachbarschaft der Riesentomate wuchs

im gleichen Garten, die wohl längste Bohnen-

pflanze ca. 5-6 Meter an einem gespannten

Drahtseil hoch.

Welcher Reichesdorfer Gärtner hat noch solch

einen grünen Daumen?

Bitte schickt uns Fotos von eurem gärtneri-

schen Können!

Denn „Reichedorfer hatten

immer schon dickere Kar-

toffeln, süßere Weintrau-

ben, größere Rüben als

andere“, sagte man.

Schweine waren immer

schon fetter und Kühe

gaben schon immer mehr

Milch - war das wirklich so,

oder wurde es nur dem

Fleiß und Ehrgeiz der Rei-

chesdorfer Bauern nachge-

sagt?

Also, wer kann mithalten?

Die Verstorbenen der Heimat

Page 43: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

43

Anna Salmen

geb. 05.12.1922 Draser

gest. 04.01.2015

Reichesdorf 120

Knittelfeld /A

Gustav Albert Schlosser

geb. 02.08.1946

gest. 08.01.2015

Reichesdorf 86

Fürth/Bay

Andreas Kloos

geb. 01.08.1930

gest. 01.02.2015

Reichesdorf 366

Nürnberg

Anna Borger

geb. 22.05.1930 Binder

gest. 14.03.2015

Reichesdorf 226

Öschelbronn

Johanna Mattes

geb. 11.05.1951 Roth (Waldhütten)

gest. 03.05.2015

Reichesdorf 244 (unterm Honnebarch)

Dorsten/NRW

Katharina Wagner

geb. 15.03.1933 Mantsch

gest. 30.06.2015

Reichesdorf 152

Dachau/BAY

Rosina Meyndt

geb. 12.09.1938 Benn Baasen

gest. 01.07.2015

Reichesdorf 139

Geretsried/BAY

Page 44: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

44

Nachdenkliches in Reimen

BAUERNSTUBE

Draußen rieselt der Regen;

Dem Dorf entgegen

Schlägt aus dem Walde der Wind.

November ist es, der Abend beginnt

Zu dunkeln nach kurzer Tageszeit.

Wilhelm Weinrich

geb. 15.05.1945

gest. 16.07.2015

Reichesdorf 224

Vilshofen an der Donau / Passau

Regina Mild

geb. 01.10.1932 Greger -

gest. 22.07.2015

Reichesdorf 26

Beilstein / BW

Gustav Bardon

geb. 10.10.1926 –

gest. 23.08.2015

Reichesdorf 41

Dradenderhöhe

Katharina Ivan geb. 15.08.1928 Neckel

gest. 01.11.2015 Reichesdorf 319

Karlsruhe

Da werden die Dächer weiß - es schneit.

Vom Lutherofen um Bank und Schrein

Strahlt gaukelnd der Flamme rötlicher Schein.

Die Katze, die glatt das Haar sich geleckt,

Liegt auf dem Herd, lang ausgestreckt.

Gleichmäßig tickt an der Wand die Uhr,

Doch träge wandeln die Stunden nur.

Die Mutter, die junge Tochter beginnen

Zum ersten Mal heute den Hanf zu spinnen,

Den neuen Hanf, so weich so weiß,

Der Frauen Lust, der Frauen Preis.

Der Bauer sitzt auf der geblümten Truh´;

Nun ist er der Herr, nun hat er Ruh'.

Im warmen Stalle geborgen sind,

Des Pfluges entlastet, so Pferd wie Rind.

Das Futter hat er in trockner Scheune,

Den Mais im Korbe, das Korn in Kisten.

Das Stroh liegt aufgehäuft in Dristen,

Im Keller unten, da gären die Weine,

Und eingelegt in der Butte ruht

Der Kohl, der Küche gepriesenes Gut.

Ein still Behagen durchwebt den Raum,

Halb ist's ein Wachen und halb ein Traum

o Bauernstube in Wintersruh,

Wo ist ein seliger Heim als du?

Michael Albert ( 1836-1893 )

Page 45: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

45

Der Wandersmann

Ein Wanderbursche mit dem Stab in der Hand,

will wandern in ein anders Land.

Nahm Abschied aus dem Elternhaus,

dann ging es zum Tor hinaus.

An Dörfern und Städten ging er vorbei,

über Berge und Täler vielerlei.

Als er müde war, dann machte er Paus,

aus dem Brotsack aß er sein Brot und ruhte sich

aus.

Dann ging es weiter, auch wenn es nicht immer

heiter,

in großen Gedanken, die auch oft wanken.

Doch er fasste sich Mut

und das war gut.

Wie er so geht den Weg entlang,

begegnete er einem Wandersmann.

Sie begrüßten sich und sagten ein Gebet,

mit den Sorgen, wie es jetzt weiter geht.

Das Auswandern war damals geheim,

und durfte zu der Zeit nicht sein.

Ein Spruch sagt: schau nach vorne nicht zurück,

vielleicht hast du ein wenig Glück.

Und dann ein Schreck, sie kamen nicht vom

Fleck,

sie waren an einen Fluss angelangt.

Dann mussten sie schwimmen,

um das andere Ufer zu erklimmen.

Am andern Ufer angekommen, Gott Lob,

sie hatten es geschafft,

mit viel Mut und Kraft.

Sie gingen in die Stadt hinein, denn sie hatten

das Ziel erreicht,

das war nicht leicht.

Ihr Traum war in Erfüllung gegangen,

ein Leben in Deutschland neu angefangen.

Dann kam die Zeit, die Leute waren alle bereit

auszuwandern,

einer nach dem andern.

Ein jeder hat einen Platz gefunden,

und kommen über die Runden.

Regina Pinnes, geb. Moodt

Siebenbürgen Land des Segens

Siebenbürgen, Land des Segens,

Land der Fülle und der Kraft

mit dem Gürtel der Karpaten

um das grüne Kleid der Saaten,

Land voll Gold und Rebensaft!

Siebenbürgen, Meeresboden

einer längst verflossenen Flut!

Nun ein Meer von Ährenwogen,

dessen Ufer waldumzogen

an der Brust des Himmels ruht.

Siebenbürgen, Land der Trümmer

einer Vorzeit stark und groß!

Deren tausendjähr'ge Spuren

ruhen noch in deiner Fluren

ungeschwächtem Acker Schoß.

Siebenbürgen, grüne Wiege

einer bunten Völkerschar!

Page 46: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

46

Mit dem Klima aller Zonen,

mit dem Kranze von Nationen

um des Vaterlands Altar.

Siebenbürgen, grüner Tempel

mit der Berge hohem Chor!

Wo der Andacht Huldigungen

steigen in so vielen Zungen

zu dem einen Gott empor.

Siebenbürgen, Land der Duldung,

jedes Glaubens sicherer Hort!

Mögest du bis zu fernen Tagen

als ein Hort der Freiheit ragen

und als Wehr dem treuen Wort!

Siebenbürgen, süße Heimat,

unser teures Vaterland,

sei gegrüßt in deiner Schöne,

und um alle deine Söhne,

schlinge sich der Eintracht Band!

Leopold Maximilian Moltke, 1819-1894 ,

Volkslied um 1848

In den Reichesdorfer Kirchenbüchern

geblättert

(Abschrift)

Protokoll

Über die am 21 März 1915 unter dem Vorsitze

des Ortspfarrers, Josef Fröhlich abgehaltene

Sitzung des ev. Presbyteriums AB.

Anwesend

1 Peter Lang 125

2 Peter Untch 234

3 Andreas Nemenz 117

4 Simon Bruckner 112

5 Gustav Stolz

Abwesend

6 Andreas Nemenz 107

7 Andreas Alzner 110

8 Andreas Drotleff 122

9 Sefan Untch 129

10 Peter Kloos 43

11 Eduard Draser 106

12 Lorenz Nemenz 278

1. Vorsitzer: diese Sitzung ist zwar nicht be-

schlussfähig doch sind heute Sachen zu be-

schließen deren Entscheidungen an einen na-

hen Termin gebunden ist. So wollen wir dann in

diesen Angelegenheiten einen Beschluß fassen

und in der nächsten beschlußfähigen Sitzung

genehmigen lassen. Wird zustimmend zur

Kenntnis genommen.

2. Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verle-

sen und als wichtig abgefasst angenommen.

3. Vorsitzer liest die wichtigsten Erlasse und

Rundschreiben, die seit der letzten Sitzung er-

schienen sind mit.

a. Unter Z. 611-1915 ist an alle Presbyterien der

Erlass ergangen das Vermögen der Kirche ein-

zubekommen das über 20.000 Kronen betrage

und zwar zum Zwecke der Steuerbemessung.

Da das Vermögen nicht so hoch ist, so hat der

genannte Erlass auf uns keinen Bezug

Page 47: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

47

b. Unter Z.289-1915 ergeht an alle Presbyterien

die Aufforderung, alljährlich in Zukunft, bis Ende

Dezember, diejenigen Kinder die der politischen

Behörde anzumelden, die wegen Geistesschwä-

che die Schule nicht besuchen. Wird zur Kennt-

niss genommen und Vorsitzer will hiervon das

Lehrerkollegium in Kenntnis setzen.

c. Als wichtigsten Punkt hebt Vorsitzer hervor:

Unter Z.775.1919 werden alle Presbyterien

davon in Kenntnisheuer gesetzt daß heuer an

allen Landschulen unserer Landeskirche die

Schlußprüfung zu Ostern stattfinden hat. Nach

der Prüfung können die Jahrgänge 7, 8,u 9 der

weiteren Schulpflicht enthoben werden wenn es

das Presbyterium es für notwendig erachtet. Ein

diesbezüglicher Beschluß ist bis Ende März

dem betroffenen Bezirkskonsistorium zu erbrin-

gen.

Kurator Peter Langmann.

Notwendig werden die großen Kinder bei der

Feldarbeit jedenfalls sein, doch würde dies nicht

angezeigt sein sie von der Schulpflicht zu enthe-

ben, denn es sind ja im Frühjahr viele Regenta-

ge, und es gibt doch auch noch dem Anbau

Zeiten wo die Kinder schon zu entbehren sind.

Daher geht mein Vorschlag dahin, die großen

Kinder während der Arbeitszeit und auch nach-

her bei schönem Wetter von der Schule zu be-

freien, während sie bei eventuellem längerem

Regenwetter die Schule besuchen sollen.

Die Anwesenden schließen sich diesem Vor-

schlage an und es wird selbiger einstimmig zum

Beschluß erhoben. So sollen demnach noch der

Schlussprüfung die Kinder des 7, 8, u. 9 Schul-

jahres nur anhaltendem Regenwetter die Schu-

le besuchen während sie bei schönem Wetter

bei der Feldarbeit mithelfen sollen.

4. Im Anschluße hiervon, berichtet Vorsitzer daß

die vorjährige Agnethler Kindergärtnerin sich

erhalten habe, auch heuer unter denselben Be-

dingungen wie im Vorjahr in unseren Dienst

treten zu wollen. Nun ist es der Wunsch unserer

Frauen, es möge heuer schon gleich nach Oster

mit dem Kindergarten begonnen werden, damit

sie von den kleinen Kindern in der jetzt so dri-

genden Arbeit nicht gehindert seien. Soll nun

diesem Wunsche entsprochen werden und sol-

len wir die vorjährige Kindergärtnerin, deren

gewissenhafte Arbeit wir alle kennen, wieder

aufgenommen werden?

Z 5. Nach Auffassung des Vorsitzers wird eine

Kommision zur Überprüfung der vorjährigen

Kirchenrechnung gewählt, bestehend aus:

a Presbyter 1 Peter Lang 125

2 Peter Unch 234

Gustav Stolz 124

b Wirte 4 Johann Schaas

5 Johann Untch 239

Z.6. Kirchenvater Andreas Nemenz

Berichtet, daß die Kirchenstellen des

1 Michael Löprich an Andrea Alzner

115

2 Regina Schaas an Anna

Alzner 11

3 Sara Weinrich 238 an Rosina Drotleff

4 Sofia Untch an Anna Drotleff 64

5 Rosina Untch an Sara Moosberger

vergeben worden sind - wird zur Kenntnis ge-

nommen.

Page 48: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

48

Z.7. Vorsitzer fragt, was mit den alten Rebpfäh-

len aus den Kirchenweingärten geschehen solle.

Die Anwesenden äußern sich dahin, es sollten

die besten herausgesucht und an einem trock-

nen Orte aufbewahrt werden zur Nachsetzung im

Kirchen und Pfarrweingarten. Die übrigen, un-

brauchbaren sollten verkauft werden.

Darauf Schluss der Sitzung

Reichesdorf am 21 März 1915.

Des ev. Presbyteriums AB.

Andreas Nemenz 107 Fröhlich

Georg Meyndt

Schriftführer

Bitte an alle Reichesdorfer

Als Beigabe findet ihr ein Beiblatt von Hans Alz-

ner, mit der Bitte:

Helft uns das Schicksal einiger Reichesdorfer

aufzuklären!

Sollte jemand Kenntnisse über den Verbleib

dieser Personen haben, bitte sich bei Hans Alz-

ner oder bei mir zu melden.

Bitte helft uns!

Hans Alzner: 0777161563

Heinrich Maiterth: 0524140407

Ebenfalls findet ihr eine Beilage mit einem Umfra-

gebogen zum Thema Friedhof in Reichesdorf.

Bitte den beigefügten Umfragebogen ausgefüllt,

in den voradressierten Briefumschlag stecken,

frankieren und in den Briefkasten werfen.

Einsendeschluss ist der 14. Februar 2016

Liebe Reichesdorfer

Der Advent ist da, die Kerzen brennen,

Von früh bis spät musst du jetzt rennen.

Es nähert sich die Weihnachtszeit,

Die vielen Lichtlein melden´s meilenweit.

In diesen Tagen, so war das immer

schon Brauch,

Kommt vorbei der Nikolaus, dann auch.

Man bestellt beim Fleischer, Wurst und

den Braten,

Und hofft, -es wird diesmal alles

gut geraten.

Auch den Reichesdorfer Kalender

bestellt man fürwahr,

Er möge dich begleiten auch im

nächsten Jahr.

Ich wünsch euch mit ihm viel Vergnügen,

Empfehlt ihn weiter euren Lieben.

Ich wünsche Euch, das Beste, genießt die Zeit,

Page 49: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

49

Denn das schönste der Geschenke, allezeit,

ist nun mal die Gesundheit

und Zufriedenheit.

Der Kalender ist fertig und kann bestellt wer-

den:

Telefonisch unter 05241 40407

01708746002 oder

[email protected]

Vielen Dank all jenen die ihre Alben umge-

wälzt haben, mir so zahlreich ihre Bilder für

den

Reichesdorfer Kalender

zur Verfügung gestellt haben.

Sollten Euch noch Bilder in die Hände fallen,

die sich für den Kalender eignen, bitte mir

zuschicken.

Längst geht es bei den gesammelten Bildern

nicht nur um Bilder für den Kalender. Ich bin

dabei, die Bilder in einer Bilddatenbank zu

sammeln. Diese vielen schönen alten Bilder

sollten erhalten werden, für alle die, die nach

uns kommen, -es lohnt sich!

Heinrich Maiterth

Page 50: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

50

Neujahrswunsch

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.

Ich wünsche dir nur, was die meisten

nicht haben:

Ich wünsche dir Zeit, dich zu freun und

zu lachen,

und wenn du sie nützt, kannst du etwas

draus machen.

Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und

dein Denken,

nicht nur für dich selbst, sondern auch

zum Verschenken.

Ich wünsche dir Zeit – nicht zum Hasten

und Rennen,

sondern die Zeit zum Zufriedensein können.

Ich wünsche dir Zeit – nicht nur so

zum Vertreiben.

Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben

als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertraun,

anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schaun.

Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen

zu greifen,

und Zeit, um zu wachsen, das heißt,

um zu reifen.

Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.

Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,

jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.

Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld

zu vergeben.

Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben!

(Elli Michler, Lyrikerin; 1923 - 2014)

Geh unter der Gnade

Geh unter der Gnade, geh mit Gottes Segen,

geh in seinem Frieden, was auch immer du tust.

Geh unter der Gnade, hör auf Gottes Worte,

bleib in seiner Nähe, ob du wachst oder ruhst.

Alte Stunden, alte Tage

lässt du zögernd nur zurück.

Wohlvertraut wie alte Kleider

sind sie dir durch Leid und Glück.

Neue Stunden, neue Tage ?

zögernd nur steigst du hinein.

Wird die neue Zeit dir passen?

Ist sie dir zu groß, zu klein?

Gute Wünsche, gute Worte

wollen dir Begleiter sein.

Doch die besten Wünsche münden

Alle in den einen ein:

Geh unter der Gnade, geh mit Gottes Segen,

geh in seinem Frieden, was auch immer du tust.

Geh unter der Gnade, hör auf Gottes Worte,

bleib in seiner Nähe, ob du wachst oder ruhst.

(Manfred Siebald, *1948, deutscher christlicher Lie-

dermacher)

Page 51: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

51

Page 52: Reichesdorfer Botereichesdorfer.de/downloads/bote/bote.pdf · Christian Hientz, Hans Hügel, Heinrich Mai-terth / Gütersloh. Heinrich Maiterth Reichesdorfer Treffen 2015 Brücken

52

Impressum Vorsitzender: Gustav Maiterth, Dillingerstr. 51, 86637 Wertingen, Tel: 08272/640954 Kassenwart: Ernst Kloos, Auf dem Kötzen 6, 51674 Wiehl, Tel: 02262/717708 Schriftführer: Heinrich Maiterth, Frieda-Nadig-Str. 42, 33332 Gütersloh, Tel. 0524140407, Reichesdorfer Bote (Druck und Vertrieb)

Homepage: http://www.reichesdorf.de Herausgeber Hienz-Hans-Christian Spenden an Reichesdorfer HOG; Volksbank Oberberg eG;

Konto: 7416783017; BLZ: 38462135; (Verwendungszweck „SPENDE“ angeben

BIC GENODED1WIL IBAN: DE44384621357416783017 Vorstandsmitglieder der Reichesdorfer HOG Ernst Kloos, Gustav Hügel, Hans-Christian Hienz, Harald Hügel, Heinrich Hienz,