sprache als weltansicht. humboldt – nietzsche – whorf

Upload: ana-zeta

Post on 17-Jul-2015

358 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Sprache als Weltansicht. Humboldt Nietzsche Whorf Author(s): Jochem Hennigfeld Source: Zeitschrift fr philosophische Forschung, Bd. 30, H. 3 (Jul. - Sep., 1976), pp. 435-451 Published by: Vittorio Klostermann GmbH Stable URL: http://www.jstor.org/stable/20482276 . Accessed: 16/01/2011 13:29Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of JSTOR's Terms and Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp. JSTOR's Terms and Conditions of Use provides, in part, that unless you have obtained prior permission, you may not download an entire issue of a journal or multiple copies of articles, and you may use content in the JSTOR archive only for your personal, non-commercial use. Please contact the publisher regarding any further use of this work. Publisher contact information may be obtained at . http://www.jstor.org/action/showPublisher?publisherCode=vittklos. . Each copy of any part of a JSTOR transmission must contain the same copyright notice that appears on the screen or printed page of such transmission. JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

Vittorio Klostermann GmbH is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Zeitschrift fr philosophische Forschung.

http://www.jstor.org

BERICHTE UND MITTEILUNGENSPRACHEALSWELTANSICHT Humboldt - Nietzsche - Whorf von Jochem Hennigfeld, Siegen

Die Auffassungvon der Spracheals einereigentiimlichen Weise der Weltan die dem sichtenthaltzweiAspekte: Einerseitserschlieg3t Sprache Menschen erst den GesamtbereichseinerErfahrungsmoglichkeiten wird (Welt); andererseits unserErkennenseivorweg in einem sol aberzugleichderVerdachtnahegelegt, chen Wirklichkeitund Wahrheit ver Mal3edurchSprache bestimmt,daBsieuns Diskussion der steilt.BeideGesichtspunktespieleninder sprachphilosophischen Gegenwarteine zentrale Rolle. Die Thesevon derSprache Weltansicht soll imfolgenden drei an markanten als Positionenverdeutlicht werden: in ihrem geschichtlichen Ursprungund ihrer er stenEntfaltungbeiHumboldt (I), in ihrerauBersten KonsequenzbeiNietzsche (II),aneinem Beispieldergegenwartigen Sprachphilosophie (,,Meta-Linguistik") beiWhorf (III).Da durchHumboldt schondie grundlegende der Problematik These und ihreKonsequenzenweitgehend zur Sprachekommen, ist es ange bracht,dieHumboldtschen Gedanken und Gesamt m6glichstdetailliert in ihrem fur zusammenhang darzustellen, zumalseinetOberlegungen dieFolgezeit- wenn auchoft unausgesprochenbestimmend bleiben.Sehrdeutlichzeigt sichdannbei Denken dasProblem sprachlich Nietzsche,wie inseinem der fixierten Weltansicht und seine Beurteilunganeinebestimmte ontologische Vorentscheidung gebunden ist. Aber auchda,wo derAusgangspunkt nichtdurcheinebestimmte Metaphysik, durch empirischeForschungsergebnisse bestimmtwird sondernausdriicklich verliertdieThese keinesfalls Gewicht.Deshalbwird im an (Whorf), AnschluBan Whorfs Untersuchungenzu fragensein, in welcherWeise sichdie gegenwartige diesemProblemzu stellenhat (IV). Sprachphilosophie I.Der Gedankevon derSprache Weltansichtnimmt in als HumboldtsSprach philosophieeinezentrale Stellungein. Verschiedenheit Sprachen nicht Die der ,,ist einevon Schallen Zeichen, sonderneineVerschiedenheit Weltansichten und von ent Hierin istderGrund, und der letzte Zweck aller selbst. Sprachuntersuchung Diese bereits1820programmatisch halten"1. vorgetragene Thesewird in seiner letzten des Schrift(,,UeberdieVerschiedenheit menschlichen Sprachbaues ih und renEinfluB auf die geistigeEntwicklungdesMenschengeschlechts", 1830-35) weiter entfaltetund imZusammenhang derKlarungdesVerhaltnisses mit von

das vergleichende *) ?Ueber der Sprachentwicklung",

Sprachstudium Akademie-Ausgabe

in Beziehung IV, 27.

auf die verschiedenen

Epochen

436

BERICHTE UND MITTEILUNGEN

begriindet2. Hier erfagt Spracheund Denken transzendental-philosophisch Defini Humboldt zunachst(SS11/12)dieForm derSpracheineinergenetischen um tion,welche dieGegeniiberstellung Ergon undEnergeiaberuicksichtigt, vonsich dann dem Zusammenhang von Sprache und Denken zuzuwenden, indem er

die Sprache darlegtalsurspriingliche Einheitvon SubjektundOblekt, alsoberste wird.Diese Denken allererst ermoglicht SynthesisdesGeistes, durchdie jegliches aufgewiesene Tatigkeit des Subjektsbetrifft als oberste Erkenntnisbedingung an Sprechenund Verstehen. ImAnschlug3 dieseErorterungenfihrtHumboldt fort: wird dieVorstel des Erzeugten ,,Auchbei derBetrachtung durchdieSprache Gegenstande, lungsart, bezeichnesie blog3 schonan sich als die wahrgenommenen Erorte nicht bestitigt" (VII, 59).NachdemHumboldt in den vorhergehendenrungen gezeigt hat, dafg Sprache im Sinne von Energeia (die Tatigkeit des Spre

zum chens,vor allemdieBildungdesBegriffs)nichtnur ein Instrument Festlegender Bedeutung ist, wird jetzt betont, daI3 auch die Sprache qua Ergon (der Begriff als solcher, die lexikalisch erfag3ten Worter, Regeln der Grammatik etc.) der An

Ge wahrgenommene sichtvon derSprachealseinemZeichensystemfdr ,ansich' Men Der naiveRealismus,die Position des gesunden genstande widerspricht. verkenntnicht nur den Energeia-Charakter, sondernsiehtda schenverstandes,durch auch das von der Sprache Erzeugte Sprache und Denken im falschen Licht.

von Die BegriindungistbereitsvorherdurchdieKlarungdesZusammenhangserbracht, deren Ergebnis - auf eine vereinfachende Formel

HumboldtKants transzendentale Apperzeptionals gebracht darinbesteht,da13 wird jetztvonHumboldt noch ursprunglichen Sprachakt erfaIt.Dieses Ergebniseinmal aufgenommen und anders gewendet, um die These von der Sprache als

Weltansichtvorzubereiten indenangemessenen und Begriindungszusammenhang zu stellen: Wenn dieBildung desBegriffsohne Sprache,d. h. ohneTatigkeitdesSubjekts nicht moglich die Sprache Erzeugte", ist, dann mug auch der Begriff als solcher, also das ,,durch von dieser Subjektivitit gepragt sein. IJberdies gibt es kei

nen an sichwahrgenommenen Gegenstand,denn der sich den Sinnen zeigende Gegenstand wird erstdurchdas begriffliche Denken vorgestelltindem,was, wieund wodurch er ist. Folglich ist dasWort ,,nicht einAbdruck des Gegenstandes an

sich, sonderndes von diesem in der Seele erzeugten Bildes"3(VII, 59f.). Die durchSpracheerst ermoglichte Erkenntnisbedarfalsoder Subjektivitat, Sub abernichtnur imSinnedes allen Menschen gemeinsamen transzendentalen Denn wirklich ist jekts,sondernauch imSinneder individuellen Subjektivitit4.2) Die unmittelbare Verschiedenheiten zentrale Vorarbeit dazu ist die 1827-29 entstandene Abhandlung die ?Ueber von Humboldt

des menschlichen

vor allem VI, ?bernommen Passagen w?rtlich 179 ff.). zu verstehen. zu Bestim ist hier als Synonym ?Bild" 3) Der Terminus ?Erscheinung" von an sich und Erscheinung. mend ist hier Kants Unterscheidung Ding er von ?Subjektivit?t" hat immer beide Aspekte im Auge, wenn 4) Humboldt spricht. Bei der Deduktion transzendentale der Sprache als Bedingung Subjekt im Vordergrund, des Denkens stand zwar das ?berempirische, aber auch an dieser Stelle fehlte nicht der indi

werden Hieraus Sprachbaues". unseren Zusammenhang (vgl. f?r

SPRACHE ALS WELTANSICHT

437

nur immer das je einzelneSubjekt,das Individuum. Nicht nur die apriorischen FormenderAnschauungund desDenkens sind andiesemProzeg beteiligt, son dern ,,indieBildungund indenGebrauchderSprache geht [...] nothwendigdie Art der ganze der subjectiven Wahrnehmung Gegenstande uiber"(VII,59).- Da mit istdieGegenthese, dafg Sprachenamlichnachtragliche Bezeichnungan sich wahrgenommener Dinge sei, alsunhaltbar aufgewiesen.Inder sichnun anschlie glenden Weltansichtverbindet Darlegungder Spracheals HumboldtKants tran wie szendentalen Ansatzmit dem neuzeitlichenIndividualitatsbegriff, er durch Leibniz' Monadologiegeprigt wurde.Das geschiehtjedoch nichtdurcheineblofle Zusammennahme; vielmehr gelangt Humboldt, indemerLeibnizsche Kanti und zu sche Gedankenaufnimmt sieaufdas und Wesen derSprache zuruckwendet, ei Idealismus. ner eigenen Art des transzendentalen von Schonunabhangig derSpracheist jede menschlicheIndividualitat eige ein nerStandpunkts Weltansicht,da es jaeineobjektive der Wahrnehmung ohneSub Weltansicht nicht gibt. Noch entschiedenerjedochwird die eigene jektivitat Denn bereitsdie Spracheals ,,OrgandesDen konstituiertdurchdie Sprache. kens" (VI, 179)bedingtdasEigeneder Weltansicht, zu der jedochauchdas von der Sprache Erzeugtegehort.Das Wort istnamlichals vom SubjektErzeugtes nichtetwa rein Subjektives, sondern Objekt, das ,,miteinem Zusatzvon Selbstbe deutung[...] eineneueEigentumlichkeit hinzubringt" (VII,60).Diese Eigentim des in einer lichkeitistdieEigentiimlichkeit Sprachlauts, der innerhalb National sprache notwendig6,,einedurchgehende (alleIndividuen betreffende) Analogie" (VII,60)7herrscht. Diese alsFaktumfestzustellende Gleichartigkeit National der sprachen abernurdadurchzu erklaren, ist Na dafi ,,aufdie Spracheinderselben tion eine gleichartige Subjectivitat einwirkt"(ebd.). Die Spracheistsomiteineeigene Sinne: Weise der Weltansicht inzweifachem 1. Sie ist eine eines jeden Weltansicht aufgrund individuellen des Standpunktes Menschen. Jeder Mensch sprichteine eigeneSprache. 2. Sie isteineeigene Weltansichtaufgrund der des Nation8 eigentiimlichen Sprachentwickelt sich jedoch die Sprache nur gesell (?In der Erscheinung Aspekt schaftlich..." thematisiert. VII, 56). Jetzt wird der individuelle Aspekt an dieser Stelle von Leibniz' monado 5) Leibniz' ?point de vue". Humboldt argumentiert her ; denn es stellt sich bei Humboldt logischem Ansatz ja gerade heraus, da? es eine Weltansicht 6) Notwendig, konstituiert. 7) Mit ohne Sprache nicht gibt. da sonst nicht einzusehen w?re, wie sich die Einheit einer Nationalsprache viduelle

ist hier der Tatbestand den Humboldt ?durchgehender Analogie" angesprochen, und ?Verbindung des Lautes sp?ter (VII, 86 ff.) unter dem Titel ?Innere Sprachform" mit der inneren Sprachform" er?rtert. Gemeint ausf?hrlich ist damit das synthetische der Sprache, zu einer neuen Einheit Verfahren in dem Inneres und ?u?eres gebildet sind die ?Gesetze Sprachorganismus tretende bildet sich analogisch nach des Verfahrens"

werden (VII, 94). So hat jedeSprache ihre eigene innereForm. Das Gleichbleibende im(VII, 97), und alles ?neu Hinzu schon Vorhandenen" (VII, 81). unterscheidet zwischen Volk, Nation und Staat folgenderma?en :,,... so be 8) Humboldt zieht sich das erste auf den Wohnsitz und das Zusammenleben, das zweite auf die Ab dem stammung, das letzte auf die b?rgerliche Verfassung" (VI, 187).

438

BERICHTE UND MITTEILUNGEN

eine eigeneSpra lauts,aufgrund dernationalen Subjektivitat. Nation spricht Jede che. Damitwird jetztauchderBegrundungszusammenhang dieThesedeutlich: fur Ausgangspunkt ist die uiberindividuelle transzendentale Subjektivitatals ur sprunglich synthetisierende Kraft zwischenSubjektundObjekt; von da ausgeht Dabei zurnationalen uiber. Humboldt zur individuellen, schlieglich Subjektivitat ist jedochzu beachten,daf es sichnichtum getrennte Elementehandelt,sondern einerorganischen nurumverschiedene Gesichtspunkte Einheit, inderkeinesohne das andereseinkann. wer kann auchnoch von eineranderen Seiteverdeutlicht Dieser Sachverhalt den (vgl.Ueber dieVerschiedenheiten..., ? 61, VI, 179f.).Der Begriffnamlich vereinigt in sich drei Momente: 1. den EindruckdesGegenstandes; 2. dieArt derAufnahmedesGegenstandes(genauer:seines Bildes) imSubjekt individuelle Eigentumlichkeit; Wortes alsSprachlaut nationale 3. die (Riick-) Wirkung des Eigentumlichkeit. Von hierausfiihrenfolgende Argumentationsschritte Aufweis derThese: zum - In der Analogie. Wirkung des Sprachlauts herrschteine durchgehende - Diese Analogie gruindet der gleichartigen in (nationalen) Subjektivitat. - Subjektivitat bedeutetaber immer(sei sie individuell,sei sienational):eigener der Standpunkt Weltansicht. - Also liegt in jederSpracheeine eigentiimliche Weltansicht. und in ihre Diese Thesewird nun von Humboldt genauergekennzeichnet Nationen be Dabei steht fur ihndie Sprachealsdurch Konsequenzenentfaltet. und individu zwischennationalem stimmte Weltansichtund dasZusammenspiel ellemElement imVordergrund. Deduktion derSprache Bedingungder Schonbei der ersten als Moglichkeit al der de les Denkens undErkennenszeigte sichdieVermittlungsfunktion Sprache, wird:Wie schon Ebene deutlich rensynthetisierende Kraftnun auchaufunserer der einzelneLaut9zwischen vermittelt,d. h. einen tran GegenstandundSubjekt und szendentalen ermoglicht,sovermit Bezug zwischenSubjekt Objekt allererst Mensch.Ohne diese ,Welt teltdieGesamtheitderSprache zwischen Natur10und gar von Lauten'kannder Mensch die ,WeltvonGegenstanden' nicht aufnehmen Mit anderen Worten: Gegenstand(Objekt)istetwasfur undmit ihnenumgehen. beim vermittelt ist.Das Sich-Auf3ern denMenschen nur, sofern es sprachlich von das Sprechen, ,Erzeugen Sprache'istzugleicheinSich-Hineinstellen"ineine um jeeigentiimliche Sprache,die gleichsameinenKreis12 dasVolk gezogen hat.ist eine abstrahierende 9) Das Formulierung eines Sprachganzen. 10) ?Natur" meint hier nicht nur das naturhaft ten Bereich ;denn der einzelne Laut ist immer schon Teil

Seiende im engeren Sinn, sondern den gesam menschlicher Erfahrung. in von istwohl Diese Metapher und ?einspinnen". 11) Humboldt ?herausspinnen" spricht zu ?Gedanken spinnen" gebildet. Analogie und neben ?Verweisung" der bei Leibniz ist der ?Horizont" 12) Damit angesprochen, von ?Welt" ausmacht. die dritte Grundbestimmung ?Perspektivit?t"

SPRACHEALS WELTANSICHT

439

Wenn SpracheindiesemSinne man dann iiberhaupt Weltansicht ist,kann ih ren Kreis verlassen? DieseMoglichkeitbietetdasLerneneinerFremdsprache 3. mug soforteinschrankend Allerdings bemerkt werden, daBdadurch nur ,,bisauf einengewissen Grad" (VII,60) einneuerStandpunkt gewonnen wird, da die ei geneSprach- Weltansicht auchbeimLernenundSprechen und einerFremdspra chemitbestimmendbleibt.Das heigt:Durch dasErlerneneinerFremdsprache kann in ausgezeichneter Weise derHorizont erweitert werden; die individuelle Perspektivejedochbleibt erhalten.Nun ist aber durch den Hinweis auf diesen - wenn auch wichtigen - Sonderfall

einProblem nochnichtzureichend bedacht. geschieht Das vielmehr wenn die erst, Frageder sprachlichen Bestimmtheitzuriickgewendet wird auf die Grundmo mente derSprache: ErgonundEnergeia. Stand inder ersten Betrachtung Zu der von gehorigkeit SpracheundDenken (VII,46ff.) vornehmlich Tatigkeitdes die Seite naherbetrachtet. Subjekts imVordergrund,sowird jetzt die ,objektive' Wurde vorhervor allembetont, daBdas entstandenes Objekt ein ausdemSubjekt ist, somug nundarauf gesehen werden, daB Objekt abergleichzeitig Sub das dem Vor jektalsetwasFremdesgegeniibertritt. allem im Blick aufdenErgon-Charak zu terder Sprachezeigt sich, daB sie ,,in derFolge der Jahrtausende einerselb standigen Macht anwachst"(VII,63).Die Spracheistgekennzeichnet durcheine eigentiimliche Daseinsweise:Sie gewinntnur im jeweiligen DenkenGeltung und istdoch von diesemunabhangig; istder Seele fremdund doch ihrangehorig. sie Wenn dieSprache in solchengegensatzlichen nur charakte Kennzeichnungen risiert werden kann,dann mug gefragt werden, ob dieses Widerspriichliche uiber hauptseinkannundworin seine Einheitgriindet. DabeiweistHumboldt die sich Antwort sogleichab, daBnamlichdie Spracheeinmaldieses (dem nahelegende Subjektangehorend und von ihm abhangig),ein andermaljenes (demSubjekt fremd unabhangig ihm) und von ware. Sondern Spracheistdieses die Gegensatzli chezugleich und ineins: ,,DieSprache geradeinsofern ist objectiveinwirkend und als ist" selbstandig, sie subjectiv gewirktund abhangig (ebd.).-Die Losungdieses Problems,dieAufhebungdesGegensatzes, ,,liegt inderEinheitder menschlichenNatur" (VII, 63 ;vgl. auch 57)14. Das Gegensatzliche, als das sich die Sprache dar

nur wenn denGegensatzenzuvoreineaufhe stellt,kannnamlich dannexistieren, bendeEinheit eigen ist.Das bedeutet: Sprache Die mir anund istvonmir gehort weil ich sie selbsthervorbringe. aberdie Sprachesichnur gesell Da abhangig, schaftlichentwickelt (VII, 56), grundetdas individuelle Sprechenzugleich im und aller Sprechen Gesprochenhaben Menschen; und insofern werde ichvon et was anderem Dieses Einschrankende jedochistdie Spracheselbst, eingeschrankt. ist etwas,das ausder allgemeinen Natur stammt. Das Fremdebe menschlichen13)Dieses philosophische Fundament stellt beiHumboldt die eigentlicheRechtfertigung f?reinen 14) Gegen dar ! Fremdsprachenunterricht die nachfolgende Argumentation mu? da? die werden, jedoch eingewendet wie ein deus ex machina auftaucht. Mit l??t sich das Problem Sprechen nicht l?sen. Es aller Men ist im Gesprochenhaben

der menschlichen Natur" ?Einheit gleichsam dem Sprung in diese abstrakte Konstruktion auch nicht schen einzusehen, da? das individuelle gr?ndet.

440

BERICHTE UND MITTEILUNGEN

mich als Individuum, nichtmein mit allen Menschen gemeinsames Wesen. trifft individuelle, ,,...das Fremde in ihr ist daherdies nur furmeine augenblicklich nichtmeine urspriinglich wahreNatur" (VII, 64)15. Damit istgezeigt, dai3 Sprache,selbst die wenn sievornehmlich Ergon im als sie Wesen be Blick steht, demMenschen in derWeise zugeh6rig ist, daIE sein Natur" istderdieEinheitstiftende der Grund Die ,,Einheit menschlichen stimmt. fiir alleUnterschiedeund gegensatzlichen Aspekte, welche die Sprachebietet. Ver Hierin liegtauchdie obersteBedingung furdieM6glichkeitmenschlicher stindigung16. Aber sowichtig dieser Aufweis auch ist, derGegensatz zwischen und eingeschrankter objektiveinschrankender Sprache bleibtbestehen. subjektiv Mensch qua Dieses Problemistgerade deshalb besonderem von Gewicht,weil der wird. Individuum(undnur als solchesexistierter) eingeschrankt bestimmt und Aus diesemGrund gehtHumboldt daraufnoch einmalein:Nach den vorange gangenen mulg betont werden, ,,wie geringeigentlich die OJberlegungen zunachst Macht derSpracheist"(VII,64).Denn denunzahli KraftdesEinzelnengegendie steht jeweilsnur der genGenerationen Vergangenheit(und ihrem Sprachschatz) wiederum nur einEinzigergegeniiber. Nun kannman eineGenerationund ihr zwardie grofleFlexibilitat Anpassungsfahigkeit Sprache, und der dazu ,,dieGe walt, welche alles lebendig Geistige iiberdas todt Ueberlieferteausubt"(VII,64) Aber daswiirde die grundsatzliche alsGegengewichteanfiihren. Unterlegenheit desEinzelnengegeniiber allgemeinen der nichtaufheben. Michtigkeit derSprache Eine gleichgewichtige Wechselwirkung kannerstdanneingesehen begriindet und werden,wenn man den erstenund bestimmenden GedankenderSprachphiloso phieHumboldts auchhier mitdenkt.Dieser Grundgedankeliegt inderEinsicht, We nur im jeweiligen(voriubergehenden) dal Sprache Sprechenihreeigentliche Bestimmtheit"(ebd.) sensverwirklichung findet, im Individuum ,,ihre letzte erst des erhalt. Das hat inHinsicht aufdie WechselwirkungzwischendemSprechen Einzelnenund demSprechen(und einedoppelte Gesprochenhaben) anderen der Konsequenz: 1. Selbst innerhalb Nation gibt es nicht einmalzwei identische einer Sprachen"7. 2. Das Individuum der ist Macht deruberlieferten nichthilflos ausgelie Sprache einwirken Einzelneund jede fert; sondernjeder Generationkannaufdie Sprache und sie verandern.

an dieser Stelle wird 15) Auch fach durch einen Hinweis boldt-Literatur viduellem Sein

da? Humboldts deutlich, auf Leibniz beschrieben

oft geschieht. Denn der Ausgangspunkt

Position nicht ein philosophische werden kann, wie dies in der Hum von wahrem Leibniz' Gleichsetzung Sein und indi seiner Metaphysik wird hier nicht mehr streng der Einschr?nkung als Selbsteinschr?nkung

Humboldts durchgehalten. ist das Erbe Fichtes. 16)Wieder durch wird der Unterschied den Gedanken

Interpretation

zu Leibniz deutlich : wird nicht mehr Zusammenstimmung der pr?stabilierten Harmonie der In Die ?Harmonie" begr?ndet. dividuen (und damit auch die M?glichkeit sprachlicher Verst?ndigung) gr?ndet viel in der Allgemeinheit des ?berindividuellen mehr transzendentalen Subjekts. nur 17) Das Problem liegt eben darin, ob man diesen Aspekt negativ auffa?t oder darin auch positiv die F?lle der M?glichkeiten im sprachlichen Miteinander-Umgehen sieht.

SPRACHEALS WELTANSICHT

441

DieseMacht des Menschenuberdie Spracheist jedochin ihrem Wirken zu un terscheiden derjenigen von auf Menschen ausubt. Macht,welche die Sprache den Die Gewalt der Sprache(quaErgon) ist gleichsamnaturhaft(,,physiologisch") unddeshalb DieseNotwendigkeit ,,liegt in durchNotwendigkeit gekennzeichnet. Formen" (VII,65).Dagegen ist die derGesetzmagigkeitder Spracheund ihrer vomMenschen ausgehende Kraft (Sprache Energeia),,dynamisch", h. auf qua d. und deshalbdurchFreiheitausgezeichnet. Denn das geistigen Kraftenberuhend sprachlich vermittelte Denken und Wirken des Menschen laBt nicht Not sich mit wendigkeit aus demVorhergehenden Der Spielraum die Grenzen ableiten. und dieserFreiheit werden durchdieGesetzmaIigkeitderSprache bestimmt,unddie Aufgabe des Sprachforschers besteht darin, die den Spielraumgewahrenden Grenzen furdie unerklarlichen Erscheinungen Freiheitzu erkennen. der Die gegensatzlichen Kennzeichnungen ihre und Aufhebung,durchdieHum boldt das zu in Wesen derSprache erfassen sucht, lassensichabschliet3end folgen Dabeiwird deutlich,daI3 sichbei diesen es desSchema bringen. Gegensatzpaaren umdie tragenden universal-ontologischen Begriffe idealistischer Philosophiehan delt: Sprache Energeia subjektiv Individuum eingeschrainkt Freiheit dynamisch 4 4